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http://www.bwpat.de/ATspezial | Hrsg. bwp@-Spezial 3 - Österreich Spezial: Franz Gramlinger & Peter Schlögl & Michaela Stock

bwp@ Spezial 3 - Österreich Spezial
Berufs- und Wirtschaftspädagogik in Österreich. Oder:
Wer „macht“ die berufliche Bildung in AT?


Modell einer reflexionsorientierten Ausbildung in wirtschaftspädagogischen Bildungskonzeptionen

 

 

 

 

 

 

1. Einleitung

Im folgenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie – bei Betrachtung von Berufstätigkeit als komplexes, professionelles Handeln – universitäre Lehre im Sinne einer reflektierten Berufsvorbereitung konzeptionell gestaltet sein müsste und welche lehr- und lernpraktischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Die Beziehung zwischen Reflexion und Handlung wird in zahlreichen Management-, Organisations- und Lernstudien schon seit einiger Zeit diskutiert, wobei viele dieser Studien von den Arbeiten von Donald SCHÖN (1983; 1987; 1991) beeinflusst sind (vgl. YANOW/ TSOUKAS 2007). Orientierungsmaßstab ist auch in unserer Gestaltung der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik das handlungstheoretische Modell „The Reflective Practitioner“ von D. SCHÖN (1983). Dabei steht die Frage, wie qualitätsvolles Handeln in komplexen Situationen zustande kommt, im Mittelpunkt der Überlegungen. Die „übliche“ universitäre Antwort darauf lautet: Um die Probleme professioneller Praxis zu lösen, wenden AkteurInnen allgemeines Wissen an. Daher lernen Individuen in ihrer Ausbildung allgemeines, durch Forschung produziertes Wissen. Dieses Modell technischer Rationalität setzt allerdings unzweifelhafte Ziele und feststehende Arbeitsbedingungen voraus (vgl. SCHÖN 1983, 39ff). Diese Anforderungen dürften bei einfachen und durch Routine gekennzeichneten Aufgaben gegeben sein; in komplexen, ungewissen, mehrdeutigen sowie von Wert- und Interessenkonflikten geprägten Situationen, wie es die berufliche Situation von WirtschaftspädagogInnen sein dürfte, ist reflexive Professionalität als zentrale Ergänzung zu fordern .

Zu Beginn des Beitrags erläutere ich, was Schön unter komplexen Tätigkeiten sowie unter Professionalität versteht, um dann auf seine daraus abgeleiteten Konsequenzen für Lehr-Lern-Arrangements einzugehen. Anhand von zwei ausgewählten Beispielen, die wir im Rahmen der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck umsetzen, versuche ich aufzuzeigen, welche Spannungsfelder sich durch eine praxisorientierte Ausbildungskonzeption ergeben können.

2.  Berufstätigkeit als komplexes, professionelles Handeln

Professionelles Handeln in hochqualifizierten, komplexen Tätigkeiten kann durch folgende Charakteristika beschrieben werden (vgl. u.a. SCHÖN 1983, 39ff; ALTRICHTER/ LOBENWEIN/ WELTE 1997, 641f; DÖRNER 1989, 58ff ):

•  Problemdefinition: In komplexen Situationen können Handelnde Wissen nicht zur Problemlösung anwenden, da das ‚Problem' als solches nicht eindeutig vorliegt. Es muss durch den Prozess der Problemdefinition geschaffen werden, der erst die Voraussetzung für das Wirksamwerden allgemeinen Wissens schafft.

•  Vorläufigkeit, Prozesshaftigkeit, Weiterentwicklung: Diese erste Problemdefinition ist nur vorläufig. Erfolgreiche AkteurInnen beobachten ihre Handlungen und damit gleichzeitig, wie zutreffend ihre Problemdefinition ist. Durch die Reflexion ihrer Handlungserfahrungen entwickeln sie diese Problembeschreibung weiter.

•  Entwicklung ‚lokalen Wissens': Schließlich sind konkrete Probleme meist nicht Spezialfälle einer schon bekannten allgemeinen Theorie. Erfolgreiche AkteurInnen haben die Fähigkeit, aus ihren Handlungserfahrungen ‚lokales Wissen' auszusondieren und weiterzuentwickeln. Sie bauen einen speziellen Erfahrungsschatz auf, der ihnen hilft, die Probleme ihres Berufsbereiches kompetent und situationsbezogen zu bearbeiten.

Der Professionalitätsbegriff bei Schön unterscheidet sich dabei von den gängigen berufssoziologischen Definitionen (vgl. ALTRICHTER/ LOBENWEIN/ WELTE 1997, 642): Das Professionen üblicherweise zugeschriebene spezielle Wissen ist nicht nur generelles Wissen, das durch lange Ausbildung(en) erworben wurde, sondern auch „lokales Wissen“, das durch reflektierte Erfahrung entwickelt wurde. Die für Professionen typische „Autonomie“ ist nur ein Merkmal individueller Berufsausübung, sie beinhaltet vor allem auch die kritische Auseinandersetzung in der professionellen Community und die sozial verantwortliche Auseinandersetzung mit den KlientInnen.

