ULRICH GETSCH
& PETER PREISS (Georg-August-Universität Göttingen)
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Geschäftsprozessorientierter Einsatz
integrierter Informations-systeme als Herausforderung für
die didaktische Reduktion lernfeldstrukturierter Lehrpläne |
1.
Intention und Realisation der Lernfeld-Lehrpläne |
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Lernfeldstrukturierte Lehrpläne sollen im Rahmen des Berufskonzepts
die grundlegenden sozialen und ökonomischen Veränderungen
in der Berufsausbildung berücksichtigen und bereits in
der beruflichen Erstausbildung Handlungskompetenz in den Dimensionen
Fachkompetenz, Personalkompetenz und Sozialkompetenz aufbauen
(KMK 2000, 3). Die "beruflichen Tätigkeitsfelder"
(ursprünglich von der KMK und von vielen Autoren auch weiterhin
"Handlungsfelder" genannt; vgl. MIDDENDORF 1997, 525;
DUBS 2000, 19; KREMER/SLOANE 2001, 13ff.) sollen eine "wesentliche
Bezugsebene für den Berufsschulunterricht" (KMK 2000,
4) werden. Dass damit eine Eingrenzung der betrieblichen Tätigkeitsfelder
bezogen auf den jeweiligen Ausbildungsberufs gemeint ist, ergibt
sich aus dem Kontext. In der Diskussion um das Verhältnis
von Tätigkeits- bzw. Handlungsfeldern zu Lernfeldern wird
den Aspekten des betrieblichen Lernens am Arbeitsplatz und des
schulischen Lernens in Lernsituationen zu wenig Aufmerksamkeit
zugewandt. Die Ausbildung am Arbeitsplatz erfolgt zwangsläufig
im Tätigkeitsfeld, wobei dieses natürlich gemäß
unterschiedlicher Organisationsstrukturen und Innovationsstadien
recht unterschiedlich sein kann. Für die schulische Ausbildung
hingegen sind zwei Aufbereitungsstufen der Tätigkeitsfelder
vorgesehen: die curriculare Konstruktion von Lernfeldern und
deren didaktische Umsetzung in Lernsituationen.
Die Aussage "Lernfelder sind ... thematische Einheiten,
die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen
orientiert sind" (KMK 2000, 14) kann nicht als empirische,
sondern nur als normative Aussage für die Lehrplankonstrukteure
und Lernfeldinterpreten verstanden werden. In diesem Sinne ist
sie noch nicht durch den lernfeldstrukturierten Lehrplan hinreichend
erfüllt, sondern sie muss bei dessen Umsetzung in konkrete
Lehr-Lern-Arrangements als Maxime beachtet werden.
Wenn man nun davon ausgeht, dass die KMK-Handreichungen und
die daraufhin erstellten Rahmenlehrpläne die Berufsausbildung
auf einem modernen Niveau sichern wollen, so folgt daraus, nicht
solche betrieblichen Tätigkeitsfelder als Bezugspunkte
auszuwählen, die funktional und stark arbeitsteilig geprägt
sind. Dies wird auch mit der Bezugnahme auf den Wandel infolge
der Neugestaltung der Arbeits- und Geschäftsprozesse gefordert.
Dem von der modernen betriebswirtschaftlichen Theorie ebenfalls
beschriebenen Innovationsbedürfnis in den Betrieben entspricht
auch der curriculare Innovationsauftrag der KMK. Diesem wird
im kaufmännischen Bereich nur zaghaft und überwiegend
terminologisch gefolgt; denn die Orientierung an den betrieblichen
Abläufen, insbesondere den tatsächlichen funktionsübergreifenden
Geschäftsprozessen wird in den Lehrplänen nicht nachvollziehbar
aufgezeigt. Der Ausweis bisheriger Abschnitte aus Lernbereichen
in Form von Lernfeldern, eine lediglich sprachliche Umformung
der Funktion "Absatz" in die Bezeichnung "Absatzprozess"
oder "Prozesse in der Absatzwirtschaft" und die Bezeichnung
bisheriger funktionsübergreifender Arbeitsabläufe
als Geschäftsprozess wird weder der vorgegebenen curricularen
Intention noch der fachwissenschaftlichen Terminologie und dem
Wandel in der Praxis gerecht. Am Beispiel des KMK-Rahmenlehrplans
für Industriekaufleute (KMK 2002) wird dies darin erkennbar,
dass in diesem zwar an vielen Stellen die Geschäftsprozessorientierung
betont wird, jedoch deren zentrale Komponente, die "Reorganisation
der Geschäftsprozesse" zur Senkung von Durchlaufzeiten,
Senkung der Kosten und Sicherung der Qualität, nicht auftaucht.
Die Geschäftsprozessorientierung ist dabei nur das Organisationskonzept,
mit dem aus nicht optimalen Arbeitsabläufen mithilfe des
Einsatzes integrierter Unternehmenssoftware ein optimierter
Arbeitsablauf gestaltet wird. Sie ist ein Konzept zur Anpassung
des Betriebes an die moderne Organisation und Software sowie
gleichzeitig zur Anpassung der Software an die Spezifika der
Branche und des Betriebes.
Vergleicht man den Rahmenlehrplan mit dem Ausbildungsrahmenplan
für die Industriekaufleute, so fällt auf, dass dort
dem Integrationsgedanken in recht unterschiedlicher Art und
Weise Rechnung getragen wird. So ist die konkrete Ausformung
im betrieblichen Bereich expliziter entfaltet als im schulischen
Rahmenlehrplan. Konkret finden sich Hinweise zu den integrativen
Unternehmensprozessen unter der laufenden Nr. 4. Das bedeutet
für den schulischen Bereich, dass hier die Notwendigkeit
besteht, die einzelnen Lernfelder im Hinblick auf die Integration
inhaltlich und methodisch auszurichten.
Es kann der Eindruck entstehen, als genüge es bereits,
bisher bekannte Arbeitsabläufe in der Geschäftsprozessterminologie
sowie deren Notationstechniken zu beschreiben; denn Schwachstellenanalysen
und die Entwicklung von Sollkonzepten für Geschäftsprozesse
mithilfe des Einsatzes integrierter Unternehmenssoftware und
vorstrukturierter Workflows als zentrale Elemente des Wandels
im Tätigkeitsfeld sind in den Lernfeldern nicht zu finden.
Es bleibt also dem Leser überlassen, diese Veränderungen
gemäß den KMK-Richtlinien in die Zielformulierungen
und Inhaltsangaben hinein zu interpretieren.
Auf den ersten Blick etwas besser sieht es in dem Entwurf des
baden-württembergischen Lehrplans für die Industriekaufleute
(MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT BADEN-WÜRTTEMBERG
2002) aus; denn hier ist der Einsatz integrierter Unternehmenssoftware
an vielen Stellen gefordert. Allerdings ist den Lehrplanautoren
ein Missgeschick unterlaufen, indem sie ein Lernfeld "Die
Abgrenzungsrechnung durchführen" geschaffen haben,
das es bei integrierter Unternehmenssoftware nicht gibt (vgl.
KLENGER/FALK-KALMS 2002), da die Datenübernahme von der
Finanzbuchhaltung und vorgelagerten logistischen Modulen in
die Kostenrechnung nicht erst am Periodenende, sondern im Kontext
der laufenden Geschäftsprozesse erfolgt. Da es eine zentrale
Idee der Geschäftsprozessorientierung ist, die Kosten und
Leistungen durch Planung und fortlaufende Überwachung von
Obligo- und Ist-Daten zu optimieren, ist das Verständnis
moderner Arbeitsabläufe über eine solche Empfehlung
stark gefährdet.
Eine befriedigende Lösung der notwendigen Curriculumrevision
hätte in einer besseren Aufarbeitung des Verhältnisses
von "Fachwissenschaften" und "beruflichen Aufgabenstellungen
und Handlungsabläufen" bzw. "Tätigkeitsfeldern"
gelegen. Betriebliche Praxis und Fachwissenschaften sind keine
unabhängigen Bezugssysteme, sondern in mehrfacher Weise
aufeinander bezogen. Die moderne betriebliche Praxis wird durch
fachwissenschaftliche Konzepte, Theorien und Handlungsempfehlungen
geprägt. In umgekehrter Richtung ist die betriebliche Praxis
das Feld, aus dem die Fachwissenschaften über ihr Instrumentarium
die wissenschaftlichen Aussagen gewinnen und testen. Hinzu kommt,
dass sowohl die Ausbildung der Führungskräfte in der
Praxis als auch die Ausbildung der Lehrer zentral durch die
Fachwissenschaften erfolgt. Das kaufmännische Tätigkeitsfeld
wird dabei sehr stark nach den Ideen neuerer Ansätze in
der Betriebswirtschaftslehre und der Wirtschaftsinformatik gestaltet.
Berufliche Aufgabenstellungen und Handlungsabläufe sind
somit sowohl im Forschungs- als auch im Ausbildungsprogramm
der Fachwissenschaften thematische Einheiten. Die Fachwissenschaften
kommen demnach nicht erst bei der didaktischen Aufbereitung
der betrieblichen Handlungsabläufe zum Tragen, sondern
schon bei ihrer Beschreibung, Erklärung und Gestaltung
- und zwar auf einem qualitativ hohen Niveau. Dies wird gerade
in der kaufmännischen Praxis im Zusammenhang mit der Geschäftsprozessorientierung,
der kaufmännischen Steuerung durch das Rechnungswesen und
dem Einsatz integrierter Unternehmenssoftware deutlich. Statt
den Fachwissenschaften eine subsidiäre Funktion zuzuweisen,
hätte den fachwissenschaftlichen Teilgebieten, die sich
mit dem jeweiligen Tätigkeitsfeld beschäftigen, eine
Leitfunktion zugestanden. Nach unserem Verständnis hat
die Wirtschaftspädagogik in ihrer fachdidaktischen Ausrichtung
daran anschließend die Aufgabe, genau diese fachwissenschaftlichen
Teilgebiete zu identifizieren und nach qualifikationstheoretischen,
pädagogischen und psychologischen Kriterien forschungsgeleitet
aufzubereiten.
