1. Entwicklung und Struktur des berufspädagogischen Schwerpunkts
1971 wurde das Studiengesetz über geistes- und naturwissenschaftliche Studienrichtungen auf der Grundlage des Allgemeinen Hochschul-Organisationsgesetzes (1955) und Hochschul-Studiengesetzes (1966) erlassen und setzte 1972 die Philosophische Rigorosenordnung zur Erlangung des Doktorats außer Kraft. Pädagogik wurde zu einem achtsemestrigen kombinationspflichtigen Diplomstudium. Demnach war es mit einem zweiten Fach oder mit einer Fächerkombination zu studieren. Das Ziel hieß wissenschaftliche Berufsvorbildung , die mit dem Magistergrad abschließt und Voraussetzung für ein Doktoratsstudium ist.
Die Studienordnung für die Studienrichtung Pädagogik (1973) und der danach ausgelegte Wiener Studienplan , der im WS 1980/81 in Kraft trat, sah im 2. Studienabschnitt vier Studienschwerpunkte (Erwachsenenbildung, Medien-, Schul- sowie Sozialpädagogik) vor. Im folgenden Jahrzehnt konnte SCHWENDENWEIN während seiner Tätigkeit am Wiener Institut feststellen, dass sich der Prozentsatz der Studierenden im Vergleich zu früheren Jahren zunehmend zugunsten von jenen Studierenden veränderte, die keine schulpädagogischen Vorerfahrungen oder Qualifikationen mitbrachten und unübersehbar Studienziele verfolgten, wofür die bisherige Auseinandersetzung mit schulpädagogischer Lehre und Forschung nicht ausreichend war. Zu diesen Studienzielen gehörten Sonder- und Heilpädagogik sowie Berufspädagogik. Letztere deckte sich als Studienziel mit den wissenschaftlichen Interessen von SCHWENDENWEIN (Lehrbefugnis für Empirische Berufs- und Schulpädagogik), der studentischen Bedürfnissen entsprechen wollte. Daher brachte er in seiner damaligen Eigenschaft als Vorsitzender der Studienkommission Pädagogik 1982 in dieselbe den Antrag zur studienplanmäßigen Verankerung dieser beiden neuen Studienschwerpunkte (Wahlfächer) ein. Beide wurden von ihr positiv verabschiedet. Unmittelbar danach wurde von professoraler Seite vehementer Einspruch gegen die Einführung des berufspädagogischen Studienschwerpunkts erhoben. Dieser wurde allerdings umgehend vom Wissenschaftsministerium abgewiesen, womit der von SCHWENDENWEIN definierte berufspädagogische Studienschwerpunkt bereits im WS 1982/83 erstmals realisiert werden konnte. „Die von ihm angestrebte Errichtung einer Abteilung für Berufspädagogik analog zu den anderen Abteilungen wurde jedoch verhindert, obwohl dafür Bedarf bestand und von SCHWENDENWEIN beachtliche Vorleistungen in Forschung und Lehre erbracht worden waren“ (BREZINKA 2000, 624). Vier Jahre danach führten geringfügige Studienplanänderungen zum Studienplan Pädagogik 1986.
An der Struktur des berufspädagogischen Studienschwerpunkts, die inhaltlich mit 10 Semesterwochenstunden (S) festgelegt war, hat sich 20 Jahre hindurch, also bis zum Wirksamwerden eines neuen Studienplans im WS 2002/03 (vgl. STUDIENPLAN PÄDAGOGIK 2002, 12), nichts geändert. Bis dahin lauteten die berufspädagogischen Teilprüfungsfächer so: „Einführung in unterschiedliche Ausbildungssysteme“ (2 S), „Berufswahltheorien und Grundlagen der Berufsberatung“ (2 S), „Theorie beruflicher Bildung“ (4 S) und „Didaktik beruflicher Bildung“ (2 S). Alle dafür angebotenen Lehrveranstaltungen wurden als Vorlesung (VO) oder Seminar (SE) – mit oder ohne Exkursionen (EX) – angeboten (vgl. SCHWENDENWEIN, 1988/89, 13). Anmerkung: Bis längstens Ende November 2008 sind Studienabschlüsse nach dem Studienplan Pädagogik 1986 möglich (vgl. MITTEILUNGSBLATT DER UNIVERSITÄT WIEN 2006, 11).
In der Aufbauphase haben neben dem Begründer der Wiener Berufspädagogik bei der Konzeptumsetzung die externen Lektoren Dr. Johann Steinringer und Dr. Klaus Schedler vom Institut für Bildung der Wirtschaft (ibw) entscheidend mitgewirkt (vgl. SCHWENDENWEIN 1988/89, 14). Danach ist bis zum Jahre 1997 eine gewisse Fluktuation bei den in- wie auch ausländischen Lektoren eingetreten. Wegen des Ausscheidens des Verfassers mit WS 2003/04 (aus gesundheitlichen Gründen) wurde im WS 2003/04 zur Wahrung der Kontinuität in berufspädagogischer Lehre und Forschung Herr Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schanz (Karlsruhe, Chemnitz) eine Gastprofessur für zwei berufspädagogische Teilbereiche übertragen. Von der Institutskonferenz wurde im Frühjahr 2003 der vom Verfasser vorgeschlagene Ausschreibungstext einer S3-Professur für Berufspädagogik einstimmig genehmigt, die Ausschreibung aber unterblieb. Seit WS 1997/98 steht mit Herrn Univ.-Prof. Dr. Erich Ribolits ein habilitierter Berufspädagoge zur Verfügung, der mit SS 2005 die Nachfolge von Univ.-Prof. Dr. Werner Schwendenwein antrat (vgl. SCHWENDENWEIN 2003/04, 13).
