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 bwp@ Ausgabe Nr. 11 | November 2006
Qualifikationsentwicklung und -forschung für die berufliche Bildung

Qualifikationsentwicklungen im IT-Umfeld – Kompetenzerfassung durch Arbeitsprozessorientierung

 

 

 


1. Qualifikationen im IT-Umfeld

Spätestens die Jahrtausendwende mit ihrem Milleniumproblem hat unserer modernen Wissensgesellschaft gezeigt, welchen Stellenwert die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT, zumeist nur mit IT abgekürzt) mittlerweile in unser aller Arbeitsleben erreicht hat. Kein Unternehmen kommt heute mehr ohne IT aus. Ob Rohstofferzeugung, Veredelung oder Produktherstellung, ob Vertrieb oder Logistik, Service- und Supportaufgaben, Forschung und Entwicklung – selbst und gerade Unternehmensverwaltungen und Firmenmanagement leben heute mit und durch die Informations- und Kommunikationstechnik. Sie sind Grundlage und Werkzeug allen organisatorischen und wirtschaftlichen Handelns; und dies sowohl firmen- und konzernintern wie auch national und international.

Daher ist die Forderung nach generellen prinzipiellen IT-Anwenderkenntnissen für jedermann, also auch für jene Beschäftigte, deren berufliche Tätigkeiten nicht allein dem IT-Sektor zuzuweisen sind, keineswegs neu. Schon in den 1980er Jahren zeichnete sich ab, dass in der Arbeitswelt der Zukunft nahezu niemand mehr ohne auskommen wird. Doch setzte sich diese Erkenntnis nur langsam durch. Die grundlegende Integration von IT-Inhalten in Schullehrpläne und berufliche Ausbildungen, spezielle Weiterbildungen für die bereits im Beruf Stehenden und die nachhaltige Forcierung IT-gestützter Arbeitsweisen in akademischen Studienprogrammen kam nur langsam voran.

Hingegen stieg der Bedarf an ausgewiesenen IT-Fachkräften, welche sich beruflich über die IT-Anwender-Basiskenntnisse hinaus auf Fachwissen und Fertigkeiten der Informatik und IT-Anwenderbranchen spezialisiert hatten, sprunghaft rapide und nachhaltig an; er fand seinen ersten drastischen Höhepunkt zur Jahrtausendwende. So haben Unternehmen der Informations- und Kommunikationsbranche allein in Deutschland 75.000 neue Stellen geschaffen ( HEYSE/ ERPENBECK/ MICHEL 2002, 72) . Diesem damaligen IT-Boom, einer Marktnachfrage, nur jeden erdenklichen IT-Spezialisten u. a. für das Milleniumproblem für sich zu gewinnen, folgte, für viele etwas unerwartet, die Ernüchterung fehlender Qualifikationen für eine adäquate dauerhaft sichere Weiterbeschäftigung darüber hinaus. Zu hoch sind im Generellen die Kompetenzanforderungen an die IT-Fachkräfte, oftmals stark methodisch-fachlich fundiert, gestützt auf primär stetig selbst organisiertes Lernen.

Es zeigte sich, dass insbesondere die kontinuierliche berufliche Aus- und Weiterbildung das, modern ausgedrückt, sog. „lebenslange Lernen“, ein wesentliches, wenn nicht sogar das wesentlichste Mittel für die IT-Fachkräfte zur eigenen Arbeitsplatzsicherung im internationalen Wirtschaftsraum ist, da IT-Wissen selbst nur eine relativ kurze „Halbwertszeit“ hat und sich leicht international anderweitig einkaufen lässt ( BOES/ SCHWEMMLE 2004); die Konkurrenz ist groß und günstig, vielfach rein zahlentechnisch gesehen sogar erheblich günstiger. Stetige Aktualisierungen und Anpassungen der eigenen Fachkompetenzen sind daher maßgeblich und unausweichlich, um die persönlichen IT-Qualifikationen mit dem Markt bzw. an diesem orientiert (fort-) zu entwickeln, den Anschluss in seiner Schnelllebigkeit nicht zu verpassen.

1.1  IT-Arbeitsmarkt

Der IT-Arbeitsmarkt ist auch heute noch, gute sieben Jahre nach der Jahrtausendwende, ein Wirtschaftsbereich, in dem Fachkräfte jeglicher Couleur permanent gesucht und nachgefragt werden, doch scheinen die immer wieder wechselnden Krisenmeldungen der IT-Branche hierbei gegenwärtig Ton und Richtung anzugeben. So dynamisch, global und schnelllebig wie deren Produkte und Lösungen selbst ist auch ihre Unternehmenskultur, insbesondere die im internationalen Wirtschaftsmarkt zwischen Outsourcing und Roll-back. Allseits herrscht ein „Hire and Fire“, ein „ Heute hier, morgen dort“ bzw. ein „Neues Spiel, neues Glück“, in deren Folge sich die Arbeitnehmer mit ihren eigenen Dienstleistungen den von ihnen entwickelten Produkten und Lösungen anpassen müssen – dynamisch, global und schnelllebig. Was bedeutet das für die IT-Branche als Arbeitsmarkt?

Die "Gründerjahre" sind zwar nahezu weltweit in der IT-Branche vorbei, eine Normalisierung Richtung Konjunkturzyklus ist eingetreten, doch sind die prinzipiellen Beschäftigungsbedingungen im Vergleich zu anderen Branchen für Arbeitnehmer immer noch überdurchschnittlich gut (BERCHTOLD 2007) . Es besteht ein stetiger weltweiter Bedarf an qualifizierten IT-Fachkräften, der durch die wachsenden Beschäftigungsmöglichkeiten in den Anwenderbereichen der IT-Technologie zudem nachhaltig wächst. Deutliche Beschäftigungszuwächse durch fachliche und wirtschaftliche Neuerungen treten hierbei meist im Software- und IT-Dienstleistungsbereich auf, die Bereiche Hardware- und Kommunikationsherstellung sowie Fernmeldedienste (Netzbetreiber und Online-Dienste) zeigen sich etwas verhaltener. Eventuelle Arbeitslosigkeit trifft, wenn überhaupt, eher die langjährig Etablierten aufgrund ihrer „veralteten“ Berufskenntnisse oder bedingt durch einen betrieblichen Stellenabbau; die Berufseinsteiger haben in der Regel mit ihren aktuellen, technologienahen Qualifikationen, ihren zumeist unvoreingenommenen Flexibilitäten und der jungen Motivation sehr hohe, gerade auch zunehmend internationale Beschäftigungschancen.

