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 bwp@ Ausgabe Nr. 15 | Dezember 2008
Medien in der beruflichen Bildung – Mit Web 2.0, ERP & Co. zu neuen Lernwelten?
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 15 sind H.-Hugo Kremer, Jens Siemon und Tade Tramm

Modellprojekt „effekt“ – ein Vorhaben zur Entwicklung und zum Einsatz digitaler Medien in der beruflichen Qualifizierung

 

online seit: 26.2.2009

1.  Ausgangsituation und Ansatz

Der gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Strukturwandel sowie die angespannte Lage auf dem Arbeits- und Beschäftigungsmarkt führen zu einer rasanten Entwicklung der Qualifikationsanforderungen und damit zu veränderten Qualifizierungsstrategien. In der Berufsausbildung sollen die Auszubildenden (Im Rahmen dieses Beitrages wird, aufgrund der besseren Lesbarkeit des Textes und nicht aus diskriminierenden Gründen, verallgemeinernd die männliche Geschlechtsbezeichnung verwendet.) befähigt werden, selbständig und mündig zu handeln. Die neuen gestaltungsoffenen Ausbildungsrahmenpläne spiegeln die Entwicklungen globalisierter Wettbewerbsstrukturen wider und bieten den Ausbildungsbetrieben essenzielle Grundlagen für eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung. Eine hierauf abgestimmte leistungs- und wettbewerbsfähige betriebliche Ausbildung kann angesichts dieser dynamischen Rahmenbedingungen nur noch gewährleistet werden, wenn die hochkomplexen Wertschöpfungsprozesse und Kundenbeziehungen mit Hilfe netz- und digitalgestützter Medien für Auszubildende visualisiert und mit Hilfe methodisch-didaktischer Reduktion erfahrbar und nachvollziehbar gemacht werden können. Damit können sie zu selbstmotivierten, -entdeckendem und -verantwortlichem Informations- und Lernprozessen genutzt werden und zu kompetenzbasierter Entscheidungsfähigkeit in Arbeitsprozessen führen. Für die konkrete betriebspraktische Umsetzung verlangt dies den Einsatz innovativer Ausbildungskonzepte sowie die Involvierung des betrieblichen Ausbildungspersonals. Hierbei kommt der Nutzung digitaler Informations-, Lehr- und Lernangebote eine Schlüsselrolle zu. Das immer schneller neu zu generierende berufliche Wissen erfordert eine an Geschäfts- und Leistungsprozessen orientierte Berufsausbildung (d.h. lebensbegleitendes Lernen). Flexibilität ist ein wichtiges Kriterium für künftige Lehrmittel. Mit Ausnahme der Grundlageninhalte sind die Ausbildungsinhalte in allen Bereichen ständig an aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Dies bestätigen die drei im Projekt „effekt“ involvierten Ausbildungsbetriebe aus Ihrer Ausbildungspraxis. Technische Inhalte überholen sich beispielsweise ca. alle 5 Jahre. Auch im betriebswirtschaftlichen Bereich gibt es einen ständig Anpassungsbedarf des Ausbildungsangebotes. An dieser Stelle sei aus der Praxis der beteiligten Projektunternehmen das Beispiel Energiemarktänderung genannt. Die Umwälzung auf dem Energiemarkt hat ganz selbstverständlich auch Einfluss auf die Ausbildung, wobei es hier zudem schwer abschätzbar ist, was sich ändert. Die Nutzung digitaler Lehr-/Lernmedien bitten die Chance der hier notwenigen Flexibilität gerecht zu werden.

In den letzten fünf Jahren hat sich aufgrund der Entwicklung von digitalen Lehr- und Lerninfrastrukturen das netzgestützte E-Learning verbreitet. In unterschiedlichen Lernarrangements versuchen Industriebetriebe Lernszenarien zu entwickeln, um dem Bedarf nach qualifizierungsstützenden Medienbausteinen nachzukommen. Dabei sind unterschiedliche Konzepte versuchsweise durch eigenes Ausbildungspersonal entwickelt worden. In der letzten Zeit stellt sich jedoch heraus, dass weder das Ausbildungspersonal, noch firmeninterne E-Learning-Arbeitsgruppen in der Lage sind, hochwertige Medienbausteine zu entwickeln. Viele Ausbildungsbetriebe sind sich bewusst, dass zukünftige Aus- und Weiterbildungsarrangements zunehmend auf betriebs- und branchenspezifisch organisierten netz- und digitalmediengestützten Informations- sowie Wissensmanagementsystemen basieren werden. Sie stehen vor der Herausforderung, dass weder die Auszubildenden noch die eigenen Ausbilder das dazu erforderliche Know-how (insbesondere Medienkompetenzen (Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend effektiv zu nutzen. )) im Umgang mit diesen Informationssystemen besitzen. Dies trifft nicht nur im Rahmen der betrieblichen Ausbildung sondern auch auf die alltägliche berufliche Anwendung neuer Medien und Technologien zu. Viele Unternehmen klagen über mangelnde Fähigkeiten der Auszubildenden im Einsatz und Umgang mit neuen Medien und Technologien. Nachhaltiges Medienverständnis ist von immenser Bedeutung, da nahezu alle Wertschöpfungs- und Geschäftprozesse im Unternehmen explizite Kompetenzen im Umgang mit neuen Medien erfordern und voraussetzen. Auf der einen Seite sind die Unternehmen für den berufspraktischen Teil der Berufsausbildung selbst verantwortlich, andererseits fehlt die Zeit und häufig die Qualifikation der betrieblichen Ausbilder, um neben den berufspraktischen Komponenten, Medienkompetenzen zu entwickeln und zu fördern. Gleichzeitig nimmt die Entwicklung von Medienkompetenzen in der berufsbildenden Schule nur eine untergeordnete Rolle ein. Auch im Rahmen der Föderalismusdebatte stellt sich die Frage, bei wem nun genau die Verantwortung für eine stärkere Berücksichtigung des Umgangs mit neuen und digitalen Medien in der beruflichen Qualifizierung liegt. „Neue Medien gewinnen jedoch durch das Internet und seine wachsende Leistungsfähigkeit im Hinblick auf Multimedia, Echtzeit-Übertragung und Benutzerfreundlichkeit eine völlig neue Dimension. Auch in der dualen Berufsausbildung werden sich unter diesem Einfluss in den kommenden Jahren Infrastruktur, Lernorganisation und Lerngewohnheiten nachhaltig verändern.“ (EHRKE 2002).

