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 bwp@ Ausgabe Nr. 12 | Juni 2007
Qualifizierung von Berufs- und Wirtschaftspädagogen zwischen Professionalisierung und Polyvalenz

Das Paderborner Modell Berufsbildung – Studienkonzept am Beispiel der Überführung der Handelslehrerausbildung in BA-/ MA-Strukturen


 

 


1. Strukturentscheidungen zur Gestaltung der Bachelor- und Masterstudiengänge

Eine zentrale Entscheidung ist darin zu sehen, dass an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften eine zügige Umstellung der Studiengänge in die Bachelor-/ Masterstruktur angestrebt wurde. Dies konnte zum Wintersemester 2005/2006 mit den nun bereits akkreditierten Studiengängen erreicht werden. Damit wurde der Paderborner Studiengang als einer der ersten Studiengänge in die Bachelor-/ Masterstrukturen überführt. Dies war somit auch mit der Schwierigkeit verbunden, dass nicht auf Modelle bzw. Erfahrungen anderer Standorte zurückgegriffen werden konnte.

Darüber hinaus wird im Rahmen der Überführung der Handelslehrerausbildung und der ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge eine Vereinheitlichung der Strukturen der Studiengänge in der Berufsbildung angestrebt. In Abstimmung mit dem Konzept der Bachelor- und Masterstrukturen der wirtschaftspädagogischen Studiengänge wurde ein Konzept für die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge erarbeitet, welches eine Koordination und Kooperation zwischen den Studiengängen der Berufsbildung ermöglicht (vgl. PROJEKTGRUPPE BERUFSBILDUNG 2006).

Die Umstellung der Studienstrukturen an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften ist mit einer Modularisierung des Studienangebotes verbunden (vgl. hierzu MODULHANDBUCH 2007). Module werden als zeitlich und inhaltlich eigenständige Studieneinheiten konzipiert, die in einem Semester abgeschlossen werden. Der Umfang eines Moduls ist in der Regel 10 ECTS, was einem Workload von 300 Arbeitsstunden für die Studierenden umfasst und im Abgleich mit der bisherigen Verrechnungspraxis mit 6-7 SWS angesetzt wird. Die Modularisierung der Studiengänge soll über eine zunehmende Integration von interaktiven Elementen zu einer Verbesserung der didaktischen Qualität beitragen. (Allerdings kann damit sicherlich nur begrenzt die Situation in Überlastfächern beseitigt werden. In der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften besteht zurzeit eine Kapazitätsauslastung von 140 %. )

Auch zukünftig wird in der Tradition der Handelslehrerausbildung die Verankerung der wirtschaftspädagogischen Studiengänge im Programm der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angestrebt. Damit soll eine fachwissenschaftlich und -didaktisch fundierte Ausbildung gewährleistet werden. Allerdings steht die Ausbildung so auch im Spannungsfeld von Anforderungen, die sich im Rahmen der Lehrerausbildung stellen und von Anforderungen bzw. Interessen, die von einer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät verfolgt werden.

Dem Konzept der Paderborner Wirtschaftspädagogik folgend wird für die gesamte Berufsbildung (vgl. PROJEKTGRUPPE BERUFSBILDUNG 2006) ein Konzept verfolgt, welches eine grundständige berufs- und wirtschaftspädagogische Ausbildung entsprechend der KMK-Richtlinien gewährleistet, allerdings keinen eigenständigen berufs- und wirtschaftspädagogischen Bachelor anbietet. Die berufs- und wirtschaftspädagogischen Studienangebote werden als eigenständige Module im Rahmen der fachwissenschaftlichen Bachelor-Studiengänge angeboten. Damit geht zwar in der Bachelor Phase eine gewisse Eigenständigkeit verloren, aber es kann ein flexibler Einstieg in das wirtschaftspädagogische Studium gewährleistet werden. Die durchgängige und konsequente Modularisierung des Studienangebots ermöglicht eine Integration der wirtschaftspädagogischen Studienanteile in alle Bachelor-Studiengänge der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Es handelt sich hierbei um den Studiengang ‚Bachelor of Science Wirtschaftswissenschaften', den ‚Bachelor of Science Wirtschaftsinformatik' und den Studiengang ‚Bachelor of Arts International Business Studies'.