Eine wirtschaftspädagogische Ausbildung ist in mehrfacher Hinsicht sehr herausfordernd: Wirtschaftspädagogik ist in ihrer Zielsetzung auf unterschiedlichste Berufsfelder im Bildungsbereich fokussiert, die ich an dieser Stelle aber nicht näher ausführen möchte. Stattdessen werde ich – nur kurz – auf das zentrale Berufsfeld von WirtschaftspädagogInnen eingehen, nämlich die Rolle als LehrerIn in unterschiedlichsten Setting:

Es ist schwierig, ein generelles Ausbildungsziel dazu zu formulieren, da LehrerInnenbildung schlussendlich auch eine individuelle Entwicklung bedeutet. LehrerIn sein und werden ist immer auch, Persönlichkeit zu entwickeln. Dazu kommt eine starke inhaltliche Herausforderung: Wirtschaftliche Berufe beinhalten ein breites Spektrum an Anforderungen, die sich als Erwartungen an die (Schul-)AbsolventInnen äußern. Zukünftige MitarbeiterInnen sind immer mehr gefordert, extra-funktionale Kompetenzen in die Betriebe mitzubringen, die sie u.a. zu selbstverantwortlichen, teamfähigen, innovativen, den neuen Technologien gegenüber aufgeschlossenen AkteurInnen machen. Dabei soll das Gelernte am Arbeitsplatz relativ schnell ein- und umgesetzt werden können.

Menschen, die im Berufsfeld Bildungsprozesse tätig sind, sind mit dem Spannungsfeld konfrontiert, eine Entwicklung vorwegzunehmen, auf die Bildung antizipativ reagieren soll, die aber durch Bildung gleichzeitig gestaltet wird. Damit bewegen sie sich u.a.

•  zwischen Individuum, Gruppe, Organisation und Gesellschaft, d.h. zwischen pädagogischen Ansprüchen, sozio-ökonomischen sowie betrieblichen Strukturen und Prozessen;

•  zwischen Vergangenheit, Gegenwart und (ungewisser) Zukunft der einzelnen, d.h. zwischen Tradition, aktuellen Anpassungserfordernissen und Entwicklungsperspektiven;

•  zwischen fachlichen, sozialen und persönlichen Anforderungen;

•  zwischen Utopie, kritischem Realismus und Pragmatik.

Auch auf der Ebene der sozialen Kompetenzen der Lehrenden ergeben sich z.T. sich massiv verändernde Herausforderungen: SchülerInnen kommen aus unterschiedlichsten sozialen Kontexten, bringen verschiedenste Sozialisationserfahrungen mit und leben diese in der Schule aus. Lehrende sind damit ständig in allen möglichen Rollen gefordert, wie bspw. DompteurIn und ZirkusdirektorIn, FreundIn und PrüferIn, StreitschlichterIn und KonfliktmanagerIn, Familien- und ErziehungsberaterIn, ProjektbetreuerIn und SozialarbeiterIn u.v.m. (vgl. MEYER 1997, 125ff).

Diese wandelnden beruflichen Anforderungen führen auch zu sich relativ schnell verändernden Curricula und implizieren für Lehrende nicht nur eine fachlich-inhaltliche Adaption, sondern stellen auch eine massive Herausforderung in methodisch-didaktischer Hinsicht dar. Mit diesen Forderungen ist dann auch die Ausbildung der AusbildnerInnen konfrontiert und muss darauf „reagieren“.

3. Anforderungen an eine Ausbildung im Kontext von Praxis

Die Entwicklung reflektierter praktischer Kompetenz ist die konkrete Utopie bzw. das Ziel bei unserer Gestaltung der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik. ‚Reflektierte PraktikerInnen' finden eine Balance zwischen kodifiziertem Wissen und beruflicher Reflexion einerseits sowie individueller Autonomie und Vernetzung mit anderen InteraktionspartnerInnen andererseits. Es geht darum, Ambivalenzen zu erkennen und Lösungen zu entwickeln (vgl. SCHÖN 1987, 22ff). Professionelles Handeln verlangt dabei die Integration und den situativen Gebrauch von vor allem drei Kompetenzen (vgl. ALTRICHTER 1990, 68ff):

•  Automatisierte Routinehandlung („tacit knowing in action“): Das stellt die Basis des Handelns in unproblematischen Alltagssituationen dar. Das Wissen ist in der Handlung impliziert. Routinehandlungen besitzen eine große Bedeutung, da im Alltag schnelles Handeln und Entscheiden gefordert ist. Es führt auch zu einer gewissen Stabilität und Vorhersehbarkeit.

