Jürgen
van Buer / Olga Troitschanskaja
Abstract
Das
Betriebspraktikum als Lernort im Lernortverbund - zwischen Anspruch und
Wirklichkeit
U. a. aufgrund
der derzeit angespannten Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt gewinnt
die vollzeitschulische Berufsausbildung mit einer externen Kammerprüfung
zunehmend an Gewicht in der aktuellen berufsbildungspolitischen Diskussion.
Die Besonderheit der hier diskutierten Variante dieser Ausbildung in der
dreijährigen Berufsfachschule ist die feste Integration eines 12-wöchigen
Betriebspraktikums. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs
VERONIKA des Berliner Oberstufenzentrums Bürowirtschaft &
Dienstleistungen kommt der empirisch gestützten Beantwortung der
Frage, welche Funktionen diesem Praktikum zugeschrieben werden und welche
es tatsächlich erfüllt bzw. erfüllen kann, ein zentraler
Stellenwert zu. Die grundlegende Frage diesbezüglich ist:
Kann die
Virtualität der Lehr- und Ausbildungsangebote in der Berufsschule
- wie auch immer platziert zwischen Scholarisierung und komplexer Simulation
- durch die Erfahrungen und das Lernen in der Einbindung in betriebliche
Wertschöpfungsketten bedeutsam zumindest "angereichert"
werden?
Zur einschlägigen Literatur: In der einschlägigen Literatur
findet man so gut wie keine empi-rischen Studien zu Funktionen des Betriebspraktikums
im Rahmen der vollzeitschulischen Berufsausbildung. Auch mit Bezug auf
Überlegungen zu den Praktika in der Sekundarstufe I wird generell
wird die folgende These vertreten: Das Praktikum kann als funktional vielfältiges
Instrument für einen Einblick in reale Arbeitswelt sowie in wirtschaftliche
und organisatorische Vorgänge des Praktikumbetriebes genutzt werden.
Je nach Modell reichen sie von Qualifizierungs- über Orientierungs-
über Transfer- bis hin zur Sozialisationsfunktion.
Zu den empirischen Studien der WB: Hinsichtlich der oben formulierten
Fragen wurden mehrere Studien mit (halb-)standardisierten Fragebögen
durchgeführt, die jeweils 60 - 80 Schüler/innen umfassen. Die
Jugendlichen wurden kurz vor dem Beginn und gleich nach dem Abschluss
des Praktikums gefragt, welche Arbeiten sie zu tun hatten (mittels Ausbildungstagebuch),
welche Erfahrungen sie gemacht haben und wie sie diese für ihre weitere
Entwicklung im Bildungsgang sowie für ihre berufliche Laufbahn nutzen
wollen.
Zu den Befunden: Mittels faktorenanalytischer Auswertungen ist es nicht
möglich, die theoretisch postulierte Funktionsstruktur zu rekonstruieren;
als eigenständige Dimensionen empirisch nachweisbar sind Erfahrungs-,
Erlebnis- sowie Verbindungs- und Transferfunktion. Zusätzlich kann
festgehalten werden:
- Die Schüler/innen
akzeptieren das Praktikum in hohem Maß, nicht zuletzt auch als
neuer Erfahrungsraum "weg von Schule".
- Je nach
ausgeführten Tätigkeiten und erlebter Betreuung im Praktikum
variiert die Erfahrung der Jugendlichen zwischen klarer Dominanz von
einfachen Routinetätigkeiten als kostengünstiger Mitarbeiter
bis hin zu komplexen Arbeitstätigkeiten in unterschiedlichen Abteilungen
des Unternehmens.
Die kaum
überschaubare Bandbreite der im Praktikum geleisteten Arbeitstätigkeiten
über die Schüler/innen hinweg macht es zu einem zentralen Problem,
diese Lern- und Entwicklungserfahrungen und die erworbenen Kenntnisse
der Jugendlichen curricular sowie didaktisch-methodisch in den Unterricht
systematisch einzubinden.
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