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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 03 Elektrotechnik- Informatik, Metalltechnik

online seit: 19. November 2008

Arbeitsorientierte Gestaltung eines High-Tech Hochfrequenz-Remote-Labors für den Elektrotechnik-Unterricht – Wird das in der dualen Berufsausbildung eigentlich noch benötigt?

 

Abstract

Die Elektrotechnik-Ausbildung im Bereich der Kommunikationstechnik unterliegt einem stetigen Wandel (Einführung von DVB, Wireless-Techniken, Bluetooth usw.). Grundlagen sind nach wie vor geeignete Modulationsverfahren und die physikalische Übertragung, die jedoch seit Jahrzehnten in immer höhere Frequenzbereiche ausgeweitet wird. Damit verbunden sind vor allem im Mikrowellenbereich Effekte, die nur durch den Einsatz neuer Messverfahren und hoch entwickelter, teurer Messgeräte nachzuweisen sind, welche teilweise hohe Investitionen nach sich ziehen. Es liegt auf der Hand, dass Berufliche Schulen nicht für jedes Szenario entsprechendes Equipment vorhalten können. Um diese Lücke im HF-Bereich zu schließen, wird im Rahmen des europäischen Projektes „European Remote Radio Laboratory“ (ERRL, URL: http://errl.evtek.fi) an einer internetbasierten Plattform gearbeitet, die verschiedenste Mess-Szenarien in Form von vorbereiteten Experimenten abbildet. Diese orientieren sich hinsichtlich ihres Anspruchsniveaus an den verschiedene Ebenen des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQF) und sind damit neben dem Hochschulbereich auch auf das Berufsbildungssystems (VET-Level) ausgerichtet.

Ausgehend von einer empirischen Analyse wird der Bedarf für eine Hochfrequenz-Ausbildung thematisiert. Vor dem Hintergrund der in der Bedarfsanalyse ermittelten Experimente und Geräte werden praxisnahe Mess-Szenarien vorgestellt, die sich didaktisch an arbeitsprozessorientierten Messaufgaben orientieren. Vor dem Hintergrund erster Erfahrungen an beruflichen Schulen ist zu diskutieren, ob ein derartiges Labor-Angebot dem offensichtlichen Trend einer abnehmenden Bedeutung von HF-Basistechnologie in der dualen Berufsausbildung entgegenwirken kann und soll und ob die Nutzung eines Remote-Labors in der vorliegenden Form eine spezifische Bedeutung für die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz hat.

1.  Einleitung

Die Elektrotechnik-Ausbildung im Bereich der Kommunikationstechnik unterliegt einem stetigen Wandel, der sich unter anderem in der Einführung moderner drahtloser und digitaler Übertragungstechniken wie DVB, Wireless-LAN, Bluetooth, UMTS usw. äußert. Grundlagen sind nach wie vor geeignete Modulationsverfahren und die physikalische Übertragung, die jedoch seit Jahrzehnten in immer höhere Frequenzbereiche ausgeweitet wird. Damit verbunden sind vor allem im Mikrowellenbereich über 1 GHz wellentheoretische Effekte, die sich bereits bei den Verbindungen innerhalb von Geräten und bei noch höheren Frequenzen sogar auf den Leiterbahnen der Platinen und innerhalb der Bauteile bemerkbar machen. So können zum Beispiel Reflexionen und Stehwellen zu unterschiedlichen Signalpegeln auf den Leiterbahnen und damit zu verfälschten Rechtecksignalen führen.

Die Analyse dieser Effekte ist nur noch durch den Einsatz von Messverfahren der Hochfrequenzmesstechnik möglich, die die Maxwellsche Wellentheorie berücksichtigen. Dabei kommen hoch entwickelte Messgeräte zum Einsatz, in denen ganze Messreihen automatisch aufgenommen werden und Computer die komplexen Berechnungen vornehmen, um die Ergebnisse grafisch aufzubereiten. Als Beispiel seien so genannte vektorielle Netzwerkanalysatoren (VNA, siehe Abb. 1) genannt, die Vierpol- bzw. Zweitorparameter von Messobjekten über einen breiten Frequenzbereich nach Betrag und Phase (vektoriell) bestimmen (SCHIEK 1999).