•  Reflexion-in-der-Handlung: Das ist die professionelle Kompetenz, um in wechselnden und komplexen Situationen im Beruf handlungsfähig zu bleiben. Dabei sind sowohl die problemlösende Handlung, als auch die Reflexion der eigenen Situationsinterpretation und der (vorläufige) Erfolg der Handlung relevant. Treten in Handlungen unerwartete Ereignisse auf, beginnt eine ‚reflektierte Konversation' mit der Situation, allerdings ohne dass der Handlungsablauf unterbrochen wird (vgl. SCHÖN 1983, 31). Das Ereignis wird aufgegriffen und interpretiert, um dann mögliche Schlüsse (Handlungen) daraus zu ziehen. Das ist in komplexen Situationen u.a. deshalb notwendig, da nicht zu erwarten ist, dass bereits die erste Handlung zu einer Veränderung der Situation führt.

•  Reflexion-über-die-Handlung: Diese Kompetenz umfasst die Distanzierung vom unmittelbaren Handlungsfluss und deren Vergegenständlichung. Das Wissen, das die Handlung begründet, wird explizit formuliert und von der primären Handlung losgelöst betrachtet. Das ermöglicht, schwierige Handlungsprobleme, die eine Veränderung bisheriger Sichtweisen erfordern, zu bearbeiten, alternative Handlungen zu überlegen und Konsequenzen abzuwägen. Professionelles Wissen wird auf diese Art aufbereitet und kann auch an andere weitergegeben werden.

Um diese reflexive Kompetenz und damit die selbständige, kreative Bewältigung komplexer sozialer Situationen zu erlernen, sind in diesem Verständnis (in Anlehnung an ein konstruktivistisches Paradigma) folgende Merkmale für Lehr-Lernsituationen zentral (vgl. ausführlich dazu u.a. BAUMGARTNER/ WELTE 2002): Artikulation und Reflexion (MANDL/ GRUBER/ ALEXANDER 1997), Generieren (Erfinden, Konstruieren) von komplexen Problemen in unscharfen Ausgangssituationen (SCHÖN 1983; 1987), Authentizität und Situiertheit der Problemstellung (CHAIKLIN/ LAVE 1993) sowie schrittweise Übernahme von Verantwortung (LAVE/ WENGER 1991).

Es ergeben sich dann folgende Gestaltungsansätze (vgl. u.a. ALTRICHTER/ LOBENWEIN 2002, 212ff; AUER/ WELTE 1997, 330):

Den Kern der Ausbildung bildet ein „learning by doing“ oder ein „reflective practicum“ der Lernenden!

Reflexion-in-der-Handlung kann nicht losgelöst von ‚praktischen' Handlungen erfolgen und soll deshalb – idealerweise in Form von Praktika – in konkreten Organisationen/in konkreten praktischen Handlungssituationen entwickelt werden, um Bedingungen der späteren Berufspraxis erfahren zu können. Praxisorientierung wird als Vermittlung eines breiten Repertoires von Erfahrungen über Beziehungen von Menschen in (Wirtschafts-) Organisationen verstanden, das es den Lernenden ermöglicht, einerseits den Anforderungen ‚der Praxis' im Sinne der Bewältigung ihrer Berufsrolle gerecht zu werden, andererseits aber auch zu einer Reflexion der eigenen Funktion und Situation zu gelangen – Praxisorientierung als Berufsfähigkeit (vgl. LASKE/ WELTE 1993, 12). Ein wesentliches Ziel ist es dabei, die Komplexität und Widersprüchlichkeit ‚der Praxis', die Vielschichtigkeit der Erwartungen, Ziele und Beziehungen und damit wichtige Aspekte der späteren Berufstätigkeit kennen zulernen.

Es werden deshalb Arrangements geschaffen, die unterschiedliches Handeln und eine Auseinandersetzung mit diesen Handlungen sowie der eigenen Rolle ermöglichen. Lehr-Lern-Situationen sollen von den Lernenden als bedeutsam für sie selbst oder zumindest für die Organisation empfunden werden. Es ist wichtig, dass es sich bei den Aufgabenstellungen um realistische praktische Probleme handelt, die in einem komplexen Anwendungskontext bearbeitet werden.

Im Lehr-Lern-Prozess werden die Fragen, Probleme, Anliegen der Betroffenen bearbeitet, um Wissen und Kompetenz zu entwickeln. Im Mittelpunkt stehen die praktischen, durch Handeln erworbene Erfahrungen der Lernenden sowie deren Aufarbeitung und nicht das Lernen dargebotener Inhalte und Wissenselemente – es geht nicht darum, ein ‚fertiges' Programm zu absolvieren. Ein solcher Zugang bedeutet aber keine Abwertung ‚traditionellen' Wissens, wie Theorien, Konzepte, Methoden, Instrumente oder Verfahren. Aber: Fachwissen wird in einem konkreten Verwendungs- und Verwertungszusammenhang angeeignet; die Anwendbarkeit von theoretischem Wissen wird in praktischen Problemstellungen kritisch geprüft und reflektiert, wobei die Konfrontation von ‚unvollständiger' Theorie mit ‚unvollständiger' Praxis wichtige Lernpotentiale enthält.

