bwp@ 30 - Juni 2016

Inklusion in der beruflichen Bildung

Hrsg.: H.-Hugo Kremer, Karin Büchter & Ulrike Buchmann

Inklusive ökonomische Bildung: eine Aporie? – Reflexionen zum Verhältnis der Fachdidaktik Wirtschaftswissenschaften zu ihrem Fach

Ökonomisches Denken und Handeln durchzieht heute alle Lebensbereiche und ist in allen Berufen von Relevanz (vgl. Bank 2016). Spätestens seit der Finanzkrise steht das neoklassische ökonomische Paradigma jedoch in der Kritik, u. a. weil eine am Modell des homo oeconomicus orientierte Praxis systematisch Gewinner und Verlierer produziere (vgl. Graupe 2013; Tafner 2016; Ulrich 2001; Piketty 2015 u. a.). Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie unter solchen Bedingungen ökonomische Bildung beschaffen sein muss, damit Inklusion  – verstanden als Mitwirkung und Teilhabe aller am wirtschaftlichen Wohlstand – gelingen kann.

Dem pädagogischen Streben nach Inklusion  stehen sozioökonomische Exklusionstrends gegenüber, welche sich durch das Bildungssystem reproduzieren und an den Berufsschulen in der Vielfalt der Bildungsgänge sichtbar werden. Am Beispiel einer innovativen Lehrveranstaltung im Handelslehrerstudium wird deutlich, vor welche Herausforderungen sich angehende Lehrkräfte hierdurch auf der Suche nach adäquaten Konzepten ökonomischer Bildung gestellt sehen. Ein wirtschaftshistorischer Rückblick und eine kritische Analyse der institutionen-ökonomischen Wirtschaftsethik (vgl. Homann/Lütge 2004; Homann/Suchanek 2005; Homann 2008) wie auch die wirtschaftsethische Debatte in der Wirtschaftspädagogik  zeigen, dass Inklusion ohne moralisch verantwortliche Subjekte nicht möglich ist (vgl. Tafner 2015; Ulrich 2008). Hieraus resultierende Anforderungen an eine inklusive ökonomische Bildung werden postuliert und vorhandene Konzepte  ökonomischer Bildung auf ihre diesbezügliche Eignung untersucht. Abschließend werden eigene Lösungsansätze entwickelt.

1 Die Forderung nach Inklusion in einer ökonomisch geprägten Gesellschaft

Im pädagogischen Diskurs wird unter Inklusion in einem engen Sinne die Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen sowie deren Berufsausbildung im ersten Arbeitsmarkt verstanden. Berufliche Bildung soll diese Inklusion in einem hochgradig selektiven Bildungssystem für einen wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt leisten (vgl. Becker 2015, 77ff.). Gleichzeitig stellt sich durch sozio-kulturelle Probleme und Migrationsbewegungen für eine dramatisch steigende Zahl von Betroffenen die Frage, ob und wie sie selbstbestimmt an unserer ökonomisch geprägten Gesellschaft teilhaben können. Es liegt daher nahe, den Begriff Inklusion in einem sehr viel weiteren Sinne zu untersuchen.

Die originäre Aufgabe von beruflicher Bildung ist es jedoch, für eine qualifizierte Erwerbstätigkeit in unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem auszubilden. Ökonomische Bildungsinhalte lassen sich in erheblichem Umfang nicht nur in den Rahmenlehrplänen kaufmännischer Berufe, sondern auch bei Berufen des gewerblich-technischen Bereichs, der Ernährung oder des Gesundheitswesens (vgl. Bank 2016) finden. Während kaufmännische Angestellte ein Verständnis der zu Grunde liegenden Geschäftsprozesse entwickeln müssen, müssen umgekehrt die in einem solchen operativen Wertschöpfungsprozess Tätigen die ökonomischen Auswirkungen ihres Tuns verstehen lernen (vgl. Tramm 2009).

Die Wirtschaftswissenschaften als Bezugswissenschaft ökonomischer Bildung sehen sich jedoch spätestens seit der Finanzkrise 2007 aufgefordert, ihr Theoriegebäude zu überdenken. Nach Meinung ihrer Kritiker stehe es in krassem Widerspruch zur Realität, erzeuge Gewinner und Verlierer (vgl. Graupe 2012, 2013; Ulrich 2001; Piketty 2015; Rehm/Twisselmann 2010) und lasse die Begrenztheit natürlicher  Ressourcen, existenzbedrohliche globale Risiken und den technologischen Fortschritt ebenso unberücksichtigt (vgl. Stiglitz 2010, 303ff.; Rifkin 2011, 209ff.) wie die Faktoren Zeit und Wachstum (vgl. Binswanger 2013). Der Internationale Währungsfonds räumte jüngst als federführender Verfechter des Neoliberalismus ein, dass die Liberalisierung der Finanzmärkte und die Austeritätspolitik der öffentlichen Haushalte auf Grund wachsender Ungleichheit nicht die erhofften Wachstumsimpulse gebracht hätten (vgl. Ostry/Loungani/Furceri 2016; Dabla-Norris 2015, 7; OECD 2015, 16ff.). Studien des französischen Ökonomen Piketty (2015), der OECD (2015) und des IWF (vgl. Dabla-Norris et al. 2015) sowie die Armutsberichte der Bundesregierung (vgl. Achatz et al. 2013) zeigen übereinstimmend, dass die Schere zwischen Arm und Reich in den Industriestaaten seit den 70er Jahren spürbar auseinandergeht. In Deutschland hat sich die Beschäftigung zwar positiv entwickelt, allerdings nur durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse (vgl. Achatz et al. 2013, XXV). Fast ein Viertel der Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnsektor, die Zahl der unter der Armutsrisikogrenze lebenden Menschen steigt seit der Jahrtausendwende deutlich und liegt derzeit bei 16% (vgl. Achatz et al. 2013, IXff.; Göbel et al. 2015). Es besteht mittlerweile verbreitete Einigkeit darüber, dass diese ökonomischen Krisenerscheinungen zugleich eine Krise der neoklassischen Theorie bzw. ihres Dogmas darstellen.

Die Soziologie beschäftigt sich bereits seit ca. 40 Jahren intensiv mit dem gesellschaftlichen Phänomenen der Exklusion (vgl. Kronauer 2002, 96ff.). Der Soziologe Ulrich Beck (1999) bezeichnet die beschriebenen Entwicklungen anschaulich als „Brasilianisierung“. Armut verliert zunehmend den Charakter einer Randerscheinung und wird zu einem kollektiven Massenphänomen, welches durch die regionale Konzentration Exkludierter zur sozialen Disqualifizierung ganzer Stadtteile führt (vgl. Paugam 2008, 229ff.; Kronauer 2002, 215ff.). Vor diesem Hintergrund wird der Begriff Inklusion in diesem Beitrag mit Bezug auf berufliche Bildung in einem weiten sozio-ökonomischen Sinne verwendet, d. h. es geht – analog der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen – um eine volle und wirksame Einbeziehung und Teilhabe aller Mitglieder der menschlichen Gesellschaft sowie Chancengleichheit. Hierzu gehören in einer ökonomisch geprägten Welt das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, der Schutz vor Ausbeutung sowie der Zugang zu Bildung unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen (vgl. Bundesgesetzblatt 2008).

Exklusion im soziologischen Sinne definiert sich nicht als Ausschluss aus einer Gesellschaft, wie es in der pädagogischen Diskussion um Inklusion oft dargestellt wird. Exklusion bezeichnet vielmehr die Zugehörigkeit zu ausgegrenzten gesellschaftlichen Subsystemen wie z. B. ALG II-Bezieher oder Obdachlose. Kronauer (2002, 146ff.) erklärt unter Rückgriff auf Simmels „Exkurs über den Fremden“, die Gleichzeitigkeit des Drinnen und Draußen wie folgt: Die Ausgrenzung setzt soziale Interdependenz voraus. Die Exklusion manifestiere sich darin, dass der Fremde auf die Fürsorge der Gesellschaft angewiesen sei (vgl. Simmel 1908, 509ff.). Ob es zu einer Inklusion kommt, hängt nun maßgeblich vom Zugang zum Arbeitsmarkt und den Einkommensperspektiven ab, denn Exklusion ist durch drei Dimensionen geprägt (vgl. Kronauer 2002, 43ff.; Paugam 2008, 245ff.):

  1. Den vollständigen oder teilweisen Ausschluss vom Arbeitsmarkt: Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Arbeit im Niedriglohnsegment sind typische Beispiele.
  2. Den Verlust von sozialen Beziehungen, der z. B. bei Arbeitslosen und Rentnern oft unmittelbar mit dem Verlust einer Erwerbstätigkeit einhergeht (vgl. Kronauer 2002, 168ff.; Paugam 2008, 251ff.).
  3. Den Verlust von sozialen und politischen Teilhabemöglichkeiten: Einerseits erschweren finanzielle Restriktionen die Teilnahme an sozialen und kulturellen Ereignissen. Anderseits sind auch die politischen Teilhabemöglichkeiten faktisch stark eingeschränkt, z. B. formal durch die fehlende Staatsangehörigkeit oder durch fehlende geistige und körperliche Voraussetzungen, rhetorische Fähigkeiten oder soziale Netzwerke (vgl. Kronauer 2002, 175ff.; Beck 1999,13).

