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RUTH ROß (Universität Duisburg-Essen)
Schulische Innenansichten zum regionalen Berufsbildungszentrum
|
Inhalt:
1 Der Ansatz von KOMPZET
1.1 Der Modellversuch
1.2 Die Entwicklungsperspektive
2 Der Untersuchungsansatz
3 Handlungsleitende Hypothesen der beteiligten Lehrerinnen und Lehrer
3.1 Zur regionalen Aus- und Weiterbildungssituation
3.2 Zu regional verfügbaren Beratungsleistungen für Aus-
und Weiterbildungsinteressierte
3.3 Zur Zusammensetzung eines Forums, das die regionale Bildungslandschaft
kontinuierlich beobachtet, abstimmt und entwickelt
3.4 Zu den personellen, organisatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen
in der Schule
3.5 Zum Dienstleistungsprofil eines regionalen Berufsbildungszentrums
3.6 Zu Anknüpfungspunkten für Kooperationen
4 Zusammenfassung der ersten vorläufigen Antworten von Lehrerinnen
und Lehrern auf zentrale Fragen zum Berufsbildungszentrum
5 Vorläufiges Fazit aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitung
Der Beitrag basiert auf ausgewählten Ergebnissen einer schriftlichen
Befragung von Lehrerinnen und Lehrern im Kontext des Modellversuchs
KOMPZET. Diese wurde im August 2002 von der wissenschaftlichen Begleitung
- Universität Duisburg, Fachgebiet Wirtschaftspädagogik/Berufliche
Aus- und Weiterbildung - durchgeführt. Nachdem die Befragten
bereits ein bis zwei Jahre mit einer Vielzahl verschiedenartiger
Projekte engagiert daran mitgewirkt hatten, die Entwicklung ihrer
Schulen zu regionalen Berufsbildungszentren zu unterstützen,
galt es, vor dem Hintergrund ihrer subjektiven Erfahrungen erste
Antworten auf einige zentrale Fragen des Modellversuchs zu finden.
Gleichzeitig gestattet sich anhand der Antworten darauf exemplarisch
die Diskussion über veränderte Leistungsangebote von berufsbildenden
Schulen und regionale Steuerungskonzepte im Rahmen der Gestaltung
regionaler Bildungsaufgaben zu ergänzen bzw. zu illustrieren.
1 Der Ansatz von KOMPZET
1.1 Der Modellversuch
KOMPZET steht für "Berufsbildende Schulen als regionale
Kompetenzzentren für Aus- und Weiterbildungspartnerschaften".
Da allerdings der Begriff "Kompetenzzentrum" an Schärfe
zu wünschen übrig lässt (vgl. u.a. ROß/DOBISCHAT
2002; ROß 2002a, 18ff.), die Verwendung der Bezeichnung "Kompetenzzentren"
für Schulen inzwischen auch nicht mehr unumstritten ist und
zudem die KOMPZET-Akteure selbst stattdessen immer häufiger
vom regionalen "Berufsbildungszentrum" sprechen, wird
diese Bezeichnung hier ebenfalls bevorzugt.
Der Kontext und die Binnendifferenzierung von KOMPZET lassen sich
nicht in wenigen Sätzen skizzieren, dennoch zum besseren Verständnis
nachfolgend zumindest einige Rahmendaten: Der rheinland-pfälzische
Schulmodellversuch KOMPZET wird als "Teilprojekt" des
Modellversuchs "Aus- und Weiterbildungspartnerschaften in der
beruflichen Bildung" (AuW) im Rahmen des BLK-Programms KOLIBRI
gefördert, begann am 01.08.2000 und endet am 31.12.2003. In
AuW ist KOMPZET "Zwillingspartner" des gleichnamigen rheinland-pfälzischen
Wirtschaftsmodellversuchs und zugleich Verbundpartner des saarländischen
Schulmodellversuchs BARI. Der Schulmodellversuch KOMPZET wird an
den Standorten Bitburg, Prüm und Wittlich durchgeführt,
wobei lediglich die Berufsbildende Schule Wittlich "Zwillingspartner"
des Überbetrieblichen Ausbildungszentrums Wittlich im Wirtschaftsmodellversuch
ist. Die drei KOMPZET-Schulen beteiligen sich jeweils mit einer
Vielzahl (Bitburg 7, Prüm 9, Wittlich 10) verschiedenartiger
Projekte am Modellversuch (vgl. DOBISCHAT/ERLEWEIN 2003, 24ff.).
Die zentralen Fragen des Modellversuchs AuW, zu denen an allen beteiligten
Standorten Antworten gesucht werden sollen, sind:
(A) Wo liegen die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen, die
durch den gesetzlichen Rahmen vorgegebenen Aufgaben der beruflichen
Bildung durch neue Informations-, Qualifizierungs- und Beratungsangebote
zur Entwicklung der betrieblichen Humanressourcen in der Region
zu ergänzen und qualitativ zu verbessern?
(B) Welche organisatorischen Strukturen bzw. Gremien, in denen relevante
regionale Akteure sich einbringen können, sind für diese
Zielsetzung zu entwickeln?
(C) Welche personellen und institutionellen Rahmenbedingungen sind
erforderlich, um die beruflichen Schulen als Einrichtungen zur Verbesserung
des innovativen Potenzials in den Regionen nach innen und nach außen
fortzuentwickeln?
(D) Welches Dienstleistungsprofil ist für ein regionales Berufsbildungszentrum
zu erarbeiten?