Lehr-Lern-Situationen sollen eigene Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Lernenden enthalten!

Problemstellungen werden nicht ‚fertig' vorgegeben, sondern durch die Lernenden definiert, geprüft und mitbestimmt. Die Auseinandersetzung mit anderen AkteurInnen (Lehrende, Lernende, Eltern, universitätsexterne AuftraggeberInnen, …) ist ein zentrales Element des Lernprozesses. Studierende entwickeln dabei eigene Fragen, Ideen, Anliegen und nehmen damit eine sinnvolle, eigenverantwortliche Ausgestaltung eines vorgegebenen Rahmens vor – legitimierte periphere Partizipation. Lernen durch Reflexion ist nur möglich, wenn Verantwortung für das eigene Handeln (freiwillig) übernommen wird. Studierende sollen von sich aus aktiv werden, selbständig und verantwortlich handeln, wie z.B. selbst entscheiden, welche Informationen sie benötigen, diese einfordern und mögliche Handlungsstrategien ableiten – also eine sinnvolle, eigenverantwortliche Ausgestaltung des vorgegebenen Rahmens vornehmen. Die Auseinandersetzung mit Wissen und Verhalten erfolgt dann, wenn es von den Studierenden für das konkrete Handeln benötigt und als Erfahrung oder Problem eingebracht wird. Damit bekommt Wissen einen anderen Stellenwert: Es wird bedeutsam für das konkrete Handeln, wird besprechbar und reflexiv bearbeitbar. Dabei wird es immer wieder zur Aushandlung von Verantwortung und Aktivitäten kommen, da es sich um einen kontinuierlichen, Veränderungen beinhaltenden und teilweise wohl auch ungewohnten Prozess handelt. Durch gezielte stützende Maßnahmen („scaffolding“) und langsames Zurückziehen der Lehrperson übernehmen Lernenden schrittweise nicht nur Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess, sondern auch zunehmend für die Folgen ihrer praktischen Handlungen.

Die Rolle der Lehrenden in diesem Prozess ist die eines Lernbegleiters/-beraters bzw. einer Lernbegleiterin/-beraterin!

Leitziel der Ausbildung ist die theoriegeleitete Vermittlung von Handlungskompetenz im Sinne einer wissenschaftlichen Berufsvorbildung. Der Lernprozess im Kontext der Praxis wird dabei durch (universitäre) Betreuung begleitet. Aktion und Reflexion sollen durch Gespräche und entsprechende Gestaltung der Lernumgebung ermöglicht und gefördert werden. Dies wird zur zentralen Aufgabe des Lehrenden (vgl. SALZGEBER 2002, 110ff). Im Rahmen der Gestaltung geht es darum, die richtige Balance zwischen Vorgabe und Freiraum zu finden, die Lernenden nicht zu überfordern und ein Netz von Beratung, Begleitung und Anregung zur Reflexion anzubieten. Das ‚richtige' Maß an Hilfestellung ist Voraussetzung für eine nicht-überfordernde Selbständigkeit (vgl. auch GÜTL/ WELTE 2002, 256ff).

Lehr-Lern-Situationen enthalten die (angeleitete) Auseinandersetzung mit den gemachten Erfahrungen!

Ein wesentliches Element von Ausbildung im Kontext der Praxis ist die handlungsbegleitende Reflexion und (universitäre) Betreuung. Das bedeutet, um das ‚reflective practicum' sind verschiedenste vor- bzw. nachgelagerte Begleitungen (meist in Form von Lehrveranstaltungen) angesiedelt, die das praktische Handeln unterstützen. Besonders bedeutsam ist dabei nicht nur Reflexion-in-der-Handlung, sondern auch und vor allem die Aufarbeitung der Erfahrungen, die (nochmalige) Verbindung der Erfahrungen mit dem vorhandenen Wissen, das Konfrontieren und Akzeptieren von Erwartungen sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Person – also Reflexion-über-die-Handlung. Die Bedeutung dieser Begleitungen liegt vor allem darin, dass Lernende meist noch kaum über die entsprechenden Routinen zur Entwicklung von Kompetenzen aus ihren Handlungen und Erfahrungen verfügen. Damit bleibt es ohne systematische ‚Nachbearbeitung' dem Zufall überlassen, wie der/die einzelne Erfahrungen verarbeitet. Die Begleitungsformen dienen aber auch dazu, dass die Lernenden untereinander ins Gespräch kommen, gemeinsam ihre Erfahrungen bearbeiten und für eine spätere Berufstätigkeit lernen, Netzwerke aufzubauen und deren Unterstützungsfunktion zu erkennen.