Wenn die Paradoxie von Inklusion in einer exklusiven Gesellschaft nun in den Berufsschulen spürbar wird, ist dies kein Zufall. Der das Recht auf Inklusion verankernden Behindertenrechtskonvention kommt vielmehr auf Grund der skizzierten Widersprüche ein erhebliches gesellschaftskritisches Potenzial zu (vgl. Bielefeldt 2009; Körner 2002; Wolff 2015). Wegen der zentralen Bedeutung der Erwerbstätigkeit sind Berufsschulen in besonderer Weise aufgefordert, die Lernenden zur Mitgestaltung der Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung zu befähigen (vgl. KMK 2011). Hierzu gehört u. a., dass sie für die Realisierung von Inklusion im weiten Sinne mitverantwortlich sind. Dabei ist auch zu reflektieren, wie sie mit dem Widerspruch zwischen diesem staatlich garantierten inklusiven Bildungsanspruch einerseits und einem durch neoliberale Dogmatik geprägten Ökonomieverständnis umgehen wollen. Insbesondere ist zu klären, wie das Bildungssystem selbst und die darin stattfindende ökonomische Lehre zur Verschärfung dieses Widerspruchs beiträgt.

Nachdem in diesem Kapitel dieses Spannungsfeld zwischen angestrebter Inklusion im Bildungssystem und sozio-ökonomischer Exklusion theoretisch näher bestimmt wurde, wird nun aufgezeigt, dass das Bildungssystem in Wechselwirkung mit dem Wirtschaftssystem maßgeblich zu diesen Exklusionsentwicklungen beiträgt (Kapitel 2). Daraufhin werden die hieraus resultierenden Herausforderungen für die ökonomische Bildung und künftige Lehrkräfte an Berufsschulen am Beispiel einer innovativen Lehrveranstaltung skizziert und eine Leerstelle in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik identifiziert (Kapitel 3). Anschließend wird mit einem wirtschaftshistorischen Rückblick und einer kritischen Analyse der in der Ökonomik dominierenden institutionen-ökonomischen Wirtschaftsethik Karl Homanns (2004, 2005, 2008) sowie mit Bezug auf die in der Wirtschaftspädagogik geführte wirtschaftsethische Debatte (vgl. Beck 2003; Zabeck 2002; Lempert 2003; Retzmann 2006; Tafner 2015) begründet, warum dieser Widerspruch nur aufgelöst werden kann, wenn sich Subjekte für die Auswirkungen ihres ökonomischen Handelns moralisch verantwortlich zeigen. Auf  Basis der integrativen Wirtschaftsethik Peter Ulrichs (2008) werden Bildungsziele für die ökonomische Bildung postuliert (Kapitel 4). Im Anschluss werden gängige Konzepte ökonomischer Bildung auf ihren diesbezüglichen Beitrag untersucht (Kapitel 5). Abschließend werden eigene Überlegungen für eine inklusive ökonomische Bildung entwickelt und ein neues Verhältnis von Fachdidaktik und Fach bestimmt (Kapitel 6).

2 Der Beitrag des Bildungssystems zur sozio-ökonomischen Exklusion

Im deutschen Bildungssystem besteht der Umgang mit Heterogenität traditionell darin, mehr oder weniger intentional Parallelgesellschaften für unterschiedliche Gruppen zu schaffen. Beispiele hierfür sind das dreigliedrige Schulsystem, die Segregation von Hochschul- und Berufsbildungssystem sowie spezielle Bildungseinrichtungen für Lernende mit besonderem Förderbedarf. Das Bemühen, diese Separierung zu überwinden, wird Integration genannt und war in der Vergangenheit positiv konnotiert. Aber auch in Integrationsklassen hatten Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen Sonderstatus. Inklusion meint nun eine neue Haltung, bei der Vielfalt die Normalität darstellt. Ein qualitativer Unterschied zur Integration besteht darin, dass sich das System auf die speziellen Bedürfnisse der Betroffenen einstellen soll. Da dies in einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung keine Selbstverständlichkeit ist, hat der Begriff Inklusion einen normativen Charakter, an dem sich die Realität messen muss (vgl. Bielefeldt 2009; Körner 2002; Wolff 2015).

Das Bildungssystem kann aber nicht losgelöst von der Wirtschaft und Gesellschaft betrachtet werden, für welche es ausbildet, denn die spätere Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand erschließt sich in einer arbeitsteiligen kapitalistischen Gesellschaft primär über Erwerbsarbeit (vgl. Kronauer 2002, 151ff.; Paugam 2008, 245ff.; Beck 1999, 16). Da Bildungsabschlüsse über eine bildungsmeritokratische Einstellungspolitik der Unternehmen die Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt erheblich beeinflussen, sind Wissen und Bildung wichtige Faktoren für eine mögliche Konvergenz (vgl. Baethge 2011; Piketty 2015, 40f. 401ff.; OECD 2015, 35ff.). Dass die soziokulturelle Herkunft in Deutschland maßgeblichen Einfluss auf die Bildungskarriere hat, ist hinlänglich bekannt (vgl. Wenzel 2011). Die oben angesprochenen selektiven Strukturen und Prozesse des Bildungssystems erklären die unterschiedlichen Bildungsverläufe junger Menschen jedoch nur teilweise (vgl. Bois-Reymond 2016). Sozio-emotionale Ressourcen, insbesondere in der frühkindlichen Entwicklung, erweisen sich z. B. als entscheidend für die Kompetenzentwicklung. Zudem spielen Bildungsaspirationen eine große Rolle. Bereits in der Primarstufe fällt eine Entscheidung über die weiterführende Schule und damit eine wichtige Vorentscheidung über künftige Chancen am Arbeitsmarkt. Der Schulabschluss der Eltern ist trotz formaler Chancengleichheit der beste Prädiktor für die Chance eines Kindes, das Gymnasium zu besuchen. (vgl. Achatz et al. 2013, XIIff.; Maaz/Baumert/Trautwein 2011; Geissler 2006). Durch die Antizipation der künftigen Erwerbsverläufe und die sozio-kulturell bedingten unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden wirkt das wettbewerbsorientierte Wirtschaftssystem zurück auf das Bildungssystem. Leistungsprinzip und sozialer Vergleich – sichtbar vor allem an Noten – sind in Bildungsprozessen eine Selbstverständlichkeit (vgl. Cechura 2015, 94ff). Benachteiligte  Kinder und Jugendliche sind bereits frühzeitig einem scharfen Wettbewerb ausgesetzt und erreichen in vielen Fällen trotz individueller Förderung und Nachteilsausgleichen nicht den Leistungsstand von Kindern und Jugendlichen ohne Beeinträchtigungen.

Bei der Forderung nach Inklusion wird oft übersehen, dass Autonomie und Selbstbestimmung in einer wettbewerbsorientierten Gesellschaft mit Selbstverantwortung verbunden sind. Das Sozialhilferecht zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung (SGB IX) zielt z.B. darauf ab, behinderte Menschen dazu zu befähigen, für ihren Lebensunterhalt trotz Einschränkungen selbst aufzukommen (vgl. Cechura 2015, 83ff.). In einer kapitalistischen Gesellschaft ist das Recht auf Freiheit aber nicht automatisch mit dem Recht auf bessere Lebensverhältnisse verbunden.