(E) Mit welchen Pilotprojekten im Verbund mit der ausbildenden Wirtschaft
und den regionalen Bildungsträgern kann das innovative Milieu
in der Region verbessert werden?
1.2 Die Entwicklungsperspektive
Perspektive für die Entwicklung der Schulen zu regionalen
Berufsbildungszentren entlang dieser Leitfragen ist in KOMPZET explizit
die Region bzw. die regionale Wirtschaft. Das heißt, im Sinne
des dahinter stehenden Regionalisierungskonzeptes (vgl. u.a. DOBISCHAT
2000, 64; DÜSSELDORFF 1999; FODERS 1998; RÜTZEL/BENDIG
2002, 3; WEISHAUPT 2002) setzt man in KOMPZET zwecks Optimierung
endogener regionaler Potenziale auf das Zusammenwirken möglichst
vieler relevanter Aktivitäten, Akteure und Ressourcen zur Entwicklung
von Humanressourcen in einem nicht näher definierten Funktionsraum
Region. Es geht also nicht nur darum, zu erproben, inwiefern das
Leistungsspektrum berufsbildender Schulen über deren Kernaufgaben
hinaus qualitativ und quantitativ erweiterbar ist, sondern auch
und nicht zuletzt darum, wie dadurch in Kooperation mit anderen
ein gezielter Beitrag zur Regionalentwicklung bzw. zur Entwicklung
der regionalen Wirtschaft erbracht werden kann. Entsprechend wird
an allen drei Standorten als übergeordnetes Vorhaben jeweils
der Versuch einer Initiierung, "Optimierung und Pflege eines
regionalen Netzwerks für den Bereich der Berufsbildung"
und die "Institutionalisierung des regionalen Berufsbildungsdialogs"
unternommen (vgl. MÜLLER 2003, 24ff.; SCHIRMER 2003, 97ff.;
LAURES 2003, 116ff.).
Eine Vorreiterrolle spielt dabei Wittlich. Hier hatte man seit Modellversuchsbeginn
an der Etablierung eines Beirates gearbeitet, der als Input-/Impulsgeber
bei der Planung sowie als Steuerungsgremium für die Koordinierung
der Durchführung und Evaluation von Maßnahmen fungieren
und damit den Weg für ein regionales Berufsbildungsnetzwerk
bereiten sollte. Dies konnte allerdings trotz erheblicher Anstrengungen
aus verschiedenen Gründen - maßgeblich wegen externer
Verursachungsfaktoren - so nicht realisiert werden. So gibt es den
Beirat zwar, er konnte jedoch nicht einmal annähernd diese
ihm ursprünglich zugedachte Bedeutung erlangen. Sogar die Koordinationsfunktion
verblieb bei der gemeinsamen Geschäftsstelle des "Zwillings",
der eigentlich nur eine Initiativfunktion und die Moderation in
der Anfangsphase zugedacht war. Nachdem die Beiratslösung schon
in Wittlich nicht tragfähig war, fehlte folglich auch das Transfermodell
für Bitburg und Prüm.
Dem Ziel, regionales Berufsbildungszentrum zu werden, ist man dennoch
an jedem der drei Schulstandorte während der Modellversuchslaufzeit
aus Sicht der Beteiligten einen Schritt näher gekommen. Die
Netzwerkbildung begann dezentral auf der operativen Ebene der Lernortkooperationen
in jedem der Teilprojekte. Dabei mussten die insgesamt 26 Projektteams
jeweils für sich einen geeigneten Weg finden, mit dem Defizit
umzugehen, dass es für ihre Region nun doch (noch) keine zentrale
Instanz für das Matching von Angebot und Nachfrage (Klärungen
von Qualifizierungs- und Beratungsbedarfen, Planung und Empfehlung
von Schwerpunktsetzungen etc.) gibt.
2 Der Untersuchungsansatz
Nachdem auf Grund der vorstehend geschilderten Entwicklung die
Projektteams im Hinblick auf die über ihr jeweiliges Einzelvorhaben
hinausgehenden Fragen weitgehend auf sich gestellt waren, war es
von besonderem Interesse zu erfahren, welche subjektiven Vorannahmen
für ihre insgesamt erfolgreiche Arbeit handlungsleitend waren.
Das heißt, es galt zu erkunden, was die Lehrerinnen und Lehrer
über die regional bereits verfügbaren Qualifizierungs-,
Beratungs- und Informationsangebote und -anbieter sowie über
darüber hinausgehende Bedarfe wissen bzw. zu wissen glauben
und welches Bild sie vor diesem Hintergrund und den konkreten schulischen
Rahmenbedingungen von einem bzw. ihrem regionalen Berufsbildungszentrum
entwerfen.
Erste Aufschlüsse darüber sollte eine schriftliche Befragung
geben. Dazu wurden die fünf zentralen Fragen des Modellversuchs
(Kapitel 1.1, A-E) im Befragungsinstrument (vgl. DOBISCHAT/DÜSSELDORFF/ROß/STUHLDREIER
2003) thesenförmig gewendet. Zu jeder These wurde eine Vielzahl
relevanter Fragen mit fast ausschließlich geschlossenen und
nur wenigen offenen Antwortoptionen gestellt. Da der Verbundpartner
BARI und der Wirtschaftszwilling nicht für eine Teilnahme an
der diesbezüglichen Befragung gewonnen werden konnten, fand
die Untersuchung lediglich im Schulmodellversuch KOMPZET statt.
