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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 01 Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung

EDITORIAL: Fachtagung Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung. Qualität entwickeln – Kompetenzen fördern. Konzepte, Erfahrungen und Perspektiven.

    

1.  Einführung

Qualitätsentwicklung und Kompetenzförderung sind ein grundlegendes Anliegen beruflicher Bildung. Wie diese zu bestimmen und zu messen sind, welche Standards in den Berufsfeldern Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung gesetzt werden, inwieweit sie spezifisch auf das berufliche Lernen in diesen Berufsfeldern ausgerichtet werden müssen und ob sie die Lernprozesse positiv beeinflussen können, sind zentrale Fragestellungen. Dabei sind sowohl die Ausgangsbedingungen, die Lernenden, die Lehrkräfte, das Unterrichts- und Ausbildungsgeschehen, wie auch die Entwicklung der einzelnen Lernorte und die Lernortkooperation in den Blick zu nehmen.

Die Fachtagung befasste sich deshalb damit, welche Qualitätsentwicklungssysteme in den verschiedenen Bundesländern angewendet werden (Qualität entwickeln) und wie Unterricht und Ausbildung auf der Umsetzungsebene zur Qualitätssteigerung beitragen (Kompetenzen fördern) . Ein weiterer Schwerpunkt richtet sich darauf, welchen Anteil zentrale Abschlussprüfungen am Qualitätsaufbau haben, wie Prüfungsaufgaben entwickelt und wie die Leistungen von Auszubildenden bewertet werden können (Leistungen erfassen) . Zudem stellen Beiträge zum nachhaltigen und energieeffizienten Bauen, zum Zusammenwirken der Lernorte und zur internationalen Zusammenarbeit von beruflichen Schulen einen weiteren Aspekt der Qualität beruflicher Bildung (nachhaltig handeln) vor.

2.  Qualität entwickeln

In vielen Bundesländern sind in den vergangenen Jahren Qualitätsmanagementsysteme durch die Schulverwaltungen eingeführt worden, die die Bildungsarbeit insbesondere auch an den berufsbildenden Schulen evaluieren und verbessern sollen. Im Schwerpunkt „Qualität entwickeln“ werden vorwiegend Beispiele vorgestellt, die die praktische Umsetzung dieser Systeme an den beruflichen Schulen beleuchten. Die Erfahrungen, die dort mit externer Evaluation, Schulinspektion und Qualitätsmanagementsystemen gemacht werden, sind höchst unterschiedlich. In den Beiträgen stand daher die Frage im Mittelpunkt, welche Faktoren darüber entscheiden, ob die Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung greifen.

2.1  Externe Evaluation – Baustein für Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen

Seit August 2006 haben die ersten Qualitätsprüferinnen und –prüfer in allen Regierungsbezirken des Landes Nordrhein-Westfalen ihre Arbeit aufgenommen. Die Qualitätsanalyse nimmt Schulen als Ganzes in den Blick. Ziel ist es, die Qualität der Arbeit über ein strukturiertes und standardisiertes Verfahren zu erfassen, den Schulen eine fundierte Rückmeldung über ihre Stärken und Entwicklungsbereiche zu geben und ihnen den eigenen Entwicklungsstand zu reflektieren. Die Analyse soll helfen, Qualität zu sichern und nachhaltige Impulse für die Weiterentwicklung der Schulen geben. An einem konkreten Beispiel zeigt RICHTER auf, wie die externe Evaluation in der Praxis erfolgt. Dabei wird deutlich, dass die derzeit praktizierte Form der externen Evaluation nur sehr bedingt in der Lage ist, die Schulentwicklung positiv zu beeinflussen. Sowohl die sehr formalisierten Instrumente zur Erfassung und Beschreibung der Unterrichtsqualität als auch die pauschalisierende Form der Auswertung werden kritisiert.

