RADOSAVA
KUZMANOVIC (Universität Hamburg) |
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Lernfelder, Implementationstheorien und
mikropolitische Mechanismen |
1.
Ausgangsproblematik |
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Mit der Implementation von Lernfeldern rückt die Frage
in den Vordergrund, ob und ggf. wie der Reformimpuls, der von
den lernfeldorientierten Curricula ausgeht, von den Berufsschulen
aufgegriffen werden könnte. Diese Frage erhält ihre
hervorzuhebende Bedeutung dadurch, dass viele curriculare Reformversuche
der Vergangenheit scheiterten bzw. keinen Eingang in die Praxis
fanden. So stellte die OECD in Zusammenarbeit mit der CERI im
Rahmen einer internationalen Studie fest, dass eine große
Zahl von Curriculumprojekten enttäuschend wenig erreicht
hatten (die OECD liefert damit eine Bewertung der vor allem
in den 1960er und 1970er Jahren zahlreichen Curriculumrevisionsbestrebungen,
vgl. OECD/CERI 1975, 17, zit. nach STEINEMANN 2001, 1).
Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen, bildungstheoretische
Anforderungen, Forschungen und Ergebnisse über Reformen
und Veränderungen an Schulen. Dennoch werden diese theoretischen
Erkenntnisse häufig nicht ausreichend in die Praxis transferiert
und kommen somit den rationalen Ansprüchen von Theorien
nicht nach. Mit dem Satz "Denn sie tun nicht, was sie wissen"
(vgl. EULER 1996) wird die Problematik zwischen theoretischem
Anspruch und Praxis sichtbar und offenbart in dieser Formulierung
eine gewisse Ratlosigkeit seitens der Wissenschaft.
Die Umsetzung curricularer Vorgaben in die Schulwirklichkeit
scheint demnach eine herausfordernde Aufgabe für alle Beteiligten
darzustellen. Woran liegt es nun, dass Anspruch und Wirklichkeit
derart auseinander klaffen? Was macht die Implementation von
neuen Konzepten, wie das Lernfeldkonzept, so schwierig? Welche
Voraussetzungen im Rahmen einer Reformbewegung erweisen sich
für die Implementation als günstig? Wie kann sichergestellt
werden, dass bei der Realisierung eines bestimmten Curriculum
dieses nicht seine eigentliche Bestimmung verliert? Welche Rolle
spielt dabei die Form der Curriculumentwicklung? Wie sind Rollen
von Fachleuten zu definieren, die sich an Curriculumarbeit beteiligen
und deren praktische Anwendung umsetzen, damit sich Reformvorhaben
möglichst weit und ausdauernd verbreiten und intentionsgerecht
angewendet werden (vgl. STEINEMANN 2001, 2 )? Mögliche
Antworten zu diesen Fragen sollen aus der Sicht eines spezifischen
Theorieansatzes - meines Dissertationsprojektes - skizziert
werden: der Mikropolitik. |
2. Lernfeldimplementation nach theoretischen Rationalitätsvorstellungen
2.1 Eckpfeiler der Curriculum- und Lehrplanforschung
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Curriculum- und Implementationsforschung ist grundsätzlich
unter den Rationalitätsmodellen zu verorten. Seit dem 19.
Jahrhundert gibt es Lehrplanarbeit und Lehrplanforschung, die
theoretisch wie empirisch zu Fragestellungen, vielfach über
Aufbau, Funktion und Wirkungsweise von Lehrplänen, Untersuchungen
angestellt haben (siehe dazu HERBART 1776-1841, ZILLER 1817-1882,
REIN 1847-1929 und DÖRPFELD 1824-1893).
1967 wurde mit ROBINSOHN der Curriculumbegriff reimportiert,
welcher dabei ausdrücklich in Distanz zu dem traditionellen
Lehrplan verwendet wurde. In der Aufbruchphase der 1970er Jahre
sollten herkömmliche Lehrpläne, die oft mehrdeutige,
jedenfalls nicht eindeutig operatonalisierbare Formulierung
der Ziele und der zu wenig schlüssige Zusammenhang zwischen
Zielen, Inhalten, Methoden und Mitteln neu hinterfragt werden.
Eine gründliche Revision (vgl. ROBINSOHN 1975) und eine
neuartige Curriculumforschung sollten zu einer wissenschaftlich
fundierten Reform von in der deutschen Tradition stehenden didaktischen
Fragen führen. Als grundlegende Diktion der curricularen
Programmatik kommt bei ROBINSOHN die Forderung nach einer Abkehr
von traditionalistischer Beharrung, individueller Beliebigkeit
und "pädagogischem oder politischem Dezisionismus"
zum Ausdruck (vgl. ROBINSOHN 1975, 31).
Mit Bezug auf ROBINSOHN entwickelten Forscher curriculare Lernziele,
die dabei als beobachtbares und messbares Schülerverhalten
beschrieben werden sollten. Zur Präzisierung von Hierarchie,
Schwierigkeitsgraden und wechselseitigem Verhältnis der
Lernziele wurden Taxonomien als Klassifikationssystem entwickelt
(vgl. BLOOM u.a. 1972, MAGER 1970), die die Lernziele unter
psychologischen Kategorien einordneten und zur Überprüfung
ihrer Lernwirksamkeit im Unterricht dienen sollten.
