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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 03 Elektrotechnik- Informatik, Metalltechnik

online seit: 19. November 2008

Prozessorientierte Curriculumentwicklung zur Qualitätssicherung eines arbeitsprozessorientierten Lernens am Beispiel des Projektes PRE in Khulna/Bangladesh

 

Abstract

Ausgehend von der Frage, welche Methodik und Didaktik notwendig sind, um die Informalisierung des formellen Lernens und die Formalisierung des informellen Lernens adressatengerecht zu verbinden, wurde die Umsetzung des Projekts „PRE – Promotion of Renewable Energy“ konzipiert. Ins Zentrum der Qualitätssicherung wurden hierbei zwei Qualitätskonzepte gestellt. Das erste beruhte auf einer Bedarfsanalyse, die so angelegt wurde, dass sowohl die Energiebedarfe (und damit die Anlagenausführungen) in Privathaushalten und KMU erfasst als auch die Vorqualifikation der Mitarbeiter in handwerklichen Metall- und Elektrobetrieben beschrieben werden konnten. Das zweite beruhte auf einer prozessevaluativen Curriculumentwicklung, die begleitend aus lokal bedarfsgerecht entwickelten technischen Lösungen und den zugrunde liegenden Handlungen gespeist wurde. Das Curriculum selbst besteht aus entwicklungslogisch angeordneten Modulen, die dem Lernfeldkonzept folgen. Parallel hierzu wurde dann ein Train-the-Trainer-Konzept erarbeitet, welches ebenfalls entwicklungslogisch strukturiert ist und darauf abzielt, diese neue Lernkultur vor Ort durch eigenes Erleben zu implementieren.

1.  Vorstellung des Projekts

Wesentlichstes Projektziel des Vorhabens „PRE – Promotion of Renewable Energy“ ist das Nutzbarmachen der Solartechnologie, speziell der Photovoltaik, in und für Bangladesh.

Geschehen soll dieses, indem in einem dafür zu konzipierenden Training-Center gelernt werden soll,

•  dass und wie der Aufbau und die Instandhaltung photovoltaischer Anlagen mit ortsüblichen Mitteln leistbar ist,

•  dass dadurch eine gebrauchsfähige und universell einsetzbare Lösung für das latente Problem einer unzureichenden Energieversorgung entsteht und

•  dass somit die hohe volkswirtschaftliche Belastung des Landes durch den notwendigen Ankauf von Brennstoffen nachhaltig sinken kann.

Ein Kerncurriculum für ein Training-Center hat damit eine wesentlich enger definierte Funktion als ein solches für einen Berufsbildungsgang. Denn im Mittelpunkt soll bei dieser Maßnahme vor allem der Transfer konkreter Verfahrens- und Handlungsmuster stehen. Das Etablieren einer Maßnahme mit beruflichem Bildungsanspruch steht hingegen nicht im Fokus des Projektes – kann aber, wie dieser Beitrag skizzieren soll, zumindest konzeptionell durch eine bestimmte Art der Curriculumformulierung angelegt werden.

2.  Funktion des Kerncurriculums

2.1  Funktionsbereiche

Das Kerncurriculum soll gemäß der projektimmanenten Aufgabe (und dem allgemeinen Verständnis hinsichtlich des Sinns eines solchen Curriculums entsprechend) folgende Basisfunktionen erfüllen:

Organisationsmittel:

Das Kerncurriculum soll die wesentlichsten Fragen nach dem

•  was (Inhalte der einzelnen Trainingsmaßnahmen),

•  wie (Methodik der Trainingsmaßnahmen) und

•  wann (Modulreihung, Einstieg in die Modulreihen bei Vorwissen, Kriterien für einen erfolgreichen Modulabschluss)

begründet beantworten.

Es soll dabei zur Steigerung der Akzeptanz bei den Anwendern (Trainer wie Teilnehmer) nicht ausschließlich direktiv wirken, sondern die Entwicklung konstruktiver Vorschläge unterstützen. Hohe Akzeptanz vor Ort wird als wesentlich angesehen, um die Nachhaltigkeit dieser Curriculumentwicklung sicherzustellen

Diese Vorschläge sollen deshalb nur bis zu dem Zeitpunkt Bestand haben, in welchem deutlich wird, dass sie suboptimal sind. „Suboptimal“ bedeutet dabei, dass bestimmte inhaltliche und methodische Festlegungen nicht erfüllbar oder nicht umsetzbar sind.

Qualitätsmanagment-Instrument (QM):

Die Vorgaben des Kerncurriculums,

•  was wann wie Lerngegenstand ist und

•  wann ein Lernprozess als erfolgreich abgeschlossen gilt (Zielvorgaben),

können zugleich genutzt werden, um die Unterrichtsarbeit des Training-Centers evaluativ zu bewerten. Das Kerncurriculum bietet damit zum einen die Möglichkeit, selbstevaluativ die eigene Unterrichtsarbeit zu reflektieren. Ebenso kann es als Grundlage dienen, um fremdevaluativ die Modulangebote und Unterrichtserfolge des Training-Centers als Dienstleistungen zu bewerten. Voraussetzung in beiden Fällen ist, dass das Curriculum von den Betreibern und Trainern des Training-Centrums als verbindliche Grundlage der Konzept- und Unterrichtsarbeit anerkannt wurde.