Und obgleich in den vergangenen Jahre viele Anstrengungen seitens der Sozialpartner unternommen wurden, qualifizierende berufliche IT-Grundausbildungen für den Arbeitsmarkt zu entwickeln und einzuführen, die eine verantwortliche Übernahme eines Großteils täglicher IT-naher Routineaufgaben auch ohne akademische Ausbildung in Unternehmen ohne Wenn und Aber erlauben ( BMBF 2000) , zeigt sich weiterhin der Trend einer sich steigernden Nachfrage nach Hochschulabsolventen mit ausgewiesenen IT-Qualifikationen (siehe z. B. SCHÖNIG 2001, 69). Dieser begründet den durchaus verständlichen Wunsch vieler IT-Fachkräfte, und dabei insbesondere derer mit rein betrieblich-dualer Erstausbildung, ggf. auch im Nachhinein noch auf einem „zweiten oder weiteren Bildungsweg“ akademische Qualifikationen erlangen zu können.

1.2  IT-Qualifikationen

Bereits in der Schule werden heute die Grundlagen für die jeweils persönlichen Einstellungen und Orientierungen des Einzelnen zum Erwerb von Grundkenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien gelegt. Wer dann noch auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnik im Sinne seiner beruflichen Fundierung für sein späteres Arbeitsleben Fuß fassen möchte, von dem werden zudem umfassende fachliche IT-Qualifikationen erwartet, über welche er in der Regel auch Nachweise zu führen hat. Wer sich hierbei direkt für eine Ausbildung oder ein Studium im Bereich der IT-bezogenen Berufe entscheidet, den trifft die große Qual der richtigen Wahl, denn es gibt mittlerweile weit mehr als 150 mögliche Berufswege im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie ( PROIT-HESSEN 2003) und dies mit steigender Tendenz.

Relativ neu (1997 eingeführt) und speziell auf die sich stetig verändernden Bedürfnisse der Informations- und Telekommunikationsbranche zugeschnitten sind die sog. IT-Ausbildungsberufe namentlich : IT-Fachinformatiker, IT-System-Elektroniker, IT-System-Kaufmann und Informatikkaufmann ( BUNDESANZEIGER 1997) . Den Unternehmen erlauben sie, sich selbst passend für die eigenen arbeitstechnischen Belange hochqualifizierte IT-Fachkräfte betrieblich auszubilden, denn deren Berufsbilder orientieren sich erstmals an den komplexen betrieblichen Geschäftsprozessen moderner IT-(naher) Unternehmen mit Kompetenzvermittlung im Bereich elektronischer, informationstechnologischer, betriebswirtschaftlicher und projektorientierter Qualifikationen. Die Ausbildungen aller vier Lehrberufe mit Kammerabschluss verfügen dabei über einen gemeinsamen Ausbildungskern rund 50-prozentiger Überdeckung. Diese Gemeinsamkeit erlaubt eine optimale fachliche Vernetzung ihrer späteren Berufsbilder untereinander sowie global im IT-Markt.

Einen weiteren, ebenfalls nicht unerheblichen Beitrag zu den beruflichen IT-Erstqualifikationen leisten die beruflichen Schulen. Sie stehen neben den Hochschulen für eine zweite theoretisch-fachlich ausgerichtete Säule im Bereich der mehrjährigen IT-Ausbildungsprogramme. Ihre verschiedenen Berufs(fach)schultypen vermitteln Wissen und Fertigkeiten zur IT sowohl in eigenständigen Ausbildungsgängen zu sog. Assistenten, z. B. den staatlich geprüften Informationstechnischen Assistenten ( MINISTERIUM FÜR SCHULE, JUGEND UND KINDER DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN 2004) , als auch in den Kooperationen mit den Lehrbetrieben der Wirtschaft im Sinne der dualen Ausbildung. Ferner können an ihnen die ggf. noch fehlenden weiterführenden Schulabschlüsse bis hin zur Studienbefähigung parallel zur Berufsausbildung nachgeholt werden.

Die klassische akademische IT-Bildung wird heute mittlerweile von einer Vielzahl von Berufsakademien, Fachhochschulen und Universitäten als Grund- und Weiterbildungen geleistet. Das Spektrum hierbei angebotener IT- und IT-naher Studienprogramme wächst zusehends, es reicht von dualen praxisfokussierten Studiengängen an den Akademien über die stärker praxisorientierten, teils dualen Angebote der Fachhochschulen bis hin zu den schwerpunktmäßig theoretisch-wissenschaftlich ausgerichteten Programmen der Universitäten. Zum klassischen Fächerspektrum der IT zählt man dabei die verschiedenen Informatikstudiengänge sowie die der Elektro- und Informationstechnik in ihren jeweiligen Fachrichtungen. Da aber der Bedarf der Unternehmen an Hochschulabsolventen zumeist primär nicht im rein fachlich-technologisch ausgerichteten Bereich liegt, sondern auf dem Sektor der anwendungsnahen, interdisziplinären Studiengänge wie beispielsweise dem Maschinenbau, wird diesem auch zunehmend durch die Bemühungen entsprochen, mit der Zeit eine reguläre IT-Grundlagenvermittlung in deren Fächerkanons fest einzubinden, zumindest ansatzweise und das für alle verbindlich. Programmangebote, diese zu persönlich gewählten Studienschwerpunkten auszubauen, sind vielerorts im Entstehen begriffen.