Mit WS 2002/03 wurde für das Diplomstudium Pädagogik die Kombinationspflicht mit einem Zweitfach oder mit einer Fächerkombination aufgehoben. Es trat der Studienplan Pädagogik 2002 mit neun Studienzweigen in Kraft, zwei davon lauten „Berufspädagogik“ und „Erwachsenenbildung“. Alle Studienzweige wurden zeitlich aufgestockt und neu strukturiert. Der Studienzweig Berufspädagogik sieht nun neben einer „Einführung in die Berufspädagogik“ (2 S) folgende Teilprüfungsfächer vor: „Vorberufliche Bildung“ (2 S, VO+EX/ SE), „Grundlagen beruflicher Bildung“ (4 S, VO+EX und SE), „Aktuelle Probleme beruflicher Bildung“ (2-4 S, VO/ SE), „Didaktik beruflicher Bildung“ (2-4 S, VO/ SE) sowie „Entwicklung von Ausbildungscurricula“ (2 S, VO+UE). Mit Wirkung vom 1.10.2006 wurden die beiden Studienzweige Berufspädagogik und Erwachsenenbildung unter dem Titel „Aus- und Weiterbildungsforschung“ zusammengeführt (STUDIENPLAN PÄDAGOGIK 2002, 12f.), wodurch sich geänderte Teilprüfungsfächer ergaben. Anmerkung: Bis zumindest Ende November 2012 sind die letzten Diplomstudienabschlüsse nach dem Studienplan Pädagogik 2002 möglich (vgl. MITTEILUNGSBLATT DER UNIVERSITÄT WIEN 2006, 11).
2. Studienziele und Kooperationspartner
2.1 Studienziele des berufspädagogischen Studienschwerpunkts
Diese lauten gemäß STUDIENPLAN PÄDAGOGIK 2002, 12 wörtlich: „Absolventen und Absolventinnen sollen sich grundsätzlich als Anwälte von Ausbildungswerbern und -werberinnen verstehen. Sie sind dazu befähigt, Heranwachsende bzw. Erwachsene zu rationalen Ausbildungsentscheidungen und/ oder Berufwahlen zu führen, künftige Bildungs- und Berufsberater bzw. Ausbildungspersonen berufspädagogisch zu qualifizieren, Berufsleitbilder und daraus ableitbare Berufsbeschreibungen sowie Ausbildungsprofile zu entwickeln und auszuformulieren, an der Auswahl, Adaptierung oder Entwicklung berufsanforderungsprofilentsprechender Messinstrumente , der curricularen Neuentwicklung oder Umgestaltung berufsbezogener Kurse oder Ausbildungsgänge (auch solche der Weiterbildung, Anm. d. Verf.) bzw. betriebsspezifischer Ausbildungsphilosophien , der Herstellung standardisierter Prüfungsprogramme sowie an der Evaluation (zur Qualitätssicherung und -verbesserung) und Dokumentation berufsbezogener Diagnoseinstrumente sowie Erstausbildungs- und Weiterbildungsgängen professionell mitzuwirken .“ Im neuen Studienzweig „Aus- und Weiterbildungsforschung“ wurden die Studienziele mit ausdrücklicher Betonung von Forschung unter dem Aspekt lebensbegleitenden Lernens allgemeiner formuliert.
2.2 Kooperationspartner
Die in allen bisherigen Studienplänen angesprochenen Aufgaben konnten und können nur durch (1) Zusammenarbeit mit außeruniversitären Ausbildungs- und Arbeitseinrichtungen , die exemplarisch die einzelnen Ebenen der österreichischen Ausbildungspyramide (dualsystemähnliche Ausbildungsgänge u.a. für Leistungsbeeinträchtigte; drei Dualsysteme; drei und vierjährige berufsbildende mittlere (BMS) sowie fünfjährige höhere berufsbildende (BHS mit Matura abschließende) doppelqualifizierende Vollzeitschulen; postsekundär angesiedelte Kollegs; tertiäre und postgraduale Ausbildungseinrichtungen) abdecken, realisiert werden (vgl. SCHWENDENWEIN 2006, 112f.). Dazu zählen: das „Ausbildungszentrum Jugend am Werk“ in Wien 21, die öffentliche Berufsschule „Elektrotechnik I“ in Wien 6 und die private Berufsschule „SPAR-Akademie“ in Wien 13, das Motoren- und Getriebewerk von General Motors und dessen Ausbildungszentrum in Wien 22, der „Lehrbauhof-Ost Guntramsdorf“, das „Technische Gewerbemuseum“ (eine BHS mit unterschiedlichen technischen Fachrichtungen, die mit dem internationalen Berufsdiplom „HTL-Ing.“ abschließen), Tages- und Abend-Kollegs und der „Fachhochschul-Studiengang Elektronik“ in Wien 20, die BHS „Modeschule der Stadt Wien“ in Wien 12, die „Akademie für den radiologisch-technischen Dienst“ am Krankenhaus Hietzing in Wien 13, die „Akademie für Physiotherapie“ sowie die „Akademie für Biomedizinische Analytik“ am Allgemeinen Krankenhaus in Wien 9, das „Berufsinformationszentrum der Wirtschaft“ in Wien 18 sowie das „Beratungszentrum für Migrantinnen und Migranten“ in Wien 1, das „College für Bildungs- und Berufsorientierung“ in Wien 21, das „Zentral Magic Life“ (TUI-Konzern) in Wien 13 und das Pensionisten-Wohnhaus „Trazerberg“ (Ergotherapie in der Geriatrie) in Wien 13. (2) Langjährige enge wissenschaftliche Zusammenarbeit gab es mit der TU Aachen (Univ.-Prof. Dr. Uwe Michelsen) und der TU Karlsruhe (Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schanz), gelegentlich mit der Hochschule St. Gallen (Univ.-Prof. Dr. Rolf Dubs) und der Wirtschaftsuniversität Wien (Univ.-Prof. Dr. Wilfried Schneider) sowie intensive Lehr- und Forschungskooperationen mit der „Fachhochschule Militärische Führung“ (Wiener Neustadt).
