wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 
CHRISTOPH SCHWEERS (Universität zu Köln)
Bildungsnetzwerke in Theorie und Praxis - Ausgewählte empirische Befunde aus dem Modellversuch ANUBA

Abstract


Bildungsnetzwerke scheinen angesichts ihrer vermehrten Thematisierung in der wissenschaftlichen Diskussion sowie der mit ihnen in der Praxis verbundenen Hoffnungen durchaus en vogue zu sein. Gerade die Betrachtung von Netzwerken aus der Perspektive von Organisationen und Institutionen anstelle der bisher vorherrschenden Betrachtung der Mikroebene verspricht ein hohes Innovationspotenzial. Konkrete Erfahrungen und empirische Befunde bzgl. der Zusammenarbeit von Organisationen in solchen regionalen Bildungsnetzwerken sind jedoch bisher vergleichsweise dünn gesät. Eine erste Grundlage soll hier die Zwischenevaluation der im Rahmen des Modellversuchs ANUBA initiierten Netzwerke bieten.
In diesem Beitrag sollen die Erfahrungen aus den verschiedenen Projekten bzw. Regionen dargestellt werden. Daran anschließend werden die vorliegenden empirischen Ergebnisse aufgearbeitet, wobei die im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Experteninterviews insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern ausgewertet wurden.


2. Beschreibung der Ausgangslage
2.1 Bildungsnetzwerke in der aktuellen Diskussion


Bildungsnetzwerke, verstanden als eine Menge von Akteuren, die sich mit beruflicher Bildung befassen, die über verschiedene Beziehungen miteinander verbunden sind, finden in vielfältiger Weise Eingang in die aktuelle bildungspolitische Debatte (siehe HAMM/ TWARDY/ WILBERS 2001, 55ff.). So bezeichnet etwa der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang CLEMENT Bildungsnetzwerke als eine Reaktion auf die aktuellen Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft:

"Wir beobachten Netzwerke in der Politik, in der Wirtschaft, in den Wissenschaften und in vielen anderen Bereichen. Die Veränderungen in der Berufsbildung sind so betrachtet eine Antwort auf die Veränderungen in der Wirtschaft, sie ergeben sich vor allem durch die Beschränkung vieler Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen. Dies führt zu einer Spezialisierung, die etwa für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Ausbildung nicht selten problematisch ist. Netzwerke, speziell Berufsbildungsnetzwerke, helfen dies auszugleichen." (CLEMENT 2002, 37)

Ein etwas anderer Argumentationsgang, der aber auch die Bedeutung der intensiven Betrachtung von Bildungsnetzwerken deutlich macht, findet sich bei LUNDVALL:

"First, it is assumed that the most fundamental resource in the modern economy is knowledge and, accordingly, that the most important process is learning. […] Second, it is assumed that learning is predominantly an interactive and, therefore, a socially embbeded process which cannot be understood without taking into consideration its institutional and cultural context." (LUNDVALL, 1992, 1)

Dabei greift die Diskussion um Bildungsnetzwerke verschiedene bekannte, aber auch neuere Diskussionslinien aus dem Bereich der Wirtschafts- und Berufspädagogik auf. Zu den klassischen Diskussionslinien zählen die Lernortkooperation, die Weiterbildungsnetzwerke sowie das lebenslange Lernen. Zu den neueren Diskussionssträngen, die in Bezug auf Bildungsnetzwerke von Interesse sind, zählen die geänderten, nunmehr lernfeldorientierten Rahmenlehrpläne, die Gewinnung neuer Partner sowie die vermehrte regionalisierte Betrachtung der Berufsbildung. Zu der zunehmenden Betrachtung einer Regionalisierung der Berufsbildung zählen etwa die Etablierung von Kompetenzzentren, regionale Bildungsdialoge sowie die damit verbundene Ausrichtung anhand des Leitbilds der lernenden Region und ebenfalls gewünschte regionaler Chancengleichheit. Die faktische Umsetzung von Bildungsnetzwerken findet sich in vielfältiger Weise im gesamten europäischen Raum wieder. (vgl. HAMM/ TWARDY/ WILBERS 2001, 57f. sowie BREUER/ SCHWEERS/ TWARDY 2002, 44ff.)