Die neue Wissenschaftlichkeit äußerte sich positiv
in dem Anspruch, curriculare Entscheidungen "in Form eines
rationalen gesellschaftlichen Konsens" zu heben, sie "auf
ausgesprochene und akzeptable Kriterien zu gründen"
(ROBINSOHN 1975, 31, 44). Als Merkmal unverkürzter Rationalität
wurde vor diesem Hintergrund der Legitimationsmodus hinterfragt,
der zur diskursiven Aufklärung und Anwendung rationaler
Verfahren zur Erzeugung eines praktisch wirksamen Konsenses
zielt. Als inhaltliche Voraussetzung dafür wurde die Sicherung
von Rationalität der Ziele und Zwecke durch begründende
und rechtfertigende Argumentation betrachtet (vgl. KÜNZLI
1975).
Mit zunehmender Komplexität und Professionalisierung der
Disziplin wurden Fragen hinsichtlich der Implementation von
Lehrplänen gestellt. Zwar betonte man noch im Rahmen der
Bildungsreform sehr stark die inhaltlichen Aspekte der Curriculumreform,
aber unter dem Stichwort der kommunikativen Didaktiken wurde
deutlich, dass das schulische Lernen nicht ohne Beziehungsdimension
zu reflektieren war. Aus dieser Position heraus wurde das Zentrum
wissenschaftlicher Aufmerksamkeit wieder auf Probleme des realen
Unterrichtsgeschehens verlagert (vgl. MOSER 1976, 78). Der Blickwechsel
wurde nicht zuletzt daran erkennbar, dass neben dem lehrplanorientierten
Begriff "Curriculum" nun wieder vermehrt auf den Begriff
"Didaktik" Bezug genommen wurde. Dennoch soll in diesem
Kontext der Untersuchungsaspekt auf der Curriculumimplementation
verbleiben. Curriculumimplementation behandelt dabei Fragen,
wie ein Konzept, eine Theorie oder eine wissenschaftliche Erkenntnis
in die gesellschaftliche Praxis umgesetzt werden kann - wie
zum Beispiel das Lernfeldkonzept.
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2.2
Ebenen der Lehrplanarbeit |
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SLOANE differenziert dabei drei Ebenen der Lehrplanarbeit,
die er organisatorisch der Makro-, Meso- und Mikroebene zuordnet
(vgl. SLOANE 2002, 13). Auf der Ebene der Lehrplanentwicklung
und -gestaltung, der Makroebene, geht es insbesondere um Fragen
der Gestaltung von curricularen Vorgaben, der grundsätzlichen
Lehrplanentwicklung von didaktischen bzw. curricularen Zielen
in einem öffentlichen, politischen Diskurs, in dem Forderungen
an die Schule artikuliert werden. Beispielsweise werden hier
Aspekte geklärt, ob und in welchem Umfang inhaltliche
Präzisierungen gemacht werden, wie man eine handlungslogische
Struktur herstellt usw. Auf der Ebene der Schulorganisation,
der Mesoebene, werden Fragen nach organisatorischen Rahmenbedingungen
in den Schulen geklärt. An diesem Ort findet die konkrete
Lehrplanvermittlung, in der in programmatischer Hinsicht die
Forderungen an Schule und die schulischen Möglichkeiten
in einem Lehrplan zusammengeführt werden, statt. Da die
Implementation von lernfeldstrukturierten Lehrplänen
verstärkt curriculare Entwicklungsarbeit an die berufsbildenden
Schulen verlagert, werden hier Fragen, wie beispielsweise
die zukünftige Abstimmung zwischen schulischem und betrieblichem
sowie überbetrieblichem Lernort auszusehen habe, beantwortet
werden müssen. Auf der Ebene der Unterrichtsführung,
der Mikroebene, wo die praktische Arbeit in der schulischen
Lernzielumsetzung durchgeführt wird, geht es darum, wie
Unterrichts- bzw. Lernsituationen von Lehrkräften in
Zukunft gestaltet werden müssen. Schließlich bewirkt
der Lernfeldansatz nicht nur eine veränderte thematische
Strukturierung von Unterricht, wie sie schon im fächerübergreifenden
Unterricht angedeutet ist (ebd., 13).
Die Ebenen der Lehrplanarbeit zeigen unterschiedliche Handlungsdimensionen
mit unterschiedlichen Spielräumen der Curriculumimplementation
auf, welche somit nicht einem Automatismus von Administration
und Umsetzung unterliegen. In den meisten europäischen
Ländern etablierte sich historisch eine Lehrplanverwaltung,
die ihre Legitimation institutionell auf der ihr zugebilligten
Planungshoheit erhielt, planungstechnisch ließen sich
jedoch kaum bestimmte Lehrprogramme zur Erreichung bestimmter
Bildungsideale entwickeln. Die praktische Ausführung
unter dem Stichwort Methoden- oder pädagogische Freiheit
blieb zunächst den einzelnen Schulen bzw. den einzelnen
Lehrkräften überlassen. "Lehrpläne waren
und sind also keine generalisierte Unterrichtsplanung, sondern
immer nur Rahmen oder Richtlinien für die spezielle Unterrichtsplanung.