4.  Ansatzpunkte in der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik

4.1  Zwei Beispiele

Im Rahmen der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik haben wir unterschiedliche Lehr-Lern-Arrangements entwickelt, um diesen ausgeführten Anforderung zur Entwicklung von reflexiver Kompetenz nachzukommen. An dieser Stelle werden zwei Beispiele kurz beschrieben, in denen unsere zentralen Überlegungen deutlich werden sollen:

Schulpraktika als zentrale Elemente

Integriert in das Studium sind zwei Praktika zu absolvieren: Ein erstes Schulpraktikum zu Beginn des Studiums soll Studierenden mit dem möglichen zukünftigen Berufsfeld Schule und der Rolle des/der Lehrenden „von innen“ vertraut machen. Studierende besuchen und beobachten für mehrere Wochen den Unterricht an bestimmten Schulen und gestalten gegen Ende des Praktikums auch eigene Unterrichtseinheiten. Sie begeben sich damit in reale und nicht nur simulierte Unterrichtssituationen, die aber noch „geschützt“ in dem Sinne sind, dass die Einheiten klein und überschaubar sind, die Betreuung durch Universität und Schule sehr intensiv ist.

Im großen Schulpraktikum des zweiten Studienabschnittes unterrichten Studierende ein Semester lang an einer Schule. Vorgesehen ist, dass keine universitären Veranstaltungen – mit Ausnahme jener, die mit dem Schulpraktikum verbunden sind – in dieser Zeit absolviert werden, damit sich die Studierenden auf ihr Praktikum und die damit verbundenen Aufgaben konzentrieren können. In diesem Praktikum übernehmen die Studierenden einen weit größeren Teil der Verantwortung und üben alle Funktionen bzw. Aufgaben von Lehrenden aus. Sie partizipieren nicht nur in der Unterrichtsgestaltung, sondern müssen auch stärker die Konsequenzen ihres eigenen Tuns verantworten und sind als „JungkollegInnen“ in die Schulorganisation und den Schulalltag integriert.

Das Praktikum wird in einem Verbund von Veranstaltungen durchgeführt, in dessen Zentrum ein 180-stündiges Praktikum steht. Davon entfallen 120 Stunden auf von den Studierenden selbst durchzuführenden bzw. zu beobachtenden Unterricht und 60 Stunden auf Besprechungen mit dem/der jeweiligen BetreuungslehrerIn, die u.a. die Rolle der LernbegleiterInnen haben. Die PraktikantInnen arbeiten in Teams von 2 - 3 Studierenden. Die Betreuung und Begleitung an der Schule erfolgt durch 2 - 3 BetreuungslehrerInnen, an deren Unterricht die Studierenden zunächst beobachtend und dann relativ schnell selbständig Unterricht gestaltend teilnehmen.

Dieser ‚Praktikums-Kern' wird durch drei weitere Veranstaltungen ergänzt, die von universitärer Seite angeboten werden und zur Begleitung des Schulpraktikums sowie Bewusstmachung bzw. Aufarbeitung von Erfahrungen dienen (vgl. LOBENWEIN 1997, 118):

•  Begleitveranstaltung: Wesentliches Ziel der Begleitveranstaltung ist es, Studierende in ihrem (Weiter-)Lernen zu fördern und zu unterstützen. Studierende sollen dazu angeregt werden, Fragen aus der Schulpraxis in einen Erfahrungsaustausch einzubringen, neue Ideen, alternative Sichtweisen zu entwickeln u.ä.

•  Schulrecht: Die Arbeitsgemeinschaft Schulrecht beschäftigt sich mit zentralen gesetzlichen Grundlagen der Schule, die insbesondere für BerufsanfängerInnen relevant sind.

•  Supervision zum Schulpraktikum: In dieser Veranstaltung steht die supervisorische Bearbeitung von Einzelfragen und kollektiven Themen, die PraktikantInnen in ihrem Schulpraktikum beschäftigen, im Mittelpunkt. Zentraler Inhalt ist die Reflexion des Handelns in der Schulpraxis auf kognitiver und affektiver Ebene in einer relativ kleinen Gruppe.

Durch diese Veranstaltungen sollen die Studierenden zu möglichst vielfältigen Erfahrungsmöglichkeiten sowie einer aktiven, forschenden und entwickelnden Haltung gegenüber ihren Praktikumserfahrungen angeregt werden. Weiters können mit dieser Konzeption die Studienziele und die Verantwortlichkeiten verschiedener Ausbildungselemente geklärt und damit die Abstimmung zwischen der Ausbildung in der Schulpraxis und an der Universität verbessert werden.

