Spätestens mit der Einführung des lernfeldstrukturierten „Lehrplans zur Erprobung für die Ausbildungsberufe in der Bauwirtschaft“ zu Beginn des Schuljahres 1999/2000 wird die Orientierung an Handlungen in den Baufachklassen zum Unterrichtsprinzip. Komplexe Aufgabenstellungen (Lernsituationen) werden von den Lernenden eigenverantwortlich in zumeist kooperativen Lernformen bearbeitet. Nach diesem Lernverständnis erfährt auch die Lehrerrolle ihre radikale Wandlung vom „Belehrer“ hin zum Organisator, Moderator und Berater (vgl. OTT 2000, 178).
Die Beratung der Lernenden im Unterrichtsgeschehen sollte dabei nach OTT defensiv nach dem „Prinzip der minimalen Hilfe“ erfolgen und sie dazu befähigen eigene Lösungswege für Problemlagen zu entwickeln (OTT 2000, 178). Um einen störungsfreien Ablauf des von der Lehrkraft geplanten und von Schülerselbstständigkeit gekennzeichneten Unterrichts-Arrangements zu gewährleisten, muss sich diese „…spontan auf unterschiedliche Unterrichtssituationen einlassen und flexibel auf etwaige Fragen und Probleme reagieren“ (SOLLWECK 2006, 38). Allerdings reicht allein reaktives Verhalten nicht aus, um ins Stocken geratenen Lernprozessen frühzeitig entgegen wirken zu können. Vielmehr muss die Lehrperson intervenieren und damit aktiv ins Geschehen eingreifen, wenn beispielsweise aus ihrer Sicht gänzlich in die falsche Richtung führende Lösungswege von den Lernenden eingeschlagen werden und deshalb ein offensichtlicher Beratungsbedarf besteht. GEIGERS Aussage, dass allein die ständige Erreichbarkeit der Lehrperson für Schüler geeignet ist „...eventuell auftretende(n) Phasen der Orientierungslosigkeit oder Frustration (und des Motivationseinbruchs) bei den Lernenden vorzubeugen“ , vernachlässigt hier den Aspekt der gezielten Lehrerintervention und sollte durch diesen ergänzt werden (GEIGER 2005, 36).
Um eine möglichst individuelle Beratung der Lernenden zu ermöglichen, findet diese vorzugsweise in Gruppen- oder Einzelgesprächen, in einem so genannten Fachgespräch mit der Lehrkraft statt. Dort tritt die Lehrkraft als Experte in inhaltsbezogener Kommunikationsart an Lernende heran (vgl. BUCHALIK/ RIEDL 2007, 4) und unterstützt diese durch die Verwendung kooperativer Gesprächstechniken (z.B. Scaffolding). Die Art der Kommunikation in solchen Fachgesprächen weist bis auf die Sozialform alle wesentlichen Bestimmungsgrößen einer „innovativen Kommunikationsform“ nach WUTTKE auf, in der die Lehrperson die Rolle eines so genannten „senior researchers“ einnimmt (vgl. WUTTKE 2005, 132). Neben der Beratung haben Fachgespräche unter anderem auch die Funktion Lernenden Rückmeldung über den erreichten Lernstand zu geben, die weitere Vorgehensweise festzulegen und Verbesserungspotenzial offen zu legen. Aufgrund ihrer Bedeutung im Lernverlauf als interaktive Knotenpunkte in der Netzstruktur handlungsorientierten Unterrichts steuern Fachgespräche den Erfolg von individuellen Selbstlern- und Sozialprozessen (vgl. TENBERG 2004, 3) und beeinflussen dadurch maßgeblich die Unterrichtsqualität. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach dem Aufbau einer Fachgesprächskultur in der beruflichen Bildung von BUCHALIK und RIEDL zu sehen (vgl. BUCHALIK/ RIEDL 2007, 10).
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass mit dem Wandel der Lehrerrolle hohe Anforderungen gerade mit Blick auf Interaktionsprozesse einhergehen und eine ausgebildete Kommunikations- sowie diagnostische Kompetenz vorausgesetzt wird. Mit Blick auf gruppenbezogene Lernberatung ist nach TENBERG „…neben viel fachlicher und didaktischer Kompetenz - Erfahrung, Übung und ´Fingerspitzengefühl´ erforderlich“ (2006, 274). Diese Anforderungen lassen sich durchaus auf das kompetente Führen von Fachgesprächen übertragen und durch folgende Standards des Lehrerberufs nach OSER (2001, 215) ergänzen:
Positive Beziehung zu den Lernenden aufbauen und ihnen fördernde Rückmeldung geben,
kritische Entwicklungen und auftretende Probleme diagnostizieren und angemessen, d.h. schülerunterstützend reagieren sowie
Lernstrategien vermitteln und Lernprozesse begleiten, um so Schüler zu befähigen selbstständig und effizient zu lernen.
Da der Autor dieses Textes in der ersten Phase der Lehrerbildung tätig ist, schließt sich hier die Fragestellung an, durch welche Maßnahmen es gelingen kann die Fachgesprächskompetenz von Lehramtsstudierenden in der Art zu fördern, dass diese Kompetenz auch im späteren praktischen Berufsalltag performativ angewendet werden kann. Nach HELMKE sollte zur Herausbildung eines solchen „situierten Wissens“ die praktische Unterrichtssituation zum Ausgangspunkt theoretischer Überlegungen genommen und den Lehramtstudierenden praktische Erprobungsmöglichkeiten eingeräumt werden (vgl. HELMKE 2003, 195-196). Als Prototyp verhaltensorientierter unterrichtlicher Ausbildung nennt HELMKE Handlungstrainings für Lehrkräfte bzw. Microteaching in der Lehrerausbildung. Trainingsprogramme, die zentrale unterrichtsrelevante Kompetenzen von Lehrkräften stärken, sind eine „sehr effiziente Möglichkeit (…) den Unterricht zu verbessern“ (HELMKE 2003, 231).