Unterstützte Beschäftigung, bei der mit Hilfe von Arbeitsassistenz maßgeschneiderte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden, ist im pädagogischen Sinne ein Beispiel für gelungene Inklusion (vgl. Homfeld/Jahn/Conzelmann 2013). Sie kann im soziologischen Sinne durch die Zugehörigkeit zum Niedriglohnsegment aber dennoch zu Exklusion führen. Die Arbeitsleistung wird nach den Regeln des Arbeitsmarktes in Relation zu vermeintlich höherwertigen Leistungen bewertet. Im Sport ist es dagegen eine Selbstverständlichkeit, dass konkurrierende Teilnehmer vergleichbare Voraussetzungen haben sollten. Daher wird z.B. nach Geschlecht und Alter differenziert. Solche Differenzierungen sind an den Märkten des Wirtschaftssystems nicht vorgesehen. Ein Gehbehinderter darf in der kapitalistischen Logik zwar eine Prothese tragen, er muss aber mit gesunden Wettbewerbern konkurrieren (vgl. Cechura 2015; Becker 2015).

Die Folgen dieser Weichenstellungen werden nirgendwo sichtbarer als an den beruflichen Schulen, wo die Vertreter der künftigen gesellschaftlichen Subsysteme unter einem Dach vereint sind: Wirtschaftsgymnasium, duale Berufsausbildung, Fachoberschule und Bildungsgänge des Übergangssystems.

Einerseits ist das duale Berufsbildungssystem selbst hochgradig exklusiv: ca. 80.000 Jugendliche des Jahrgangs 2015 fanden nicht den gewünschten Ausbildungsplatz. Hinzu kommen ca. 180.000 Altbewerber (vgl. BMBF 2016, 63). Insbesondere für Migranten und Jugendliche mit Behinderungen ist der Zugang zur Berufsausbildung erschwert (vgl. BMBF 2016,48; Imdorf 2011). Nur ca. 3500 von 50.000 Schulabgängern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gelang es, direkt eine reguläre duale Ausbildung zu beginnen (vgl. Euler/Severing 2014, 21). Spätestens hier finden ökonomische Selektionskriterien Anwendung (vgl. Imdorf 2011).

Rund 270.000 Jugendliche besuchen derzeit die Bildungsgänge des Übergangssystems. Das förderalistische Bildungssystem führt zu einem Maßnahmendschungel mit hohen Schülerzahlen, hohen Kosten und fragwürdiger Wirksamkeit (vgl. Stomporowski, 2007, 295; BIBB/Bertelsmann 2011). In Hamburg ist die Optimierung der Bildungsketten durch die Einführung einer Jugendberufsagentur, der Ausbildungsvorbereitung Dual und das Rahmenkonzept für die Reform des Übergangssystems Schule–Beruf erheblich vorangeschrittenen (vgl. Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg, 2009). Hier wird deutlich, dass Änderungen des Berufsbildungssystems allein das Problem nicht lösen können. Es ist auch ein Umdenken der Akteure im Bildungs- und Wirtschaftssystem erforderlich (vgl. Tafner 2016a).

Die duale Berufsausbildung hat dabei ein Janusgesicht, denn die Gewinner eines Ausbildungsplatzes sind oft gleichzeitig Verlierer gegenüber angehenden Akademikern, die im Durchschnitt 70% mehr als Facharbeiter verdienen werden und bessere Arbeitsmarktperspektiven haben (vgl. Baethge 2011; Geissler 2006; Briedis 2013). Die Studienanfängerzahlen haben sich seit 1995 fast verdoppelt. 57% des Jahrgangs 2013 begannen ein Studium gegenüber 27% in 1995 (vgl. Hasselhorn et al. 2014, 110ff.). Während das duale Berufsbildungssystem im Ausland nach wie vor eine hohe Reputation genießt, wird in Deutschland vor Akademisierungswahn gewarnt (vgl. BMBF 2016, 163; Nida-Rümelin 2014). Dabei zeichnet sich auch in der Hochschullandschaft durch die Gründung von z. T. wirtschaftsnahen Privathochschulen und das durch die Exzellenzinitiative offensichtlich gewordene Spitze-Breite-Dilemma zwischen Lehre und Forschung eine Differenzierung ab (vgl. Hasselhorn et al. 2014, 110ff.; Kreckel 2011). Durch die Bologna-Reform wird eine Verschulung der Hochschulbildung beklagt, die kaum noch Raum für selbstgesteuerte Lernaktivitäten lässt (vgl. Winter 2009; Naeve-Stoss 2013). Rosenstiel/Frey (2012) warnen davor, Universitäten zu verwertungsorientierten Berufsbildungsinstitutionen zu degradieren.

Bezüglich der Studierenden der Ökonomie belegen Untersuchungen, dass sie stärker als andere Studierende im Sinne des neoklassischen ökonomischen Paradigmas urteilen und handeln (vgl. Frank et al. 1993; Friedrich 2015, 93ff.). Hierbei spielen offensichtlich sowohl Selbstselektions- als auch Sozialisationseffekte eine Rolle. Die ökonomischen Lehrstühle vertreten überwiegend das neoklassische Paradigma, da Vertreter alternativer Paradigmen geringere Karrierechancen haben. Diese Monokultur hat sowohl national als auch international zu studentischen Initiativen für eine plurale Ökonomik geführt (www.pluraleoekonomik.de; vgl. Ötsch/Kapeller 2010).

Das Bildungssystem trägt also selbst maßgeblich zur Verschärfung sozio-ökonomischer Exklusion bei bzw. verhindert sie nicht. Ökonomische Bildung, welche den Inklusionsanspruch notwendigerweise thematisiert, stellt immer auch das System in Frage, in dem diese stattfindet. Anders ausgedrückt: die Lernenden werden selbst zum Lerngegenstand.

3 Herausforderungen für die Handelslehrerausbildung: Quo Vadis Ökonomische Bildung?

Diese Voraussetzungen können für die ökonomische Bildung und die Lehrerbildung nicht ohne Konsequenzen bleiben. Es stellt sich eine hochinteressante Frage: Setzt der Wohlstand der Gewinner voraus, dass es Verlierer gibt, oder ist auch eine Wirtschaftsordnung denkbar, in der alle Bürger in einer Weise am Wohlstand partizipieren, dass sie sich nicht als Gewinner oder Verlierer fühlen müssen? Anders formuliert: Ist eine inklusive Gesellschaft real möglich oder eine Utopie? Welchen Nutzen haben die Verlierer – konkret die jungen Menschen im Übergangssystem – davon, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, wenn sie nur das Existenzminimum nach dem SGB II erhalten? Ist die Forderung nach Inklusion etwa gar ein neoliberal motivierter Euphemismus (vgl. Cechura 2015; Becker 2015)? Wenn Inklusion dagegen im Sinne der Bekämpfung sozio-ökonomischer Exklusion ein normatives Ziel von Bildungsprozessen sein soll, müssen diese Fragen im Ökonomieunterricht gestellt und Möglichkeiten zu besseren Lebensverhältnissen für alle erschlossen werden. Zudem muss geklärt werden, welcher solidarische Beitrag der Leistungsfähigeren notwendig ist. Dies wird nur möglich sein, wenn das Paradox zwischen ökonomischer Lehre und lebensweltlicher Forderung nach Inklusion thematisiert wird, d. h. das Verhältnis zwischen der ökonomischen Theorie (Ökonomik) und dem praktischen ökonomischen Handeln (Ökonomie) muss dringend geklärt werden (vgl. Tafner 2016; Ulrich 2001).

Das Problembewusstsein Lehramtsstudierender für diese Herausforderungen konnte an der Universität Hamburg im Sommersemester 2015 erstmals im Rahmen einer vom Lehrlabor Lehrerbildung des Stifterverbandes geförderten Lehrveranstaltung „Wirtschaftswissenschaften als Gegenstand ökonomischer Bildung“ geschärft werden. Kooperationspartner waren der Lehrstuhlinhaber der Fachdidaktik der Wirtschaftspädagogik an der Fakultät Erziehungswissenschaft und die Lehrstuhlinhaberin für die Geschichte der Volkswirtschaftslehre an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Das Angebot stieß bei den Studierenden auf außerordentlich positive Resonanz, da es im Verlauf des Studiums die bisher einzige Möglichkeit bot, das Ökonomiestudium in Hinblick auf die künftige Tätigkeit als Berufsschullehrkraft zu hinterfragen. Im Bachelorstudium für das Lehramt Berufliche Schulen der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften entfallen 90 von 180 Leistungspunkten auf die Wirtschaftswissenschaften und lediglich 35 Leistungspunkte auf die Erziehungswissenschaften. Die Lehramtsstudierenden besuchen Lehrveranstaltungen des regulären Studiengangs Betriebswirtschaftslehre. Diese bestehen ausschließlich aus Vorlesungen  mit begleitenden Übungen für die Klausurvorbereitung.