Noch deutlicher ausgedrückt: Die Fachwissenschaften bieten
den besten Zugang zu den beruflichen Handlungssituationen. Die
Fachwissenschaften bestimmen sogar, was eine "Situation"
ist; denn diese ist der Ausgangspunkt der Theoriebildung und
der Zielpunkt der Gestaltung. Aus den Situationen heraus erfolgt
über Abstrahierungsprozesse die Entwicklung der Konzepte
und Theorien. Die Fachsystematik ist dann die Abfolge abstrahierter
Wissenselemente. In Ergänzung dazu kann die Handlungssystematik
als die Abfolge situierter Wissenselemente bezeichnet werden.
Die bei der situationsübergreifenden Verallgemeinerung
notwendigen Abstrahierungsprozesse sind nicht nur für die
fachwissenschaftliche Theoriebildung erforderlich; sie entsprechen
auch der Dekontextualisierung im handlungsorientierten Lernprozess.
Sowohl im fachwissenschaftlichen Kontext als auch im handlungsorientierten
Unterricht ist es nicht das primäre Ziel, Wissen über
eine konkrete spezifische Situation zu bilden, sondern über
Theorien zu Prognosen und Gestaltungsempfehlungen zu gelangen.
Dies heißt im wirtschaftspädagogischen Kontext: die
Situiertheit des Wissenserwerbs in der problem- und handlungsbezogenen
Aufgabenstellung durch Abstrahierungs- und Systematisierungsschritte
aufzuheben sowie über variierende Übungen den Transfer
in neue Anwendungs- und Lernsituationen zu begünstigen.
Damit dies optimal geschieht, hat die Fachdidaktik die situativen
Elemente und die dazu passenden Abstraktionselemente in den
Fachwissenschaften gemäß ihrer pädagogischen
Normativität zu sichten, auszuwählen, aufzubereiten
und neu zu kombinieren. Diese fachwissenschaftlichen Aussagensysteme
findet man nicht in tradierten Lehrwerken des universitären
Grundstudiums, sondern in Forschungs- und Transferberichten
sowie neueren betriebswirtschaftlichen und wirtschaftsinformatischen
Darstellungen und Ausbildungsmaterialien.
Das Erschließen des beruflichen Tätigkeitsfeldes
über die Fachwissenschaften ist dem Erschließen der
subjektiv wahrgenommenen Situation durch einen individuellen
Menschen oder einer Gruppe vorzuziehen, insbesondere dann, wenn
das Individuum oder die Gruppe das Tätigkeitsfeld nur teilweise
oder aus länger zurückliegender Erfahrung kennen.
Die fachwissenschaftliche Erschließung der Situation stellt
sich der Kritik; mit einer Legitimierung subjektiver Erschließungen
der Situation entzieht man die Kritik an den Curriculumelementen.
Eine theoriegeleitete menschliche Analyse- und Strukturierungstätigkeit
(TRAMM 2003) birgt die Gefahr in sich, dass der Ausgangspunkt
der bildungsrelevanten Situation verschwindet und von dem Ergebnis
in Form der Lernfeld- und Lernsituationsbeschreibung behauptet
wird, es entspräche dem Tätigkeitsfeld und der Handlungsstruktur.
Fachdidaktisch gibt es natürlich keinen Ableitungszusammenhang
von den modernen betriebswirtschaftlichen und wirtschaftsinformatischen
Deskriptionen, Theorien und Präskriptionen zum Unterricht,
sondern nur eine inspirierende und die konstruktiven Entscheidungen
legitimierende Beziehung. Für diese Beziehung stehen uns
auch nicht nur die wissenschaftlichen Werke, sondern auch die
auf dieser Basis geschaffenen Produkte und Ausbildungsunterlagen
zur Verfügung. Hier ist der Ansatzpunkt für die didaktische
Reduktion, die im Sinne einer handlungsorientierten Unterrichtskonzeption
um eine Komplexionskomponente zu ergänzen ist. Diese Komplexionskomponente
muss sowohl die Sinnhaftigkeit und Mehrdimensionalität
sichern als auch die vereinfachten Aussagen in einem Handlungskontext
repräsentieren.
Wir verstehen die didaktische Reduktion und Komplexion als einen
Prozess diskursiver Argumentation im Sinne des Konstruktivismus
der Erlanger Schule (vgl. LORENZEN 1974; ALEXY 1983; SCHWEMMER
1987). In einem solchen Verfahren kann aus Praktikabilitätsgründen
nicht das gesamte fachwissenschaftliche Referenzsystem als Ausgangsaussagen
zusammengestellt und dann gemäß HERINGscher Vereinfachungsreihen
(vgl. HERING 1959) auf den Schulstoff reduziert werden. Ein
solches Vorgehen würde jeglichen Rahmen sprengen. Deshalb
sind in einem praktischen Diskurs die den Vereinfachungen hinterlegten
Grundannahmen und dann nur die Ergebnisse der Reduktionen und
Komplexionen sowie der darauf bezogenen Überlegungen für
den Umgang mit den Materialien offen zu legen. Dies kann dann
von Opponenten auf innere und äußere Widersprüche
geprüft und angezweifelt werden. Den Proponenten fällt
dann die Aufgabe zu, ihre Aussagen zu beweisen oder zu revidieren.
Über das Angebot zur Verteidigung oder zur Revision hinaus,
müssen mit den Konstruktionen die Argumente geliefert werden,
die die Lehrperson benötigt, um den Lernenden die Relevanz
der Vereinfachung und der Anreicherung zur Förderung dauerhaften
Verständnisses im beruflichen Tätigkeitsfeld aufzuzeigen,
d. h. die didaktische Aufbereitung zu erläutern. In diesem
Sinne wollen wir unsere Hintergrundüberlegungen im folgenden
Abschnitt darstellen und danach skizzieren, wie man mit den
Lernmaterialien von SIEMON (2001) und GETSCH/PREISS (2001) sowie
den hier angedeuteten und bei GETSCH/PREISS (2003) ausgeführten
Ergänzungen die Intentionen der Lernfeld-Lehrpläne
zum Verständnis der über integrierte Informationssysteme
realisierten Geschäftsprozessoptimierung verwirklichen
kann. Da eine solche Strategie zunächst nur auf abgesicherten
Plausibilitätsüberlegungen basiert, bedarf sie der
Ergänzung durch eine empirische Überprüfung bezüglich
der qualifikatorischen bzw. kompetenzfördernden Wirkungen
sowie der effektiven Nutzung der Ausbildungszeiten und anderer
Ressourcen. |
2. Integrierte Unternehmenssoftware als didaktische Herausforderung
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Der Beitrag der Wirtschaftsinformatik für die Modernisierung
kaufmännischer Bildung wird oft vordergründig auf
die methodische und mediale Seite verengt. So drückt
sich bei vielen Bildungspolitikern und Lehrpersonen der Modernitätsgrad
beruflicher Bildung in der Bereitstellung und Nutzung moderner
Informationssysteme aus. Die Wirtschaftsinformatik sollte
dagegen nach unserer Auffassung als die Wissenschaftsdisziplin
angesehen werden, die Abläufe in Unternehmen und auf
Märkten deskriptiv und präskriptiv strukturiert
sowie darüber hinaus auch mithilfe von Modellen optimiert
und simuliert und somit auch neue Erklärungen für
komplexe ökonomische Systeme formuliert und prüft.
Mit der Wirtschaftsinformatik haben wir im kaufmännischen
Bereich eine auf das Berufsfeld "Wirtschaft und Verwaltung"
bezogene Wissenschaft vorliegen, deren Anliegen es ist, betriebliche
und überbetriebliche Informationssysteme unter Einbeziehung
der menschlichen Arbeitsleistungen, Entscheidungskompetenzen,
Verantwortungen, Bedürfnisse und "Schwächen"
ganzheitlich zu gestalten. Besonders deutlich wird dies im
"Workflow-Konzept" und in dem Konzept der "Wissensmanagement-Systeme".
Im Hinblick auf das Lernfeld als didaktisch aufbereitetes
Tätigkeitsfeld gilt es, dessen betriebswirtschaftliche
und informationstechnische Strukturierung berücksichtigen,
an pädagogischen Zielsetzungen überprüfen und
gegebenenfalls modifizieren.
Bereits die traditionelle Organisationslehre gestaltete betriebliche
Arbeitsabläufe mit formalen Methoden, die sowohl den
jeweiligen Ist-Zustand als auch einen beabsichtigten Soll-Zustand
so beschrieben, dass die Kommunikation mit den Beteiligten
und anderen Betroffenen möglich wurde. In der Wirtschaftsinformatik
sind diese Methoden im Hinblick auf die vollständige
oder teilweise Übernahme in maschineninterpretierbare
Algorithmen und Datenstrukturen weiterentwickelt und ergänzt
worden.
Moderne Hardware- und Softwaretechnologien haben darüber
hinaus objektorientierte Organisationsformen geschaffen, mit
denen eine langfristige Ressourcenoptimierung mit hinreichender
Flexibilität ermöglicht wird. Auf der organisatorischen
Ebene kommt dies in der Geschäftsprozess-Strukturierung
zum Ausdruck. Die konkrete Erstellung und Umsetzung eines
informationstechnischen Sollkonzeptes ist nicht generell Gegenstand
der kaufmännischen Curricula, wohl aber derjenigen für
die jeweiligen IT-Ausbildungsberufe. Die kaufmännische
Ausbildung ist aber mit dem Ergebnis solcher Umsetzungen konfrontiert,
soweit diese Systeme so gestaltet sind, dass Mitarbeiter sie
zur Lösung ihrer Aufgaben nutzen können.