Hier wurden alle 35 zu dieser Zeit im Modellversuch an den Standorten
Bitburg, Prüm und Wittlich aktiv involvierten Lehrkräfte
befragt, die auch alle geantwortet haben. Signifikante schulspezifische
Differenzen bei den Antworttendenzen sind nicht auszumachen (Zu
einer nach den drei Schulstandorten differenzierten Aufbereitung
der Befragungsergebnisse vgl. ROß 2002b.). Die nachfolgende
Auswertung und Interpretation ausgewählter Befragungsergebnisse
erfolgt daher schulübergreifend.
Ein explizit intendierter Effekt der Befragung war es zudem, die
Lehrerinnen und Lehrer für die Notwendigkeit zu sensibilisieren,
sich mit den ihnen hier vorgelegten Fragen zu beschäftigen,
zusätzlichen Informationsbedarf zu erkennen, mögliche
Informationsquellen, Kooperationspartner, Multiplikatoren und Foren
in den Blick zu bekommen, die sie bisher so nicht wahrgenommen hatten.
Ein gelungenes Beispiel dafür: Der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft
(vgl. Kap. 3) war - wie sich in nachfolgenden Gesprächen zeigte
- nicht allen Befragungsteilnehmern bekannt. Diesen als Antwortoption
bei relevanten Gremien vorzufinden, regte einige an, sich über
den Arbeitskreis zu informieren und sich schließlich sogar
aktiv dort einzubringen.
3 Handlungsleitende Hypothesen der beteiligten
Lehrerinnen und Lehrer
Relevante Informationen zu regional bereits verfügbaren Qualifizierungs-,
Beratungs- und Informationsangeboten und -anbietern beziehen die
Befragten nach eigenen Angaben am häufigsten über Presse/Rundfunk
(86 %), Veranstaltungskataloge (83 %), Mund-zu-Mund-Propaganda (57
%), Freunde/Bekannte (46 %) und/oder Beratungseinrichtungen (37
%). Zu den mit Abstand seltener genutzten Informationsquellen gehören
u.a. Datenbanken (26 %), Betriebskontakte (14 %) und Gremien (9
%), zu denen sie Zugang haben.
Als die richtungsweisenden Gremien für das Handeln der Lehrerinnen
und Lehrer werden der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft (69 %), die
Lehrerverbände (49 %) und der Berufsbildungsausschuss der Industrie-
und Handelskammer (40 %) genannt. Alle anderen Optionen werden mit
deutlichem Abstand seltener gewählt. Beim Arbeitskreis Schule-Wirtschaft
ist - wie bereits erwähnt - auf Grund der Befragung (vgl. Kap.
2) der Effekt eingetreten, dass einige sich zunächst über
dieses bis dahin kaum wahrgenommene Gremium informierten, um erst
danach dessen mögliche Bedeutung zu realisieren. Als Konsequenz
daraus wurden einerseits die schulische Mitarbeit dort und andererseits
die innerschulische Kommunikation über die dort behandelten
bzw. zu behandelnden Themen intensiviert.
3.1 Zur regionalen Aus- und Weiterbildungssituation
Der Behauptung, dass in der Region genügend Ausbildungsplätze
vorhanden sind, kann niemand uneingeschränkt zustimmen, 63
% stimmen nur teilweise und weitere 31 % gar nicht zu. Die Bandbreite
regional angebotener Ausbildungsberufe bzw. die Qualität des
Ausbildungsplatzangebotes halten nur 6 % für hinreichend, 57
% halten das für nur teilweise gegeben und 34 % sehen die regionale
Palette an Ausbildungsberufen als zu gering an. Das heißt,
die Ausbildungsplatzsituation wird von den Lehrerinnen und Lehrern
quantitativ und qualitativ durchweg als verbesserungsbedürftig
eingeschätzt.
Das regionale Weiterbildungsangebot wird überwiegend (von 83
%) als nicht bzw. nur zum Teil transparent angesehen, lediglich
11 % der Befragten halten es für transparent. Einige (23 %)
glauben, nicht einschätzen zu können, ob die Anzahl der
Anbieter von Weiterbildung groß genug ist. 6 % der Befragten
halten die Anbieterzahl für zu gering, 43 % für nur zum
Teil ausreichend. Immerhin 29 % der Lehrerinnen und Lehrer meinen,
dass die Zahl der Weiterbildungsanbieter groß genug sei.
Ein zusätzlicher Bedarf an fachlichen Qualifizierungsangeboten
(Aus- und Weiterbildung) wird insbesondere für Fremdsprachen
(49 %), Qualitätsmanagement (46 %), Technik/Technologie (43
%) und EDV/Informationstechnologien (37 %) gesehen. Das Votum für
alle übrigen Optionen ist mit Abstand geringer. Als zusätzlich
notwendige Bildungsangebote im extrafunktionalen Bereich favorisieren
die Lehrerinnen und Lehrer Maßnahmen zur Entwicklung von Teamfähigkeit
(51 %), Präsentations-/Moderationsschulungen (46 %), Angebote
zum Umgang mit Konflikten (37 %), zu Zeit-/Selbstmanagement (31
%) sowie zu Rhetorik/Kommunikation (26 %). Für notwendig erachten
die Befragten sowohl ein zusätzliches Angebot an kompensatorischen
Maßnahmen für Lernungewohnte (37 %), Maßnahmen
im Bereich Sozialpädagogik (37 %), für Bildungsbenachteiligte
(29 %) und zur persönlichen Stabilisierung (29 %) als auch
Aufstiegsfortbildungen (37 %) und Zusatzqualifikationen (31 %).