In der folgenden Abhandlung wird zunächst der Analyse von Fachgesprächen großer Raum geschenkt, um dann in einem zweiten Schritt auf Handlungstrainings als Instrument zum Aufbau von Fachgesprächskompetenz einzugehen. Der dritte Teil dieser Darstellung gibt Einblick in das Pilotprojekt eines Handlungstrainings zu Interaktionsprozessen am Institut für Berufliche Lehrerbildung der Fachhochschule Münster, der mit einem Fazit und Ausblick abschließt.
In dem vorliegenden Kapitel sollen zum einen die Merkmale bzw. Charakteristika von Fachgesprächen beschrieben werden. Zum anderen soll geklärt werden, an welchen Stellen Fachgespräche im Rahmen eines handlungsorientierten (lernfeldstrukturierten) beruflichen Unterrichts zielführend sind und welche Funktionen sie an den jeweiligen Positionen im Lernverlauf erfüllen. Weiterhin soll der Frage nachgegangen werden, ob es in Anlehnung an ihre jeweilige Funktion oder den jeweiligen Anlass auch unterschiedliche Arten von Fachgesprächen gibt.
Unter der Annahme, die Kompetenzentwicklung der Lernenden positiv zu beeinflussen, ist das moderat konstruktivistische Unterrichtskonzept in der beruflichen Bildung darauf ausgerichtet, dass sich die Lernenden in einem weitestgehend eigenverantwortlichen und damit auch selbstgesteuerten Lernprozess mit den intendierten Inhalten auseinandersetzen (vgl. BUCHALIK/ RIEDL 2006, 2). Lehr-Lern-Prozesse innerhalb konstruktivistischer (schüleraktiver) Lernumgebungen finden hierzu ihren Ausgangspunkt in komplexen Situationen, die möglichst an die berufliche, praktische Erfahrungswelt der SchülerInnnen angelehnt sein müssen, wenn sich Lernen durch Anknüpfen an vorhandene Wissensstrukturen und durch Konstruktionsleistungen vollziehen soll. Durch die Bereitstellung differenzierter Selbstlernmaterialien (z.B. Leittexte) soll auch einer stärkeren Individualisierung von Lernprozessen Rechnung getragen werden. Nicht zuletzt, weil konstruktivistische Lehr-Lern-Arrangements einen möglichst kooperativen Charakter zwischen Lehrenden und Lernenden aufweisen sollen, bedeutet ein so geprägter Unterricht eine erhebliche Veränderung der Lehrerrolle gegenüber traditionellen Unterrichtsformen (vgl. RIEDL 2006, 418). Neben den oben genannten zentralen Elementen konstruktivistischer Lehr-Lern-Prozesse ist nämlich ebenso eine charakteristische Lehrer-Schüler-Interaktion festzustellen, weil sie sich intentional, strukturell, inhaltlich und kommunikativ von anderen Unterrichtsformen klar unterscheidet (vgl. TENBERG 2004, 2). Da (auch in einem hochgradig schüleraktiven Unterricht) die Lehrer-Schüler-Interaktion die einzige Verbindung zwischen Lehr - und Lern prozess ist, kann Unterricht nur gelingen, wenn diese Interaktion produktiv verläuft (vgl. TENBERG 2006, 221-222). Um diesen Qualitätsanspruch sicherzustellen, muss die Interaktion erfasst und vorbereitet werden. Zur besseren Planbarkeit schlägt TENBERG eine Reduktion von Interaktion auf Kommunikation vor, die das Rückgrat von Interaktionsprozessen repräsentiert (vgl. TENBERG 2006, 276). Innerhalb der Interaktionsstruktur von schüleraktivem Unterricht ordnen sich Fachgespräche als kommunikative Hilfestellungen durch eine Lehrkraft ein, wenn sie sich inhaltlich im Dialog mit den Lernenden auf den Lerngegenstand und Lernprozess beziehen (vgl. RIEDL 2006, 412).
Der Begriff des Fachgesprächs findet seinen Ursprung in der betrieblichen Leittextmethode. Diese Unterweisungsmethode wurde in deutschen Großbetrieben Mitte der 1980er Jahre eingeführt. Grundidee dieser Methode war es den Auszubildenden eine weitestgehend selbstständige Erarbeitung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zu ermöglichen. Strukturiert wurde die Leittextmethode von dem Phasenmodell der vollständigen Handlung (Informieren, Planen, Entscheiden, Ausführen, Kontrollieren und Bewerten). Zu Koordinierungs- und Kontrollzwecken wurde vor der Ausführungsphase, also in der Entscheidungsphase, ein Fachgespräch zwischen Auszubildenden und Lehrmeistern geführt (s. Phasenmodell). In diesem wurde der bisher erarbeitete Planungsstand der angehenden Facharbeiter auf sach- und handlungslogische Richtigkeit mit Blick auf die Fertigung geprüft. Ein weiteres obligatorisches Fachgespräch fand in der Bewertungsphase statt. Hier wurden der vollzogene Arbeitsablauf gemeinsam besprochen, Mängel und Abweichungen ermittelt und Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Arbeitsaufträge herausgearbeitet.
Diese Interventionen im Selbstlernprozess von Auszubildenden wurden dann später in den handlungsorientierten Unterricht übernommen und durch den Aspekt der Verständniskontrolle ergänzt (vgl. TENBERG 2006, 276). Klassischerweise findet die Verständniskontrolle, ebenfalls in Form eines Fachgesprächs, innerhalb der Bewertungsphase statt. Darin werden die von Schülerseite zuvor in der Kontrollphase überprüften Arbeitsergebnisse gemeinsam mit der Lehrperson bewertet und der angewandte Lösungsweg mit den damit eventuell verbundenen Schwierigkeiten besprochen. Am Ende des Fachgesprächs findet dann die eigentliche Fremdbewertung der Leistung durch den Lehrenden statt. Hier werden besonders das Arbeitsergebnis und der Bearbeitungsablauf betrachtet und geklärt, was bei einem nachfolgenden Auftrag besser umgesetzt werden kann (vgl. FLIEGERBAUER 2005, 31). Aufgrund ihrer obligatorischen Positionierung in der Entscheidungsphase bzw. Bewertungsphase innerhalb der schulischen Variante der Leittextmethode, können beide Fachgespräche von Lehrenden explizit geplant und vorbereitet werden .