Im folgenden Kapitel wird das reformierte ‚Handelslehrermodell' an der Universität Paderborn dargestellt. Auf Ebene des Bachelor-Studiengangs wird exemplarisch die Integration in den Studiengang Wirtschaftswissenschaften aufgezeigt.

2. Struktur der Handelslehrerausbildung an der Universität Paderborn

Die reformierte Handelslehrerausbildung ist angebunden an die Bachelor-/ Masterstruktur der Studiengänge der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Der Bachelor-Studiengang Wirtschaftswissenschaften und Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik sind konsekutiv angelegt. Der Bachelor-Studiengang hat eine Regelstudienzeit von 6 Semestern und der darauf aufbauende Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik erfordert eine Regelstudienzeit von 4 Semestern.

2.1  Bachelor Wirtschaftswissenschaften mit wirtschaftspädagogischen Integrationsmodulen

Der sechssemestrige Bachelor-Studiengang Wirtschaftswissenschaften ist in eine Assessmentphase und eine Profilierungsphase differenziert:

Die Assessmentphase ist auf 2 Semester angelegt, die Profilierungsphase auf 4 Semester. In der Assessmentphase durchlaufen die Studierenden ein einheitliches Programm, welches dann in der daran anschließenden Profilierungsphase eine individuelle Spezialisierung erfahren kann. Eine ausreichende Breite soll darüber sichergestellt werden, dass aus 4 der folgenden fünf Majors ein Modul der Profilierungsphase studiert werden muss (vgl. http://wiwiweb.upb.de/WiWi-KPool/Studienplaene ).

•  Management, Taxation,

•  Accounting und Finance,

•  Produktions- und Informationsmanagement,

•  Applied International Economics,

•  Wirtschaftspädagogik - Business and Human Resource Education.

Die Spezialisierung kann dann über die Wahl der weiteren Majormodule erreicht werden. In der folgenden Übersicht wird die Struktur des Bachelor-Studiengangs Wirtschaftswissenschaften dargestellt:

Die Assessmentphase soll den Studierenden eine Überprüfung der Studienentscheidung ermöglichen und zur Gewährleistung der Einhaltung der Regelstudienzeiten beitragen. Die Prüfungsleistungen der Assessmentphase sind im Rahmen von 4 Semestern zu absolvieren. Damit werden hohe Anforderungen an die Studierenden in der ersten Studienphase gestellt. Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hat ein verpflichtendes Mentoring System für alle Studierenden im Bachelor-Studiengang eingerichtet, da es sich hierbei curricular und organisatorisch um einen neuartigen Ansatz handelt, soll dieser hier vertiefend erläutert werden. Das Mentoring Modell Paderborn ist in den ersten beiden Semestern als semesterbegleitendes Programm angelegt und soll zu einer

•  systematischen Einführung der Studierenden in den Bachelor-Studiengang und die Studienumgebung an der Universität Paderborn,

•  Unterstützung und Abstimmung von Studienanforderungen und individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten,

•  Verbesserung der stetigen und nachhaltigen Begleitung der Studierenden und Kanalisierung von Beratungsleistungen,

•  Verbesserung der Einstellung zum Studium an der Universität Paderborn und Senkung der Abbrecherquoten,

•  Erhöhung der Studienqualität, unter anderem durch Sensibilisierung für und Entwicklung von überfachlichen Kompetenzen,

•  sowie zur Grundlegung von Formen wissenschaftlichen Arbeitens

beitragen.

Darüber hinaus besteht die Gelegenheit, bereits in der Startphase des Studiums die Mentorengruppen entsprechend individueller Interessen zusammenzustellen, u. a. können hier Gruppen gebildet werden, die an einem wirtschaftspädagogischem Studium interessiert sind und bereits frühzeitig Kontakt zu Lehrenden am Department für Wirtschaftspädagogik erhalten.

Ausgangspunkt dieses Konzepts ist also nicht – wie aus anderen Lehrveranstaltungen gewohnt – eine fachsystematische Darstellung von Inhalten. Vielmehr wird gedanklich von komplexen Anforderungen ausgegangen, wie sie sich Studierenden stellen, zum Beispiel: „Wie verfasse ich eine wissenschaftliche (Haus-)Arbeit?“ oder „Wie kann ich mich systematisch auf Prüfungen vorbereiten?“. Diese und andere Fragen bilden die Grundlage für die im Folgenden dargestellten fünf Betreuungsgebiete, die dem Rahmenkonzept zugrunde liegen:

Das Betreuungsgebiet 0 : „Was bringt mir MeMoPad?“ zielt auf die Einführung in das Mentorenprogramm, das Kennen lernen von Mentees und Mentor/ -in, um die Klärung organisatorischer Fragen sowie um die Aufnahme von Wünschen und Bedürfnissen der Studierenden.