In diesem Kapitel wollen wir in einem ersten Schritt der Frage
nachgehen, ob es curriculare Unterlassungen beim isolierten
Einsatz einzelner Module kommerzieller Software, wie z. B.
COMETâ, SAGE KHKâ oder LEXWAREâ gegeben
hat. In einem zweiten Punkt soll dann dargestellt werden,
dass die horizontale und vertikale Integration die Fachdidaktik
herausfordert, unternehmensinterne und unternehmensübergreifende
Prozesse transparent aufzubereiten. Weiterhin geht es in dem
dritten Unterpunkt um die fachdidaktische Bedeutung der Integration
von Planungs- und Steuerungsebene. Im vierten Schritt stellen
wir die Erarbeitung der unternehmensübergreifenden Integration
dar. Aus diesen Schritten ziehen wir allgemeine Folgerungen
für die curriculare Konstruktion, bevor wir diese dann
anhand einzelner Lernfeldgestaltungen konkret aufzeigen.
2.1 Unterlassene Curriculumrevision beim Einsatz isolierter
kommerzieller Software
Die Geschäftsprozessorientierung und integrierte Unternehmenssoftware
wären heute viel leichter in die kaufmännischen
Lehrpläne umzusetzen, wenn in der Vergangenheit der Einsatz
der modernen Informations- und Kommunikationstechniken auch
zu einer inhaltlichen Revision der Curricula beigetragen hätte.
Drei Tendenzen haben diese behindert:
a) Mithilfe von Tabellenkalkulations- und Textverarbeitungsprogrammen
wurde der traditionelle Lehrstoff methodisch angereichert;
die inhaltlichen Veränderungen betrafen die Bedienung
dieser Programme.
b) Mithilfe kommerzieller Anwendungssoftware wurde hauptsächlich
im Bereich der Finanzbuchführung ein zusätzlicher
Inhaltsbereich eingeführt. Diese FiBu-Programme wurden
danach ausgewählt, wie sie am besten zu dem Lehrstoff
passten, und sie wurden praxisfremd für unverbundene
einzelne "Mini-Geschäftsgänge" eingesetzt.
Auch hier standen die "Neumotivierung" der Lernenden,
die methodische Abwechslung und die Erlernung der Bedienung
im Vordergrund.
c) Es wurde speziell nur für schulische Lernprozesse
entwickelte Software eingesetzt; diese orientierte sich vorwiegend
an tradierten Lehrplänen und weniger am beruflichen Tätigkeitsfeld.
Wegen dieser Tendenzen unterblieb eine inhaltliche Revision
des kaufmännischen Unterrichts, da weder die stapelverarbeitungsorientierte
Datenübernahme aus den anderen betriebswirtschaftlichen
Modulen der Auftragsbearbeitung/Fakturierung, des Bestellwesens
und der Lohn- und Gehaltsabrechnung noch die Übergabe
der Daten an eine kommerzielle Kostenrechnung betrachtet wurden.
Insbesondere in der schulischen Kostenrechnung wurde mithilfe
von Multiplan- und Exceltabellen der Unterricht vorwiegend
methodisch und zur Beschleunigung der Rechenvorgänge
umgestaltet. Wenn das Modul "Auftrag" oder "Lohn/Gehalt"
eingesetzt wurde, erfolgte die Bearbeitung der jeweiligen
Abrechnung losgelöst von der Buchungsbearbeitung. Die
sehr wesentliche Bedeutung von Soll = "+" (positiv)
und Haben = "" (negativ), die in Finanzbuchführungsprogrammen
zu finden war, wurde sogar als störend empfunden. So
hat man versucht, diese Erläuterung zu umgehen, obwohl
sie heute sehr wesentlich für alle kommerziellen Anwendungen
ist. Die Mitbuchtechnik erfolgte in der in die Finanzbuchhaltung
integrierten Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung. Die automatisierten
Buchungen beschränkten sich auf die Umsatz- und Vorsteuerbuchungen,
wobei diese nicht mit Voranmeldung und Vorauszahlungen abgerechnet
wurden.
Man konnte den Eindruck gewinnen, als würde es nicht
darum gehen, die Buchungen mithilfe der Software an die Praxis,
sondern die Software dem herkömmlichen Unterrichtsstoff
anzupassen. In vielen betriebswirtschaftlichen Bereichen wurden
Angebote, Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen
und Mahnungen nicht mit den entsprechenden kaufmännischen
Programmen, sondern mit einem Textverarbeitungsprogramm, evtl.
noch in Verbindung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm,
geschrieben. Dadurch wurden die in der kaufmännischen
Software enthaltenen zusätzlichen Leistungsmerkmale bezüglich
betriebswirtschaftlicher Auswertungen und veränderter
Arbeitsabläufe, z. B. sofortige Verfügbarkeitskontrolle
bei der Auftragserfassung, nicht thematisiert.
Abb. 1: SAP® R/3® Integrationssicht
Wenn wir heute von integrierter Unternehmenssoftware sprechen,
so meinen wir nicht die Verbindung von den kaufmännischen
Programmmodulen eines Softwarehauses, bei denen die Datenübernahme
durch Export aus einem Modul und Import in einem anderen Modul
am Ende eines Tages bzw. einer Abrechnungsperiode erfolgt,
sondern den Einsatz der zentralen kaufmännischen Module
auf der Basis einer gemeinsamen Datenbank, die von jedem Modul
sofort aktualisiert wird und deren aktualisierte Daten dann
sofort allen anderen Modulen zur Verfügung stehen (vgl.
Abb.1). Hinzu kommt dann noch ein Benachrichtigungssystem,
das anderen Sachbearbeitern die Notwendigkeit und Möglichkeit
der Weiterbearbeitung im "Workflow" mitteilt. Erst
diese Leistungsfähigkeit ermöglicht die effektive
Gestaltung der Geschäftsprozesse im Sinne der Unternehmensziele
und der Kundenzufriedenheit. Leider ist dieses Leistungsmerkmal
nicht unbedingt erforderlich, um eine Software in der Kategorie
ERP (Enterprise Resource Planning) einzuordnen. Viele Anbieter
bezeichnen ihre Produkte schon als ERP-Software, wenn sie
alle kaufmännischen Bereiche abdecken können, ohne
mit integrierten und jederzeit aktuellen Datenbeständen
zu arbeiten. Auf dieser Ebene könnten zumindest die unterlassenen
Curriculumrevisionen nachgeholt werden. Allerdings besteht
auch hier die Gefahr, dass Produkte eingesetzt werden, die
sich im Tätigkeitsfeld, d. h. auf dem Markt, nicht durchsetzen
konnten - weil sie den Unternehmensansprüchen nicht genügen
- und deshalb von den Schulen wegen ihrer Verträglichkeit
mit dem tradierten Stoff bevorzugt werden.
2.2 Horizontale und vertikale Integration
als Herausforderung für fachdidaktische Entwicklungsarbeiten
Das Wort "Integration" bedeutet "Wiederherstellung
eines Ganzen. "In der Wirtschaftsinformatik ist Integration
zu verstehen als Verknüpfung von Menschen, Aufgaben und
Technik zu einem einheitlichen Ganzen." (HEILMANN 1989,
zitiert nach MERTENS/BODENDORF/KÖNIG/PICOT/SCHUMANN 2001,
82).
Echte integrierte Informationssysteme zeichnen sich dadurch
aus, dass sie funktionsübergreifend konzipiert sind.
Der Trend zu einer tayloristischen Arbeitszerlegung im kaufmännischen
Bereich wurde somit durch diese neuen EDV-Systeme und der
Einführung neuer Organisationsformen, wie Lean Management,
Lean Production, Total Qualitiy Management bzw. Kaizen (vgl.
WOMACK/JONES/ROOS 1992) durchbrochen (vgl. BUTTLER 1992, 163).
Diese Systemsicht wurde insbesondere in dem CIM-Konzept (Computer
Integrated Manufacturing) von SCHEER (1987) theoretisch umgesetzt
und ist heute wesentlicher Bestandteil von integrierten Informationssystemen,
wie z. B. die Anwendungssysteme "SAP® R/3®",
"SAP® Business One" und "Microsoft Business
Solution - Navision®". "Eines der größten
Neuigkeitselemente der 90er Jahre ist der Übergang von
den traditionellen Strukturen und der konsolidierten Ablauforganisation
zur Prozessorganisation" (HINTERHUBER 1994, 58). Prozessmanagement
und Reengineering (vgl. HAMMER/CHAMPY 1993; HAMMER 2002; STEWART
1993) bilden aus der Sicht von deutschen und österreichischen
Führungskräften den Schwerpunkt von wesentlichen
Entscheidungen:
Tabelle 1: Bedeutung des Prozessmanagements (INSTITUT FÜR
UNTERNEHMENSFÜHRUNG 1993)
Diese Konzentration auf Prozesse setzt voraus, dass eine integrierte
Struktur geschaffen wird, in der die einzelnen Funktionsbereiche
(Beschaffung, Produktion, Absatz etc.) durchlässiger
und auf die Erwartungen der "Staekholder" (Mitarbeiter,
Kunden, Kapitalgeber, Lieferer) ausgerichtet werden. Dieses
neue Paradigma, auf das sich die Unternehmen zubewegen bzw.
zubewegen sollten, kann mit Begriffen wie "Funktionen
ohne Barrieren" oder "boundaryless company"
beschrieben werden (vgl. HINTERHUBER 1994). Zentrale Aufgabe
von betriebswirtschaftlichen Informationssystemen ist es,
die betriebswirtschaftlichen Anwendungskonzepte mit der Informationstechnik
zu verbinden. Die betriebswirtschaftlichen Anwendungssysteme
werden in Administrations-, Dispositions-, Planungs- und Kontrollsysteme
unterschieden (vgl. SCHEER 1995, 4; MERTENS/GRIESE 1991).