Im Rahmen der Neuordnung von Ausbildungsberufen wird bereits versucht, den neuen globalisierten Wettbewerbsstrukturen Rechnung zu tragen und die Berufsausbildung offener zu gestalten. Die Mehrzahl der Ausbildungsbetriebe kann sich eine Verknüpfung, d.h. eine berufspraktische Ausbildung durch den verstärkten Einsatz digitaler und neuer Medien und Technologien, durchaus vorstellen. Dies hätte den Vorteil, dass Fach- und Medienkompetenz gleichzeitig entwickelt, gefördert und somit noch stärker miteinander verzahnt werden könnten. Momentan fehlen einerseits die notwendigen methodisch-didaktisch konzipierten Arbeitsaufgaben, Ausbildungsmethoden und -mittel sowie andererseits die Qualifikation des betrieblichen Ausbildungspersonals. „ Obgleich in den vergangenen Jahren die technischen und organisatorischen Vorrausetzungen einer umfassenden Verbreitung von E-Learning in der betrieblichen Bildung gegeben waren, haben sich entsprechende Prognosen nicht realisiert. Dies ist nicht tautologisch auf Marktkonstellationen, sondern auf die didaktischen Konzepte des frühen E-Learning selbst zurückzuführen, welche sich in der elektronischen Nachbildung klassischer Lehrgänge erschöpften. Es wird daher nicht ausreichen, mit „Blended Learning“ neue und alte Lernmedien zu kombinieren, ihre jeweils dirigistische Didaktik aber unangetastet zu lassen. Es gilt, Leitlinien einer aufgabenorientierten Didaktik der neuen Lernmedien zu entwickeln, die diese erst im betrieblichen Umfeld einsetzbar machen.“ ( SEVERING 2003, 67-80)

Genau hier setzt das Modellprojekt „effekt – Verknüpfende Vermittlung von Fach- und Medienkompetenzen“, ein Vorhaben zur Entwicklung und Erprobung von mediengestützten Lern- und Arbeitsaufgaben sowie Aufgaben zur Leistungskontrolle und -bewertung am Beispiel der betrieblichen Ausbildung der neugeordneten Berufe Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkraft im Fahrbetrieb, an. Das Projekt zielt auf eine Qualifizierung der Auszubildenden im Sinne einer verknüpfenden Entwicklung von Fach- und Medienkompetenzen sowie einer gleichzeitigen Qualifizierung im Sinne einer Fort- und Weiterbildung der betrieblichen Ausbilder. Digitale Medien bieten hervorragende Potentiale für mehr Flexibilität in der beruflichen Ausbildung, da sie die schnelle Anpassung der Inhalte an neue Entwicklungen und Bedarfe und den Einsatz neuer Didaktik-Methodik-Ansätze ermöglichen. Der Erwerb von Fähigkeiten und Kompetenzen zum Umgang mit den neuen und digitalen Medien muss verstärkten Einzug in die betriebliche und überbetriebliche Ausbildung erhalten. Die Nutzung von neuen Medien zum strukturierten Arbeiten und Lernen erfordert ein ausgeprägtes Maß an Medienkompetenz. Hierin liegt ein zunehmend wichtiges Handlungsfeld für die betriebliche und überbetriebliche Ausbildung.

2.  Zielsetzungen des „effekt“ Projekts und Mehrwert für die Zielgruppe

Das Projektziel ist die Entwicklung und Erprobung eines mediengestützten Ausbildungskonzepts zur verknüpfenden Vermittlung von Fach- und Medienkompetenzen in der betrieblichen Berufsausbildung. Mit dem medienbasierten Qualifizierungsangebot wird „effekt“ die Reformen in der betrieblichen Ausbildung in den neugeordneten Berufen Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkraft im Fahrbetrieb unterstützen. Von unternehmens- und bundesweitem Interesse sind hier vor allem Lern-Lehr-Arrangements, die die gleichzeitige Vermittlung von fachlichen und medialen Kompetenzen ermöglichen. Die in das Projekt involvierten Ausbildungsunternehmen sprechen sich in diesem Zusammenhang für eine stärke Einbindung von digitalen Medien in die betriebliche Ausbildung und in die Vermittlung von Fachwissen aus. Das Ausbildungsangebot soll sowohl ein selbstgesteuertes und -motiviertes als auch ein betreutes Lernen sowie die Entwicklung und Erprobung individueller beruflicher Fähigkeiten, praktischen und theoretischen Wissens inklusive der entsprechenden Handlungskompetenzen zulassen. Zusätzlich wird das betriebliche Ausbildungspersonal innerhalb eines Fort- und Weiterbildungsangebots befähigt, neue Medien in der betrieblichen Ausbildung einzusetzen und mit neuen Inhalten zu erweitern. Das mediengestützte Qualifizierungsangebot „effekt“ zielt primär auf die:

•  Entwicklung und Etablierung eines innovativen modularen medienbasierten Ausbildungskonzepts für die betriebliche Berufsausbildung in den neugeordneten Berufen Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkraft im Fahrbetrieb

•  Befähigung der Auszubildenden zum selbständigen Planen, Durchführen und Kontrollieren

•  Entwicklung und Förderung von Handlungskompetenzen (u.a. Fach- und Medienkompetenz)

•  Entwicklung und Förderung von Kreativität, Selbstbewusstsein und Eigeninitiative

•  Erhöhung des Wirkungsgrades digitaler Medien in der betrieblichen Ausbildung

•  Fort-, Weiterbildung und Qualifizierung des Bildungspersonals zur Erhöhung der Nachhaltigkeit und Nachnutzung des „effekt“ Ansatzes

Die in das Modellprojekt involvierten Ausbildungsunternehmen sehen den Mehrwert für die Zielgruppe in der verknüpfenden Vermittlung von Fach- und Medienkompetenzen. Der Einsatz von digitalen Medien zur berufspraktischen Vermittlung von Fachkompetenzen würde gleichzeitig Medienkompetenzen entwickeln. Bislang fehlen jedoch einerseits entsprechende Lern-Lehr-Arrangements und web-didaktisch aufbereitete Materialien für die neugeordneten Berufe Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkraft im Fahrbetrieb. (Die Nutzung des Internets zur Informationsbeschaffung gestaltet sich vor allem aufgrund der fachlichen und inhaltlichen Qualität sowie der Unstrukturiertheit und Fülle des Informationsangebots wie teilweise auch rechtlicher Bedenken, als äußerst schwierig. Für eine Nutzung von unternehmenseigenen Intranets fehlen hingegen Ausbildungsmaterialien.) Andererseits mangelt es häufig an der Qualifikation des eigenen betrieblichen Ausbildungspersonals zum Einsatz digitaler Medien in der betrieblichen Qualifizierung.