Darin unterscheiden sich Lehrplanungssysteme grundlegend beispielsweise
von Planungskonzepten, die nicht am Programm und dessen Stoffauswahl,
sondern an der Definition und Kontrolle der Ergebnisse des
Unterrichtsbesuchs ansetzen" (HOPMANN/KÜNZLI 1999,
5 f.).
Lehrpläne waren und werden dabei immer historischen Veränderungen
unterworfen sein, da sie Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen
sind. Bildungsideale können dabei nach WENIGER nur Ausdruck
des in ihnen geronnenen, immer nur vorläufig entschiedenen
"Kampfes geistiger Mächte" sein. HOPMANN/KÜNZLI
verweisen darauf, dass die Freiheit der Schulen und Lehrkräfte
erst durch die Eigenlogik festgefügter Schulfächer
und Schulstrukturen mit der Verfächerung der Lehrplanarbeit,
der Segmentierung der Stoffauswahl entlang fachdidaktischer
Grenzwälle nach und nach erfolgte. Diese Verfestigung
wurde dabei nicht politisch-administrativ erzwungen, sondern
ist aufgrund paralleler Fragmentierungen von Lehrerbildung
und Lehrerarbeit entstanden (ebd.).
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2.3
Top-down- und bottom-up-Verfahren |
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In der didaktischen Auseinandersetzung um Implementationsprozesse
gab es drei Wege der Curriculumentwicklung mit unterschiedlichen
Freiheitsgraden für die Lehrerinnen und Lehrer um Innovationen
einzuführen. Das Teacher-proof-Konzept ist davon eine
"Lehrer-sichere" Anwendungsvariante, die einen geschlossenen
Lehrplan vorgibt. Auch heute wird sie in den USA häufig
angewendet. Oftmals wurden Lehrpläne aufgrund staatlich-administrativer
Aufträge durch Wissenschaftler und die Administratoren
erstellt. Es gab möglichst detailliert festgelegte Lehr-
und Lernmaterialen mit ausführlichen Lehrerhandbüchern,
wobei Lehrerinnen und Lehrer dabei als passive Interpreten
eines Curriculum auftraten, so dass sie nur wenig Spielraum
für das aktive Anpassen des Curriculums an sich verändernde
Lehr- und Lernsituationen hatten. Sowohl Lehrerinnen und Lehrer
als auch Schülerinnen und Schüler wurden dadurch
einer lebendigen Interpretation beraubt und in die Rolle des
bloß Ausführenden, ohne Möglichkeit einer
Eigenentscheidung und Eigeninitiative, gedrängt. Als
Weisungsempfänger wurden sie zugleich durch die Neuartigkeit
eines umfangreichen Lehrsystems verunsichert und überfordert
(vgl. KRON 2000, 318 ff; KLAFKI 1984, 124).
Diese Erfahrung hat zu einer abgemilderten Variante der Übernahme
und Realisierung von Curricula geführt, in welcher Lehrerinnen
und Lehrer das Curriculum interpretieren und variieren können,
wobei sie in Arbeitsgruppen bei der Transformation und Adaption
der offiziellen Curricula mitgewirkt haben. Diese Arbeitsgruppen
wurden oftmals durch Lehrerfort- und Weiterbildungsinstitutionen
in regionalen Research and Development Centers (Regionale
Zentren) in entsprechenden Einführungskursen für
neue Curricula in Lehrerarbeitsgemeinschaften auf der Ebene
der Einzelschule oder des Schulbezirks begleitet. Sie haben
in Bezug auf Inhalte, Ziele, Methoden und Medien sowie Formen
der Leistungskontrolle mehr Spielraum bekommen und konnten
als Interpreten innerhalb des gegebenen Gesamtkontextes auftreten.
Jedoch werden in diesem Modell externe Gedanken nur bedingt
implementiert (vgl. KLAFKI 1984, 124).
Die prinzipielle Kritik an der Verfahrensweise, dass Curriculumentwicklung
und Curriculumimplementation im Wesentlichen voneinander in
unterschiedlichen Phasen und verschiedenen Instanzen entwickelt
werden, in der Lehrerinnen und Lehrer weiterhin lediglich
als Anwendende einbezogen werden, hat zur Forderung nach einer
schulnahen Curriculumentwicklung, der Variante der offenen
Curricula, geführt. Diese Form bezieht Lehrerinnen und
Lehrer als Fachleute vor Ort in die Lehrplanarbeit ein, in
der das Curriculum als ein offenes Angebot betrachtet wird,
welches die Akteure interpretieren und transformieren. Die
Lehrerinnen und Lehrer können aufgrund ihrer pädagogisch-didaktischen
Kompetenz, welche sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation
und ihrer Erfahrungen mitbringen, eigene Ideen und die der
Schülerinnen und Schüler (interaktiv) als Ressourcen
einsetzen. Äußerlich gesetzte Schranken und Intentionen
werden nur bedingt berücksichtigt. Die pädagogische
Professionalität wird dabei besonders herausgefordert.