An einer sog. IT-Weiterbildungsmaßnahme nimmt letztlich nahezu jeder Berufstätige im Laufe seiner Berufsjahre irgendwann mindestens einmal teil. Zwar ist sie gerade für IT-Fachkräfte in all ihren Erscheinungsformen ein wesentliches Mittel zum steten aktualisierenden Wissenserwerb, doch auch all diejenigen, die an ihren Arbeitsplätzen täglich nur Anwender von Techniken und Arbeitsmitteln der Informationstechnik und Telekommunikation sind, bedürfen ab und an geeigneter Weiterbildungsmaßnahmen im Sinne von Kenntnisaktualisierungen und Schulungen/Umschulungen auf neue Produkte, Techniken und Standards der IT. Doch wer sich im IT-Sektor weiterqualifizieren will, landet (so BORCH/ WEIßMANN 2002, 10) in einem Dschungel, denn mehr als 300 verschiedene Fortbildungsabschlüsse sind am Markt präsent.

Die Kenntnisaktualisierungen werden zumeist relativ spontan in kurzen Lehrgängen, ein- oder mehrtägigen Seminaren erworben, die im Wesentlichen allein das unmittelbar anwendungsbezogene Wissen vermitteln, nach welchem der Weiterbildungswillige gerade aktuell sucht. Üblicherweise erhält er zur Bestätigung seiner Teilnahme dafür eine einfache Bescheinigung, teils mit Kurzangabe der Lerninhalte. Die Aussagekraft der hierbei gewählten Kursbezeichnungen variiert von recht vielversprechenden Betitelungen ohne eindeutigen Fachlichkeitsbezug bis hin zu gleichnamigen Bezeichnungen für sehr unterschiedliche Weiterbildungsinhalte. Eine abschließende benotete Überprüfung des Gelernten erfolgt in der Regel nicht, die Lernerfolge selbst lassen sich qualitativ gesehen kaum bis gar nicht fassen.

Etablierte Soft- und Hardwarehersteller haben deshalb zu einigen ihrer Produkte eigens mehrteilige Fortbildungskurse als Zertifizierungsprogramme ( BBZ-FULDA 2007) eingeführt, deren abschließend vergebene Produktzertifikate geprüften Kenntnis nachweisen der Teilnehmer entsprechen. Hinsichtlich Reichweite und Akzeptanz unterscheiden sich diese jedoch untereinander durchaus erheblich, wenngleich einige der Zertifikate aufgrund ihrer hohen qualitativen Anforderungen an das Teilnehmerwissen auch zu besonders hohem Ansehen gelangt sind und so heute Marktführerschaften in puncto hochwertiger IT-Weiterbildungen erreicht haben. Beispielsweise ist der MCSE (Microsoft Certified Systems Engineer, MICROSOFT 2007 ) ein weltweit qualitativ anerkannter Weiterbildungsabschluss der IT.

Die Möglichkeit, allgemeinere nachhaltigere IT-Weiterbildungsqualifikationen zu erwerben, die zu beruflichen Zertifikaten führen, welche konkret berufs- bzw. tätigkeitsbezogen gruppierte Cluster von Handlungskompetenzen Karriere dienlich bescheinigen, ist seit der Einführung des sog. IT-Weiterbildungssystems ( BMBF 2002 B) in Deutschland gegeben. Mit ihm wurden spezielle arbeitsprozessorientierte Weiterbildungsabschlüsse mit staatlicher Anerkennung zugelassen, die man in Anlehnung an die tradierten Handwerksfortbildungen zu Meistern, Technikern und Fachwirten entwickelt hatte, jedoch bewusst eigens für die IT in einer eigenen innovativen Systematisierung. Es sind dies die sog. IT-Specialists und IT-Professionals, bewusst zugangsoffen gehalten auch für geeignete Berufsrückkehrer/-innen und Quereinsteiger/-innen, ihre beruflichen Potentiale unter qualifikatorischen Beweis zu stellen ( BMBF 2002 A) . Denn vielen bis dahin im IT-Bereich konzipierten, umfangreicheren Weiterbildungsangeboten fehlten die zielführende Transparenz und Vergleichbarkeit, welche Unternehmen und Teilnehmern klar die nachvollziehbaren Qualitätsansprüche dieser für eine zukunftsorientierte nachhaltige Personal- und Karriereplanung aufzeigen ( BOER/ WILKER 2002, 5).

2. IT-Weiterbildungssystem

Es waren sehr unterschiedliche Leitgedanken, die seinerzeit zur Initiierung und Umsetzung des deutschen IT-Weiterbildungssystems (kurz IT-WBS) beitrugen, denn man wollte zum einen den Unternehmen ein Instrument an die Hand geben, mit welchem sie ihr IT-Personal bedarfsgerecht betriebsintern in den eigenen Arbeitsprozessen höher qualifizieren können, andererseits sollten die zahlreichen fachlich hochqualifizierten Quereinsteiger der IT-Branche, welche über Jahre an den immer wieder neuen Anforderungen ihres Arbeitsplatzes wachsen, die Chance erhalten, eine formale, staatlich anerkannte IT-Qualifikation hierfür erlangen zu können. Eine offizielle Integration von Lernen und Arbeiten in neue Qualifizierungsmodelle sollte als innovativer Ansatz die neue IT-Weiterbildung pushen und den erhofften, lang ersehnten Brückenschlag der beruflichen Bildung zur fortgesetzten Qualifizierung in die Hochschulen ebnen ( MATTAUCH/ CAUMANNS 2003).