Dass Netzwerke kein Allheilmittel darstellen und nicht nur Möglichkeiten und Potenziale, sondern auch vielfältige Grenzen aufweisen, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden (vgl. WILBERS 2002, 8ff.). Nicht zuletzt hat der beinahe schon inflationär zu nennende Gebrauch dieses Begriffs in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen dazu beigetragen, eine hohe Erwartungshaltung zu schüren. Wie hoch diese Erwartungen an das Netzwerkkonzept sind, belegen auch die folgenden Ausführungen:

"The fact that so many researchers, from such different disciplines, almost simultaneously discovered the network perspective is not surprising. Its utility is great, and the problems that can be answered with it are numerous spanning a broad range of disciplines." (WASSERMANN/FAUST 1994,10)

Wohl nicht zuletzt deshalb sprechen einige Autoren mittlerweile von einer fast schon mythisch anmutenden Überhöhung des Netzwerkbegriffs (vgl. bspw. REIß 1998 oder HELMER/ FRIESE/ KOLLROS/ KRUMBEIN 1999). Insbesondere scheint die aufgeführte hohe Erwartungshaltung unter Berücksichtigung der zum jetzigen Zeitpunkt wenig zufrieden stellenden empirischen Datenlagen problematisch (siehe WILBERS 2002, 10). Zur Beseitigung dieser problematischen Situation soll die im Folgenden dargestellte empirische Untersuchung der Bildungsnetzwerke, die im Verlauf des Modellversuchs ANUBA initiiert wurden, einen Beitrag leisten.

2.2 Skizze des Modellversuchs ANUBA


Im Rahmen des Modellversuchs ANUBA (Langtitel: Aufbau und Nutzung von Bildungsnetzwerken zur Entwicklung und Erprobung von Ausbildungsmodulen in IT- und Medienberufen (zu dieser und den folgenden Ausführungen vgl. LSW/ NLI 2001oder siehe http://www.anuba-online.de)) sollen Bildungsnetzwerke aufgebaut und genutzt werden. In diesen Bildungsnetzwerken werden Module für die Ausbildung in den IT-Berufen (z.B. Informatikkaufmann/-frau) oder in den Medienberufen (z.B. Mediengestalter/-in) entwickelt und erprobt. Hierfür wurden in Niedersachsen Zusatzqualifikationen im IT-Bereich entwickelt und erprobt, während es in Nordrhein-Westfalen Lernfeldcurricula im Bereich der Medienberufe in Kooperation mit regionalen Partnern zu entwickeln galt. ANUBA wird von je mindestens einer Schule aus den Regierungsbezirken Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule des Landes Nordrhein-Westfalen in Soest (LfS) und dem Niedersächsischen Landesinstitut für Schulentwicklung und Bildung in Hildesheim (NLI) durchgeführt. An den jeweiligen Schulstandorten - wobei in Niedersachsen sowie im nordrhein-westfälischen Regierungsbezirk Köln je zwei Schulen beteiligt sind - findet sich jeweils ein zuständiger Lehrer, welcher als Bildungsnetzwerker zum einen die Aufgabe hat, ein Netzwerk an seiner Schule zu initiieren, zu planen, zu betreiben und anschließend zu bewerten. Zum anderen sollen die Bildungsnetzwerker die so gewonnenen Erfahrungen als wesentliche Grundlage für eine fallbasierte Lehrerfortbildung einbringen, die von den Landesinstituten in Kombination von Präsenz- und Telelernphasen unter Nutzung einer Lernplattform derzeit (Herbst 2002) erstmalig durchgeführt wird (zur inhaltlichen und methodischen Ausgestaltung der Fortbildungsmaßnahme vg. SCHWEERS/ WILBERS 2002 bzw. SCHWEERS/ STRAHLER/ TIEMEYER 2002).

ANUBA wird wissenschaftlich begleitet durch den Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpädagogik der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen, die auch die im Folgenden genauer dargelegte Zwischenevaluation geplant und durchgeführt haben.



3. Untersuchungsdesign

3.1 Zielsetzung

Die Zwischenevaluation hatte als primäres Ziel, den derzeitigen Erfahrungsstand bei der Arbeit mit regionalen Bildungsnetzwerken im Modellversuch ANUBA zu erfassen. Ziel war es dabei, die anhand der Tätigkeit als Bildungsnetzwerker erworbenen Erfahrungen zu ermitteln und kritisch zu reflektieren. Die so gewonnenen Ergebnisse sollen bei der Gestaltung des letzten Modellversuchsjahres entsprechend berücksichtigt werden. Zudem sollen die Erfahrungen aus der Zwischenevaluation in die Gestaltung der fallbasierten Fortbildungsmaßnahme zum Bildungsnetzwerker einfließen und so zur Vermeidung von so genannten "arm-chair-cases" beitragen.