3.2 Zu regional verfügbaren Beratungsleistungen
für Aus- und Weiterbildungsinteressierte
Was die Beratungsleistungen für Ausbildungsinteressierte bei
den zuständigen Stellen betrifft, so halten nur 3 % der Befragten
diese für ausreichend, immerhin 26 % wissen nichts über
die Qualität der Beratung dort, weitere 26 % halten die Beratung
von Ausbildungsinteressierten durch die zuständigen Stellen
für unzureichend und 46 % für nur zum Teil hinreichend.
Breiter Konsens (86 %) besteht darüber, dass Betriebe, überbetriebliche
Ausbildungsstätten und Berufsschulen eine eigene gemeinsame
Informations- und Beratungsstelle für Ausbildungsinteressierte
unterhalten sollten, um dieses Defizit auszugleichen.
Wie es um die Beratungsleistungen für Weiterbildungsinteressierte
bei den zuständigen Stellen steht, darüber meinen noch
mehr Befragte (31 %) als im Ausbildungsbereich sich kein Urteil
erlauben zu können, 17 % von ihnen halten diese für keinesfalls
und weitere 46 % für nur zum Teil ausreichend. Nur 6 % der
Lehrkräfte stimmen der Aussage zu, dass die verfügbaren
Beratungsleistungen für Weiterbildungsinteressierte genügen.
3.3 Zur Zusammensetzung eines Forums, das die
regionale Bildungslandschaft kontinuierlich beobachtet, abstimmt
und entwickelt
Um die regionale Bildungslandschaft zu verbessern und netzwerkähnlich
zu organisieren, wird es hier für sinnvoll erachtet, dass möglichst
viele mit Bildungsprozessen befasste Institutionen und Einrichtungen
regelmäßig zusammenarbeiten. Deshalb wurden die Lehrerinnen
und Lehrer in der Befragung gebeten, diejenigen Institutionen zu
wählen (vgl. Abb. 1, a), die ihrer Meinung nach in einem Forum
vertreten sein sollten, das die regionale Bildungslandschaft kontinuierlich
beobachtet, abstimmt und entwickelt. Es geht hier also um die Besetzung
eines Gremiums, das Aufgaben übernehmen soll, wie sie im konkreten
Fall ursprünglich dem vorerst gescheiterten Beirat zugedacht
waren. Mehrfachnennungen waren ausdrücklich erwünscht.
In einer Gegenprobe wurden die Befragten anschließend gebeten,
zu entscheiden, auf welche der genannten Institutionen sie dabei
am ehesten verzichten würden (vgl. Abb. 1, b). Dadurch hatten
einige Institutionen (u.a. Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände,
Sozialamt) erheblich mehr Gegenstimmen als Befürworter (und
werden hier deshalb gar nicht erst aufgeführt) und die Volkshochschule
und die Wirtschaftsförderung werden nahezu bedeutungslos (vgl.
Abb. 1, c).
Abb. 1: Ranking: Welche Institutionen sollten an der Abstimmung
und Entwicklung der regionalen Bildungslandschaft beteiligt sein?
Das Forum würde sich also, wenn es von den Lehrerinnen und
Lehrern gewählt werden könnte, aus Vertreterinnen und
Vertretern der Berufsschulen, Kammern, Betriebe, überbetrieblichen
Ausbildungsstätten, Arbeitsverwaltung, Kreishandwerkerschaft
und Unternehmerverbände zusammensetzen. Damit wären allerdings
solche Institutionen, von denen am ehesten zu erwarten wäre,
dass sie sich für die von den Lehrkräften (vgl. Kap. 3.1)
gewünschten sozialpädagogischen, Persönlichkeit stabilisierenden
und sonstigen Maßnahmen für Lernungewohnte und Bildungsbenachteiligte
einsetzen, nicht vertreten.
Danach gefragt, welche Institution ihnen besonders geeignet scheint,
die Leitung und Steuerung eines regionalen Bildungsnetzwerkes zu
übernehmen, fällt das Votum eindeutig und mit großem
Abstand zu Gunsten der Berufsschulen (71 %) und der Kammern ( 66
%) aus.
Da es bereits zahlreiche Gremien gibt, in denen relevante Institutionen
vertreten sind (z.B. Lernende Region, Arbeitskreis Schule-Wirtschaft),
sollte zudem eruiert werden, ob die Lehrerinnen und Lehrer es überhaupt
für notwendig halten, ein neues Gremium zur Steuerung der regionalen
Bildungsversorgung zu konstituieren. Hier zeigt sich, dass 23 %
der Befragten dies nicht beurteilen können, 17 % keine Notwendigkeit
für ein neues Gremium sehen, aber immerhin 60 % von ihnen bereits
institutionalisierte Gremien in der bestehenden Form diesbezüglich
für ungeeignet halten. Das heißt, scheinbar mit breiten
Konsens ausgestattete Gremien, die in der Außendarstellung
und auch in der internen Diskussion für sich in Anspruch nehmen,
die zentralen regionalen Foren in Sachen Bildung zu sein, stoßen
zumindest bei den hier befragten Lehrerinnen und Lehrern deutlich
nicht auf die Akzeptanz, die ihnen gemeinhin unterstellt wird. Inzwischen
wird jedoch der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft (in erweiterter Form)
von den Lehrerinnen und Lehrern als das Alternativmodell zu dem
nicht in der ursprünglich gewünschten Funktion zu Stande
gekommenen Beirat favorisiert; allerdings auch erst, nachdem die
schulische Mitwirkung dort gesteigert werden konnte.