Die Handlungsforschung [Fußnote 1:Im deutschsprachigen Raum
wurde die Aktionsforschung nach 1970 als Konzept wieder entdeckt.
Sie wurde von Kurt LEWIN als ein Versuch entwickelt, Theorie
und Praxis, Forschen und Handeln zu verbinden (vgl. HAAG 1970,
MOSER 1975). In der Literatur sind diese Versuche unter den
Begriffen "action research", aber auch unter dem
eingedeutschten Begriff der "Handlungsforschung"
zu finden. Mit diesem neuen Begriff verband man eine Abkehr
von der traditionellen Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung
und angewandter Forschung. "Angewandte Forschung"
wurde vor allem unter dem Vorzeichen entwickelt, dass vorgängig
erarbeitete und überprüfte Theorien in Prognosen
umformuliert und praktisch angewandt werden sollten. Grundlagenforschung
sollte dagegen für die Entwicklung neuen Wissens fungieren.
Die Aktionsforschung hatte dagegen die Intention, Theorie
und Praxis enger zu verknüpfen, um diese Arbeitsteilung
aufzuheben. Forschen und Handeln sollte in wechselseitigen
Zyklen sowohl Theorie entwickeln wie praktisches Handeln anleiten
(vgl. MOSER 1975)], die auch unter dem Begriff der Aktionsforschung
verankert ist, operierte als Gegenmodell geschlossener teacher-proof
Curricula. Nach MOSER war auch die Aktionsforschung in den
1970er Jahren stark hierarchisch ausgerichtet. Zwischen Forschenden
und Praktizierenden entwickelte sich ein ähnliches Abhängigkeitsverhältnis
wie zwischen Lehrenden und Schülern, in dem die Forschenden
meist genau im voraus wussten, welche Ziele die einzelnen
Projekte erreichen sollten, so wie Lehrende bereits das Resultat
ihrer Schulaufgabe kennen und die richtigen Lösungswege
und Techniken beherrschen. Das Verhältnis war von stark
festgefügten, objektiven Vorstellungen geprägt,
das die dahinter liegenden subjektiven Anliegen in ein festgelegtes
Raster einpasste. Die eine Seite kannte meist schon die Wahrheit
und musste sie der anderen Seite aufdrängen (vgl. MOSER
1997, 4).
Kritische Aspekte zu den hierarchischen top-down Implementationsverfahren
wurden bereits genannt, woraus sich bis in die Gegenwart hinein
ein Spektrum neuer Forschungsrichtungen von bottom-up-Prozessen
entwickelte.
Von der BLK wurden schulnahe Forschungsprojekte und Modellversuche
gefördert, die nach SLOANE auf der Mikroebene anzusiedeln
wären. Zunehmend wurde aber auch die Mesoebene betrachtet.
Curriculumarbeit wurde im engen Zusammenhang mit Schulorganisation
(EBNER 2002), Schulentwicklungsforschung (vgl. ARNOLD/BASTIAN/
COMBE 2000), Schule als "Lernende Organisationen"
(vgl. BERCHTOLD/ TRUMMER 2002, DIETTRICH 2002) ins Zentrum
von Forschungsfragen gestellt, wobei Stichworte wie Führung
und Leitung von Schule (vgl. HASENBANK 2001), Bildungsmanagement
(vgl. BADER/ SLOANE), Wissensmanagement (vgl. DILGER/ KREMER
2002) etc. Themen des Spektrums zur Curriculummethodologie
und Implementation vertieften. Wechselwirkungen von Unterrichtsentwicklung,
Teamentwicklung und Schulprogrammarbeit einerseits und die
Rolle der Schulleitungen und der Schulbehörde andererseits
werden dabei systematisch analysiert. Ein grundlegender Rollenwandel
des Lehrverständnisses geht einher mit einem damit verbundenen
Rollenverständnis der Schulaufsicht als Berater und Unterstützer
von Entwicklungsprozessen, als Verantwortlicher für verlässliche
Rahmenbedingungen.
Während einige Forscher die innovativen Aspekte der Schulentwicklungsforschung
schon als neues (Wunder)Mittel der pädagogischen Professionalisierung
bezeichnen, empfinden es Lehrende wiederum als eher aufgezwungen
und im ohnehin schwierigen Alltag als belastend [Fußnote
2: Empirische Erhebung zu Dissertation, Interview mit Tanja
Thomsen (Name aus Datenschutzgründen geändert)].
Innerhalb der Institution Berufsschule ergeben sich aufgrund
unterschiedlicher schulexterner Anforderungen, aber auch aufgrund
der schulinternen Abteilungs- und Aufgabendifferenzierungen,
der unterschiedlichen Schulformen, Bildungsgänge, der
Heterogenität der Schülerschaft, der Programmatiken,
Regeln und Traditionen für unterschiedliche hausinterne
Bereiche die verschiedensten Anknüpfungspunkte für
schulische Entwicklungs- und Curriculumarbeit.