Weiterhin hatte die Evaluation den Zweck, methodische Erfahrungen bei der Untersuchung regionaler Bildungsnetzwerke zu sammeln und damit ein entsprechendes Untersuchungsinstrumentarium für die Abschlussevaluation der Modellversuchsprojekte zu entwickeln.

Die auf diesem Wege gewonnenen Erkenntnisse sollten in dieser Form nur sehr bedingt verallgemeinert werden. Diese formativen Evaluationsergebnisse bieten jedoch für den noch laufenden Modellversuch eine gute Grundlage für Verbesserungsvorschläge und stellen einen guten Ausgangspunkt für Abschlussevaluation dar.

3.2 Methodisches Vorgehen

Die Zwischenevaluation basiert zu einem großen Teil auf qualitativen Untersuchungsmethoden und orientierte sich dabei insbesondere am Instrumentarium des problemzentrierten Interviews (vgl. FRIEBERTSHÄUSER 1997, 379ff.). Dabei wurden vor allem die vierzehn ANUBA-Netzwerker als Experten im Bereich der Arbeit mit regionalen Bildungswerken im Rahmen von Interviews befragt. Als Ausgangspunkt für das jeweilige Interview mit den Netzwerkern wurde ein einleitender Kurzfragebogen verwendet, welcher außerdem einen ersten Ansatzpunkt für das zu entwerfende quantitative Untersuchungsinstrumentarium der Abschlussevaluation darstellt. Auf die Angaben aus dem Kurzfragebogen aufbauend wurde dann ein leitfadengestütztes Interview durchgeführt.

Dabei war angesichts des bis dato wenig empirisch untersuchten Forschungsgegenstands der Bildungsnetzwerke eine zu starre Vorstrukturierung durch den Interviewleitfaden wenig angebracht, weshalb eine offene Interviewgestaltung besondere Berücksichtigung fand . Diese Offenheit umfasste dabei sowohl methodische wie auch inhaltliche Aspekte. So wurde bspw. bei der Befragung der Auszubildenden anstelle des ursprünglich vorgesehenen Gruppeninterviews aufgrund des geringen Feedbacks in der Interviewsituation auf eine schriftliche Befragung zurückgegriffen, welche sich als wesentlich Erfolg versprechender erwies. Auch konnte durch die inhaltliche Offenheit des Manuals intensiv auf Schwerpunktsetzungen bzw. Anliegen der Befragten im Interviewverlauf eingegangen werden.

Weiterhin wurde versucht, Ansprechpartner der jeweiligen regionalen Partner für ein kurzes Interview zu gewinnen, sowie die Meinung der an den durchgeführten Maßnahmen jeweils teilnehmenden Auszubildenden zu ermitteln. Die Aufzeichnung erfolgte mittels eines MP3-Rekorders, um auf diesem Weg einen Austausch zwischen den beiden Standorten der wissenschaftlichen Begleitung zu ermöglichen. Die Auswertung der Interviews erfolgte im Wesentlichen stichpunktartig anhand der Schwerpunkte des entwickelten Interviewleitfadens.

3.3 Zusammensetzung der Interviewpartner

Neben allen an ANUBA beteiligten vierzehn Netzwerkern wurden einige regionale Partner sowie einige Gruppen beteiligter Auszubildender befragt.
Insgesamt wurden sieben Vertreter von regionalen Partnern interviewt. Die drei niedersächsischen Vertreter waren allesamt Ausbilder, welche an einem Projekt mitwirkten, wohingegen von den vier nordrhein-westfälischen Repräsentanten aus drei verschiedenen Standorten lediglich einer als Ausbilder tätig war und die drei anderen in anderen Bildungsinstitutionen beschäftigt waren. Die Größe der Ausbildungsbetriebe variierte zwischen einem Kleinbetrieb, der bisher noch nicht ausbildet, über einen mittelständischen Betrieb mit rund 400 Mitarbeitern und ungefähr einem Dutzend Auszubildenden im Medienbereich bis hin zu einem Großbetrieb, welcher alleine 500 Auszubildende zählt. Ähnlich heterogen waren auch die vertretenen Bildungsinstitutionen. Hier reichte das Spektrum von einer kleinen, privatwirtschaftlich organisierten Akademie über ein von einem Verband getragenes Bildungswerk bis hin zum Vertreter der regionalen Niederlassung einer bundesweit agierenden Weiterbildungsinstitution.