3. Ausgewählte Hauptaufgaben der Berufspädagogik
3.1 Berufsorientierung und Bildungsberatung
Berufliche Bildung in institutionellen Lernorten (Schulen/ Vollzeitschulen/ Berufsschulen mit oder ohne Praxissimulation sowie Betrieben/ Praktikumseinrichtungen), die unterschiedlichste didaktische Lernorte (z.B. Lehrsaal, Labor, Lehrbauhof, Abteilung) und Funktionsstellen (z.B. (vorbereitete) Lern- oder Arbeitsstationen) aufweisen, zielt darauf ab, dass eine (heranwachsende) Person dazu befähigt wird, durch eine nachgefragte, qualifizierte und bezahlte Tätigkeit (Gesamtqualifikation oder Beruf; berufliche Tätigkeit, professionelle Arbeit oder Beschäftigung; Job), die sie erwartungstreu beherrscht , ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Tätigkeiten zu Erwerbszwecken können unterschiedlich anspruchsvoll sein und in ihrem Vollzugsumfang stark variieren. Um nach einer beruflichen Qualifizierung nachgefragte Tätigkeiten professionell ausüben zu können, bedarf es nach Elementar- und grundlegender Allgemeinbildung ( neunjährige Pflichtbildung als vorberufliche Bildung im weiteren Sinn ) zunächst einer entsprechenden Berufsorientierung und Bildungsinformation . Dadurch lernt die heranwachsende Person nicht nur selektiv-repräsentativ die nationale Arbeits- und Berufswelt mit ihren Anforderungen kennen, sondern sie kann auch ihr persönliches Leistungs- und Fähigkeitenprofil in Abhängigkeit ihrer beruflichen Interessen analysieren und nachvollziehbar kommunizieren. Unter Einbeziehung weiterer wichtiger Determinanten und wahrgenommener Beratungen sollte sie eigentlich in der Lage sein eine rational bestimmte Ausbildungsentscheidung zu treffen, hinter der nicht unbedingt eine eindeutige Berufswahl stehen muss (vgl. SCHWENDENWEIN 2000, 336 ff. und 2002, 56 ff.).
3.2 Berufsbezogene Qualifizierung zur nutzbaren Erwerbstätigkeit
Berufliche Aus- und Weiterbildung als Praxis heißt berufsbezogene Qualifizierung einer (heranwachsenden) Person in einer hierfür geeigneten Ausbildungseinrichtung durch berufspädagogisch qualifizierte Lehr- oder Ausbildungspersonen . Dieser Qualifizierung sollte unbedingt eine pädagogisierte Berufsorientierung und Bildungsinformation ( vorberufliche Bildung im engeren Sinn oder professionelle Weiterbildungsberatung ) vorausgehen. Planmäßiges berufspädagogisches Handeln von Lehr- oder Ausbildungspersonen in einer Ausbildungseinrichtung wird neben anderen Voraussetzungen erst möglich, wenn ein bestimmtes gesamtqualifikationsbezogenes Ausbildungscurriculum mit Ausbildungs- oder gegebenenfalls Weiterbildungspass vorliegt, das u.a. die zu erreichenden Ziele, die curricularen fachtheoretischen und fachpraktischen Teilkompetenzen, die (in Modulen) als inhaltsdefinierte Lernziele fixiert sind, sowie die hierfür notwendigen und empfohlenen pädagogischen Interventionen im Sinne didaktisch-methodischer Freiheit enthält (vgl. SCHWENDENWEIN 2000, 53 ff.).