In neueren Betrachtungen erfährt die oben geschilderte traditionelle Definition zu Fachgesprächen eine Erweiterung, indem sie von der stringenten Anbindung an die Leittextmethode entkoppelt werden.
Einen ersten umfassenden, mehrdimensionalen Ansatz zu Fachgesprächsmerkmalen liefern BUCHALIK und RIEDL (vgl. BUCHALIK/ RIEDL 2006, S. 3). Merkmale wie Funktionen, Sozialformen, Kommunikationsart, Initiierung und die Position im Lernverlauf von Fachgesprächen werden innerhalb der unten dargestellten Tabelle aufgezeigt.
Steuerungsfunktion im Unterricht:
Die Steuerungsfunktion einer Lehrperson in einem schüleraktiven Unterricht kann administrativer, lernorganisatorisch-inhaltlicher oder sozialer Art sein (GEIßLER 1995). Der Lehrer-Schüler-Dialog innerhalb eines Fachgesprächs soll laut RIEDL und BUCHALIK Reflexions-, Denk- und Verstehensprozesse bei den Lernenden in Gang setzen. Inhaltlich sei das Fachgespräch, wie oben beschrieben, auf den Lernprozess und den Lerngegenstand ausgerichtet und steuert damit den Unterricht in lernorganisatorisch-inhaltlicher Hinsicht.
Diagnostische Funktion:
Fachgespräche hätten primär eine diagnostische Funktion, die Lernenden und Lehrenden Rückmeldung über den erreichten Lernstand liefert. Nach TENBERG sollen zu diesem Zweck von Lehrerseite vorbereitete Fragen eingesetzt werden, welche die Qualität des erworbenen Wissens erheben können (vgl. TENBERG 2006, 276). Im Anschluss könne die Lehrkraft gezielt Maßnahmen ergreifen, die aus ihrer Sicht den individuellen Lernforschritt weiter fördern helfen. Die Lehrperson ist dabei angehalten keinen gesprächshemmenden Prüfungscharakter aufkommen zu lassen und den Leistungsstand implizit zu erfassen. Die diagnostische Funktion wird dadurch erweitert, dass der Lehrende auch eine Rückmeldung über die Gestaltung der Lernumgebung durch die Reaktion der Schüler auf die vorbereiteten Lehr-Lern-Materialien erhält, die sich auf dieser Basis ggf. optimieren lassen. Insofern könnten die diagnostischen Elemente wiederum Auswirkungen auf die Steuerungsfunktion im Unterricht haben.
Sozialform:
Fachgespräche werden im aufgelösten Klassenverband, d.h. in Einzel- und Kleingruppen geführt. Dies hätte positive Auswirkungen auf die Sprechanteile, die sich im Vergleich zum Plenargespräch zu Gunsten der Schülerseite verschieben würden.
Kommunikationsart und Kommunikationsrichtung:
Nach BUCHALIK und RIEDL ist die Kommunikation davon geprägt, dass die Lehrperson als Experte in inhaltsbezogener Kommunikationsart an den Lernenden herantritt. Ihrer Meinung nach sollen dadurch die Hierarchieverhältnisse, wie sie in eher traditionellen Unterrichtsformen zu beobachten sind, weniger stark ausgeprägt sein und eine Kommunikation in bidirektionaler Richtung auf Augenhöhe mit den Schülern ermöglichen.
Initiierung:
Für die Initiierung eines Fachgesprächs ergeben sich laut BUCHALIK und RIEDL verschiedene Anlässe:
1a) Wenn sich die Lehrkraft Informationen über den gegenwärtigen Lernfortschritt der Schüler verschaffen möchte oder
1b) , wenn aus ihrer Einschätzung heraus die Weiterbearbeitung der Aufgabenstellung, aufgrund von akuten Problemlagen, ohne ihre Intervention nicht möglich ist ?Lehrerinitiative, situativ .
2) Wenn Lernende für die Lösung aktueller Probleme oder für Antworten auf ungeklärte Fragen die Hilfe von Lehrpersonen in Anspruch nehmen möchten ?Schülerinitiative, situativ.
3) Wenn Fachgespräche an vordefinierten Positionen in den Lernverlauf verbindlich eingeplant sind ?Fest positionierte Fachgespräche, planbar . Das Thema des Gesprächs ist dann die zurückliegende Arbeits- bzw. Lernsequenz. Lehrende und Lernende erhalten hierdurch eine Rückmeldung über den erreichten Kenntnis- und Bearbeitungsstand in Anlehnung an die einzelnen Lernschritte in einer komplexen Lernsituation. Das Fachgespräch schließt damit zum einen eine Lernsequenz formal ab und gibt Lehrenden zum anderen inhaltliches Feedback zu ihrer Lernarbeit, aus dem sich ggf. Verbesserungsmaßnahmen in lernorganisatorischer Hinsicht ableiten ließen.
Positionen im Lernverlauf:
Als Positionen für Fachgespräche werden der Beginn, die Begleitung und der Abschluss einer Lernstrecke ausgemacht. Da zu Beginn einer Lerneinheit in der Regel fachlich-inhaltliche Kommunikationsaspekte zur Reflexion und zum Verständnis von Lerninhalten geringer zu tragen kämen, läge die Bedeutung von Fachgesprächen insbesondere in der begleitenden Unterstützung der Lernenden während des Lernprozesses und in dem formalen Abschluss einer Lernsequenz.
Die hypothesengestützten Merkmale sollen mit den vorliegenden Untersuchungsergebnissen zu den Fachgesprächen abgeglichen werden.