Integrierte Umsetzungshilfen:

Anders als bei üblichen Lehrplänen soll das Kerncurriculum zusätzlich konkrete Umsetzungshilfen anbieten. Dieses geschieht wiederum mit der Absicht, die Akzeptanz des Vorschlags durch Konkretisierung und dem damit verbundenen Aufzeigen der Umsetzbarkeit zu steigern.

Diese Hilfen sind als Unterstützungen und Verdeutlichungen zu sehen und nicht als verbindliche Vorgaben. Das bedeutet, sie können genutzt werden, müssen es aber nicht. Die Entscheidung, derartige Umsetzungshilfen als konzeptimmanent bei der Entwicklung des Kerncurriculums zu betrachten, geschah dabei zudem unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass

•  es bislang kaum allgemeingültige Arbeitspläne (Ausnahmen sind hier die Ergebnisse des Modellversuchs LENE (vgl. http://www.modellversuch-lene.de/doc/0303_einheit_fotovoltaik.html , Aufruf 2.9.2008 )) zur Dimensionierung von PV-Anlagen und der Fehlersuche an PV-Anlagen als „Paper-Pencil“-Lösungen (Gemeint sind hier leittextartige Arbeitsschrittvorgaben oder Kalkulationsblätter; die aktuellen Lösungen seitens der Hersteller oder Interessenvertreter sind webbasierte Tools (z.B. www.solarserver.de , ein Angebot der Deutschen gesellschaft für Sonnenernergie). Diese sind mangels flächendeckendem Internet-Zugang am realen Arbeitsplatz in Bangladesh nicht von Nutzen. Da ebenso die Ausstattung mit Computern als unzureichend angesehen werden, muss auch von der Bereitstellung von Offline-Lösungen (z.B. Excel-Tabellen) abgesehen werden. ) gibt;

•  der das Curriculum prägende Ansatz eines arbeitsprozessorientierten Lernens methodisch stark gegensätzlich zum Konzept der polytechnischen Bildung steht, wie er bislang in Bangladesh üblich ist. Dieser Ansatz ist daher umso erklärungsbedürftiger bzw. bedarf der Veranschaulichung.

Gerade um letzteres zu leisten, soll eine Dokumentation konkreter Arbeits- und Lernaufgaben (als didaktische Kernkategorie, vgl. Abb.1) ein wesentlicher Bestandteil der Umsetzungshilfen sein. Flankiert wird dieses von einem „Medienpool“ (Form- und Kalkulationsblätter, die einen „Paper-Pencil-“Unterricht zulassen, also den Einsatz von EDV-gestützten Tools erübrigen sowie konkrete Arbeitsanweisungen in Form von Flussdiagrammen).

2.2  Paradigmenwechsel in der Lernkultur

Trotz der Begrenztheit des eigentlichen Projektauftrags wurde gleich zu Beginn der Curriculumentwicklung festgelegt, dass das Prinzip der Arbeitsprozessorientierung als lernkulturelles Paradigma einer modernen beruflichen Bildung den curricularen Konzeptvorschlag kennzeichnen soll. Das Curriculum soll also

•  ein ganzheitliches Lernen im und am Arbeitsprozess

•  mittels umfassender Arbeits- und Lernaufgabenaufgaben und

•  zur Förderung eines selbstbestimmten und stärker informellen Lernens

so vorgeben, dass die Lehrkräfte vor Ort einen solchen Wandel weg vom bislang in Bangladesh stark formalisierten Lernen vollziehen können.

Ausgangspunkte dieser Festlegung, die zunächst als konträr zum eigentlichen Arbeitsauftrag aus dem Projekt heraus verstanden werden muss, sind dabei folgende Überlegungen:

•  Das Bildungssystem von Bangladesh basiert auf der tradierten Vorstellung eines formalen Lernens, welches vor Ort als hierarchieförderlich (und damit letztlich als ein Faktor für gesellschaftliche Stabilität) verstanden wird. Allerdings kommt diese Bildung längst nicht allen zugute. Andererseits findet vor Ort beobachtbar ein zur Existenzwahrung notwendiges Handlungslernen entweder innerhalb der familiären Struktur nach dem Imitatio-Prinzip statt oder aber durch training-on-the-job. Gerade bei letzterem ist davon auszugehen, dass in hohem Maße ein Lernen im Arbeitsprozess stattfindet – allerdings eher zufällig und unstrukturiert. Es ist jedoch eine Form von selbstgesteuertem und informellem Lernen, welches trotz des anders fokussierten nationalen Bildungssystems offenbar eine große (aber unbewusste) Tradition im Lande hat (vgl. GÖTZ 1989). Es handelt sich hierbei also um einen impliziten Lernmodus, dem bislang keine Bedeutung beigemessen wird, der aber lernerseitig im erheblichen Maße erfolgreich (weil existenzsichernd) durchlaufen wird. Woran es demnach tatsächlich fehlt, ist die Fähigkeit bzw. Möglichkeit der Lehrkräfte, diese Form des Lernens explizit so zu nutzen und zu kultivieren, dass auch Lernende, denen es an den Kulturtechniken des Lesens und Schreibens mangelt, durch die Kompetenzentwicklung aus dem Arbeitsprozess heraus Bildungsprozesse erfahren können.