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2.4
Typisierungen als Hilfsinstrument für Implementationsprozesse |
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In seinem Aufsatz "Denn sie tun nicht, was sie wissen"
zieht EULER Bilanz über die Ignoranz wissenschaftlicher
Erkenntnisse der berufs- und wirtschaftspädagogischen
Disziplin. "Wenn Menschen nicht tun, was sie wissen,
dann kann dies zwei Gründe haben. Entweder wollen sie
das erworbene Wissen nicht anwenden, oder sie können
es nicht in praktisches Handeln umsetzen" (EULER 1996,
359). Er betrachtet letzteres als Ansporn für ein Nachdenken
darüber, wie wissenschaftliche Theorien nicht nur prüfungs-,
sondern auch praxisbezogener vermittelt werden können,
während er ersteres "als Ausdruck menschlicher Autonomie
und als eine zu akzeptierende Grenze pädagogischer Einflussnahme"
(ebd.) bezeichnet.
KREMER/SLOANE (2001, 102) versuchen hingegen mit einem Modell
der Typisierung die "Black box" pädagogischer
Grenzen zu. In der Herangehensweise entwickeln sie zunächst
fünf Typen von Lehrern, die bei der Implementation von
Lernfeldern folgende Charakteristika aufweisen:
- Typ 1: Erfüllung von Vorgaben (Sachbearbeiter)
- Typ 2: Abwartend verwaltend
- Typ 3: Abwartend gestaltend
- Typ 4: Gestaltung von Vorgaben (Trendsetter)
Beispielhaft zeigen sie Aktivitätsformen des Typs Trendsetter
zur Verdeutlichung ihres Schemas, die sie lediglich als Prototypen,
die nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können,
betrachten.
Tabelle 1: Implementationsphase des Typs Trendsetter
(nach KREMER/SLOANE 2001)
Eine Typologisierung kann aus der Sicht der innovativen Akteure
helfen, darüber Klarheit zu bekommen, mit welchen Menschen
man es in diesem oder jenem Fall zu tun hat. In diesem Zusammenhang
können Stärken und Schwächen von Typen analysiert
werden, wobei zur Aufhebung der Defizite eine bestimmte Anwendungsregel
erstellt werden kann, die analog auf die entsprechenden Menschen
zu übertragen wären [Fußnote 3: Zur Kritik und
Weiterentwicklung des Ansatzes vgl. BADER/MÜLLER (2002)].
Was bewirkt die Typologisierung jedoch bei den betroffenen
Akteuren? Nicht umsonst wurde in der Kurzveröffentlichung
das positive Beispiel des Trendsetters dargestellt, da es
hier um eine angenehme Kategorisierung geht, die Menschen
charakterlich einordnet. In der Pädagogik ist der Begriff
der selbsterfüllenden Prophezeiung bekannt, der auch
auf diese Typologisierung zutreffen könnte, so dass die
Gefahr besteht, dass der Typ "Erfüllung von Vorgaben"
weiterhin passiv bleibt. Zum anderen wird aus mikropolitischer
Perspektive der Kern, warum es bei Implementationsprozessen
zu einer Art Verweigerungsstrategien kommen kann, nicht hinreichend
beantwortet, so dass eine Typisierung lediglich zu einer gefährlichen
Objektivierung der Akteure führt.
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3
Die Mikropolitik
3.1 Der mikropolitische Theorierahmen |
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Um aus dieser Implementationsfalle' herauszukommen könnte
der mikropolitische Ansatz neue Auswege bieten. Mikropolitik
hat in der Betriebswirtschaftslehre ihre Wurzeln (BURNS 1962)
und ist inzwischen auch in der Soziologie, Organisationswissenschaft
und -theorie sowie in der betriebswirtschaftlich ausgerichteten
Verwaltungswissenschaft ein eingebürgerter Begriff (vgl.
BOSETZKI 1988, CROZIER/FRIEDBERG 1979, KÜPPER/ORTMANN
1988, NEUBERGER 1995, ORTMANN 1995, KÜPPER/FELSCH 2000).
Zentrales Interesse der Mikropolitik ist die Rekonstruktion
des Organisationsgeschehens. Dies erfolgt durch die Berücksichtigung
der je spezifischen Strukturen einer Organisation sowie durch
die Analyse des interessengeleiteten Handelns von individuellen
und kollektiven Akteuren und deren Handlungsinterdependenzen.
ALTRICHTER und POSCH sind zwei österreichische Forscher,
die mit dem Ansatz der Mikropolitik in Bezug auf die Schule
und Schulentwicklung arbeiten [Fußnote 4: Sie verwenden
die Mikropolitik jedoch in dem Sinne, dass sie didaktische
Innovationen mittels demokratischer Teilhabe der beteiligten
Akteure auflösen und die immanenten mikropolitischen
Spiele und Taktiken in ein harmonisches Ganzes aufheben (zu
den Begriffen Spiel und Taktik siehe unten). Aus ethischen
wie pragmatischen Gründen ist dies eine Form, die einer
erfolgreichen Implementationsstrategie förderlich ist,
aus mikropolitischem Verständnis wird es jedoch niemals
zu einer Harmonisierung aller Akteure kommen (vgl. ALTRICHTER/POSCH
1996 und 1999)].