Solche Messgeräte ziehen jedoch sehr hohe Investitionen nach sich. Die Netzwerkanalysatoren liegen bei den Anschaffungskosten bei rund 50.000 €. Es liegt auf der Hand, dass Berufliche Schulen entsprechendes Equipment, erst recht nicht für jedes Mess-Szenario, vorhalten können. Auch mit den Folgekosten sind Berufliche Schulen in der Regel überfordert. Zur Einrichtung, Nutzung und Wartung solcher Geräte sind umfassende Kenntnisse und Erfahrungen nötig. Und auch die Durchführung der Experimente erfordert allerhöchste Präzision und Sorgfalt sowohl von den Lernenden als auch den Lehrenden in der Vorbereitung der Experimente. Aufgrund der Komplexität müssten speziell ausgebildete Fachkräfte bereitgestellt werden, um den Experimentierbetrieb in angemessener Form sicher zu stellen.

Die Bedeutung von praktischen Übungen und Experimenten ist jedoch auch in der dualen beruflichen Ausbildung unumstritten. Ihre Durchführung vertieft die theoretisch erworbenen Grundlagen und transformiert sie in praxisbezogenes Erfahrungswissen. Gleichzeitig haben Laborexperimente einen besonderen Aufforderungscharakter und können daher auf die Schüler motivierend wirken.

Um auch Experimentieraufgaben im angesprochenen Hochfrequenzbereich breiten Kreisen der beruflichen Bildung nutzbar zu machen, wird im Rahmen des europäischen Projekts ERRL diese Technologie in einem sogenannten „Remote Labor“ zur Verfügung gestellt. Ein solches „entferntes“ Labor steht dabei nicht am Schulstandort zur Verfügung, sondern befindet sich in physikalischer Form irgendwo bei einem speziellen Anbieter solchen Lernmaterials. Die Steuerung der Geräte erfolgt in der Regel internetbasiert am PC in der Schule, ebenso werden die Messergebnisse zur weiteren Interpretation auf den PC übertragen.

Der vorliegende Beitrag zeigt vor dem Hintergrund einer arbeitsorientierten didaktischen Gestaltung zunächst die Perspektiven des Einsatzes eines Remote-Labors in der beruflichen Ausbildung auf. Losgelöst von den Inhalten der Hochfrequenzmesstechnik sind die Gestaltungsmerkmale exemplarisch und unabhängig von der Hochfrequenztechnologie auch auf andere Inhalte übertragbar. Neben den fachlichen Inhalten erwerben die Schülerinnen und Schüler ebenso erweiterte Kompetenzen z.B. zur Verbesserung ihres Selbstlernverhaltens sowie Medienkompetenzen im Umgang mit Lernplattformen und den darin enthaltenen Lernaktivitäten und Kommunikationsmöglichkeiten.

Abschließend wird aufgrund erster Erfahrungen zum Einsatz des Remote Labors in der dualen Berufsausbildung die Bedeutung der Hochfrequenztechnik als Basistechnologie der Elektroberufe thematisi ert. Denn die begleitenden Evaluationen zeichnen hier einen geringen Bedarf an hoch entwickelten Experimenten, was darauf hindeutet, dass Spezialkenntnisse im HF-Bereich nicht mehr Gegenstand der Berufsschule sind. Verbunden mit der zu beobachtenden technologischen Kapselung in Module kommen auch Elektro-Fachkräfte immer weniger mit der HF-Technik in Berührung. Die Entwicklung und Analyse solcher Baugruppen scheint Ingenieuren vorbehalten zu sein. Vor dem Hintergrund des sich offenbarenden Rückgangs dieser Technologie in den Elektroberufen wird damit auch die generelle Notwendigkeit eines Angebots entsprechender Remote Labore diskutiert.

Bezug nehmend auf die in der Überschrift angedeutete Fragestellung kann hier bereits vorweg genommen werden, dass durch die oben genannten didaktischen Möglichkeiten die Einbindung von Remote-Laboren in den Unterricht grundsätzlich gerechtfertigt ist und auch einen spezifischen Mehrwert zur Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz darstellt. Inhaltlich sind jedoch für die duale Berufsausbildung Experimente auf einfachem technologischen Niveau ausreichend, die auf die Vermittlung von Grundlagenwissen abzielen. Die angesprochene Hochtechnologie kann als optionales Angebot genutzt werden, sie hat ihre Berechtigung aber vorwiegend im Hochschulbereich.