Im ersten Teil des Seminars versuchten die Studierenden mit Blick auf ihre bisherige ökonomische Bildung ihr Verständnis von Ökonomie zu formulieren. Dabei war strittig, ob Nutzenmaximierung rein monetär zu verstehen sei oder auch andere Nutzenaspekte einschließe. Nachhaltigkeit und Kundenorientierung könnten z. B. einerseits als Mittel zur Gewinnsteigerung eingesetzt werden und damit eine klar ökonomische Zielsetzung verfolgen. Sie könnten aber auch eine Nebenbedingung ökonomischen Handelns sein oder aus rein altruistischen Motiven verfolgt werden. Zentrale Kategorien der ökonomischen Theorie bedürfen also dringend einer Klärung (vgl. Tafner, 2015, 390). Die Beliebigkeit des Nutzenbegriffes in der ökonomischen Theorie ermöglicht einerseits die Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche und überlässt anderseits die inhaltliche Ausgestaltung des Nutzens allein dem ökonomischen Akteur (vgl. Becker 1982). Dies warf in der Lehrveranstaltung die zentrale Frage auf, wie das Verhältnis von Moral und Ökonomie zu bestimmen sei. Unabhängig von der Beantwortung dieser Fragen, stimmten aber alle Teilnehmer überein, dass Ökonomie für den Menschen da sein müsse und nicht umgekehrt.

Im zweiten Teil des Seminars wurden Konsequenzen für die künftige Lehrtätigkeit an Berufsschulen erarbeitet. Als Reflexionsimpuls dienten die Bildungsstandards ökonomischer Allgemeinbildung (vgl. Retzmann et al. 2012), das Strukturgitter ökonomischer Berufsbildung von Kutscha (2009), die antizipative Berufsbildung von Zabeck (1991) und das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns (vgl. VEEK 2014). Die Studierenden hätten das Seminar gern mit einem verbindlichen Konsens und konkreten Konzepten für die künftige Berufspraxis abgeschlossen, aber es wurde deutlich, dass dieser Wunsch nicht zu erfüllen war.

In der Abschlussklausur reflektierten die Studierenden ihre Erfahrungen mit dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns. Die Antworten wurden im Rahmen einer Bachelorarbeit (vgl. Gottesmann 2016) mittels qualitativer Inhaltsanalyse analysiert. Bezüglich des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums kritisieren die Studierenden übereinstimmend, dass die Lehre sich auf die Berechnung rational effizienter Lösungen in Modellen beschränke. Soziale, ökologische oder gar ethische Implikationen würden nicht thematisiert. In der monoparadigmatisch ausgerichteten universitären Lehre wird das ökonomische Modell also in der Tat zur alleinigen Norm für praktische Problemstellungen (vgl. Tafner 2015, 371ff.; Graupe 2013; Ulrich 2001). Die Studierenden beurteilen ökonomisch geprägte Situationen jedoch wesentlich differenzierter als dies in der universitären Lehre praktiziert wird. Dieser Befund wird auch durch eine aktuelle Untersuchung von Friedrich (2015) gestützt. 

Bezüglich des Berufs fallen die Erfahrungen je nach Branche sehr differenziert aus. Studierende, die im Bank- oder Versicherungswesen, bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern gearbeitet haben, berichten überwiegend, dass ökonomisches Handeln durch feste kurzfristige Zielvorgaben und geringe Handlungsspielräume gekennzeichnet sei. Viele berichteten von Dilemmasituationen, in denen sie gegen die eigene Überzeugung moralischer und ökonomischer Vernunft handeln mussten. Das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns konkret erfahren haben dagegen überwiegend Studierende aus der Immobilien- oder Schifffahrtsbranche oder kleinen und mittleren Unternehmen.

In Hinblick auf ihre künftige Tätigkeit als Berufsschullehrkraft sieht die überwiegende Mehrheit der Studierenden die Notwendigkeit, ökonomisches Handeln multiperspektivisch zu betrachten und insbesondere langfristige und ethische Implikationen zu hinterfragen. Gleichzeitig erwarten die Studierenden Probleme bei der Umsetzung. Sie halten das Leitbild für zu abstrakt. Unklar sei, wie dies neben der notwendigen Vermittlung von Fachwissen geleistet werden könne und ob moralische Erziehung überhaupt zulässig und möglich sei. Viele Studierende befürchten auch Widerstände der Ausbildungsbetriebe.

Diese Ergebnisse verweisen auf eine Leerstelle der Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Bisherige Beiträge (vgl. Kutscha 2009; Retzmann 2006; Tafner 2015; Neuweg 1992) werden kaum beachtet. Dies ist angesichts der allgegenwärtigen Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Bezugswissenschaft und den daraus resultierenden Bildungsaufgaben nicht nachvollziehbar.

Um erfolgversprechende Lösungsansätze entwickeln zu können, ist zunächst das Verhältnis von Moral und Ökonomie zu bestimmen, denn je nach Antwort auf diese Frage führt dies zu vollkommen unterschiedlichen Konsequenzen für Bildungsprozesse. Durch einen wirtschaftshistorischen Rückblick und eine kritische Analyse der institutionen-ökonomischen Wirtschaftsethik Karl Homanns wird gezeigt, dass eine Verortung der Moral außerhalb des Subjekts den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht ausreichend gewährleisten kann und Inklusion Subjekte erfordert, die bei ökonomischen Entscheidungen systemische Auswirkungen integrativ mitdenken und sich für diese verantwortlich fühlen.

4 Der Ort der Moral in der Ökonomie

Die ökonomischen Theorien basieren auf dem Modell eines rational entscheidenden homo oeconomicus, der  den Einsatz knapper Ressourcen unter Nebenbedingungen optimiert, um seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Dies wirft die Frage auf, zu welchen Effekten sich das individuelle Eigennutzstreben auf der Ebene des Gesamtsystems aggregiert und wie gesellschaftlich unerwünschten Auswirkungen, wie z.B. Exklusionsentwicklungen, vorgebeugt werden kann. Der Streit um diese soziale Frage hat die Theoriegeschichte der Volkswirtschaftslehre durchgängig geprägt.

4.1 Ein historischer Abriss des ökonomischen Diskurses um die soziale Frage

Der Moralphilosoph Adam Smith war der erste, der sich systematisch mit Fragen des Wirtschaftens auf nationaler Ebene beschäftigte. In seinem Werk Inquiry into the Causes and Consequences of the Wealth of Nations (2005, Erstausgabe 1776, 98) legte er dar, dass das Vorteilsstreben jedes Einzelnen in freien arbeitsteiligen Märkten den Wohlstand aller besser fördere als der damals vorherrschende protektionistische Merkantilismus. In seiner Theorie der ethischen Gefühle (2010, Erstausgabe 1759) betonte er jedoch, dass der Mensch gleichermaßen nach der Verbesserung der eigenen Lebenssituation und sozialer Anerkennung strebe. Die Zügelung des Eigennutzes ist sogar eine Voraussetzung für ökonomischen Erfolg (vgl. Smith 2010, 137ff.):

„Er ist sich auch dessen bewusst, dass sein eigenes Interesse mit dem Gedeihen der Gesellschaft enge verknüpft ist, und dass die Glückseligkeit, ja vielleicht die Erhaltung seines Daseins, von ihrer Erhaltung abhängt. Aus all diesen Gründen hegt er darum einen Abscheu gegen alles, was dahin zielen kann, die Gesellschaft zu zerstören, und ist bereit, sich jeden Mittels zu bedienen, das ein so verhasstes und schreckliches Ereignis zu verhindern vermag. Ungerechtigkeit wirkt aber mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft zu zerstören“. (Smith 2010,141)

Maßstab müsse sein, ob das eigene Handeln auch der Beurteilung eines unparteiischen Zuschauers standhalte (vgl. Smith 2010, 18ff.). Da das Austarieren beider Ziele nicht immer gelinge, könne es in Märkten zu Fehlentwicklungen kommen. Daher seien zusätzlich moralische Regeln und eine rechtsstaatliche Rahmenordnung erforderlich, die unangemessenes Eigennutzstreben unterbinde (vgl. Smith 2005, 467ff.). Nach Smith war der Ort der Moral also vorrangig im Subjekt und erst subsidiär in der Rahmenordnung zu finden.

