MITCH RESNICK vom MIT Media Lab beginnt in einem wissenschaftlichen Artikel 2006 mit einem bekannten Kinderspiel. Er fragt: Welches von diesen Dingen ist nicht wie die anderen? Welches dieser Dinge gehört nicht in diese Reihe? Fernsehen, Computer oder Pinsel. Er konstatiert, dass für viele Menschen die Antwort klar auf der Hand zu liegen scheint: Der Pinsel gehört natürlich nicht in diese Reihe. Nachdem beide – Fernsehen und Computer – im 20. Jahrhundert erfunden wurden, beide elektronische Technologien darstellen und beide große Mengen von Informationen an eine große Zahl von Menschen übermitteln können und nichts davon auf den Pinsel zutrifft. RESNICK fährt fort, indem er behauptet, dass aus seiner Sicht Computer nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen, bis wir anfangen, sie weniger wie Fernseher und viel mehr wie (Farb)Pinsel zu betrachten. Der Blick wird damit von Instrumenten zur Bereitstellung von Informationen zu einem Medium gerichtet, welches über Austausch- und kooperative Gestaltungsprozesse zur individuellen Entwicklung beitragen kann. Das heißt, es wird eine Perspektive eingenommen, Computer nicht nur als Informations-Maschinen zu betrachten, sondern als ein neues Medium für kreatives Design und Ausdruck (vgl. RESNICK 2006, 1). Aktuelle Studien wie die Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 oder der JIM Studie 2008 weisen jedoch eine „rege Beteiligung nur in Communities“ nach bzw. zeigen noch immer, dass das Web trotzdem eher passiv genutzt wird. Vermutungen und Erfahrungen im Bildungsbereich lassen diese Passivität im Hinblick auf Lernen teilen.
Dieses einführende Gedankenspiel soll als Ausgangspunkt und Anker für die folgenden Ausführungen dienen, in denen Überlegungen zur innovativen Kompetenzentwicklung mit Social Media in einem designbasierten Ansatz konzeptualisiert werden. Es sollen erste Begründungslinien für grundlegende Attribute einer designorientierten Didaktik mit Social Media aufgezeigt und modelliert werden. Hierzu kann exemplarisch auf innerhalb des Modellversuchs KooL entwickelte didaktische Prototypen zurückgegriffen werden. (Der Modellversuch KooL (Kooperatives Lernen in webbasierten Lernumgebungen in der beruflichen Erstausbildung) der Bund-Länder-Kommission im Rahmen des SKOLA Modellversuchsprogramms wird über drei Jahre an der Berufsschule Rheinbach und den Transferschulen Zwiesel, Vilshofen und Hadamar durchgeführt und von der Professur für Wirtschaftspädagogik, insbesondere Mediendidaktik und Weiterbildung wissenschaftlich begleitet.) Zunächst wird jedoch ein Grundgerüst entwickelt und expliziert, das u. a. Überlegungen des Learning by Design Ansatzes aufnimmt. Eine mögliche didaktische Modellierung wird vorgestellt und diskutiert und die Rolle von Social Media expliziert. Abschließend werden einzelne Designattribute einer designbasierten Didaktik begründet und diskutiert und Gestaltungskonsequenzen angedeutet. Der Beitrag endet mit einigen zusammenführenden Gedanken und einem Ausblick.
Web 2.0 und Social Media werden Merkmale zugewiesen, die auf veränderte Nutzungsformen verweisen. Social Media kann als Überbegriff für einfache und flexible internetbasierte Anwendungen gefasst werden, die das partizipative und kooperative Entwickeln, Teilen und Bearbeiten von Inhalten unterstützen. Dabei ist ein wesentlicher Bestandteil, dass Social Media erst im spezifischen Verwendungszusammenhang ,sozial' wird und der Mehrwert erst durch die Partizipation der Nutzer entsteht (vgl. PESCHKE/ RÜDDIGKEIT/ WAGNER 2007). Anders gewendet: Nicht die Software ist sozial; diese Qualität entsteht erst im gemeinsamen, sinnhaft auf andere bezogenen Gebrauch der spezifischen Anwendungen (vgl. SCHMIDT 2006). SUTER, ALEXANDER und KAPLAN führten 2005 eine Analyse von verschiedenen Definitionen von Social Media durch, die durch eine Diskussion u. a. mit Howard RHEINGOLD (RHEINGOLD befasst sich als Sozialwissenschaftler mit den soziokulturellen und politischen Auswirkungen neuer Technologien und prägte u. a. den Begriff „virtual community“ (vgl. Wikipedia)) aufkam, und identifizierten mindestens drei mögliche Perspektiven, diese zu definieren: „Social software as a tool (for augmenting human social and collaborative abilities), as a medium (for facilitating social connection and information interchange), and as an ecology (for enabling a ‘system of people, practices, values, and technologies in a particular local environment‘)“ (48). Auf einen Nenner gebracht, kann jedes Individuum mit Social Media Anwendungen Texte, Videos oder auch Bilder online veröffentlichen, kommentieren, bearbeiten und teilen – ob als Wiki, Weblog, Podcast, Videotauschplattform YouTube, Networkingplattform StudiVZ oder das englische Pendant Facebook oder via Ning, die Plattform zur Erstellung eines individuell angepassten sozialen Netzwerks (vgl. auch PFERDT 2007). Zwei Dimensionen des Social Web werden von GERHARDS/ KLINGLER und TRUMP weitergehend angeführt: Erstens die Möglichkeit zur Gestaltung von eigenen Web-Angeboten und zweitens die Verwendung des Internets als öffentliche Kommunikationsplattform, die beide als kontinuierliche Variablen verstanden werden können und somit ein zweidimensionaler Raum aufgespannt werden kann, indem man einerseits das Verhalten von Internetnutzern und andererseits die Möglichkeit, die Webangebote bieten, einordnen kann (vgl. GERHARDS/ KLINGLER/ TRUMP 2008, 130ff.).
Web 2.0-Anwendungen zeigen sich nicht als Spezialanwendungen einzelner Nutzer, sondern finden weite Verbreitung und zeigen sich als Bestandteil unserer Lebenswelt. Genau hierdurch zeichnen sich Web 2.0 Anwendungen aus: Technologische Möglichkeiten wie Verknüpfung von Informationen (Mash up), Rückmelde- und Annotationsmöglichkeiten, Social Tagging oder Möglichkeiten zum Abrufen und Herunterladen von Filmsequenzen, Tonbeiträgen oder Texten, eröffnen, dass die Bereitstellung von Informationen nicht allein durch ein Sender und Empfänger Modell geprägt wird, sondern durch eine partizipative Mediengestaltung charakterisiert ist. So entstehen Wissensräume, die gemeinsam von Individuen gestaltet werden und ein Werkzeug anbieten, die eigene Person und die Beziehungen in sozialen Gruppen darzustellen. Social Media wird in diesem Verständnis über die Nutzungsformen geprägt und weniger über die Potenziale, die die internetbasierten Anwendungen besitzen. Diese Potenziale drückt Schmidt mit Werkzeugen zum Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement aus (vgl. SCHMIDT 2006, 37 und PFERDT 2007, 148f.). Web 2.0 und Social Media kann dahingehend eine Abgrenzung erfahren, dass Web 2.0 als technologische Angebote verstanden werden und Social Media als Nutzungsformate dieser Angebote die veränderte Verhaltensformen bedingen und nach sich ziehen. Ein personaler Aspekt zeichnet somit das „Soziale“ im Begriff Social Media aus.