2.2  Instrumente der Schulentwicklung in Schleswig-Holstein und Hamburg

Verschiedene Maßnahmen und Ansätze zur Qualitätsentwicklung in den Berufsbildenden Schulen Schleswig-Holsteins und Hamburgs nimmt BAABE-MEIJER in den Blick. Es werden Berufsfeld übergreifende Entwicklungen aufgezeigt, die u. a. im „Orientierungsrahmen Schulqualität“ und im „Schulportfolio Qualifizierungsplanung“ der Hamburger Behörde für Bildung und Sport ihren Ausdruck finden. Als Beispiel für Schulentwicklung mit Blick auf die Fachrichtung Bautechnik in Schleswig-Holstein wird die Lernortkooperation der überbetrieblichen Ausbildungsstätte (ÜAS) mit den Lehrkräften der beruflichen Schulen in Mölln vorgestellt. Außerdem werden die Entwicklungsperspektiven für die Berufsschulen aufgezeigt, die mit dem Status „Regionales Berufsbildungszentrum“ verbunden sind.

2.3  Qualitätsentwicklung am Oberstufenzentrum Holztechnik Berlin im Spiegel des Berichtes der Schulinspektion

Zur Beurteilung der Qualität von Schulen liegen bislang kaum verlässliche Daten vor, die Aussagen über die Wirkungen, Leistungen und Erfolge einzelner Schulen zulassen. Mit den in Berlin eingeführten Schulinspektionen will man deshalb eine Basis schaffen, um auf der Grundlage empirischer Erhebungen einzelne Qualitätsverbesserungsmaßnahmen zu begründen und vorzubereiten. Zudem soll damit die Erreichung schuleigener und schulpolitischer Ziele überprüft werden. SONNTAG und WIEDEMANN zeigen auf, dass Schulinspektionen sowohl eine Kontroll- als auch eine Informations- bzw. Legitimationsfunktion haben. Externe Inspektoren, ein vielschichtiges Evaluationsinstrumentarium und ein Vergleich mit einem Referenzrahmen sollen den Zustand einer Schule und deren Entwicklungsmöglichkeiten erfassen. Neben der Aufsicht über Schulen soll so zunehmend auch deren Unterstützung und Beratung erfolgen und die Verbesserung der Qualität von Schulen angesteuert werden.

2.4  Entwicklung von Qualitätsstandars für das Management von Gewerke übergreifenden Projekten

Es ist schon ein Wagnis, mit einem Lehrerteam aus neun Gewerken ein gemeinsames handlungsorientiertes Unterrichtsprojekt zu planen und dieses dann auf einer realen Baustelle von der Bodenplatte bis zur Schlussbeschichtung mit insgesamt 140 Schülerinnen und Schülern umzusetzen. Hier wird nicht nur der Baualltag Realität für alle Beteiligten: Vor allem an die Planung und Durchführung des Theorieunterrichts und dessen Verzahnung mit der Praxis werden neue Anforderungen gestellt. GÖTTSCHE zeigt am Beispiel des Baus einer Garage für eine „Moped-AG“ der Gemeinschaftshauptschule in Hennef durch Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Hennef auf, dass für ein reibungsloses Gelingen klare Zielvereinbarungen, Qualitätsstandards und eine umfassende Evaluation notwendig sind. Es werden die Erfolge, aber auch die situations- und kommunikationsbedingten Schwierigkeiten, die sich auf dem Weg von der ersten Idee bis zur Übergabe an den Kunden einstellen können, dargestellt und reflektiert.

Insgesamt zeigen die Beiträge zu diesem Schwerpunkt die großen Unterschiede, die zwischen den praktizierten Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung in den Bundesländern herrschen. Kontrovers diskutiert werden die Fragen, ob Instrumente (und auch die damit beauftragten Personen) der externen Evaluation grundsätzlich geeignet sind, Qualität berufsschulischer Arbeit zu erfassen und, ob Regulierungen und Standards die Innovationsbereitschaft an den Berufsschulen eher fördern oder blockieren. Demgegenüber herrscht Einvernehmen darüber, dass für eine erfolgreiche Qualitätsentwicklung die Partizipation der teilnehmenden Schulen und des Kollegiums, die Transparenz des Verfahrens und die Nützlichkeit der rückgemeldeten Ergebnisse entscheidend sind.