2. Projekthintergrund

Das eingangs erwähnte Defizit in der Ausstattung mit hochentwickeltem Messequipment im Hochfrequenzbereich ist auch der Ausgangspunkt des europäischen Projektes „European Remote Radio Laboratory“ (ERRL 2008), an dem das Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik (biat) der Universität Flensburg als deutscher Partner beteiligt ist. Im Rahmen von ERRL wird an einer internetbasierten Plattform gearbeitet, die verschiedenste Mess-Szenarien in Form von vorbereiteten Experimenten abbildet und damit eine wichtige Ergänzung in der Ausbildung darstellt.

Der Adressatenkreis orientiert sich hinsichtlich des Anspruchsniveaus an verschiedenen Ebenen des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQF) und ist damit sowohl auf den Hochschulbereich als auch auf das Berufsbildungssystems (VET-Level) ausgerichtet. Neben Studenten der Elektrotechnik, Kommunikationstechnologie oder verwandter Fakultäten von Universitäten, Fachhochschulen oder vergleichbaren Institutionen sowie Ingenieuren oder Technikern, insbesondere Absolventen der oben genannten Studienrichtungen, die diese Technologien in den einschlägigen Unternehmen anwenden und eine entsprechende Fortbildung benötigen, sind Auszubildende oder Schüler einer Berufsausbildung im Berufsfeld Elektrotechnik mit den Schwerpunkten Kommunikationstechnologie und Hochfrequenztechnik die erklärte Zielgruppe der Projektaktivitäten. Gemeinsam mit dem finnischen Partner kam dem biat die Aufgabe zu, insbesondere die inhaltliche Ausrichtung auf die Bedürfnisse einer dualen oder auch schulischen beruflichen Erstausbildung sicher zu stellen. Damit verbunden waren für diesen Bereich auch Fragen zur Relevanz der im Rahmen des Projekts vorgesehenen Experimente mit modernster Kommunikationstechnologie, die sich jedoch erst im Verlauf des Projekts heraus stellten.

Die wesentliche Zielsetzung von ERRL besteht in der Bereitstellung eines internetbasierten Zugriffs auf komplexe High-Tech Ausrüstung, die aufgrund der Kosten nur wenigen Institutionen zur Ausbildung in der Hochfrequenztechnik zur Verfügung steht. Damit werden auch komplexe Messverfahren und teure Geräte einer breiten Anzahl von Lernenden zugänglich. Außerdem wird Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, auch außerhalb der schulischen Präsenzzeiten das Remote-Labor zu nutzen und die Experimente durchzuführen. Durch diesen permanenten Laborzugriff wird ein höherer Anteil von praktischer und experimenteller Ausbildung ermöglicht.

Grundlage für die Einbindung der Experimente in den Lernprozess sind die bei den europäischen Partnern existierenden unterschiedlichen Curricula. Neben dem Zugriff auf die Experimente werden auch ergänzende Materialien des theoretischen Hintergrunds zum Selbststudium und zur Vertiefung der Fachinhalte bereitgestellt. Diese stellen jedoch keinen Ersatz einer begleitenden Lehrveranstaltung dar. Das theoretische Lernmaterial dient vielmehr zur Ergänzung des in den Schulen verwendeten Materials und kann im Rahmen von selbstgesteuerten Studien von den Schülern verwendet werden. Durch die Vernetzung der Partner aus sieben europäischen Ländern und den Austausch von technischem Material und Erfahrungen werden darüber hinaus qualitative Verbesserungen sowie vergleichbare Ausbildungsbedingungen innerhalb der Partnerländer angestrebt.

Abgerundet wird das Projekt durch zahlreiche begleitende Maßnahmen. Parallel zum Entwicklungsprozess der Remote-Experimente wird in ERRL ein Qualitätssicherungskonzept ausgearbeitet, mit dem zum Beispiel der Unterrichtsbezug und die Passgenauigkeit des Angebots zu evaluieren sind. Dazu zählen in erster Linie Befragungen von Lernenden und Lehrenden sowie Lernerfolgs-Analysen. Die ermittelten Ergebnisse werden im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses für weitere Optimierungen und Akzentuierungen herangezogen.