Bei der Befragung der Zielgruppe wurde eine Klasse angehender Mediengestalter in Nordrhein-Westfalen sowie die Teilnehmer zweier Zusatzqualifikationen in Niedersachsen befragt. Diese relativ kleine Fallauswahl ergab sich insbesondere durch die im Schuljahr vergleichsweise späte Terminsetzung der Zwischenevaluation. Die Hälfte der Zusatzqualifikationskurse in Niedersachsen war bereits beendet und ein Teil der Auszubildenden etwa aufgrund von Blockunterricht, abgeschlossenen Prüfungen u.ä. nicht mehr zu erreichen. Eine versuchsweise initiierte Befragung eines bereits abgeschlossenen Kurses via E-Mail führte leider zu keinerlei Rückmeldung.

4. Darstellung der Ergebnisse


Die aus der im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Untersuchung gewonnen Ergebnisse sollen nun insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern aufgearbeitet werden. Dabei werden Ergebnisse, die die spezifischen Arbeitsfelder (siehe hierzu SCHWEERS/ WILBERS 2002, 36) des Bildungsnetzwerkers vor Ort sowie Auswirkungen dieser Erkenntnisse auf die Fortbildungsgestaltung, aufgrund der vorgenommen Schwerpunktsetzung auf die Kooperationsbeziehungen außen vor gelassen. Zudem ist eine abschließende Einschätzung noch nicht möglich, da die Arbeit in den Projekten zum Zeitpunkt der Evaluation (insbesondere im Bereich der Verstetigung und des Transfers der erarbeiteten Ergebnisse) noch andauerte.

4.1 Ausgewählte Ergebnisse zur Präzisierung von Lernfeldcurricula

Bei den ANUBA-Standorten in NRW soll eine kooperative Präzisierung der lernfeldorientierten Curricula in den Medienberufen durchgeführt werden.
Die tatsächliche Zusammenarbeit mit betrieblichen regionalen Partnern ist allerdings an den meisten Standorten bisher nur ansatzweise gelungen. Dabei war die Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit sehr heterogen. So wurde bei zwei Standorten ein Lernfeld als Projektarbeit gestalten und hier wiederum ein Teil der auszuführenden Arbeitsschritte auf den betrieblichen Teil der Ausbildungszeit verlagert. Ein Großteil der Kommunikation mit den Betrieben fand in diesen Fällen indirekt über die Rückmeldung der Auszubildenden statt. In anderen Fällen wurden die Ausbildungsbetriebe angeschrieben und um eine Mitarbeit bei der Präzisierung gebeten. Von Seiten der Betriebe wurde dies - wenn überhaupt - zumeist mit einer grundsätzlichen Interessenbekundung bzw. dem Wunsch, über den Projektverlauf informiert zu werden, beantwortet. Eine weitergehende Mitarbeit fand aber nicht bzw. nur ansatzweise statt. Allgemein kam der erste Kontakt allerdings zumeist aufgrund von Problemen mit den Auszubildenden zustande. Ausgehend vom dieser Kontaktaufnahme wurde - teilweise aufgrund der Erfahrungen von ANUBA auch vermehrt - von den Netzwerkern meist versucht, eine weitergehende Einbindung des jeweiligen Ausbildungsbetriebes zu realisieren. So wurden bspw. Betriebsbesichtigungen ermöglicht oder aber Impulse, etwa zu Aufgabenstellungen von betrieblicher Seite, gegeben.

Die Zusammenarbeit verschiedener Bildungsinstitutionen in einem Netzwerk (Berufskollegs, privatwirtschaftliche Bildungsorganisationen etc.) hingegen führte durchaus zu einer gemeinsamen curricularen Präzisierung. Diese mündete allerdings nur bedingt in eine gemeinsame Durchführung von Unterricht. Eine terminliche Abstimmung fand zwar statt, die eigentliche Durchführung erfolgte jedoch getrennt unter der Leitung und in den Räumlichkeiten der jeweiligen Institution. Die gemeinschaftliche Unterrichtsdurchführung wurde von einem Großteil der nordrhein-westfälischen Netzwerker als Ziel genannt, welches allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der gewünschten Form realisiert werden konnte.