Web 2.0 Anwendungen werden von Jugendlichen aufgegriffen und tragen erheblich zu einer Veränderung der individuellen Lebenswelten bei. (Vgl. hierzu die Ergebnisse der aktuellen JIM Studie 2007 zur Web 2.0 Nutzung und der ARD/ZDF Online Studie 2007. Auf ähnliche Ergebnisse verweisen auch DILGER/ HERTLE/ KREMER 2002, KREMER 2008 oder PFERDT 2007. ) Studien zur Veränderung der Mediennutzung und damit verbundenen Denkstrukturen und Verhaltensformen von Schülerinnen und Studierende bei PRENSKY 2001 zeigen dies eindrücklich. TULLY 2004 spricht von einem vielfach technisch konstituierten Jugendalltag, in dem Jugendliche mit Computer und Netztechnik aufwachsen. Auf ein Ansteigen der Computernutzung verweisen auch die repräsentativen Langzeitstudien „KIM“ und „JIM“ Studie 2006 resp. 2007 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest. Die OECD postuliert bezogen auf die PISA Studie 2003, dass Neue Medien tiefgreifende Konsequenzen für den Bildungssektor haben, nicht nur, weil Neue Medien neue Formen des Lernens erleichtern, sondern auch weil es für Jugendliche im Hinblick auf ihren Erfolg im Erwachsenenleben wichtig ist, Neue Medien zu beherrschen. Die Studie weist aus, dass fast alle 15-jährigen in den OECD Ländern Erfahrungen mit der Nutzung von Computern haben (vgl. OECD 2006). Härtel und Zinke 2007 schreiben hierzu im Fachforum 7: Lernkulturwandel des 5. BIBB-Fachkongress 2007 - Zukunft berufliche Bildung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in einer Sonderausgabe: „Neue Medien sind integraler Bestandteil einer neuen Lernkultur“ (17). Die Expertenkommission „Bildung mit neuen Medien“ erklärt, dass Web 2.0-Technologien ein neues Paradigma zur Nutzung Neuer Medien darstellen und weist innerhalb ihres Berichts auf folgende Potenziale hin: „Das Web 2.0 eröffnet ungeahnte Möglichkeiten der Vernetzung, der Gruppenbildung, der kooperativen Produktion von Inhalten, der Herstellung von Öffentlichkeit und Lenkung von Aufmerksamkeit, der Verwaltung und Erschließung von Informationen und Wissen bis hin zur Selbstdarstellung. Vernetzte Internettagebücher (mittels Blogs), kooperativ geschriebene Texte (mittels Wikis), neue Formen der Produktempfehlungen (durch Nutzerbewertung), neue Dienste zur kooperativen Erschließung von Wissen durch kooperative semantische Techniken (Folksonomies) wie auch das gemeinsame Bereitstellen und Bewerten von Inhalten (z. B. Videos, Fotos, Podcasts, Texten) haben mittlerweile signifikante Verbreitung und Akzeptanz gefunden.“ (Expertenkommission 2007, 3). Allerdings muss trotz einer deutlichen Durchdringung der Lebenswelt auch festgestellt werden, dass sich nur ein Viertel der jugendlichen Internetnutzer aktiv am „Web 2.0“ beteiligt und mindestens mehrmals pro Woche eigene Inhalte produziert, sei es durch das Einstellen von Bildern, Videos, Musikdateien oder das Verfassen von Beiträgen in Blogs oder Newsgroups. „Fast jeder dritte Junge und jedes fünfte Mädchen mit Interneterfahrung trägt so regelmäßig zum „Web 2.0“ bei, besonders aktiv sind die 14- bis 17-Jährigen.“ (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest/ JIM-Studie 2007, 42). Diese Zahlen deuten somit darauf hin, dass auch Web 2.0 Technologien von vielen Jugendlichen eher passiv-rezipierend verwendet werden und nur eine kleine Gruppe aktiv-gestaltend agiert. An dieser Stelle soll hiermit keine Position verbunden werden, in welcher Form Verhaltensformen problematisch bzw. begründet sind.
Web 2.0 und Social Media bieten so interessante und befruchtende Elemente für Lernen und Lehren. Die bestehenden Nutzungsformen lassen sich mit der Hoffnung verbinden, innovative Lernumgebungen und lernunterstützende Lernkulturen zu ermöglichen. Allerdings lassen die unterschiedlichen Nutzungspräferenzen auch vermuten, dass die Übertragung von Web 2.0-Anwendungen in didaktische Gestaltungsfelder nicht als Selbstläufer funktionieren wird, sondern einer sorgfältigen Gestaltung für das jeweilige Handlungsfeld bedarf. Social Media und Web 2.0 stellen sich damit gleichermaßen als Herausforderung und Chance für die berufliche Bildung. Unseres Erachtens zeigt sich das sichtbarste und tiefgreifende Potenzial in der Entwicklungsmöglichkeit (gestalten) und im kooperativen Lernen (öffentliche Kommunikation), die mit Social Media verbunden sind und im richtigen didaktischen Zusammenhang auch evoziert werden. Allerdings bleibt noch an vielen Stellen offen, inwiefern neue Lernformen durch Web 2.0 Technologien unterstützt und getragen werden können. (Vgl. insgesamt auch die Ausführungen in KREMER/ PFERDT (in Druck). ) Im Folgenden werden Prototypen vorgestellt, die dieses Potenzial didaktisch und technologisch aufgreifen und auch umsetzen. Diese sollen aber zuvor im nächsten Schritt theoretisch begründet und fundiert werden.
Dieser Teil zielt darauf, die theoretische Überlegungen als Basis einzuführen und anschließend zu nutzen um eine mögliche didaktische Modellierung einer designorientierten Didaktik zu konstruieren und zu begründen. Social Media resp. kooperative Technologien bieten umfassende Potenziale, eine Entwicklung und Gestaltung eines Artefakts oder (digitalen) Produkts zu unterstützen. Damit ist grundsätzlich kein vollständig neues didaktisches Konzept verbunden; (berufliches) Lernen soll im Rahmen der Entwicklung medialer Produkte erreicht werden. Gerade kooperative Technologien bieten hier die Möglichkeit, die Gestaltung von Medien in Bildungsmaßnahmen zu integrieren. Die Gestaltung didaktischer Artefakte wird unter dem Begriff der designbasierten Ansätze diskutiert. Insbesondere PERKINS 1986 (Knowledge as Design), KOLODNER et al. 1998 (Learning by designing) und BROWN 1992 (Design Experiments) haben grundlegende Befunde zu einer auf Medienentwicklung ausgerichteten designbasierten Gestaltung didaktischer Prozesse vorgelegt. (Speziell durch die Arbeiten der Forschungsgruppe um Janet KOLODNER seit 1997 am Georgia Institute of Technology wurde der Learning by Design Ansatz weiterentwickelt und geprägt, jedoch wurde er von Seymour PAPERT und seinem Mitarbeiter Mitch RESNICK am Massachusetts Institute of Technology begründet. ) Das Verhältnis der Gestaltung eines Artefakts und des Lernprozesses der beteiligten Akteure bedarf hier einer besonderen Beachtung. KREMER (1997) zeigt in einer theoretischen Modellierung auf, dass die Entwicklung didaktischer Materialien als Lernprozess der Entwickler zu verstehen ist. Dieses Verhältnis heben RESNICK und SILVERMAN 2005 auch in besonderer Form hervor: „Probably the most important unifying thread in all of our projects is our emphasis on “learning through designing.” SEYMOUR PAPERT has served as our most important intellectual mentor, and we have been deeply influenced by his Constructionist approach to learning and education. Like PAPERT, we believe that the best learning experiences, for most people, come when they are actively engaged in designing and creating things, especially things that are meaningful to them or others around them.