Eine der theoretischen Annahmen der Mikropolitik über
die Funktionsweise einer Organisation liegt in der Hinterfragung
von Rationalitätsmodellen (rational choice), die aus
dieser Betrachtung in der Realität kaum noch ungebrochen
aufrecht zu erhalten ist. Die Annahme, eine Organisation oder
eine Schule würde über klare Präferenzen, eindeutige
Instruktionen und eine angemessene Verarbeitungsfähigkeit
verfügen, um auf dieser Grundlage rationale Entscheidungen
treffen zu können, verkennt die internen Funktionsweisen
von Organisationen und deren innerbetriebliche Entscheidungsfindungen.
Handeln in Organisationen ist kaum ohne Widersprüche
möglich, Handlungs- und Entscheidungsprozesse sind immer
kontingent (vgl. FRIEDBERG 1995, 229). [Fußnote 5: Kontingent
(lat.) bedeutet zufällig, frei entstanden bzw. wird in
der Mikropolitik in Anlehnung an LUHMANN übernommen i.S.
von abhängig von anderen Bedingungen, möglich, zufällig,
unter Umständen. Kontingenz meint immer die doppelte
Kontingenz, die Unbestimmbarkeit einer Situation für
beide Interaktionspartner (vgl. NEUMANN 1995, 72 f.)] Dennoch
soll daraus kein Umkehrschluss entstehen, dass der mikropolitische
Ansatz eine willkürliche Auslegung oder Vorgehensweise
begünstigt oder fatalistisch bleibt.
Angestoßene Innovationen, Restrukturierungen und Reformen
in Organisationen lassen parallel zu den Prozessen häufig
Machtkonflikte aufkommen, die unter dem Stichwort Konflikt
zwar die pädagogische Debatte beherrschen, ihrem tieferen
Charakter - um Macht, Einfluss und Interessen - aber nicht
gerecht werden. In der Wissenschaft gibt es zwar eine Vielzahl
von Versuchen, Macht aus verschiedenen Disziplinen, wie Kultur-
und Sozialanthropologie, Ökonomie, Politologie, Soziologie
und Sozialpsychologie theoretisch zu erklären [Fußnote
6: Der mikropolitische Machtbegriff ist hier dem interaktionistischen
Ansatz zuzuordnen, während es sowohl strukturalistische,
verhaltenswissenschaftliche, konflikttheoretische als auch
systemtheoretische Deutungsrahmen gibt. Die unterschiedlichen
Ansätze systematisch zu analysieren würde den Rahmen
dieser Arbeit unter dieser Fragestellung sprengen.] Aus der
Perspektive von Organisationstheorien oder auch von den Akteuren
in Organisationen - wie der Schule - wird das Phänomen
Macht hingegen höchstens unzureichend thematisiert .
Aufgrund von organisatorischen Veränderungen treten beispielsweise
Unsicherheitsquellen an der Schule auf und rufen (neue) "Machtspiele"
hervor. Macht ist in dieser Theorie im Gegensatz zum Alltagsverständnis
nicht einseitig negativ - im Sinne von Willkür und Herrschaft
- definiert. In der Mikropolitik wird der Blick vielmehr auf
das Vermögen Ausgangsbedingungen, Blockaden und Gestaltungsspielräume
zu erkennen und zu nutzen geworfen. Daraus lassen sich wiederum
Rückschlüsse auf allgemeine Innovationsprozesse
ziehen.
Nicht nur offizielle unternehmens- oder schulpolitische Entscheidungen,
sondern alle Handlungen im Gefolge der Umsetzung der Unternehmens-
bzw. Schulpolitik sowie alle Aktivitäten, die, auf welche
Weise auch immer, dieser Politik (z.B. der Implementation
des Lernfeldkonzeptes) widersprechen, werden als mikropolitisches
Handeln interpretiert.
Genau an diesem Punkt setzt die mikropolitische Analyse an,
um auf die so genannten "blinden Flecke" bei der
Implementation von Konzepten aufmerksam zu machen.
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3.2
Die schulische Akteursanalyse |
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Veränderungen auf bestehende Organisationsstrukturen
von Schule sowie darüber hinaus organisationale Lernanforderungen
zu initiieren, erfordert eine Neufassung bisheriger Interaktions-,
Kooperations- und Konsensstrukturen zwischen den schulischen
Akteuren (vgl. GEIßLER 1995). [Fußnote 7: Allerdings,
und hierauf ist ebenfalls hinzuweisen, sind auch die entgegengesetzten
Momente belegt, in denen die Potentiale selbstreflexiver Organisationsentwicklung
und eigenverantwortlicher Arbeits- und Führungsstrukturen
nicht aufgegriffen werden und auf klassische Entscheidungsstrukturen
top-down und ein reines Rationalitätsmanagement zurückgegriffen
wird.]