In seiner Explorationsstudie zur Lehrer-Schüler-Interaktion befragte TENBERG (2004) in einem leitfadengestützten Interview 13 Lehrerinnen und Lehrer zum Thema LehrerInnen-Gruppen-Gespräche im handlungsorientierten Unterricht. Die Interviews sollten Einblicke in die gegenwärtige Praxis von LehrerInnen-Gruppen-Gesprächen gewährleisten. Obwohl der Begriff des Fachgesprächs im Zusammenhang mit Lehrer-Schüler-Interaktion in einem schüleraktiven Unterricht durchaus passend wäre, benutzt Tenberg den Begriff des LehrerInnen-Gruppen-Gesprächs, da ihm vorheriger zu stark an die Leittextmethode gebunden sei und er insofern nur eine eingeschränkte Bedeutung hätte. Teilweise werden aber auch von ihm die Begriffe des LehrerInnen-Gruppen-Gesprächs und des Fachgesprächs synonym benutzt. Im Gegensatz zu den strukturell im Lernverlauf fest positionierten Fachgesprächen umfasst das LehrerInnen-Gruppen-Gespräch alle Gesprächsvarianten im aufgelösten Klassenverband. Beide Begrifflichkeiten beziehen sich auf die Aufgabe, den Lernenden, die in Lernumgebungen über weite Strecken die Rolle aktiv Handelnder übernehmen, kommunikative Hilfestellungen zu geben. Da diese Hilfestellung auch ausdrücklich in individualisierten Einzelgesprächen erfolgen kann und soll, greift hier allerdings der Begriff des LehrerInnen-Gruppen-Gesprächs zu kurz. Dennoch kann das LehrerInnen-Gruppen-Gespräch als Zwischenstufe zum erweiterten, weil von der Leittextmethode entkoppelten Fachgesprächsbegriff nach BUCHALIK und RIEDL angesehen werden. Die wesentlichen Ergebnisse der Explorationsstudie sollen zur besseren Übersicht den Dimensionen der obigen Tabelle zugeordnet werden.
Steuerungsfunktion im Unterricht:
Fachgespräche werden von den Lehrkräften als Steuerungselemente eingesetzt, mit deren Hilfe sie die eigentlichen Selbstlernprozesse gegenstandsbezogen einleiten, abschließen aber auch ergänzen oder erweitern. Zudem sichern Fachgespräche den Handlungsrahmen und führen wo nötig Schüler zum Lernprozess zurück.
Diagnostische Funktion:
Fachgespräche werden dazu genutzt die spezifischen Lernwege der Einzelnen bzw. die Lern- und Arbeitsprozesse der Gruppen permanent zu beurteilen. Dies geschieht zumeist offen strukturiert durch das Stellen von aufgabenbezogenen Fragen bzw. durch das Fordern von Aussagen zur jeweiligen Situation. Beabsichtigt ist dabei, dass die Schüler sich argumentativ mit den fachlichen Aspekten ihrer Aufgabenbearbeitung auseinandersetzen. Einzelne Lehrpersonen nutzten speziell für Feedbackgespräche ausgearbeitete Fragelisten. Auch wird von den Lehrenden konstatiert, ein detailliertes Bild über das eigene Unterrichtskonzept hinsichtlich der damit verbundenen Herausforderungen und Schwierigkeiten durch den Dialog mit den Schülern zu erhalten.
Sozialform:
Hier wird von den Lehrpersonen die Möglichkeit geschätzt in individualisierten Einzelgesprächen auch mit eher stillen Schülern fachlich inhaltlich zu kommunizieren.
Kommunikationsart und Kommunikationsrichtung:
Mit Blick auf das Schülerfeedback zum eigenen Unterricht stellen die Lehrenden fest, auch von den Schülern zu lernen. Schwierigkeiten werden jedoch darin gesehen die Gruppen gleichmäßig und symmetrisch kommunizieren zu lassen. Prinzipiell positiv wird angemerkt, dass sich durch die Gesprächsbetreuung der Lernenden der Lehrer-Schüler-Kontakt intensivieren würde.
Initiierung:
Generell unterscheiden die Fachlehrer situative (1) und planbare (2) Anlässe:
1a) wenn Unterrichtende feststellen, dass sich die Lernenden weit von der geplanten Lernhandlung entfernt haben oder unreflektiert gehandelt wird ?Lehrerinitiative , situativ .
1b) wenn die Schüler bei unüberwindbaren Problemlagen die Unterstützung der Lehrperson suchen. Dies kann der Fall sein, wenn der Lernfortschritt der Schüler bei der Bearbeitung der komplexen Aufgabe z. B. durch Probleme bei der Auftragserfassung, durch Informationsdefizite, unvollständige Medien und technische Probleme ins Stocken gerät oder wenn generelle Verständnisprobleme die Erschließung theoretischer Zusammenhänge ebenso verhindern wie deren Transfer auf berufliche Handlungen. ?Schülerinitiative, situativ.
2a) In Abgrenzung hierzu werden Fachgespräche von den Lehrenden initiiert, um die Lernenden zu instruieren. Gegenstand dieser Instruktionen können allgemeine Hinweise zu Arbeitsweisen und Verhaltensweisen innerhalb der Schülergruppen sowie zusammenfassende Wiederholungen vorausgegangener Lerneinheiten bzw. die Erinnerung an bestimmte Arbeitweisen und –techniken sein. ?Lehrerinitiative, planbar .
2b) Zum Zwecke der Reflexion des Erarbeiteten und der Lernerfolgskontrolle führen Unterrichtende ebenfalls Fachgespräche durch. ?Lehrerinitiative, planbar .
Position im Lernverlauf:
Für die planbaren Fachgespräche geben die Lehrpersonen Standardpositionen zu Beginn und während des Unterrichts an. Zum Auftakt des eigentlichen Unterrichts weisen die Fachgespräche in der Regel instruktiven Charakter auf, währenddessen innerhalb des Unterrichts Fachgespräche zur Lernerfolgskontrolle und zur Reflexion des Erarbeiteten eingesetzt werden. Innerhalb des Unterrichts sind solche Fachgespräche deshalb am Ende einer Lernsequenz bzw. eines Lernabschnitts positioniert.