•  Gerade Lehr-Lern-Konzepte, die ein Lernen am und aus dem Arbeitsprozess heraus zum Kernelement haben, erscheinen in hohem Maße geeignet, die Gestaltungsfähigkeit des Einzelnen zu fördern. Dieses gilt umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass es für den Anwendungsfall „PV-Anlagen“ keine tradierten Lösungen gibt, welche auf die Lösung der lokalen Probleme (z.B. das Fehlen von Internetzugängen, um webbasierte Kalkulationsprogarmme zu nutzen oder aber die lokal üblichen Dachkonstruktionen mit den örtlichen Witterungsbedingungen) zielen. Das bei ganzheitlichen Lernprozessen gewollte Entwickeln und Vertreten eigenständiger Lösungen wird für die Curriculumgestaltung faktisch benötigt, um über arbeitsprozessorientierte Lernprozesse zu lokal gültigen und damit transferierbaren technischen Lösungen zu kommen. Denn diese können als Inhalte eben nicht im Zuge der Formulierung des Kerncurriculums vorausgeplant werden. Berufsschulische Curricula brauchen grundsätzlich den Arbeitsprozess – unabhängig, ob sie nun arbeitsprozessorientiert formuliert sind oder fachsystematisch, weil beiden Fällen der Arbeitsprozess die Inhalte legitimiert.

•  Die vorab als wünschenswert erkannte Fokussierung auf ein arbeitsintegratives Lernen kombiniert mit der erkannten Notwendigkeit, dass die Curriculumentwicklung als ein Wechselspiel von Aufgabe als curriculare Vorgabe und Ergebnis als curricularer Inhalt verstanden werden muss, legt eine Strukturierung des Kerncurriculums in Form von Lern- und Arbeitsaufgaben nahe, die über Anforderungskataloge beschrieben werden, die die im Zuge des Lernprozesses entwickelten Lösungen erfüllen müssen.

•  Eine solche curriculare Festlegung auf „gültige“ und „dauerhafte“ Lösung eröffnet zudem die Möglichkeit, ein universelles Bewusstsein hinsichtlich Machbarkeit und Verantwortbarkeit zu fördern, was einem Implementieren einer Keimzelle von technischer Bildung entspricht.

•  Durch die vorab skizzierte wechselseitige Förderung von konkretem Arbeitsprozesswissen und von technischer Bildung über die Fähigkeit zur Technikgestaltung entsteht ein für die Verhältnisse in Bangladesh neues lernkulturelles Merkmal. Ein lokales Projekt wie PRE kann so genutzt werden, um exemplarisch aufzuzeigen, wie durch den Ansatz des arbeitsprozessorientierten Lernens an Gestaltungsaufgaben mit seinem großen Verwertungspotenzial bislang bildungsfernen Bevölkerungsschichten ein Bildungszugang über die berufliche Anforderung eröffnet werden kann. Denn das polytechnische Schulmodell von Bangladesh muss als Folge der britischen Kolonialisierung prinzipiell als Elitesystem verstanden werden. Es ist vor allem durch seine enge Verknüpfung zum allgemeinbildenden Schulwesen wenig auf Durchlässigkeit (i. S. von Quer- und Durchstiegsmöglichkeiten) angelegt (INWENT, o.J.). Systembedingt fehlt es dem Land daher an einem volkswirtschaftlich notwendigen Potenzial von Fachkräften. (Das Bemühen nach Reintegration ehemaliger Migranten erscheint dabei war prinzipiell richtig und wünschenswert zur Fortentwicklung der Ursprungsländer (vgl. BMZ 2005), kann jedoch nicht den tatsächlichen Fachkräftebedarf vor Ort decken. ) Statt dessen dominiert das System des „informellen“ Sektors ( ADAM 1996, 65) mit einem unreguliertem und kurzfristigen (da dem momentanen Markt angepassten) Dienstleitungsangebot, mit dem jedoch keine soziale Sicherheit erlangt werden kann. PRE ermöglicht es aufgrund seines exemplarischen Charakters, zu erproben, wie aus Betrieben im informellen Sektor solide Dienstleister werden können, indem den Betreibern dieser Unternehmen die Chance auf eine

•  langfristig bedarfsorientierte (da das Verfügbarmachen von elektrischer Energie, die bezahlbar und versorgungssicher ist, eben ein erheblicher Produktionsfaktor ist) und zugleich

•  grundständigere Qualifizierung mit einem größerem Maß an Nachhaltigkeit gegeben wird.

 

3.  Vorgehen bei der prozessorientierten Curriculumentwicklung

3.1  Idee und Notwendigkeit einer Prozessorientierung

Das reizvolle und zugleich auch Risiko dieser Aufgabe ist, dass zunächst ein Kerncurriculum und später ein Center-Curriculum

•  für einen bislang nicht grundständig existenten Beruf (den „PV-Anlagenbauer“ o. ä. gibt es nicht; stattdessen haben sich in Europa Betriebe spezialisiert),

•  mit einem für Bangladesh unbekannten Ansatz der Arbeitsprozessorientierung und

•  ohne Rückgriff auf etablierte curriculare Strukturen (der Ansatz der lernfeldorientierten Lehrpläne erscheint hier zu umfassend, zumal dessen Umsetzung ja trotz des nun bereits langjährig vorhandenen Konzeptes auch in Deutschland erst allmählich einsetzt)

formuliert werden soll.