„Neben“ dem Unterrichten wählen PraktikantInnen eine für sie relevante Fragestellung, die sich aus ihrer Schul- und Unterrichtstätigkeit ergibt, und die sie bedeutsam für ihre Berufstätigkeit und deren Weiterentwicklung einschätzen. Während des Praktikums versuchen sie, die gewählten Fragestellung zu erforschen, Daten zu sammeln, zu analysieren und Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren, wobei sie sich immer wieder und aus verschiedenen Perspektiven Rückmeldungen verschaffen, diese interpretieren und so auch die ‚praktische Theorie' über ihre Praxissituation weiterzuentwickeln versuchen. Unterstützung für diese Praxisforschung und -entwicklung wird durch PraktikumskollegInnen („kollegiale Interrvision“), Betreuungs- und Universitätslehrende sowie andere „Externe“ (z.B. WissenschaftlerInnen oder LehrerfortbildnerInnen) geboten, die sie als „kritische Freunde“ unterstützen. Schließlich formulieren die PraktikantInnen als „forschende zukünftige LehrerInnen“ ihre bei der Erforschung der eigenen schulischen Praxis gewonnenen Erfahrungen in Fallstudien. Damit wird ihr praktisches Wissen anderen zugänglich gemacht, aber auch individuelle Einsichten durch die kollegiale Diskussion mit anderen auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft und weiterentwickelt (vgl. auch ALTRICHTER/ POSCH 1998).

Projektlehrveranstaltungen, speziell im Bereich Betriebspädagogik

Organisationen (z.B. Betriebe, Schulen, Nonprofit- Organisationen ...) werden gezielt eingeladen, aktuelle organisationsinterne Fragestellungen im Rahmen von Lehrveranstaltungen ausarbeiten zu lassen. Studierende lernen mit authentischen Problemstellungen umzugehen und vertiefen ihren Praxisbezug. Die Studierenden handeln auf der Grundlage eines derart vorgegebenen Themas die konkrete Problemstellung aus, sammeln und analysieren Daten, erarbeiten Veränderungs- bzw. Verbesserungsvorschläge, präsentieren und diskutieren ihre Ergebnisse mit VertreterInnen der Organisation. Es werden also s ämtliche Phasen eines Problemlösungsprozesses im Rahmen dieses Ausbildungselements von den Studierenden durchlaufen. Studierende „erleben“ so,

•  dass Organisationen keine Gebilde sind, die sich so einfach in lehrbuchgerechte, rechtwinkelige Kästchen von Organigrammen abbilden lassen,

•  dass es nicht die eine Wirklichkeit gibt, sondern viele „Bilder vom Unternehmen“ existieren, die erst in ihrer Vielfältigkeit und Verknüpfung einen zutreffenden Eindruck über das Unternehmen entstehen lassen,

•  dass es nicht die eine Problemsicht und -bearbeitung gibt, dass nicht nur ein Interessenstandpunkt innerhalb einer Projektbearbeitung Gültigkeit hat, ...

Didaktische Leitidee ist die Bearbeitung, Präsentation sowie Reflexion konkreter Problemstellungen in der betrieblichen Praxis mit dem Ziel, Handlungskompetenz und die verantwortliche Nutzung von Handlungsspielräumen zu erreichen. Der Lernprozess im Kontext der Praxis wird dabei durch entsprechende (universitäre) Betreuung und Lehrveranstaltungen begleitet, in deren Mittelpunkt einerseits die Vermittlung von (betriebspädagogischen) Instrumenten, Methoden der empirischen Sozialforschung u.ä, andererseits sehr stark die (individuelle und kollektive) Reflexionskomponente steht (wie z.B. ein Lern- oder Projekttagebuch) – soziales Lernen selbst wird zum Gegenstand von Lehrveranstaltungen gemacht. (Vgl. ausführlich zur Konzeption und kritischen Betrachtung von Projektlehrveranstaltungen AUER/ WELTE 1997; GÜTL/ SALZGEBER/ WELTE 2002).

4.2  Erfahrungen und Spannungsfelder

Schlussendlich möchte ich noch einige Erfahrungen und Spannungsfelder, die wir im Laufe der Zeit gewonnen haben, aufzeigen. Sie bieten Ansatzpunkte für die weitere Arbeit und Entwicklung der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck (vgl. u.a. AUER/ WELTE 1997; ALTRICHTER/ LOBENWEIN 2002, 231f):

Forschende Entwicklung vs. Erledigungsmentalität: Den Studierenden kommt ein hohes Maß an Eigenverantwortung in der Gestaltung ihres Lernprozesses und seiner Bedingungen zu. Sie sollen sich für ihre professionelle Entwicklung bedeutsame Lernziele setzen, sich mit Betreuungslehrenden bzw. AuftraggeberInnen auseinandersetzen, sich um – diesen Zielen entsprechende – Schwerpunkte, inhaltliche Inputs und Rückmeldungen bemühen, den Anforderungen der Universität gerecht werden, die manchmal als Widerspruch zu den Anforderungen der Praxis verstanden werden, usw. Es stellt sich die Frage, inwieweit die offene Problemformulierung von den einzelnen Beteiligten tatsächlich als „anregender und gestaltbarer Spielraum“ angesehen oder doch als zu ‚erledigendes Minimalprogramm' angesehen wird. Eine ‚Erledigungsmentalität' ist nicht zu verhindern. Dies zeigt sich bspw. darin, dass Studierende den Eindruck haben, die Fallstudie, den Projektbericht für „uns“ (die Universität) zu schreiben und nicht als ihr eigenes Lernpotential einschätzen.