Das IT-Weiterbildungssystem für sich genommen definiert, gestützt auf die sog. Verordnung über die berufliche Fortbildung im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik ( BUNDESANZEIGER 2002 ), branchenweite Standards von profilprägenden Handlungskompetenzclustern auf einer Basis von Transparenz und Durchlässigkeit, Arbeitsprozessorientierung und deren Qualitätssicherung. Es orientiert sich am Bedarf der Wirtschaft und deren realen Geschäftsprozessen, eine stetige Anpassungsfähigkeit hinsichtlich der notwendigen Fortbildungsinhalte über den Status Quo eingeschlossen. Als ein aktives Personalentwicklungsinstrument für die zukunftsorientierte Qualifizierung von Mitarbeitern soll es zur arbeitsplatzsichernden Kompetenzentwicklung und gezielten Förderung von Fach- und Führungskarrieren beitragen und ebenso die Eigenverantwortung und den selbstgesteuerten Erwerb von Wissen und Kompetenzen in vertrautem Umfeld für den Einzelnen (Stichwort „lebenslanges Lernen“) unterstützen.

Die zukünftige Anerkennung hierbei erlangter Weiterbildungsqualifikationen auf im Weiteren angestrebte Studienprogramme sowie deren (teilweise) Anrechnung als vorgängige Lernaufwände wird derzeitig von Vertretern aus Hochschule und Wirtschaft in intensiver Zusammenarbeit mit den Kreatoren des IT-Weiterbildungssytems untersucht (vgl. u. a. das Forschungsprojekt PROIT PROFESSIONALS 2007).

2.1  Strukturidee des IT-WBS

Das IT-Weiterbildungssystem (Abb. 1) fußt auf dem Leitbild der sog. "diagonalen Karriere" ( MÜLLER 2004) . Aufbauend auf einer Berufsausbildung soll es den IT-Fachkräften die Möglichkeit bieten, sich in ihrem gewählten IT-Tätigkeitsfeld durch eine anerkannte Spezialisierung nachhaltig (weiter) zu qualifizieren, eventuell dabei auch nochmals das Arbeitsgebiet zu wechseln und sich erneut als fachlicher Spezialist zu etablieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer horizontalen (Fach-)Kompetenzentwicklung. Sie soll die Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen in den sich dynamisch verändernden IT-Unternehmen fachlich sichern sowie die Mobilität am Arbeitsmarkt fördern. Zusätzlich bietet das IT-Weiterbildungssystem aber auch die Möglichkeit einer vertikalen Kompetenzentwicklung, d. h. den hiermit im Wesentlichen verbundenen Zuwachs an Personal- und Projektverantwortung, z. B. für den Karriereaufstieg in die Managementebenen der Unternehmen. Dies erzielt seine Strukturierung dreier unterschiedlicher, hierarchischer Ebenen; es sind dies die Ebenen der Spezialisten, der Operativen Professionals und die der Strategischen Professionals.

Beide Fortbildungsorientierungen, die fachlich-horizontale wie auch die personal- und projektverantwortlich-vertikale, sind in diesem System frei miteinander kombinierbar, so dass jeweils bei den Übergängen zwischen den angestrebten IT-Profilen von einem Profil bzw. einer Ebene zur anderen auf den bereits erworbenen Kompetenzen aufgebaut wird. Letztlich ermöglicht das IT-Weiterbildungssystem so eine durchgängige, systematisch beruflich an profiltypischen Arbeitsprozessen orientierte IT-Qualifizierung, die zudem qualitätsgesichert sowie staatlich anerkannt ist. Jedes gewählte Profil wird formal durch Personalzertifizierung im Falle der IT-Spezialisten ( BITKOM 2003) oder eine IHK-Prüfung bei den IT-Professionals (DIHK 2007) abgeschlossen.

2.2 IT-Spezialisten und -Professionals

Die IT-Spezialistenprofile des deutschen IT-Weiterbildungssystems orientieren sich am klassischen IT-Prozess mit seinen Arbeitsprozessen von der Entwicklung bis zur Anwendung von IT-Produkten. Bestimmte profiltypische Kompetenzcluster bilden hierbei für jeden IT-Spezialisten seinen charakteristischen Handlungsbereich. Insgesamt wurden so 29 verschiedene Spezialistenprofile in sechs Funktionsgruppen definiert. Die gewählten Bezeichnungen (englisch mit deutscher Übersetzung benamt) orientieren sich dabei an den thematischen Tätigkeitsschwerpunkten der Gruppen. Es gibt die Software Developer (Softwareentwickler), die Coordinator (Entwicklungsbetreuer), die Solutions Developer (Lösungsentwickler), die Technician (Techniker), die Administrator (Lösungsbetreuer) und die Adviser (Produkt- und Kundenbetreuer) (ROGALLA/ WITT-SCHLEUER 2003) . Für jedes Profil wurde vom Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik (ISST, Berlin) in Zusammenarbeit mit Wirtschaftvertretern eine ausführliche Referenzbeschreibung erarbeitet, welche anhand der typischen Handlungsteilprozesse das für deren Einzeltätigkeiten benötigte Wissen, die wesentlichen Fertigkeiten und basierenden Methoden listet. Diese können als deren Quasi-Curriculum verstanden werden.

Da die Spezialistenqualifizierung sowohl die IT-Berufsausbildung zielführend erweitern und vertiefen soll sowie auch einen vollzogenen Quereinstieg für berufserfahrene Praktiker fachlich fundieren soll, lässt sich diese auch ohne eine zuvor abgeschlossene IT-Berufsausbildung absolvieren. Zum Nachweis der ausreichenden fachlichen Vorerfahrung bedarf es ggf. jedoch dann einem Mehr an einschlägigen Tätigkeitsjahren in der IT-Branche.