Wichtig ist zu erkennen, dass hier von unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen
Aufgaben ausgegangen wird und dass ein System ohne das andere
nicht existieren kann. So benötigt ein Dispositionssystem
für die Abwicklung von Einkaufsbestellungen ein einfaches
Administrationssystem für die schriftliche Fixierung
einer Bestellung. Planungssysteme sind ohne Dispositionssysteme
ebenso wenig vorstellbar. Aus diesem Grund beschreibt das
Informationssystem den Oberbegriff für alle Administrations-,
Dispositions-, Planungs- und Kontrollsysteme.
Abb. 2: Integrationsarten der Wertschöpfung (MERTENS/BODENDORF/KÖNIG/PICOT/SCHUMANN
2001, 83)
Die verschiedenen Betrachtungsebenen sind:
Ebene 1: mengenorientierte operative Systeme (Grundfunktionen),
Ebene 2: wertorientierte Abrechnungssysteme (Querschnittsfunktionen),
Ebene 3: aus den Ebenen (1) und (2) werden Informationen für
Controllingsysteme übernommen (Planung und Kontrolle),
Ebene 4: hier werden die verdichteten Informationen von Ebene
(3) übernommen und gegebenenfalls um externe Daten ergänzt.
Sie bildet die höchste Verdichtungsstufe und dient der
strategischen Planung.
Der waagerechte Pfeil (horizontale Integration) auf der operativen
Ebene soll die Informationsströme verdeutlichen, die
dem Materialfluss entsprechen. Der senkrechte Pfeil (vertikale
Integration) soll auf die Wertverflechtungen hinweisen.
Als eine der wichtigsten Qualifikationsmaßnahmen wird
die Erkenntnis von der Bedeutung der Echtzeit- bzw. Realtimeverarbeitung
angesehen. Die integrierten Informationssysteme schaffen von
der technischen Seite gesehen hierfür die Voraussetzungen.
Es sind aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese
technischen Möglichkeiten erkennen und nutzen müssen.
So kann ein noch so gut konzipiertes Logistikkonzept nur dann
funktionieren, wenn auch die Daten, die für eine Entscheidung
oder Maßnahme notwendig sind, aktuell sind. Auf der
vertikalen Ebene müssen die Realtime-verwalteten Daten
für bestimmte betriebswirtschaftliche Zwecke verdichtet
werden: sei es für die Finanzplanung oder für Unternehmensentscheidungsprozesse
grundsätzlicher Art. Es scheint besonders wichtig zu
sein zu erkennen, welche Anforderungen teilweise an die Unternehmen
gestellt werden. So erwartet z. B. die Citybank Group aus
New York, die zu General Electric gehört, von den eigenen
Konzernunternehmen, dass der Jahresabschluss spätestens
zum 15. Januar eines Jahres für das vergangene Geschäftsjahr
fertiggestellt ist.
In dem Maße, in dem das ausschließlich auf die
einzelnen Funktionsbereiche bezogene Denken und Handeln an
Bedeutung abnimmt, steigen bei der integrierten Informationsverarbeitung
die interfunktionellen Strukturen. Dies hat Auswirkungen auf
alle Büroarbeitsplätze (vgl. TESSARING 1993; 1994;
STEINLE 1994, 79):
(1) deutliche Zunahme von Dienstleistungs- und Informationsaufgaben;
(2) von der hochspezialisierten Funktionsorientierung hin
zur prozessbezogenen, ganzheitlichen Vorgangsbearbeitung;
(3) Vergrößerung von Aufgabenfeldern durch Dezentralisation
von Kompetenzen und Abflachung der Hierarchiestufen;
(4) Zunahme von Team- und Projektarbeit, verbunden mit einer
vermehrten Selbststeuerung;
(5) Vereinfachung komplexer Entscheidungs- und Arbeitsprozesse
und
(6) flexible "Inselfertigung" auch im Bürobereich.
In diesen Zusammenhängen nimmt die Finanzbuchhaltung
eine zentrale Stelle ein, da sie das verbindende Element von
den in der Logistikkette erfassten Daten zu den auf der Kostenrechnung
und Finanzplanung aufbauenden Berichten darstellt.
Abb. 3: Finanzbuchhaltung im Datenzusammenhang
2.3 Integration der Planungs- und Steuerungsebene
Damit die Controllingaufgabe optimal von der integrierten
Unternehmenssoftware unterstützt wird, genügt es
nicht, nur die Daten der Grundfunktionen horizontal und vertikal
zu integrieren; diese müssen auch mit der aus der strategischen
Planung abgeleiteten operativen Planung und der entsprechenden
Budgetierung verglichen werden können.
Obwohl dieser Punkt im Rahmen der vertikalen Integration schon
angedeutet war, soll er hier noch einmal besonders hervorgehoben
werden, weil leicht der Eindruck entstehen könnte, dass
die obere Ebene der beschriebenen "Pyramide" der
Unternehmenssteuerung durch das Middle- und Top-Management
vorbehalten sei und diese Inhalte für die kaufmännischen
Ausbildung nicht relevant seien. Das genaue Gegenteil ist
jedoch der Fall, weil genau diese die Leistungsmerkmale einer
echten integrierten Informationsverarbeitung darstellen und
damit die Voraussetzung für flachere Hierarchien und
die veränderten Arbeitsabläufe bilden.
Plandaten und Budgets werden zwar von der Unternehmensführung
(Controller) aufgestellt, die Sachbearbeiter agieren aber
in diesen und sind für ihre Beachtung verantwortlich.
Dies bedeutet auch, dass die Informationssysteme bezüglich
der Mengen- und Wertdispositionen schon vor der Anbahnung
eines Geschäftsprozesses als Auskunftssystem benötigt
werden, dass die Anbahnung eines Geschäftsprozesses (Anfrage
eines Kunden, Angebot, Bestellanforderung) schon erfasst und
bezüglich der Budgetveränderung überprüft
und festgehalten wird. Für das Rechnungswesen bedeutet
dies, dass es nicht nur Istwerte im Sinne des handelsrechtlichen
Geschäftsvorfalls, die erst zum Realisationszeitpunkt
anfallen, zu vergleichen, sondern schon bei der Initialisierung
eines Geschäftsprozesses einbezogen wird. Auch wenn dieser
Geschäftsprozess handelsrechtlich noch nicht verpflichtend
ist (Anbahnungsphase), dennoch kann eine Obligobuchung in
der Finanz- und Kostenrechnung vorgenommen werden. Ist die
Verpflichtung dann schon eingegangen, so muss dort eine Obligobuchung
erfolgen, damit die Daten für die Disposition topaktuell
sind. Auf der Beschaffungsseite wird mit der Bestellanforderung
eine Vorbindung finanzieller Mittel bewirkt, die dann bei
der Bestellung zu einer endgültigen Mittelbindung führt.
Die Budgetprüfung wird natürlich von der Software
geleistet; ein Sachbearbeiter muss jedoch nachvollziehen und
antizipieren können, wie ein solches Ergebnis ausfällt,
wenn er Dispositionen in ein System eingeben will. Dazu muss
er sich in Kosten- und Finanzstellenhierarchien auskennen,
den Zusammenhang eigener Buchungen, Buchungen aus Zentralabteilungen
und Systembuchungen kennen. Er muss wissen, wie Budgets erhöht
werden können. Integrierte Unternehmenssoftware darf
deshalb nicht nur als Dokumentations- und Abrechnungssystem,
sondern muss auch als Planungs- und Steuerungssystem erschlossen
werden.
2.4 Unternehmensübergreifende
Integration
Neben der Planungs- und Steuerungsunterstützung zeigen
ERP-Programme insbesondere hinsichtlich der Unterstützung
unternehmensübergreifender Integrationen deutliche Leistungsunterschiede.
Gerade diese Funktionalität im Hinblick auf die Steuerung
und Rechenschaftslegung international operierender Konzerne
unter der Berücksichtigung nationaler und internationaler
Rechtsvorschriften hat SAPâ die Dominanz auf dem Weltmarkt
beschert. Inwieweit internationale Rechnungslegungsvorschriften
und Konzernstrukturen in der kaufmännischen Ausbildung
berücksichtigt werden sollten, müsste über
eine eigene fachdidaktische Diskussion geklärt werden.
Deutlich wird nur, dass dies immer mehr auch für kleinere
und mittlere Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen
relevant wird: weil sie sich Absatzmärkte in anderen
Ländern sichern wollen, weil andere Unternehmen sich
an ihnen beteiligen oder sie sogar ganz übernehmen oder
weil sie günstigere Kreditkonditionen bei der Bank erhalten
wollen.
Eine häufig auch schon im mittelständischen Bereich
anzutreffende Integration ist bei einer aus steuerlichen oder
privaten Gründen vorgenommenen Betriebsaufspaltung zu
finden. Damit eine funktionierende Kostenrechnung stattfindet,
beinhaltet dann der Kostenrechnungskreis mehrere Buchungskreise
rechtlich selbständiger Unternehmen.
Ein anderer Aspekt betrifft die überbetriebliche Optimierung
der Geschäftsprozesse im Rahmen des Electronic Business
(vgl. ACHTENHAGEN/GETSCH/PREISS 2002). Hier geht es darum,
dass die Datenerfassung in den kaufmännischen Anwendungen
weiter zurückgedrängt wird; denn die Systeme kommunizieren
über standardisierte Protokolle mit denen der Lieferanten,
Kunden, Banken und Verwaltungen. Bei weitergehender Integration
kann diesen externen Stellen sogar der Zugriff und die Manipulation
im Hinblick auf die eigenen Datenbestände erlaubt werden.
Großunternehmen machen dies sogar oft zur Bedingung
für ihre Zulieferer. Auf der Absatzseite ist dies in
vielen Buchungs- und Reservierungssystemen schon lange üblich.