Intention des Modellprojektes „effekt“ ist die Entwicklung einer Lernplattform, die basierend auf dem Blended Learning Ansatzes, betriebliche Qualifizierungsprozesse unterstützt und berufliche Handlungskompetenz (in Form der verknüpfenden Vermittlung von Fach- und Medienkompetenz) fördert. Nach Projektabschluss wird ein modulares und mediengestütztes Ausbildungskonzept mit praxisrelevanten und prozessorientierten Arbeits- und Kontrollaufgaben bestehen, welches in der Projektlaufzeit erprobt und evaluiert wurde. Zur Förderung der Nachhaltigkeit und Breitenwirkung wird das Ausbildungskonzept transferierbar auf andere betriebliche Ausbildungsberufe und -bereiche sein und ein Fort- und Weiterbildungskonzept zum „Ausbilden mit digitalen Medien“ für das betriebliche Ausbildungspersonal bereitgestellt.

3.  Web-didaktisches Konzept des Modellprojektes „effekt“

3.1 Grundüberlegungen

Zahlreiche abgeschlossene E-Learning Angebote in anderen Ausbildungsrichtungen boten lediglich eine technologiebasierte Plattform, doch ihnen fehlte es an Nachhaltigkeit, da sie in keinem Einklang mit einem methodisch-didaktischen Konzept standen. Künftig müssten Vorhaben weg von technologiedominierten Schemas hin zu einer nutzerorientierten Gesamtkonzeptionen (vgl. BONNAIRE 2006, 10). Diese Intention greift das innovative Projekt „effekt“ exemplarisch für die betrieblichen Berufsausbildungen in den neugeordneten Berufen Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkräfte im Fahrbetrieb (am Beispiel der E.ON Avacon AG, SWM GmbH und MVB GmbH) auf. Das digitale Qualifizierungsangebot „effekt“ umfasst eine mediengestützte E-Learning Plattform und ein ausgereiftes, nutzenorientiertes web-didaktisches Konzept.

Um den aktuellen Anforderungen des Arbeitsalltags gerecht zu werden, ist der methodisch-didaktische Leitgedanke des „effekt“ Projekts die Entwicklung von Handlungskompetenzen in der Berufsausbildung, die Orientierung an praktischen Arbeitszusammenhängen mittels arbeitsprozessorientierter Lern- und Arbeitsaufgaben sowie Aufgaben zur Leistungskontrolle und -bewertung. Die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erfolgt zielgruppenspezifisch, handlungsorientiert und lernerzentriert. Die Handlungsorientierung im Ansatz von „effekt“ ist charakterisiert durch eine Verknüpfung von Lernen und Handeln sowie eine Orientierung an realen Arbeitsprozessen, Problemen und Fragestellungen der betrieblichen Praxis der beteiligten Ausbildungsunternehmen. Der Einsatz von digitalen Medien bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten zum Erwerb von Handlungskompetenzen und ist einer der Schlüssel zum selbstmotivierten und -gesteuerten Lernen. Handlungsorientiertes Lernen und Ausbilden meint die Befähigung der Auszubildenden zur selbständigen Wissensaneignung, Problemlösung, Bewältigung neuer Situationen und Gestaltung ihrer Lebens-, Arbeits- und Umwelt. Dies setzt wiederum Lern-Lehr-Arrangements voraus, die in einem gewissen Maße von den Auszubildenden mit gestaltet werden können, was wiederum die Konfrontation mit Planungs-, Arbeits- und Lerntechniken beinhaltet und gestaltbare Materialien und Medien für eine zunehmende Selbstorganisation des Lernens erfordert. In diesen Lern-Lehr-Arrangements werden sich die Auszubildenden eigenständig komplexe betriebliche Situationen und Sachverhalte aneignen, die unterschiedliche fachliche Zusammenhänge beinhalten und in virtuellen Lernsituationen dargestellt sind. Die Nutzung neuer Medien zur Vermittlung von fachspezifischen Inhalten durch eigenständiges Denken und Handeln der Auszubildenden und der damit verbundene Erwerb von Handlungskompetenzen und beruflichen Fähigkeiten bilden den Mittelpunkt der handlungsorientierten Ausbildung im medienunterstützten Qualifizierungskonzept „effekt“.

Um den Wirkungsgrad digitaler Medien in der beruflichen Ausbildung nachhaltig zu erhöhen, orientiert sich das „effekt“ Projekt an der Idee des „Blended Learning“. Hierbei erfolgt eine sinnvolle methodisch-didaktische Verknüpfung einer Ausbildung mit traditionellen und digitalen Medien, bei der die Effektivität und Flexibilität von elektronischen Lernformen mit den sozialen Aspekten der Face-to-Face-Kommunikation mit dem Ausbildungspersonal und den Auszubildenden untereinander verbunden werden. Die Wissensvermittlung und das Lösen der Lern-/Arbeitsaufgaben erfolgt unter Einbeziehung verschiedener Medien. Hierdurch wird ein zeitgerechtes und nachhaltiges Lernen ermöglicht und die Auszubildenden zu einer schnellen und umfangreichen Wissensaneignung befähigt. Diese neue Herangehensweise des Wissenserwerbs weckt das Lerninteresse der Auszubildenden und steigert so auch den Lernerfolg. Bei mediengestützten Lernformen kann auch von einer Reduktion der durchschnittlichen Lerndauer ausgegangen werden, weil die Informationsquellen systematisch aufeinander bezogen und nachvollziehbar sind. Die Auszubildenden haben zum Beispiel die Möglichkeit, sich anhand ihrer Lehrbücher, Wissen zu einem Thema anzueignen und Hintergrundinformationen im Internet und in den bereitgestellten Informationsquellen in der Lernplattform festigen und vertiefen. Digitale Medien werden zur praxis- und prozessorientierten Vermittlung von Fachkompetenzen als Informations-, Ausbildungs- und Lern- sowie Leistungskontrollmedium eingesetzt. Der web-didaktisch gelenkte Umgang mit den neuen Medien schult zudem die Medienkompetenz. Somit kann auf diese Weise eine verknüpfende Vermittlung von Fach- und Medienkompetenz erfolgen.