3.3 Berufspädagogische Qualifizierung von Lehr- oder Ausbildungspersonen
Liegt für eine bestimmte berufsbezogene Qualifizierung ein entsprechendes Ausbildungscurriculum mit curricularen Präliminarien vor, dann können die hierfür in Frage kommenden Lehr- oder Ausbildungspersonen unter Einbeziehung weiterer Erfordernisse planmäßig qualifiziert werden. Diese spezielle berufspädagogische Hauptaufgabe ist von entsprechend hochqualifizierten Lehrenden durchzuführen , die neben der Eignungsfeststellung künftiger Lehr- oder Ausbildungspersonen zumindest noch folgende fünf Teilaufgaben wahrzunehmen haben: (1) die Vermittlung einer angestrebten fachwissenschaftlichen oder fachlichen Kompetenz inklusive Fremdsprachenkenntnisse, (2) die Vermittlung einer für alle Lehr- oder Ausbildungspersonen obligatorischen humanwissenschaftlichen Kompetenz , die sich u.a. aus Unterrichts- und Erziehungswissenschaft, Pädagogischer Psychologie und Soziologie sowie gesamtqualifikationsrelevanten Medizinkenntnissen zusammensetzt, (3) die Vermittlung einer fachdidaktisch-methodischen Kompetenz zur „bildungserzeugenden“ Vermittlung einer bestimmten Gesamtqualifikation (z.B. für einen künftigen Orgelbauer oder Maurer) oder die für eine bestimmte Berufsgruppe (z.B. für künftige Ingenieure) oder, wenn dies wirklich sinnvoll erscheint, die für einen definierten Berufsbereich (z.B. für künftige Kaufleute), (4 ) selbst- und fremdevaluiertes Training gesamtqualifikationsbezogener Vermittlungspraxis sowie (5) die Vermittlung gesamtqualifikationsrelevanter Rechtsgrundlagen (vgl . z.B . HRONICEK 1997, 207; PH-CURRICULUM 2007, 4ff.; JAGOS 2003, 98f.)
4. Berufspädagogische Akademien (BPAs) zur Qualifizierung von Lehr- oder Ausbildungspersonen
Alle fünf Teilaufgaben der Berufspädagogik wurden in Österreich bisher von den vier 1976 gegründeten sechssemestrigen BPAs (Graz, Innsbruck, Linz und Wien), deren Absolventen und Absolventinnen seit dem Akademie-Studiengesetz 1999 die Bezeichnung „Diplompädagoge/ Diplompädagogin“ tragen, in Bezug auf fünf Lehramtsausbildungen (für Berufsschulen, für den technischen und gewerblichen Fachunterricht - ausgenommen Mode und Bekleidungstechnik, für Textverarbeitung/ Informations- und Officemanagement, für den Fachunterricht für Ernährungswirtschaft und Haushaltsökonomie sowie für den technischen und gewerblichen Fachunterricht) wahrgenommen (vgl. dazu HRONICEK 1997, 205). Die Studienfächer gliederten sich in Humanwissenschaften, Fachwissenschaften und Fachdidaktik, Didaktik und schulpraktische Ausbildung, ergänzende Studienveranstaltungen, Freifächer und unverbindliche Übungen (z.B. Berufspädagogische Tatsachenforschung), Schul- und Betriebspraktika sowie Ferialpraktika (vgl. BREZOVICH 2006, 13). „Die Lehramtsausbildung an den BPAs für Lehrer des fachtheoretischen und fachpraktischen Unterrichts im berufsbildenden Schulwesen (war) in dieser Form einmalig in Europa. Die verpflichtend vorgeschriebene einschlägige Berufspraxis, vor oder zu Beginn des Studiums, (gewährleisteten) hohes Niveau in pädagogischer und fachlicher Hinsicht“ (HRONICEK 1997, 212).
„Der Unterricht (wurde) von haupt- und nebenamtlichen Vortragenden und von Lehrbeauftragten erteilt…. Bei den Lehrbeauftragten (handelte) es sich meist um Spezialisten, die den Studierenden die neuesten Erkenntnisse aus Wirtschaft und Schule vermitteln sollten“ (HRONICEK, 1997, 205). Während an der Pädagogischen Akademie (PA) zur Pflichtschullehrerausbildung zur Abdeckung fachwissenschaftlicher Erfordernisse von Lehrenden üblicherweise mindestens der Magistergrad erwartet wurde und für die Vermittlung von Humanwissenschaften Doktorat und mehrjährige Schulpraxis ein Anstellungserfordernis war, kamen an der BPA für diese Erfordernisse u.a. Diplomingenieure oder HTL-Ingenieure bzw. Diplompädagogen/ Diplompädagoginnen mit akademischen Grad zum Einsatz. Wurden an der PA zur Abdeckung fachdidaktischer und schulpraktischer Erfordernisse Lehrpersonen mit langer Berufserfahrung, ausgezeichneter Dienstbeschreibung und gegebenenfalls mit einem akademischen Grad ausgewählt, so wurden an der BPA für diese Aufgaben vorwiegend HTL-Ingenieure oder Diplompädagogen/ Diplompädagoginnen mit langjähriger Praxis- und Lehrerfahrung und gegebenenfalls mit Magistergrad eingesetzt. Mit dem berufspädagogischen Bachelorstudien wird sich zunächst an der Qualifikation der Lehrenden kaum etwas ändern.