Im Extremfall kann dies sogar bedeuten, dass ein Kunde ohne
das Mitwirken eines Sachbearbeiters die Bestellung bei einem
Vorlieferanten veranlasst.
Weitere Merkmale des Electronic Business sind die Integration
von Online-Katalogen der Lieferanten in die eigenen Bestellsysteme
und deren Verknüpfung mit "elektronischen Marktplätzen".
Dies kann sogar bis hin zur automatisierten Bezugsquellenermittlung
und automatisierten Verhandlungen durch so genannte "intelligente
Agenten" geschehen.
2.5 Allgemeine Folgerungen für
die curricularen Konstruktionen
Aus den vorausgehenden Ausführungen wird deutlich, dass
die Geschäftsprozessoptimierung die Realisierung moderner
unternehmerischer Zielvorstellungen, insbesondere der Kundenorientierung,
mithilfe integrierter Informationssysteme beabsichtigt. Es
handelt sich hierbei nicht um die Einführung der EDV,
sondern um die Umstellung der EDV, z. B. von SageKHKoder Lexwareauf
Navisionoder SAP.
Unbestritten ist, dass die Entwicklung und der Einsatz von
integrierten Informationssystemen durch einen Anstieg von
Intransparenz und zunehmende Komplexität von Aufgabenstellungen
gekennzeichnet ist, wobei gleichzeitig die standardisierten
Teilaufgaben hinter der Bildschirmoberfläche verschwinden.
Für die Bewältigung der Aufgaben tritt demgegenüber
die Steuerung und das Wissen um die organisatorischen Zusammenhänge
in den Vordergrund, die allerdings bei der Komplexität
und Unanschaulichkeit der Systeme nur sehr schwer transparent
zu machen sind (vgl. GETSCH 1990), weil viele Aspekte im Rahmen
des Customizing des jeweiligen Systems aufgegriffen und dabei
integriert werden (vgl. GETSCH 2002). Dies gilt in noch verstärkter
Form bei Electronic Businessanwendungen (vgl. ACHTENHAGEN/GETSCH/PREISS
2002). Damit wird der von MERTENS/BODENDORF/KÖNIG/PICOT/SCHUMANN
(2001, 82) postulierte Vorteil, der durch die Entwicklung
von integrierten Informationssystemen entstehen soll, zu einem
fachdidaktischen Nachteil - oder - je nach Standpunkt - stellt
die Entwicklung eine fachdidaktische Herausforderung dar.
Zusammenfassend kann als fachdidaktische Konsequenz festgehalten
werden, dass durch den zunehmenden Einsatz von integrierten
Informationssystemen verschiedene didaktische Maßnahmen
ergriffen werden müssen, wenn sich das Berufsbildungssystem
nicht vom Beschäftigungssystem abkoppeln will. Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt halten wir es für dringend erforderlich, mit
einem oder mehreren Modellunternehmen (vgl. GETSCH/SIEMON
1999; SIEMON 2001) zu arbeiten. In diesen Modellunternehmen
sollte über die Modellbildung eine reduzierte Komplexität
abgebildet werden. Weiterhin werden verstärkt unterschiedlichste
Formen von Visualisierungen notwendig sein, die die funktionsübergreifenden
Problemstellungen veranschaulichen sollten.
Eine Visualisierungsmöglichkeit, um die Integrationssicht
stärker veranschaulichen zu können, bilden die ereignisgesteuerten
Prozessketten (EPK`s) im Rahmen von Geschäftsprozessmodellierungen
(vgl. ACHTENHAGEN/GETSCH 2000; GETSCH 2002; 1999). Es ist
aber nicht gerechtfertigt davon auszugehen, dass es mit Hilfe
von ereignisgesteuerten Prozessketten allein möglich
sein wird, alle komplexen und intransparenten Kerngeschäftsprozesse
sichtbar machen zu können, weil viele Prozesse über
Datenflüsse der unterschiedlichen Module des Systems
miteinander verknüpft sind. Daher sind wir der Meinung,
dass in diesem Bereich noch ein hohes fachdidaktisches Forschungsdefizit
besteht.
Es hat allein bei der SAP® AG ab 1979 36.000 Installationen
mit rund 10 Mio. direkten Usern gegeben, die mit integrierter
Software arbeiten (www.sap.com/company/
vom 09.08.2001). Mehr als 90 % der Top-500 Unternehmen arbeiten
mit SAP®. Die Marktanteile für den Mittelstand können
der folgenden Abbildung entnommen werden:
Abb. 4: Einsatz von ERP-Systemen im Mittelstand (GADATSCH 2001)
Wenn man die Entwicklung der Zahlen richtig interpretiert,
dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass das Arbeiten mit integrierten
Anwendungssystemen nicht mehr nur eine Domäne der Großbetriebe
ist, sondern dass auch mittelständische Unternehmen aus
den unterschiedlichsten Gründen heraus mit integrierter
Anwendungssoftware arbeiten und dass Softwareprodukte wie
SageKHK-Classic-Line aus den unterschiedlichsten Gründen
heraus keine großen Marktanteile (nur 3,3 % bei Mittelstandslösungen)
erzielen konnten. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass es der
SAP® AG als deutschem Unternehmen gelungen ist, weltweit
Marktführer bei integrierter Anwendungssoftware zu werden.
Trotz aller vermuteten Schwierigkeiten bei einer konkreten
Umsetzung, sollten sich die Berufsbildenden Schulen an den
Produkten des Marktführers ausrichten, weil die Marktführer
im Bereich der Programmentwicklung die Standards für
zukünftige Weiterentwicklungen definieren.
Dass die ERP-Software trotz einiger Gemeinsamkeiten deutliche
Leistungsunterschiede aufweist, wird nicht nur aus den Preisen
ersichtlich. Die Leistungsunterschiede sind auch auf strukturelle
Unterschiede in den Programmen und Datenbeständen zurückzuführen.
Sie unterscheiden sich deutlicher als auf dem Markt befindliche
Office-Pakete. Dass es bei letzteren schon nicht egal ist,
an welchem geschult wird, zeigt der heutige Verbreitungsgrad
der Software des Marktführers in kaufmännischen
Schulen. Gerade hier haben weniger die letzten Leistungsraffinessen
als vielmehr die vom Marktführer durchgesetzte Terminologie,
das Menüsystem und die dazu für den Markt entwickelten
Nachschlagewerke und Schulungsunterlagen den heutigen Zustand
herbeigeführt.
Der Verbreitungsgrad und die Komplexität integrierter
Informationssysteme, insbesondere der von SAP® R/3®,
stellt nun eine didaktische Herausforderung dar, der sich
die Fachdidaktik und die kaufmännischen Schulen nicht
entziehen können. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den
Bildungsauftrag der Schule als auch auf die arbeitsmarktpolitischen
Qualifikationserfordernisse und individuellen Qualifikationserwartungen.
Diese dürfen auf keinen Fall auf die Bedienung der Software
reduziert werden. "Die Komplexität von Sachverhalten
soll ja in Lernprozessen nicht reduziert, sondern durchschaut
werden. Didaktische Reduktion bedeutet ja nicht schlicht Verringerung
von Stofffülle oder bestenfalls vereinfachte Darstellung
von Grundprinzipien, sondern sie ist das Resultat folgender
Schritte:
Zurückführung des Komplizierten auf sein Grundprinzip
und Aufzeigen des Grundprinzips als strukturprägendes
Moment in der Komplexität; Herausarbeitung der Verknotungs-
bzw. Verdichtungszonen unterschiedlicher Dimensionen.
Die Verringerung der Stofffülle ergibt sich folglich
aus dem Herausarbeiten des Exemplarischen in diesem Sinne."
(LISOP/HUISINGA 1999, 167f.)
Entsprechend diesen Anforderungen sollten die Lernfelder eines
Lehrplans, die Lernsituationen im Unterricht und die Prüfungen
gestaltet sein. Dies bedeutet, dass eine integrierte Unternehmenssoftware
im Hinblick auf ein durchgehendes Modellunternehmen und die
Ziele und Inhalte des Lehrplans anzupassen ist (Customizing),
damit es für schulische Lernsituationen genutzt werden
kann.
Wenn die Grundstrukturen integrierter Unternehmenssoftware
im Hinblick auf Verständnis und Transfer unterrichtet
werden, so ergibt sich daraus, dass thematisiert wird, welches
Problem sie lösen, d. h. wo sie der isolierten und manuellen
Bearbeitung überlegen sind. Aus lernpsychologischen Gründen
wird es auch oft notwendig, dass automatisierte Arbeitsschritte
im Unterricht auf Papier vollzogen werden. Damit ist der modernen
Problemlösung auch immer eine ältere didaktisch
inhärent. Man kann also nicht die Unterrichtskonzeption
mit der integrierten Software aus den Gründen ablehnen,
dass sie in der jeweiligen Region oder Branche nicht eingesetzt
wird. Das Reorganisierte hat auch immer einen Vorläufer.
In diesem Sinne meinen wir, dass auch die lernfeldstrukturierten
Lehrpläne im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung einer
"fachdidaktischen Reorganisation" bedürfen,
wenn sie den Intentionen der KMK-Handreichungen, aber auch
pädagogischer Normativität und der ökonomischen
Rationalität entsprechen sollen.
|
3.
Lernfeldstrukturen im Curriculum |
|
Lernfelder sind im Zeitablauf zu strukturieren. Aus lernpsychologischen
und didaktischen Gründen sind Lernprozesse jedoch im
Sinne der Persönlichkeitsentwicklung von ganzheitlichen
Vorformen ausgehend mit zunehmender Differenzierung, Komplexität
und Spezialisierung anzulegen (vgl. hierzu den Ansatz des
Cognitive Apprenticeship nach COLLINS/BROWN/NEWMAN 1989).