3.  Kompetenzen Fördern

Hier werden vor allem konkrete Beispiele zur Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen vorgestellt. Dabei geht es sowohl um die Kompetenzentwicklung der Lernenden als auch der Lehrenden in den drei beruflichen Fachrichtungen. In den Beiträgen werden insbesondere die Zusammenhänge angesprochen, die zwischen spezifischen didaktisch-methodischen Lernarrangements und der Kompetenzentwicklung bestehen.

3.1  Qualitätsmerkmale guten Unterrichts in den Fachrichtungen Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung

Der Qualitätsbegriff hat in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion der letzten Jahre immer mehr an Relevanz gewonnen. Dabei blieb seine Bedeutung trotz vielfältiger Veröffentlichungen höchst unklar. VOGEL verortet in seinem Beitrag Qualität in einem Beziehungsdreieck zwischen den Zielsetzungen, den lernpsychologischen Grundannahmen sowie den Methoden und Medien des Unterrichts. Dabei wird vor allem diskutiert, wie die Qualität von Lehr-/ Lernprozessen verbessert werden kann. Nach einer genaueren Klärung des Qualitätsbegriffs und einer Rezeption bisheriger Forschungsergebnis­se wird der Frage nachgegangen, welche spezifischen Qualitätsmerkmale einen „guten“ Fachunterricht ausmachen. Dabei werden das „Qualitätsdreieck“ und die spezifischen Bedingungen beruflicher Bil­dung im Berufsfeld Bautechnik einbezogen.

3.2  Lehrerhandlungstraining und Fachgesprächskompetenz

Im Beitrag von ROß wird zunächst ein Überblick über den gegenwärtigen Forschungsstand zur Kommunikationsform des Fachgesprächs im gewerblich-technischen Unterricht gegeben. Unter anderem werden dort Gütekriterien beleuchtet, von denen die Fachgesprächsqualität entscheidend abhängt. In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, warum und in welcher Form das Lehrerhandlungstraining ein geeignetes Instrument zum Aufbau von Fachgesprächskompetenz ist. Zur besseren Veranschaulichung werden dabei Einblicke in den Ablauf des Fachgesprächstrainings am Institut für Berufliche Lehrerbildung in Münster gewährt.

3.3  Standards für die didaktische Qualität von Ausbildung und Unterricht in den Berufsfeldern Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung

Den Abschluss des Schwerpunktes Kompetenzen Fördern bildet ein Beitrag von GÖTTSCHE und STRATER zu einer während der Fachtagung durchgeführten Diskussion zu ausgewählten Fragen der Unterrichtsqualität. Hierzu wurden die Teilnehmer/innen in wechselnde Kleingruppen eingeteilt und bekamen die Aufgabe, zu vorbereiteten Thesen Stellung zu beziehen. Damit wurde gleichzeitig ein neues methodisches Element in die Fachtagungsgestaltung eingeführt, das auch die „Tagungskultur“ bereichern und weiterentwickeln soll. Die Fachtagungsteilnehmer/innen tauschten hier ihre Erkenntnisse und Erfahrungen zum Lernfeldunterricht, zum E-learning sowie zur individuellen Förderung von Lernenden in beruflichen Lehr- und Lernprozessen aus.

4.  Leistung erfassen

Die Qualität beruflicher Bildungsarbeit zeigt sich in den Ergebnissen von Prüfungen. Dies gilt jedoch nur, wenn zuvor die Qualitätsmerkmale bzw. die Standards festgelegt sind. Zudem müssen geeignete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele eingeleitet werden und die Prüfer entsprechend geschult sein. Die Basis einer solchen Qualitätsentwicklung ist nach wie vor der Unterricht in den berufsbildenden Schulen. Entsprechende Lernsituationen zu entwickeln, die dem Anspruch einer Förderung beruflicher Handlungskompetenz gerecht werden können, ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Lehrkräfte.