Bleibt noch die Frage, wie der Content der Lernplattform generiert wird? Erfahrungen haben gezeigt, dass in der Vergangenheit Projekte oftmals hier Schwachstellen aufwiesen und daher nach Ablauf der Projektlaufzeit die entwickelten Lehr-Lern-Arrangements nicht weiter genutzt werden. Um genau dies zu vermeiden, verfolgt „effekt“ einen neuen Ansatz, welcher auf mehreren Grundüberlegungen basiert. Ausgangspunkt hierbei ist, eine Lerninfrastruktur zu schaffen, die es dem Ausbilder ermöglicht, einfach und schnell Lerninhalte in die Lernplattform einstellen zu können. Dies kann beispielsweise ermöglicht werden, indem für die einzustellenden Lernaufgaben bereits didaktisch vorstrukturierte Grundmuster als Vorlagen existieren, die vom Ausbilder einfach an die betrieblichen Gegebenheiten und spezifischen Aufgabenstellungen angepasst und mit bereits hinterlegtem und neu eingestellten Informations- Bildmaterial vernetzt werden können. Auf diese Weise kann der Materialpool der Lernplattform mit neuen Lernaufgaben und Informationsmaterial suggestive gefüllt werden. Einmal hinterlegte Aufgaben können später bei Bedarf so auch einfach für höhere Ausbildungsjahre in der Komplexität variiert werden und bereichern dann wiederum die Lernplattform mit neuem Content. Aber auch die Überlegung, dass im Zeitalter des Web 2.0 die Lerner nicht mehr nur Wissenskonsumenten sind, sondern selber beitragen, neues Wissen zu generieren, wird im web-didaktischen Konzept des Modellprojektes „effekt“ Einklang finden. Dies ist beispielweise in der Form vorstellbar, dass gute Aufgabenlösungen von Auszubildenden, als Musterlösungen in die Plattform einfließen können.

Um bisherige Probleme bei der Implementierung neuer Medien in der betrieblichen Bildung und fehlende Akzeptanz zu vermeiden, beinhaltet das „effekt“ Qualifizierungsangebot neben dem methodisch-didaktischen Konzept für die betriebliche Ausbildung der Auszubildenden ein Fort- und Weiterbildungskonzept für das Ausbildungspersonal, welches die betrieblichen Ausbilder zur Anwendung digitaler Medien in der Ausbildung befähigt. Da gerade hier Handlungsbedarf besteht und dies aus Sicht des Projektteams ein wesentlicher die Nachhaltigkeit von Lehr-Lern-Konzepten stützender Ansatzpunkt ist (vgl. Punkt 1).

3.2 Lerninhalte und Einsatzszenarien

Es ist Anforderung im Arbeitsalltag, sich selbstständig mit Aufgaben und Problemen auseinanderzusetzen und kreative Lösungsansätze zu finden. Zur Erhöhung des Verständnisses der Auszubildenden für ganzheitliche Geschäftszusammenhänge ist es erforderlich, dass Auszubildende technischer Berufe bereits in der betrieblichen Ausbildung auch an betriebswirtschaftliche Themenstellungen herangeführt werden. Durch das innovative Projekt „effekt“ werden die Auszubildenden an ein strukturiertes und ganzheitliches Arbeiten gewöhnt, indem sie sich handlungsorientiert mit komplexen arbeitsprozessorientierten Aufgabenstellungen befassen.

In Anlehnung an bspw. MERRILL ist grundsätzlich davon auszugehen, dass solche Lernprozesse zum Aufbau beständigen und gleichsam flexibilisierten Wissens führen, in denen der Lerner

•  mit der Lösung konkreter, authentischer und für ihn persönlich bedeutsamen Problemstellungen konfrontiert ist,

•  gezielt auf sein bestehendes Wissen zurückgreifen kann und

•  das entstehende neue Wissen in seine bestehenden Wissensstrukturen integrieren kann und zwar mit der Perspektive, zukünftig die für ihn bedeutsamen Handlungsprobleme besser lösen zu können.

Die Konzeption, Entwicklung und Erprobungen des mediengestützten Ausbildungskonzepts „effekt“ erfolgen für die Ausbildungsrichtungen Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkräfte im Fahrbetrieb. Dementsprechend werden sich die Lerninhalte und Einsatzszenarien in der beruflichen Ausbildung an den gültigen beruflichen Ausbildungsverordnungen, den betrieblichen Rahmenbedingungen sowie den aktuellen bildungs- und wirtschaftspolitischen Anforderungen orientieren.

Im Rahmen des Modellprojektes „effekt“ wird eine Lernplattform mit einer webbasierten Lerninfrastruktur für Lern-/Arbeitsaufgaben, Informations- und Arbeitsmaterialien sowie zur Leistungskontrolle und -bewertung für die betriebliche Ausbildung von Elektronikern für Betriebstechnik und Fachkräften im Fahrbetrieb entstehen. Unter Lern-/Arbeitsaufgaben werden unterschiedliche Formen von Arbeitsaufträgen zur Vermittlung von Qualifikationen verstanden, die immer bestimmte Ausbildungsinhalte mit konkretem Arbeitshandeln verbinden. Berufsrelevante Bildungsinhalte werden in lernsystematisch geordnete Lern-/Arbeitsaufgaben in Form von Kern- und Teilaufgaben umgewandelt. Unter einer Kernaufgabe ist in diesem Zusammenhang eine möglichst komplexe Aufgabe zu verstehen, die als besonders typisch für den betreffenden Arbeitszusammenhang (betriebliche Prozesse) gilt und die gleichzeitig in weiteren Ausbildungsbereichen Verwendung findet. Die Gestaltung der Kernaufgabe legt die Grundstruktur für das Verständnis und die Einordnung aller sie umfassenden Teilaufgaben fest. Die Kernaufgabe orientiert sich an der Ausbildungsverordnung, realen Arbeitsprozessen sowie Problemen und Fragestellungen der betrieblichen Praxis. Die Kernaufgabe wird so definiert, dass sie in möglichst einfache, leicht vermittelbare Teilaufgaben aufzugliedern ist, sodass die Teilaufgaben jeweils leicht bearbeitet werden können. Die Reihenfolge der zu bearbeitenden Teilaufgaben definiert sich einerseits durch die Steigerung des Schwierigkeitsgrades (vom Leichten zum Schwierigen, vom Einfachen zum Komplexen). Andererseits wird das Prinzip der erweiterten Kerntätigkeit angewendet, wonach Teilaufgaben an bereits in vorangegangenen Teilaufgaben vermittelten Tätigkeiten anknüpfen. Schrittweise werden so neue Tätigkeiten/Fähigkeiten vermittelt. Auch die Kernaufgaben bauen aufeinander auf. Ihre Komplexität steigt mit Fortschreiten der Ausbildung, d.h. beispielsweise ist eine Kernaufgabe für das erste Lehrjahr in höheren Lehrjahren eine Teilaufgabe.