Breite vs. Tiefe: Zentrale Überlegungen beziehen sich darauf, welche Inhalte Studierende längerfristig und vertieft untersuchen sollen. Was im Einzelfall als interessanter und bearbeitenswerter Fall bzw. Problem erscheint, hängt vom Problembewusstsein der Studierenden ab, aber auch vom Kontext und von spezifischen Interaktionen zwischen bspw. BetreuungslehrerIn und PraktikantIn. Studierende sollen sich mit möglichst vielen der auftauchenden Fragen auseinandersetzen. Aufgrund der Komplexität mancher dieser Fragen und ihres oftmals raschen Auftretens erfolgt aber eine solche Beschäftigung oft auf eher oberflächlichem Niveau. Aufgrund des Handlungs- und Zeitdrucks werden systematische Reflexionsprozesse ausgeklammert. Damit ist die Gefahr verbunden, eine einseitige Perspektive unreflektiert zu übernehmen bzw. einzuüben.

Problemformulierung vs. Problemklarheit : Die Unschärfe von Aufgabenstellungen/Themen als Tatsache zu akzeptieren, fällt Studierenden oft sehr schwer, da sie es gewohnt sind, mit unumstößlichen Vorstellungen über das „So-Sein der Welt“ konfrontiert zu werden. Sie suchen nach klaren und eindeutigen Lösungen und Strukturen, die Ordnung signalisieren und Sicherheit versprechen. Widerspruch, der zur Aufklärung von Diskrepanzen und zu gegenseitigem Lernen führen könnte, fehlt meist. Verschärft wird dies noch durch die übernommene Verantwortlichkeit gegenüber der „Praxis“ (also den AuftraggeberInnen, den SchülerInnen …): Es kann ein massiver Erfolgsdruck für alle Beteiligten entsteht, der die Lernaspekte in den Hintergrund rückt. Es kann bei Studierenden auch bewirken, dass sie die so erlebte Praxis als die „Wahrheit“ und für alle Situationen gültig interpretieren, nicht weiter hinterfragen und die Situiertheit der Problemstellung kaum erkennen. An der wahrgenommenen Kluft zwischen Theorie und Praxis ändert sich für viele Studierende nichts. Für manche wird sie sogar größer. Praxisbeispiele – oft nur von einem Akteur/einer Akteurin geschildert und interpretiert – werden dann vielfach verallgemeinert und Theorien, Modelle und Reflexion verworfen.

Disziplinäres Wissen vs. Interdisziplinarität : Die praktische (interdisziplinäre) Problembearbeitung widerspricht der (universitären) disziplinären Vermittlung von Fachwissen. Die Bearbeitung konkreter Problemstellungen wirft vielfach Fragen jenseits der engeren wissenschaftlichen Disziplin auf. Das Studium ist nach einzelnen (Sub-)Disziplinen gegliedert und orientiert sich stark an dem jeweiligen Fachwissen. Eine inhaltliche Koordination der Lehre über einzelne Disziplinen (bzw. Institute) hinweg erfolgt so gut wie nicht, sozial-kommunikative Qualifikationen werden kaum systematisch entwickelt. Gerade aber die Durchführung von praktischen Problemstellungen erfordert von Studierenden interdisziplinäre und extrafunktionale Kompetenzen im Bereich der Kommunikation, der Teambildung, dem Planen und Organisieren, usw.

Motivation vs. Überforderung : Die Studierenden bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen hoher Motivation und teilweiser Überforderung. Das Engagement der Studierenden sowohl im Praktikum als auch in Projektlehrveranstaltungen ist durch die Arbeit an praktischen Problemstellungen im Verhältnis zu üblichen Lehrveranstaltungen wesentlich höher. Andererseits gehen die Anforderungen, die diese Art des Lernens an die Studierenden stellen, oft an die Grenzen ihrer Leistungs- und Belastungsfähigkeit.

Die Komplexität der Lernsituation erzeugt in vielen Fällen individuelle Verunsicherung, aber auch Spannungen und Konflikte in den Studierendengruppen, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten oder gemeinsam das Schulpraktikum absolvieren. Die jeweilige Gruppe erhält enorme Bedeutung für die Bearbeitung der ‚Aufträge'. Das ‚Zurückgreifen Können' auf KollegInnen erleichtert einerseits das Betreten von ungewohntem Terrain, andererseits entsteht eine hohe gegenseitige Abhängigkeit.