Ein Hauptproblem aus Sicht aller Netzwerker war die mangelnde Bereitschaft der Betriebe, tatsächlich Ressourcen in eine solche Arbeit zu investieren. Vielfach wurde zwar Interesse bekundet, aber die Präzisierung der lernfeldorientierten Curricula wurde nach Ansicht der Netzwerker von betrieblicher Seite primär als eine der Schule zuzuordnende Aufgabe angesehen. Als besonders problematisch wurden Klein- und Kleinstbetriebe angesehen, da sich bei diesen gemäß den Erfahrungen der Netzwerker die Möglichkeiten und auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Schule im Rahmen der dualen Ausbildung nur als gering bezeichnen lässt. Weitere Probleme waren wechselnde Ansprechpartner und Schwierigkeiten bei der Festlegung von Terminen.

Insgesamt wurde jedoch trotz dieser Probleme bei der kooperativen Präzisierung ein relativ positives Resümee aus den letztendlich gestalteten Lernfeldern gezogen. Vor allen Dingen wurden häufig verschiedene Kooperationsansätze genannt, die zwar nicht direkt die Präzisierung der Curricula betrafen, jedoch von den Netzwerkern im Modellversuchsverlauf initiiert wurden und eine weitere Zusammenarbeit fördern könnten. Ein Ausbau des Bildungsnetzwerks ist verschiedentlich geplant, gestaltet sich aber aufgrund der zeitlichen Belastung der Beteiligten schwierig. Dabei wird vor allem die Miteinbeziehung neuer Partner wie anderer Bildungsinstitutionen und Verbände angestrebt. So sollen bei allen nordrhein-westfälischen Projekten die präzisierten Curricula zumindest in Auszügen auch weiter verwendet werden.

4.2 Ausgewählte Ergebnisse zur Entwicklung von Zusatzqualifikationen

An den niedersächsischen ANUBA-Standorten soll durch die Arbeit in Bildungsnetzwerken Zusatzqualifikationen in den IT-Berufen entwickelt werden.
Als Problem hierbei erweist sich ein anscheinend existierender Interessenkonflikt zwischen Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben bei der inhaltlichen Ausrichtung der Zusatzqualifikationen. So wurde von der Mehrzahl der Netzwerker betont, dass sich betriebliche Erwartungen an eine Zusatzqualifikation (genannt wurden u.a. Sprachkompetenzen und Softskills) nur gering mit schulischen Ansprüchen (Verwendbarkeit auch im Unterricht, interessantes Thema, etc.) überschneiden. Es wurde zudem betont, dass aufgrund der vor allem im IT-Bereich sich ständig ändernden Inhalte eine Planung der Maßnahme im voraus bzw. eine wiederholte Durchführung nur begrenzt möglich ist. An einigen Standorten wurden die von betrieblicher Seite gemachten Vorschläge aufgrund der insgesamt nur geringen Beteiligung bei der inhaltlichen Präzisierung der gemachten Vorschläge als nur bedingt repräsentativ angesehen. Vorteile dieses Verfahrens liegen nach Ansicht der Netzwerker in der Möglichkeit, auf regional spezifische Bedürfnisse eingehen zu können, was zu einem gesteigerten Interesse bei den Ausbildungsbetrieben führte. Auch wurde neben der Möglichkeit der besseren Qualifizierung der Schüler in den zum Teil durch externe Partner durchgeführten Fachvorträgen bzw. Unterrichtseinheiten auch die Gelegenheit zur Weiterbildung für die beteiligten Lehrer und Referendare gesehen.

Als wichtige Voraussetzung für eine Akzeptanz der Zusatzqualifikation bei den Auszubildenden wurde aus Sicht der Netzwerker der fachliche Bezug, die Aktualität des Inhalts und eine Verknüpfung mit Inhalten der schulischen und/oder betrieblichen Ausbildung bzw. Praxis angesehen. In diesem Zusammenhang spielt ein zumindest regional anerkanntes Zertifikat eine bedeutende Rolle und auch die potenzielle Anerkennung der Zusatzqualifikation im Rahmen anderer Qualifizierungsmaßnahmen wurde als bedeutend eingeschätzt. Deshalb wurde verschiedentlich mit externen Zertifikatsgebern zusammengearbeitet. Generell wurde festgestellt, dass eine Akzeptanz der Zusatzqualifikation bei den Auszubildenden an eine Akzeptanz durch die Ausbildungsbetriebe koppelbar ist, aber auch die gruppendynamischen Einflüsse in Peer Groups eine Rolle spielen.