Dies bedeutet, dass die Integration betrieblicher Handlungsabläufe
und die Integration der Daten in der kaufmännischen Software
erst im Zeitablauf entfaltet bzw. elaboriert werden kann.
LISOP/HUISINGA (1999, 182ff.) sprechen sich für eine
Lernfeldstrukturierung mittels Exemplarik aus, wobei sie drei
Lernfeldarten unterscheiden:
A. Basis-Lernfelder
B. Arbeitspraktische Transfer-Lernfelder und
C. Lernfelder subjektbezogener besonderer Qualifikationen.
Da die letzte Gruppe sehr stark mit allgemein bildenden Inhalten
verbunden ist, wollen wir sie hier als eigene Lernfeldart
ausblenden und unsere curricularen Ideen anhand der beiden
ersten Lernfeldarten skizzieren. Die konkretere und damit
auch umfangreichere Ausdifferenzierung ist in GETSCH/PREISS
(2003) zu finden: Integration statt Isolation bei der Umsetzung
von Lernfeldern in unterrichtliche Lernsituationen - fachdidaktische
Herausforderungen durch integrierte Informationssysteme.
3.1 Basis-Lernfelder
Als Basis-Lernfelder im Rahmenlehrplan für die Industriekaufleute
(KMK 2002) können die ersten drei Lernfelder betrachtet
werden. In diesen Lernfeldern sind die inhaltliche Breite
der beruflichen Inhalte und auch die verschiedenen fachlichen
Inhaltsschichten in ihren Grundelementen zu entfalten. Dieses
bedeutet nicht, dass diese Lernfelder jetzt "fachsystematisch"
zu strukturieren wären. Auch hier sind entsprechende
Lernsituationen der Ausgangspunkt für die Gestaltung
der Lernprozesse. Unserem Verständnis nach ist es sogar
so, dass die Grundstrukturen und Grundbegriffe der relevanten
modernen Fachwissenschaften mit denen des beruflichen Tätigkeitsfeldes
identisch sind. Die Termini "Geschäftsprozess"
und "Wertkette" belegen dies in einer besonderen
Art und Weise.
Der Kern des betrieblichen Informationssystems ist nach wie
vor die auf der Technik der über 500 Jahre alten doppelten
Buchführung aufbauende Finanzbuchführung. Die anderen
Komponenten umlagern und ergänzen diese. Die Aufzeichnungstechnik
des noch viel älteren Kontos mit seiner Zugangs- und
Abgangsseite bzw. -spalte ist nicht nur für das Verständnis
der Haupt- und Nebenbücher, sondern auch für die
Kostenrechnung und Finanzmittelrechnung von zentraler Bedeutung.
Das Kontensystem der Finanzbuchhaltung bildet auch die Grundlage
für weite Teile der betriebswirtschaftlichen Terminologie
und Theorie sowie der Rechtsnormen.
Die Technik der Kontenführung ist deshalb am Anfang der
kaufmännischen Ausbildung in effektiver und sinnhafter
Weise zu unterrichten. Die Konten sind sowohl als ein Abbildungsinstrument
als auch ein Handlungsaufforderungsinstrument für Bestände
und Wertbewegungen zu unterrichten. Auf diesem Grundgedanken
basiert der Ansatz des wirtschaftsinstrumentellen Rechnungswesens
(PREISS/TRAMM 1990; PREISS/TRAMM 1996, PREISS 1999a). PREISS
(2002) zeigt ausführlich, wie dieses Lernfeld in einem
geschäftsprozessorientierten Anfangsunterricht umgesetzt
werden kann. Hier wollen wir uns auf die Entfaltung des Gedankens
der integrierten Informationsverarbeitung beschränken.
Dabei gehen wir davon aus, dass dieses Lernfeld optimaler
Weise parallel zu den Lernfeldern 1 und 2 unterrichtet wird.
Lernfeld 1: In Ausbildung und Beruf orientieren
Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse
eines Industrie-betriebes beschreiben
Lernfeld 3: Wertströme und Werte erfassen und
dokumentieren
Abb. 5: Zeitliche Strukturierung der Basis-Lernfelder
3.1.1 Lernfeld 1: In Ausbildung und Beruf orientieren
Die Bezeichnung dieses Lernfeldes ist sehr verkürzend
gewählt, weil hier die Orientierung im Unternehmen sowie
in dessen sozialen und ökonomischen Umsystemen nicht
explizit ausgedrückt wird. Wir sehen hierfür nämlich
vor, dass als Lernsituation eine Betriebserkundung virtuell
über eine CD-ROM und real im Ausbildungsbetrieb geschaffen
wird. Ausgehend von einem sehr vereinfachten Geschäftsprozess
"Auftragsabwicklung" können die Anspruchsgruppen
des Unternehmens, deren Interessenlage, Unternehmensgrundsätze
(z. B. Kundenorientierung) und -ziele sowie die funktionale
Grundstruktur des Unternehmens erarbeitet werden. In diesem
Geschäftsprozess ist das Informationssystem des Unternehmens
ebenfalls extrem vereinfachend wiederzugeben. Wenn es darum
geht, eine Lieferzeit zu ermitteln, können die Teilergebnisse
in einer aufbereiteten Form präsentiert werden, da es
an dieser Stelle nicht darum geht, Datenbankabfragen zu formulieren,
sondern Strukturen der Kombination der Teilergebnisse zu erkennen.
Somit ist auch eine Vereinfachung, dass die verfügbaren
Bestände gleich den Ist-Beständen sind, zulässig.
In Abbildung 6 wird die aus dem Zusammenhang von Auftragsabwicklung,
Logistikkette, funktionaler Gliederung des Unternehmens und
Anspruchsgruppen ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizziert.
Bezüglich der Abfolge einzelner Arbeitsschritte dieses
Prozesses kann für die Darstellung ein vereinfachtes
Vorgangskettendiagramm mit den Elementen "Ereignis",
"Funktion" und "Organisationseinheit"
ohne logische Operatoren und damit ohne Parallelstrukturen
erarbeitet werden.
Bei der Erarbeitung der Anspruchsgruppen und ihrer Beziehungen
zum Unternehmen sind bezüglich der Ausbildung der Industriekaufleute
im dualen System die Anspruchsgruppe "Arbeitnehmer"
mit der Untergruppe "Auszubildende" und die Anspruchsgruppe
"staatliche Einrichtungen" mit der Institution "Berufsbildende
Schule" besonders hervorzuheben. Somit kann die Lernsituation
der Betriebserkundung zur vollständigen Erarbeitung der
Ziele und Inhalte dieses Lernfeldes genutzt werden.
Abb. 6: Funktionsübergreifender Auftragsabwicklungsprozess
3.1.2 Lernfeld 2: Marktorientierte
Geschäftsprozesse eines Industriebetriebes erfassen
Für die Gestaltung der Lernsituation in diesem Lernfeld
sind einige Vereinfachungen der vorausgegangenen Lernsituation
aufzuheben. Durch die Einbeziehung mehrerer Kunden, mehrerer
Artikel und exakter Zeitangaben wird die Differenzierung der
Bestandsführung notwendig. Die Verknüpfung der Daten
der Materialwirtschaft mit der Finanzbuchführung und
der Kostenrechnung sollte zwar angedeutet, jedoch hier noch
nicht operativ vollzogen werden. Die Andeutung geschieht dadurch,
dass drei Szenarien mit jeweils einem Geschäftsprozess
um die Bestände und Geschäftsvorfälle der Finanzbuchführung
modelliert werden.
Das erste Szenario betrifft die Auftragsabwicklung beim Verkauf
vorrätiger und nicht vorrätiger eigener Erzeugnisse
ohne die Problematik der Teile- und Materialdisposition; das
zweite Szenario die Auftragsabwicklung aus dem Bestand, aber
mit Nachbestellung bei dem Lieferanten. Für diese Szenarien
werden eine manuelle Mengenbuchhaltung bei einem Artikel exemplarisch
durchgeführt, die Darstellungen des Geschäftsprozesses
als EPK und einer Datenstruktur als ERM-Diagramm betrachtet
und im Hinblick auf Verbesserungsmöglichkeiten analysiert.
Damit auch die Notwendigkeit der Finanzdisposition erkannt
wird, haben wir als drittes Szenario der komplexen Geschäftsprozesse
eine Anlagenbeschaffung mit Fremdfinanzierung modelliert.
Die in diesem Lernfeld vorgesehene Controllingthematik wird
als Abstraktion über die hier durchgeführten und
die im Lernfeld 3 in die Finanzbuchführung integrierten
Controllingtätigkeiten entwickelt.
3.1.3 Lernfeld 3: Werteströme
und Werte erfassen und dokumentieren
Der Unterricht in diesem Lernfeld beginnt mit der Kontotechnik
und dem Buch-Ist-Vergleich am Beispiel des Kassenbuch-Saldos
mit dem Zähllisten-Ist-Bestand und seinen Ursachen und
Folgen. Am Beispiel des Kassenbuches kann der Grundgedanke
der Steuerung betrieblichen Geschehens nur in einer rudimentären
Vorform bezüglich eines ökonomisch sinnvollen Bargeldbestandes
in der Handkasse gezeigt werden.
Für die optimale Ergänzung mit der Betriebserkundung
in Lernfeld 1 ist die zweite Unterrichtseinheit "Von
der Inventur zur Bilanz" zentral. Über die Inventurunterlagen
werden weitere Repräsentationen der Mengen und Werte
im Industriebetrieb in den Unterricht gebracht.
