Unter den Neuerscheinungen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik befinden sich seit einigen Jahren solche Publikationen, deren Autorinnen und Autoren sich explizit mit Fragen zur Qualifikationsforschung auseinander setzen und damit zur Etablierung eines neuen Schwerpunktes in der Disziplin beitragen. Zu diesen Veröffentlichungen gehören Qualifizierungsarbeiten (vgl. z.B. KLEINER 2004; BUCHMANN 2006a), Sammelbände (vgl. z.B. HUISINGA/ BUCHMANN 2003; RAUNER 2004; HUISINGA 2005; PÄTZOLD/ RAUNER 2006) und etliche Zeitschriftenartikel.
Auslöser für disziplinäre Schwerpunksetzungen können grundsätzlich auf unterschiedlichen Ebenen gefunden werden. Sie entfalten sich einmal aufgrund eines disziplinexternen Analyse- und Problemlösungsbedarfs. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang beispielsweise arbeitsorganisatorische und berufsfeldspezifische Qualifikationsveränderungen, Neustrukturierungen von Berufen und Ausbildungsverordnungen mit anderen Arrangements von Qualifikationsinhalten, Lernfelder und der Bedarf an Konkretisierung von Inhalten auf schulpraktischer Ebene. Zweitens werden neue Schwerpunkte aufgrund von Profilierungsinteressen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern innerhalb der Scientific Community konstruiert. Diese besetzen ein thematisches Feld, grenzen es von anderen Schwerpunkten ab und konkurrieren auf der Basis von Spezialwissen und -beiträgen um die Anerkennung und um Ressourcen mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schwerpunkte. Dabei sind ein externer Problemlösungsbedarf und die interessengesteuerte Schneidung von wissenschaftlichen Schwerpunkten wechselseitig aufeinander angewiesen. Ein weiterer Anstoß für die Neuformulierung von Themenfeldern kann daraus resultieren, dass die Diskussionen und Forschungen auf den bisherigen Feldern keinen neuen Erkenntnisgewinn mehr versprechen oder sich besondere Fragestellungen abspalten oder auch wieder aufgegriffen werden.
Bei der aktuellen Qualifikationsforschung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik handelt es sich nicht um einen völlig neuen Forschungsstrang, sondern um einen, der aufgrund von tradierten disziplinären Berührungsängsten mit der empirischen Forschung und der realen Arbeitswelt zwar mitgedacht, aber lange vernachlässigt wurde (vgl. BÜCHTER 2005) – bis aktuelle berufsbildungspolitische Fragestellungen einerseits und auch ein disziplinärer Neuorientierungsbedarf (insbesondere nach der Debatte um die Krise oder Erosion des Berufs) andererseits, die Aufmerksamkeit auf die Qualifikationsforschung lenkten.
Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist nicht zuletzt aufgrund ihrer dynamischen Referenzbereiche (insbesondere Beschäftigungs-, Berufsbildungs-, Hochschulsysteme) eine Disziplin, innerhalb der häufig neue Diskussions- und Forschungsgegenstände gefunden und entsprechende Fragen formuliert werden. „Eben darum sind deren erkannte Identitätsprobleme alles andere als ein Krisensymptom“ (STRATMANN 1979, 509). Die seit der Etablierung dieser Disziplin kontinuierlich stattfindenden Bemühungen definitorischer Abgrenzungen spiegeln das Selbstverständnis und die Präferenz für bestimmte Gegenstände wider. Dabei verschwinden bestimmte Begrifflichkeiten, andere hingegen haben über Jahrzehnte hinweg eine erstaunliche Durchsetzungskraft. Nach LIPSMEIER (2005) ist die Berufs- und Wirtschaftspädagogik „diejenige erziehungswissenschaftliche Teildisziplin, die sich mit den Voraussetzungen und Bedingungen, Zielen, Möglichkeiten und Realitäten von Qualifizierungs- und Kompetenzerwerbsprozessen für eine humane Erwerbstätigkeit und für ein Leben in der Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung wissenschaftlich auseinander setzt“ (19). Auch wenn inzwischen moderne Begrifflichkeiten und Leitbilder in die Festlegung dessen, was Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist und soll, mit einfließen und andere Aspekte wie beispielsweise „Pädagogik“ oder „Sozialisation“ keine Erwähnung mehr finden (vgl. Lipsmeier 1978; Stratmann 1979), haben sich Begriffe wie „Qualifikation“ und „Qualifizierung“ gehalten und sind trotz einiger entsprechender Vorschläge in den 1990er Jahren nicht dem Kompetenzbegriff gewichen.