Eine Analyse von Soll- und Ist-Zuständen rationaler Curriculummethodologien
(z.B. durch die Anforderungen neuer lernfeldorientierter Lehrpläne)
ermöglicht jedoch nicht den tieferen Blick auf die Interaktionskultur
einer konkreten Schule, sondern betrachtet eine Schulkultur
bestenfalls als gegeben bzw. stellt diese als Idealform demokratischer
Entwicklungsarbeit dar. Im Gegensatz dazu kann über eine
mikropolitische Analyse die subjektive Wahrnehmung von typischen
Situationen und Handlungsabläufen an der Schule ein anderer
Blick auf die Strukturierungsprozesse von Schulentwicklung
und Curriculumarbeit gewonnen werden. Beispielsweise kann
in einer Schule bei einer Verschiebung der Curriculumarbeit
auf die schulische Ebene weiterhin ein top-down-Prozess als
eine autoritäre Form der Curriculumentwicklung betrieben
werden, wenn eine bestimmte Person oder Personengruppe die
staatliche Autorität für sich vereinnahmt. Andere
Akteure könnten sich aufgrund des autoritären Gebarens
dieser Kollegen vom geforderten Engagement fernhalten. Es
gibt Gewinner in einem Spiel, beispielsweise den "Trendsetter"
- aber auch Verlierer, wie den sog. "Sachbearbeiter",
der nur noch pflichtgemäß die Aufgaben erfüllen
und sich gegenüber weiteren Innovationen sicherlich weniger
pragmatisch verhalten wird. Der Typ "Sachbearbeiter"
wird womöglich alles dafür tun, um seine bisherige
Einflusszone zu bewahren. Aus der Distanz betrachtet könnte
man in diesem Fall zwar von einer schulnahen Curriculumarbeit
sprechen, wo eine Verschiebung der Implementationsebene von
der Administration auf die Schule stattgefunden hat, dennoch
kann es aus Sicht der anderen Lehrerinnen und Lehrer ein autoritäres
bzw. top-down-Verfahren ohne weitere demokratische Beteiligung
anderer Akteure bleiben.
Dieses Problem kann teilweise in einer mikropolitischen Analyse
aufgedeckt werden, wobei es hier nicht um eine objektive Feststellung
von Tatsachen geht, sondern um unterschiedliche, subjektive,
teils unbewusste Wahrnehmungsmuster und Gestaltungsoptionen
zwischen schulischen Akteuren.
Der mikropolitische Ansatz ist aus dem Anliegen heraus entwickelt
worden, einseitig determinierte Verhaltensmuster zu vermeiden.
Bei der Mikropolitik handelt es sich um einen handlungstheoretischen
Begründungsansatz und dessen Zusammenspiel von Strukturen
und Akteuren, Interessen und Konflikten. In dieser Betrachtung
geht es um eine Überwindung von Typisierungen und daraus
resultierenden Verengungen, Objektivierungen und Ableitungen
zweckrationaler bzw. ökonomischer Kalküle aus einer
vorgegebenen Theorie oder eines Konzeptes - wie das der Lernfelder.
Der Nutzen liegt in einer nicht-instrumentellen Behandlung
einer Innovation und zeigt, dass Ursachen für Blockaden
bei Reformprozessen über Spiele und Strategien aufgeschlüsselt
und legitime oder gar zweifelhafte Interessen der Akteure
entdeckt werden können.
Um die mikropolitischen Aushandlungs-, Entscheidungs- und
Kompromissbildungsprozesse in Organisationen zu konkretisieren
und einer empirischen Analysen zugänglich zu machen,
wird ein Zugang über die Darstellungs- und Handlungsweisen
der schulischen Akteure gesucht, welche auf die vier zentralen
Begriffe Macht, Spiel, Strategie und Umwelt aufbauen, (vgl.
auch: KÜPPER/ORTMANN 1986, 52 ff; ORTMANN 1990, 55 ff).
Wenn zum Beispiel ein "Spiel" oder eine "Strategie"
entdeckt wird, das ein ganz bestimmtes Interesse oder Problem
zum Vorschein bringt - beispielsweise die Forderung nach Entlastungsstunden
[Fußnote 8: Das Fordern nach Entlastungsstunden ist
vergleichbar mit einem Tarifkonflikt: Die Gewerkschaften fordern
aus strategischen Gründen höhere Löhne, die
Arbeitgeber bieten aus strategischen Gründen lediglich
eine geringe Lohnerhöhung an. Beide Parteien haben in
dieser Auseinandersetzung Drohpotentiale - Streik und Aussperrung
-, die sie im Spiel einsetzen, damit sie zumindest einen Teil
ihrer Interessen durchsetzen können. Im Schulalltag sind
diese Spiele und Strategien jedoch nicht transparent und bedürfen
einer Analyse um sie aufzudecken.] für das Einarbeiten
in einen neuen Sachverhalt wie Lernfelder -, können aufgrund
der mit den angestrebten Innovationsprozessen verbundenen
Gestaltungsoptionen neue Perspektiven und Spielräume
eröffnet werden, die Kompromisse, neue Freiheiten oder
Entlastungen ermöglichen. Dabei hängt es vom Vermögen
oder auch der Macht der Akteure ab, wie sich die Beteiligten
einigen.