3.4 Zu den personellen, organisatorischen und
institutionellen Rahmenbedingungen in der Schule
Nur 34 % der Befragten gehen davon aus, dass ihre Schule sich noch
vorwiegend auf die Kernaufgaben im Dualen System konzentriert. Bereits
43 % der Lehrerinnen und Lehrer sehen Suchbewegungen in Richtung
neuer Aufgaben und immerhin 77 % von ihnen behaupten, dass ihre
Schule auch schon neue Aufgaben übernommen und somit ihr Leistungsprofil
bereits erweitert hat.
Danach gefragt, welche Rahmenbedingungen sich ändern müssten,
damit ihre Schule bzw. das Kollegium (besser) in die Lage versetzt
wird, neue Aufgaben eines Berufsbildungszentrums zu übernehmen,
ergibt sich folgendes Bild (vgl. Abb. 2):
Abb. 2: Ranking: Welche Rahmenbedingungen müssten weiterentwickelt
werden, damit die Schule neue Aufgaben (besser) bewältigen
kann?
Die Lehrerinnen und Lehrer wünschen sich mit Abstand am häufigsten
neue Arbeitszeitmodelle, damit sie neuen Aufgaben besser gewachsen
sind. Von optimierten Kommunikationsstrukturen, anderen Finanzierungsmodellen
und einer Anpassung der technischen und räumlichen Ausstattung
an die neuen Aufgaben versprechen sie sich ebenfalls viel. Interessant
ist, dass den hier Befragten - entgegen anderweitig geführter
Diskussionen (vgl. beispielsweise DÜSSELDORFF 2002; ROß/DOBISCHAT
2002) - eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht so
vordringlich erscheint.
Die Erwartungen an die eigene Schulleitung, was die Verbesserung
von Rahmenbedingungen betrifft, sind vielfältig, wie die Freitextantworten
der Lehrerinnen und Lehrer zeigen. Von ihr wünscht man sich
modernes Management, Budgetplanung, Personalplanung und Personalentwicklung.
Sie sollte für klare Zuständigkeiten sorgen, Innovationen
mindestens zulassen, besser noch aktiv fördern, Qualitätsmanagement
und Selbstevaluation einführen, Verantwortung delegieren, Selbstorganisation
und Teamprozesse anstoßen und fördern. Was die von den
Befragten als vordringlich angesehenen neuen Arbeitszeitmodelle
betrifft, so wünschen sie sich in diesem Kontext von ihrer
Schulleitung, dass sie Arbeitszeitkonten einführt, die zeitliche
Autonomie der Lehrerinnen und Lehrer vergrößert, im Bedarfsfall
Freistellungen ermöglicht und die Stundenpläne entsprechend
anpasst. Für die notwendige Ausstattung und Technik zu sorgen,
wird ebenso wie die Verbesserung der schulinternen Kommunikation
als Aufgabe der Schulleitung angesehen, hinzu kommt Marketing als
völlig neue Anforderung.
Vom Schulträger, dem Förderverein und/oder Sponsoren wünscht
man sich zusätzlich materielle Unterstützung; von vorgesetzten
Dienststellen, regionalen Akteuren und/oder der Politik darüber
hinaus auch ideelle Unterstützung, professionellen fachlichen
Support und Fortbildungen, aber auch größere Akzeptanz,
Wahrnehmung als kompetenter Kooperationspartner und damit einhergehend
einen anderen Status.
Da es sich bei den hier befragten Lehrerinnen und Lehrern durchweg
um solche handelt, die sich bereits überdurchschnittlich engagieren
und die zu einer "aktiven Minderheit" (vgl. u.a. DOBISCHAT/DÜSSELDORFF/EULER/ROß/SCHLAUSCH/WILBERS
2002, 7) im Kollegium gehören, ist im Gegenzug die Bereitschaft
groß, vielfältig an dem Entwicklungsprozess hin zum Berufsbildungszentrum
mitzuwirken. So sind nach eigenen Angaben (Freitextantworten) einzelne
von ihnen in der Lage und motiviert, Koordinierungs-, Organisations-,
Verwaltungs-, Steuerungs- und Beratungsaufgaben sowie Verantwortung
zu übernehmen, innovative Ideen einzubringen, Qualitätskontrolle
zuzulassen/durchzuführen und Selbstevaluation zu betreiben.
Es gibt das Angebot, Mehrarbeit zu leisten, zusätzliche Zeit
zu investieren, Konzepte zu entwickeln und Projekte durchzuführen,
sich in Teams und Gremien einzubringen, dezentrale Strukturen zu
unterstützen, sich fortzubilden, selbst Fachkompetenz beizusteuern
und Kurse durchzuführen. Andere bekunden die Bereitschaft,
sich auf neue Arbeitszeitmodelle einzulassen oder bewusst Ressourcen
schonend zu arbeiten.
Insgesamt kann bilanziert werden, dass für alle Bereiche, in
denen von den Befragten verbesserte Rahmenbedingungen, interne und
externe Unterstützung sowie das Engagement der Schulleitung
erhofft werden, sie selbst auch bereit sind, viel einzubringen.