3. Merkmale virtueller Labore

Wie bereits einleitend erwähnt, haben praktische Experimente ihre spezifische didaktische Bedeutung zur Vertiefung der theoretisch erworbenen Grundlagen und zu ihrer Überführung in praxisbezogenes Erfahrungswissen. Gleichermaßen gilt auch für virtuelle Labore, „dass sich durch eigene Aktivitäten der Lernenden mentale Operationen initiieren lassen, die zu besseren Lernerfolgen führen. Gerade der Transfer von theoretischem Wissen in praktische Anwendung ist ein sehr wesentlicher Aspekt für den Lernerfolg“ (LÜTTIKE/ HELBIG/ EICHHORN 2005). Die Autoren erkennen jedoch auch die Probleme virtueller Labore durch den nur indirekten Gerätezugriff. Dennoch formulieren sie als Ziel einer virtuellen Lernumgebung, „die Lernenden zu eigenen Handlungen zu motivieren. Dies ist besonders für motorisch und visuell veranlagte Studierende äußerst wichtig“.

In Abgrenzung zu einem virtuellen Labor, bei dem die Messcharakteristika und -ergebnisse auf der Grundlage mathematischer Berechnung simuliert werden, stellt das Remote-Labor eine Fernsteuerung eines real existierenden Labors dar, welches „echte“ Messergebnisse liefert (vgl. E-TEACHING.ORG 2007). Die Steuerung der Messgeräte erfolgt über definierte Schnittstellen und Computernetze, in der Regel das Internet. Über den gleichen Weg lassen sich auch die Messergebnisse an den Computer des Labornutzers übertragen. Die Benutzerschnittstelle ist eine entsprechende Software. Live-Kameras vom entfernten Labor können zur Unterstützung eingesetzt werden und für zusätzliche Transparenz des Versuchsaufbaus und -ablaufs sorgen.

Neben dem bereits erwähnten Vorteil, kostenintensive Laboranlagen und Messinstrumente wie im vorliegenden Fall zu Ausbildungszwecken zu nutzen bzw. für einige Anwenderkreise überhaupt erst zu erschließen, liegen die Vorzüge von Remote-Laboren gegenüber real genutzten Laboren vor allem in der räumlichen und zeitlichen Flexibilität. Die Lernenden können je nach Verfügbarkeit das Labor entsprechend der Zugriffsmöglichkeiten frei nutzen. Damit sind außerdem wichtige Voraussetzungen für die Förderung selbstgesteuerten Lernens gegeben.

Auch auf Anbieterseite sind einige Vorteile zu nennen. Kostenintensive Laboranlagen und Messinstrumente lassen sich so gleichmäßig auslasten und effektiver nutzen und der Durchsatz an Teilnehmern kann erhöht werden. Als von besonderer Bedeutung ist der geschützte Zugriff auf das Equipment hervorzuheben. Fehlbedienungen der Geräte können durch geeignete Programmierung der Schnittstellen ausgeschlossen werden. Auch Manipulationen und Störungen des teils hochsensiblen Messaufbaus können nicht erfolgen.

Aus didaktischer Sicht ist eine mögliche Reduktion der komplexen Messgeräte hervorzuheben. Der Fokus der Gerätebedienung kann auf die für die Versuchsdurchführung relevanten Bedienelemente gerichtet werden. Andere Einstellmöglichkeiten können je nach Zielsetzung ausgeblendet werden. Selbst eine vom Geräteaussehen abstrahierte Bedienoberfläche ist denkbar, um die Grundprinzipien der Messung zu thematisieren und nicht die Bedienung eines spezifischen Gerätes (siehe Abb. 2). In dem Steuerprogramm dient eine Reihe von Auswahllisten der Parametereinstellung, z.B. Anzahl der Messpunkte, Wahl des Prüflings, Frequenzbereich usw.

Die genannten Vorteile von Remote Laboren werden allerdings erkauft mit der Tatsache, dass es sich eben doch nicht um reale praktische Erfahrungen handelt. Die Bedienung erfolgt nicht an Geräten, deren Schalter und Drehknöpfe man betätigt und bei denen Kabel und Geräte verbunden werden müssen. Diese haptische Dimension bleibt weitgehend ausgeblendet.