Die Akzeptanz der Zusatzqualifikation bei den Betrieben - so die übereinstimmenden Aussagen - ist abhängig von dem spezifischen zusätzlichen Nutzen für den jeweiligen Betrieb. Dieser Nutzen kann zum Beispiel durch die Beseitigung betrieblicher Defizite durch die Zusatzqualifikation bzw. durch die sofortige Umsetzbarkeit des Erlernten in der Praxis oder aber durch eine für die Betriebe öffentlichkeitswirksame Gestaltung der Zertifizierung erreicht werden.

Die Widersprüche zwischen den häufig hohen Erwartungen der Netzwerker im Vorfeld und den gemachten Erfahrungen hat sich teilweise auch auf die Entwicklung der Arbeitsteams ausgewirkt. So wurde vielfach von einer erst breiten, im Verlauf des Projekts aber abnehmenden Beteiligung sowohl seitens der Kollegen, als auch der betrieblichen Partner berichtet. In einigen Fällen mussten zudem auch besondere organisatorische Hürden überwunden werden, wie z.B. die Koordination mehrerer Netzwerker aus jeweils unterschiedlichen Schulstandorten in einem Projekt.

Im Verlauf des Projekts bildete sich an allen ANUBA-Standorten ein kleines, aber sehr eng und intensiv zusammenarbeitendes Projektteam heraus. Die Arbeit in diesen Teams wurde - so mehrere Aussagen - durch die hier entstandenen freundschaftlichen Beziehungen enorm erleichtert und ermöglichte so die Realisierung von teilweise sehr umfangreichen Maßnahmen (Als Indikator für den Umfang der Zusatzqualifikationen mag hier die realisierte Stundenzahl dienen, welche bei drei der vier entwickelten Maßnahmen zwischen 80 und 100 Stunden lag. Diese Stunden wurden fast ausschließlich am späten Nachmittag bzw. abends sowie am Wochenende gehalten.). In diesem Zusammenhang betont die Mehrzahl der Netzwerker die Notwendigkeit des Teamgeistes innerhalb der Projektgruppe und betrachtet eine Teambildung im Kollegium für die Durchführung ihres Projektes dagegen eher als nebensächlich. Dies spiegelt sich auch in der empfundenen Akzeptanz des Bildungsnetzwerkers seitens des Kollegiums wieder. Hier wirkt die Größe des Kollegiums eher hemmend, aber auch die häufige Abwesenheit und daraus resultierende Mehrbelastung des Kollegiums führen zu einer eher abwartenden Haltung. Als förderlich für die Steigerung der Akzeptanz der Arbeit des Bildungsnetzwerkers wird vor allem die Schaffung von Mehrwerten für die Kollegen gesehen. Andere Ansätze, wie die Vorstellung des Projekts auf Fach- und Gesamttagungen bzw. auf Stellwänden an der Schule werden zwar häufig genannt und auch realisiert, jedoch im Endeffekt als kaum sinnvoll eingeschätzt. Die Akzeptanz seitens der jeweils beteiligten regionalen Partner wird i.d.R. als höher eingeschätzt, wobei dies wohl an ihrer stärkeren Einbindung in dem Projekt liegt.

Das Funktionieren der Zusammenarbeit im Bildungsnetzwerk ist nach Ansicht der Befragten auch abhängig vom Status des Bildungsnetzwerkers und den hiermit verbundenen Entscheidungskompetenzen. Vor allem in der externen Zusammenarbeit mit den Betrieben wurden gelebte Statusunterschiede beobachtet. Dem folgend hat der Netzwerker erst durch eine gestärkte hierarchische Position eine gewisse Verhandlungsmacht. Aber auch an der Schule wird eine entsprechende Anerkennung der Tätigkeit des Netzwerkers, etwa in Form einer entsprechenden Stellung in der Schulorganisation, (weiterer) Stundenermäßigungen u.ä., von den Befragten als eine wichtige Voraussetzung angesehen.

4.3 Sichtweise der regionalen Partner

Die Vertreter hatten bis auf einen bereits vorher intensive Erfahrungen mit der jeweiligen Schule gesammelt, die von der Mitwirkung in verschiedenen Gremien über eigene Erfahrungen als Auszubildender an der jeweiligen Schule bis hin zur bereits erfolgten gemeinsamen Nutzung von Räumen für Schulungsmaßnahmen und einer engen Verflechtung auf organisatorischer Ebene reichten.

Die Gründe für das Engagement war bei den Ausbildern nach deren Angaben im Wesentlichen freiwillig motiviert, wobei die Hälfte angab, dass ihr Betrieb durchaus diese Zusammenarbeit - wenn auch zumeist nur ideell - unterstützten, während die andere Hälfte keinerlei


5. Ergebnisanalyse


Beim Aufbau und der Gestaltung von Netzwerkbeziehungen wurde sehr unterschiedlich vorgegangen.