5. Zur Definition der Berufspädagogik als Wissenschaft an der Universität Wien
Ab 1996 wurden die humanwissenschaftlichen Studienfächer an den BPAs hinsichtlich Stundenzahl und Lerninhalten so gestaltet, dass im 2. Studienabschnitt (5. und 6. Semester) die Studierenden aller Lehramtsausbildungen die gleichen Lehrinhalte vermittelt erhielten (vgl. HRONICEK1997, 208). Von diesem übergeordneten Aspekt sind auch an der Universität Wien die heute im Rahmen der Berufspädagogik anzutreffenden disziplinären Facetten mit ihren Abgrenzungsproblemen im Großen und Ganzen entbehrlich, weil die Bezugsgründe primär im Fachdidaktischen, aber auch in der Darstellung, Analyse und Untersuchung speziell ausgewählter und berufsvollzugsrelevanter Situationen wirksam werden. Deshalb ist die Wiener Berufspädagogik unter dem Aspekt der theoretischen Zusammenfassung aller Lehr- oder Ausbildungspersonen zwecks pädagogischer Qualifizierung nicht nur als „Sammeldisziplin“, sondern als ein partielles Mittel zur Heranbildung des jeweiligen BerufsschullehrerInnen-Nachwuchses (z.B. im gewerblichen, sozialen, kaufmännischen und gesundheitsorientierten Bereich) zu sehen. Worauf Berufspädagogik unter anderen Lehrbedingungen allerdings überhaupt nicht verzichten kann, sind neben der berufsbezogenen oder fachwissenschaftlichen Qualifizierung künftiger Lehr- oder Ausbildungspersonen (1) die berufsorientierte, berufsgruppen- oder berufsbereichsbezogene Fachdidaktik (z.B. Wirtschafts- oder Technik- oder Ingenieurdidaktik) verknüpft mit (2) berufsbezogener Lehr- und/oder Unterweisungspraxis und (3) berufsbezogenen Rechtsgrundlagen .
Berufspädagogik als Wissenschaft ist so verstanden nicht nur eine „Sammeldisziplin“, sondern sie ist aufgrund dualer Erfordernisse , deren Komponenten im benötigten Ausmaß pro beruflicher Tätigkeit/ Berufsgruppe/ Berufsbereich allerdings sehr stark variieren oder auch verschwimmen können, eine Kombination von Schul- und Betriebspädagogik und nimmt von daher eine Sonderstellung in der Erziehungswissenschaft ein. Demnach verschränkt sie „schul- und betriebspädagogische Gesichtspunkte, indem sie vorwiegend die optimale Qualifizierung von Ausbildungswerbern und -werberinnen in institutionalisierten Ausbildungsgängen zur Erreichung (primär) eines Erstberufs thematisiert und die Bewährung ausgebildeter Frauen und Männer in der Erwerbsarbeit evaluiert. Auf der Basis von Bildungszielen wie Mündigkeit, Persönlichkeitsentwicklung und Zufriedenheit durch berufsbezogene Leistungen und professionelle Arbeitsvollzüge, etc . und im Hinblick auf die jeweils herrschenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt die vorwiegend empirisch und interdisziplinär betriebene Berufspädagogik insbesondere die Qualifikationsentwicklung in Europa“ (STUDIENPLAN PÄDAGOGIK 2002, 11).
6. Pädagogische Hochschulen (PHs)
Mit 1. Oktober 2007 gingen alle postsekundär positionierten lehrerausbildenden Akademien aufgrund des Hochschulgesetzes (2005) in den neun den Universitäten nicht gleichgestellten PHs (Am 4. Juli 2007 beschloss der österreichische Nationalrat, „dass künftig nicht nur ein Universitätsabschluss für einen A(kademiker, Anm. d. Verf.)-wertigen Posten im öffentlichen Dienst qualifiziert, sondern auch jeder Master- oder Magisterabschluss von einer Fachhochschule“ (DIE PRESSE vom 7. Juli 2007, K 24)) auf, welche sich auf acht Bundesländer verteilen (Burgenland bleibt ohne PH). Das an den PHs angesiedelte sechssemestrige Studium schließt mit dem akademischen Grad „ Bachelor of Education – BEd “ und der Befähigung für die Ausübung eines Lehramtes ab. Gemäß §39 desselben Gesetzes können in sämtlichen pädagogischen Berufsfeldern auch Hochschullehrgänge zur berufsfeldbezogenen Weiterbildung eingerichtet werden, die mit einem international gebräuchlichen Mastergrad abschließen, was u.a. auch den Lehreraustausch – über die nationalen Grenzen hinaus – erleichtern würde. Im Folgenden werden die Bachelor-Lehramtsstudien beispielsweise der PH Wien angeführt. Vier Pflichtschullehrämter (für Volks-, Haupt- und Sonderschule sowie für Polytechnische Schule), das Lehramt für Berufsschulen sowie fünf Lehrämter an BMS und BHS (für technisch-gewerblichen Fachbereich, Fachbereich Mode und Design mit den Studienrichtungen „Produktentwicklung, Bildnerische Erziehung und Kreatives Gestalten“ und „Modemarketing und Supply Chain Management“, Fachbereich Ernährung, Fachbereich Information und Kommunikation sowie für fachpraktische Unterrichtsfächer des Fachbereichs Umwelt). (Folgende Anmerkungen seien hierzu gemacht: (1) Für alle diese Lehrämter liegen PH-CURRICULA (2007) auf CD vor . Diese wurde von Herrn Vizerektor Ing. Mag. Gerhard Pahr freundlicherweise dem Verfasser vorübergehend zur Verfügung gestellt, wofür ihm an dieser Stelle sehr gedankt sei. (2) Für die Zulassung zum PH-Studium liegt eine eher umfangreiche Hochschul-Zulassungsverordnung vor (BGBl. Nr. 112/2007). (3) Im WS 2007/08 werden an der PH Wien rund 1500 Studierende erwartet, davon allein 500 für die berufspädagogischen Lehrämter. )