Im Betreuungsgebiet 1 : „Leben in der Hochschule – Was bedeutet ‚studieren'?“ wird allgemein die Lebenssituation der Studienanfänger aufgegriffen. Es geht vorrangig darum, sie mit dem System Hochschule bekannt und vertraut zu machen sowie die mit dem Studium verbunden Umstellungen zu reflektieren. Insbesondere soll der Rollenwechsel von einer eher rezeptiven Schülerhaltung hin zu einer aktiven Rolle als Studierende systematisch begleitet werden.

Das Betreuungsgebiet 2 : „Was bedeutet ‚lernen' in der Hochschule?“ kann die Studierenden darin unterstützen, ihr Lernverhalten durch den sinnvollen Einsatz von Lerntechniken und -strategien zu optimieren. Dadurch lassen sich ggf. Stress und Überforderung reduzieren und Prüfungsleistungen verbessern. Anstatt sich einer Fülle fachlicher Inhalte und Anforderungen ausgeliefert zu fühlen, können die sich die Studierenden Instrumente aneignen, mit denen sie diese unvermeidbaren Arbeiten strukturieren und effektiv bearbeiten können. Neben dieser eher technischen Seite universitären Lernens geht es auch darum, den Lernprozess von Beginn an als einen weitgehend selbst gesteuerten bzw. selbst zu steuernden Prozess zu betrachten und eine aktive, produktive Rolle anzunehmen.

Im Betreuungsgebiet 3 : „Warum und wie (ge)braucht man wissenschaftliche Standards?“ geht es vor allem um die frühzeitige Grundlegung eines Verständnisses von bzw. für wissenschaftliches Arbeiten – auch im Hinblick auf das Verfassen der Bachelorarbeit im sechsten Semester. Unter anderem auf Lerntechniken des BG 2 aufbauend (z. B. das Exzerpieren von Texten oder das Verfassen kommentierter Vorlesungsmitschriften) geht es darum, überzeugend zu argumentieren, Argumente zu belegen oder Sachverhalte mit Hilfe geeigneter Quellen zu erschließen. Dafür müssen beispielsweise Texte strukturiert, Textsorten erkannt und bewertet oder Zitate kenntlich gemacht werden.

Das Betreuungsgebiet 4 : „Wie präsentiert man (sich) erfolgreich?“ soll dazu befähigen, komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge zielgruppenadäquat aufzubereiten und einem Auditorium angemessen zu präsentieren. Dies betrifft Fragen der Medienkompetenz, Rhetorik, des konzeptionellen Denkens usw. Auch das Rezipieren von Referaten sowie konstruktives Feedback geben gehören dazu.

Das Betreuungsgebiet 5 : „Wie kann ich mich persönlich aktiv weiter entwickeln?“ greift Erkenntnisse aus den ersten Betreuungsgebieten wieder auf und soll eine Perspektive aufzeigen, die eigene Entwicklung aktiv zu beeinflussen. Die Studierenden sollen dabei unterstützt werden, ihre eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen sowie realistische Konzepte zur weiteren Entwicklung zu erstellen und zu verfolgen.

Entsprechend des oben dargestellten Plans kann das wirtschaftspädagogische Studium ab dem 3. Semester im Bachelor Studiengang aufgenommen werden. Im Studienangebot des Bachelor Studiengangs werden drei wirtschaftspädagogische Module angeboten. Die Module haben jeweils einen Umfang von 10 ECTS. Es handelt sich hierbei um die Module ‚Kompetenzentwicklung', ‚Lehren und Lernen' und ‚Betriebliche Bildung' (vgl. MODULHANDBUCH 2007).