Ein Ersetzen des Qualifikations- durch den Kompetenzbegriff hätte von entscheidenden Differenzen zwischen diesen Kategorien abstrahiert, die auf der jeweiligen Bezugsebene zu finden sind. Kennzeichnend für den Begriff der Qualifikation sind der Sachbezug bzw. die Anforderungen in Arbeit und Beruf, für den Begriff der Kompetenzen der Subjektbezug bzw. die Potentiale der Lernenden und Arbeitenden. Qualifikationen, als eher materiale Größe, stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit Inhalten, Kompetenzen, als überwiegend formale Einheit, mit der Persönlichkeitsentwicklung. Auf der Ebene pädagogischer Handlungsfelder gehören Qualifikationen zum Bereich der Konstruktion von Curricula bzw. deren inhaltlichen Ausgestaltung, Kompetenzen eher zum Bereich der Didaktik bzw. didaktischen Interpretation von Curricula. Strikt sind die Dimensionen von Qualifikation und Kompetenz nicht zu trennen, sondern im Sinne der kategorialen Bildung dialektisch miteinander verschränkt. Demnach hat der Qualifikationsbegriff neben dem Kompetenzbegriff nach wie vor Berechtigung. Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik nimmt dies in ihrer Auseinandersetzung um die Gestaltung und die Zukunft von Berufsbildung wieder zur Kenntnis, nachdem es bereits in den 1960/70er Jahren vor dem Hintergrund der realistischen Wende in der Erziehungswissenschaft/Berufs- und Wirtschaftspädagogik und der Ausdifferenzierung der außeruniversitären Berufsbildungs- und Arbeitsmarktforschung zu theoretischen und empirischen Auseinandersetzungen mit Qualifikationsforschungsfragen gekommen war – bis sich die Disziplin in den 1980er und 1990er Jahren wieder auf formale Berufsbildungsfragen (Handlungsorientierung, Schlüsselqualifikationen und Kompetenzentwicklung) zurückgezogen bzw. sich auf den Diskurs von Beruflichkeit konzentriert hat.
Beides, die Fokussierung auf Konzepte formaler Kompetenzentwicklung und auf die Zukunft des Berufskonzepts, musste langfristig die Frage der konkreten Inhaltlichkeit beruflicher Bildung aufwerfen und damit den Blick für die Qualifikationsforschung wieder öffnen. Einerseits ist die formale Kompetenzentwicklung (exemplarisch) an konkrete Inhalte gebunden, andererseits lässt sich die Zukunft des Berufskonzepts nicht abstrakt ohne Rückbezug auf berufsfeldspezifische Entwicklungen von Qualifikationsanforderung und -bedarf beantworten. Im Gegensatz zur normativen und spekulativen Auseinandersetzung um Kompetenz und Beruf bedeutete die Rückbesinnung auf die Inhaltlichkeit und damit Qualifikationen gleichzeitig eine stärkere Orientierung an empirisch belegbaren und nachvollziehbaren Entwicklungsprozessen und damit an empirischer Qualifikationsforschung. Entsprechend betonen die Autoren und Herausgeber der Beiträge zur berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifikationsforschung ihre Empirieorientierung.
Die inzwischen existierenden berufs- und wirtschaftspädagogischen Abhandlungen zur Qualifikationsforschung können den drei Bereichen der Grundlagenforschung, der Orientierungsforschung und der Anwendungsforschung zugeordnet werden und weiter differenziert werden in:
1. Abhandlungen auf der Metabene über die Qualifikationsforschung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik; theoretisch-systematische Auseinandersetzungen , in denen berufs- und wirtschaftspädagogische Basalkategorien wie Bildung, Beruf, Beschäftigung als Ausgangspunkt genommen werden und Bezüge zu anderen Schwerpunkten (Berufsforschung, Curriculumforschung, Lehr-Lernforschung) hergestellt werden;
2. komparative Abhandlungen , in denen unterschiedliche Phasen, Kontexte, Felder und Strategien der Qualifikationsentwicklung miteinander verglichen werden (historiographisch, international-, regional-, branchen-, berufsfeldspezifisch);
3. methodologische Auseinandersetzungen , bei denen die Frage nach den Möglichkeiten zur Erhebung von Qualifikationen im Mittelpunkt steht;
4. empirische Untersuchungen , die überwiegend aus der Perspektive der Curriculumentwicklung spezifische Qualifikationsanforderungen erheben.
Vor dem Hintergrund der in jüngerer Zeit gestiegenen Zahl an Beiträgen zur berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifikationsforschung stellt sich die Frage, welches die besonderen Ansprüche und Selbstverständnisse im Hinblick auf eine eigene Qualifikationsforschung sind bzw. sein können. Als erziehungswissenschaftliche Teildisziplin hat die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ihre eigenen historischen und gesellschaftspolitischen Leitbilder etabliert, an denen sie sich bei der Theoriebildung und Empirie in ihren verschiedenen Schwerpunkten (mehr oder weniger) orientiert. So gesehen kann auch Qualifikationsforschung nicht lediglich als Erhebung und Deskription von Daten verstanden werden, sondern bezieht in idealtypischer Weise auch die kritische Analyse, Rezeption und Konstruktion von unterschiedlichen Zielsetzungen, Perspektiven und Befunden außerdisziplinärer und eigener Qualifikationsforschung mit ein.