Das Spektrum beim Aufbau dieser Beziehungen reicht von der Durchführung einer umfassenden Stakeholderanalyse über betrieblich unterstütze Projektarbeit bis hin zur Kommunikation mit den Ausbildungsbetrieben lediglich über Rückmeldungen der Auszubildenden. In beiden Bundesländern hat sich das Anschreiben aller Ausbildungsbetriebe als wenig Erfolg versprechend erwiesen, wenn die Etablierung von starken Kooperationsbeziehungen als Ziel gesetzt wird. Nur bei einem niedersächsischen Projekt konnten durch ein solches Verfahren dauerhaft regionale Partner gewonnen werden, zu denen bis dahin kein direkter Kontakt bestand. Ansonsten wurde zumeist auf bereits bekannte Kooperationspartner bei den Betrieben zurückgegriffen, wobei hier vor allen Dingen die persönliche Kenntnis des Ansprechpartners, etwa durch die gemeinsame Arbeit in Prüfungsausschüssen, die Mitwirkung in Ausbilderarbeitskreisen u.ä. ausschlaggebend war. Die Zusammensetzung der gewonnenen Stakeholder ist dabei insgesamt heterogen ausgefallen, wobei sich allerdings zwei Hauptformen ausmachen lassen - die intensivierte Kooperation mit einem oder mehreren Ausbildungsbetrieben sowie die größtenteils in dieser Form bis dahin nicht existierende Zusammenarbeit mit anderen Bildungsstätten, wie privatwirtschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen oder Hochschulen. Beim Ansprechen der potenziellen Stakeholder wurde insbesondere in Nordrhein-Westfalen von Schwierigkeiten berichtet, Partner für die kooperative Präzisierung der Curricula zu finden, wohingegen in Niedersachsen eine höhere Teilnahmebereitschaft anzutreffen war. Dies kann nach Angaben einiger Netzwerker eventuell damit begründet werden, dass durch die Arbeit an einer Zusatzqualifikationsmaßnahme die Mehrwerte für die Betriebe einfacher zu erkennen waren. Dagegen wurde in Nordrhein-Westfalen durchaus von betrieblicher Seite angemerkt, dass die Curriculum-Präzisierung zu den originären Aufgaben der Berufskollegs zählt.

Insgesamt wurde von den Betrieben die grundsätzliche Bereitschaft zur Mitwirkung bekundet, wobei es jedoch fast immer bei dieser Meinungsbekundung und eventuell der Äußerung von Ziel- und Wunschvorstellungen für die Ausbildungsgestaltung blieb. Betriebe, die bereits vorher eigentlich keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Schule gezeigt hatten, waren nach übereinstimmender Aussage der Netzwerker nicht zur Mitarbeit zu bewegen. Die Einschränkung auf den Informationsaustausch sowie der von einigen nordrhein-westfälischen Netzwerkern aufgeführte Eindruck, dass vor allem Probleme mit dem jeweiligen Auszubildenden den Hauptgrund für eine Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Betrieb darstellen, finden sich auch bei den Ergebnissen anderer empirischer Untersuchungen (vgl. etwa PÄTZOLD 1995, 4). Die Anmerkung der Netzwerker, dass es sich bei den Betrieben, welche signifikant weniger Kooperationsbereitschaft zeigen, eher um Klein- und Kleinstbetriebe handelt, deckt sich im Übrigen auch mit einigen Forschungsergebnissen aus der empirischen Untersuchung zur Lernortkooperation (siehe bspw. BERGER/WALDEN 1994, 400 oder PÄTZOLD/DREES/THIELE 1995, 438). Bei der Abstimmung der jeweiligen Inhalte bereitet die häufig heterogene unternehmensspezifische Ausrichtung des betrieblichen Ausbildungsteils Probleme. Die Gestaltung der Zusammenarbeit mit anderen Bildungsstätten war dagegen tendenziell einfacher zu realisieren. Auch lässt sich allgemein feststellen, dass bei der Durchführung zwar sehr kleine Teams von maximal fünf Personen zusammen kamen, innerhalb dieser jedoch sehr intensiv kommuniziert und koordiniert wurde.