Das Modul ‚Kompetenzentwicklung' dient als Einstiegsmodul in das wirtschaftspädagogische Studienprogramm. Die Studierenden beschäftigen sich mit grundlegenden Fragen der Kompetenzentwicklung und -bilanzierung in individuellen und kooperativen Lernformen. Das Modul bietet im Bachelor-Studiengang unterschiedliche Ansatzpunkte. Es nimmt in einer fachsystematischen Perspektive Fragestellungen aus dem Mentoring Programm auf und bietet hier für die Studierenden die Gelegenheit, diese auf den eigenen Entwicklungsprozess zu fokussieren. Darüber hinaus bietet es für Studierende den Einstieg in das wirtschaftspädagogische Studienprogramm und somit auch für unentschlossene eine erste wirtschaftspädagogische Plattform, ohne direkt eine Praktikumsphase verpflichtend einzufordern.

Im Modul ‚Lernen und Lehren' analysieren die Studierenden Lern- und Lehrprozesse in vielfältigen Kontexten und erproben exemplarisch didaktische Situationen. Dazu beschreiben sie Lernen als Konstrukt anhand unterschiedlicher Zugänge und wechseln die Perspektive vom Lernenden zum Lehrenden. Auf der Grundlage von lerntheoretischen und didaktischen Theorien und Modellen werden erste didaktische Konzepte entwickelt, erprobt und reflektiert. In das Modul ist ein vierwöchiges Orientierungspraktikum integriert, um die aktuelle und zukünftige Studienentscheidung zu prüfen, aber auch erste Praxiserfahrungen sammeln zu können.

Das Teilmodul ‚Betriebliche Bildung' bietet eine Vorbereitung auf mögliche Tätigkeitsfelder in der außerschulischen Praxis. Das Modul ist in drei Teilgebiete differenziert, die sich jeweils auf unterschiedliche Arbeitsbereiche beziehen. Es handelt sich um die Teilbereiche (1) ‚Ausbildungssituationen gestalten', (2) ‚Ausbildung managen – Operative Steuerung und Gestaltung von beruflicher Ausbildung' und (3) ‚Strategisches Bildungsmanagement gestalten'.

•  Das Teilmodul 1 ‚Ausbildungssituationen gestalten' nimmt die Planung, Durchführung und Kontrolle von Lehr-Lernsituationen in der betrieblichen Bildungsarbeit auf. Es sollen damit insbesondere Kompetenzen zur Gestaltung kommunikativer Situationen entwickelt werden.

•  Das Teilmodul 2 ‚Ausbildung managen – Operative Steuerung und Gestaltung von beruflicher Ausbildung' nimmt u. a. Arbeitsaufgaben im Rahmen der Auswahl von Auszubildenden, der Ausbildungsplanung und des Ausbildungsabschlusses auf.

•  Das Teilmodul 3 bezieht sich auf Tätigkeiten und Entscheidungen, die im Rahmen eines strategischen Bildungsmanagements zu treffen sind. Hierunter sind u. a. die Entscheidung für Ausbildung bzw. ein spezifisches Bildungsangebot, die Auswahl von Ausbildungsberufen, die Entwicklung von Maßnahmen zur Verbindung von Aus- und Weiterbildung gerechnet.

Das Modul wird durch ein zweiwöchiges Praktikum ergänzt, welches im Sinne eines Erkundungspraktikums darauf ausgerichtet ist, exemplarische Tätigkeitsfelder in der betrieblichen Bildungsarbeit zu analysieren und aufzuarbeiten.

In der Bachelor Phase zeichnet sich das wirtschaftspädagogische Studium durch eine Verankerung in den fachwissenschaftlichen Studiengängen der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft aus unter gleichzeitiger Ermöglichung einer umfassenden wirtschaftspädagogischen Profilierung im Rahmen von 30 ECTS. Die Profilierung zielt hierbei auf außerschulische Tätigkeitsfelder in Unternehmen, beruflichen Bildungsträgern oder auch in der Bildungsverwaltung. Kritisch könnte angemerkt werden, dass im Rahmen der Assessmentphase die wirtschaftspädagogischen Module nicht berücksichtigt werden. Damit kann jedoch wiederum sichergestellt werden, dass Wirtschaftspädagogik von Studierenden nachgefragt wird, die als potenzielle Kandidaten eines zukünftigen Studiums angesehen werden können und nicht als Pflichtstudium für alle Studierenden.

Die durchgehende Modularisierung ermöglicht eine Integration in alle Bachelor-Studiengänge der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Die Anforderungen des Bachelor Wirtschaftswissenschaften mit einer wirtschaftspädagogischen Profilierung wurden als Zugangsvoraussetzung für den im folgenden Kapitel dargestellten Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik festgelegt.