Legt man die oben zitierte weitgehend konsensfähige Definition zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu Grunde, dann orientieren sich auch die Vertreterinnen und Vertreter dieser Disziplin und damit auch der innerdisziplinären Qualifikationsforschung (idealtypischerweise) an den Leitbildern „humane Erwerbstätigkeit“ und „Leben in der Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung“. Zu erwähnen ist, dass über die Operationalisierbarkeit dieser Leitbilder und über methodologische und methodische Möglichkeiten zur Diskrepanzerfassung zwischen weitgehend offener Programmatik, Forschungsmöglichkeit und Alltagsrealität noch ausführlicher diskutiert werden muss.
Im Kontext einer berufs- und wirtschaftspädagogischen Dokumentenanalyse (vgl. Büchter 2005) sind an anderer Stelle Aufgabenfelder berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung vorgeschlagen worden, die im Folgenden weiter erläutert werden sollen.
Berufs- und wirtschaftspädagogische Qualifikationsforschung findet also nicht nur mit dem Anspruch statt, Entwicklungen, Ergebnisse und Daten etwa im Sinne einer deskriptiven oder anwendungsorientierten Forschung zu liefern, sondern auch in normativ Absicht unter Rekurs auf disziplinäre Leitbilder (vgl. Huisinga/ Buchmann 2006; RAUNER 2004). In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich von groß angelegten Qualifikationsforschungen der außeruniversitärer Berufsbildungsforschung (vgl. PÄTZOLD/ RAUNER 2006). Qualifikationsforschung ist ein komplexer Forschungsschwerpunkt, der verschiedene Faktoren und deren Zusammenhänge in den Blick nimmt (vgl. WENGER 1997). Je nach Erkenntnisinteresse werden Variablen definiert und kombiniert. Die selektive Ausrichtung und Fokussierung wird durch die kognitive Begrenzung bei der Informationsverarbeitung und die subjektive Relevanzierung des Forschers noch reproduziert. All das erfordert die Reflexion von Prämissen von Forschungsfragen, Methoden und Ergebnissen derjenigen Qualifikationsforschung, die die Berufs- und Wirtschaftspädagogik selber betreibt und auf die sie rekurriert. Eine Aufgabe der Qualifikationsforschung besteht also darin, auf einer Metaebene gesellschafts- und bildungstheoretische Vorverständnisse, die vorhandene und geplante Projekte steuern, zu hinterfragen.
Ein Bestandteil berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung ist es demnach, normative Implikationen, Deutungsmuster und Rationalitätsannahmen vom Standpunkt ihrer Prinzipien aus aufzudecken und für künftige Vorhaben zu redefinieren. Mit einer ähnlichen Intention hat Rauner (2004) das „Problem der Normativität in der Qualifikations- und Curriculumforschung“ diskutiert. Hierbei geht es u.a. um die Frage, welche Vorstellungen von Gesellschaft und ihrer Gestaltbarkeit, von Bildung und ihrer Zweckorientierung für den und im Prozess der Qualifikationsermittlung und bei der Festlegung von Lerninhalten verhandelt und zugrunde gelegt werden.
Die Lehrplandiskussion der 1960er/1970er Jahre hat gezeigt, dass es sich bei Lernzielen/-inhalten nicht lediglich um eine Abbildung vermeintlich sachlogisch begründbarer Entwicklungen in der Berufs- und Arbeitswelt handeln kann, sondern dass das Arrangement von Lerninhalten Spielräume zulässt, die die Chance bieten, solche Inhalte/Qualifikationselemente einzubinden, die über den Charakter reiner Anpassung an Arbeitsanforderungen hinaus gehen und an die übergreifende gesellschaftspolitische/bildungstheoretische Ziele geknüpft werden (vgl. BLANKERTZ 1971; KUTSCHA 1975; REETZ 1970). Die Plausibilität dieser emanzipatorischen Curriculumdiskussion wurde durch die industriesoziologische Kritik am technologischen Determinismus gestützt, die Qualifikationen und damit auch Lerninhalte nicht mehr als objektive Größen, sondern als soziale Konstrukte mit innovatorischen Potenzialen, etwa für die „Humanisierung der Arbeit“ und die „Demokratisierung der Gesellschaft“ begriffen haben. In den gestaltungsorientierten Ansätzen in der Berufsbildung seit den 1980er Jahren – Vorläufer der aktuellen berufswissenschaftlichen Qualifikationsforschung (vgl. RAUNER 2004; PÄTZOLD/ RAUNER 2006) – stellt diese politische Dimension („Mitgestaltung statt Anpassung“) einen zentralen Ausgangspunkt dar.