Positiv gesehen ergibt sich dadurch ein Höchstmaß an Gestaltungsraum. Diesen zu nutzen, bedeutet jedoch zugleich, sich der Verantwortung für Grundsatzentscheidungen und ihrer Schlüssigkeit bewusst zu sein.

Es wurde daher zu Beginn dieser Curriculumarbeit festgelegt, dass es zunächst eine hinreichend genaue Vorstellung über den Entwicklungsprozess geben muss – sowohl, um über eine zunächst aufzubauende Projektsteuerung ein qualitativ hochwertiges Produkt „Curriculum“ als solches zu erhalten, als auch durch den Umfang der Inhalte und deren Legitimierung die Grundlage für ein qualitativ hochwertiges arbeitsprozessorientiertes Lernen zu schaffen.

Die Findung eines praktikablen Entwicklungsprozesses, wie er im nachfolgenden Kapitel beschrieben ist, stand daher am Anfang der Curriculumentwicklung mit Blick auf eine als notwendig empfundene Qualitätssicherung, die wiederum als Grundvoraussetzung für die Nachhaltigkeit des gesamten Projektes angesehen wird.

3.2 Darstellung des Entwicklungsprozesses

Die vorab als wünschenswert erachtete Veränderung der lokalen Lernkultur hin zum gestaltungsorientierten Lernen im Arbeitsprozess mittels Lern- und Arbeitsaufgaben erfordert, dass die Lernenden in den Trainingscentern mit einer möglichst realen Arbeitsaufgabe („Kundenauftrag“) konfrontiert werden, die sich

•  zum einen am Vorwissen der Teilnehmer orientiert; was insb. bedeutet: Für die Teilnehmer ist sowohl die Aufgabenstellung (Problemstellung, erwartetes Ergebnis) erfassbar als auch ein erster grober Lösungsweg erkennbar;

•  zum anderen aber bei näherer Betrachtung als so komplex erweist, dass zur endgültigen Lösung im Rahmen der Aufgabenbearbeitung neues Wissen erworben und neue bzw. gegenüber dem Bekannten ausdifferenzierte Verfahrensweisen entwickelt werden müssen. In dieser Phase sollen aus den Teilnehmern aktiv agierende Lerner werden.

Aus diesem Ansatz ergibt sich die für die Formulierung des Kerncurriculums zunächst wesentlichste Frage, wie sich entsprechende Aufgaben finden und beschreiben lassen. Um diese Frage nach der Legitimierbarkeit von Lern- und Arbeitsaufgaben zu beantworten, wurde für den Formulierungsprozess des Kerncurriculums ein dreistufiges Verfahren entwickelt (Abb. 1):

In der ersten Phase (Abb. 1, Step 1) stand das Informieren über die möglichen Inhalte und deren Bedeutung im Vordergrund. Hierzu wurden drei Verfahren parallel angewandt:

Empirische Untersuchung:

Durch eine umfangreiche Befragung vor Ort wurde ermittelt, welche Arten von PV-Anlagen benötigt werden, wie diese finanziert werden können und welches Vorwissen die potenziellen Teilnehmer der Schulungsmaßnahmen im Training-Center haben.

F-E-Workshops:

In zwei speziellen Fachmann-Experten-Workshops wurden zum einem Finanzierungsmodelle vor Ort diskutiert, zum anderen Methoden zur Dimensionierung von PV-Anlagen. Bei letzterem fand eine zusätzliche Unterstützung durch den italienischen Projektpartner „ European Academy Bozen/Bolzano (EURAC)“ statt.

Listen von Arbeitsschritten:

Ausgehend von der Analyse von Fachliteratur und der zwischenzeitlich mehrfach verfügbaren webbasierten Tools zur Planung von PV-Anlagen wurden universell gültige Arbeitsschrittreihenfolgen ermittelt, die es ermöglichen, den genannten fünf Phasen im Arbeitsprozess (Informieren, Planen, Durchführen, Kontrollieren, Reflektieren) konkrete Arbeitsinhalte zuzuordnen (vgl. hierzu auch die „Arbeitsprozessmatrizen“ in Kap. 4.2 und die Modulbeschreibung in Kap.4.3).

3.2.1  Zweite Phase: Modulfindung

In der zweiten Phase (Abb. 1, Step 2) wurde auf Basis der in der ersten Phase ermittelten Informationen die Curriculumstruktur festgelegt. Hier wurden folgende Entscheidungen getroffen:

•  Es soll zwei Lernbereiche („Training-Parts“) geben: „PV-Installation“ und „PV-Service“.
Die für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage wesentliche Aufgabe der Anlagendimensionierung ist bei genauer Betrachtung der Arbeitsprozesse jeweils eine Teilaufgabe dieser beiden Hauptaufgaben, wenn berücksichtigt wird, das im Zuge des Service oftmals überprüft werden muss, ob die Anlage überhaupt (noch) den Kundenanforderungen entspricht. Zudem soll (der Projektidee folgend) sowohl eine Anlagenerweiterung bzw. ein Anlagenumbau Bestandteil der Serviceleistung sein, welche die Kleinunternehmen künftig anbieten.

Für den Training-Part „Anlageinstallation“ konnten folgende Anlagentypen als typisch bedarfsgerecht für Bangladesh identifiziert werden (Tab. 1) .