Die Ausbildungsbetriebe sehen immer noch einen deutlichen Qualifizierungsbedarf der Auszubildenden der gewerblich-technischen Berufe im Bereich der ökonomischen Grundbildung. Gerade im betrieblichen Einsatz gewinnt entsprechende Fachkompetenz immer mehr an Bedeutung. Hierzu zählen z.B., dass auch ein Elektroniker ein Preisverständnis entwickelt sowie Markt-/ Preisrecherchen zur Angebotskalkulation, die Projektplanung/-gestaltung, die Qualitätssicherung von Arbeitsprozessen oder die Kommunikation mit Kunden erfolgreich bewältigen kann. Im „effekt“ Projekt werden daher u.a. mediengestützten Lern- und Arbeitsaufgaben am Beispiel der Berufe Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkräfte im Fahrbetrieb entwickelt, welche die betriebliche Ausbildung der technisch-gewerblichen Berufe bei der Vermittlung eines betriebswirtschaftlichen Grundverständnisses unterstützen. Die Eruierung der genauen Ausbildungsfelder sowie -situationen und damit die konkreten Ausbildungsinhalte der betrieblichen Bildungsprozesse erfolgt innerhalb der Bedarfs- und Anforderungsanalyse sowie der Aufnahme der Rahmenbedingungen. Mögliche Ausbildungsfelder sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.

 

Im Projekt „effekt“ soll sich vom weit verbreiteten sequenziellen Aufbereiten der Lerninhalte gelöst werden. Es ist vorgesehen, die einzelnen Themen der Ausbildungsverordnung in einem Handlungskontext zum arbeitsprozessorientierten IT-gestützten Lernen und Lehren zu verknüpfen. Die Gestaltung themenübergreifender Aufgaben fördert das praxisorientierte Handeln der Auszubildenden und eine kreative Herangehensweise an Probleme aus ihrem zukünftigen Arbeitsalltag. Im Gegensatz zu der linear-chronologischen Bearbeitung von Ausbildungsthemen sieht das Lern-/Arbeitsaufgabenkonzept „effekt“ vor, dass sich die Auszubildenden mit komplexen Aufgabenstellungen beschäftigen, die bestimmend für ihren Beruf sind. Im Projekt „effekt“ sind dies Tätigkeiten von Elektronikern für Betriebstechnik und Fachkräften im Fahrbetrieb.

Abgeleitet von den gemäß Ausbildungsverordnung vorgegebenen Lerninhalten könnte eine Kernaufgabe für einen Auszubildenden der Fachkräfte im Fahrbetrieb (auch für Auszubildende Elektroniker für Betriebstechnik) wie folgt lauten: Erstellen Sie ein Angebot für einen Neukunden, der durch Ihre neuen Marketingmaßnahmen auf Ihr Unternehmen aufmerksam geworden ist und demzufolge über Ihre Leistungen noch informiert und beraten werden müsste. Eine weitere konkrete Ausbildungslernaufgabe wäre z.B. die vergleichende Analyse und Bewertung verschiedener Beschaffungsstrategien und Logistikkonzepte mit anschließender multimedialer Präsentation, welche mit dem Ausbildungsthema „Planung und Disposition“ des Berufs Fachkräfte im Fahrbetrieb korrespondiert. Zur Bearbeitung und Lösung dieser prozessorientierten Aufgabenstellung nutzen die Auszubildenden das mediengestützte „effekt“ Ausbildungskonzept.

Im „effekt“ Ausbildungskonzept werden Kern- und Teilaufgaben unter Maßgabe der entsprechenden Ausbildungsverordnung zusammen mit den Ausbildungsbetrieben konzipiert und in mediengestützte Lern-Lehr-Arrangements eingebettet. Die aus der Ausbildungsverordnung stammenden Lerninhalte werden hier nicht, wie traditionell, der Reihe nach abgehandelt, sondern im Handlungskontext abgeleitet von realen Aufgaben und Problemstellungen miteinander verknüpft. Wie im späteren Arbeitsalltag ist die Lernaufgabe themenübergreifend zusammengesetzt und unterstützt die Vermittlung von sowohl technischen als auch betriebswirtschaftlichen Kenntnissen.

3.3 Lernprozesse des Anwenders

Das Bewältigen komplexer Aufgabe, die sich an betrieblicher Praxis orientieren, erfordert, wie in der späteren beruflichen Tätigkeit auch, die Kombination des technischen Know-hows mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Durch die Auseinandersetzung mit den Teilaufgaben gelingt es, die Auszubildenden schrittweise an die überwiegend selbstständige Lösung der Kernaufgabe heranzuführen und das Denken und Handeln in ganzheitlichen Zusammenhängen zu fördern. Zur Förderung des Aufbaus von ganzheitlichem Handlungswissen werden die Kern- und Teilaufgaben dabei so konzipiert, dass sie die Arbeitsschritte Informieren, Planen, Entscheiden, Ausführen, Kontrollieren und Bewerten umfassen, die beim Lösen jeder Teil- und Kernaufgabe angewendet werden.