Die Spezialistenweiterbildung selbst ist eine zirka einjährige arbeitsprozessorientierte Fortbildung, welche der Teilnehmer parallel zu seiner regulären Arbeit, im Idealfall in einer durchgängigen Projektbearbeitung seiner täglichen Arbeit vollzieht. Ein mit dem Arbeitgeber abgestimmtes, zur Prüfung in einem Personalzertifizierungsverfahren (durch EN- und ISO-Normen geregelt) der Privatwirtschaft angemeldetes Projekt wird während dieser Zeit vom Kandidaten selbständig bearbeitet und dokumentiert, nach seinem Abschluss zur Prüfung eingereicht, in einem Vortrag präsentiert und einem Prüfungsgespräch diskutiert. Auf diese Weise werden die im vollzogenen Lernprozess erworbenen Kompetenzen in Relation zu den für das Profil vorgegebenen Lerninhalten überprüft. Dem Teilnehmer wird durch ein Zertifikat (eine Konformitätsbescheinigung über die Beherrschung der profiltypischen Arbeitsprozesse und profilprägender Kompetenzfelder) seine aktuelle fachliche Kompetenz gemäß den Auflagen und Bestimmungen des jeweiligen IT-Spezialistenprofils bestätigt. (GRUNWALD/ FREITAG/ WITT-SCHLEUER 2005)

Mit den Operativen- und Strategischen Professionals wurden neben der fachlich vertiefenden Stufe der Spezialisten zwei managementorientiertere Weiterbildungsstufen innerhalb des neuen IT-Weiterbildungssystems geschaffen, deren Abschlüsse nach dem Berufsbildungsgesetz in einer bundeseinheitlichen Rechtsverordnung ( BUNDESANZEIGER 2002 ) staatlich geregelt sind und vor den IHKn abgelegt werden. Sie bauen aufeinander auf und sollen für den Zugang ins mittlere bzw. obere Firmenmanagement vorbereiten. Hinsichtlich der auf diesen Stufen zu erreichenden bzw. nachzuweisenden Kompetenzniveaus orientierte man sich seinerzeit an den Idealen der neuen Bachelor- und Masterabschlüsse. Der bildungspolitische Wunsch, hierzu im Nachhinein eine Akzeptanz in Hochschule und Wirtschaft zu erzielen, die zu einer breiten bildungstechnischen Gleichwertigkeitseinschätzung führt, besteht noch heute; sie wurde bisher nicht erreicht. Hierzu ist anzumerken, dass gerade der Tatbestand der bestehenden Vielfalt an wählbaren Bildungswegprofilen und die teils sehr individuellen vorgängigen IT-Karrieren der möglichen Fortbildungsteilnehmer diesem massiv hinsichtlich der Durchführung vergleichender Beurteilungen und daraus abzuleitender allgemeinerer Empfehlungen entgegenstehen.

Strukturell hat man zunächst vier Operative Professional-Abschlüsse über der Ebene der Spezialisten angeordnet. Es sind dies der IT Systems Manager mit Arbeitsschwerpunkt in der Produktentwicklungsleitung, der IT Business Manager als Multicluster-Projektleiter, der IT Business Consultant in der externen Projektberatung sowie der IT Marketing Manager mit Führungsaufgaben im Vertrieb. Grundlage ihrer Funktionsebene sind die zuvor erworbenen Spezialistenkompetenzen. Diese bzw. der Nachweis gleichwertiger Kenntnisse und Fertigkeiten sind Zulassungsvoraussetzung für die Prüfung zum Operativen Professional, hinzu kommen mindestens zwei Jahre fachbezogene Berufserfahrung.

Da künftige Operative Professionals auf die Übernahme beruflicher Positionen auf mittlerer Führungsebene vorbereitet werden, ist Mitarbeiterführung und Personalmanagement ein wichtiger Fortbildungsschwerpunkt mit eigener abschließender Teilprüfung. Zu diesem Bereich gehören auch die Qualifizierung zum Ausbilder entsprechend der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) sowie englische Sprachkenntnisse. In einem weiteren Prüfungsteil werden die profilbezogenen Fachkenntnisse in schriftlichen situativen Aufgaben abgeprüft. Hauptbestandteil auch dieser Weiterbildung ist jedoch wie bei der Spezialistenqualifizierung die Dokumentation, Präsentation und Diskussion eines etwa einjährigen Lernprojekts zu den profiltypischen betrieblichen Prozessen. Und ebenso wurde auch für jedes dieser Profile vom Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik (ISST, Berlin) in Zusammenarbeit mit Wirtschaftvertretern eine ausführliche Referenzbeschreibung erarbeitet; zusätzlich bietet der DIHK einen Rahmenplan (DIHK 2003) , welcher sich auf die Ausführungen der Fortbildungsverordnung stützt.

Auf der obersten Ebene des IT-Weiterbildungssystems sind mit dem IT Technical Engineer und dem IT Business Engineer, ebenfalls vom ISST profiltechnisch zusätzlich zur vorliegenden Fortbildungsverordnung ausgearbeitet, zwei alternative Weiterbildungsgänge als Strategische Professionals angeordnet. Ihre Aufgabenfelder sollten künftig in den Geschäftsführungen von KMUs, also den Klein- und Mittelständischen Unternehmen der Wirtschaft, oder der Leitung von Geschäftsbereichen größerer Industrieunternehmen zu finden sein. Das Profil des IT Technical Engineers zielt dabei in Richtung allumfassende Entscheidungskompetenzen zu Produktentwicklungen und Technologieentscheidungen, das des IT Business Engineers konzentriert sich hingegen stärker auf die kaufmännischen Bereiche der Geschäftspolitik und Unternehmensstrategien.