Dem gegenüber stehen die von Spontaneität und situativem Kontext geprägten Fachgesprächsanlässe, die als Zäsuren innerhalb der Lernprozesse positioniert sind.
In ihrer Fallstudie untersucht SCHOLLWECK (2006) Lernprozesse in einem handlungsorientierten beruflichen Unterricht aus Sicht der Schüler. Der untersuchte Unterricht zielte darauf die angehenden Industriemechaniker zu befähigen steuerungstechnische Anlagen bedienen, warten und überwachen zu können. Zur Evaluation des Unterrichts wurden zum einen problemzentrierte Einzel- bzw. Gruppeninterviews mit den Schülerinnen und Schülern geführt und zum anderen das Erhebungsverfahren der teilnehmenden Beobachtung angewendet. Eine Untersuchungskomponente stellten dabei die Fachgespräche im handlungsorientierten, von der Leittextmethode gekennzeichneten Unterricht dar.
Die innerhalb dieser Fallstudie gewonnenen Erkenntnisse sollen ebenfalls so weit wie möglich den Dimensionen obiger Tabelle zugeordnet werden.
Steuerungsfunktion im Unterricht:
Auch in dem untersuchten Unterricht werden Fachgespräche von den Lehrkräften als Steuerungselemente eingesetzt. Im Rahmen einer beratenden Lehrerrolle ergänzen die Lehrpersonen die Selbstlernmaterialien der Schüler durch thematische Vertiefungen (Erklärungen, Beispiele, Ergänzungen, Grundlagenvermittlung). Bei abwegigen Lösungswegen der Schüler führen sie diese durch gezielte Eingriffe zum geeigneten Lösungsvorgehen zurück.
Diagnostische Funktion:
Die von BUCHALIK und RIEDL ausgemachte, primäre diagnostische Funktion von Fachgesprächen, also den Lernenden Rückmeldung über ihren erreichten Lernstand zu geben, ist in dem untersuchten Unterricht mit Problemen behaftet. So fühlen sich die Auszubildenden gelegentlich mit der besprochenen Thematik innerhalb des Fachgesprächs überfordert oder aber sie registrieren dieses gar nicht als solche, sondern nur als Wiederholung bereits erarbeiteter Inhalte. Die Chance zur Vertiefung des Wissens oder des Wissensaustauschs wird von ihnen somit nur beschränkt wahrgenommen.
Sozialform:
Als Alternative zu den Fachgesprächen zwischen Lehrkraft und Schülern im aufgelösten Klassenverband empfiehlt SCHOLLWECK Fachgespräche, die unter Schülern geführt werden. Innerhalb dieser Fachgespräche könnten leistungsstarke Schüler oder Gruppen als Tutoren für leistungsschwache Lernende eingesetzt werden. Aufgabe der Lehrkraft wäre die Auswahl geeigneter Schüler, die die Tutorenrolle übernehmen und die Vorgabe einer auf die Lerngruppe abgestimmten Thematik. Ob die Lehrperson an einem solchen Gespräch teilnimmt oder sich gar aktiv einbringt, könne situationsflexibel entschieden werden (vgl. SCHOLLWECK 2007, 278-279).
Kommunikationsart und Kommunikationsrichtung:
Zur Kommunikationsart und -richtung innerhalb der stattgefundenen Fachgespräche finden sich in der Untersuchung keine direkten Hinweise. Aus den Interviews kann jedoch geschlossen werden, dass der Fachlehrer in den Gesprächen eher eine Expertenrolle einnimmt, die einer symmetrischen Kommunikation diametral gegenübersteht.
Eine durchaus symmetrische Kommunikation könnte sich dagegen bei den von der Autorin vorgeschlagenen Fachgesprächen unter Schülern einstellen. Eine symmetrische Kommunikation könnte auch der Grund für die Beobachtung innerhalb der Fallstudie sein, dass viele Schüler die Unterweisung durch einen anderen Schüler eher annehmen, als durch die Lehrkraft (vgl. SCHOLLWECK 2007, 278).
Initiierung:
In dem untersuchten Unterricht wurden Fachgespräche zur Vertiefung bestimmter Themen und zur Überprüfung des Kenntnisstandes der Schüler durchgeführt. ?Lehrerinitiative, planbar. Die Lehrkraft griff dann in die Aufgabenbearbeitung ein, wenn aus ihrer Sicht gänzlich in die falsche Richtung führende Lösungswege von den Lernenden eingeschlagen wurden. ?Lehrerinitiative, situativ. Von Schülerseite wurde dann die Beratung durch die Lehrkraft eingefordert, wenn gravierende Probleme bei der Aufgabenbewältigung auftraten. ?Schülerinitiative, situativ .
Position im Lernverlauf:
Gerade bei den per Leittext obligatorisch eingeplanten Rücksprachen mit der Lehrkraft in der Entscheidungs- und Bewertungsphase traten die oben beschriebenen Problemlagen (Überforderung, Wiederholungseindruck) auf. SCHOLLWECK führt dies darauf zurück, dass die in diesem Rahmen stattfindenden, von den Lehrenden geplanten Fachgespräche nicht immer auf die aktuelle Situation der Lernenden abgestimmt sind. Damit auch aktuelle Geschehnisse in die Fachgespräche miteinbezogen werden können, plädiert SCHOLLWECK dafür, dass diese Gespräche auch dann stattfinden sollten, wenn diese nicht explizit vorgesehen sind. Insbesondere für die obligatorischen Fachgespräche böte sich eine schriftliche Vorbereitung an, in der die im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung gewählte Vorgehensweise, die gelösten und aktuellen Probleme durch die Lernenden festgehalten werden. Somit könne auf der einen Seite der Schülerüberforderung entgegnet werden und auf der anderen Seite könne die Lehrkraft anhand der Schüleraufzeichnungen den Beratungsbedarf erkennen und das Fachgespräch entsprechend lenken.