Im Laufe der Bearbeitung der Kern- und Teilaufgaben, sollen die Auszubildenden ganzheitliches Handlungswissen erwerben, Arbeitsprozesse ihres künftigen Arbeitsalltags ganzheitlich begreifen und sich in einem Handlungskontext stehendes Wissen aneignen. Die handlungs- und praxisorientierten Lern-Lehr-Arrangements werden daher so gestaltet, dass die Auszubildenden selbst Lernprozesse initiieren, sich informieren, Lösungsvorschläge zu auftretenden Problem erarbeiten, diese präsentieren und argumentativ vertreten können. Zur Förderung der selbständigen Erarbeitung der Ausbildungsinhalte werden in die „effekt“-Lernplattform zielgruppengeeignete Informationsquellen sowie ein semantisches Netz integriert, anhand derer die Auszubildenden sich eigenständig Informationen zur Lösung von Lern-/Arbeitsaufgaben erschließen können. Zudem besteht die Möglichkeit zum Erfahrungssaustausch mit anderen Lernern sowie den Lehrenden/Experten. Auch der ebenfalls zu handlungsorientierten Lernprozessen gehörende Aspekt der Leistungskontrolle und -bewertung im Anschuss an die Lösung einer Lernaufgabe wird im Konzept berücksichtigt. So haben die Auszubildenden stets einen Überblick über ihre Erfolge und Verbesserungspotenziale. Die Motivation, diese Potenziale auszuschöpfen, fördert das eigenständige Arbeiten in umfangreichen Lernsituationen. Die „effekt“-Lernplattform stellt im Gegensatz zu bisherigen E-Learning-Konzepten zudem durch die Funktion der Reflexion (mit Selbst- und Fremdbewertung) einen deutlichen Mehrwert für Lerner sowie Lehrer dar. Für Auszubildende kann die Reflexion einerseits über die eigene Lernerfolgskontrolle oder ein Lerntagebuch und andererseits über das Feedback von anderen Auszubildenden und Lehrpersonal/Fachexperten erfolgen. Automatisch bereitgestellte Statistiken über den Leistungserfüllungsgrad für verschiedene Lernaufgaben oder auch die Bereitstellung von Rückmeldungen der Auszubildenden, wie beispielweise deren Einschätzung hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades einer Lernaufgabe, kann auch für den Ausbilder wichtige Erkenntnisse liefern und unterstützen, die betriebliche Ausbildung zu optimieren.

3.4 Technischer Realisierungsansatz

Ein wesentlicher Ansatzpunkt des Modellprojektes „effekt“ ist es, den Trend weg von Insellösungen und hin zu nachhaltigen Konzepten mit offenen Schnittstellen aktiv zu unterstützen. Das mediengestützte Qualifizierungsangebot „effekt“ wird die Möglichkeit bieten, zusätzlich zu den webbasierten Medien auch Printmedien und digitale Medien, wie z.B. CDs oder DVDs von Maschinenherstellern, die bereits in der betrieblichen Ausbildung im Einsatz sind, zu integrieren. Zudem sind Schnittstellen vorgesehen zu der bereits in der Ausbildung verwendeten Standardsoftware (wie Schreib-, Präsentations-, Bildbearbeitungs-, Rechenprogrammen).

Die Attraktivität webbasierter Lernumgebungen liegt in dem ständig wachsenden Netz an Informationen. Das Eintauchen in die Vielfalt mit immer wieder überraschenden Funden ist das Faszinierende. Doch die Informationsflut ist meist unstrukturiert und erfordert eine Ordnung, die zum Erreichen des Lernziels förderlich ist. Web-didaktische Ansatz des „effekt“ Qualifizierungskonzeptes ist es, dass die arbeitsprozessorientierten Lernaufgaben das strukturierende, didaktische Element bilden, welches die Auszubildenden in der Lernplattform zur Lösung leitet.

Die Wissensaneignung und der entsprechende Kompetenzerwerb werden den Auszubildenden erleichtert, indem die Lerninhalte zielgruppenspezifisch, mediendidaktisch aufbereitet werden (vgl. Abb. 1). Handlungsorientiertes Lernen und Ausbilden erfordert die konsequente Nutzung und Einbeziehung aller sich bietenden Möglichkeiten der Veranschaulichung. Das multimediale Qualifizierungskonzept bietet den Vorteil, dass hierdurch (mittels Schrift, Ton, Videos, Animationen etc.) Aufnahmekanäle für verschiedene Lerntypen bereitgestellt werden und so Lernprozesse positiv unterstützt werden können.

Durch die Implementierung der zuvor genannten digitalen Umsetzungselemente, werden die Lernaufgaben übersichtlich und verständlich web-didaktisch aufbereitet. Damit die komplexen Aufgaben von den Auszubildenden bearbeitet werden können, wird zusätzlich ein Informationsnetz in die Lernplattform integriert. Das heißt, dass die Lernenden auf Informationsquellen, wie eine Bibliothek, ein Lexikon oder einen Glossar zugreifen können, um die Aufgaben zu bearbeiten. Querverweise, Hilfetexte und Lösungshinweise geben den Auszubildenden Tipps, damit sie auf andere Quellen zugreifen und so das Lösen der Lernaufgabe erleichtert wird. Auch Elemente zur Lernfortschrittskontrolle (wie z.B. Lerntagebücher oder Planungsinstrumente) eignen sich hervorragend, um die Auszubildenden zur persönlichen Auseinandersetzung mit Lerninhalten und Lehrzielen zu animieren. Der Fokus liegt auf der Auseinandersetzung mit den eigenen Lernerfahrungen und -einstellungen. Das Lesen anderer Lerntagebücher ermöglicht zudem, das eigene Vorwissen (und entstandene Wissen) mit dem der anderen Auszubildenden zu vergleichen und zu verknüpfen. Des Weiteren fordert das Berufsleben die Integration in Teams und eine erfolgreiche Zusammenarbeit in diesen Gruppen. Damit sich die Auszubildenden schon frühzeitig an diese Form der Gemeinschaftsarbeit gewöhnen, werden Teilaufgaben auch in Gruppen zu bearbeiten sein. Um diese Teamarbeit zu unterstützen und zu erleichtern, können die Absprachen der Auszubilden durch die Verknüpfung von Face-to-Face Kommunikation und der Verständigung via Internet (d.h. Nutzung von elektronischen Informations- und Kommunikationssystemen, wie z.B. e-Mail, Foren, Skype, Chat) gemäß dem Blended Learning-Ansatz stattfinden.

Welche Medien, in welchem Umgang im „effekt“-Ausbildungskonzept zum Einsatz kommen, welche Lerninhalte mittels E-Learning vermittelt und inwieweit Präsenzveranstaltungen den Lernprozess ergänzen werden, hängt entscheidend von den Erkenntnissen und Entscheidung der 1. Projektphase ab. Die nachfolgende Graphik zeigt einen ersten konzeptionellen web-didaktischen Umsetzungsansatz und gibt einen Überblick, welche digitalen Medien das handlungsorientierte didaktische Konzept von „effekt“ unterstützen können. Es wurde versucht, bereits die Grundüberlegungen einfließen zu lassen, welche Elementen/Funktionen der Lernplattform die einzelnen Arbeitsphasen des Modells der vollständigen Handlung unterstützen können. Eine Detaillierung und Spezifizierung wird in der 2. Projektphase im Aufgabenbereich der methodisch-didaktischen Konzeption erarbeitet werden.