Ricardos (1817) Außenhandelstheorie wird bis heute als Legitimation für die Liberalisierung des Welthandels genutzt, dennoch war er pessimistisch hinsichtlich einer gerechten Verteilung der Wohlstandsmehrung. Die Neoklassiker machten sich über die Verteilungsproblematik kaum Gedanken, obwohl in ihren Gleichgewichtsmodellen die Löhne auch unter dem Existenzminimum liegen konnten. Alfred Marshall (1890) hoffte bezüglich des Armutsrisikos der Arbeitnehmer auf die Wohltätigkeit der Reichen (zit. n. Hüther 2006). Die deutsche historische Schule unter Führung von Gustav von Schmoller wollte dagegen mit dem Verein für Socialpolitik (1872) die soziale Lage der Arbeitnehmer gezielt durch staatliche Eingriffe verbessern, um einer Revolution vorzubeugen. Hierbei berief er sich auf historisches empirisches Material. Mit seiner auf normativen Werten fußenden Begründung konnte er sich im wissenschaftlichen Werturteilsstreit nicht durchsetzen, wohl aber hatten seine Überlegungen maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik Bismarcks. Er gilt als Vordenker der korporativen sozialen Marktwirtschaft des Nachkriegsdeutschlands (vgl. Linß 2007, 89ff; Abelshauser 2011, 93, 482). John M. Keynes (1936) befürwortete unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise ebenfalls staatliche Interventionen (deficit spending), um die Nachfrage angesichts hoher Arbeitslosigkeit zur Ankurbelung der Wirtschaft zu stützen. Er prägte die Wirtschaftspolitik vieler Staaten bis sich in den 70er Jahren im angelsächsischen Raum das neoliberale, monetaristische Denken Milton Friedmans (1962) durchsetzte (vgl. Hüther 2006, 155ff., 247ff.). Auch in Deutschland setzte unter dem Einfluss der Globalisierung seit den 90er Jahren eine Deregulierung der Finanzmärkte und ehemals öffentlicher Sektoren (Verkehr, Energie, Telekommunikation) ein (vgl. Abelshauser 2011, 505ff.). Adam Smiths integrative Antwort auf die soziale Frage ist in den Wirtschaftswissenschaften heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dies wird auch bei einem Blick auf die vorherrschende institutionen-ökonomische Wirtschaftsethik deutlich.

4.2 Die Frage nach dem Ort der Moral in der Ökonomie

Die institutionen-ökonomische Wirtschaftsethik Karl Homanns (vgl. Homann/Lütge 2004,25ff.) gibt folgende Antwort auf die Frage nach dem Ort der Moral in der Ökonomie: „Die Moral in den Regeln. Die Effizienz im Spiel.“ Homann versteht Ökonomie als Interaktionstheorie, die sich damit beschäftigt, Dilemmastrukturen durch institutionelle Rahmung so zu verändern, dass es trotz Interessenkonflikten zur gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil kommt. Der homo oeconomicus ist dabei explizit kein Menschenbild, sondern ein theoretisches Modell für diese spezielle Problemkonstellation. Die Funktion von Institutionen wie z. B. Tausch, Arbeitsteilung, Verfügungsrechte, Gesetze etc., liegt darin, Kooperationsgewinne zu ermöglichen, die auf Grund des Eigennutzstrebens der Individuen sonst ungenutzt blieben. Defektieren – also die Verweigerung von Kooperation aus Eigennutz zur Vorbeugung von Ausbeutung – gilt dabei unter dem Aspekt der isolierten Nutzenmaximierung als rational, Kooperation als irrational (vgl. Homann/Suchanek 2005, 29ff.). Von den ökonomisch handelnden Subjekten könne kein moralisches Handeln erwartet werden, da es sie in einem wettbewerbsorientierten Markt benachteiligen würde (vgl. Homann 2008). Die Argumentation Homanns ist in mehrfacher Hinsicht irritierend: Es wird ein theoretisches Modell gewählt, welches durch eigennützige Rationalität systematisch zu suboptimalen Ergebnissen gelangt. Hierbei soll der Wettbewerb Abhilfe schaffen, der es den Subjekten andererseits aber auch unmöglich macht, a priori zu vernünftigen Lösungen zu gelangen. Wenn Frank et al. (1993) feststellen, dass Ökonomiestudierende zunehmend eigennützige Entscheidungen im Sinne der ökonomischen Theorie fällen, sieht Homann dies als angestrebten Lerneffekt, um sich vor Ausbeutung durch Opportunismus zu schützen (vgl. Homann/Suchanek 2005, 398ff.). Wie der moralischen Einsicht  – deren Notwendigkeit Homann nicht anzweifelt – zum Durchbruch verholfen werden kann, wenn die Weltbevölkerung lernt, sich im Sinne des homo oeconomicus zu verhalten, um sich vor ebendiesem Verhalten zu schützen, bleibt offen. Ebenso wird nicht deutlich, warum diese Prophylaxe in der Realität Anwendung finden soll, wenn der homo oeconomicus nur ein theoretisches Konstrukt ist und keinen empirischen Geltungsanspruch erhebt (vgl. Homann/Suchanek 2005, 367ff.). Zudem lässt Homann beim Bezug auf Adam Smith wesentliche Prämissen bezüglich der Selbstzügelung der Handelnden aus (vgl. Tafner 2015, 373; Vorwort von Eckstein zu Smith 2010, XLII).

Der Wirtschaftspädagoge Klaus Beck (2003; vgl. Parche-Kawik 1999) folgte der Position Homanns, nachdem er festgestellt hatte, dass das moralische Urteilsvermögen bei Auszubildenden zum Versicherungskaufmann im beruflichen Bereich regrediert (vgl. Beck 2000). Hiermit sah er Kohlbergs (1995) Theorie der moralischen Entwicklung falsifiziert. In einer ökonomisch geprägten Berufswelt im Sinne Homanns sei es für Auszubildende eine Überforderung, höherwertige moralische Maßstäbe zu berücksichtigen. Er sprach sich für eine von anderen Lebensbereichen abgegrenzte Betriebsmoral aus, die sich auf die Einhaltung von Regeln und ökonomisch rationales Handeln fokussiere. Eine allein an der Vernunft ausgerichtete universelle Ethik im Sinne Kants sei in der modernen, komplexen Gesellschaft nicht durchsetzbar und gebe Individuen auch keinerlei Orientierung, da sie materiell inhaltsleer sei. Es stehe den Individuen aber frei, innerhalb der gesteckten Betriebsmoral höherwertige moralische Entwicklungsniveaus zu entwickeln (vgl. Beck 2003, 290f.). Dies zu fördern, scheint aber nicht Aufgabe der beruflichen Bildung zu sein.

Homann betont aber, dass Verhaltensänderungen nie der Theorie, sondern den Restriktionen zuzuschreiben sind und im Falle unerwünschter Entwicklungen einer institutionellen Rahmung bedürfen (Homann/Suchanek 2005, 379). Im Falle der von Beck untersuchten Auszubildenden stellt die am homo oeconomicus ausgerichtete, ökonomisch geprägte Berufswelt die Restriktion dar, die die Verhaltensänderung bedingt. Im Sinne der Argumentation Homanns ist in Hinblick auf die angestrebte Inklusion also zu hinterfragen, ob die beobachteten Verhaltensänderungen erwünscht und aus der Perspektive eines ganzheitlichen Menschenbildes akzeptabel sind. Mit den Worten Homanns gesprochen: Bedürfen die ökonomischen Situationsanreize am Arbeitsplatz der Auszubildenden einer institutionellen Ergänzung, z. B. in Form beruflicher Bildung?

Becks Vorschlag einer Betriebsmoral wurde von anderen Vertretern der Wirtschaftspädagogik zu Recht scharf kritisiert (vgl. Zabeck 2003; Tafner 2015, 311ff.; Lempert 2003), denn er lässt offen, wie das für Inklusion so wichtige Bildungsziel der Mitgestaltung in sozialer und ökologischer Verantwortung erreicht werden soll. Einige wenige Argumente zeigen, dass die Positionen Homanns und Becks auch aus ökonomischer Sicht höchst problematisch sind:

Überforderung der Legislative

Wie Beck und Homann selbst anführen, ist es in der globalisierten Lebenswelt Ökonomie nicht möglich, alle Sachverhalte bis ins Detail zu reglementieren, wie es das Theoriegebäude der Ökonomik erfordert  (vgl. Beck 2003, 285; Homann/Suchanek 2005, 108, 198f.; Tafner 2015, 417ff.). Eine ausufernde Reglementierung ist auch nicht im Interesse liberaler Ökonomen, denn sie zieht zu Überwachungszwecken einen kostspieligen und zeitraubenden Bürokratieapparat nach sich, der öffentliche Haushalte und die Effizienz von Unternehmen belastet. Im internationalen Handel tätige Kaufleute haben dies bereits 1517 erkannt, indem sie mit dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns (vgl. VEEK 2014) eine moralische Selbstverpflichtung gegenüber Mitarbeitern, Unternehmen und Gesellschaft eingingen. Sie diente nicht nur dazu, staatlichen Reglementierungen vorzubeugen, sondern sie strebte nach einer wechselseitigen Fairness und Verlässlichkeit, an der alle Beteiligten ein Interesse hatten. Homann selbst erkennt dieses Problem und erläutert, dass für Restdilemmastrukturen und verbleibende Handlungsspielräume oft moralische Normen als Institution wirken (vgl. Homann/Suchanek 2005, 385). Es fragt sich, warum die Transaktionskosten sparende Institution „moralische Selbstverpflichtung“ nicht in wesentlich größerem Umfange genutzt wird und welche Form von Bildung hierfür Voraussetzung ist.