In den letzten Jahren haben sich in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifikationsforschung zwei Ansätze ausdifferenziert, die von bestimmten Axiomen und Prämissen ausgehen: Der berufswissenschaftliche Ansatz des Instituts für Technik und Bildung der Universität Bremen (vgl. BECKER/ SPÖTTL in dieser Ausgabe) und der bildungswissenschaftliche Ansatz der Universität Siegen (vgl. BUCHMANN/ HUISINGA in dieser Ausgabe). Mit unterschiedlicher Akzentuierung gehen beide Ansätze erstens über eine reine Ableitung von Qualifikationsanforderungen aus dem Beschäftigungssystem hinaus und betonen die soziale Konstruiertheit von Qualifikationen und die politische Dimension von Qualifikationsforschung. Zweitens beanspruchen beide unter mehr oder weniger ausführlichem Rekurs auf theoretische Verständnisse von Bildung den Einbezug der Akteursperspektive im Prozess der Konstruktion von Qualifikationen. Ausgangspunkt berufswissenschaftlicher Qualifikationsforschung sind strukturelle Entwicklungen in spezifischen Berufsfeldern von Facharbeit einerseits und die für die Ausübung dieser Berufe und Berufstätigkeiten wesentlichen Qualifikationen der Berufsinhaber andererseits. Während der berufswissenschaftliche Qualifikationsforschungsansatz eng auf das jeweils gewählte Berufsfeld fokussiert und von hier ausgehend nach Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten fragt, geht der bildungswissenschaftliche Ansatz der Qualifikationsforschung zunächst von gesellschafts- und bildungstheoretischen Grundannahmen aus, bringt diese mit der Auseinandersetzung mit gewählten Berufs-/ Tätigkeitsfeldern zusammen und fragt dann aus bildungs wissenschaftlicher Sicht nach in bestimmten Berufen inkorporierten Qualifikationen.
Diese unterschiedlichen Perspektiven (berufswissenschaftlich und bildungswissenschaftlich) schlagen sich in unterschiedlichen empirischen Forschungsdesigns und -instrumentarien nieder. Fraglich ist jedoch auch, inwieweit diese auf theoretischer Ebene häufig komplizierten Ansätze empirisch adäquat umgesetzt werden (können), und zwar so, dass zentrale theoretische Ansprüche nicht destruiert werden oder hinten herunter fallen. Auf die bildungstheoretische Ausrichtung der Qualifikationsforschung hat kürzlich BREMER (2006) hingewiesen: „Es geht um die Gefahr, dass die Qualifikationsforschung nur deshalb auf dem einen Auge mehr sieht, weil sie auf dem anderen Auge blind bleibt. Die Sehschärfe dieses Auges müsste pädagogisch-bildungstheoretisch trainiert werden“ (BREMER 2006, 71).
Ein weiteres Aufgabengebiet berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung ist es, Ergebnisse außerdisziplinärer Qualifikationsforschung zu rezipieren und auf deren Aussagekraft für eigene Auseinandersetzungen zu prüfen. Besonders in den 1970er Jahren hat die Berufs- und Wirtschaftspädagogik die Befunde der Industriesoziologie wahrgenommen und als Belege für Aussagen über Zukunft beruflicher Bildung herangezogen. So wurden beispielsweise auf der Linie von Kapitalismuskritik und Ideologiekritik industriesoziologische Thesen zur Dequalifizierung von Arbeit rezipiert, um die Subsumtionstendenz beruflicher Bildung zu belegen. Viel zitiert wurden in diesem Zusammenhang die Thesen von Bright (1963), nach denen technologische Neuerungen nur selten zu höheren Qualifikationsanforderungen an die Arbeitskräfte führen und die Anforderungen an die beruflichen Fähigkeiten weit unter das Niveau nicht-technischer Arbeit sinkt, und Braverman (1977), der die fortschreitende Degradierung von Arbeit im modernen Produktionsprozess prognostizierte. In dieser Perspektive war es die kapitalistische Verwertungslogik, die den Dequalifizierungsprozess vorantrieb, quasi als „Sperre gegen Qualifikationserhöhung" ( Baethge u.a. 1973, 98) galt und dazu führte, dass technische Neuerungen ohne einen großartigen Qualifizierungsaufwand betrieben werden könnten (vgl. GREINERT 1966). Die Polarisierungsthese von KERN/ SCHUMANN (1970) wurde als Beleg für einen geringen Bedarf an qualifizierter Arbeit, bei einer gleichzeitig großen Anzahl gering qualifizierter Arbeitsplätze gedeutet (vgl. KIPP/ SEUBERT 1975).