Wesentlicher Schwerpunkt beider Fortbildungen ist die Qualifikation für internationale Projekt- und Geschäftsbeziehungen. Daher muss ein Nachweis über englische Sprachkompetenz bzw. verhandlungssicheres Englisch bei Zulassung zur Prüfung erbracht werden. Auch setzen sie auf einer mehrjährigen Berufserfahrung als Operativer Professional mit nachweislicher praktischer Führungserfahrung auf. Geprüft werden letztlich die kurzfristige Ausarbeitung und Diskussion einer Fallstudie zu strategischen Prozessen, eine schriftliche Fachaufgabe zu Geschäftspolitik und Unternehmensstrategien sowie das Führen eines situationsbezogenen Gesprächs zu strategischem Personalmanagement. Dieser Weiterbildungsabschluss befindet sich immer noch im Aufbau seiner Umsetzungsstrukturen, er ließ sich bislang noch nicht flächendeckend bundesweit realisieren, da vielerorts seine Ansprüche gemäß Fortbildungsverordnung als nur sehr schwer maßnahmentechnisch vermittelbar eingeschätzt werden und es so auch an den geeigneten Fortbildungswilligen selbst fehlt, die hierzu die Unterstützung ihrer Arbeitgeber erhalten würden. Denn in aller Regel führen bereits heute erfolgreiche, geeignete Karrieren oder der eigene Mut zur Selbständigkeit bzw. das Erbe einer solchen in die Führungsetagen von Unternehmen, auch ohne ein Absolvieren hierauf eigens vorbereitender Weiterbildungsabschlüsse! Es sind die persönlichen, über Jahre gesammelten Berufserfahrungen – die getätigten und verantworteten Arbeitsprozesse, der kumulierte Kenntnisgewinn und Kompetenzerwerb bei ihrer Umsetzung – all dies qualifiziert auf dem Weg in die Chefetagen. Und eben das macht es so schwierig, im Einklang mit den Arbeitgebern hierfür eine ausgewiesene Weiterbildungsgrundlage zu finden.

3. Qualifizieren im Arbeitsprozess

Betont man heute im Zuge von Aus- und Weiterbildungsdiskussionen den Tatbestand des Sich-Qualifizierens im Arbeitsprozess, so erscheint ein urtraditionelles Lernprinzip im neuen Gewand, gelangt zu neuem Ansehen und stilisiert sich hierüber zu einem modernen Mehrwertbildungsangebot, welches sich ausgewiesen kompetenz- und verantwortungsorientiert gibt. Als Urform allen Lernens, des Nachahmens von Handlungen, des Selbstprobierens und angeleitetem Mitmachens ist der Neuerwerb und die Kumulation von Tätigkeitserfahrungen jedoch schlichtweg ein humanes instinktives Verhalten. Das Sammeln von eigenen praktischen Tätigkeitserfahrungen, welche sich zu Arbeitserfahrungen und letztlich Berufserfahrungen erweitern, sollten daher bildungspolitisch auch heute als das Grundprinzip des Erlernens arbeitstechnischer Belange - des zugehörigen Wissens, seiner Fertigkeiten und kontextbezogenen Kompetenzen - gesehen und mit Nachdruck gefordert werden.

Als ein nachhaltiger Ansatz der Wissensvermittlung, der neben der Umsetzung herkömmlicher Qualifizierungsstrategien in hohem Maße das kontinuierliche betrieblich-informelle und erfahrungsgeleitete Lernen in den Vordergrund rückt, ist daher die Methodik der sog. arbeitsprozessorientierten Kompetenzentwicklung (kurz APO, ISST 2004 ) gerade im IT-Bereich in die öffentliche Diskussion gerückt. APO beinhaltet, zusammenfassend ausgedrückt, die möglichst enge Verzahnung von Lernen und Arbeiten im täglichen Arbeitsprozess und dies mit dem Ziel der Gewähr einer kontinuierlichen, berufs- bzw. lebensbegleitend qualifizierenden Weiterbildung ( LOROFF/ MANSKI/ MATTAUCH/ SCHMIDT 2006) . Vorteilhaft bezieht sie ihre Motivation aus dem Tatbestand der mitlaufenden Weiterbildung am eigenen Arbeitsplatz. Die bei den eigenen Arbeitsausführungen größtenteils unbewusst ablaufende Lernprozesse des Einzelnen werden nun bewusst bedacht, aktiv strukturiert und in sich optimiert, die für den Arbeitsprozess relevanten Tätigkeiten als solche transparent . Für Fortbildungsabschlüsse, welche dieses Bildungsprinzip zum Kompetenzerwerb nutzen, bedarf es quasi „nur“ der Absprache mit dem Arbeitgeber, insbesondere seiner geneigten Unterstützung, Teile der aktuellen Projektarbeiten am Arbeitsplatz als Prüfungsprojekte zur Zertifizierung oder IHK-Prüfung einbringen zu dürfen.

Alle verschulten Bildungsmaßnahmen, die gerade in Zeiten nationaler wirtschaftlicher Abschwünge mit hoher Arbeitslosigkeit gern als längerfristige Bildungsalternativen geschaffen werden, aber auch als beschäftigungssichernde Zusatzqualifikation, können organisations- und gestaltungstechnisch bedingt leider nicht alle Facetten des natürlichen erfahrungsbasierten Lernens im Arbeitsprozess gleichwertig bieten. So bedarf es bei ihnen in der Regel gezielt zwischen- und/oder nachgeschalteter kompensatorischer Training-on-the-job-Phasen zum praktischen Anwenden und Umsetzen des Gelernten unter realen Projekt- und Berufsalltagsbedingungen zum Testen und Festigen desselben. Dies leisten neben konkreten Projektabwicklungen in Unternehmen beispielsweise auch Praktika, Volontariate und Traineeprogramme. Doch führt diese Art des Learning-by-doing allein eben auch zu keiner anerkannten Qualifikation. Erst Nachweise in Form von Bescheinigungen, Zertifikaten und geprüften Bildungsabschlüssen belegen die persönlich geleisteten Weiterbildungen in ihren jeweiligen mehr oder minder erreichten Standards für Dritte nachvollziehbar.

3.1  Standardlernergebnisse und Kompetenzziele

Wie definieren sich die Standards der verschiedenen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen? Was sagen sie über die vollzogenen Lernleistungen aus?