“ (RESNICK/ SILVERMAN 2005, 117). RESNICK und SILVERMAN weisen hier darauf hin, dass die Entwicklung didaktischer Artefakte hohe Potenziale für individuelle Lernprozesse bietet. Dieser Position kann nach unserer Auffassung auch für die Gestaltungsmöglichkeiten kooperativer Technologien zugestimmt werden. Allerdings erscheint es erforderlich, den objektorientierten Designprozess vom subjektorientierten Lernprozess abzugrenzen und nicht der Gefahr eines Lernkurzschlusses in dem Sinne zu unterliegen, dass von einem hochwertigen Designprodukt auf einen hochwertigen Lernerfolg geschlossen werden kann. Gerade die Ansätze zur konstruktivistischen Grundlegung weisen auf diese Differenzierung hin, die jedoch oftmals unterschlagen wird. Der Qualitätsanspruch liegt nun darauf, in designbasierten Ansätzen individuelle Entwicklungsprozesse zu verankern oder anders formuliert: Lernen ist im Designprozess als individuelle Verhaltensänderung zu verankern. KAFAI (1995) weist hier darauf hin, dass sich Lernen und Designen sukzessive in Prozessen des Problemlösens zusammenführen können (vgl. 7). Dementsprechend ist das Designverständnis genauer zu explizieren. Vereinfachend kann differenziert werden, dass generell der Design-Theoretiker mehr daran interessiert ist, welchen Beitrag der Prozess für das Produkt leistet und im Gegensatz dazu, der Lerntheoretiker oder Didaktiker eher ein Interesse daran hat, welchen Beitrag er für den Produzenten – den Lernenden – leistet. Aktuelle Entwicklungen setzen in beiden Theorien (Lernen und Design) die Konstruktion von Bedeutung ins Zentrum des Prozesses (vgl. KAFAI 1995, 8). Ein Verständnis von Design kann als konstruktivistisches Verständnis interpretiert werden. Es geht davon ausgeht, dass Design als Prozess der „Bedeutungsbestimmung“ (sense-making) von Produkten und des Herstellens einer Beziehung zwischen dem Designer und dem Objekt angesehen wird. Zurückzuführen ist dieses Verständnis auf die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs „Design“ welches von lateinisch „de“ und „signare“ abstammt. Der englische Begriff Design kann somit in der folgenden Weise bezeichnet werden: de = ab-, be-, aus- und signare = zeichnen, also: bezeichnen. KRIPPENDORF 1989 schlägt vor, dass Design vorstellbar ist als Prozess der Bedeutungsbestimmung von Dingen. Design ist also „a circular cognitive process that may start with some initially incomprehensible sensation, which then proceeds to imagining hypothetical contexts for it and goes around a hermeneutic circle during which features are distinguished – in both contexts and what is to be made sense of – and meanings are constructed until this process has converged to a sufficiently coherent understanding.“ (KRIPPENDORF 1989, 13 zit. nach KAFAI 1995, 9). Die Bedeutungszuweisung von medialen Gegenständen wird genutzt um ein Suchen und Bestimmen von individuellen Bedeutungen im Rahmen des Kompetenzerwerbs zu ermöglichen (vgl. hierzu auch Überlegungen zum impliziten Lerner von KREMER/ SLOANE 1998). Das Designverständnis erfährt damit eine Wendung in der Form, dass die Entwicklung eines Artefakts mit einem individuellen Entwicklungs(lern)prozess verbunden ist. Damit wird letztlich der Hinweis gegeben, dass in der Gestaltung Prozesse wie Planung, Suche, Entscheidung, Begründung und Management von mentalen Ressourcen (vgl. KAFAI 1995, 7) zu verankern sind und in komplexen Entwicklungssituationen handlungsrelevantes Wissen aufgebaut werden soll. In dieser Form betrachtet, weisen Design und Lernen Überschneidungspunkte auf, indem der Designprozess im Sinne einer problemorientierten Didaktik auf die Verhaltensänderung der Subjekte ausgelegt wird. Das Entwickeln und Herstellen von Objekten wird dementsprechend ins Zentrum des individuellen Wissenskonstruktionsprozesses gestellt (vgl. KAFAI 1995, 10; PAPERT 1980) und dafür nutzbar gemacht, dass dadurch Lern- und Entwicklungsprozesse stattfinden. Nach IDIT HAREL, z. B.1991, ist Learning through Design ein komplexer integrativer Prozess und sieht im Design nicht nur Problemlösung sondern auch Problemfindung und Reflexion. (SCHÖN 1983 nannte Design auch eine reflektierte Konversation mit Situationen, Materialien oder Medien. ) „[...] learning through design is most effective when children build personal, meaningful objects.“ (KAFAI 1995, 11). Einen Definitionsversuch von Learning by Design nehmen HAN und BHATTACHARYA 2001 vor: „Learning by Design emerges from the constructionist theory that emphasizes the value of learning through creating, programming, or participating in other forms of designing. The design process creates a rich context for learning. Learning by Design values both the process of learning and its outcomes or products. The essence of Learning by Design is in the construction of meaning. Designers (learners) create objects or artifacts representing a learning outcome that is meaningful to them.“ (S. 6).
Es kann festgehalten werden, dass designbasierten Ansätzen und Modellen gemeinsam ist, dass dem Akt des Designens lernförderliche Eigenschaften zugesprochen werden, was durchaus mit lerntheoretischen Grundannahmen vereinbar ist. In der Arbeitsgruppe um PAPERT werden beispielsweise konstruktivistische Bezugspunkte hergestellt. „[...] Children learn through design activities by programming computers to create applications that other children use and learn from” (SCHACTER 1999, 9). Die Annahme ist, dass der sich vollziehende Lernprozess als eine Form der Problembearbeitung aufgefasst werden kann, bei der sich diese in der Anfertigung eines Produkts bzw. Artefakts manifestiert. Der eigentliche faktische Handlungsprozess ermöglicht bedeutungsvolles Lernen (vgl. SILLER 2007, 148). Es stellt sich die zentrale Frage, die bei „Learning by Design" Ansätzen auftritt und weiter zu untersuchen ist, inwiefern der Wissenserwerb und die Kompetenzentwicklung von Lernenden durch die eigene Erstellung und Entwicklung von Produkten bzw. Artefakten mit kooperativen Technologien gefördert werden kann und welche Kompetenzen spezifisch eine Förderung erfahren. Ein zentrales Merkmal ist hierbei, dass als Ausgangspunkt bzw. Auslöser des Lernprozesses eine komplexe Gestaltungsaufgabe (Designaufgabe) angeboten wird und im Rahmen dieser Gestaltungsaufgabe der Kompetenzerwerb der Lernenden verankert wird. Medien werden in diesem Konzept als Werkzeuge zur individuellen Kompetenzentwicklung interpretiert (vgl. zum zugrundliegenden Medienverständnis KREMER 1997, 16ff.). Im folgenden Part soll an zwei Beispielen aufgezeigt werden, in welcher Form der Designprozess als Lernprozess interpretiert werden kann.
Im Modellversuch KooL (Kooperatives Lernen in webbasierten Lernumgebungen) wurde Social Media Design als Weg zur individuellen Kompetenzentwicklung konzipiert und untersucht. Im Zentrum stehen hierbei nicht die technologischen Möglichkeiten, sondern Social Media dienen in erster Linie als Entwicklungswerkzeuge zur individuellen Kompetenzentwicklung und zur Erstellung von (digitalen) Artefakten. Damit wird die Lernhandlung ins Zentrum gerückt und es gilt die Planung, Durchführung und Kontrolle der Lernhandlung zu unterstützen und den Designprozess zu gestalten. (Der Modellversuch KooL (Kooperatives Lernen in webbasierten Lernumgebungen in der beruflichen Erstausbildung) der Bund-Länder-Kommission im Rahmen des SKOLA Modellversuchsprogramms stellt sich aktuellen didaktischen und technologischen Herausforderungen und versucht erste prototypische Medienkonzepte und -modelle zu entwickeln, die diesen Herausforderungen begegnen und sie konstruktiv nutzen (vgl. 1. und 2. Zwischenbericht KooL und KREMER 2007). Der Modellversuch wird am Berufskolleg Rheinbach durchgeführt. Im Folgenden werden die didaktischen Nutzungsformen dargelegt, die Darstellung zeigt dementsprechend exemplarische Formen auf und kann keine vollständige Aufarbeitung hinsichtlich der Vor- und Nachteile von kooperativen Technologien leisten. ) Die Modellansätze berücksichtigen die spezifischen Rahmenbedingungen im Berufsfeld Glas wie z. B. Heterogenität, hohe Spezialisierung der Betriebe auf Teilkompetenzen des Berufs, Unterbrechung der Ausbildung in schulische und betriebliche Phasen, große räumliche Entfernung der Lernenden in der schulischen Ausbildungsphase und der Betriebe, sich ständig verändernde Inhalte der Ausbildung, aber auch Formen vollzeitschulischer Ausbildung (vgl. u. a. MERKENICH 20 07a). Diskutiert wird in diesem Rahmen die Kompetenzorientierung als einerseits übergeordnete Zielsetzung beruflicher Lernprozesse und andererseits als Ausrichtung bei der Gestaltung (komplexer) designorientierter Lernumgebungen. Zentral herauszuheben ist, dass im Modellversuch KooL zwei Prototypen entwickelt wurden, die Weblogs, Wikis und Podcasts nicht als neue Art der Distribution von Inhalten ansieht, sondern das Medium generell als Entwicklungswerkzeug nutzt. So soll durch die Herstellung von z. B. Podcasts oder die Entwicklung eines Wikis in einer dafür didaktisch gestalteten Lernumgebung eine Erarbeitung von Wissen und darüber eine Kompetenzentwicklung stattfinden. (Zur besseren Nachvollziehbarkeit finden Sie den Prototyp 1 unter: http://rheinfit.de/koolwiki/ und den Prototyp 2 unter: http://www.rheinfit.de/GlassProfessionals.htm .) Dies kann im Unterschied zu traditionellen eLearning Formen als innovatives Moment entsprechend der lerntheoretischen Fundierungen gesehen werden.