Hier wird deutlich, dass Handeln in Organisationen immer von
individuellen Akteuren abhängt und in je konkreten Situationen
unter ganz bestimmten Bedingungen stattfindet. Dabei kommen
immer die spezifischen Perspektiven, Interessen und Ressourcen
der Akteure und der Organisation ins Spiel, die Veränderungsprozesse
- aus der Distanz betrachtet - scheinbar willkürlich
beeinflussen.
Grundsätzlich spielen die Fragen nach den Voraussetzungen
und Optionen an der Schule eine wichtige Rolle sowie Wahrnehmungen
von Entscheidungen und Beurteilungen seitens der Akteure.
Dabei müssen die konkreten Faktoren und Indikatoren auf
der mikropolitischen Ebene erfasst werden, die von den Akteuren
ausgehen und gleichsam den Implementationsprozess beeinflussen,
beispielsweise welches Wissen und welche subjektive Einstellung
gegenüber Lernfeldern existiert, wie die Abstimmungsarbeit
zwischen den Akteuren verläuft oder welche subjektiven
Deutungen die Akteure bezüglich der Erwartungen von Kollegen,
Schul- und Abteilungsleitung in Bezug auf Lernfelder entwickeln.
Eine Analyse mikropolitischer Strukturen an der Schule erfordert
eine aus dem Rahmen einer organisationszentrierten, vorrangig
innerorganisatorische Abläufe betreffende Betrachtungsweise.
Dabei sollte an die Diskussion und die Ausgestaltung des Lernfeldkonzeptes
innerhalb der schulischen Akteure angeknüpft werden.
Will man die Regeln verstehen, die die alltägliche Praxis
innerhalb der Schule bestimmen, vor allem aber verständlich
machen, wie diese Regeln in der alltäglichen Praxis erzeugt,
reproduziert und verändert werden, ist man auf eine Interpretation
der in einem Lernfeld für die Akteure tatsächlich
bedeutsamen und handlungsrelevanten Wissensbestände und
eine Analyse der Interaktionen angewiesen.
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4.
Zusammenfassung |
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Das Lernfeldkonzept und Curriculumentwicklung zeichnen sich
vielfach dadurch aus, dass sie sich einer linearen und auf
das funktionale System der Schule bezogenen Betrachtungsweise
entziehen. So sind Lernfelder mehrdimensional und funktionsübergreifend
wirksam.
Bottom-up-Prozesse spielen als Implementationsstrategie insofern
eine wichtige Rolle, als sie tendenziell mit den Akteuren
vor Ort entwickelt zu einer größeren Akzeptanz
und Erfolg führen. Top-down-Prozesse sind dagegen nicht
aus der Perspektive der handelnden Akteure entwickelt, so
dass sie in der Regel weniger erfolgreich sind. Aber eine
Pauschalisierung ist nicht möglich, da es auf die konkrete
Sicht von Akteuren in ihrem jeweiligen Zusammenhang ankommt.
So kann unter Umständen eine autoritäre Vorgabe
seitens der legitimierten Administration zu einer größeren
Akzeptanz führen als der Vorschlag eines Kollegen.
Bei Implementationsprozessen geht es auf der schulbetrieblichen
Ebene nicht nur um die Vermittlung von Lernfeldkriterien unter
einzelnen Gesichtspunkten, sondern zugleich um die "Befähigung"
zur Implementierung eines Wandels bisheriger schulischer Routinen
und institutionalisierter Prozesse innerhalb des Schulalltags:
Von der Vorbereitung des Unterrichts bis hin zum Umbau von
Organisationsstrukturen über die Veränderung des
Organisationsverständnisses und den damit verbundenen
notwendigen Lernprozessen. Lassen sich Spiele und Strategien
entdecken, die beim Implementationsprozess auftreten, kann
die Wahrnehmung dieser Konfigurationen zu einem bewussteren
Umgang bei Veränderungsprozessen führen.
Da eine Typisierung schon im Vorfeld das Verhalten von Individuen
antizipiert und somit zu einer Objektivierung führt,
indem sie den Akteuren ihre situationsgebundene Entscheidung
vorwegnimmt, kann eine Vorgehensweise nach (rationalen) theoretischen
Konzepten oder Kriterien der Typologisierung nur zur Verschleierung
von Machtmechanismen, Interessenkonflikten und daraus resultierenden
Spielen führen. Implementationsstrategien müssen
daher weiterhin mit Passivität oder gar Widerstand rechnen.
Erfolgreiche Umsetzungsprozesse von Innovationen lassen sich
erst dann initiieren, wenn man Kenntnisse über die Spiele
und Interessen an der Institution Schule besitzt und damit
ggf. selbst zum Akteur von Spielen und Aushandlungen wird.
Eine Vorwegnahme von Verhaltenszuschreibungen, die Defizite
herausarbeitet und anschließend mit ausgearbeiteten
Aktivitätsmustern auf die Akteure oktroyiert, ist sicherlich
zum Scheitern verurteilt.
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