Erweiterte Funktionen:
SCHOLLWECK sieht neben der diagnostischen Funktion (Lernstand erheben und Maßnahmen für den individuellen Lernfortschritt einleiten) des Fachgesprächs noch andere Aufgaben die diese übernehmen können. Ihrer Ansicht nach bieten insbesondere die Fachgespräche unter den Schülern selber die Möglichkeit Leistungsschwächere zu unterstützen und gleichzeitig die leistungsstarken Schüler durch die Übernahme der Tutorenrolle zu fordern.
Grundsätzliche Empfehlungen:
In Abhängigkeit der im Unterricht gewonnenen Erfahrungen zu den Fachgesprächen sollten diese grundsätzlich immer erst die Probleme der Schüler aufgreifen. Hier wäre ebenfalls die geforderte schriftliche Vorbereitung der Fachgespräche durch die Lernenden hilfreich. Erst danach sollte die eigentliche Thematik des Gesprächs in Angriff genommen werden. Zudem sieht SCHOLLWECK die Option „…Fachgespräche auf die Besprechung von Fehlern in der Vorgehensweise der Schüler zu reduzieren, so dass diese das vermeintliche Problem unter Berücksichtigung der neuen Perspektive erneut angehen können“ (SCHOLLWECK 2007, 274).
Nachdem im vorangegangenen Kapitel das Fachgespräch an sich näher bestimmt wurde, soll in diesem Kapitel mit Blick auf vorhandene Evaluationen zu Lehrerhandlungstrainings angemessen begründet werden, warum diese zum Aufbau von Fachgesprächskompetenz überhaupt geeignet sind. Zudem werden Anforderungen an Lehrerhandlungstrainings formuliert, die zu erfüllen sind, wenn menschliches Handeln eine Veränderung erfahren soll. Nachfolgend wird die Microteaching-Methode näher beleuchtet, da diese in dem Pilotprojekt eines Handlungstrainings zu Interaktionsprozessen am Institut für Berufliche Bildung zum Einsatz gekommen ist.
Nach Ansicht des Autors spricht einiges dafür der Forderung nach dem Aufbau einer Fachgesprächskultur schon in der ersten Phase der Lehrerausbildung nachzukommen. So verfügen Lehramtsstudierende noch nicht über so weitreichend vernetzte subjektive Theorien in Bezug auf Unterrichten, wie etwa erfahrende Lehrerpersonen . Doch wie können Lehramtsstudierende im Aufbau von prozessorientierter Fachgesprächskompetenz nachhaltig gefördert werden? Ist doch in allen Ausbildungsbereichen bekannt, dass erworbenes Wissen nur unzureichend in professionelles Handeln umgesetzt wird (vgl. WAHL 2002, S. 227). Gerade in der Lehrerbildung wird das angesprochene Phänomen besonders häufig thematisiert und mündet in der Forderung nach einer besseren Theorie-Praxis-Verschränkung. Eine mögliche Antwort auf solche Forderungen können Lehrerhandlungstrainings geben. Praktische Übungen sollen bewirken, dass Handlungskompetenzen für didaktische wie für interaktionelle Handlungsfelder entstehen.
CRUICKSHANK/ METCALF führten 1990 empirische Untersuchungen durch, die belegten, dass Trainingsseminare in der Lehrerbildung positive Veränderungen im Verhalten von Lehrern und Lehramtsstudenten nach sich ziehen können.
Mit Hilfe des „Heidelberger Inventars zur Lehrveranstaltungs-Evaluation“ wurde die Effektivität des von HAVERS entwickelten Münchner Lehrertrainings aus Sicht der Teilnehmer gemessen. Die Auswertung der Fragebögen zeigte auf, dass die Teilnehmer ihren Lernerfolg und die Effektivität des Seminars als außerordentlich hoch einschätzten. Mit Blick auf die Langzeitwirkung waren die Ergebnisse bei einer Befragung ehemaliger Teilnehmer, die inzwischen praktizierende Lehrer geworden waren, ähnlich positiv (vgl. KRAPP 2001, 328).
KRAMIS untersuchte 1991 die Effektivität seines mit Schweizer Lehramtsstudierenden durchgeführten Handlungstrainings mit Hilfe einer untrainierten Vergleichsgruppe. Dabei erzielten die trainierten Studenten hoch signifikant bessere Abschlussnoten in ihrer unterrichtspraktischen Abschlussprüfung als die Vergleichsgruppe (vgl. KRAPP 2001, 328).
Eine wissenschaftliche Erklärung für den Erfolg der Lehrerhandlungstrainings bei der Übertragung pädagogischer Theorie auf die Praxis sehen HAVERS und TOEPELL (vgl. 2002, 189) in den Ergebnissen der Expertise- und Lehrerkognitionsforschung. Diese Ergebnisse zeigen auf, dass das Berufswissen von Lehrern nicht abstrakt und nicht aus Einzelaussagen besteht, sondern vielmehr „erfahrungsgebunden, handlungsorientiert und situationsspezifisch“ ist (CARTER 1990, 307 zit. n. HAVERS/ TOEPELL 2002, 189). Hieraus wird deutlich, dass zum Aufbau eines solchen Wissens handlungsorientierte Seminarformen bzw. Lehrertrainings eher geeignet sind als theoriegeleitete.
Damit Handlungstrainings wirklich zu einer Veränderung von menschlichem Handeln führen, formuliert WAHL vier Bedingungsfaktoren:
Trainingsverfahren müssen auf der Ebene des reflexiven Bewusstseins angesiedelt sein.
Trainings müssen in die Modifikation situationsübergreifender Ziele und Pläne eingebettet sein.
Trainings müssen neben kognitiven und aktionalen auch emotionale Veränderungen aktiv nachhaltig unterstützen.