4.1  Qualitätsstandards durch zentrale Abschlussprüfungen

Fast ausnahmslos hat sich in den letzten Jahren das Zentralabitur in den Bundesländern durchgesetzt und diese Entwicklung hat auch vor den berufsbildenden Schulen nicht halt gemacht. MEIRITZ stellt die Situation für Nordrhein-Westfalen dar. Mit dem Schuljahr 2005/2006 wurden hier die ersten Schülerinnen und Schüler in die Berufsgymnasien aufgenommen, die nun im ersten Durchgang im profilbildenden Fach Bautechnik das Zentralabitur in einem gestuften Verfahren ablegen. Schrittweise wurden Bildungspläne aufgestellt, die selbstgesteuertes Lernen auf der einen Seite und zentrale Prüfungen auf der anderen Seite in den Blick genommen haben. Dabei wurde ein technikdidaktischer Ansatz entwickelt und als Standard gesetzt. Auf dieser Grundlage können nun Lehrkräfte ganzheitliche Aufgaben in gesellschaftlichem, ökonomischem und kulturellem Kontext erstellen und Schülerinnen und Schüler zentral geprüft werden. Da derzeit die ersten Schülerinnen und Schüler ihre Abschlussprüfungen durchführen und Beispiele aus anderen Bundesländern ebenfalls kaum vorliegen, bleibt abzuwarten, wie sich dieser technikdidaktische Ansatz, einheitliche Prüfungsanforderungen und weitere Vorgaben als qualitätssichernde Maßnahmen für eine wissenschaftspropädeutische Bildung im Fach Bautechnik eignen.

4.2  Prüfungsaufgabenerstellung - Qualifizierung von
Lehrkräften für diese Aufgabe

Die Schwerpunkte in der Gestaltung der Ordnungsmittel verschieben sich von der Input- zur Outputorientierung. Die Lernergebnisse, deren Erfassung und Überprüfung spielen deshalb eine besondere Rolle. Dies gilt in der beruflichen Bildung schon heute für die studienbefähigenden Bildungsgänge. Im Bereich der Bautechnik sind nun zentrale Prüfungsaufgaben zu formulieren. Damit sind die Lehrkräfte erstmals konfrontiert und es wird deutlich, dass diese Aufgabe besondere Anforderungen stellt und einer besonderen Qualifizierung bedarf. Die Erstellung zentraler Aufgaben für das Fach Bautechnik ist mehr als eine Technik der Konstruktion von Prüfungen. Zudem reichen sie in ihrer Bedeutung über die Prüfungen selbst hinaus. Zentrale Prüfungen wirken auch auf die Gestaltung von Unterricht und sie beeinflussen den Stellenwert und die Wertschätzung von Schulen in vergleichenden Rankings. LINDEMANN betont in seinem Beitrag, dass in Berlin bereits heute mehr als 40% aller Studierenden an Fachhochschulen und Universitäten über das berufliche Bildungswesen kommen und an einer berufsbildenden Schule ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben. Dies hebt die Bedeutung hervor, die einer fundierten Qualifizierung der Ersteller von zentralen Prüfungsaufgaben der berufsnahen Fächer zukommt. Die Gestaltung von Prüfungen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die über Zukunftschancen junger Menschen entscheidet. Im Beitrag wird aufgezeigt, wie eine entsprechende Fortbildung der Lehrkräfte durchgeführt werden kann, welche Konflikte auftreten und wie sie bewältigt werden können. Neben der Schulung der Lehrkräfte in Tandems wurde ein Netzwerk der Lehrkräfte entwickelt, das solche zentralen Prüfungsaufgaben zu entwickeln hat. Weitere Elemente im Fortbildungskonzept sind eine externe Beratung sowie die Reflexion entwickelter Aufgaben im Netzwerk und durch die externen Berater. Damit zeigt sich, dass ein differenziertes Qualifizierungskonzept notwendig ist, um hohe Qualitätsstandards für die zentralen Prüfungen erreichen und sichern zu können.