Gefährdung der Demokratie

Es ist nicht nachzuvollziehen, wie Auszubildende, die nicht geübt haben, Eigennutzstreben in ökonomischen Kontexten vor dem Hintergrund sozialer und ökologischer Nebenwirkungen zu zügeln, später an politischen Willensbildungsprozessen mitwirken sollen, um schwerwiegende Fehlentwicklungen zu verhindern, wie es Beck suggeriert (vgl. Beck 2003, 291). Tafner macht zudem darauf aufmerksam, dass das Interesse des Einzelnen nicht identisch mit dem Interesse der Gemeinschaft ist, was ohne individuelle Selbstzügelung zu Trittbrettfahrertum führt (vgl. Nida-Rümelin 2011, 74ff.; zit. n.Tafner 2015, 403). Gesetzgebungsprozesse sind darüber hinaus nicht nur durch fehlende moralische Übung der Handelnden, sondern auch durch unterschiedliche politische Einflussmöglichkeiten als Folge von Kapitalkonzentration (vgl. Piketty 2015, 44f.; Rifkin 2011, 140ff.), Korruption und Lobbyismus gefährdet (vgl. Beck 1999, 19). Dies ist wiederum eine Folge des Versagens von Institutionen (vgl. Homann/Suchanek 2005, 401ff.). Es ist nicht nachvollziehbar, wie sich eine solche Gesellschaft am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen soll, denn hierzu bedarf es moralisch verantwortlicher Subjekte und Einsicht.

Externalitäten in einer globalisierten Risikogesellschaft

Globalisierung, Arbeitsteilung, Finanzderivate und technologischer Fortschritt führen zudem zu einem exorbitanten Anstieg wechselseitiger Vernetzungen, Risiken und damit auch Externalitäten (vgl. Beck, 1986). Die Finanzkrise 2007 und atomare Unfälle zeigen, welche Dominoeffekte das verantwortungslose Handeln weniger für die gesamte Weltwirtschaft hat. Jeder Einzelne trägt durch sein tägliches Handeln zu existenzbedrohlichen Risiken wie dem Klimawandel bei, ohne die Auswirkungen unmittelbar zu spüren. Auch Homann/Suchanek (vgl. 2005,44f.) sehen die Notwendigkeit, den Individuen durch Aufklärung zur Einsicht zu verhelfen. Gleichzeitig implizieren sie ein behavioristisches Menschenbild, indem sie erwünschtes Verhalten durch Anreize erzielen wollen (vgl. 2005, 400f.). Wie sie selbst einräumen, führt ihr Ansatz zu Fehlentwicklungen, wenn Institutionen versagen (vgl. Homann/Suchanek 2005, 100ff.). Hier können nur moralisch verantwortliche Subjekte Abhilfe schaffen. Die von Beck (vgl. 2003, 285) zu Recht angeführte Komplexität und Vernetzung spricht daher dafür, das Streben nach sozialer Akzeptanz des eigenen Handelns als Gegenpol zum Nutzenstreben stärker in den Fokus zu stellen.

Verschwendung kreativen Problemlösungspotenzials und Rollenkonflikte

Moralisch verantwortliche Subjekte sind gezwungen, sich mit Folgen ihres Handelns und den Interessen ihrer Geschäftspartner auseinanderzusetzen. Wenn es ihnen gelingt, Produkte und Geschäfte so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen ihrer Kontrahenten Rechnung tragen, haben sie am Markt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Kundenbindungen werden gefestigt, wodurch mittelfristig Transaktionskosten gespart werden. Dieses kreative Potenzial ist für berufliche Handlungskompetenz in einer sich rapide wandelnden, komplexen Umwelt unverzichtbar.

Tafner (2013) weist darüber hinaus auf Rollenkonflikte hin, die die Fähigkeit zum Perspektivwechsel und Abwägen unterschiedlicher Positionen auch aus diesem Grund zwingend erfordern. Becks Vorschlag, sich als kaufmännische Angestellte vorrangig an der kaufmännisch geprägten Berufsrolle zu orientieren (vgl. Beck 2003), hieße, so Tafner, in letzter Konsequenz, sich selbst auszubeuten (vgl. Tafner 2013, 608).

Inklusion wird es daher ohne moralisch verantwortungsvolle Subjekte nicht geben. Die Wirtschaftswissenschaften streiten dies nicht ab, sehen es aber nicht als Aufgabe ihrer Disziplin, diese Fragestellung zu lösen. Diese Selbstbegrenzung der Wirtschaftswissenschaften darf in Bildungsprozessen nicht übersehen werden. Ökonomische Bildung muss daher mehr bieten als ökonomische Theorie. Eine intentionale Einflussnahme auf die Haltung junger Menschen in Bildungsprozessen ist auf Grund der geschilderten Risiken nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig (vgl. Tafner 2015, 143ff.; Liening 2015, 151; Milberg 2010). Peter Ulrich hat aus dieser Überzeugung eine integrative Wirtschaftsethik entwickelt, bei der ökonomische Vernunft einer ethischen Grundlagenreflexion unterzogen wird (vgl. Ulrich 2008, 124ff.). Dabei darf der Mensch niemals nur ein Mittel, sondern muss immer auch Zweck ökonomischen Handelns sein (vgl. Ulrich 2008, 74f.). Die moralisch eigenverantwortlichen Subjekte nehmen zum Zwecke der Reflexion an einem öffentlichen Diskurs über die gemeinsamen Vorstellungen von gutem Leben und einer menschendienlichen Wirtschafts- und Sozialordnung teil. Dieser dient der Mitgestaltung in sozialer und ökologischer Verantwortung, wie sie im Bildungsauftrag gefordert ist.

Hierbei ist zu betonen, dass berufliches Handeln häufig moralische Entscheidungen erfordert, ohne dass der Diskurs bereits zu einem befriedigenden Ergebnis geführt hätte. Daher muss das Subjekt befähigt werden, subjektives Vorteilsstreben und soziale Anforderungen auf Basis persönlicher Werturteile auszubalancieren und eine in diesem Sinne flexible berufliche Identität herauszubilden (vgl. Krappmann 2010; Giddens 1991; Thole 2015; Smith 2010, 137ff.). An dieser Stelle sei auf den Beitrag der Autorin zu dieser Thematik in der bwpat 29 „Beruf“ verwiesen. Krappmanns Konzept balancierender Identität erscheint anschlussfähig an Adam Smiths Menschenbild und eignet sich, den in ökonomischer Interaktion befindlichen homo oeconomicus im Sinne einer didaktischen Transformation um seine fehlenden menschlichen Aspekte zu ergänzen. Aufgabe der Wirtschaftspädagogik muss es sein, den Menschen als Ganzes in ökonomischen Interaktionsstrukturen zu betrachten. Die persönlichen Werte müssen dabei auf einen gesetzten Sinn zurückzuführen sein, d. h. die Wirtschaft muss letztlich dem Menschen dienen und nicht umgekehrt (vgl. Liening 2015, 166ff.; Ulrich 2008, 221ff.; Tafner 2015, 696ff.).

Eine Balance wird umso besser gelingen, je mehr kreative Lösungen win-win-Konstellationen ermöglichen (vgl. das Harvard-Konzept von Fisher/Ury 2004). Hierbei ist auch der Faktor Zeit zu berücksichtigen. Auch Inklusion kann ein solches win-win-Konzept sein. Wettbewerb und Kooperation schließen sich nicht aus, sondern müssen intelligent miteinander kombiniert werden (vgl. Weise 1997). Damit ökonomische Bildung zu inklusivem, ökonomischen Denken und Handeln befähigt, werden folgende Leitziele ökonomischer Bildung formuliert:

  1. Beurteilung und Bewältigung beruflicher und ökonomisch geprägter privater Lebenssituationen unter Beachtung ökonomischer Prinzipien.
  2. Benennung der ökonomischen, ökologischen, sozialen und psychologischen Folgen ökonomischen Handelns.
  3. Abwägung der beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen des ökonomischen Handelns auf Basis persönlicher Werturteile innerhalb normativer Grenzen.
  4. Identifizierung und Erweiterung vorhandener Handlungsspielräume.
  5. Entwurf kreativer alternativer Problemlösungen im Umgang mit identifizierten Dilemmata.
  6. Entwicklung notwendiger sozialer Kompetenzen wie z. B. Durchsetzungsvermögen, Ambiguitätstoleranz, Selbstregulation, Perspektivwechsel.