Dabei handelt es sich bei der Anlage für den Privathaushalt um eine Ein-String-Anlage, wobei noch unklar ist, ob und in welchem Umfang eine Speicherung Teil der Anlage werden soll (oder aber die Anlage primär zur Versorgung der Klimageräte genutzt werden soll). Die Anlage für KMU soll in jedem Fall die Produktion im Falle einer Stromsperre aufrechterhalten; es ist demnach immer eine Mehr-String-Anlage mit Pufferung. Beide Anlagentypen sollen dabei ortsüblichen Wechselstrom in die Hausinstallation einspeisen. Der Aufbau und die Inbetriebnahme beider Anlagentypen soll jeweils Inhalt eines Moduls werden.

•  Unklar ist dabei bislang, ob ein Netzanschluss der Anlage notwendig und realisierbar ist (Einspeisen des privaten Stromerzeugers in das öffentliche Netz). Diese Möglichkeit wurde vorerst für keinen Anlagentyp vorgesehen.

•  Aufgrund des ermittelten Vorwissens der Teilnehmer bzw. dessen unterschiedlichem Niveau wurde zudem deutlich, dass eine Eingangsphase zur Angleichung der Wissensstände zwischen den metalltechnisch und elektrotechnisch vorgebildeten Arbeitskräften sinnvoll erscheint. Es wurde daher zusätzlich eine Aufgabe zur Dimensionierung und Erstellung einer Gleichstromanlage aufgenommen, mittels derer metalltechnisch vorgebildete Teilnehmer sich Basiskenntnisse zur Elektrotechnik (insb. Umgang mit dem Multimeter, Lesen von Schaltplänen) aneignen können und elektrotechnisch vorgebildete Teilnehmer einige Grundlagen der Metalltechnik (insb. Erstellung und Fixierung einer Rahmenkonstruktion zur Aufnahme eines PV-Moduls).

•  Für den Training-Part „PV-Service“ wurde ausgehend von den Erfahrungen hinsichtlich typischer Fehler folgende Aufgabenkategorien festgelegt: Installationsfehler (insb. Leitungsbruch, Kontaktprobleme, Befestigungsprobleme), Gerätefehler (insb. am PV-Modul, am Konverter, an der Verteilereinheit oder am Pufferspeicher) und die Notwendigkeit der Anlagenerweiterung/ Redimensionierung (aufgrund eines geänderten Einsatzbedarfs).

3.2.2  Dritte Phase: Beschreibung von Lern- und Arbeitsaufgaben

Prinzipiell soll die Dokumentation des Kerncurriculums an dem Punkt enden, wo die Lernbereiche („Training-parts“) als auch die dazugehörenden Strukturelemente („Module“) beschrieben und damit verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Trainingsstrukturen und -inhalte vorhanden sind.

Der dritte Schritt zum eigentlichen Training (Abb. 4, Step 3), also der Formulierung eines fiktiven Kundenauftrags als Problemstellung (letztlich die „Lern- und Arbeitsaufgabe“), der Bereitstellung von Lernmaterial und der Begleitung des Lernprozesses müssen zusammenfassend als die Umsetzungsaufgabe der Trainer verstanden werden.

Um zu verdeutlichen, wie so etwas geleistet werden kann, soll der Schritt von der Modulbeschreibung hin zur Lern- und Arbeitsaufgabe im Appendix dieses Curriculums ausführlich beschrieben werden (vgl. hierzu die Aussagen zur Zusatzfunktion des Kerncurriculums als Umsetzungshilfe in Kap. 2.1 ).

4.  Erzielte Ergebnisse

4.1 Curriculumstruktur

Ausgehend von den vorab skizzierten Ergebnissen der Konzeptarbeit wurde für das Curriculum folgende Grundstruktur als Gliederungsmuster festgelegt (Abb.2):

 

Abb.2 zeigt, dass eine Präzisierung der Curriculuminhalte in drei Stufen stattfindet: Zunächst werden „Trainings-Phasen“ definiert, die gleichbedeutend sind mit einer Kategorie, in welcher Arbeitsprozesse mit gleichem Ziel (z. B. Aufbau und Inbetriebnahme einer PV-Anlage) zusammengefasst werden.

Unterhalb dieser Ebene findet innerhalb der Modulbeschreibung die eigentliche Schilderung von Arbeitsprozessen statt – vor allem, was das Ziel sein soll, wann dieses erreicht ist und welche Materialien und Hilfsmittel dafür zur Verfügung stehen sollen. Die Ebene „Modul“ ist dabei für das Curriculum entscheidend, denn hier werden die Kernaufgaben und -inhalte vorgegeben.

Die dritte Ebene der „Lern- und Arbeitsaufgabe“ ist dagegen kein originärer curricularer Bestandteil mehr; hier liegt es vielmehr an den Lehrkräften, aus den Modulbeschreibungen heraus eine speziell adressatengerechte, lokal umsetzbare und örtlich relevante Lern- und Arbeitsaufgabe zu formulieren und die zu deren Bewältigung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen (Material, Fehleraufschaltungen, Lernunterlagen etc.). Für das im Rahmen des Projekts zu erstellende Kerncurriculum ist – wie dargestellt – vorgesehen, für einige Module Lern-und Arbeitsaufgaben im Rahmen der Train-the-Trainer -Phase auszuarbeiten, um so die nachhaltige Implementierung des Curriculums zu unterstützen.