Weniger rezipiert wurden zu dieser Zeit die in den 1950er Jahren am "Drei-Phasen-Modell" orientierten Ansätze der Qualifikationsentwicklung, nach denen die technologische Entwicklung langfristig zu einer Requalifizierung der Arbeit führt (vgl. Tourraine 1955; Friedmann 1959; Blauner 1964). Erst die Reprofessionalisierungsthese von Kern/ Schumann (1984) in ihrer Studie „Das Ende der Arbeitsteilung“, mit der die Autoren das rehabilitierten, was bereits Friedmann in seinen „Grenzen der Arbeitsteilung" prognostiziert hatte, wurde innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik breit zitiert: Nach einer Phase tayloristischer Degradierung erfolge nun im Zuge der Mikroelektronisierung und dank einer "an die Substanz gehenden Neufassung des Begriffs kapitalistischer Rationalisierung" (24) eine Requalifizierung von Arbeit. Hierbei handele es sich, so der Tenor, nicht um eine vorübergehende Strategie der Rationalisierung und Gestaltung industrieller Arbeit, sondern um einen Entwicklungstrend, der sich auch künftig weiter fortsetzen werde – zumal tayloristische Rationalisierungsverfahren weder die neuen technischen Möglichkeiten effektiv nutzten, noch den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung künftiger Wirtschaft und Gesellschaft entsprächen. Die Ergebnisse dieser Studie mit den Hinweisen auf die Reintegration von Arbeitsaufgaben trieben innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik die Auseinandersetzung mit übergreifenden formalen Qualifikationskonzepten und Kompetenzmodellen an (Handlungsorientierung, Schlüsselqualifikation). Dies bedeutete gleichzeitig das Ende einer differenzierten Rezeption industriesoziologischer Studien, nach denen in der Industrie enttayloristischer Rationalisierungen auch festgestellt wurde, „daß neue Technik dazu genutzt wird, vorhandene und stark arbeitsteilige Organisations- und Personalstrukturen zu stabilisieren“ („Solche strukturkonservativen Formen von Innovation und Rationalisierung ließen sich selbst dort antreffen, wo an sich hohes betriebliches Interesse bestehen müßte, flexiblere und weniger arbeitsteilige Organisationsformen zu gestalten [...]. Oder: Untersuchungen [...] zeigen, dass die Aktivitäten der Unternehmen zur Unternehmensgestaltung nach wie vor eine ausgeprägte Techniklastigkeit aufweisen, Reagieren gegenüber prospektiver Chancenorientierung dominiert und Organisations- sowie Personalentwicklung zu wenig Beachtung finden“ (ebd.). ) ( Gebhardt u.a. 1998, 15). Auch die Revision von KERN/ SCHUMANN 1998 selbst, in der von einer „Gegentendenz zur innovativen Arbeitspolitik" und „von Versuchen einer Reetablierung konventioneller Technik- und Organisationsgestaltung“ (10) ausgegangen werden müsste, wurde kaum zur Kenntnis genommen, ebenso wenig wie jüngere Untersuchungen, die heterogene Optionen und Praxen beim Einsatz von Technik, der Organisation von Arbeit belegen, auf widersprüchliche Qualifikationsstrukturen in der Produktion hinweisen (vgl. Schumann 2003) und zeigen, dass „qualifizierte Produktionsarbeit [...] in standardisierten Produktionssystemen kein Selbstläufer [ist]“ (BAETHGE-KINSKY/ TULLIUS 2005, 52).
Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik konzentriert sich ihrer Tradition gemäß vielmehr auf qualifizierte Facharbeit und hier auf arbeits- und geschäftsprozessorientierte Anforderungen und blendet (nach wie vor) andere Belegschaftssegmente mit gering qualifizierten Aufgabenzuschnitten aus.
Um die These von der Höherqualifizierung von Arbeit und den Bedarf an übergreifenden, abstrakten Qualifikationen zu belegen, werden in der Regel auch Prognosestudien der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung oder Ergebnisse aus Projekten zur Früherkennung von Qualifikationen herangezogen. Aus der Perspektive der Curriculumforschung gelten jedoch insbesondere die makrosozialwissenschaftlichen Trends als zu grob (vgl. BÜCHTER 2003, 275). Dennoch können sie wichtige Anknüpfungspunkte für detaillierte berufs- und wirtschaftspädagogische Qualifikationsforschung liefern.
Häufiger rezipiert werden neuerdings auch Ergebnisse internationaler Qualifikationsforschung. Dazu haben nicht zuletzt die Bemühungen der Europäischen Kommission um einen Europäischen Qualifikationsrahmen wesentlich beigetragen (siehe dazu den gesamten zweiten Teil dieser Ausgabe von bwp@).