7. Zur Philosophie des berufspädagogischen Studienzweiges
Das Institut für Bildungswissenschaft (früher Pädagogik, dann Erziehungswissenschaft) der Universität Wien bildet im Rahmen seines diplompädagogischen Studienzweiges „Berufspädagogik“ bzw. „Aus- und Weiterbildungsforschung“ keine Berufspädagogen im üblichen Sinne aus. An ihm wird keine Fachwissenschaft (z.B. Betriebswirtschaft) gelehrt wie an anderen Universitätsinstituten (z.B. Geschichte) oder Fachuniversitäten (z.B. Wirtschafts- oder Technische Universität), wo man sich die entsprechende Fachkompetenz (auch ohne Lehrberechtigung) erwerben und mit einem gewünschten akademischen Grad abschließen kann. Weder für den schul- noch für den berufspädagogischen Studienzweig sind universitätseigene Praktikumsplätze vorhanden, sondern nur Kooperationspartner (s. 3.2) u.a. für Exkursionen, Abfassen wissenschaftlicher Arbeiten und gegebenenfalls für das vorgeschriebene (berufspädagogische) Studienzweig-Praktikum , das erwerbstätigen Lehr- oder Ausbildungspersonen auf Antrag erlassen wird. Alle (bisherigen) Studienpläne der Pädagogik enthielten neben den für Forschungsaufgaben notwendigen Fächern auch humanwissenschaftliche, die teilweise auch an den entsprechenden Fachinstituten ohne Berufsvollzugsaspekte alternativ studiert und abgeschlossen werden könn(t)en. Bezüglich berufsbezogener Rechtsgrundlagen wird davon ausgegangen, dass sich ein Absolvent des Studienzweigs Berufspädagogik an der Universität Wien, wenn er weiß, in welchem Berufsfeld er arbeiten wird, diese autodidaktisch aneignen kann.
Neben der genauen Kenntnis des österreichischen Ausbildungssystems mit seinen Anforderungen und Beratungserfordernissen soll der künftige Absolvent des Studienzweigs Berufspädagogik an der Universität Wien mit Magistergrad und Doktorat vorrangig an der Entwicklung und Evaluation von Ausbildungsgrundlagen im Team entscheidend mitwirken können. Dazu ist es erforderlich, dass er über (1) die in der Allgemeinbildung üblichen didaktischen Vermittlungselemente (z.B. Inputformen, expertenheterogenes Teamteaching, E-Learning) hinaus solche exemplarisch studieren kann, (2) die in der Berufsorientierung (z.B. Erkundungsformen und Realbegegnungen) sowie in (3) unterschiedlichen berufspädagogischen Fachdidaktiken (z.B. Unterweisungsvarianten inklusive Selbstunterweisung, Simulationen unterschiedlichster Art, Workshops, Pratikumsformen sowie outdoorpädagogische Aktivitäten) eine wichtige Rolle spielen. In diesem Zusammenhang sind als didaktische Methodenelemente insbesondere fachpraktische Phasensequenzen („Artikulationen“) für die Vermittlung fachpraktischer Lernziele (ausgewählter Gesamtqualifikationen der untersten bis zur höchsten Ebene der Ausbildungspyramide) unter Annahme optimaler didaktischer Lernorte oder Funktionsstellen exemplarisch zu elaborieren.
Mit diesem gesamtqualifkationsübergreifenden fachdidaktischen Wissen und der Kenntnis berufspädagogisch relevanter Curriculumvarianten ausgestattet, sollen arbeitsteilige (fachtheoretische und fachpraktische) oder integrierte Ausbildungscurricula für verschiedenste Zwecke (z.B. Erstausbildung oder Weiterbildungskurse) unter anwendungsorientierter Einbeziehung der im Rahmen des allgemeinen bildungswissenschaftlichen Studiums abgeschlossenen Teilprüfungsfächer allein oder im Team entwickelt und unter Einsatz von Datenerhebungstechniken und Statistik zielebezogen evaluiert werden können, und zwar u.a. unter Berücksichtigung von allgemeinpädagogischen Anliegen, (berufs-) pädagogischen Grundsätzen, geltenden Ausbildungsstandards, anthropologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, Kundenwünschen, finanziellen Ressourcen sowie Auswirkungen beruflicher Sozialisation auf die Persönlichkeitsentwicklung. Großer Stellenwert wird u.a. auch der Mikrodidaktik beigemessen, weil von einem universitären Berufspädagogen erwartet wird, dass er in der Lage ist, im Zuge einer anstehenden beruflichen Qualifizierung für kollektiv oder individuell zu fördernde Arbeitstugenden oder berufsnotwendige Fähigkeiten inklusive berufsübergreifender Schlüsselqualifikationen sowie kognitiver und affektiver Fertigkeiten konkrete Vorschläge zu deren Definition und didaktisch-erzieherischen Umsetzung machen zu können.