3.5 Zum Dienstleistungsprofil eines regionalen
Berufsbildungszentrums (Vgl. zu diesem Kapitel
Roß 2003)
Nach dem, was die Lehrerinnen und Lehrer über die regional
verfügbaren Qualifizierungs-, Beratungs- und Informationsangebote
und -anbieter sowie über darüber hinaus gehende Bedarfe
zu wissen glauben, entwerfen sie zunächst ein aus ihrer Sicht
wünschenswertes Profil für ein regionales Berufsbildungszentrum
(a). Dies gilt es dann auf das ihnen unverzichtbar erscheinende
Zusatzangebot zu relativieren (b). Zudem sollen die Lehrerinnen
und Lehrer angeben, was - obwohl wünschenswert und/oder sogar
unverzichtbar - dennoch unter dden gegebenen Rahmenbedingungen aus
ihrer Sicht nicht realisierbar ist (c). (Vgl. dazu nachfolgende
Abb. 3)
Zunächst bleibt also bewusst Spielraum, entlang der angebotenen
18 Optionen ein möglicherweise visionäres Wunschprofil
für ein regionales Berufbildungszentrum zu entwerfen, ohne
dabei schon im Kopf haben zu müssen, ob das aktuell so tatsächlich
realisierbar wäre. Wem die angebotenen Optionen nicht genügen,
der/die hat zudem die Gelegenheit, eigene Vorstellungen einzubringen;
davon macht hier allerdings niemand Gebrauch. Nur 14 % der Antwortenden
wählen für das Profil eines Berufsbildungszentrums weniger
als fünf der angebotenen Optionen gleichzeitig aus, für
37 % von ihnen besteht das Wunschprofil aus 5-9 Dienstleistungsbereichen
und für weitere 46 % der Befragten gehören sogar 10-15
Dienstleistungsfacetten zu "ihrem" Berufsbildungszentrum.
Hier zeigt sich, dass die Wünsche an ein regionales Berufsbildungszentrum
in der Binnensicht zumindest breit angelegt sind. Welche Ausprägungen
ein solches Serviceprofil demzufolge konkret haben sollte und wo
die Prioritäten liegen, das lässt sich als Ergebnis der
Befragung wie folgt skizzieren:
Abb. 3: Wie sollte und wie könnte das Dienstleistungsprofil
eines regionalen Berufsbildungszentrums aussehen?
Für 86 % der Antwortenden gehört Qualifizierungsbedarfsermittlung
zum Serviceprofil eines Berufsbildungszentrums. Wie das jeweils
begründet und verstanden wird bzw. wie dies zu bewerkstelligen
wäre, das wurde nicht erfragt und bedarf entsprechend einer
nachträglichen Klärung - zumal nur noch 40 % der Antwortenden
Bedarfsermittlung für unverzichtbar halten. Ausbildungsberatung
für abgebende Schulen rangiert an zweiter Stelle des Wunschprofils
für ein Berufsbildungszentrum, gefolgt von der Entwicklung
neuer Lehr-/Lernarrangements, der Ausbildungsberatung für Schüler
sowie (mit etwas Abstand) einer solchen Beratung auch für Eltern.
Immerhin noch mehr als die Hälfte der Befragten wünscht
sich von einem Berufsbildungszentrum die Vermittlung von Ausbildungs-
und Praktikumsplätzen, auch wenn beides bereits etwas häufiger
als nicht machbar bewertet und seltener als unverzichtbar eingestuft
wird.
Im Mittelfeld der Wunschliste liegen Serviceleistungen wie: Ausbildungsberatung
für Lehrer und für Betriebe, Beratung für Benachteiligte
und eine differenzierte Förderung, die - bis auf die Ausbildungsberatung
für Betriebe - durchweg auch für realisierbar gehalten
werden.
Am unteren Ende des Wunschprofils stehen alle Dienstleistungen,
die auf den Arbeitsmarkt und den Weiterbildungsbereich sowie auf
Klein- und Mittelbetriebe (KMU) bezogen sind. Hier sind es insbesondere
alle Supportleistungen für KMU, die darüber hinaus von
einem erheblichen Teil der Befragten als nicht machbar eingeschätzt
werden. Die Skepsis im Hinblick auf die Möglichkeit der Vermittlung
von Arbeitsplätzen ist zwar groß (29 %), jedoch nicht
größer als bei der Ausbildungsberatung für Betriebe
(29 %) und sogar noch geringer als beispielsweise bei der Weiterbildungsberatung
für Betriebe (37%); gleichzeitig ist dies die einzige Dienstleistung,
die von niemandem als unverzichtbar eingestuft wird.
Hier wird also insgesamt das Bild eines regionalen Berufsbildungszentrums
entworfen, das tendenziell lediglich Dienstleistungen für den
Ausbildungsbereich anbietet, die dann aber deutlich über das
hinausgehen könnten, was aktuell zum Kerngeschäft einer
berufsbildenden Schule gehört. Die Interpretation liegt nahe,
dass man sich um potenzielle Auszubildende schon vor dem Übergang
aus der abgebenden Schule, dass heißt, bereits bei der Berufswahlorientierung
und -entscheidung bemühen möchte, sie gerne über
die Vermittlung von Ausbildungs- und Praktikumsplätzen, mit
einer dem individuellen Leistungsvermögen angepassten Förderung
und unterstützt durch die Entwicklung neuer Lehr-/Lernarrangements
intensiv betreuen und erfolgreich durch die Ausbildung begleiten
würde. Für die von ihnen beschulten Auszubildenden danach
noch (berufs)lebensbegleitend Anlaufstelle auch in Weiterbildungsfragen
zu sein oder ihre Arbeitgeber in Sachen Weiterbildung zu beraten,
kann sich nur noch etwa ein Drittel der Antwortenden vorstellen.