Grundsätzlich existiert im berufsspezifischen Bereich der Glasberufe kein adäquates Lehrbuch für den Bereich der Glasberufe, was u. a. damit zusammenhängt, dass es sich um sogenannte Splitterberufe handelt. Zudem wurde im Rahmen des Modellversuchs ein Lehr- Lernverständnis entwickelt, das von der Vermittlung von Inhalten in einem „Instruktionalen Design“ und damit einer „Steuerungslogik“ (REINMANN 2005, 165) hin zu einem Ermöglichungs- und Entwicklungsdenken und damit einem „Kontextdesign“, das eine individuelle Kompetenzentwicklung in kooperativen Lernumgebungen ermöglicht. Mit dieser Ausgangslage wurde ein Lehrbuch für den Glasbereich – das sog. Glaskompendium – mit Hilfe eines Wiki als interaktives Instrument zum diskursiven und damit kooperativen Aufbau eines Wissensnetzwerkes von Lernenden aufgesetzt und gestaltet. Wikis bzw. Wiki-Technologien sind dabei asynchrone webbasierte Kommunikationsinstrumente, also Webseiten, die von verschiedenen Individuen online gelesen und geändert werden können. Es ist mit Wikis möglich, den darin enthaltenen Text von jedem jederzeit editieren und erweitern zu lassen. Kollaboratives Schreiben ist damit als zentrale Anwendungsform Wikis immanent. Die Vorzüge eines Wikis sind die einfache Nutzung, die allgemeine Zugänglichkeit und die grundsätzliche Unstrukturiertheit sowie die Möglichkeit der Verlinkung. d. h. die einfache Editierbarkeit und die Möglichkeit auf andere Beiträge zu verweisen. Dabei sind die von den Autoren erzeugten Links wesentlich an der Struktur eines Wikis beteiligt (vgl. auch PFERDT 2007). Doch sind mit Wikis auch Nachteile – oder besser Herausforderungen – verbunden, wie beispielsweise die Qualitätssicherung und die fehlende Struktur. Zusammenfassend sind also folgende Merkmale für Wikis charakteristisch: Ständiger Entwicklungsprozess, Verlinkung, Einfachheit, Unstrukturiertheit und Versionskontrolle.
Das Lernbuch für Lernende (,Glaskompendium‘) zeichnet sich dadurch aus, dass es als Entwicklungsinstrument für Fachinhalte orts- und zeitunabhängig ist und von Lernenden koopera(k)tiv, partizipativ und entwicklungsorientiert gestaltet wird. Dem Ziel der einmaligen Entwicklung eines medienbasierten Lehrbuchs bzw. Lernbuchs wird damit kaum Rechnung getragen. Vielmehr dient das Glaskompendium als Instrument, Inhalte sukzessive zu entwickeln, gemeinsam zu erarbeiten, zu dokumentieren und darüber Kompetenzen zu entwickeln. Die zentrale Verfügbarkeit der Inhalte spielt ebenfalls eine große Rolle. Das Social Media Format ,Wiki' unterstützt dabei die konstruktiven Möglichkeiten der Gestaltung von Lernumgebungen, die sich durch Aktivität und kooperative Entwicklung von Inhalten auszeichnen. Hier unterscheidet sich das Glaskompendium von Wikipedia, dem Online-Lexikon, da didaktisch förderliche Rahmenbedingungen für die Gestaltung eines Glaskompendiums geschaffen werden müssen, was sich beispielsweise über die Steuerung von Prozessabläufen der Lernenden ausdrückt sowie über motivationale Faktoren wie beispielsweise Zertifikate und Problem- bzw. Aufgabenstellungen (Designprobleme). Es hat sich gezeigt, dass gerade zu Beginn insbesondere von Lehrkräften eine Produktperspektive eingenommen wurde, die dadurch begründet war, dass alle an dem ,fertigen' Ergebnis interessiert waren und das fertige Lehrbuch dann wieder in traditionellem Unterricht eingesetzt werden kann. Diese Orientierung hat sich im Projektverlauf zu einer Prozess- und Entwicklungsorientierung gewandelt, die vielmehr den Lernprozess bei der Entwicklung der Beiträge fokussiert. Diese Orientierung kann dadurch charakterisiert werden, dass didaktische – im Gegensatz zu organisatorischen oder technischen Fragen – in den Vordergrund rücken. Erfahrungen zeigen zudem, dass die Entwicklung des Glaskompendiums nicht über eine einfache Bereitstellung und Implementation der Wiki-Technologie erreicht werden konnte. Als zentrale didaktische Facette wurde ein komplexes Konzept zur Qualitätssicherung entwickelt, das die Abläufe zwischen den verschiedenen Lernendengruppen steuert. Die Verantwortung für die Qualität der Beiträge im Wiki trägt dabei eine Lernendenredaktion, wobei deren Aufgaben, neben der Beurteilung der vorliegenden Artikel, in der Beratung der Autoren hinsichtlich der Artikelqualität, der Freigabe der Artikel und schließlich in der Veröffentlichung innerhalb der verschiedenen Plattformen bestehen. Die Lernendenredaktion erfährt wiederum eine Beratung durch die anderen Lernendengruppen. (Eine grafische Darstellung dieses Qualitätssicherungsprozesses findet sich u. a. bei KREMER/ PFERDT 2008, S. 149.) Es soll hiermit nur angedeutet werden, dass die Wiki-Technologie nicht einfach übertragen werden kann, sondern umfassende Maßnahmen zur didaktischen Nutzung erforderlich sind (vgl. auch KREMER 2008; vgl. insgesamt KREMER/ PFERDT 2008) Betrachtet man die Kompetenzentwicklung, wird beispielsweise durch die gegenseitige Beurteilung von Texten u. a. Sozialkompetenz über das Ausüben von Feedback und Kritik gefördert.
Im Glaskompendium wurde zu Beginn des Projekts – basierend auf den Erfahrungen aus Wikipedia – von den Lernenden selbst die Qualität von Beiträgen thematisiert und ein Kontroll- und Qualitätssicherungssystem ausdrücklich eingefordert. Während der Bearbeitung der Artikel werden die Lernenden durch einen Reflexionsbogen zur Selbstevaluation angehalten. Hinzu treten in einer qualitätsfokussierten Arbeitsphase ein Gruppenberatungsbogen sowie ein Beobachtungsbogen zur Unterstützung der eigenen Arbeit an den Artikeln. Die Bewertungskriterien und Indikatoren werden durch die Lernenden eigenverantwortlich erstellt und ergänzt durch eine Beratung (Feedbackbogen) aus Lehrerperspektive. Zu den Aufgaben der Lernendenredaktion gehört die qualitative Bewertung der Artikel. Die Redaktion strukturiert und koordiniert ihre Arbeit selbstständig. Dies hilft den Lernenden, ihre eigenen Stärken zu erkennen und zu nutzen. Wer Mitglied der Lernendenredaktion wird, ist weitestgehend eine Entscheidung der Auszubildenden selbst. Insgesamt setzt sie sich aus sechs Freiwilligen aus den beiden ursprünglich am Projekt beteiligten Klassen zusammen. Die Lernenden bewerten die Artikel klassen- und jahrgangsübergreifend und halten face-to-face Treffen ab. Zur Prozessreflexion der Lernendenredaktionsarbeit tritt neben die regelmäßige Schülerbefragung auch ein Lehrer-Feedback an die Lernendenredaktion (vgl. MERKENICH 2007b) teilweise online, aber auch face-to-face. Lernen mit Wikis ist prozessuales und aktives Lernen, das auch Lernumwege zulässt und die Perspektive von der Lehrerzentrierung weg hin zur Lernendenorientierung lenkt und Designprozesse ermöglicht.