Daher ist es von größter Bedeutung alle möglichen anderen Dimensionen zur Erlangung größtmöglicher Praxisnähe auszuschöpfen. Dazu gehört das Ermöglichen eigenständig handelnden Lernens, was bedeutet, die Laboraufgaben nicht allzu stark vorzustrukturieren und in kleinen Schritten den Lösungsweg zu skizzieren, sondern ein erforschendes Lernen zuzulassen.

Ein wesentliches Grundprinzip zur Erhöhung der Praxisnähe ist die Einbettung der Messaufgabe in ein praxisnahes berufliches Szenario. Als Kern des didaktischen Designs ist daher die arbeitsprozessorientierte Gestaltung des Messszenarios die zentrale Aufgabe, um den Bezug zur beruflichen Facharbeit hervorzuheben.

4. Didaktische Gestaltung des Remote Labors

Hierauf zielt das auf Initiative des biat im Projekt ERRL angestrebte „Work-process orientated design“, welches bereits in der Antragsphase als grundlegend für die didaktische Gestaltung der Experimente festgelegt wurde. „The project aims at more practice-orientated design of experiments by embedding them into exemplary, close to reality work-processes. This includes among the teachings of professional and technical contents particularly the view to work process knowledge” (ERRL 2008).

Damit kommen auch in ERRL curriculare und didaktische Grundsätze zum Ausdruck, die sich z.B. in der Einführung des Lernfeldkonzepts 1996 in Deutschland in den Rahmenlehrplänen niedergeschlagen haben. Darin werden die Geschäfts- und Arbeitsprozesse zum Ausgangspunkt für darauf ausgerichtete „berufliche Aufgabenstellungen und Handlungsfelder“, an denen die Lernfelder orientiert sind (KMK 1996, 2007). Auch die Rahmenlehrpläne für die in den letzten 10 Jahren neu geordneten Elektroberufe sind nach dem Lernfeldkonzept strukturiert.

Da aus den curricularen Vorgaben nicht klar hervorgeht, was eigentlich betriebliche Geschäfts- und Arbeitsprozesse sind und woran sich die beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsfelder ausrichten sollen, wird als Strukturierungshilfe das am biat aus der Erfahrung zahlreicher Arbeitsstudien entwickelte „GAHPA-Modell“ heran gezogen (vgl. PETERSEN 2005). Nach diesem wird ein Geschäftsprozess analytisch in die drei prozess- und arbeitsbezogenen Ebenen Arbeitsprozess, Handlungsphase und Arbeitsaufgabe strukturiert und herunter gebrochen. Umgekehrt werden damit auch einzelne Arbeitsaufgaben in einem Gesamtzusammenhang dargestellt und ihre prozesshaften Voraussetzungen und Abhängigkeiten transparent verdeutlicht. Das Verfahren leistet damit für alle Beteiligten und Akteure der beruflichen Bildung einen Beitrag für ein „elaboriertes Verständnis zu den Strukturen und Inhalten der ‚betrieblichen' und ‚beruflichen' Geschäfts- und Arbeitsprozesse“ (PETERSEN 2005).

Für das hier vorgestellte Experiment wurde daher unter Rückgriff auf das GAHPA-Modell ein berufstypischer Arbeitsprozess sowie eine entsprechende Arbeitsaufgabe des Ausbildungsberufs Elektroniker für Geräte und Systeme ermittelt und definiert. Aus der Auswertung einer Arbeitsstudie in einem Ausbildungsbetrieb der Kommunikationstechnik sowie eines Experteninterviews mit einem Ausbilder resultiert die Arbeitsaufgabe „Kalibrierung einer HF-Relais-Einheit mittels Vector Network Analyser“, die im folgenden Kapitel detailliert erläutert wird. Diese wird zum zentralen Ausgangspunkt eines darauf abgestimmten Lern- und Experimentierangebots.

Zu den Prinzipien der didaktischen Gestaltung zählt weiterhin eine möglichst offene Durchführung der Messaufgabe mit detaillierter Ergebnisdiskussion. Das beinhaltet, dass sich die Lernenden vor Durchführung der Aufgabe zunächst ihrer eigenen Defizite bezogen auf das theoretische Vorwissen gewahr werden. Anhand der Aufgabenstellung ist zunächst zu analysieren, welches Theorie- und Instrumentenwissen für die Bearbeitung notwendig und welches bereits vorhanden ist. Im Idealfall wird diese Kompetenz-Defizit-Analyse von den Lernenden weitgehend selbstständig oder mit den Lernenden gemeinsam durchgeführt. Direktes Ergebnis dieser Analyse ist die Festlegung von Maßnahmen zum Kompetenzerwerb.