4.2  Arbeitsprozessmatrizen

Zur Beschreibung der Inhalte der Lernbereiche („Training-Parts“) wurde die Arbeitsprozessmatrix (HÄGELE/ KNUTZEN 2002) genutzt. Dadurch können auf der Kategorienebene gleichartiger Arbeitsaufgaben (also z.B. Installations- oder Serviceaufgaben) die Abfolge der Arbeitsschritte und deren Inhalt visualisiert werden (vgl. Prinzipdarstellung in Tab. 2 ).

Das Nutzen einer Arbeitsprozessmatrix bietet zudem den Vorteil, dass nicht nur der Kern wesentlicher Arbeitsprozesse übersichtlich dargestellt wird, sondern sich zugleich die Notwendigkeit bestimmter Inhalte begründet. Es entsteht damit nicht nur eine Übersichtsdarstellung dessen, was innerhalb eines Lernbereichs geleistet werden soll, sondern zugleich auch eine Legitimation, welche Inhalte dem zugrunde liegen müssen. Die Arbeitsprozessmatrix ist damit aufgrund ihrer Beschränkung auf objektiv notwendige Prozesse eine wesentliche Grundlage, um das Curriculum auch als Element der Qualitätssicherung zu verwenden (vgl. Kap. 2.1).

Ausgehend von diesen Vorüberlegungen wurde für die Lernbereiche „ PV-Installation“ und „PV-Service“ jeweils eine Arbeitsprozessmatrix definiert (Abb.3 und Abb.4).

Tab.3: Arbeitsprozessmatrix „Installation“

 

4.3  Modulbeschreibung

Ausgehend von der vorab getroffenen Festlegung, mit nur zwei Lernbereiche („Trainings-Parts“) das Curriculum zu strukturieren, entstand unter Hinzunahme der in Kapitel 3.2 dargelegten Ergebnisse die Abb. 3 dargestellten in Modulstrukturen.

Die Module sind dabei so angeordnet, dass sie zunehmend komplexere Lern- und Arbeitsaufgaben in Form von Kundenaufträgen zum Inhalt haben. Es entsteht so ein Lernen vom immer wieder gleichen Ausgangspunkt, nämlich dass Vorerfahrungen seitens der Lerner eingebracht, dann aber erweitert und ausdifferenziert werden müssen, um die Aufgabe zu lösen. Prinzipiell folgt das Curriculum damit dem Konzept einer Kompetenzförderung durch die Bearbeitung von an das jeweiliger Lernerniveau angepassten Entwicklungsaufgaben (vgl. HAVIGHURST 1972, GRUSCHKA 1985).

Der für den wirtschaftlichen Betrieb von PV-Anlagen wesentliche Bereich der Dimensionierung wurde dabei gem. der vorab begründeten Teilung der Lernbereiche („Trainings-Parts“) in die Module integriert. So ist die Anlagendimensionierung

•  Bestandteil eines jeden Moduls im Trainings-Part „PV-Installation“ und

•  Bestandteil der Module „S2: Reparatur“ und „S3: Anlagenerweiterung“, da zum einen zur Analyse komplexer Fehler eine überschlägige Dimensionierungsabschätzung gehört (kann die Anlage überhaupt das leisten, was sie leisten soll?) und zum anderen eine Rekonfiguration („Modul S3: „Anlagenerweiterung“) eine vollständige und sorgfältige Neudimensionierung erfordert.

Das Modul S1 „Schnellservice“ verzichtet hingegen ausdrücklich auf eine Dimensionierungsaufgabe. Hintergrund hierfür ist, dass einfache Installationsfehler (Kabelbruch oder hoher Übergangswiderstand) eine Hauptausfallursache darstellen und für diese Wartungsarbeiten zügig eine hohe Zahl von Mitarbeitern qualifiziert werden soll. Gelingt dies nicht und installierte PV-Anlagen können trotz einfacher Fehler nicht zügig instand gesetzt werden, entsteht keine lokale Akzeptanz für diese Technologie; benötigt wird also schnell eine Vielzahl von qualifizierten Arbeitskräften, um die Marktakzeptanz von PV-Anlagen sicher zu stellen.

Für die Modulbeschreibung erschien es zunächst naheliegend, diese in Anlehnung an die Arbeitsprozessmatrizen zu beschreiben. Auf diese Darstellungsform wurde letztlich verzichtet, statt dessen werden die Module als curriculare Kernelemente entlang der Phasen des Arbeitsprozesses (Informieren, Planen, Durchführen, Kontrollieren, Reflektieren) beschrieben. Dabei gilt, dass

•  Informieren als Vorstufe des Planes angesehen wird (Was will der Kunde? Was kann ich leisten, was habe ich zur Verfügung?) und

•  Reflektieren über die (Funktions-)kontrolle des eigentlichen Arbeitsergebnisses hinausgehen soll, indem selbst- und fremdevaluativ hinterfragt wird, wie optimal hinsichtlich übergeordneter Kriterien wie Effizienz, Arbeitssicherheit, Nachhaltigkeit der Lösung die Planung und Durchführung zu bewerten ist.