Es ist keine Frage, dass die bei Kooperationspartnern gemachten (fachtheoretischen und fachpraktischen/ betrieblichen) Erfahrungen der Studierenden des Studienzweigs Berufspädagogik nicht ausreichen. Sie hinterlassen jedoch bei Studierenden ohne Berufserfahrung erste exemplarische und nachhaltige Eindrücke, die schriftlich nach selbstgewählten Gesichtspunkten obligatorisch zu reflektieren sind. Bei jenen mit facheinschlägiger Berufserfahrung, welche zahlenmäßig unter den Studierenden dominieren, lösen die wahrgenommenen und ihnen bisher unbekannten fachdidaktisch-methodischen Möglichkeiten oft unerwartetes Staunen und entsprechende Lernprozesse für Veränderungen in ihrem eigenen beruflichen Verantwortungsbereich aus. Letztere rekrutieren sich aus verschiedensten lehrenden und organisierenden Berufsbereichen und verteilen sich auf unterschiedliche Berufspositionen, was sich auch in den bearbeiteten Themen wissenschaftlicher Arbeiten derselben niederschlägt. Sowohl durch die bei den in berufspädagogische Lehrveranstaltungen integrierten Kooperationspartner gemachten fachdidaktisch-methodischen Erfahrungen und gegebenenfalls gewonnenen Berufsvollzugseinsichten als auch durch die exemplarisch vermittelten gesamtqualifikationsübergreifenden fachdidaktisch-methodischen Kenntnisse ergeben sich für alle Studierenden der Berufspädagogik neue oder zumindest ergänzende Bereicherungen ihrer bisherigen didaktischen Kenntnisse und ihres Berufswissens. Diese derart betriebene Vorgehensweise, die der Verfasser als „ Allgemeine Berufspädagogik“ bezeichnet hat, ist für eine kleine EU-Nation notwendig, damit bildungsinteressierten Lehr- oder Ausbildungspersonen unterschiedlicher Ausbildungseinrichtungen, für die keine eigenen berufspädagogischen PH-Lehrämter bestehen, sich vor allem qualifikationsübergreifend fachdidaktisch weiterbilden , aber auch forschen und mit einem entsprechenden akademischen Grad ihre Studien abschließen können. Das gilt ganz besonders für weiterbildungswillige Absolventen (Diplompädagogen/ Diplompädagoginnen) von PHs, da letztere auch in absehbarer Zukunft über kein Promotionsrecht verfügen werden (s. auch den Schluss dieses Beitrags).
8. Zusammenfassung und Ausblick
Der Anfang der deutschen Berufspädagogik fällt in den Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihre Weiterentwicklung zu einer wissenschaftlichen Disziplin erfolgte in den sechziger Jahren desselben und ist an die Ausbildung von Gewerbe- und Handelslehrern („Berufs- und Wirtschaftspädagogik“) gekoppelt. Im Gegensatz dazu versteht sich die Wiener Berufspädagogik vorweg als eine nicht an einen lehrpersonenausbildenden Auftrag gebundene und daher als eine ungleich vielseitiger agierende bildungswissenschaftliche Subdisziplin. Sie verzichtet auf wissenschaftliche Beschäftigung mit kaufmännischen Berufen, weil an der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) ein eigenes Institut für Wirtschaftspädagogik existiert, das ab WS 2007/08 ein auf den Bachelor-Studiengang „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ anknüpfendes Masterstudium aufnimmt, welches mit dem akademischen Titel „Master of Science (WU)“ abschließt und sowohl für ein Lehramt an kaufmännischen BMS und BHS als auch für anspruchsvolle Jobs in Unternehmen qualifiziert (vgl. WU-MAGAZIN 2007, 11).
In Wien mussten keine unterschiedlichen (grundständigen) pädagogischen Entwicklungen wie in Deutschland zusammengeführt werden, weil bis 1982 auf universitärer Ebene keine Berufspädagogik existierte. Die Vorstellung und erst recht die Tatsache, dass sich an der Wiener Universität ein Studienzweig u.a. mit berufsbezogenen Ausbildungsfragen wissenschaftlich beschäftigt, ist leider nicht nur für hohe akademische Funktionäre auch heute noch ein Übel, das mit allen Mitteln bekämpft, personell ausgehungert und vom im Oktober 2007 angelaufenen Bachelorstudium ignoriert wird. Warum die Berufspädagogik an der größten Universität Österreichs trotz Bedarf und Wichtigkeit für aufstiegsorientierte Weiterbildung von Lehr- oder Ausbildungspersonen sowie für an Berufsausbildungsfragen interessierten Menschen (im WS 2005/06 haben beispielsweise 74 Studierende die „Didaktik beruflicher Bildung“ mit Zeugnis abgeschlossen, Prüfungsprotokolle vom 1.2. und 20.3.2006) eher ein Schattendasein führt, hängt damit zusammen, dass (nicht nur) Angehörige des Instituts für Bildungswissenschaft einem nachhaltigen Beschulungskreislauf (vgl. SCHWENDENWEIN 2000, 364 und 472 f.) unterliegen. Dieser führt nämlich in der Regel dazu, dass davon Betroffene sich überhaupt nicht vorstellen können, was eigentlich Ausbildung für eine bestimmte Erwerbstätigkeit mit deren konkreten Vollzugsanforderungen in nichtuniversitären Einrichtungen bedeutet, weshalb die meisten von ihnen Berufspädagogik als eine inferiore und somit entbehrliche Aktivität praktischer Pädagogik einschätzen, die an der Wiener Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft nichts verloren hat . Berufspädagogik findet aber auch deshalb wenig Gegenliebe, weil es im Berufsvollzug Regeln, Erfordernisse und Standards unterschiedlichster Art gibt, zu deren Einhaltung im Interesse von Erwerbstätigen und ihres Umfeldes erzogen werden muss, wenn fatale Folgen im Berufsvollzug vermieden werden sollen oder der eigene Arbeitsplatz und der anderer Erwerbstätiger nicht gefährdet werden soll. Da man sich über diese nicht locker hinwegsetzen oder sie wegdiskutieren kann, passt Berufspädagogik nicht so ganz in die von der realen Welt abgehobenen Bildungsvorstellungen akademischer Funktionäre und Bildungswissenschaftler.