Im Modellversuch KooL wurde ein zweiter Prototyp entwickelt, der Podcasting nicht als Distributionsart von Inhalten ansieht, sondern das Medium als Entwicklungswerkzeug nutzt und somit durch die Produktion von Podcasts eine Erarbeitung von Wissen stattfinden soll.
Ein Schwerpunkt des Online-Lehr-Lernprogramms „English for Glass Professionals“, das im Rahmen des Modellversuchs KooL entwickelt wurde, stellt neben dem Vokabelaufbau mit Online-Spielen und Mindmaps (Begriffslernen) die originäre Sprachproduktion mit Hilfe des Entwicklungsmediums Podcast dar. Ein Podcast ist eine Art Radiosendung, die in den meisten Fällen kostenlos im Internet verfügbar ist. Jeder kann einen Podcast erstellen und publizieren. Als weiteres besonderes Kennzeichen stehen Podcasts zum Abonnieren mit sog. RSS Feeds im Internet bereit. Das Bereitstellen des Podcasts über einen Feed ist elementar, da ohne ihn kein Abonnement stattfindet und er auch in den Podcast-Verzeichnissen nicht aufgelistet würde (vgl. ALBY 2007). Der Begriff Podcast beschreibt eine Sendung resp. eine Serie von Sendungen, wo hingegen Podcasting für das Erstellen und Verteilen von herunterladbaren Medien(audio)dateien steht. Podcasting setzt sich aus dem Namen des populären MP3-Players „iPod“ von Apple und dem englischen Wort „broadcasting“ zusammen, was „Sendung“ oder „Übertragung“ bedeutet (vgl. auch PFERDT 2007).
Erfahrungen zeigen, dass bislang mehrheitlich Podcasts als Vermittlungsmedium genutzt wurde, weil es erlaubt, Audio- und Videoaufzeichnungen orts- und zeitunabhängig an Individuen zu übermitteln. Aufwendig hergestellte Podcasts (z. B. Vorlesungen oder Vorträge) sollen als innovatives Medium neue Distributionskanäle eröffnen und die Lernenden mit Informationen versorgen. Die Frage, ob auch dadurch eine gewünschte Kompetenzentwicklung stattfindet und wie solche Angebote in Lernumgebungen integriert werden, tritt zumeist in den Hintergrund. Eine Kombination aus Medienrezeption (den Podcast anhören bzw. -sehen) und Medienentwicklung (den Podcast produzieren) lässt sich durch die Einbindung der Podcasts in andere Web 2.0-Anwendungen beliebig erweitern und gestalten. Beispielsweise sind durch die Integration eines Audiofiles in einen Weblogbeitrag Kommentare zu einem Podcastbeitrag möglich, die teilweise sogar in Form einer weiteren Audio- oder Videoproduktion abgegeben werden können. Die unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten anderer Medienformate können somit umfangreich mit einem Podcast kombiniert werden (vgl. KREMER 2008, 5).
Die Podcast-Entwicklung ist somit nicht Selbstzweck, sondern dient dazu, den Spracherwerb zu unterstützen und eine interaktive Form des Wissenserwerbs zu ermöglichen. Hierzu erhalten die Lernenden die Aufgabe, eine Podcast-Produktion über das Thema Glas in der Zielsprache Englisch vorzubereiten und Online bereitzustellen. In einer ersten Arbeitsphase werden fachspezifische Anforderungen an die Podcast-Produktion fixiert. Es wurden hier drei Kategorien vereinbart: (1) Kriterien zur Sprachrichtigkeit (Rechtschreibung, Grammatik); (2) Sprachform (Satzbau, Vokabular, Varianz) und (3) Inhalt (Vollständigkeit, Plausibilität). Die Entwicklung der Podcasts erfolgt in Teams aus zwei Lernenden und wird durch das einfach zu bedienende Audioproduktionsprogramm www.audacity.de unterstützt. Im ersten Zug wurden Audiopodcasts erprobt und entwickelt. Die entwickelten Podcast werden dann in einem Weblog zur Verfügung gestellt und sind Basis der anschließenden Kommentierung und Rückmeldung durch die Gesamtgruppe. Die Kommentierung wird über einen Rückmeldebogen angeleitet. Ein Weblog (kurz: Blog) sind dabei Webseiten, die aus einzelnen umgekehrt chronologisch sortierten Einträgen bestehen und kommentiert werden können. Zusammenfassend gelten also folgende Merkmale für Weblogs: Entwicklungsprozess, Kommentarfunktion, umgekehrt chronologisch, Trackback, Permalink und RSS. Für Podcasts gelten die Attribute: Entwicklungsprozess, Audio und Video, RSS, Kreativität.
Das vorliegende didaktische Konzept versucht, die Lernenden ausgehend von einer Problemstellung im Kontext des Tätigkeitsfeldes einen Kompetenzerwerb zu ermöglichen. Hierzu erhalten die Lernenden die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Kontrolle des eigenen Lernprozesses. Die Entwicklung und Produktion von Podcasts durch Lernende, d. h. das Aufnehmen von Audio-Dateien und Mischen der eigenen Stimmaufnahme mit Musik, ermöglicht zudem den Lernenden eine positive Selbstwahrnehmung als kreative Medien-Produzenten. Das Medium ist dabei sowohl als Instrument zur Entwicklung als auch zur Ergebnissicherung, vor allem jedoch zur Präsentation und als Anlass zu weiterer Re?exion und Kommunikation – etwa im Blog – zu verstehen.
Die Podcast-Entwicklung wurde zwar als positiv und kreativ erlebt, die intendierte Funktion als Reflexionsanlass und Kommunikationsthema im Blog wurde aber noch nicht ausreichend nachvollzogen. Gerade daher erscheint es hier erforderlich, Hilfestellungen zu bieten, eine Kommentierung vornehmen zu können und die erhaltenen Kommentare in die weiteren Lernprozesse einzubeziehen. Genau an dieser Stelle wird erkennbar, dass nicht die Gestaltungsfähigkeiten zur Entwicklung eines Podcasts, also die technische Perspektive, im Vordergrund stehen, sondern der Fremdsprachenerwerb und der soziale Austausch im Tätigkeitsfeld Glas in den Mittelpunkt gerückt wird.
Insbesondere zum Peer Counselling haben die Lernenden das Weblog genutzt, um Texte, die sie für eine Podcastentwicklung über das Thema Glas in der Zielsprache Englisch vorbereitet haben, dort online bereitzustellen und diese von den übrigen Mitgliedern der Lerngruppe unter vorher vereinbarten Kriterien zu Sprachrichtigkeit (Rechtschreibung, Grammatik) und Sprachform (Satzbau, Vokabular, Varianz) sowie zum Inhalt (Vollständigkeit, Plausibilität) kommentieren und evaluieren zu lassen. Gerade die spielerische Form des dynamischen interaktiven Entwicklungsmediums Weblog und das Entwicklungsmedium Podcast werden von den Lernenden auch für den Präsenzunterricht als sinnvoll und gewinnbringend eingeschätzt. So stehen schon zahlreiche, in mehreren Jahrgängen in Arbeitsgruppen in der Zielsprache Englisch produzierte Podcasts online zur Verfügung. Für den Fremdsprachenunterricht kann also zusammenfassend festgestellt werden, dass Podcasting und auch Weblogs besonders geeignet sind.