Trainings müssen so angesetzt werden, dass sie das Bewusstmachen handlungsleitender Prototypenstrukturen, die Handlungsreflexion unter Einbeziehung von Expertenwissen und das erneute Ingang-Setzen handlungssteuernder Prototypenstrukturen wirksam unterstützen (vgl. WAHL 2002, 230).
Die von ACHESON und ALBERTINE zwischen 1961 und 1963 entwickelte Microteaching-Methode basiert auf der Grundannahme, dass sich einzelne Fähigkeiten vom komplexen Lehrerhandeln extrahieren lassen und somit gezielt durch Übungen gefördert werden können (vgl. HAVERS/ TOEPELL 2002, 178). Microteaching-Settings sind Unterrichtssequenzen von 5-10 Minuten Länge bei denen begrenzte Aufgabenstellungen (z.B. Einbezug aller Teilnehmer, Erklärung von Sachverhalten) in Kleingruppen videogestützt durchgespielt werden (vgl. HELMKE 2003, 233). Im Anschluss erfolgt eine Sichtung des Videomaterials, in der das Lehrervorgehen analysiert wird und mögliche Verbesserungsmaßnahmen in der Gruppe erarbeitet werden. In einem zweiten Durchlauf der Sequenz können diese dann zur Anwendung gebracht und in Bezug auf ihre Wirksamkeit reflektiert werden. „Microteaching kann somit die Fähigkeit zur Wahrnehmung und Beobachtungsgabe aller steigern; durch die Videoauswertung können neue pädagogische und fachliche Lösungsmöglichkeiten erlernt und ausprobiert werden“ (HELMKE 2003, 233). Laut HAVERS und TOEPELL eignet sich die Microteaching-Methode „…besonders gut zum Üben komplexer, aber relativ klar definierter didaktischer und kommunikativer Fähigkeiten“ (HAVERS/ TOEPELL 2002, 181).
Das Handlungstraining zu Interaktionsprozessen wurde als Pilotprojekt im Wintersemester 2007/2008 als Blockveranstaltung durchgeführt. Das Seminar bestand dabei aus 32 Lehramtsstudierenden verschiedener beruflicher Fachrichtungen, wie Bautechnik, Gestaltungstechnik, Versorgungstechnik, Chemietechnik, Ernährung und Hauswirtschaft sowie Gesundheit und Pflege. Das Pilotprojekt sollte dem Sammeln von ersten Erfahrungen auf dem Weg zur Entwicklung eines homogenen, d.h. nur mit Bautechnik-Studierenden besetzten Seminars zur Förderung von Fachgesprächskompetenz in bautechnischen Lernsituationen dienen.
Gegliedert war das Handlungstraining in eine Informations-, Vorbereitungs-, Planungs- und Durchführungs- sowie Bewertungsphase.
Nach einer gemeinsamen Vorstellungsrunde, waren die Teilnehmer aufgefordert, die auf einem Tisch ausgelegten Statements zur Lehrerrolle zu sichten, sich für eines davon zu entscheiden und in einer anschließenden Debatte zu verteidigen. Hierdurch wurden zum einen ein besseres Kennenlernen der Teilnehmer untereinander ermöglicht und zum anderen kleine Einblicke in die jeweiligen subjektiven Vorstellungen zur Lehrerrolle gewährt.
Ein kurzer Seminarvortrag zur zentralen Funktion von Interaktions- und Kommunikationsprozessen im Unterricht bildete die thematische Einführung. Der erste Veranstaltungstermin endete mit der Besprechung der relevanten Literatur mit Blick auf die bis zum ersten Blocktermin zu beantwortenden Leitfragen:
Wie hat sich die Lehrer-Schüler-Interaktion durch die Handlungsorientierung verändert?
Welche Bedingungen sollten für ein ideales, allgemeines Gespräch vorherrschen?
Was ist ein Fachgespräch (Kennzeichen, Funktion, Anlässe…)?
Welchen Stellenwert haben Fachgespräche in einem lernfeldorientierten Unterricht, der von hoher Schülerselbstständigkeit geprägt ist?
Wie könnten Gütekriterien für Fachgespräche unter Berücksichtigung ihrer verschiedenen Anlässe aussehen?
Wie könnte Fachgesprächskompetenz trainiert werden?
Die Bearbeitung der Leitfragen erfolgte in arbeitsteiliger Gruppenarbeit außerhalb des Seminars.
Der erste Teil der Vorbereitungsphase startete mit einer Kartenabfrage zu den Teilnehmererwartungen an das Handlungstraining. Die gegebenen Antworten reichten dabei vom „Training im Umgang mit Gruppen“ über „richtiges Fragen“ bis zu „Gesprächskompetenz“.
Im Anschluss erfolgte eine Diskussion zum „Feedbackgeben“ bei der grundlegende Feedbackregeln („sprich per ich“, „stelle nicht die ganze Person in Frage“, „spreche keine Beleidigungen aus“, „begründe deine kritischen Aussagen“, „Sandwich-Regel“) für die Veranstaltung festgelegt wurden. In Ergänzung zu diesen basalen Regeln wurden fein gegliederte Präsentationskriterien ausgegeben.
Zentraler Bestandteil der Vorbereitungsphase war die videogestützte Analyse des individuellen Vortragsverhaltens (Monolog) und kurzer Interaktionssequenzen (Dialog) durch gruppendynamisches Feedback. Dazu erhielten die Lehramtsstudierenden den Arbeitsauftrag innerhalb einer Viertelstunde einen Kurzvortrag von zwei bis drei Minuten Länge zu einem Thema ihrer Wahl zu konzipieren. Dabei sollte das Plenum durch geeignete Impulse mit einbezogen werden. Hintergrund dieser Vorgehensweise war einerseits der Abbau von vorhandenen Ängsten der Teilnehmer bezüglich der Videographie und andererseits die Förderung der Selbstwahrnehmung und der Vortragstechnik.