4.3  Entwicklung und Evaluation von Lehr-/ Lernsituationen auf der Grundlage der Ermittlung und Bewertung von Leistungen und Arbeitsergebnissen von Auszubildenden in der Bauwirtschaft

Erfolgreiches Lernen im Berufsbildungsprozess ist abhängig von geeigneten Lehr-/ Lernarrangements. Dabei ist das Üben und Wiederholen ein unverzichtbarer Teil dieses Prozesses. Wird dies vernachlässigt oder ausgespart, wie es im täglichen Unterrichtsgeschehen häufig der Fall ist, bleiben Jugendliche unsicher. Ihre Kenntnisse und Wissenszusammenhänge bleiben oberflächlich, Fähigkeiten und Fertigkeiten kommen nicht zur Anwendung und werden nur mühsam kommuniziert. Das intelligente Üben und Wiederholen im Sinne vollständiger Lernprozesse bedarf jedoch einer umfassenden Vorbereitung durch die Lehrkräfte. ANGELKOTTE und BILGENROTH weisen in ihrem Beitrag darauf hin, dass am Beginn dieses Prozesses eine eingehende Diagnose der intellektuellen Leistungsfähigkeit der Jugendlichen stehen muss. Eine quantitativ-qualitative Analyse der Arbeitsergebnisse von Jugendlichen bzw. Erwachsenen schafft dafür eine wesentliche Grundlage. Die Arbeitsprodukte und der beobachtete Arbeitsprozess liefern dem Lehrer und Ausbilder Hinweise, in welcher Weise er den weiteren Unterricht aufbauen muss. Im Beitrag wird dabei veranschaulicht, wie die Erkenntnisse der Leistungsdiagnostik im Planungsprozess von Unterricht und der Entwicklung von Arbeitsaufgaben für Auszubildende der Bauwirtschaft zum Tragen kommen. Zudem werden Lernmaterialien vorgestellt, die von Studierenden entwickelt wurden. Diese tragen zur intensiven Förderung der Jugendlichen und zur Qualitätssteigerung der Ausbildung bei.

5.  Nachhaltig Handeln

In diesem thematischen Schwerpunkt der Fachtagung werden Aspekte beleuchtet, die in einem erweiterten Sinne zur Qualitätsentwicklung beruflicher Bildung beitragen. Immer bedeutsamer werden Fragen der Nachhaltigkeit und des energieeffizienten Bauens. Dabei ist der Nachhaltigkeitsgedanke in zweierlei Hinsicht zu verstehen. Einerseits geht es um einen schonenden Umgang mit Ressourcen, andererseits um eine Ausbildung, die anhaltend und dauerhaft wirksam ist und kompetenzorientiert ein verantwortungsvolles Handeln ermöglicht. Dabei sind auch internationale Kooperationen von besonderer Bedeutung, da sie eine reflexive Sicht auf die eigenen Bedingungen und Möglichkeiten von Berufsbildung, aber auch auf die unterschiedlichen Lösungsansätze von bautechnischen Fragestellungen erlauben. Qualitätsfeststellung und Qualitätsentwicklung erfahren also durch den Vergleich einen besonderen Impuls. Nur durch die Gegenüberstellung lassen sich Standards entwickeln. Zudem wird in diesem Schwerpunkt die Qualitätsverbesserung der Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen thematisiert. Damit wird ein weiterer Nachhaltigkeitsaspekt aufgegriffen: die langfristige Verbesserung der Lebenschancen und die Teilhabe an gesellschaftlicher Entwicklung.