Ebenfalls sollte auch die Durchführung der Aufgabe nicht allzu detailliert vorgezeichnet sein. Das bedeutet unter anderem, die Bedienung der Messgeräte nicht – wie in der Ingenieursausbildung häufig anzutreffen – in kleinen Schritten zu erläutern und damit einen direkten Weg zu den erwünschten Ergebnissen vorzugeben. Vielmehr sollen die Lernenden in die Lage versetzt werden, eigene Erfahrungen bei den Messungen zu sammeln, was auch Fehlmessungen ausdrücklich einschließt.

Mit geeigneten Selbstkontrollmöglichkeiten können die Ergebnisse jedoch anschließend überprüft und verifiziert werden. Im Falle von Nichtübereinstimmung zentraler Einzelergebnisse steht Material für weiteres zielgerichtetes Lernen zur Verfügung. Daneben soll aber auch die Möglichkeit des Austauschs mit anderen Lernenden gegeben werden. Hierzu bieten sich sog. Web-2.0-Techniken wie Forum oder Chat an, die auch teilweise von Experten moderiert werden könnten.

Somit werden auch weitere Sekundärziele verfolgt. Neben der Vertiefung des Fachwissens und des Sammelns fachpraktischer Erfahrungen wird insbesondere die Entwicklung und Förderung von Selbstlernkompetenz sowie von Medienkompetenz im Umgang mit Lernplattformen und deren Lernaktivitäten und Möglichkeiten zur Kommunikation angestrebt.

5. Arbeitsorientierte Messaufgabe

Zur Ermittlung einer arbeitsorientierten Messaufgabe wurden Analysen des gegenwärtigen Inhalts und Umfangs der HF-Technik in der Ausbildung der Elektroberufe vorgenommen. Dabei stellte sich sowohl bei den befragten Schulen als auch den Betrieben heraus, dass die Auszubildenden kaum noch mit dieser Technologie in Berührung kommen und sie daher auch in der Ausbildung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Obwohl die meisten Akteure der Fragestellung zunächst recht offen gegenüber standen und spontan zahlreiche Ideen typischer Arbeitsinhalte nannten, stellte sich im weiteren Verlauf der Gespräche heraus, dass es sich dabei häufig um mittlerweile veraltete Arbeitsaufgaben handelte, welche in den heutigen Tätigkeitsbereichen der Elektroberufe nicht mehr von Bedeutung sind. Aktuelle berufstypische Arbeitsaufgaben, bei denen Kenntnisse der Hochfrequenztechnik gefragt sind, konnten kaum noch benannt werden. Diese Problematik wird am Ende des Beitrags nochmals aufgegriffen.

Trotz dieser Schwierigkeiten konnte im Rahmen einer Arbeitsstudie und eines daran angeschlossenen Experteninterviews mit einem Ausbilder eines Telekommunikationsbetriebs ein Teilarbeitsprozess aus der Fertigung von UMTS-Mobiltelefonen abgeleitet werden. Dieser umfasst im gesamten Fertigungsprozess die „Einrichtung und Kalibrierung eines Prüfplatzes“ (siehe schematische Darstellung in Abb. 3).

Dieser Prüfplatz besteht aus einer Vorrichtung, in der die Platine des UMTS-Telefons kontaktiert wird. Verschiedene Messpunkte werden über ein Relais an einen Spektrum Analyser geschaltet, mit dem überprüft wird, ob die Frequenzsignale im geforderten Bereich liegen. Mit dem Relais werden nacheinander die Signale an verschiedenen Punkten gemessen. Die in der Skizze dargestellten Anschlussbuchsen sollen verdeutlichen, dass es sich bei der Signalübertragung um geschirmte Kabel handelt.

Der Arbeitsprozess umfasst von der Konzeption des Messaufbaus über die Beschaffung der Bauteile bis zur Inbetriebnahme verschiedene Tätigkeiten. In Bezug auf die Durchdringung der Tätigkeiten mit Hochfrequenztechnik ist eine elementare Arbeitsaufgabe dieses Arbeitsprozesses die Messaufgabe „Kalibrierung einer HF-Relais-Einheit mittels Vector Network Analyser“ (siehe Abb. 4).