Seitdem das Verhältnis zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem nicht mehr als ein lineares (in dem Sinne, dass das Beschäftigungssystem die Anforderungen im Bildungssystem einseitig determiniert), sondern als eines interpretiert wird, in dem beide Systeme wechselseitig aufeinander bezogen sind, wird auch die Gestaltung von Qualifikationen und Berufsbildung unter dem Aspekt möglicher Intervention in das Beschäftigungssystem gesehen (vgl. HEIDEGGER 2001). In diesem Zuge geraten auch Qualifikationsstrukturen und -prozesse als Ergebnisse von Entscheidungsverläufen in den Blick, an denen verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Präferenzen beteiligt sind, und in denen verhandelt wird, welche Qualifikationen in welcher Gewichtung, in welcher Zeit und mit welchem Ergebnis von wem erworben werden können. Wie bereits oben erwähnt, ist es das idealtypische Ziel berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung, im Sinne der Realisierung ihrer Leitbilder Entscheidungen bezogen auf Qualifizierungsinhalte und -prozesse zu verändern bzw. zu beeinflussen. Dies erfordert, dass Wissen über die Entscheidungen bereitgestellt wird, das jenseits von formalwissenschaftlichen Theorien auch mikropolitische Aspekte bei der Analyse der Entscheidungen über Kriterien bestimmter Qualifizierungsinhalte und -prozesse mit einbezieht. In der Praxis existieren neben traditionellen Konzepten der Gestaltung von Qualifizierungsprozessen, denen ein starkes Beharrungsvermö gen zu Grunde liegt und in denen ‚Bewährtes' weitgehend perpetuiert wird, innovative Ansätze, in denen auf der Basis von Verhandlungen, Interessendurchsetzungen und Entscheidungen Inhalte neu hinzugefügt und arrangiert werden – mitunter auch mit der Perspektive, Impulse für eine veränderte Nachfrage nach Qualifikationen zu geben (vgl. BECK/ BRATER/ DAHEIM 1980; GRÜNEBERG/ WENKE 2005). Für die innovatorische Qualifikationsforschung bedeutet dies, den Kontext bzw. die strukturellen Voraussetzungen von Entscheidungen in den Blick zu nehmen, ebenso wie die internen, formellen und informellen Regeln, nach denen sich Entscheidungen, an denen unterschiedliche Akteure beteiligt sind, vollziehen. Dabei wäre auch zu berücksichtigen, inwieweit Qualifikationen tatsächlich in technik-, betriebs- und personalpolitischen Reorganisationsprozessen mitgedacht werden.
Analog zur innovativen Berufsbildungsforschung (vgl. LAUR-ERNST 2005, 82) kann Qualifikationsforschung so gesehen auch als jener Schwerpunkt verstanden werden, der die Rolle eines „Initiators, kompetenten Mitgestalters und kritisch-konstruktiven Evaluators von interdisziplinär angelegten Innovationsprozessen“ (ebd.) wahrnimmt. Das Aufgabenspektrum einer so verstandenen Qualifikationsforschung würde dann die Identifizierung, Präzisierung und Operationalisierung von Interventionsbedarfen umfassen.
Berufs- und wirtschaftspädagogische Qualifikationsforschung betrachtet einmal die Nutzung von Qualifikationen im Kontext von Berufs- und Arbeitstätigkeit, andererseits geht es auch um die Bedeutung von Qualifikationen für die Person, ihre Lebensgestaltung und Entwicklung. Diese Subjektdimension wird nachdrücklich in der Kompetenzdebatte betont: „Kompetenz [wird] als subjektbezogene Kategorie angesehen [...], Qualifikation hingegen beschränkt sich auf die Erfüllung konkreter gesellschaftlicher bzw. betrieblicher Nachfragen bzw. Anforderungen“ (ARNOLD/ GONON 2006, 95). Danach tauge der Qualifikationsbegriff für die Auseinandersetzung mit der Subjektperspektive nur wenig, da dieser in erster Linie die Verwertungsseite beinhalte. Auf das klassische Dilemma, verwertungsorientierte versus subjektorientierte Qualifikationsforschung, hat BREMER (2006) hingewiesen: „Je klarer sie [die Qualifikationsforschung] sagt, was der Arbeitsmarkt verlangt und was zugleich im Sinne beruflicher Konsistenz im Arbeitsvermögen einer Person zusammenzufassen wäre, desto ferner operiert sie von den Subjekten, die den Bildungsprozess erfolgreich erst noch durchlaufen müssen, den jene auf objektive Anforderungen fixierte Forschung empirisch als Resultat auswirft“ (71). Das Abstrahieren der subjektiven Seite der Qualifikationsträger und der Adressaten von Qualifizierungsprozessen insbesondere in der empirischen Beruf- und Wirtschaftspädagogik ist jedoch nicht lediglich der Wahl einer bestimmten Begrifflichkeit geschuldet (Auch die Kompetenzdebatte hat nicht wesentlich mehr subjektorientierte empirische Studien hervorgebracht.), sondern diese Diskussionsperspektive leidet insgesamt an einem normativen Grundzug der Theoriebildung. Empirische subjektorientierte Qualifikationsforschung, also Untersuchungen, die danach