Im Mittelpunkt dieses Lernfeldes steht die Unterrichtseinheit
zur Einführung der Hauptbuchkonten, die mit der Durchführung
eines operativen Controlling auf der Basis der Finanzbuchführung
verbunden ist. Aus einer ökonomisch herausfordernden
Ausgangssituation mit einer angespannten Liquiditätslage
und einem nicht den Erwartungen entsprechenden Gewinn wird
die Notwendigkeit der Führung von Konten und der Überwachung
der Plan-Ist-Abweichungen erarbeitet. Bei der Einführung
der Erfolgskonten werden die Belege aus den Szenarien 1 und
2 des Lernfeldes 2 aufgegriffen. Die Geschäftsvorfälle
des Szenario 3 werden ebenfalls zur Buchung und zur Erklärung
von Controllingaktivitäten genutzt.
Die Finanzbuchführung wird dabei als ein separates und
normiertes Informationssystem entwickelt; dennoch sind an
vielen Stellen Andeutungen der Integration mit den logistikorientierten
Modulen und der Kostenrechnung vorgesehen. In diesen Lehrgang
sind Grundbegriffe der Kostenrechnung integriert, ohne dass
deren Instrumentarium hier entfaltet wird.
In dem zweiten zu buchenden Geschäftsjahr wird die zunächst
ausgeblendete Umsatzsteuerthematik in einer praxisentsprechenden
Lösung mit quartalsbezogener Voranmeldung und Vorauszahlung
behandelt. Diese Thematik wird dann im folgenden Geschäftsgang
durch Behandlung von Erlös- und Anschaffungspreisminderungen
erweitert.
Im letzten Geschäftsgang, der ebenfalls wieder ein Jahr
in dem Modellunternehmen repräsentiert, wird die Umsatzsteuerproblematik
um die Auslandsbeziehungen bei innergemeinschaftlichem Erwerb,
innergemeinschaftlicher Lieferung, Einfuhr aus und Ausfuhr
in EU-Drittländer ergänzt.
Die gesamte Thematik basiert auf fünf modellierten Geschäftsjahren
mit teilweise den Erwartungen entsprechenden und teilweise
unerwarteten Ergebnissen. Aus den Zahlen des Rechnungswesens
werden betriebswirtschaftliche Ursachen erschlossen und Handlungsvorschläge
entwickelt.
Aus Vereinfachungsgründen werden die Vorgänge im
Vorratsvermögen zunächst nur nach dem aufwandsrechnerischen
Verfahren gebucht. Am Ende des Lernfeldes findet jedoch eine
Umstrukturierung im Hinblick auf das vollständige bestandsrechnerische
Verfahren, wie es in integrierten Informationssystemen zu
finden ist, statt.
3.2 Arbeitspraktische Transfer-Lernfelder
In diesen Transfer-Lernfeldern kann dann der in den Basis-Lernfeldern
angekündigte Integrationsaspekt entfaltet werden. Wir
beschränken uns hier auf die Lernfelder 4 bis 6. Auch
hier sehen wir einen Parallellauf von logistischem Bereich
und dessen wertmäßiger Abbildung in der Kostenrechnung
als optimal an.
Lernfeld 4:Wertschöpfungsprozesse analysieren
und beurteilen
Lernfeld 5:Leistungserstellungsprozesse planen,
steuern und kontrollieren
Lernfeld 6:Beschaffungsprozesse planen, steuern und
kontrollieren
Abb. 7: Strukturierung der ersten arbeitspraktischen Transfer-Lernfelder
Der Inhaltsbereich dieser Lernfelder wird auch durch die Zwischenprüfung
abgedeckt. Bei einer arbeitspraktischen Umsetzung der Lernfelder
und arbeitspraktischen Prüfungsaufgaben wäre somit
eine konsistente curriculare Arbeit im Sinne der KMK-Handreichungen
zu leisten.
3.2.1 Lernfeld 4: Wertschöpfungsprozesse analysieren
und beurteilen.
Der Titel des Lernfelds lässt die Ausrichtung auf neuere
moderne Kostenrechnungssysteme erkennen. In diesem Lernfeld
sollte es zunächst darum gehen, die Verbindungen von
den datenliefernden Modulen zur Kostenrechnung herauszuarbeiten,
weil die wesentlichen Erfassungsarbeiten nicht in der Kostenrechnung
selbst, sondern z. B. im Beschaffungswesen, in der Logistik,
in der Finanzbuchhaltung etc. erfolgen. Die eigentliche Kostenartenrechnung
findet im Rahmen von Customizingarbeiten statt. So lassen
sich Primärkostenarten wie z. B. Rohstoffaufwand und
Fertigungslöhne nur einrichten, wenn dazu bereits ein
jeweiliges Aufwandskonto existiert. Die Begrifflichkeiten:
Primäre und Sekundäre Kostenarten sind herauszuarbeiten.
Weiterhin wären auch die Aspekte der Einzel- und Gemeinkosten
zu besprechen. In den Abbildungen 8 und 9 werden die Zusammenhänge
illustriert. Es sollte an mindestens 3 Aufwandsarten exemplarisch
erläutert werden, wo die Datenerfassung erfolgt und wie
die Daten dann in die Kostenrechnung gelangen. Für die
Leistungen wäre der Begriff "Ergebnisobjekt"
(z. B. für ein fertiges Produkt und für eine Handelsware)
einzuführen. Mit diesen Hinweisen soll auch deutlich
werden, dass das Lernfeld 4 nicht vor, sondern parallel zu
den Lernfeldern 5 und 6 unterrichtet werden müsste, wenn
man dem Integrationsgedanken mehr Aufmerksamkeit als bisher
schenken möchte.
Abb. 8: Zusammenhang zwischen Finanzbuchhaltung und Kosten-
und Leistungsrechnung mit innerbetrieblicher Leistungsverrechnung
Bei der Erarbeitung der Kostenstellenbildung kann auf traditionelle
Inhalte zurückgegriffen werden. Bei den Ausführungen
zu Lernfeld 3 haben wir bereits darauf aufmerksam gemacht,
dass Grundbegriffe der Kostenrechnung bereits frühzeitig
im Rahmen des Unterrichts in zunächst allgemeiner Form
eingeführt werden sollten.
Die Inhaltsauflistungen im Lernfeld 4 des Rahmenlehrplans
sind mit Ausnahme der "prozessorientierten Kostenbetrachtung"
traditionell. Vor dem Hintergrund der integrierten Informationsverarbeitung
sollte darauf verzichtet werden zunächst die Vollkostenrechnung
zu thematisieren um dann aus den Nachteilen der Vollkostenrechnung
die Deckungsbeitragsrechnung einzuführen. Im Vordergrund
sollte stehen, dass es bei der Analyse von Wertschöpfungsprozessen
immer darum geht, dem jeweiligen Informationsbedürfnis
mithilfe eines geeigneten Kostenrechnungsverfahren zu begegnen.
Das kann dann für Zwecke der Nachkalkulation die Vollkosten-
und für andere Entscheidungen die Deckungsbeitragsrechnung
sein und z. B. für unterschiedliche Auftragsabwicklungsprozesse
die Prozesskostenrechnung sein. In jedem Fall sollte die Maschinenstundensatzrechnung
weiterhin bearbeitet werden, weil sie ja im Kern auch eine
Prozesskostenabschnittsrechnung des Produktionsbereichs darstellt.
Da dieses Lerngebiet bereits im Titel den Terminus "Wertschöpfungsprozesse
analysieren und beurteilen" trägt, müsste natürlich
auch auf die flexible Plankostenrechnung eingegangen werden.
Viele Betriebe sind beim Einsatz von integrierten Informationssystemen
in der Lage, auf fast alle Kostenrechnungsverfahren parallel
als Entscheidungsunterstützungsinstrument zurückzugreifen.
Damit rückt nach unserer Auffassung mehr das System und
der jeweilige Zweck in den Vordergrund gegenüber den
rein rechnerischen Arbeiten, die das System übernimmt.
Es wäre zu überlegen, ob man in diesem Lerngebiet
nicht gleich zu Beginn ein Übersichtsschema erarbeiten
sollte, aus denen die unterschiedlichen Kostenrechnungsverfahren
und ihre Zwecke in einer zunächst unausdifferenzierten
Form dargestellt werden.
Abb. 9: Integrationssicht der Kostenrechnung
Wenn wir Aspekte der Komplexität und Intransparenz in
den Vordergrund der Problemstellung rücken wollen, dann
tauchen beim Arbeiten mit integrierten Informationssystemen
mehrere Fragen auf - vor allem, wenn man diese Fragen vor
dem Hintergrund des traditionellen Betriebswirtschaftslehre-
und Buchführungsunterricht spiegelt (vgl. PREISS 1999a;
1999b). So bildet z. B. die so genannte Abgrenzungsrechnung
(Ergebnistabelle) im traditionellen Unterricht das verbindende
Element zwischen der Aufwandsrechnung (Rechnungskreis I) und
der Kostenrechnung (Rechnungskreis II) (vgl. SCHMOLKE/DEITERMANN
1996, 307 ff.).
Bei integrierten Informationssystemen existieren keine Abgrenzungsrechnungen
für diese Zwecke (vgl. oben). Beim Einrichten der Aufwandskonten
muss entschieden werden, ob es auch gleichzeitig ein Kostenkonto
ist. In diesem Fall spricht man von Primärkosten. Von
der aufwandsrechnerischen Seite her betrachtet, bildet für
die Einrichtung eines Kostenkontos immer ein vorhandenes Aufwandskonto
die notwendige Voraussetzung. Innerhalb der Kostenrechnung
kann man dann wieder verschiedene Kostenkonten für unterschiedliche
Kostenstellen erzeugen, die aber mit der Aufwandsrechnung
aufgrund von Systemeinstellungen nicht verknüpft sind.