Traditionell orientieren sich Entwurf und Konzeption einer Bildungsmaßnahme an einer inputgeleiteten thematischen Planung, d. h. es werden Festsetzungen zu den angestrebten Lehrinhalten getroffen, dem angedachten Lernstoff. Dies geschieht aus Dozentensicht, also mit der Sichtweise des später Lehrenden, was umsetzungstechnisch seine diesbezüglichen erforderlichen Lehrtätigkeiten im Sinne des Arbeitsprozesses fokussiert und so, rein prinzipiell gesehen, lediglich zu einer Lernstoffofferte führt. Verknüpft sind damit zwar Erwartungen an den Lernenden, was dieser hierbei verinnerlichen sollte bzw. wird, jedoch der Auslegungsparameter ist der Vermittlungsvollzug, nicht der Lernerfolg.

Aber wiederum der Lernerfolg ist die bedarfsauslösende Komponente, der die Nachfrage steuernde wirtschaftliche Faktor von Bildungsmaßnahmen. Qualitativ hochwertige, effektive Maßnahmen sollten daher zur eigenen Qualitätssicherung stets von den Zielvorgaben erwarteter Lernleistungen ihrer Teilnehmer her bei ihrer Auslegung ausgehen. Die Festlegung derartiger Lernergebnisse ergibt die später bescheinigten, durchschnittlich erreichten Lernstandards einer Qualifizierungsmaßnahme, welche man allgemein Standardlernergebnisse nennt.

Ihr Begriff umfasst den Kenntnis- und Wissenserwerb, die Ausprägung von Fähigkeiten und das Erlernen von Fertigkeiten. Kumuliert führen sie kontextbezogen zum Erlangen von Kompetenzen, weshalb sehr häufig Formulierungen von Kompetenzzielen die Erwartungen an Bildungsprogramme ausdrücken und sich hierüber als outcome-orientierte Curricula interpretieren lassen. Die in diesen als Kompetenzsoll umschriebenen, als zu erreichen vorgegebenen Lernergebniscluster weisen das Mindestmaß des Erwartungsanspruchs an die Teilnehmer aus. Kompetenzsollbeschreibungen stellen damit für Dritte in der Regel recht verständliche, leicht nachvollziehbare Qualifikationsbeschreibungen dar.

Ein gutes Beispiel im Sinne einer ersten Orientierung eines möglichen Aussehens stellen hierzu die bereits erwähnten Umsetzungshandreichungen des Fraunhofer ISST dar, welche in Form von Referenzprozessen idealtypisch die Inhalte der IT-Weiterbildungsprofile durch Ablaufdiagramme und Tätigkeitsbenennungen abstrakt aufzeigen und hierzu die verbindlichen Qualifikationsziele kategorisiert in Wissen, Fertigkeiten und Methoden angeben. Sie lassen sich als anschauliche, gut handhabbare, quasi-normierte Curricula verstehen, welche branchenweit in der IT für einen anerkannten Leistungsstandard steht.

Ein fortgesetzter Ausbau ihrer sich an generalisierten Arbeitsprozessen und Kompetenzzielbeschreibungen orientierender Methode eröffnet in Hinblick auf die künftige Einführung und Verknüpfung von Qualifikationsrahmen in akademischer und beruflicher Bildung neue Perspektiven. Es lassen sich vielversprechende Möglichkeiten sehen, relativ konforme Standardisierungen für Qualifikationsbeschreibungen von Berufs-, Tätigkeits- und Lernfeldern zu entwickeln und einzuführen, die sowohl die jeweiligen Aspekte handlungsbezogener Kompetenzen reflektieren wie auch die fachbezogenen Wissens und zugehöriger Fertigkeiten, ggf. direkt verknüpft mit den Verortungen in den kommenden relevanten Qualifikationsrahmen (vgl. z. B. KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 2006) , gleichermaßen einsetzbar für die Beschreibung beruflicher wie auch akademischer bzw. schulischer Lernmodule. Sie könnten dann gleichläufig einfach nachvollziehbar von den Lernenden und Ausbildenden wie auch den Arbeitgebern und berufsbildungspolitisch Verantwortlichen als qualitätssichernde Zielvorgaben, als Lerncurricula und prinzipielle Befähigungsumschreibungen bezogen auf Arbeitsfelder, Berufbilder, Tätigkeiten, Kompetenzen etc. verstanden werden und dies bei entsprechender standardisierter Dokumentation mit Übersetzung in relevante Weltsprachen zusätzlich ebenso international wie bildungssystemübergreifend.

3.2 Lebenslanges Lernen

Die Vorstellung des Sich-Qualifizierens im Arbeitsprozess assoziiert ein stetiges u. U. tägliches Learning-by-doing, einen nahezu unaufhaltsamen persönlichen Bildungsprozess der Aktualisierung des eigenen Wissens und Umlernens unter neuen technischen und methodischen Gegebenheiten, mehr oder minder aufwendig. Insbesondere das Einarbeiten in neue Softwareversionen, die Nutzung neuer Softwaretools, die Verwendung neuer Hardware wie auch der Einsatz neuer hard- und softwaretechnischer Lösungen sind hierunter im IT-Umfeld zu sehen, aber auch das Kennenlernen neuer Forschungsfelder und die Entwicklung und Anwendung neuer IT-Verfahren gehören dazu. So entsteht schnell der Eindruck, sich dem lebensbegleitenden Lernen, wie man das „lebenslange Lernen“ mitunter auch nennt, zumindest an Arbeitsplätzen der IT-/IT-nahen Branche(n) nicht entziehen zu können . Und noch ein weiterer Fakt stützt dies: das Argument der Sicherung eigener Mobilität. Denn sowohl inhaltliche Umorientierungen wie auch karrieretechnisches Aufsteigen erfordern die zukunftsorientierte Flexibilität der IT-Mitarbeiter, welche zum einen innerhalb des eigenen Unternehmens oder des Konzern zum Tragen kommt, zum anderen zudem bei Arbeitgeber- oder Branchenwechsel, ggf. auch international, den Mobilitätserfolg garantieren würde. Die langfristige Sicherung der eigenen Beschäftigungsfähigkeit verlangt heute von den Arbeitnehmer auf dem IT-Arbeitsmarkt, sich den permanenten wirtschaftlichen Veränderungen mit ggf. wechselnden IT-Qualifikationen selbständig anzupassen und somit ein (Arbeits-)Leben lang zu lernen.