Im Modellversuch KooL wurde Social Media Design zur Gestaltung von zwei unterschiedlichen Lernumgebungen (didaktischen Prototypen) genutzt. Beiden Ansätzen liegt das gemeinsame Verständnis zugrunde, dass der Designprozess dem Lernprozess dienen soll und damit die individuelle Bedeutungsbestimmung und aktive Konstruktion im Vordergrund stehen soll. Es können einzelnen Bausteine hervorgehoben werden, die im Rahmen eines Social Media Design Konzepts von besonderer Bedeutung sind. Im Rahmen der Kennzeichnung der einzelnen Bausteine werden Befunde aus einer Erhebung zu den vorgestellten Prototypen aufgeführt. Es handelte sich hierbei um eine Erhebung mittels einer projektiven Online-Satzergänzungsmehtode (pOS) der beteiligten Lehrenden und Lernenden. Konkret wurde mit einem halbstruktriert-offenen Verfahren, Erhebungen durchgeführt. (Auch TENBERG 2001 hat in seiner Befragung zu gewerblich-technischen multimedial unterstützten Unterrichtskonzeptionen eine Projektivbefragung durchgeführt und ausgewertet.) Die Erfahrungen zu beiden didaktischen Prototypen wurden mit erfasst. Ziel ist dabei nicht einen Vergleich anzustellen, sondern die grundlegenden Verwendungserfahrungen der Lernenden und die didaktischen Gestaltungshinweise der Lehrenden zu beleuchten. An der Hauptuntersuchung der Lernenden im März 2008 nahmen insgesamt 61 Lernende der Glasfachschule Rheinbach (BFS) teil. Die Jahrgänge der Teilnehmer streuten von 1980 bis 1990, wobei die Lernenden sich im 2. oder 3. Ausbildungsjahr befanden. Die Lehrenden – insgesamt sechs Teilnehmer – sind am Berufskolleg Rheinbach beschäftigt und waren an konkreten Umsetzungen im Modellversuch KooL beteiligt. Der didaktische Einsatz von Social Media ist von diesen Lehrern vorgenommen worden. Der Grundgedanke der pOS rekurriert auf die Offenheit der Befragung, indem nur Halbsätze vorgegeben wurden. Diese Satzergänzungen umfassten bei der Lehrendenbefragung insgesamt 50 Aussagen und bei der Lernendenbefragung 32. Die theoretische Fundierung und damit auch die Ableitung der Satzanfänge lassen sich auf didaktische Kategorien aus der Literatur zurückführen und wurden theoretisch differenziert betrachtet und hergeleitet. Eingehende Literaturanalysen führten zu didaktischen Bereichen, in die die Satzanfänge tendenziell eingeteilt werden können und auf deren Basis diese entwickelt wurden. Zur Auswertungsmethode kann kurz zusammengefasst werden: Es wurde so vorgegangen, dass das gesamte Datenmaterial gesichtet und der Gesamtkontext erkannt wurde. Danach erfolgte eine Befreiung des Materials von Dialekten und orthographischen Fehlern. Anschließend wurden die Rohdaten mit einem System bearbeitet, das sich regelgeleitet mit Verfahren des / der zusammenfassenden Protokolls / Inhaltsanalyse, der Konstruktion deskriptiver Systeme und der Darstellung von Kernaussagen beschreiben lässt. Verfolgt wurde dabei insbesondere eine systematische Kausalsatzanalyse, indem das Material schrittweise mit einem induktiv entwickelten Kategoriensystem bearbeitet und verdichtet wurde (Hier unterscheidet sich das Vorgehen im Vergleich zu TENBERG 2001. Er weist in Bezug auf die Clusterbildung aus, dass die Auswerter die Aussagen nach übergreifenden Kriterien ordnen und die zunächst groben Überbegriffe werden nach und nach verfeinert, bis die Grenze des Differenzierbaren erreicht ist (259). Dies lässt auf eine Kombination von deduktiven und induktiven Verfahren zur Entwicklung von Kategorien schließen. ) (vgl. MAYRING 2002, 114).
Es liegen insgesamt 50 Satzanfänge bei den Lehrenden und 32 bei der Lernendenbefragung vor. Die Aussagen lassen sich quantitativ auf folgende Werte zusammenfassen: Gesamtaussagen lassen sich insgesamt 1051 feststellen. Ein detaillierter Blick lässt 555 positive und 496 negative Aussagen erkennen.
Die Analyse der Aussagen der Lehrenden zeigt folgendes Bild. Es lassen sich insgesamt 190 Aussagen festmachen, die sich in 120 positive und 70 negative Aussagen aufspalten. Tendenziell kann also mit einem ersten quantitativen Blick eine positive Einstellung zur möglichen Gestaltung von Lernumgebungen mit Social Software (Lehrende) sowie zur Nutzung von Social Media zur Kompetenzentwicklung (Lernende) gezeigt werden.
1. Design-Problem
Design-Problem als erstes Designattribut bietet dem Lernenden eine komplexe und authentische Problemstellung. Authentisch meint in diesem Zusammenhang, dass die Problemstellung optimalerweise aus einer aktuellen oder zukünftigen Handlungssituation generiert wird, mit der sich der Lernende identifizieren kann. Weiterhin wird mit dieser Problemstellung eine Situierung angestrebt und der Lernende zum Design einer Problemlösung aktiviert. Eher pragmatisch gewendet, sind die Unterscheidungsmerkmale zu einer Aufgabenstellung genau die Authentizität und Komplexität und vor allem, dass sie zu Beginn der Lernsequenz gestellt und durch das gesamte didaktische Szenario als Leitelement verfolgt wird. Außerdem soll damit eine eigene „Entwicklungsleistung“ evoziert werden. Bezogen auf die beiden didaktischen Prototypen lässt sich ausweisen, dass jeweils eine komplexe „Designaufgabe“ den Lernenden gestellt wurde, die eine konkrete kooperative Entwicklungsarbeit gefordert hat.
Befunde aus der Erhebung zeigen, dass empfohlen wird, dass eine Anpassung der Lernaufgaben bei der Gestaltung von Lernumgebungen stattfindet (K314) und umfassende Aufgaben gestellt wurden, die nicht von Schülern alleine bearbeitet werden konnten (K292). Die Aufgaben wurden bei der Erstellung außerdem nicht aufgeteilt, da eine komplexe Lernsituation (K306) vorgegeben wurde und die Aufgaben gemeinsam bewältigt werden mussten / sollten (K304). Durch die Vorgabe durch Lernaufgaben (K351) konnte eine Steuerung des Lernprozesses ermöglicht werden. Ob Schwierigkeiten bei der Formulierung von Lösungen zu den Aufgaben vorherrschten, kann nicht klar belegt werden. Es bestehen Aussagen, die belegen, dass Aufgaben klar und nicht klar formuliert waren (K342, K332). Des Weiteren hat die Aufgabenstellung dazu aufgefordert, die Ergebnisse auszutauschen und zu bewerten (K171, K222). In Bezug auf die Authentizität kann aus der Studie belegt werden, dass z. T. keine Motivation durch fehlenden Berufsbezug vorgeherrscht hat (K21). Andererseits eröffnet die Authentizität und Komplexität mit Social Software Anwendungen neue Potenziale (K83). Die Rolle von Social Media wird in dieser ersten Sequenz als Konfrontationsmedium gesehen, da die Vermittlung der Problemstellung und die danach folgende Auseinandersetzung damit im Vordergrund stehen.
2. Design-Verständnis
Design-Verständnis als zweites Attribut dient den Lernendenteams dazu, sich ein Verständnis über die komplexe Design-Problemstellung zu verschaffen und zu interpretieren, was die Zielstellung darstellt. In diesem Abstimmungsprozess ist es wichtig, Feedback durch die Lehrkraft zu geben und gemeinsame Interpretationen und Ziele festzulegen. Den konstruktivistischen Grundgedanken aufgegriffen ist zu beachten, dass jedes Individuum die Situation vor seinem eignen Erfahrungshorizont interpretiert und durch kommunikative Prozesse eine einheitliche Grundlage geschaffen werden soll. Stärken und Schwächen einzelner Teammitglieder können hier schon diagnostiziert werden und gezielt zur Problemlösung eingesetzt bzw. gefördert werden. Die kooperative Festlegung und Planung ist wichtig, um gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten und eine isolierten Design Prozess zu vermeiden.