2.2  Master of Science Wirtschaftspädagogik

Der Master Wirtschaftspädagogik hat einen Studienumfang von 120 ECTS, hiervon entfallen 60 ECTS auf ein Studium der Fachwissenschaften, 40 ECTS auf wirtschaftspädagogisch ausgerichtete Module und 20 ECTS auf die Master Thesis. Die Studienstruktur richtet sich einerseits an den Anforderungen der Lehrerbildung aus und andererseits soll die Polyvalenz der bisherigen Handelslehrerausbildung auch im Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik weiter verfolgt werden können. In der folgenden Abbildung wird die Struktur des Studiengangs dargelegt:

Die wirtschaftswissenschaftlichen Module sind entsprechend der Lehramtsprüfungsordnung (vgl. LPO 2003) zu wählen, um so eine Anerkennung des Masterstudienabschlusses als Erste Staatsprüfung zu ermöglichen (vgl. hierzu MODULHANDBUCH 2007). Entsprechend der Lehramtsprüfungsordnung sind die Module ‚Didaktik in und für sozial-ökonomische Felder (Fachdidaktik)' und ‚Berufliche Bildungssysteme als institutionell geprägte Felder (Berufspädagogik)' Pflichtmodule im Masterstudiengang, darüber hinaus ist das Kolloquium auch ein Pflichtbaustein im Studiengang.

Im Folgenden werden ausgewählte Module des wirtschaftspädagogischen Studiums thematisch gekennzeichnet, um so eine Ausrichtung des Studiums andeuten zu können.

•  Modul I (Pflicht, 10 ECTS): Didaktik in und für sozial-ökonomische Felder
Das Modul vermittelt eine Vertiefung im didaktischen Handeln und Denken in sozial-ökonomischen Handlungsfeldern. Die Studierenden erwerben Kompetenzen in der Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Lehr-/ Lernarrangements für das kaufmännische Berufsfeld. Sie werden in die Lage versetzt, die Gestaltung von didaktischen Einheiten unter der Berücksichtigung der geltenden Rahmenbedingungen begründet und unter Rückgriff auf Theorien und Modelle vorzunehmen. Die Erprobung der eigenen didaktischen Konzeptionen im Rahmen von Berufsschulpraktika wird vorbereitet, begleitet und reflektiert. Im Rahmen des forschenden Lehrens werden Instrumente der Lehr- und Lernforschung erarbeitet (vgl. zu diesem Modul auch KREMER/ ZOYKE 2007).

•  Modul II (Pflicht, 10 ECTS): Berufliche Bildungssysteme als institutionell geprägte Felder
Die Studierenden können in einem institutionell geprägten Feld in unterschiedlichen Formaten didaktisch handeln. Das Modul vermittelt die wichtigen Strukturen, Prinzipien und Prozesse des beruflichen Bildungssystems. Die Studierenden können diejenigen Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, in beruflichen Institutionen zu arbeiten, diese zu gestalten und an bildungspolitischen Prozessen im beruflichen Bildungssystem aktiv mitzuwirken. Sie werden in die Lage versetzt, das berufliche Bildungssystem und dessen Institutionen auf deren Wirk- und Handlungsweisen hin zu untersuchen, Vergleiche mit anderen Systemen vorzunehmen und Reformoptionen hinsichtlich ihrer Potenziale und Grenzen einzuschätzen.

•  Modul III (Wahl, 5 ECTS): Coaching
Das gemeinsame Ziel ist der Aufbau von kommunikativen Kompetenzen, die sich in der Planung, Durchführung und Evaluation von Qualifizierungsmaßnahmen niederschlagen. Die Teilnehmer entwickeln diese Fähigkeiten durch den Einsatz als Tutoren im BA-Programm (Lernen durch Lehren). Coaching wird zurzeit in zwei Teilbausteinen zur Hochschuldidaktik angeboten. Damit soll der eigene Lernort auch als Lehrort betrachtet werden. Bezugspunkte sind hier insbesondere sowohl fachwissenschaftliche als auch wirtschaftspädagogische Module im Bachelor-Studiengang (vgl. zur Hochschule als Ort des Lehrens und Lernens NEUWEG 2004, 21).