Doch nicht jede persönlich vollzogene Qualifikation lässt sich der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit dienlich in einer adäquaten Weise bezogen auf Umfang und Qualität nachweisen. Gerade im Umfeld der IT haben viele „scheinbaren“ Nachweise beschäftigungspolitisch keinen Wert, weshalb sich der Invest in ihre Bildungsangebote nur eingeschränkt und wenn höchstens vereinzelt lohnt. Eine Mehr- bis Vielzahl solcher Nachweise bei Bewerbungen angeführt interpretieren Personalentscheider womöglich als nicht zielstrebig sein, unbeständig, unentschlossen. Anders die Sichtweise auf mehrmonatige kontinuierliche Fortbildungen, welche zu anerkannten Abschlüssen führen: Die für sie aufzubringende Motivation, das notwendige Engagement, die in ihnen zu zeigenden Leistungen stehen für eine nachhaltige Weiterbildung, sie verändert in der Regel die Wissenshorizonte der Teilnehmer in Breite und Tiefe spürbar und baut deren berufliche Kompetenzen hierüber vorteilhaft aus.

Aber nicht alles Wissen und jede Kompetenz lässt sich innerhalb des einen Bildungssystems erzielen, in das man nach seiner allgemeinbildenden Schulzeit eingetreten ist. Und je nach ausgefüllter bzw. angestrebter Arbeitsposition und arbeitgebendem Unternehmen können Kompetenznachweise des einen oder anderen Bildungssystems vorteilhaft sein oder gar erwartet bzw. benötigt werden. Die möglichen Karrierepfade geben hierdurch quasi den Weg zu absolvierender Weiterbildungen vor, d. h. auch Bildungssystemwechsel, wenn das Erreichen angestrebter Ziele dies erfordert – ein weiterer Mobilitätsaspekt des lebenslangen Lernens.

Und damit man bei jedem Bildungssystemwechsel deren Bildungsprogramme trotz vorhandener vergleichbarer Fachkenntnisse und -fähigkeiten nicht immer zwingend von Beginn an und im vollen Umfang absolvieren muss, sondern die Möglichkeit erhält, sich gleichartige, aber auch gleichwertig andersartige Fachkenntnisse anrechnen zu lassen, wird zunehmend seitens der Bildungspolitik und Wirtschaft die Transparenz und Durchlässigkeit der Systeme gefordert. Lebensbegleitendes Lernen soll durch leichte Systemwechsel und Honorierung bereits vorgängig Gelerntem (STAMM-RIEMER 2004) motivieren, sich in seinem Arbeitsleben weiterzubilden, sich dem Arbeitsmarkt und den wirtschaftlichen Belangen seiner Arbeitgeber anzupassen, also eigenverantwortlich Mobilität in fachlicher, arbeitsmethodischer, aber auch lokal arbeitsplatzbezogener Hinsicht zu beweisen.

Gäbe es, dieses unterstützend, hierzu „flächendeckend“ prinzipielle, vergleichbare Beschreibungen, welche neutral und standardisiert jeweils Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen zu den im beruflichen Werdegang durchlaufenden Arbeitspositionen und absolvierten beruflichen wie auch akademischen Bildungsprogrammen kurz und prägnant in allgemein verständlichen Schlagworten ausweisen, ggf. mit Bezug auf die Einstufungen in den Europäischen wie auch eigenen Nationalen Qualifikationsrahmen, könnten sich künftige Anrechnungsverfahren aufgrund einer neu gewonnenen Transparenz erheblich vereinfachen. Schnell wären Übersichten zum gesamten Wissen- und Kompetenzportfolie des Weiterbildungswilligen erlangt. Zusätzliche clusterbezogene Niveaubewertungen des so dokumentierten Könnens, vorstellbar als Einzeleinstufungen gemäß des European Qualifications Frameworks (KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 2006) ausgeführt, würden wichtige Rückschlüsse zu Breite und Tiefe des Gelernten erlauben. In Relation mit den Arbeitszeugnissen der Arbeitgeber, den darin enthaltenen Aussagen zu den gezeigten Sozialkompetenzen, ließe sich eine dauerhafte Transparenz erzielen, welche den Weiterbildungswilligen in all seinen Belangen seines lebensbegleitenden Lernens vorteilhaft unterstützen könnte.

Ein derartiges weitreichendes Ziel vor Augen, befasst sich beispielsweise das Projekt ProIT Professionals im Rahmen der BMBF-Initiative „Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge“ (PROIT PROFESSIONALS 2007) mit beruflichen und akademischen Bildungswegen im IT-Arbeitsfeld, indem es deren Strukturen und Bildungsinhalte auf Potentiale künftiger gegenseitiger Anerkennungs- und Anrechnungsmöglichkeiten im Sinne des lebensbegleitenden Lernens untersucht. Arbeitsschwerpunkte sind hierbei die gegenseitige prinzipielle Öffnung der Bildungssysteme für mehr Transparenz und Durchlässigkeit zu Gunsten ihrer Weiterbildungsteilnehmer sowie die Konsensbereitschaft von Hochschule und Wirtschaft, diesbezüglich zukünftig verstärkt aufeinander zu zugehen. Ein langer, teils langwieriger Weg … vielseitig spannend und spannungsbeladen.

 

Literatur

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