Inhalt der Aufgabe ist die Anfertigung einer Korrekturtabelle, die die Dämpfung und Phasenverschiebung des Relais erfasst. Dabei sollen im Frequenzbereich des Mobiltelefons in engen Schritten Messungen der Signalübertragung im Relais durchgeführt werden. Diese werden durchgeführt als Vierpol-Messungen mit einem Vektor Network Analyser. Auf diese Weise werden im UMTS-Frequenzbereich Korrekturwerte ermittelt, die bei der späteren Serienmessung der Prüflinge zur Messfehlerkorrektur verwendet werden.

Verbunden mit der technischen Aufgabenstellung sind weitere Aufgaben zur möglichst eigenständigen Steuerung des Lernprozesses. Hierunter fällt in erster Linie die Kompetenz-Defizit-Analyse. Ausgehend von der messtechnischen Aufgabenstellung sollen die Lernenden einschätzen und beurteilen, ob sie die Aufgabe mit ihren Vorkenntnissen bereits kompetent durchführen können. Zur Unterstützung dient dabei ein kurzer Test zur Selbstkontrolle, der direkt nach Bearbeitung eine Rückmeldung zum Kenntnisstand liefert.

Für den Fall, dass noch Lernbedarf besteht, liegt im Remote Labor entsprechendes Material zum optionalen Gebrauch bereit, welches gezielt auf die Experimente abgestimmt ist. Einerseits sind Lernmodule zum notwendigen fachtheoretischen Hintergrund vorhanden. Dieses ist jedoch lediglich als Ergänzung zu verstehen, da Grundlage für die Einbindung der Experimente in den Lernprozess weiterhin die bei den europäischen Partnern existierenden unterschiedlichen Curricula sind. Daher ist der Schwerpunkt des Zusatzmaterials auf die Durchführung und Interpretation der Messaufgabe gerichtet. In erster Linie dienen eigens angefertigte interaktive Lernmedien der Hinführung auf das verwendete Equipment (siehe Abb. 5).

Die Abbildung zeigt die Frontseite eines vektoriellen Netzwerkanalysators mit dem Bildschirm zur Parameter- und Ergebnisdarstellung, den Anschlüssen der Messobjekte sowie den zahlreichen Einstellmöglichkeiten. Durch Klicken auf die verschiedenen Bedienelemente werden kurze Hilfetexte abgerufen. Zu einzelnen elementaren Betriebsarten sind kurze Videosequenzen verfügbar. Zusätzliche Links auf weiteres Material der Geräte-Hersteller runden die Gerätebeschreibungen ab und bilden damit ein umfassendes Lernangebot.

Ist sichergestellt, dass die erforderlichen Kompetenzen ausreichen, um das Experiment erfolgreich durchzuführen und die Ergebnisse auf der Basis des verfügbaren Fachwissens zu interpretieren, wird das Interface-Programm zum Messaufbau gestartet (siehe weiter oben in Abb. 2). In dem Programm werden die erforderlichen Parameter, z.B. Frequenzbereich, Anzahl der Messpunkte usw. gesetzt. Diese Einstellungen werden über das Internet an das Remote Labor gesendet und initiieren dort einen einmaligen Messvorgang. Als Ergebnis wird unmittelbar eine Liste von Messwerten zurück übertragen und auf dem PC des Lernenden gespeichert. Grafische Darstellungen in unterschiedlichen Formaten runden die Ergebnisdarstellung ab (siehe Abb. 6).

Neben der Anfertigung der reinen Korrekturtabelle, die bei Verwendung der richtigen Einstellungen vom Messinterface automatisch geliefert wird, sind noch weitere Aufgabenstellungen denkbar, die auf den Messergebnissen basieren. Zum Beispiel kann durch eine geforderte Interpretation der Ergebnisse anhand der grafischen Kurven der Bezug zu den theoretischen Kenntnissen in die Aufgabenstellung eingebracht werden.

Durch die Verbindung zum genannten Arbeitsprozess und zu einer konkreten Aufgabenstellung hat das Experiment trotz aller möglichen Einbindung fachtheoretischer Inhalte seinen direkten Praxisbezug erhalten. In dieser Form ist es nicht nur als reine Laboraufgabe zu verstehen, bei dem am Ende oft nicht mehr als die Gerätebedienung gelernt und keine Problemlösekompetenz entwickelt wurde. Der Transfer des Gelernten auf spätere berufliche Messaufgaben sollte so leichter gelingen. Zusätzlich wird durch die offene Gestaltung der Messausgabe und den damit verbundenen Freiheitsgraden ein Beitrag zur Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz geleistet.