Die Beratung von kleinen und mittelständischen Unternehmen
zu Innovationen oder in Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung
gehört nur selten bzw. ausnahmsweise zum Wunschprofil eines
regionalen Berufsbildungszentrums und wird tendenziell als nicht
machbar beurteilt.
Wird das Wunschprofil auf das vor Ort unbedingt erforderliche reduziert,
so werden insbesondere Dienstleistungen wie die Vermittlung von
Arbeitsplätzen, Ausbildungsplätzen und Praktikumsplätzen
wieder relativiert, aber auch Beratungsleistungen für Betriebe
wie: Ausbildungsberatung, Innovationsberatung und Beratung zu Fragen
der Personal-/Organisationsentwicklung für KMU.
Die Befragten entwerfen also insgesamt ein auf die Bedürfnisse
der Auszubildenden - nicht auf die Betriebe bzw. die regionale Wirtschaft
- fokussiertes und mit dem Ausbildungsabschluss endendes Dienstleistungsprofil
von Schule als Berufsbildungszentrum.
3.6 Zu Anknüpfungspunkten für Kooperationen
Aussichtsreiche Anknüpfungspunkte für Kooperationen zwischen
ihrer Schule und anderen regionalen Akteuren, aus denen sich möglicherweise
eine weiter gehende Zusammenarbeit ergeben könnte, liegen nach
Ansicht der Lehrerinnen und Lehrer aktuell insbesondere im Ressourcen-Sharing
- und zwar bezogen auf Räumlichkeiten (66 %), Personal (63
%), Finanzierung (54 %), Maschinen (46 %) und Medien (43 %).
Fast ebenso häufig werden die Ermittlung von Qualifizierungsbedarfen
(60 %) und die Vermittlung von Praktikumsplätzen (60 %) als
geeignete Kooperationsfelder angesehen.
Themen/Inhalte, bei denen man sich am ehesten vorstellen könnte,
mit anderen zu kooperieren, wären Team- und Kommunikationsfähigkeit
(57 %), EDV und Informations-/Kommunikationstechnologien (54 %)
sowie Technik/Technologie (46 %).
4 Zusammenfassung der ersten vorläufigen
Antworten von Lehrerinnen und Lehrern auf zentrale Fragen zum Berufsbildungszentrum
Was die zentralen Fragen des Modellversuchs KOMPZET betrifft, so
lässt sich aus der Befragung von Lehrerinnen und Lehrern, die
auf Grund ihres Engagements Expertise für die Umsetzbarkeit
programmatischer Forderungen und Empfehlungen (vgl. u.a. BUND-LÄNDER-KOMMISSION
2003) für die Weiterentwicklung berufsbildender Schulen in
Richtung regionaler Berufsbildungszentren erworben haben, vorläufig
Folgendes bilanzieren:
(A) Im konkreten Fall werden durchaus Möglichkeiten gesehen,
die durch den gesetzlichen Rahmen vorgegebenen Aufgaben der beruflichen
Bildung durch neuartige Angebote zu ergänzen und/oder qualitativ
zu verbessern. Dies betrifft jedoch in erster Linie den Ausbildungsbereich
und alle damit zusammenhängenden Supportleistungen für
an Ausbildung interessierte und in Ausbildung befindliche Jugendliche.
Deutliche Grenzen sehen die Befragten nicht nur für den Weiterbildungsbereich
(vgl. dazu u.a. BÜCHTER 2000; BÜCHTER 2001), sondern gerade
bei Dienstleistungen aller Art für Betriebe, speziell für
kleine und mittelständische Unternehmen - selbst wenn es darum
geht, sie in Ausbildungsfragen zu beraten. Im Zentrum ihrer Bemühungen
stehen eindeutig die Auszubildenden und der schulische Bildungsauftrag.
An der Entwicklung betrieblicher Humanressourcen können und/oder
wollen sich die Befragten somit nur mittelbar beteiligen und ein
Engagement im Weiterbildungsbereich stellt eher den Ausnahmefall
dar. Die Perspektive der regionalen Wirtschaft einzunehmen, ist
für einzelne Lehrerinnen und Lehrer und/oder die berufsbildende
Schule weder möglich noch wünschenswert. Das könnte
allenfalls auf übergeordneter Ebene von einem Gremium und/oder
einem Netzwerk geleistet werden.
(B) Dieses Forum würde sich, wenn es von den hier befragten
Lehrerinnen und Lehrern gewählt werden könnte, aus Vertreterinnen
und Vertretern der Berufsschulen, Kammern, Betriebe, Überbetrieblichen
Ausbildungsstätten, Arbeitsverwaltung, Kreishandwerkerschaft
und Unternehmerverbände zusammensetzen. In diesem Rahmen trauen
die Befragten noch vor den Kammern insbesondere ihrer Schule eine
Leitungs- und Steuerungsfunktion zu. Damit würde sich dieses
Forum qualitativ und quantitativ deutlich von der "großen"
Beiratslösung unterscheiden, die ursprünglich von den
Projektleitungen des Schulmodellversuchs und des Wirtschaftsmodellversuchs
KOMPZET sowie der Geschäftsführung des "Zwillings"
favorisiert und "von oben" versucht wurde einzusetzen.