Die der Lernplattform zugrunde liegende Software wird insbesondere vor dem Hintergrund der Unterstützung des Nachhaltigkeitsansatzes auf Open Source (Open Source meint Software, deren Quelltext öffentlich zugänglich ist und dadurch die Weiterentwicklungen fördert. ) basieren. Inzwischen ist Open Source Software eine anerkannte Alternative zu kommerziellen Angeboten. Eine aktuelle von der der Europäischen Kommission 2006 in Auftrag gegebene Studie untersuchte die wirtschaftliche Bedeutung von Open Source (siehe unter 5.). Demnach ist der Marktanteil in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Für das Jahr 2010 prognostiziert die Studie bei den IT-Dienstleistungen einen Open-Source-Anteil von 32 Prozent und befürwortet eine stärkere Förderung von freier Software. Besonders die Europäische Union und zahlreiche öffentliche Verwaltungen unternehmen bereits jetzt erhebliche Anstrengungen, um den Einsatz von Open Source Software zu fördern (vgl. EUROPEAN COMMISSION 2006). Für den vorgesehenen Einsatzbereich des Modellprojektes „effekt“ und unter Berücksichtigung der bisherigen methodisch-didaktischen Überlegungen eignet sich das objektorientierten Kurssystem Moodle, eine Open Source- Lernplattform, als Basis für Weiterentwicklung. Aufgabe in der weiteren Konzeptionsphase des Modellvorhaben „effekt“ wird es sein, zu erarbeiten, welche Elemente/Funktionen von Moodle für den Einsatz in der betrieblichen Ausbildung eignet sind und in welcher Art und Weise Adaptionen und Erweiterungen sinnvoll sind.

Intention des Projektes „effekt“ ist es, ein offenes System zu gestalten, das jederzeit an die neuen technologischen Anforderungen angepasst und erweitert werden kann. Derzeit findet ein Umbruch des Internets (von Web 1.0 zu Web 2.0) statt. Es ist vorgesehen, auch die Technik der kollaborativen und interaktiven Elemente des Internets, mit denen es möglich ist, auf leichte Weise Informationen einzustellen und diese anderen Nutzern zugänglich zu machen, im medien- und netzgestützten Projekt zu berücksichtigen. Es sollen für das offene, sich selbst organisierende System Lösungen entwickelt werden, die über technologische Schnittstellen beliebige Anwendungen zulassen. Das heißt, dass zum Beispiel eine Bibliothek angelegt wird, die von den Auszubildenden und Ausbildern jederzeit erweitert und verbessert werden kann und nach dem „Wikipedia-Prinzip“ funktioniert. Die Nutzer sollen die Plattform aktiv mitgestalten, indem sie unmittelbar Informationen anreichern, ergänzen, kritisieren und korrigieren können. Diese Art der Kommunikation ist orts- und zeitunabhängig und bietet den Vorteil, dass sie jederzeit stattfinden kann und so der Lernerfolg sichergestellt wird.

Zwischen der Projektplattform und den Medien werden Schnittstellen entstehen, um einen Anreiz zu schaffen, das multimediale Ausbildungskonzept nach Abschluss des Projektes „effekt“ weiterhin zu nutzen. So kann eine dauerhafte Weiterentwicklung und Erarbeitung der Lernaufgaben und der damit verbundene Wissenstransfer sicher gestellt werden. Es sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die in den drei Projektjahren entstandene Lernplattform aktiv „weiterlebt“.

4.  Ausblick bezüglich der Verwertungs- und Transferpotentiale

Als Ergebnis des Projektes „effekt“ wird ein mediengestütztes Ausbildungskonzept für die betriebliche Ausbildung in den neugeordneten Berufen Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkräfte im Fahrbetrieb entstanden sein. Es werden für die betriebliche Ausbildung der o.g. neugeordneten Berufe am Beispiel der Ausbildungsunternehmen E.ON Avacon AG, MVB GmbH und SWM GmbH multimediale Lern-Lehr-Arrangements für handlungsorientierte und betriebspraktische Lern- und Arbeitsaufgaben sowie Aufgaben zur Leistungskontrolle und -bewertung entwickelt.

Die im Rahmen des Projektvorhabens „effekt“ entwickelten Lern- und Lehrmaterialien werden nach Projektende der Öffentlichkeit zur Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund der Erhöhung der Nachhaltigkeit wird im Projekt „effekt“ bereits bei der Konzeption und Entwicklung berücksichtigt, dass das Ausbildungskonzept modular, erweiterbar und mit offenen Schnittstellen gestaltet wird.

Im Folgenden werden die Erfolgsaussichten, die Ergebnisverwertung und Anschlussfähigkeit des „effekt“- Ausbildungskonzeptes dargestellt.

4.1 Wirtschaftliche Erfolgsaussichten

Wirtschaftlicher Erfolg ohne Bildung ist nicht möglich, dennoch ist der wirtschaftliche Erfolg der Bildung schwer messbar. Eine adäquate Ausbildung der Mitarbeiter ist eine Investition in die Zukunft. Wie viel Investition nötig ist, um einem Unternehmen Erfolg zu garantieren, lässt sich kaum abschätzen. Die Qualität des Humankapitals ist für die Leistung und den Wachstum eines Unternehmens von großer Bedeutung. Unternehmen brauchen junge, gut ausgebildete Fachkräfte, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen zu sein, somit sollte die Ausbildung des Personals in ganzheitlichen und komplexen Zusammenhängen stattfinden, um ein Lernen zu gewährleisten, das Beziehungen verständlich macht. Das „effekt“ Ausbildungskonzeptes zielt unter anderem auf die mediale Einbindung wirtschaftlicher Zusammenhänge innerhalb der technisch-gewerblichen Ausbildung ab. Die handlungsorientierten Lern-Lehr-Arrangements erleichtern den Auszubildenden, sich im späteren Berufsalltag zu integrieren und zurechtzufinden.

Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des zu entwickelnden web-didaktischen Ausbildungskonzepts hängen entscheidend davon ab, wieweit ein Transfer auf andere Ausbildungen möglich ist. Um dies genauer einschätzen zu können, sind aus berufspädagogischer Sicht zwei Aspekte von zentraler Bedeutung: die Problemlösefähigkeit der Auszubildenden und hierbei insbesondere die Entwicklung prozeduralen Wissens. Beide Aspekte sind wichtige, unverzichtbare Voraussetzungen dafür, dass Berufstätige selbständig berufliche Handlungsaufgaben lösen und auch längerfristig flexibel auf Änderungen der Arbeitsprozessgestaltung reagieren können.

Es wird davon erwartet, dass im Rahmen der Evaluation gezeigt werden kann, dass diejenigen Auszubildenden, die mittels des im Projekt zu entwickelnden Ausbildungskonzepts lernen, ein höheres Maß an Problemlösefähigkeit entwickeln (insbesondere mit Blick auf prozedurales Wissen) als vergleichbare Gruppen. Dies ist ein wichtiges Argument, dass für eine hohe Transferchance dieses Ausbildungskonzepts spricht. Aus diesem Grund wird die Entwicklung der Problemlösefähigkeit der Auszubildenden mittels eines quasi-experimentellen Untersuchungsdesigns evaluiert. Hierbei werden gezielt solche Handlungsaufgaben herangezogen, die nicht nur für die Ausbildungsberufe „Elektroniker für Betriebstechnik“/ „Fachkräfte im Fahrbetrieb“ relevant sind, sondern auch für verwandte Ausbildungsberufe.

4.2 Ergebnisverwertung und Transferchancen

Das Projektkonsortium des Vorhabens „effekt“ sieht eine nicht-kommerzielle Ergebnisverwertung für aussichtsreich. Der Ansatz der nicht-kommerzielle Verwertung begründet sich aus der Zusammensetzung des Projektkonsortiums (drei beteiligte Ausbildungsunternehmen und zwei Forschungspartner) und den mit dem Projekt verbundenen Kerninteressen der einzelnen Partner: die drei involvierten Ausbildungsunternehmen fokussieren auf eine Verbesserung der Qualität ihrer Ausbildung und die beiden Forschungseinrichtung sind vorrangig geleitet durch das Forschungsinteresse. Grundsätzlich kann vor diesem Hintergrund eine Verwertung in folgenden drei Ebenen betrachten werden:

•  Durchdringung der Ausbildung für die industriellen Elektroberufe bzw. Ausbildungsrichtungen im Bereich des Personennahverkehrs in Deutschland

•  Erweiterung des Konzepts auf andere Berufsausbildungen (Anwendergruppen/-industrien)

•  Nutzung von Teilergebnissen für verwandte Themenstellungen

Spätere Einsatzszenarien und damit Transferpotentiale des Ausbildungskonzepts stellen andere gewerblich-technische Ausbildungen dar, die nicht Bestandteil der Erprobungen waren. Das Konzept kann auf die ca. 15.600 Auszubildenden in den industriellen Elektroberufen (Elektroniker für Automatisierungstechnik, für Gebäude- und Infrastruktursysteme, für luftfahrttechnische Systeme, Betriebstechnik, für Geräte und Systeme) adaptiert werden. Gleiches gilt für eine Übertragung im Bereich der Ausbildungsanforderungen „Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“, „Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes“, „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit“, „Umweltschutz“ oder „Qualitätsmanagement“, da diese übergreifend über alle Ausbildungsberufe in der betrieblichen Ausbildung vermittelt werden müssen.

Zur Förderung der nachhaltigen Nutzung der Projektergebnisse und der Anschlussfähigkeit ist eine aktive Kommunikation mit branchenspezifischen Verbänden vorgesehen.

Das Modellprojekt „effekt“ ist ein Forschungsvorhaben im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Förderprogramms „Neue Medien in der Bildung“ und wird aus Mitteln des Bundes und des Europäischen Strukturfonds (ESF) unterstützt.

Das Forschungsvorhaben „effekt“ gibt Impulse zur Entwicklung einer neuen Lehr- und Lernkultur im Bereich der betrieblichen Ausbildung. Es fokussiert sich auf die Aus- und Weiterbildung von Lernenden sowie Lehrenden. Hierbei sind Konzepte gefragt, die auf der einen Seite die Selbstlernmotivation gerade in dieser Zielgruppe fördern und mit geeigneten Medien und Konzepten die Durchführung erfolgreich machen. Die Herausforderungen liegen in der Überwindung der traditionellen und der Herausbildung einer adäquaten innovativen, virtuellen Lehr- und Lernplattform. Es soll eine möglichst breite Akzeptanz bei den Lehrenden und Lernenden erreicht werden, um die effiziente Entwicklung und Verbreitung der neuen Medien in der beruflichen Bildung zu bewirken.

 

Literatur

BALLSTAEDT, S. P. (1997): Wissensvermittlung. Die Gestaltung von Lernmaterial. Weinheim.

BONNAIRE, I. (2006): Informationsveranstaltung Aktionsprogramm im Bereich E-Learning. Nationale Agentur des BIBB. Online: http://www.na-bibb.de/uploads/e-learning/el_bonnaire_prioritaet_elearninglast.pdf (15.11.2008).

EHRKE, M. (2002): E-Learning in der Berufsausbildung. Ein Beitrag aus gewerkschaftlicher Sicht zur aktuellen Diskussion über das berufliche Lernen und über die betriebliche Lernorganisation der Zukunft. Frankfurt am Main. Online: http://www.projekt-alf.de/elearning/IGMBewertung.php (15.11.2008).

EUROPEAN COMMISSION (2006): Study on the Economic impact of open source software on innovation and the competitiveness of the Information and Communication Technologies (ICT) sector in the EU.

IWM - Institut für Wissensmedien: Mediengestaltung. Didaktisches Design.
Online: http://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/ (29.11.2006).

SEVERING, E. (2003): Anforderungen an eine Didaktik des E-Learning in der betrieblichen Bildung. In: DEHNBOSTEL, P. et al.: Perspektiven moderner Berufsbildung. Bielefeld, 19-32 [Nachdruck in: Loebe, H.; Severing, E. (Hrsg.): eLearning für die betriebliche Praxis. Wirtschaft und Weiterbildung Bd. 30. Bielefeld, 67–80].

VERORDNUNG über die Berufsausbildung in den industriellen Elektroberufen, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2003 Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 11. Juli 2003.

VERORDNUNG über die Berufsausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002, Teil / Nr. 2612, 11. Juli 2002.

 

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