fragen, welche sozialisatorischen bzw. identitätsbildenden Wirkungen mit bestimmten Qualifikationsanforderungen und -prozesse verbunden sind, welche Übergänge im Bildungs- und Beschäftigungssystem, welche berufsbiographischen Folgen mit welchen Qualifizierungsprozessen verbunden sind, über welche Qualifikationspotenziale die Subjekte verfügen, welche Partizipationschancen sie bei der Konstruktion, Implementation und Durchführung von Qualifizierungsprozessen haben, spielen im Vergleich zur Frage nach dem qualifikatorischen Bedarf im Beschäftigungssystem eine nach wie vor untergeordnete Rolle (vgl. BOLDER 2002). Anstöße für die Subjektperspektive lieferten in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik insbesondere die Untersuchungen im Kontext der beruflichen Sozialisationsforschung (vgl. LEMPERT 1975; LEMPERT/ HOFF/ LAPPE 1990). Im Mittelpunkt der Überlegungen stand das Interesse, den Qualifikationsbegriff mit Hilfe des Autonomiegedankens aus technnologisch-funktionaler Verengung zu lösen mit dem Ziel, zu einem emanzipatorischen Qualifikationsverständnis hinzuführen und „berufliche Autonomie“ und „Mündigkeit“ zu zentralen Programmpunkten subjektorientierter Qualifikationsforschung zu etablieren. In jüngerer Zeit kreisen subjektorientierte Auseinandersetzungen innerhalb der Qualifikationsforschung um Begriffe wie Erfahrung, implizites Wissen, Sozialkompetenz (vgl. z.B. FISCHER 1996; BREMER 2001 ; BUCHMANN 2006a) (Zu nennen wäre hier auch die Auseinandersetzung mit „internationalen Qualifikationen“ – zwischen Persönlichkeitsentfaltung und berufsfachlicher Verwertbarkeit (vgl. BUSSE 1995) – ebenso wie die Arbeiten von HEID (1999) und HARTEIS (2002).) und „erwerbsbiographische Gestaltungskompetenz“ (vgl. HENDRICH 2005). Zu diskutieren wäre insbesondere in der subjektorientierten Qualifikationsforschung die Frage, wie die theoretischen Überlegungen in adäquate empirische Forschungsdesigns einmünden können. So hat es sich die gestaltungsorientierte Forschung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zur Aufgabe gemacht, „in allen Bereichen, die mit Berufsbildung zu tun haben, das Moment ‚Bildung' zu stärken – im Sinne der Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung für einen Beruf und der Persönlichkeitsentfaltung im Berufsleben“ (HEIDEGGER 2005, 575). Ähnlich erhebt die bildungswissenschaftliche Qualifikationsforschung den Anspruch, „Möglichkeiten der Subjektentwicklung und -entfaltung“ zu analysieren, wobei Bedarfe an Arbeitsvermögen erhoben und analysiert werden sollen. Als Ergebnis streben beide Richtungen berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung die Konstruktion und Re-Vision von beruflichen Curricula in den untersuchten Berufsfeldern an. Im Sinne einer Wirkungsforschung müsste nach einer Zeit der Implementation solcher Curricula gefragt werden, inwieweit die mit der jeweiligen Qualifikationsforschung verbundenen Ziele der Subjektbildung auch erreicht worden sind.
Seit der (Wieder-)Belebung der Qualifikationsforschung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sind unterschiedliche Übersichten über bisherige Qualifikationsforschungen in außeruniversitären Kontexten und in Nachbardisziplinen vorgelegt worden (WENGER 1997; RAUNER 2004; BUCHMANN 2006a). Zu den an die berufs- und wirtschaftspädagogische Qualifikationsforschung angrenzenden Bereichen gehören die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die Ausbildungsordnungsforschung, die Arbeitswissenschaft, Industriesoziologie u.a. (vgl. ebd . ). Ein Anspruch berufs- und wirtschaftspädagogischer Qualifikationsforschung ist es, anwendungsorientierte Ergebnisse insbesondere als Basis für die Gestaltung von Curricula und Lehr-Lernprozessen zu liefern. An diesem Anspruch werden die Ergebnisse anderer Qualifikationsforschungen gemessen, d.h. darauf hin befragt, ob sie in der Lage sind, Anhaltspunkte für eine berufsfeldbezogene und arbeitsorientierte bzw. bildungstheoretisch begründbare Curriculumarbeit zu liefern. Konsens besteht weitgehend darin, dass die außeruniversitäre und -disziplinäre Qualifikationsforschung, wenn auch keine transferierbaren Daten, so doch zumindest wesentliche Orientierungspunkte und Koordinaten für die curriculumorientierte Qualifikationsforschung geben können. Einigkeit besteht auch darin, dass die so verstandene berufs- und wirtschaftspädagogische Qualifikationsforschung interdisziplinär und qualitativ ausgerichtet sein soll und nicht den Anspruch erheben kann repräsentativ zu sein. Interdisziplinarität, Exemplarität, Domänenspezifizität, Expertisenorientierung und auch Explorativität sind wesentliche Merkmale curriculumorientierter Qualifikationsforschung.