•  Modul IV (Wahl, 5 ECTS): Bildungsorganisation
Das Modul Bildungsorganisation fokussiert auf Organisationsstrukturen von Bildungsorganisationen. Ein Arbeitsschwerpunkt wird auf die Implementation von Reformmaßnahmen in schulischen und außerschulischen Bildungsorganisationen gerichtet Dies zeigt sich u. a. in der Beschäftigung mit Qualitätssicherungsmaßnahmen oder den Führungs- und Leitungsstrukturen in Bildungsorganisationen.

•  Modul V (Wahl, 5 ECTS): Mediendidaktik
Das Modul zielt auf den Erwerb mediendidaktischer Kompetenz, wobei Mediendidaktik einen Zugang zu didaktischen Fragestellungen bietet und nicht eine isolierte Betrachtung einer didaktischen Kategorie. Das Modul stellt die Aufgabenfelder 'Gestaltung komplexer Lernumgebungen mit neuen Medien' und 'Entwicklung von Medien für Lehren und Lernen' in den Mittelpunkt. Studierende entwickeln die Kompetenz der Planung, Durchführung und Kontrolle von medienbasierten komplexen Lernumgebungen (z. B. Blended Learning, Virtuelle Konferenz). Dies verlangt auf der einen Seite die Fähigkeit zur Kombination selbst- und fremdgesteuerter Lernformen und auf der anderen Seite der Integration von handlungs- und fachsystematischem Lernen.
Die Entwicklung von Medien gewinnt für didaktisches Handeln an Bedeutung. Medienentwicklung und -anwendung stehen in einem komplexen Zusammenhang und nicht in einem einfachen Bereitstellungsverhältnis. D. h., didaktische Konzepte werden nicht einfach in einem Lehrbuch oder einer Mediendatenbank eingefroren und dann wiederum aufgetaut. Die Studierenden sollen Kompetenzen zur Beteiligung in Prozessen der Entwicklung von Online-Medien erwerben. Dies wird u. a. über die Auseinandersetzung mit konkreten Entwicklungsvorhaben für die berufliche Aus- und Weiterbildung erreicht.

•  Modul VI (Pflicht, 5 ECTS): Wirtschaftspädagogisches Kolloquium
Das wirtschaftspädagogische Kolloquium bietet einen Rahmen, um das eigene wirtschaftspädagogische Profil zu bestimmen, Stärken und Schwächen aufzuarbeiten und so eine Basis für weitere Entwicklungsprozesse aufzubauen. Hierzu entwickeln die Studierenden u. a. ein individuelles wirtschaftspädagogisches Portfolio. Das Kolloquium soll dazu beitragen, die anschließende Masterarbeit in einem Gesamtkontext zu positionieren und die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine derartige Arbeit zu bestimmen.

Die Veränderung der Studienstrukturen wurde nicht nur als ein neuer Rahmen für bestehende Lehr- und Lernformen verstanden, sondern als ein weiterer Schritt einer forschungsbasierten Ausbildung. Dies erscheint uns gerade erforderlich, um den komplexen Anforderungen in beruflichen Handlungsfeldern auch zukünftig gerecht werden zu können. Ein Problem besteht u. a. darin, dass es nur begrenzt gelingt, theoretische Erkenntnisse zur Bewältigung praktischer Probleme heranziehen zu können (vgl. u. a. WILDT 1995; BACKES-HAASE 2004; SLOANE 2001). Es kann hier der Kommission zur Reform der Lehrerbildung in Nordrhein-Westfalen zugestimmt werden, dass eine Professionalisierung kaum mit der Verordnung von mehr Praxisphasen erreicht werden kann, in der Reform des Handelslehrerstudiengangs haben wir unsere Anstrengungen u. a. darauf gerichtet, die Verbindung von praktischer Erfahrung und theoretischer Erkenntnis zu verbessern. Es kann geradezu behindernd wirken, wenn Differenzen zwischen praktischen Erfahrungen und theoretischen Vorstellungen nicht aufgedeckt werden. Es wird zunehmend angestrebt, Erkenntnisse zum ‚guten Unterricht' auch mit Handlungsstrategien zur Implementation dieses Wissens zu verknüpfen. Gerade an dieser Stelle gilt es, wissenschaftliches Handeln nicht nur als Orientierungswissen abzuspeichern, sondern auch als Prozess- und Verantwortungswissen aufzunehmen. Professionelles Handeln wird so selbst zum Gegenstand wirtschaftspädagogischer Ausbildung.