Hierbei nimmt das Bildungsziel 1 primär Bezug auf das Theoriegebäude Ökonomik, die Bildungsziele 2-6 auf die Lebenswelt Ökonomie unter Hinzuziehung weiterer wissenschaftlicher Disziplinen und Berücksichtigung  persönlicher Voraussetzungen. Hierdurch soll der Unterschied zwischen Ökonomik als Fachwissenschaft und Ökonomie als Lebenswelt für die Lernenden deutlich werden (vgl. Tafner 2016), um die curricularen Prinzipien Wissenschaft, Situation und Persönlichkeit gleichwertig berücksichtigen zu können (vgl. Reetz 1984; Neuweg 1992, 25ff.). Es geht also darum, Bildungsangebote zu schaffen, die es den Lernenden ermöglichen, in Abhängigkeit von aktuellen Problemstellungen und persönlichen Ausgangsvoraussetzungen subjektiv relevantes Fachwissen und persönliche Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Das in der ökonomischen Lehre häufig überwiegende materielle Bildungsverständnis wird so durch formale Bildungsanteile vervollständigt. Nur so kann nach Ansicht der Verfasserin verhindert werden, dass die dargestellten möglichen Fehlentwicklungen über Bildungsprozesse in der Praxis zur Realität werden. Die Ziele 1-5 folgen dabei einer handlungstheoretischen Logik, wie sie sich in problem- und erfahrungsbasierten Lernprozessen bewährt hat (vgl. Aebli 2006, 275ff.; Kolb 1984).

Nachfolgend wird skizziert, inwieweit bestehende Konzepte ökonomischer Bildung diese Herausforderungen bereits aufgreifen.

5 Konzeptioneller Stand der ökonomischen Bildung

Da kaufmännisch-berufliche Bildung in einem engen Verhältnis zur allgemeinen ökonomischen Bildung steht (vgl. Neuweg 1992, 35ff.), ist zunächst ein Blick auf allgemeinbildende Konzepte sinnvoll.  Hier werden kategoriale, paradigmatische, interdisziplinäre und problemorientierte Ansätze diskutiert, welche übereinstimmend das Bildungsziel des mündigen Wirtschaftsbürgers anstreben (vgl. Hedtke 2011).

Für die mit diesem Beitrag verfolgten Ziele ist das Dortmunder Modell synergetischer ökonomischer Bildung (vgl. Liening 2015) fruchtbar, welches den dynamischen Wandel und die gesellschaftliche Komplexität in den Fokus nimmt. Ziel ist es, durch wissenschafts- und erfahrungshomomorphes Lernen in einem dialogischen Prozess sowohl ökonomisches Wissen als auch eine durch moralische Urteilsfähigkeit geprägte selbstreflexive, selbstorganisierende Haltung zu entwickeln. Hierfür greift es den Lernfeldansatz der beruflichen Bildung auf und ist grundsätzlich geeignet, die Bildungsziele 1-6 zu unterstützen.

Die Berufliche Bildung hat bisher nur Fragmente für ein Konzept ökonomischer Bildung vorzuweisen. Im Diskurs um berufliche Handlungskompetenz (=Bildungsziel 1) gerät die komplexe und anspruchsvolle Befähigung zur Mitgestaltung (=Bildungsziel 2-6) leicht aus dem Blick. Diskurse zur Persönlichkeitsentwicklung in beruflichen Bildungsprozessen bleiben meist auf einem sehr abstrakten Niveau. Folgende Ansätze können einen wertvollen Beitrag zu einer Konkretisierung liefern.

Ähnlich wie Liening (2015) betont Tramm (2014) den komplexen Systemcharakter der ökonomischen Lebenswelt und nimmt Bezug auf die systemorientierte Betriebswirtschaftslehre Hans Ulrichs (1984). Er stellt die hohe Bedeutung systemischen Denkens als Kompetenzdimension in kaufmännischen Bildungsprozessen heraus. Kaufmännische Angestellte müssen die Auswirkungen ihrer in der Regel abstrakten, symbolisch repräsentierten Arbeitsprozesse auf reale Leistungsprozesse, formale Unternehmensziele, Stakeholder und Umwelt abschätzen können, um monokausalen Fehlschlüssen vorzubeugen. Auf Grund der hohen Komplexität und Vernetzung der Ökonomie als Lebenswelt ist dieses Systemverständnis nicht nur in kaufmännischen Berufen eine unverzichtbare Voraussetzung, um die formulierten Bildungsziele erreichen zu können. Der systemische Ansatz ermöglicht es zudem, ökonomische und ethische Probleme integrativ zu lösen und macht auch die hohe Bedeutung von Kommunikation und sozialer Interaktion deutlich. Tramms Ansatz wurde bereits in der dualen Ausbildung für den Einzelhandel curricular verankert und in speziellen Lernarrangements realisiert.

Der Strukturgitteransatz von Kutscha (2009) aus der Tradition der Kritischen Berufsbildungstheorie eignet sich mit seinem emanzipatorischen Ansatz zur Unterstützung der Bildungsziele 1-3. Mit Hilfe der Strukturgittermatrix können Problemstellungen identifiziert werden, welche eines vertieften Verständnisses, einer Lösung oder Kritik bedürfen. Hierdurch kann sie sowohl für die Curriculumentwicklung, die Unterrichtsvorbereitung oder als Heuristik in problemorientierten Lernprozessen nützlich sein.

Retzmann (2006) fokussiert mit seinen Überlegungen zur berufsmoralischen Bildung Bildungsziel 3. Er versteht moralische Erziehung ebenfalls als integrativen Aspekt von Handlungskompetenz und knüpft am moralischen Problemgehalt bestehender curricularer Inhalte und Lernsituationen an. Es geht ihm dabei um moralische Urteilskompetenz im Sinne Kohlbergs (1995), nicht um eine Vermittlung normativer Werte, eine Erziehung zur Regeleinhaltung oder Ethik als unbequeme Kritikerin der Ökonomie. Als didaktische Prinzipien nennt er Kontextualität und Komplexität (=Situationsbezug), Historizität (=Erfahrungsbezug) und Kontroversität (=Problemorientierung). Methodisch unterstreicht er die Bedeutung von Perspektivwechseln. Wegen des vagabundierenden Charakters im Curriculum verwendet er zur Systematisierung die Topologie der integrativen Wirtschaftsethik (vgl. Ulrich 2008, 313ff.). Da es Retzmann primär um Urteilsfähigkeit und weniger um Gestaltungskompetenz geht, lässt das Konzept offen, wie Problemlösekompetenz auf Basis gefällter Werturteile gefördert werden kann.

Tafner (2014, 2015) erarbeitet in seiner Habilitation ein neues Selbstverständnis einer reflexiven Wirtschaftspädagogik. Ihren gesellschaftlichen Beitrag sieht er darin, Menschen dazu zu befähigen, im ökonomischen Handeln, moralisch-ethische, politische und soziale Aspekte systematisch mitzudenken. Hierbei sind Fragen der Effizienz, der Verantwortung und des Sinnes des ökonomischen Handelns immer integrativ zu beantworten (vgl. Ulrich 2008). Hier versteht er Wirtschaftsethik in doppelter Hinsicht als integrativ: das ökonomische Handeln muss sowohl in die Persönlichkeit des Handelnden als auch in seine sozialen Bezüge integrierbar sein. Auch Tafner (2016a) betont den Systemcharakter der Ökonomie (vgl. Tramm 2014; Liening 2015). Der Wirtschaftspädagogik komme die Funktion zu, die bezugswissenschaftlichen Inhalte unter Rückgriff auf weitere sozialwissenschaftliche Disziplinen um praktische Vernunft zu ergänzen. Hierzu gehörten neben dem Kaufmännischen und Ökonomischen, das Soziale, das Ethisch-Moralische sowie des Wirtschafts(unions)bürgerliche (vgl. Tafner 2015, 697ff.). Wirtschaftspädagogik komme wegen der Dominanz der ökonomischen Perspektive eine wichtige gesellschaftskritische Aufgabe zu. Eine didaktische Konkretisierung steht noch aus.