Grund, diese von den Arbeitsprozessmatrizen abweichende Darstellung zu wählen, war, dass sich bereits bei ersten Präsentationen der geplanten Curriculumdokumentation mit den Trainern in Bangladesh zeigte, dass die Arbeitsprozessmatrizen als ein zu komplexes curriculares Beschreibungssystem empfunden wurden. Festzustellen bleibt, dass die Matrizen in sehr gute Weise geeignet erscheinen, die Gesamtheit eines Arbeitsprozesses und dessen Abhängigkeiten auf der Mikro- wie Makroebene (Verfügbarkeit von Werkzeugen -> Forderungen der Gesellschaft) zu visualisieren, um so zu verdeutlichen, an welcher Vielschichtigkeit von Forderungen ein Arbeitsprozess in seiner Planung, seiner Durchführung und seinem Ergebnis gemessen werden muss. Für den Transfer des Analyseergebnisses, wie es sich aus der Arbeitsprozessmatrix ergibt, ist es jedoch ein höherer Konkretisierungsgrad erforderlich, der den Trainern fassbarere Vorgaben macht, was in welcher Phase des Moduls erreicht werden soll. Um dieses zu bewerkstelligen, wurde für die Modulbeschreibung eine Gliederung gewählt, die den Arbeitsprozessschritten folgt und dabei die Ergebnisse, wie sie sich aus der zum Modul gehörenden Arbeitsprozessmatrix ergeben, berücksichtigt. Verwendet wir dabei eine tabellarische Modulbeschreibung, wie sie nachfolgend in Tab. 5 für das Modul „I1: DC-Unit“ wiedergegeben ist:

Tab.5: Modul I1 „Gleichstromversorgung“

Eingangsvoraussetzung

Keine

Kundenauftrag

Aufbau und Inbetriebnahme einer DC-PV-Anlage als Ersatz für die bisherige Feldwasserpumpe; ein ganztägiger Betrieb der Pumpe soll möglich sein.

Technische Mindestanforderungen

Abgegebene W/h 1,2 KW, W peak /h = 1,36 KW, Pumpenfördermenge 40l/h

Notwendige Hilfsmittel

Kalkulationsblätter “PV-Dimensionierung”, Prospekte der eingesetzten Pumpe, Taschenrechner

Material

Entsprechende Anzahl von Solarmodulen, Installationsmaterial, Pumpe als funktionsfähiges Original, Rechteck- und L-Profile zur Erstellung einer verankerbaren Rahmenkonstruktion

Phase Informieren

Wie viel Wasser wird benötigt?

Welche Fördermenge muss aus welcher Förderhöhe erbracht werden, wenn von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gefördert wird?

Wie hoch sind die jetzigen Treibstoffkosten der Dieselpumpe?

Phase Planen

Kann die Anlage frei ausgerichtet werden?

Wie viele Solarzellen sind erforderlich?

Wie müssen diese ausgerichtet werden?

Wie können die Solarzellen dauerhaft auf dem Feld installiert werden (Trittsicher, Versandungssicher, sturmfest)?

Welche Materialkosten sind zu veranschlagen (Solarzellen, Pumpe, Installationsmaterial, Rahmenmaterial, Kleinmaterial)?

Wieviel Arbeitsstunden sind notwendig?

Existiert eine Zeichnung des Rahmengestells?

Phase Durchführen

Bau des Rahmengestells, Verschaltung der Solarzellen mit der Pumpe, Aufbau der Anlage mit richtiger Ausrichtung

Phase Kontrollieren

Ausmessen von Solarzellenleistung, Pumpenleistung und Fördermenge

Phase Reflektieren

Wurden beim Informieren wirklich alle Informationen beschafft?

Wurden beim Planen wesentliche Merkmale einer nachhaltigen Konstruktion (mechanische Stabilität, genügende Überdimensionierung bei schwankenden Grundwasserpegeln, etc.) berücksichtigt?

War die Gesamtdimensionierung i. O.?

War die Kalkulation (insb. die Arbeitszeit) ausreichend angesetzt?

Wurde die Erprobung / Kontrolle umfassend durchgeführt?

Aufgabenvariation

Aufbau einer Anlage für eine Wasserförderpumpe für ein mehrstöckiges Gebäude

4.4  Design des Gebäudegrundrisses

Um ein wie vorab beschriebenes Modul umzusetzen, ist es notwendig, dass die Lerner ständig zwischen dem (selbstgesteuerten) Umgang mit theoretischen Inhalten und der praktischen Umsetzung (Anlagenrealisierung, Fehlerbehebung) wechseln können. Denn gerade die jeweilige Komplexität der Aufgabe bedingt, dass eine Planung nicht zum sofortigen Ergebnis führt, sondern stattdessen während der Durchführung sichtbar wird, wenn die Planung modifiziert werden muss. Erfahrungsgemäß wird das Wesentliche am Lernprozess – das Entstehen von Erkenntnis aus dem Faktischen in der Umsetzungsphase – also nicht durch ein einmaliges Abarbeiten der fünf Arbeitsphasen Informieren, Planen, Durchführen, Kontrollieren, und Reflektieren ablaufen, sondern durch die Iterationsschleifen zwischen diesen grundsätzlichen Arbeitsschritten. Oder anders ausgedrückt: Es ist gar nicht gewünscht, weil dem Lernprozess nicht förderlich, dass die fünf Arbeitsphasen ausschließlich so wohlgeordnet ablaufen. (Vgl. hierzu den Vorschlag von BERBEN zur Ablaufstruktur einer arbeitsprozessorientierten Lernsituation ( BERBEN 2008). Das unterrichtliche Moment entsteht demnach ja eben nicht in der Abarbeitung eines Arbeitsauftrags, sondern dadurch, dass eine ständige Unterstützung und Reflexion der sozialen Prozesse in der Lernerguppe und eine Kontrolle und Planung der Lehr-Lern-Prozesse unterstützend abläuft. Die Lehrkraft muss genau dabei moderierend präsent sein und abwägen könne, ob und welche Hilfestellung notwendig ist und in welcher Weise sich die Lerner einer Iteration gegenüber öffnen können. ) Wenn dieses jedoch genau nicht erfolgen soll, muss ein situativ angezeigter Wechsel zwischen den eher theoretischen (Informieren, Planen, Reflektieren) und praktischen (Durchführen, Kontrollieren) Arbeitsphasen möglich sein. Das bedeutet wiederum, dass ein schneller Wechsel der Arbeitsumgebung stattfinden muss – was dadurch unterstützt werden soll, dass für das zu bauende Training-Center das Konzept des „integrierten Fachraums“ realisiert wird (Abb. 4):