3.  Kurzdiskussion des wirtschaftspädagogischen Studienkonzepts an der Universität Paderborn

Die Studienstruktur des Paderborner Modells Berufsbildung orientiert sich an den Leitlinien der KMK, des Basiscurriculums der Sektion für Berufs- und Wirtschaftspädagogik und entspricht auch weitgehend den Eckwerten des Verbands für Lehrer an Wirtschaftsschulen für die Ausbildung in Bachelor- und Masterstrukturen. Wir können momentan beobachten, dass ähnliche Strukturen an wirtschaftspädagogischen Standorten eingeführt werden, die auch in einer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät verankert sind (vgl. z. B. die im vergangenen Herbst eingeführte Struktur in Nürnberg). Diese Struktur soll für die Berufsbildung eine Verankerung in Lehrerbildung und Fachwissenschaft ermöglichen. Das Paderborner Modell Berufsbildung bietet hier für uns einen Rahmen zur eigenständigen Profilierung der berufs- und wirtschaftspädagogischen Ausbildung. Dies spiegelt sich auch im Forschungsprofil der Paderborner Berufs- und Wirtschaftspädagogik. In der weiteren Reform der Lehrerbildung an der Universität Paderborn gilt es, die entwickelte Rahmenstruktur auch auf eine berufliche Fachrichtung mit nicht affinen Fächern zu übertragen. Dies ist ohne Probleme möglich, da sowohl in der Bachelor- als auch in der Masterphase die Offenheit besteht, Module einzubauen, die eine Einbindung ‚allgemeinbildender' Fächer zulässt. Die Empfehlung der Baumertkommission in NRW (vgl. MINISTERIUM FÜR INNOVATION, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG 2007), dass bei der Lehrerbildung für das Berufskolleg eine Major-Minor-Lösung angestrebt werden sollte, vereinfacht dies noch. Hier kommt in Paderborn im Übrigen noch eine weitere Standortstärke hinzu, so kann aufbauend auf den BA-Studiengang ‚International Business Studies (IBS)' ein Master in Wirtschaftspädagogik aufgesetzt werden. Die Sprachausbildung in den IBS, mit ihrer Ausrichtung auf Sprachanwendung im sozialkulturellen Kontext bietet dann eine hervorragende Grundlage für eine entsprechende Unterrichtssprache darstellen, zumal in der Masterphase ergänzende literatur- und sprachwissenschaftliche Anteile ergänzend studiert werden könnten.

Die polyvalente Anlage des Studienkonzepts wird über die Verbindung von bildungswissenschaftlichen und fachwissenschaftlichen Studien abgesichert und über ein wirtschaftspädagogisches Verständnis grundgelegt, welches u. a. fachdidaktische, berufspädagogische und erziehungswissenschaftliche Zugänge im Kontext eines fachwissenschaftlichen Rahmen verbindet. Diese Konzeption wird auch in der weiteren Reform der Lehrerbildung für Berufskollegs verfolgt. Dies ermöglicht die Besonderheiten des Handlungsfelds Berufskolleg als Stätte der Berufsbildung zu erfassen und nicht als eine ausschließlich weitere Spezialform einer allgemeinbildenden Lehrerbildung. Im Studienkonzept des Masterstudiengangs ist wie in der Handelslehrerausbildung eine enge Verbindung zu den Fachwissenschaften der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zu erkennen, wobei eine Profilbildung im Laufe des Studiums durch die wirtschaftspädagogischen Studienanteile erreicht werden kann. Der Studiengang bietet entsprechend des Basiscurriculums Berufs- und Wirtschaftspädagogik Voraussetzungen zur Kompetenzentwicklung, die im Basiscurriculum in der folgenden Form gekennzeichnet werden:

•  „die Ziel- und Inhaltsbestimmung von Bildungsgängen (Curriculumentwicklung),

•  die Gestaltung von Unterricht und Unterweisung sowie die Ermöglichung von Lern- und Bildungsprozessen in schulischen und außerschulischen Feldern,

•  die Ermittlung und Beurteilung personaler Lern- und Bildungsvoraussetzungen, der individuellen Lernergebnisse sowie die damit zusammenhängende Berufs- und Bildungsberatung,

•  die Entwicklung der Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung (Schul- und Organisationsentwicklung, Lernortkooperation, Ordnungsmittel, Zertifikations- und Prüfungswesen).