Aus der Erhebung lassen sich Befunde anbringen, die diese Abstimmung einfordern wie Unterschiedliche Informationen fördern Diskussionsbereitschaft (K35) und ein Blog oder Wiki bietet eine Struktur und Möglichkeit zum diskursiven Austausch (K175, K214). Gemeinsame Verantwortung durch die Diskussion gelöschter Artikel – beispielsweise im Glaskompendium – und die Vorwegnahem interessanter Artikel (K231) lassen sich belegen. Es bietet sich an, Social Media in der Rolle eines Kommunikationsmediums einzusetzen, um gemeinsame Abstimmungen über die Design-Problemstellung zu ermöglichen.
3. Design-Ressourcen
Design-Ressourcen als drittes Designattribut werden den Lernenden Ressourcen, die sie bei der Problemlösung unterstützen sollen, angeboten. Denkbar sind hier durchaus gezielte Input-Vorträge oder auch Dokumente zu einzelnen Schwerpunkten. Studien zeigen, dass vermehrt auf das Internet und Suchmaschinen zurückgegriffen wird, um Informationen zu finden. Es bietet sich an, unterschiedliche Kurzvideos, Podcasts oder andere Medienformate einzusetzen, um für den Designprozess dienliche Informationen anzubieten. Die Ressourcen können zentral auf einer Plattform bereitgestellt und angeboten oder von den Lernenden eingespeist werden. Auf diese Ressourcen wird während des ganzen didaktischen Szenarios zurückgegriffen; die Relevanten werden auf die Problemstellung hin angeeignet. Social Media bieten hier die Möglichkeit, Informationen in verschiedenen Medienformaten anzubieten.
Die Befunde zeigen, dass eine unabhängige Informationsbeschaffung (K34) von den Lehrenden attestiert wurde und alternative Informationen aus dem Web beschafft wurden (K53). Mehr Selbständigkeit / Selbsttätigkeit (K111) zeigt ebenfalls, dass die Ressourcen zwar bereitgestellt werden, aber nach individuellem Bedarf abgerufen werden und sich Wissensbestandteile angeeignet werden. Die Lernenden verwenden dabei Social Software um Wissenslücken zu schließen (K132). Probleme der Nutuzung von Ressourcen haben sich laut Befragung u. a. durch eine fehlende Internetverbindung (K144, K162) und auch durch den unkritischen Umgang (K165) mit Ressourcen ergeben. Auch die Datenmenge bei Recherchen im Internet wurde als Schwäche identifiziert (K167). Als Empfehlung bei der Bereitstellung von Ressourcen zeigen die Ergebnisse, dass ein Bewusstsein für Datenmüll geschaffen werden soll (K319). Außerdem wird explizit auf eine Berechtigung alter Medien (K323) und auf die Nutzung nicht zu vieler Medien parallel (K325) hingewiesen. Als Konfrontationsmedium lassen sich Social Media Anwendungen zur Bereitstellung von Informationen einsetzen. Auch durch Such- und Erkundungsprozesse (google, wikipedia) werden die Lernenden mit Inhalten konfrontiert.
4. Design-Komposition
Design-Komposition als viertes Designattribut versteht die Zusammenstellung erster Entwicklungsarbeiten durch die Lernenden. Das konkrete kooperative Entwickeln einer Social Media Anwendung bzw. eines Artefaktes oder Produkts wird in dieser Phase in Form von sog. Storyboards, Skizzen, Plänen, Entwürfen, etc. festgehalten. Nicht das fertige Produkt steht hier im Vordergrund, sondern umfassende Beschreibungen von Erstellungsprozessen, Teamprozessen, verwendeten Ressourcen, etc. werden expliziert. Auch weitere Planungs- und Umsetzungsschritte werden in der Design-Komposition positioniert.
Empirisch konnte aus der pOS Befragung der Lehrenden identifiziert werden, dass das Wiki die Erarbeitung und Veränderung / Diskussion gemeinsamer Beiträge fordert (K31) und Podcasting kreatives Arbeiten unterstützt (K136). Die Verschiebung vom Lernprodukt zum Lernprozess (K96) wird mehrfach genannt. Die Möglichkeit der Orts- und Zeitunabhängigkeit (K194, K151, K33, K373) wird als wichtige Eigenschaft aufgeführt. Nach Aussagen der Lehrenden verwenden die Lernenden auch Social Software, weil sie dadurch die Möglichkeit zum kreativen Arbeiten (K136) haben und Kooperation und Interaktion stattfindet (K374). Auch die Einfachheit der Software Wiki (K372) wird für die Entwicklung als positiv herausgestellt. Als konkretes Entwicklungsmedium finden Social Media Anwendungen in dieser Sequenz eine Verwendung, da die Komposition die Möglichkeit zur aktiven Entwicklung einräumen muss.
5. Design-Präsentation
Design-Präsentation als fünftes Attribut einer designorientierten Didaktik eröffnet den Lernenden die Möglichkeit, ihre Design-Komposition der Gesamtgruppe vorzustellen. Dies kann Online oder Face-to-face erfolgen. Kreative Methoden – z. B. didaktische Messe – zur Darstellung und Verdeutlichung der einzelnen bisher geleisteten Schritte und des Entwicklungsstatus sowie die nächsten geplanten Schritte und der Teamprozess werden verwendet, um anschließend ein umfassendes Design-Feedback zu erhalten. Die Präsentation soll nicht das fertig entwickelte Produkt zeigen, sondern den aktuellen Entwicklungsstand aufzeigen und die angesprochenen Bestandteile verdeutlichen. Dies dient nicht zuletzt dazu, erstens eine Verbindlichkeit herzustellen und zweitens sich durch die (didaktische) Aufbereitung und Präsentation Klarheit über den bisherigen Prozess zu verschaffen. Eine Öffentlichkeit für die Entwicklungen zu schaffen, kann in dieser Phase dienlich sein, da so eine Verantwortung für die Produkte erzeugt wird. Jedoch ist immer kritisch zu beachten, dass Öffentlichkeit im Netz sicherlich mit Nachteilen verbunden ist und dass das Web Inhalte auch dauerhaft speichert, die in anderen Kontexten zu Verunsicherung führen könnten.
Es lässt sich belegen, dass ein angeblicher Abbau der Ängste vor der Präsentation eigener Ergebnisse (K155) aufgetreten ist. Die Satzergänzungen der Lehrkräfte zeigen hingegen ein ambivalentes Bild dahingehend, dass nach Aussagen der Lehrkräfte, Social Software die Lernenden unterstützt hat, die Ergebnisse auszutauschen und zu bewerten, weil sie dadurch Mut zur Präsentation ihrer Ergebnisse (K174) entwickelt haben, andererseits aber auch teilweise fehlender Mut zur Veröffentlichung der Ergebnisse (K184) vorzufinden war. Als Präsentationsmedium eingesetzt, dienen Social Media hier der multimedialen Veranschaulichung der Design-Komposition und bieten die Möglichkeit, einzelne Bestandteile zusammenzuführen und zu verdeutlichen.
6. Design-Feedback
Design-Feedback als sechste Sequenz schafft eine Umgebung, in der konstruktives Feedback von Lehrenden aber insbesondere von den Lernenden der anderen Teams gegeben wird. Konstruktiv meint hier, dass es Perspektiven und Anregungen für die Zukunft bietet und außerdem konkret beschreibend, zielorientiert, hilfreich und subjektiv erfolgen soll. Sowohl die Lernenden als auch die gesamten anderen Teams sollten Verantwortung für die einzelnen Design-Kompositionen zeigen und die Richtigkeit der Inhalte prüfen. Lehrende sollten dabei weniger als Dozenten oder Instruktoren, sondern vielmehr als Initiatoren, Berater und Begleiter angesehen werden. Das Feedback bietet die Grundlage für die anschließende Design-Reflexionssequenz.