Abbildung 4 zeigt, dass zur Realisierung des integrierten Fachraumkonzepts eine direkte Verbindung zwischen Unterrichtsraum, Computerraum und Werkstatt geschaffen wurde – eine ausgehend vom Aufrissplan polytechnischer Schulen „unmögliche“ Verbindung von Theorie und Praxis, die nur als Konsequenz aus dem Ansatz eines arbeitsprozessorientierten Lernens heraus auf langsame Akzeptanz stößt.

5.  Ausblick

Der nächste Arbeitsschritt wird sein, das vorab skizzierte Curriculumkonzept zu einem Kerncurriculum zu konkretisieren, was vor allem bedeutet:

•  Formulierung einer verständlichen Darstellung, was arbeitsprozessorientiertes Lernen ist und wie es gestaltet wird;

•  detaillierte Beschreibung der Module unter Zuhilfenahme der Arbeitsprozessmatrizen sowie

•  Beschreibung der prototypischen Umsetzung von Modulen in Lern- und Arbeitsaufgaben bei gleichzeitiger Entwicklung geeigneter Lernmaterialen.

Der letzte Schritt soll dabei bereits innerhalb der zu Beginn notwendigen Train-the-Trainer-Maßnahme erfolgen. Diese wird sich – nach kurzer Einführung in das Prinzip über das Modul „I1: Gleichstromversorgung“ – auf die jeweils dritten Module innerhalb der Trainingskonzepte konzentrieren – da sie das Wesentliche der anderen Module integrieren.

Parallel zu der Konzeptarbeit erfolgt der Aufbau des Training-Centrums mit einer PV-Anlage, die aus drei Anlagenteilen mit 1KW, 4 KW und 20 KW besteht und es so ermöglicht, in einem Gebäude exemplarisch an unterschiedlichen für Bangladesh relevante Anlagenkonfigurationen (Ein-/Mehrstring, mit und ohne Pufferung) zu arbeiten. Die Umsetzung des in Kap. 4.4 beschriebenen Raumkonzeptes wird dabei angestrebt.

Nach Fertigstellung des Gebäudes und der PV-Anlage soll ab Januar 2009 der Schulungsbetrieb beginnen – zunächst mit der Train-the-Trainer-Maßnahme und dann mit Modulangeboten für Inhaber und Mitarbeiter der Kleinbetriebe im informellen Sektor. Parallel hierzu ist die Präzisierung und Revision des Kerncurriculums hin zu einem handhabbaren Center-Curriculum geplant. Revision meint dabei vorerst die Ausdifferenzierung und Veränderung der Inhalte, nicht eine grundsätzliche neue Form der Curriculumstruktur und ein damit ggf. verbundenes Aufgeben des Ansatzes der Arbeitsprozessorientierung.

Literatur

ADAM , S. (1996): Curriculumentwicklung im Bereich der non-formalen Ausbildung. In: SCHRÖTER, H.-G.: Curriculum- und Berufsbildungszusammenarbeit. Dokumentation einer Tagung an der Universität Bremen im März 1995. Berlin, S. 64 – 69.

BERBEN , T. (2008): Berufsschulunterricht als Bildung im Medium des Berufs. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 14. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe14/berben_bwpat14.shtml (2.9.2008).

BMZ – BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT (Hrsg.) (2005): Programm zur Förderung der Reintegration von Fachkräften aus Entwicklungsländern. Synthese. Kurzfassung der Evaluierung. BMZ Evaluierungsberichte 016. Bonn, Berlin.

GÖTZ , K. (1989): Nonformale Bildung und integrierte ländliche Entwicklung in Bangladesh. Regensburg.

GRUSCHKA , A. (1985): Wie Schüler Erzieher werden. Studie zur Kompetenzentwicklung und fachlichen Identitätsbildung in einem doppelqualifizierenden Bildungsgang des Kollegschulversuchs NW. 2 Bände. Wetzlar.

HÄGELE , T./ KNUTZEN , S. (2002): Arbeitsprozessorientierte Entwicklung schulischer Lernsituationen. In: lernen und lehren, Jg. 17, H. 67, 115-118.

HAVIGHURST, R.J. (1972): Development of tasks and education. New York.

INWENT - INETRNATIONALE WEITERBILDUNG UND ENTWICKLUNG gGmbH (Hrsg.) (o.J.): Bangladesh Seite 4: Gesellschaft, Kultur und Religion. Online: http://www.inwent.org/v-ez/lis/banglade/seite4.htm (7.11.2007).

 

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