5.1  Kompetenzentwicklung für nachhaltiges Bauen

Die Leitidee einer nachhaltigen Entwicklung ist für den Bereich des Bauens besonders wichtig. In kaum einem anderen Produktionssektor werden in so großem Umfang natürliche Ressourcen genutzt und soziale Lebensräume gestaltet. Durch die Langlebigkeit von Bauwerken werden die Lebensverhältnisse der nachfolgenden Generationen erheblich mitbestimmt. Baustoffe werden weltweit erschlossen, gehandelt und eingesetzt. Die Beheizung und Klimatisierung von Wohnräumen erfordert einen Großteil der benötigten Energieressourcen. Zudem fallen im Bauprozess oder beim Umbau und Abriss von Bauwerken enorm große Abfallmengen an, die entsorgt oder recycelt werden müssen. Was qualitativ hochwertiges Bauen ist und wie sich Arbeitsqualität im Bauprozess zeigt, ist deshalb neu zu bestimmen. HAHNE und KUHLMEIER legen für die Ausbildung in den Berufsfeldern Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung dar, vor welchen neuen Aufgaben die berufliche Bildung steht und wie der Nachhaltigkeitsgedanke in den Bau- und Baunebenberufen zu verankern ist. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, wie sich die Anforderungen an Facharbeiter durch das Ziel eines nachhaltigen Bauens verändern müssen. Sind hierfür besondere Kompetenzen erforderlich? Wie sollten Lernarrangements beschaffen sein, um Auszubildende für Nachhaltigkeitsaspekte zu sensibilisieren und für entsprechende Aufgaben zu qualifizieren? Welche Modelle und guten Beispiele gibt es hierzu bereits? Deutlich wird, dass bislang schon einige Zusammenhänge bekannt sind, in der Ausbildung diese Inhalte jedoch noch zu wenig thematisiert werden. Hier besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf und es kann erwartet werden, dass in Zukunft solche Fragestellungen noch an Bedeutung gewinnen.

5.2  Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen in der Aus- und Weiterbildung – Stand und Perspektiven einer Lernortkooperation in Hamburg

HOLLE hat ein ähnliches Thema aufgegriffen und betont, dass die Notwendigkeit, Energieeffizienz von Gebäuden wesentlich zu steigern, unumstritten ist. Den Schwerpunkt bildet das Bauen im Bestand. Die erste Voraussetzung dafür ist die Qualifizierung der planenden Architekten und Ingenieure. Dies wird in gewissen Teilen bereits geleistet und wurde verstärkt in die neuen Curricula aufgenommen. Diese Qualifizierungsaktivitäten sind eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für den Erfolg des energetisch optimierten Bauens. Die Realisierung auf den Baustellen erfordert eine wesentlich höhere Qualität der Facharbeit und des Gewerke übergreifenden Arbeitens. Energieeffizienz steigernde Baumaßnahmen werden nur dann wirksam, wenn es gelingt, wissenschaftlich-technische Lösungen nicht nur in die Architekten- und Ingenieurplanung, sondern vor allem – und das ist die zweite, entscheidende Voraussetzung – in die Baudurchführung, also in die Arbeitsprozesse auf den Baustellen, sicher einzuführen. Ein typisches Beispiel ist der fachgerechte Einbau wärmebrückenfreier und luftdichter Konstruktionen. Er erfordert eine hohe Ausführungsqualität im Detail sowie neue Regelungen bei den Schnittstellen zwischen den Gewerken. Damit dies gelingt, ist auch das gewerblich-technische Studium der künftigen Berufsschullehrer in diesen Fachrichtungen entsprechend zu akzentuieren. Im Beitrag wird dargestellt, welche Erfahrungen mit der seit 2004 aufgenommenen Hamburger Lernortkooperation zwischen dem überbetrieblichen Ausbildungszentrum, der Gewerbeschule für Bautechnik und den am Studium der zukünftigen Lehrkräfte beteiligten beiden Universitäten, der Universität Hamburg und der Technischen Universität Hamburg-Harburg, vorliegen. Die inhaltliche und methodische Folge, die Verzahnung der Lernorte, Beispiele für Ergebnisse wie Entwürfe, Lehr-Lernsituationen, die Errichtung von 1:1 Schnittmodellen von verschiedenen typischen Bauwerken im Ausbildungszentrum, deren Nutzung für die Qualifizierung der Auszubildenden und Studierenden sowie die Erfahrungen dieser ersten Etappe der Lernortkooperation werden aufgezeigt und diskutiert. Das Ziel ist also, eine Qualitätssicherung in der Bauausführung durch geeignete Formen und Mittel der Aus- und Weiterbildung in den Baugewerken zu erreichen.

