wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 

RALF TENBERG (Technische Universität München)

Regionale Kompetenzzentren in Deutschland. Bestandsaufnahme über eine aktuelle Entwicklungsperspektive beruflicher Schulen

Die Entwicklung beruflicher Schulen zu regionalen Bildungszentren bzw. sog. Kompetenzzentren wird seit einigen Jahren von verschiedenen Seiten als zukunftweisende Perspektive kommuniziert. Als zentrale Protagonisten dieses Ansatzes beziehen sich das BMBF, das BIBB, der ZHD sowie die BLK allgemein auf neue Anforderungen in der Arbeitswelt, eine sich international etablierende Qualitätsdiskussion in der beruflichen Bildung, die seit langem kritisierte Überregulierung bzw. Unselbständigkeit beruflicher Schulen in Deutschland, eine erforderliche Zuwendung zu den Bedürfnissen klein- und mittelständischer Unternehmen sowie die Notwendigkeit sog. Lernender Regionen, in denen vorhandenes Know-how gebündelt werden könne. Diesen vielfältigen aber kaum konsistenten Intentionen steht eine unüberschaubare Programmatik sowie eine unsystematische und diffuse Umsetzungspraxis gegenüber, welche eher von politisch motiviertem Aktionismus bzw. spezifischen Individualaktionen geprägt wird, als von forschungsbasierten, elaborierten und breit kommunizierten Implementationsprogrammen. Die sich in aktuellen Umsetzungsansätzen äußernden Unstimmigkeiten und Probleme deuten auf erhebliche Schwierigkeiten, vor allem in der Basis, hin. Als traditionelle Weiterbildungsträger stellen sich die Arbeitgeberverbände derartigen Ansätzen entgegen. Obwohl auch sie erforderliche Veränderungen bei den beruflichen Schulen anmahnen, sehen sie Kompetenzzentren als eine Gefährdung ihrer Domäne. Um der sich daraus ableitenden breiten Skepsis zu begegnen, wäre ein entsprechender Forschungsstand erforderlich. Die wenigen Forschungsvorhaben, die sich explizit mit regionalen Bildungszentren auseinandersetzen, sind Langzeitprojekte und laufen gerade erst an. Dementsprechend produzieren sie gegenwärtig nur wenig empirische Daten, was u.a. zur Folge hat, dass sich gerade die Bundesländer als Träger der Kulturhoheit mit diesbezüglichen strategischen Aussagen stark zurückhalten. Die Adaption ausländischer Ergebnisse misslingt, in einem Bildungssystem, welches schon auf Länderebene erheblich divergiert. Eine Analyse dieses gegenwärtigen Standes lässt zu der Annahme kommen, dass das deutsche berufliche Bildungssystem einen derartigen Umstrukturierungsprozess noch nicht vollziehen kann. Forschungsergebnisse aus dem Bezugsfeld organisationaler Schulentwicklung deuten darauf hin, dass dem organisatorischen Wandel ein inhaltlicher vorausgehen müsste. Dieser innere Reformprozess sollte sich zunächst explizit mit der Frage nach der Bildungsqualität auseinandersetzt und diese nicht in Verbindung mit der Organisation betrachten, sondern vielmehr in Verbindung mit den dort tätigen Individuen.