SCHWENDENWEIN hat u.a. neben der interdisziplinär-konzeptiven, dokumentarischen und vergleichenden vorwiegend eine empirisch-statistische Vorgehensweise in der berufspädagogischen Forschung vertreten. Er hat Berufspädagogik als eine spezielle bildungswissenschaftliche Subdisziplin gelehrt und eine Einengung auf berufliche Lehrerausbildung vermieden, weil es dafür die BPAs in Österreich gab und nun die PHs gibt. Mit Wirkung vom 1. Okt. 2007 begann nach der Bologna-Vorgabe nicht nur eine neue modularisierte sechssemestrige Lehramtsausbildung an den PHs , sondern auch ein modularisiertes sechssemestriges Bachelorstudium am Wiener Institut für Bildungswissenschaft . Der Universitäts-Bachelor (er schließt mit dem akademischen Grad „Bachelor of Arts“ - „BA“ ab, Anm. d. Verf.) im Fach Bildungswissenschaft „(a) vermittelt grundlegende Qualifikationen für wissenschaftliches Arbeiten im sozialen/ pädagogischen Berufsfeld und stellt die Basis für Spezialausbildungen auf diesem Gebiet dar; (b) bildet Kompetenzen und Fähigkeiten, die zu weiterführenden Studien befähigen (und) (c) vermittelt in Kombination mit einer entsprechenden berufspraktischen Ausbildung die Fähigkeit zu einer differenzierten Reflexion der einschlägigen Praxis und qualifiziert AbsolventInnen damit zu Führungs- und Leitungsfunktionen im Bildungs- und Sozialwesen in Einrichtungen, Organisationen, Verbänden und Unternehmungen“ (CURRICULUM FÜR DAS BACHELORSTUDIUM, 2007, 1f.).
Wegen des geltenden Konsekutivprinzips in der universitären Curriculumentwicklung einer Studienrichtung ist zu hoffen, dass das nun notwendig werdende universitäre Curriculum für das bildungswissenschaftliche Masterstudium im Sinne der im Bachelor-Curriculum angekündigten Spezialausbildungen auch berufspädagogische Module oder Fächer vorsieht und infolgedessen mit dem Doktoratsstudium seine bisherige Weiterbildungsfunktion für berufspädagogisch Interessierte nicht verliert. Die PHs sind nach §10 des HOCHSCHULGESETZes (2005) verpflichtet „hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben untereinander mit anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen insbesondere mit in- und ausländischen Universitäten und Fachhochschulen zu kooperieren. Die Kooperation erstreckt sich neben der berufsfeldbezogenen Forschung und Entwicklung auch auf die Evaluation und insbesondere auf die Erstellung der Curricula und auf die Studienangebote sowie deren Durchführung und soll die Durchlässigkeit von Bildungsangeboten im Sinne einer gegenseitigen Anrechenbarkeit von Studien und Studienteilen im Rahmen der bestehenden Möglichkeit sicherstellen.“ §6 des universitären C URRICULUMs FÜR DAS BACHELORSTUDIUM (2007) empfiehlt allerdings nur „ein Semester an einer anderen in- oder ausländischen Universität zu studieren. Über die Anerkennung entscheidet das zuständige akademische Organ.“ Die Kooperation zwischen Wiener Universität und Wiener PH scheint schon jetzt auf dem Gebiet der Fachkompetenzvermittlung zwischen einzelnen universitären Diplomstudium-Lehrämtern (z.B. gemeinsames Ausbildungsmodul für Geschichte) und den PH-Bachelorstudien ungleich besser zu funktionieren als zwischen letzteren und dem Wiener Institut für Bildungswissenschaft. Der Studienplan für das Doktoratsstudium der Philosophie (Fachbereich Bildungswissenschaft) sieht übrigens in §6(2) nur Dissertationsthemen vor, die „einem der im Studienplan der absolvierten Studienrichtung festgelegten Prüfungsfächer zu entnehmen“ sind oder „in einem sinnvollen Zusammenhang mit einem dieser Fächer“ stehen (MITTEILUNGSBLATT DER UNIVERSITÄT WIEN 2005), was nicht nur dem Verfasser, sondern auch den Bildungsverantwortlichen aus Erfordernisgründen sehr große Sorgen bereiten sollte. Besitzen nämlich Lehrende für berufspädagogische Lehrämter (an den PHs) berufspädagogische Qualifikationsdefizite im internationalen Qualifikationswettbewerb, dann gefährdet dies letztendlich auch den Wirtschaftsstandort Österreich.
Literatur
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CURRICUM FÜR DAS BACHELORSTUDIUM – LEHRAMT FÜR BERUFSSCHULEN (PH-CURRICULUM 2007). Von der Studienkommission der Pädagogischen Hochschule Wien am 31. Mai 2007 erlassen, gemäß der Hochschulcurricularverordnung. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich II/ 495/2006 vom 21. 12. 2006. Wien.
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WU-Magazin, Ausgabe 3/2007.