5.3  Qualitätsmerkmale von ausbildungsbegleitenden Hilfen im
Handwerk

Auf einer anderen Ebene setzt ein Modellprojekt an, das sich auf die Qualitätsentwicklung der Ausbildung für benachteiligte Jugendliche konzentriert. Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) stellen eine spezifische Form der Unterstützung in der beruflichen Ausbildung dar. Sie richten sich an eine eng begrenzte Zahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der betrieblichen Erstausbildung. Die Stabilisierung und Festigung von betrieblichen Ausbildungsverhältnissen, die Reduzierung von Ausbildungsabbrüchen aufgrund intensiver Unterstützung und die Vorbereitung von Zwischen- und Abschlussprüfungen sind das Ziel. GILLEN und SCHÖNBECK stellen das Modellprojekt „Ausbildungsbegleitende Hilfen der Berufsausbildung im Hamburger Handwerk“ vor, das eine spezifische Form der abH darstellt. Es richtet sich an lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Ausbildungsplatzsuchende und Auszubildende. Neben der Senkung der Abbrecherquote soll die Integration in den ersten Arbeitsmarkt verbessert werden. Exemplarisch wird die Arbeit von fünf Hamburger Innungen vorgestellt, die eine Gewerke spezifische Nachhilfe in den theoretischen und praxisbezogenen Fächern anbieten und mit sozialpädagogischer Unterstützung verbinden. Der Beitrag problematisiert das Konzept der abH und zeigt grundsätzliche Qualitätsmerkmale und Verbesserungsaspekte auf. Zudem fasst er die zentralen Ergebnisse aus zwei empirischen Untersuchungen des Hamburger Modellprojekts zusammen. Die zentrale Frage des Beitrags ist, durch welche Aspekte die Qualität von abH-Maßnahmen im Allgemeinen und dieses Modellprojekts im Besonderen gewährleistet werden.

6.  Ausblick

Mit den vorliegenden Beiträgen, die die Ergebnisse der Fachtagung Bautechnik, Holztechnik, Farbtechnik und Raumgestaltung im Rahmen der Hochschultage Berufliche Bildung 2008 in Nürnberg umfassen, werden neben aktuellen Forschungsergebnissen auch vielfältige Beispiele guter Praxis in den Berufsfeldern präsentiert, die deutlich machen, wie bedeutsam das Qualitätsthema für die berufliche Bildung in diesen Berufsfeldern ist. Dabei zeigt sich, dass differenziert zu bestimmen ist, was Qualität im Einzelnen und bezogen auf die Berufsfelder, unterschiedlichen Bildungsgänge und Zielgruppen bedeutet. Der Tagungsband kann dazu beitragen, einen Verständigungsprozess darüber weiterzuführen, welche Qualitätsziele verfolgt und welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um wirksam die Qualität von Unterricht und Ausbildung zu verbessern. Zudem werden Möglichkeiten der Qualitätsprüfung vorgestellt und diskutiert, wie gute Ansätze verstetigt werden können. Es zeigt sich, dass viele Fragen nur mit Blick auf die besonderen Bedingungen und Anforderungen der Fachrichtungen zu beantworten sind. Gleichzeitig wird deutlich, dass es noch einigen Forschungsbedarf gibt. So liegen für diese beruflichen Fachrichtungen derzeit nur wenige eingehende empirische Untersuchungen zur Qualität von Unterricht und Ausbildung vor, die die Wirksamkeit auch hinsichtlich der eingesetzten didaktisch-methodischen Konzepte aufdecken. Ebenso zeigt sich, dass die Implementierung von Programmen zur Qualitätsentwicklung in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich verläuft und nicht immer eine genügend große Transparenz gegeben ist. Dies hat jedoch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg von Verbesserungsmaßnahmen und das Engagement von Lehrern und Ausbildern. Ebenso ist noch ein großer Forschungsbedarf hinsichtlich der Qualitätsstandards für die berufliche Bildung in diesen Berufsfeldern festzustellen. Die Darstellungen aus der Praxis belegen aber ebenso, dass es eine Vielzahl von gelungenen Beispielen gibt, die das engagierte Handeln der Ausbilder und Lehrer verdeutlichen und die dazu beitragen, die Qualität der Ausbildung in den Berufsfeldern Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung zu sichern und zu erweitern.

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