In Diskussionen über Arbeitsergebnisse eingreifen (K442) wird explizit nicht als Aufgabe des Lehrers gesehen, ebenso wenig wie Entwicklungsprozesse eingreifend zu manipulieren (K441). Der Zugriff auf Ergebnisse der Lernenden wird durch Social Software ermöglicht (K352) was wiederum ein Feedback erlaubt. Das Lesen und Kommentieren von Beiträgen (K434) wird als Aufgabe der Lehrkraft gesehen. Gegenseitige Bewertung (K495) wird als ein Lerneffekt für den Beruf der Lernende gesehen. Ganz im Vordergrund steht hier das Verständnis von Social Media als Kommunikationsmedium, um Feedback auch orts- und zeitunabhängig und in verschiedener Form (schriftlich, Audio, Video, etc.) zu ermöglichen.
7. Design-Reflexion
Design-Reflexion nimmt als siebte Sequenz das Feedback aus dem Design-Feedback auf und appliziert es auf die bisherige Design-Komposition. Damit werden Reflexionsprozesse ausgelöst und mögliche Planungsszenarien angeleitet. Der Fokus lenkt sich in der Design-Reflexionsphase teilweise weg von der eigenen Design-Komposition auf andere betrachtete Design-Kompositionen und ermöglicht eine mehr-perspektivische Betrachtung, um andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und auszuloten. Wichtig ist es in dieser Phase, noch einmal das Design-Problem und seine Interpretation zu betrachten, um eine Zielklarheit zu schaffen. Generell können Design-Reflexionsphasen durchgehend im Szenario als wichtig erachtet werden.
Social Software hat nach Aussagen eine aktive Auseinandersetzung unterstützt, da das Thema und die Darstellungsform frei wählbar sind (K371). Eine Metaebene zur Reflexion kann durch Social Software nach Aussagen der Lehrkräfte eingenommen werden (K353). In dieser Seuqenz wird Social Media als Entwicklungsmedium verwendet, um ausgelotete Möglichkeiten und Perspektiven in Richtung der Problemstellung zu entwickeln.
8. Design-Produkt
Design-Produkt als achte Sequenz schafft die Möglichkeit, das in der Design-Problemstellung fokussierte Artefakt oder Produkt zu finalisieren und über ein Konzept hinaus zu gestalten. Konkret wird basierend auf den erarbeiteten Design-Ressourcen und der dadurch erstellten Design-Komposition, das Design-Feedback und die Design-Reflexionsphase mit aufnehmend das finale Produkt entwickelt. Es geht dabei nicht um den konzeptionellen Entwurf (Design-Komposition) sondern um ein konkretes Produkt. Dies kann anschließend in einer Revisionsphase verfeinert und optimiert werden und beginnt bei Phase fünf oder dient als Design-Problemstellung für andere Teams und Lernende. Mit der finalen Fertigstellung des Produkts ist ein Prozess durchgeführt worden, bei dem unterschiedliche Kompetenzdimensionen gefördert und Wissen bezogen auf das Design-Problem verankert worden sind. Außerdem entspricht dieser Prozess einer authentischen Sequenzierung in verschiedensten Tätigkeits- und Arbeitsbereichen. Insgesamt wird verdeutlicht, dass somit durch den Design-Ansatz zwar eine Produktentwicklung angestrebt wird, aus intentionaler Sicht aber der kompetenzförderliche Prozess selbst das primäre Ziel ist.
Lernen von Problemlösung (K55) wird als ein Merkmal in Verbindung mit Social Software identifiziert. Auch die autonome, kreative und gemeinsame Gestaltung eines Produkts wird durch den Einsatz von Social Software hervorgehoben. Die Rolle von Social Media wird hier erneut und konkret dem Entwicklungsmedium gerecht, das zur kooperativen und auch kreativen Entwicklung eines Produkts genutzt wird.
Mit den Gestaltungsattributen einer designorientierten Didaktik mit Social Media wird eine erste Annäherung vorgestellt, damit wird insbesondere der Blick darauf gerichtet, Social Media Design als didaktischen Prozess zu konzipieren. ROTH 2001 konstatiert, dass die Endprodukte oder Artefakte von design-basiertem Lernen nur wenig über den Lernverlauf aussagen (vgl. 216). Somit muss neben dem eigentlichen fertigen Produkt oder Artefakt insbesondere der Prozess des Designens fokussiert werden. Hier wird vor allem die didaktische Gestaltung der Lernumgebung für einen optimalen Designprozess relevant. Der Prozess des Designens muss dokumentiert und zum Gegenstand von Reflexion gemacht werden. Als lernförderlich wird angesehen, die Designarbeiten in der Gruppe kooperativ auszuführen, um somit einen Austausch über die gemeinsame Designarbeit zu erreichen. SILLER 2007, 151 verweist auf REIMANN/ ZUMBACH 2001, die dazu formulieren, dass Lernen sich in größerem Umfang jedoch nur dann einstellen kann, wenn die Lernenden von ihrer Designaktivität abstrahieren und wenn die in der Designsituation enthaltenen Lernangebote auch genutzt werden. Die Entwicklung von didaktischen Artefakten im Rahmen eines Social Media Designs ist dahingehend auszurichten, dass den Lernenden eine berufliche Kompetenzentwicklung ermöglicht wird. Mit anderen Worten: Social Media Design ist in den Dienst der beruflichen Kompetenzentwicklung zu stellen. Dementsprechend sind die Problemstellungen dahingehend zu prüfen, welche Handlungen erforderlich sind und inwiefern ein Bezug auf den Handlungskontext der Lernenden gerichtet werden kann. Social Media Design ist mit der Gefahr verbunden, dass zwar eine umfassende mediale Gestaltungskompetenz aufgebaut werden kann, diese jedoch kaum auf die beruflichen Handlungsfelder übertragbar sind. Es ist differenziert zu betrachten, ob die Situationen in denen die Lernenden sich befinden, tatsächlich Situationen sind, die sie auch im Berufsalltag zu bewältigen haben, oder ob die beruflich relevanten Situationen nicht gänzlich andere sind und somit ein neues Transferproblem aufgebaut wird. Medienentwicklung könnte aus dieser Perspektive als neues Fach interpretiert werden, das die Lerninhalte der Lernenden determiniert. Folge dessen wäre der Aufbau trägen Wissens und das Entstehen eines damit verbundenen Transferproblems der Lernenden, so dass das Ziel der beruflichen Handlungskompetenz wieder aus dem Blickfeld gerät. Die Gleichsetzung von Medienentwicklungsprozessen mit der Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz, die in der Literatur häufig vorgenommen wird, muss an dieser Stelle kritisch reflektiert werden. Damit wird die Forderung erhoben, dass der Medienentwicklungsprozess wiederum in berufliche Handlungssituationen einzubinden ist und er dementsprechend der Bewältigung dieser Situationen dient. Die Nutzungsformen von Social Media können damit nur begrenzt als eigenständiger Handlungsprozess betrachtet werden. Sie sind in berufliche Handlungskontexte einzubinden, die dann die Entwicklung und Nutzung beispielsweise eines Glaskompendiums erfordern. Gerade hier besteht die Gefahr der Verselbständigung von Medien. Medienentwicklungsprozesse mit Social Media können dann als Chance begriffen werden, sofern eine Einbindung des Lernens mit Social Media in beruflich relevante Kompetenzentwicklungsprozesse gelingt und Medienentwicklungsprozesse im Kontext von Lernsituationen verankert werden(vgl. auch KREMER/ PFERDT 2008). Dies erfordert eine durchgängige Kompetenzorientierung in Bildungsgängen und nicht eine isolierte Einführung von Bildungsmaßnahmen. Die Nutzung von Social Media stellt sich dann nicht nur als anfänglich technologische Herausforderung, sondern erfordert darüber hinaus eine Veränderung der Arbeitskultur in Bildungsorganisationen und die Etablierung dieser. Nur dann wird es gelingen, den Computer nicht in bestehende didaktische Designs entsprechend einer Vermittlungsdidaktik zu zwängen, sondern den Lernenden über Social Media Design in die Gestaltungsrolle individueller Kompetenzen zu versetzen und ihnen somit den Pinsel zu übergeben.
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