Nach einer langen Empirieferne in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sind – insbesondere bedingt durch größer angelegte Forschungsprogramme/-projekte seit den 1990er Jahren – inzwischen zahlreiche empirische Untersuchungen durchgeführt worden (vgl. BUER v./ KELL 1999; RAUNER 2005). Vor diesem Hintergrund finden auch explizite Auseinandersetzungen mit empirischen Methoden in der Berufsbildungsforschung/Berufs- und Wirtschaftspädagogik statt (vgl. zusammenfassend BREMER 2005), und eigene forschungsgegenstandsspezifische Designs sind entwickelt worden. Weitgehend unterbelichtet ist noch die Rückbindung anwendungsorientierter Ergebnisse und ihre Wirkung auf die zu Grunde gelegte Theorie und die Reichweite empiriebedingter Revision theoretischer Vorannahmen. Teilweise fehlen auch theoretische Fundierungen von Zentralkategorien in Überlegungen zur berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifikationsforschung. So berichten beispielsweise EULER/ GOMEZ/ KELLER/ WALZIK (2006) aus ihrem Projekt, „Sozialkompetenzen in Curricula der Berufsausbildung: „Die Literaturlage dokumentiert, dass didaktisch akzentuierte Modelle zur Bestimmung und Begründung von Sozialkompetenzen bislang fehlten. [...] Vor diesem Hintergrund ist der Grund für die unzureichende theoretische Verankerung von Sozialkompetenzen auch nicht in der Praxis der Curriculumentwicklung zu sehen, sondern vielmehr auf noch unbekannte Theorien zurückzuführen. In diesem Sinne ging es zum Ende der vorgelegten Untersuchung auch weniger darum, den fehlenden Theoriegehalt der Curricula zu brandmarken, sondern Hinweise darauf zu geben, wie die teilweise unsystematischen und punktuellen Aussagen in eine kohärente Form gegossen werden können“ (114).
Mit dem Ziel der Minimierung der Lücke zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem und im Sinne prospektiver Berufsbildung ist Ende der 1990er Jahre vom BMBF die Initiative zur Früherkennung von Qualifikationserfordernissen (FreQenNZ) entwickelt worden, in deren Kontext mittlerweile eine Reihe an Studien entstanden ist (vgl. die Übersicht bei BUCHMANN 2006b, 245). Die Idee der Antizipation von Qualifikationserfordernissen im Sinne weitgehend passgenauer Curricula ist im Ansatz auch in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik der 1960er/70er Jahre verfolgt worden (vgl. BÜCHTER 2005). Die Vorstellung der Vorausmessung ist wohl auch angesichts der bekannten Prognosedilemmata schnell aufgegeben worden und der Vorstellung, die begrenzte Vorhersehbarkeit von Qualifikationsanforderungen curricular-didaktisch zu lösen, gewichen. Die Schlagworte hierzu lauteten beispielsweise „prospektive Berufspädagogik“ und „antizipative Didaktik“ (vgl. ZABECK 1984). Für die curriculare Inhaltsfrage können beide Richtungen zwar Anhaltspunkte liefern, allerdings keine konkreten, differenzierten Angaben, insbesondere nicht solche, die auch den Aspekt Förderung subjektiver Gestaltungsfähigkeit im Kontext von Technik und Arbeit mitberücksichtigen. Kritisch weisen SPÖTTL/ WINDELBAND (2006) auf die Komplexität von Früherkennungssystemen und die Anforderungen berufswissenschaftlicher Qualifikationsforschung hin, die auf detaillierte(re) Ausdifferenzierungen von Forschungsmethoden und -instrumentarien hindeuten.
Insgesamt handelt es sich bei der berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualifikationsforschung um einen Bereich mit vielfältigen Aufgabenfeldern, die noch tiefer zu konkretisieren und theoretisch zu begründen sind. Im Zuge der weiteren Auseinandersetzung um Aufgaben und Gegenstände dieses Schwerpunktes müssten insbesondere Erkenntnisinteressen expliziert und konturiert werden, Implikationen und Prämissen in Forschungsprozessen hinterfragt und grundlegende Kategorien theoretisch fundiert werden. Besonders aufschlussreich dürfte auch die Auseinandersetzung damit sein, welche Wirkungen die überwiegend anwendungsorientierte Qualifikationsforschung im Hinblick auf Humanisierung und Mündigkeit tatsächlich haben. Hierzu wäre wiederum die Ausdifferenzierung einer Wirkungsforschung von Qualifikationsforschung auf der Metaebene erforderlich.
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