Allgemein zeigt sich bei einer vereinfachten Betrachtung der Entstehung und Unterhaltung von Beziehungen, dass die Netzwerker gerade auf die so genannten ´weak ties´, also die eher schwachen Beziehungen, für die Kontaktanbahnung zurückgreifen, wohingegen die letztendlich dadurch ausgeformten ´strong ties´ nur in sehr geringer Anzahl vorzufinden sind. Dies entspricht auch den Erfahrungen bei der Untersuchung bzgl. des eng mit dem Netzwerkbegriff verflochtenen Begriffs des sozialen Kapitals. (vgl. JANSEN 2000, 100f.) So scheinen die Ausführungen von WILBERS (2000, 57), dass gerade die aufgeführte Gestaltung und Nutzung dieser schwachen Beziehung im Rahmen von Bildungsnetzwerken eine besonders bedeutsame Aufgabe darstellen, hier ihre Bestätigung zu finden.

Die eigentliche Zusammenarbeit erfolgt in den meisten Fällen - wenn die ordinale Skalierung in Information, Abstimmung und Zusammenwirken aus den empirischen Untersuchungen zur Lernortkooperation zugrunde legt (vgl. DÖRING/ STARK 1999, 21) - eher auf dem Niveau des gegenseitigen Informationsaustauschs und bei Abstimmung der Vorgehensweise, wobei das eigentliche Niveau der Kooperation im Sinne eines gemeinsamen Zusammenwirkens nur selten, zumeist in niedersächsischen Projekten erreicht werden konnte. Dabei bereitete die Abstimmung gemeinsamer Termine und Treffen oft Schwierigkeiten, was zum einen durch die wiederholt thematisierte zeitliche Belastung sowohl der Partner wie auch der Netzwerker begründet, aber auch durch wechselnde Ansprechpartner bedingt war. Auch wurden verschiedene erfolgreiche Kooperationsansätze aufgeführt, die zwar nicht direkt die Arbeit im Modellversuch betrafen, jedoch von den Netzwerkern im Modellversuchsverlauf initiiert wurden und eine weitere Zusammenarbeit fördern könnten.


6. Fazit und Ausblick


Insgesamt wurde trotz der aufgeführten Probleme bei der kooperativen Präzisierung ein relativ positives Resümee aus den letztendlich gestalteten Lernfeldern bzw. Zusatzqualifikationen gezogen, auch wenn sich die gelegentlich euphorischen Erwartungen aus der Startphase nicht erfüllt haben. Als positive Ergebnisse der Arbeit der Bildungsnetzwerker wurde neben den realisierten Maßnahmen bzw. Unterrichtsabschnitten die Möglichkeit der Initiierung verschiedener Kooperationsansätze zur Förderung einer umfassenderen Zusammenarbeit, eine aufgrund des Eingehens auf tatsächliche Interessen und regionalen Bedarfe gesteigerte Akzeptanz durch Schüler und Betriebe und die Möglichkeit zur fachlichen Weiterbildung auch für die Lehrkräfte durch Fachvorträge etc. eingeschätzt. Eine Wiederholung oder gar Ausweitung der durchgeführten Maßnahmen wurde bei eigentlich allen Standorten geplant, wobei sich allerdings insbesondere bei umfangreichen Maßnahmen nach Angaben der Netzwerker der Transfer der erarbeiteten Ergebnisse schwieriger gestaltet als erwartet wurde.

Erwähnenswert ist, dass als potenzielle Partner von allen Netzwerkern die Auszubildenden, die Betriebe und die Kammern genannt wurden, sowie vereinzelt Verbände, Innungen, andere Schulen, Fort- und Weiterbildungsträger und Hochschulen sowie die Elternschaft. Dass die überbetrieblichen Bildungsstätten keine Erwähnung fanden und dementsprechend nicht als regionale Partner in Betracht gezogen wurden, erscheint besonders interessant. Insbesondere, da ihnen in der bildungspolitischen Debatte über das duale Ausbildungssystem ein besonders hohes Potenzial zur Gewinnung neuer Ausbildungsplätze zugestanden wird und zwar gerade in Branchen, welche sich durch stark spezialisierte Betriebe auszeichneten (vgl. BERGER/WALDEN 1993, 17). Hierunter fallen auch die IT- und Medienbranche. Dies kann als Beleg für die relativ geringe Bekanntheit bzw. Nutzung dieser Institution im Rahmen der dualen Ausbildung in der IT- und Medienbranche dienen - zumindest in den untersuchten Regionen. Hier besteht anscheinend noch Verbesserungsbedarf.





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