6 Überlegungen zu einer inklusiven beruflichen ökonomischen Bildung

Reflexive Wirtschaftspädagogik im Sinne Tafners (2014, 2015) hat die Teilhabe aller am ökonomischen Wohlstand und damit Inklusion für alle im Blick: einerseits indem sie durch berufliche Qualifikation Teilhabe durch Erwerbstätigkeit ermöglicht, andererseits indem sie als Integrationswissenschaft eine unverzichtbare Ergänzung der Bezugswissenschaft darstellt. Unter den Auszubildenden von heute, sind auch die Ökonomen und Führungskräfte von morgen. Sie müssen befähigt werden, kreative, konstruktive Lösungen für die Probleme von heute zu entwickeln.

Die Überlegungen dieses Beitrags geben Hinweise auf eine mögliche Konkretisierung einer reflexiven Wirtschaftspädagogik: in Kapitel 4 wurden handlungstheoretisch strukturierte Ziele ökonomischer Bildung formuliert. Für die Identifikation geeigneter Lernsituationen wird auf den Diskurs um das Lernfeldkonzept und die Bildungsstandards für die Allgemeinbildung (vgl. Retzmann et al. 2012) verwiesen. Vorrangig ist zu beachten, dass es sich um Situationen handeln muss, die die Lernenden real als problembehaftet erleben (vgl. Fischer 2014; Neuweg 1992). Strukturgitter können helfen, diese zu identifizieren. Die systemischen Ansätze Tramms (2014) und Lienings (2015) haben weitreichende Folgen für die Strukturierung der Lernprozesse. Während die neoklassisch-ökonomische Rationalität durch linear-monokausales Denken zu eindeutigen Lösungen gelangt, erfordert systemisch-ökonomische Rationalität ein komplexes multiperspektivisches Herangehen, dessen Ausgang maßgeblich durch die individuellen Lernprozesse bestimmt ist. Für die Strukturierung der Lernprozesse bieten sich iterativ-reflexive Handlungszyklen an, welche sich in problem- und erfahrungsbasierten Lernprozessen bereits bewährt haben (vgl. Aebli 2006, 275ff.; Kolb 1984; Liening 2015; Tramm 2014, 109; Abbildung 1). Aufgabe der Lehrenden ist es, Impulse für die Strukturierung und Fortsetzung dieser Prozesse zu geben. Die inhaltliche Gestaltung wird vorrangig aus den Erfahrungsbezügen und vorhandenen Wissensbeständen der Lernenden gespeist. Nachfolgend werden diese Bildungsprozesse zur besseren Nachvollziehbarkeit für den Leser modellhaft skizziert:

&<Abbildung 1: Erfahrungs- und wissenschaftshomomorphe Reflektionszyklen.Abbildung 1: Erfahrungs- und wissenschaftshomomorphe Reflektionszyklen.

Eine konkrete Situation wird zunächst nach ökonomischen Prinzipien analysiert, bewertet und gelöst. (Bildungszielziel 1 = 1. Zyklus). Die typisch ökonomische Perspektive bleibt so zunächst ohne Einfluss anderer Disziplinen erkennbar. Die gefundene vermeintlich effiziente Problemlösung wird nun nicht sofort in die Praxis umgesetzt, sondern durchläuft als fiktive Handlung weitere Male (2+x. Zyklus) den Reflexionszyklus. Durch das wiederholte Durchlaufen der Schleife bauen sich nach und nach subjektiv nützliches Fachwissen und Urteilskompetenz auf (vgl. Liening 2015). Hierbei werden aber auch die Grenzen der ökonomischen Perspektive sichtbar. So wird die Handlung mit unterschiedlichen Heurismen auf mögliche Externalitäten untersucht und bewertet (Bildungsziel 2 und 3). Die Lernenden müssen hier persönliche Werturteile fällen. Dabei ist die Perspektive anderer unmittelbar oder mittelbar Betroffener systematisch einzubeziehen, also mindestens ein konventionelles Niveau der moralischen Entwicklung im Sinne Kohlbergs (1995) anzustreben, denn diese Fähigkeit zum Perspektivwechsel ist ein zentraler Bestandteil beruflicher Handlungskompetenz (z. B. im Verkauf, in Bietungsverfahren etc.). Da das selektive Bildungssystem eine Segregation benachteiligter Bevölkerungsgruppen festigt, sind an dieser Stelle reale Begegnungsmöglichkeiten wünschenswert, um hinter Statistiken verborgene Menschen sichtbar zu machen (vgl. Jonsson/Beach 2015). In diesem Prozess kann auch die themenzentrierte Interaktion (vgl. Cohn 1975) hilfreiche Impulse geben, um das Problem (=Thema) zu konkretisieren, Dysbalancen zu identifizieren und Handlungsspielräume bzw. Restriktionen sichtbar zu machen. Ein zentrales Axiom von Ruth Cohn lautet: „Der Mensch ist autonom und interdependent. Autonomie wächst mit dem Bewusstsein der Interdependenz.“ (Cohn 1975, 120). Eine ähnliche Idee steht hinter dem Selbstinteresse im Sinne Adam Smiths und der doppelt integrativen Wirtschaftsethik Tafners. Der Autorin erscheint es sinnvoll, diese angestrebte Balance mit der didaktischen Leitkategorie einer balancierenden, beruflichen Identität zu verknüpfen (vgl. Thole 2015; Krappmann 2010; Giddens 1991).

Die ursprüngliche, ökonomische Lösung kann nun unter Nutzung von Handlungsspielräumen kreativ modifiziert werden, um zu einem ethisch, sozial, ökologisch, psychologisch und politisch ausgewogenen Gesamtergebnis zu kommen. Angestrebt werden win-win-Lösungen, die am besten in der Interaktion mit anderen Betroffenen erarbeitet werden. Hier sind entsprechende Verhandlungskompetenzen zu üben. Spätestens hier sollte für die Lernenden deutlich werden, dass inklusive ökonomische Bildung nicht nur deutlich komplexere Anforderungen stellt als eine rein ökonomische Lehre, sondern ihnen auch neue Gestaltungsspielräume in der Lebenswelt Ökonomie eröffnet.

Entscheidend ist in dieser Phase, dass primär ökonomisch argumentiert wird. Das Beispiel von Gustav v. Schmoller zeigt, dass sich Ökonomen nicht von humanitären Argumenten überzeugen lassen. In vielen Fällen wird sich aber zeigen lassen, dass unsoziale und unökologische Handlungen sich auch nach ökonomischen Prinzipien als unvernünftig erweisen, wenn ein langfristiger Zeithorizont gewählt wird, systemische Zusammenhänge berücksichtigt werden und/oder der Nutzenbegriff nicht auf monetäre Aspekte reduziert wird (Bildungsziel 4 und 5). Neuweg spricht hier vom Primat der reinen Information gegenüber der expliziten pädagogischen Wertevermittlung (vgl. Neuweg 1992, 57ff.).

Eine auf diese Weise gefundene Handlungsalternative trifft in aller Regel auf geringeren Widerstand (Lernziel 6). Sollte eine Umsetzung auf Grund bestehender Restriktionen nicht möglich sein, ist Ambiguitätstoleranz erforderlich. Die im Problemlösungsprozess verbliebenen Desiderata sind in den Diskurs im Sinne Peter Ulrichs (2008) einzubringen. Hier ist die politische Bildung gefordert. Durch den Diskurs kann Ambiguität erträglicher werden, da der Lernende auf Gleichgesinnte trifft. Wichtig ist die Überzeugung, dass der Diskurs ein unverzichtbares Vorstadium für gesellschaftliche Veränderungen ist. Die Geschichte liefert zahlreiche Beispiele, bei denen Umwälzungen erst nach Jahrzehnten eintreten konnten, weil der Diskurs aufrechterhalten wurde (Energiewende, deutsche Wiedervereinigung, Apartheid).

Auch die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist aufgefordert, reflexive Handlungszyklen zu durchlaufen, um einem Selbstverständnis als reflexive Pädagogik im Sinne Tafners (2014; 2015) näher zu kommen. Hier ist an die zitierten Arbeiten anzuknüpfen.

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Zitieren des Beitrags

Thole, C. (2016): Inklusive ökonomische Bildung: eine Aporie? – Reflexionen zum Verhältnis der Fachdidaktik Wirtschaftswissenschaften zu ihrem Fach. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 30, 1-26. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe30/thole_bwpat30.pdf (18-10-2016).