Hierfür sollten anfangs etwa 20 Akteure gewonnen werden: Vertreterinnen
und Vertreter der Landesministerien für Bildung und für
Wirtschaft, des Bundesinstitutes für Berufsbildung, des Landkreises,
der kaufmännischen Berufsschule desselben Kreises, des Arbeitsamtes,
der Industrie- und Handelskammer, der Unternehmerverbände,
des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes,
des Diakonischen Werkes, des Caritasverbandes, der Arbeiterwohlfahrt,
der katholischen und der evangelischen Kirche, des regionalen Arbeitskreises
Weiterbildung, des Arbeitskreises Schule-Wirtschaft, einer Universität
und einer Fachhochschule, der Innungen, der Kreishandwerkerschaft,
der allgemein bildenden Schulen und der Schulaufsicht. Mittlerweile
wird aus pragmatischen Gründen der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft
(vorzugsweise in erweiterter Form) als die geeignete Lösung
angesehen. Dies u.a. deshalb, weil man sich mit der Beiratsidee
in Konkurrenz zu parallel laufenden regionalen Initiativen (z.B.
"Lernende Region") begeben hat und zudem relevante Akteure
zum Teil bereits in verschiedenen anderen Gremien und Netzwerken
mitarbeiten und keinen Mehrwert, sondern eine zusätzliche Belastung
in weiteren Gremienverpflichtungen sehen.
(C) Engagierte Lehrerinnen und Lehrer sind bereit, selbst viel
einzubringen, um die Entwicklung ihrer Schule zu einem regionalen
Berufsbildungszentrum voranzutreiben. Entsprechend hoch sind aber
auch ihre eigenen Erwartungen (insbesondere an ihre Schulleitung),
ihnen entsprechende Verantwortung zu übertragen und Gestaltungsmöglichkeiten
einzuräumen sowie Selbstorganisations- und Teamprozesse zu
ermöglichen. Unumgänglich scheint die Einführung
neuer Arbeitszeitmodelle. Dahinter steht u.a. der Wunsch, mehr Zeit
für neuartige, über die Kernaufgaben hinausgehende Anforderungen
im Block zur Verfügung zu haben, um beispielsweise für
Teamarbeit und Außenkontakte nicht nur auf kurze Pausen und
Freistunden zwischen den Unterrichtsverpflichtungen angewiesen zu
sein.
(D) Die Befragten entwerfen ein auf die Bedürfnisse der Auszubildenden
- nicht auf die Betriebe bzw. die regionale Wirtschaft - fokussiertes
und mit dem Ausbildungsabschluss endendes Dienstleistungsprofil
von Schule als Berufsbildungszentrum, das allerdings quantitativ
und qualitativ über die bisherigen Kernaufgaben der Berufsschule
hinausgeht.
(E) Ansatzpunkte für eine kooperative Verbesserung der regionalen
Aus- und Weiterbildung sehen die Befragten derzeit am ehesten im
Ressourcen-Sharing, wovon sie sich (vgl. dazu auch SCHLAUSCH 2002,
36) potenzielle Anknüpfungspunkte für weiter gehende inhaltlich/thematische
Kooperationen versprechen.
5 Vorläufiges Fazit aus Sicht der wissenschaftlichen
Begleitung
Welche Bandbreite und welche Qualität an zusätzlichen
Dienstleistungen und welche Kooperations- und Vernetzungsleistungen
ganz allgemein aus einer berufsbildenden Schule ein regionales Berufsbildungszentrum
machen, muss ebenso als offen angesehen werden wie die Beantwortung
der Frage, wie nah speziell die KOMPZET-Schulen ihrem diesbezüglichen
Ziel bereits gekommen sind. Konstatiert werden kann jedenfalls,
dass es den drei Schulen bzw. den hier besonders engagierten Lehrerinnen
und Lehrern sehr wohl gelungen ist, mit der Bandbreite und der Qualität
ihrer Modellversuchsprojekte und Lernortkooperationen zu überzeugen
und auf sich als kompetente Ansprechpartner in Fragen der beruflichen
Bildung aufmerksam zu machen.
Was allerdings das übergeordnete Ziel des Modellversuchs betrifft,
auf regionaler Ebene über den Aus- und Weiterbildungsbereich
sowie angrenzende Supportleistungen Transparenz herzustellen, um
dementsprechend (in Kooperation mit anderen) der regionalen Wirtschaft
bedarfsgerechte Qualifizierungs-, Informations- und Beratungsangebote
zur Verfügung zu stellen, so stellt das rückblickend insgesamt
sicher eine Überforderung der hier konkret Beteiligten bzw.
des Modellversuchs dar. Das heißt, das hier verfolgte Ziel
scheint deutlich zu hoch gesteckt, bedenkt man, dass bisher noch
nirgends eine zufrieden stellende Lösung dafür gefunden
werden konnte, wie der regionale Bildungsbereich insgesamt transparent
gemacht und das Matching von Angebot und Nachfrage optimiert werden
kann (vgl. u.a. DOBISCHAT/ROß 2003). So spricht vieles dafür,
dass möglicherweise Abstand von einer ausschließlichen
Bedarfs- und Defizitorientierung genommen werden muss, die zudem
noch die Region insgesamt in den Blick nimmt, und dass ein regionales
Berufsbildungsnetzwerk nicht Ziel bzw. Selbstzweck sein kann, sondern
allenfalls Lösung für die Umsetzung von regionalpolitischen
Visionen und Leitbildern (vgl. DOBISCHAT/ROß 2003). Dann aber
ließen sich auch erst vor dem Hintergrund explizit formulierter
regionalpolitischer Entwicklungsziele Anforderungen an ein regionales
Berufsbildungszentrum konkretisieren.
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