Der zweite Teil der Vorbereitungsphase stand im Zeichen der Präsentation der Gruppenarbeitsergebnisse, die von den Teilnehmern außerhalb des Seminars erarbeitet wurden. Die einzelnen Gruppen waren dazu angehalten ein übersichtliches Plakat anzufertigen, mit dessen Hilfe sie das übrige Plenum über ihre Arbeitsergebnisse informieren konnten.
Von besonderer Wichtigkeit war die grundsätzliche Klärung des Stellenwertes der Lehrer-Schüler-Interaktion im handlungsorientiertem Unterricht, die Definition von Fachgesprächen und die Ausarbeitung von seminarinternen Gütekriterien für Fachgespräche.
Das Handlungstrainingsseminar erreichte mit der Planungs- und Durchführungsphase seine eigentliche Schwerpunktsetzung. Kernpunkt der Planungsphase war eine arbeitsteilige Gruppenarbeit in der pro Gruppe drei Unterrichtssequenzen (8-10 min) zu entwickeln waren, in denen sich unterschiedliche Anlässe für das Führen eines Fachgesprächs ergeben. Da Fachgespräche auf inhaltlich-fachliche Thematiken ausgerichtet sind, bildeten sich die 6er-Gruppen nach dem Kriterium der beruflichen Fachrichtung oder des allgemein bildenden Unterrichtsfachs. Nachdem das Unterrichtsthema in der Stammgruppe festgelegt war, wurden innerhalb der Teams die Lehrer- und Schülerrollen vergeben, so dass sich jeweils zwei „LehrerInnen“ und vier „SchülerInnen“ unabhängig voneinander auf ihre Rollen vorbereiten konnten.
Die „LehrerInnen“ wurden also in der Durchführungsphase mit einer für sie unbekannten Unterrichtssituation konfrontiert. Dabei zeigte sich, dass vier von fünf Gruppen Unterrichtsausschnitte konzipiert hatten, in denen die „SchülerInnen“ bei der Aufgabenbearbeitung (z.B. Extremwertaufgabe, Ernährungsberatung) gänzlich in die falsche Richtung führende Lösungswege einschlugen oder der Lernprozess innerhalb der Gruppe durch abweichendes Sozialverhalten (z.B. Desinteresse, Dominanzverhalten, Störungen) ins Stocken geriet. In beiden Fällen war also ein Eingreifen der Lehrkraft notwendig um die „SchülerInnen“ zum Lernprozess zurückzuführen.
Nach der Durchführung des jeweiligen Rollenspiels und Sichtung des Videomaterials schloss sich eine gruppendynamische Feedbackrunde an. Strukturiert wurde diese durch die bereits erarbeiteten und im Seminarraum sichtbar gemachten Gütekriterien zur Beurteilung von Fachgesprächen. Die in diesem Zusammenhang erarbeiteten Verbesserungsvorschläge konnten dann in einem zweiten Durchlauf des Rollenspiels auf ihre Effektivität hin überprüft werden. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl hatten allerdings nicht alle „LehrerInnen“ die Möglichkeit eines zweiten Übungsversuchs.
Die Auswertungsphase bildete den Schlusspunkt des Handlungstrainings. Die Evaluation erfolgte in Form eines standardisierten Fragebogens und wurde durch eine dialogische Auswertung mit den Teilnehmern ergänzt. Die dialogische Auswertung ergab, dass die Studierenden:
mit großem Interesse ihr Vortragsverhalten aus der Zuschauerperspektive wahrgenommen haben und weiterentwickeln konnten,
die Möglichkeit theoretisch erarbeitete Inhalte praktisch erproben zu können, äußerst positiv bewerten,
Handlungstrainings als integrativen Bestandteil der ersten Phase der Lehrerausbildung fordern und
für zukünftige Trainingsseminare kleinere Teilnehmergruppen und die doppelte Semesterwochenstundenzahl vorschlagen.
Die Auswertung des Fragebogens ergab sehr gute Ergebnisse hinsichtlich der Items:
Praxisrelevanz,
Lernerfolg,
Aktualität des Themas und
Beteiligungsmöglichkeiten.
Das Handlungstrainingsseminar war gekennzeichnet durch eine kooperative, freundliche Atmosphäre und eine konzentrierte, hoch motivierte Lerngruppe. Selbst während der zeitaufwändigen, etwas langatmigen Analyse des individuellen Vortragsverhaltens, die pro Teilnehmer 15 Minuten in Anspruch nahm, wurden diszipliniert die im Seminar erarbeiteten Feedbackregeln eingehalten und auf hohem Niveau konstruktiv Kritik geübt. Laut der Studierenden war der Grund hierfür, dass bei jedem Analysefall etwas dazu gelernt werden konnte. Mit zunehmender Dauer der Vorbereitungsphase stellte sich auch so etwas wie ein gemeinschaftliches Vertrauensgefühl ein, was ebenfalls positiv zur Lernatmosphäre beitrug. Bei den durchgeführten Unterrichtssequenzen war erkennbar, dass sich alle Beteiligten mit ihrer Rolle identifizieren konnten und somit jeweils eine recht real anmutende Situation entstand, die besonders die „Lehrpersonen“ als Herausforderung wahrnahmen.
Mit Blick auf die Evaluationsergebnisse kann also von einem gelungenen Handlungstraining gesprochen werden, welches aber noch Verbesserungspotenzial aufweist. So bedarf es gerade für die Bestimmung belastbarer Beurteilungskriterien hinsichtlich der verschiedenen Fachgespräche noch einiges an Forschungsarbeit. Auch wird wohl für die Durchführung eines qualifizierten Trainings die Ausbildung des Autors zum Trainer notwendig sein. Zudem sind Pläne zu entwickeln, wie der Kompetenzzuwachs der Teilnehmer zuverlässig gemessen und auf Nachhaltigkeit überprüft werden kann. Hierfür könnte die Integration von „Microteaching in die Unterrichtspraktika“ (vgl. HAVERS/ TOEPELL 2002, 181) von Lehramtsstudierenden einen interessanten Ausgangspunkt darstellen.
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