In diesem Fall spricht man von Sekundärkosten. Das führt
dazu, dass alle Aufwandskonten (per Definition) immer automatisch
in das Gewinn- und Verlustkonto und die Kostenkonten immer
automatisch in die Betriebsergebnisrechnung abgeschlossen
werden. Eine Eingangsrechnung für Primärkosten setzt
bei der Buchung immer die Angabe einer Kostenstelle oder eines
Kostenträgers (Produkt oder Auftrag) voraus. Das bedeutet,
dass man schon bei den Inhalten zur Finanzbuchführung
auf Begrifflichkeiten wie z. B. Kostenstelle und Kostenträger
eingehen muss (vgl. oben: Wer? will Was? von Wem?). Das soll
aber nicht bedeuten, dass alle Inhalte der Kostenrechnung
vor den Inhalten der Finanzbuchführung behandelt werden
sollten! Beim Einrichten der Primärkostenkonten hat man
auch die Möglichkeit die zeitliche Verteilung (z. B.
Kfz-Jahressteuer, Versicherungsprämien, Weihnachtsgeld)
und auch Dauer- bzw. automatische Wiederholungsbuchungen einzurichten.
Somit werden die Kostenstellen gleichmäßig (je
nach Abschluss: wöchentlich, monatlich, quartalsmäßig)
mit den entsprechenden Kosten belastet. Hier stellt sich für
uns die Frage, ob man nicht auf die bislang praktizierte Form
der Abgrenzungsrechnung verzichten sollte, weil sie nicht
die notwendigen Grundlagen für das Verständnis für
die Überführung von Aufwendungen zu Kosten leistet.
Auch die Aspekte der zeitlichen Verteilung sollten sich nicht
mit Hinweisen im Rahmen der Kostenstellenrechnung begnügen,
dass der Betriebsabrechnungsbogen monatlich oder jährlich
aufgestellt wird (vgl. SCHMOLKE/DEITERMANN 1996, 350).
An dieser Stelle müsste sich der Lernende fragen, was
er mit diesem Hinweis anfangen kann, denn eine direkte Verknüpfung
mit zeitlichen Verteilungen fehlt an dieser Stelle. Prinzipiell
schlagen wir für diese Problemstellung vor, die Inhalte
mit Unterstützung eines integrierten Informationssystem
vorzunehmen, in dem z. B. das Kostenkonto "Büromaterial"
als Primärkostenart eingerichtet wird. Ebenfalls denkbar
wären Aspekte der Vor- und Nachverteilung von bestimmten
Kostenarten zu thematisieren.
3.2.2 Lernfeld 5: Leistungserstellungsprozesse
planen, steuern und kontrollieren
Unter Integrationsgesichtspunkten kommt der programm- bzw.
verbrauchsgebundenen Materialbedarfsprognose eine besondere
Bedeutung zu, weil sie im Kern das verbindende Element zwischen
den Funktionsbereichen Absatz, Beschaffung und Produktion
darstellt. Davon ausgehend müssten dann die Stücklisten
bzw. Stücklistenvarianten und die entsprechenden Auflösungsverfahren
erarbeitet und mit der Kapazitätsplanung der Produktion
abgestimmt werden. Aus diesen Angaben sind dann die Arbeitspläne
für die Produktion zu erstellen. Bereits in den Zielformulierungen
zum Lernfeld 5 wird auf die Verbindung zu Lernfeld 6 eingegangen.
So heißt es im LF 5: "Für fremdbezogene Teile
und Leistungen erstellen sie Bestellvorschläge unter
Berücksichtigung der Wiederbeschaffungszeiten ..."
3.2.3 Lernfeld 6: Beschaffungsprozesse
planen, steuern und kontrollieren
Wie bei Lernfeld 5 kann auch in diesem Lernfeld die Verbindung
zwischen Absatz, Produktion und Beschaffung mithilfe der programmgebundenen
Materialbedarfsprognose hergestellt werden. Eine zentrale
Rolle kommt im Rahmen von Beschaffungsvorgängen den Rahmenverträgen
zu, die im Unterricht entsprechend zu entfalten sind. Das
gilt auch für Konsignationslager, die als besondere Lagerart
(Kapitalbindung und Lagerrisiko beim Lieferer) zu erarbeiten
sind. Im Rahmen der unterrichtlichen Behandlung von Lagerarten
und Lagerkosten könnte man dann gerade für die Konsignationslager
eine Abgrenzung zwischen Mengen- und Wertführung bearbeiten.
Weiterhin sollte im Unterricht auf die Bearbeitung dezentraler
Beschaffungsprozesse mit Hilfe von EBP-Systemen (Enterprise
Buyer Professional) eingegangen werden. Bei diesen Systemen
kann man die Integrationssicht besonders betonen. Denn durch
den Zugriff auf eine gemeinsame Datenbank erhält das
Finanzwesen bereits zum Bestellzeitpunkt Informationen über
den Finanzbedarf. Gleichzeitig wird bei Erteilung einer Bestellanforderung
(Banf) im Obligo des Lagerbestands im MM-Modul (Material Management)
eine Bestellanforderung mit Mengen und Zeiten ausgewiesen.
In diesem Lernfeld wäre auch der notwendige Raum zur
Ausdifferenzierung von Störfällen mit entsprechenden
Konsequenzen für den gesamten Geschäftsprozess zu
erarbeiten.
|
4.
Folgerungen |
|
Mit den vorstehenden Ausführungen haben wir gezeigt,
dass man im Rahmen des Lernfeldkonzeptes mit der klassischen
fachdidaktischen Perspektive arbeiten kann. Ausgehend von
bezugswissenschaftlichen Aussagensystemen werden über
didaktische Kriterien der schülerangemessene und praxisadäquate
Unterrichtsstoff aufbereitet. Es bedarf lediglich einer Umorientierung
bei der pädagogisch begründeten Auswahl in den Bezugswissenschaften
und deren Produkten. Diese Vorgehensweise entspricht in jedem
Fall mehr den KMK-Intentionen als eine Umsortierung und terminologischen
Aufbereitung des tradierten Lehrstoffes. Die modernen Fachwissenschaften
gestalten, beschreiben und erklären berufliche Aufgabenstellungen
und Handlungsabläufe, auch diejenigen, die in automatisierten
Verarbeitungsschritten im Tätigkeitsfeld verborgen sind.
Gerade diese verborgenen Schritte sind aber für ein Verständnis
der Gesamttätigkeit notwendig.
Über die den Menschen verbleibenden Tätigkeiten
im Beruf sind die Handlungssituationen definiert. Damit Menschen
aber kompetent handeln können, müssen sie die ihnen
in diesen Situationen gelieferten Informationen und Werkstoffe
verstehen können und eine Vorstellung von den Haupt-
und Nebenwirkungen ihrer Handlungen haben. Die didaktische
Aufbereitung der bezugswissenschaftlichen Aussagensysteme
schließt die sequentielle und parallele Stoffanordnung
ein. So können im kaufmännischen Bereich die in
integrierten Informationssystemen verborgenen Verarbeitungsschritte
und Datenstrukturen nach lernpsychologischen Gesetzmäßigkeiten
nach und nach erschlossen werden und damit berufliche Handlungskompetenz
und professionelle Werthaltungen aufgebaut werden.
Bezüglich der Prüfungsaufgaben wird sich bald zeigen,
ob sie sich mehr im Sinne der Neuordnung und der KMK-Handreichungen
oder im Sinne der Sicherung von Kontinuität an alten
Aufgabenstellungen orientieren. Wir hoffen im Sinne der Auszubildenden
und unserer Wirtschaft, dass ersteres geschieht.
Eine besondere Herausforderung entsteht in der Beseitigung
des von RICKENBACHER (1991) und DUBS (1996, 123) diagnostizierten
fachdidaktischen Defizits bezüglich der Kostenrechnung.
Sowohl in den integrierten Informationssystemen als auch in
den Erwartungen der ausbildenden Wirtschaft nimmt die Kostenrechnung
eine zentrale Stellung ein. Weil die Erfassung und die entscheidungsbezogene
Auswertung von Daten der Kostenrechnung überwiegend in
den logistischen Teilbereichen der Geschäftsprozesse
geschieht und in der Finanzbuchführung nur noch einige
ergänzende Erfassungen und einige Filterungen vorgenommen
werden, ist die Kostenrechnung über die gesamte Ausbildungsdauer
elaborativ zu strukturieren. Die Verknüpfung von Geschäftsprozessen
und Kostenrechnung darf nicht auf die zusätzliche Thematik
"Prozesskostenrechnung" beschränkt werden;
es bedarf vielmehr einer gründlichen Revision der tradierten
"Schulkostenrechnung". Kostenbewusstes Denken und
Handeln im kaufmännischen Bereich basiert auf dem Verständnis
der Vorzüge und Grenzen des jeweiligen Abbildungsinstruments.
Die fachdidaktische Herausforderung stellt sich nicht nur
für den Ausbildungsberuf "Industriekaufmann/ Industriekauffrau",
sondern für alle Berufe und Vollzeitschulen im kaufmännischen
und verwaltenden Bereich.
|
Literatur |
|
ACHTENHAGEN, F. (Hrsg.) (2003):
Neuere wirtschaftspädagogische Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.
Berichte: Bd. 28. Göttingen: Seminar für Wirtschaftspädagogik.
ACHTENHAGEN, F./GETSCH, U. (2000): Überlegungen zur Neukonstruktion
des Lernfelds "Auftragsabwicklung": Geschäftsprozessmodellierung
und rechtliche Aspekte in der Ausbildung von Industriekaufleuten.
In: METZGER, C./SEITZ, H./EBERLE, F. (Hrsg.): Impulse für
die Wirtschaftspädagogik. Festschrift zum 65. Geburtstag
von Prof. Dr. Rolf Dubs. Zürich: Verlag des Schweizerischen
Kaufmännischen Verbandes, 211-224.
ACHTENHAGEN, F./GETSCH, U./PREISS, P. (2002): Didaktische Aufbereitung
der durch Electronic Business geprägten Handlungsfelder
in der beruflichen Bildung - am Beispiel des Rechnungswesens
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