Zur Erreichung dieses Ziels werden die Studierenden mit den zentralen Inhalten der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in einer Weise vertraut gemacht, die sie in die Lage versetzt, praktische Fragen und Probleme in den genannten Tätigkeitsfeldern theoriegeleitet zu reflektieren und rational begründete, auf individuelle und kollektive Bedürfnisse abgestimmte Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Das Studium soll ihnen auch die Fähigkeit und die Verpflichtung vermitteln, sich durch eigene Weiterbildung den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis anzueignen. Vor diesem Hintergrund sollen sie in Verantwortung vor den ihnen anvertrauten Personen und vor der Gesellschaft ethisch angeleitet professionell handeln können.“ ( Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik 2003, 6). Abschließend sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass mit den veränderten Strukturen bekannte Probleme z. T. verdeckt und z. T. aufgedeckt werden. Die neuen Strukturen führen auch in Paderborn nicht selbstverständlich zu einer Verbesserung der Lehr- und Lernformen, dies ist wie in den Diplomstrukturen durch die didaktisch Handelnden immer wieder neu herzustellen. Darüber stellen sich neue Übergänge zwischen Ausbildungs- und Studiengängen, die im Spannungsfeld einer Flexibilisierung und Verantwortbarkeit der Bildungswege zu gestalten sind.

 

Literatur

BACKES-HAASE, A. (2004): Zwischen Wissenschaft und Praxis. Forschendes Lernen im Praxissemester. In: BACKES-HAASE, A./ FROMMER, H. (Hrsg.): Theorie-Praxis-Verzahnung in der beruflichen und gymnasialen Lehrerbildung, Hohengehren, 33 - 70.

KREMER, H.-H./ ZOYKE, A. (2007): Fachdidaktisches Praktikum als Ankerpunkt der Professionalisierung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 12. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe12/kremer_zoyke_bwpat12.shtml (im Erscheinen).

LPO (2003): Ordnung der Ersten Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen (Lehramtsprüfungsordnung - LPO) vom 27. März 2003. Online: http://www.bildungsportal.nrw.de/BP/Schulrecht/
Lehrerausbildung/LPO03.pdf
(15.05.2007).

MINISTERIUM FÜR INNOVATION, WISSENSCHAFT; FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE (2007): Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Nordrhein-Westfalen. Empfehlungen der Expertenkommission zur Ersten Phase. Online: http://www.innovation.nrw.de/Service/broschueren/
BroschuerenDownload/Broschuere.pdf
(15.05.2005).

MODULHANDBUCH (2007): Modulhandbuch der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Stand SS 07 – Planung WS 07/08. Online: http://pbfb5www.uni-paderborn.de/www/fb5/wiwi-web.nsf/id/Modulhandbuch_DE?opendocument (15.05.2007).

NEUWEG, G.H. (2004): Figuren der Relationierung von Lehrerwissen und Lehrerkönnen. In: HACKL, B./ NEUWEG, G.H. (Hrsg.): Zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Münster, 1-26.

PROJEKTGRUPPE BERUFSBIDLUNG (2006): Paderborner Modell Berufsbildung für Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaft Bachelor of Science mit integrierter Wahlmöglichkeit Berufsbildung. Unveröff. Programmpapier. Paderborn, Arbeitsstand 2006.

SEKTION BERUFS- UND WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK (o. J.): Basiscurriculum für das universitäre Studienfach Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Online: http://www.bwp-dgfe.de/sektion/Basiscurriculum_BWP_040202.pdf (15.05.2007).

SLOANE, P.F.E. (2000): Lehrerausbildung zwischen Pädagogik und Fach – Ein fiktiver Dialog über die Möglichkeiten einer Professionalisierung der Lehrerbildung. In: BERNARD, F./ SCHRÖDER, B. (Hrsg.): Lehrerbildung im gesellschaftlichen Wandel. Festschrift für Reinhard Bader. Frankfurt am Main, 119-132.

WILDT, J. (1995): Reflexive Lernprozesse. Zur Verbindung von wissenschaftlichem Wissen und Handlungswissen in einer integrierten Lehrerbildung. In: HÄNSEL, D./ HUBER, L. (Hrsg.): Lehrerbildung neu denken und gestalten. Weinheim, 91-107.