Universitäre Betreuung vs. universitäres Karrieresystem : Diese Art des Lehrens und Lernens erfordert meist eine intensivere Betreuung seitens der Universität: Angesichts des Problemdrucks fordern Studierenden meist mehr von ihren universitären BetreuerInnen. Dies macht die Arbeit von Lehrenden anspruchsvoller, anstrengender, aber auch interessanter. Allerdings müssen sie in der Lage sein, mit diesem „Autoritätsverlust“ umzugehen: das Berufen auf eine bestimmte Position oder einen bestimmten Status im System Universität wird erheblich erschwert. Der Lehr- bzw. Lernprozess wird in ‚reflektierten Praktika' in viel stärkerer Weise ein sozialer Prozess und verändert die Rolle der Lehrenden: Freiraum zu geben, ist auch ein Prozess des Relativierens eigener Vorstellungen, des Zulassen Könnens und Machen Dürfen von Fehlern, um daraus zu lernen. Allerdings sind Studierende bzw. Lehrende daran gewöhnt, Wissen vermittelt zu bekommen bzw. zu vermitteln und klar definierte, vorgegebene Problemstellungen zu bearbeiten bzw. bearbeiten zu lassen. Diese (scheinbare) Sicherheit wird von den Lernenden oft eingefordert. Sie erwarten, dass die begleitenden Veranstaltungen anwendungsorientiert und nützlich für ihre Problemsituationen sind.

Verschärft wird diese Situation noch dadurch, dass sich ein hohes Engagement in der Ausbildung von Studierenden nicht aus den Anreizstrukturen und insbesondere Karrierewegen an der Universität gewinnen lässt – Veröffentlichungen sind der ‚Schlüssel' für eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere. Leistungen in der Lehre, didaktische Fähigkeiten und die Entwicklung didaktischer Konzepte sind mehr oder weniger in den Hintergrund gedrängt. Das Engagement in Lehrveranstaltungen kann deshalb nur aus anderen Motiven, wie etwa aus didaktischem Interesse und einem gewissen Verantwortungsgefühl gegenüber Lernenden resultieren.

Aktueller Problemdruck vs. Semesterrhythmus: Problemstellungen in der Praxis, die von Studierenden bearbeitet werden können, fallen nicht immer genau zu Beginn eines Semesters an. Trotzdem ist die Durchführung weitgehend auf die universitären Zeit- und Studienstrukturen abzustimmen. Projekt, Praktika müssen zu Semesterbeginn gestartet werden, auch wenn bspw. die Schulstruktur etwas anderes verlangen würde. Sie müssen entsprechend umfangreich sein und rechtzeitig zum Abschluss eines Semesters abgeschlossen werden. Eine weitere Problematik liegt in der Prognose, ob eine Themenstellung innerhalb der vorgegebenen Zeitstrukturen bewältigt werden kann. In Einzelfällen führt dies dazu, dass Projekte oder Praktika nicht am Ende eines Semesters, sondern in der vorlesungsfreien Zeit oder am Anfang des nächsten Semesters beendet werden. Dazu kommt, dass plötzliche Veränderungen im Praxisfeld den Fortgang der Arbeit behindern und im schlimmsten Fall auch zur Einstellung des Projektes/des Praktikums führen können.

5.  Schluss

Erweiterung von Handlungsfähigkeit als Zielsetzung eines Lernprozesses bedeutet, Lernen auf den Ebenen inhaltlicher, sozialer, methodischer und persönlicher Kompetenz zu ermöglichen. Dies auf Erfahrungen gestützt zu tun, heißt, Aktion und Reflexion, Nähe und Distanz gleichermaßen in den Lernprozess einzuführen (vgl. auch KOLB 1984, 21). Um diesem Anspruch gerecht zu werden, kommt es zu einer Verknüpfung von Theorie und Praxis in der Betreuungs- bzw. Begleitstruktur der Lernenden. Ziel soll es dabei sein Reflexionsverständnis aufzubauen, Fragehaltungen zu entwickeln, Zeit und Gelegenheit für Reflexionsmomente zu schaffen, eine Verankerung in der Organisationskultur zu erreichen und Lernmomente als höchst persönliche Auseinandersetzung und Entwicklung zu verstehen. Um diese Ziele zu erreichen, muss aber eine Veränderung traditioneller Lernkultur erfolgen, indem reflexive Rationalität in ‚traditionellen' Bildungskonzeptionen ergänzt wird und einen eigenen Stellenwert erhält. Es bedarf dazu entsprechender Rahmenbedingungen und die Beteiligung aller.

 

Literatur

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Artikel online seit 1.2.2008


Inhaltlich verantwortliche Herausgeber: Franz Gramlinger, Peter Schlögl & Michaela Stock

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Zuletzt verändert: 31.01.2008 9:26 PM
 


  



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