6. Abnehmende Bedeutung der Hochfrequenztechnik in der dualen Berufsausbildung

Zum Abschluss dieses Beitrags soll nochmals ausgehend von den bereits angesprochenen Schwierigkeiten, eine geeignete berufstypische Messaufgabe zu ermitteln, auf die Bedeutung und den Stellenwert der Hochfrequenztechnik für die duale Berufsausbildung sowie für den Unterricht an Berufsschulen eingegangen werden. Dieses bezieht sich nicht nur auf die Nutzung eines entsprechenden Remote Labors, sondern ist von allgemeiner Gültigkeit für die Ausbildung der Elektroberufe.

Bereits zu Beginn des Projekts ERRL wurden zur Beurteilung und Einschätzung der Notwendigkeit und Relevanz von Experimenten in der Hochfrequenztechnik umfassende empirische Bedarfsanalysen in allen sieben beteiligten Ländern durchgeführt. Dabei zielten die Analysen auf die besonderen Anforderungen, die sich im höheren Frequenzbereich der Mikrowellentechnik mit all seinen Besonderheiten und Effekten ergeben und für die entsprechendes Messequipment Verwendung findet.

Eine wesentliche Untersuchung stellte eine internationale Curriculum-Analyse bei den Partnern dar. Im Rahmen dieser Analyse wurden vom biat die Lehrpläne der aktuellen deutschen Elektro-Berufe und elektrotechnischen Berufsbildungsgänge hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf die Hochfrequenztechnologie inspiziert. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass die in den Elektro-Berufen formulierten Lernfelder hinsichtlich ihrer technologischen Ausrichtung recht offen formuliert sind. Lediglich im Handwerksberuf Informationselektroniker werden in den Lernfeldern 12 und 16 konkret auf die Hochfrequenztechnik bezogene Inhalte wie z.B. Signaleinspeisung und Signalverfolgung, Abgleichanweisungen, Fachspezifische Messgeräte, Signalaufbereitung, Modulation, Multiplexverfahren, Antennen und Pegel, Signalrauschabstand sowie Störstrahlung aufgeführt (BMWI 1999). In den industriellen Elektroberufen sind diese konkreten Angaben nicht enthalten, allerdings im Einsatzgebiet Informations- und kommunikationstechnische Geräte des Elektronikers für Geräte und Systeme implizit denkbar.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Bedarfsanalyse war eine internationale Befragung zum Einsatz von Experimenten in der Ausbildung und Lehre der Hochfrequenztechnik und dazu vorhandener und notwendiger Messgeräte. Auf Initiative des biat haben sich acht berufliche Schulen aus Schleswig-Holstein und Bremen, an denen die korrespondierenden Elektronikerberufe unterrichtet werden, beteiligt. Ebenso konnten einige regionale Ausbildungsbetriebe für die Befragung gewonnen werden.

Auch die Ergebnisse dieser Befragung zeichneten vor allem für den Bereich der dualen Berufsausbildung (VET) einen eher geringen Bedarf an entsprechenden Labor-Einrichtungen. Hochwertiges Equipment wird im Gegensatz zum Hochschulsektor (Bachelor- und Master-Ebene) eher nicht benötigt.

Auch für die meisten der im Projekt ERRL geplanten Experimente scheint kein oder nur geringer Bedarf zu bestehen. Darauf wurde geschlossen, weil für diese Experimente ein höherer Anteil bei „verfügbar“ als bei „notwendig“ genannt wurde (siehe Abb. 7).

Einige Experimente erfreuen sich bereits einer weiten Verbreitung. Dazu zählen zum Beispiel die klassischen analogen Modulationsverfahren AM und FM, allerdings auch moderne digitale Modulationsverfahren wie FSK, ASK und PSK. Lediglich für vier der 13 im Projekt vorgesehenen Experimente scheint ein gewisser Bedarf zu bestehen. Auch bei diesen ließe sich zum Erwerb eines Grundverständnisses mit herkömmlichen Messgeräten im MHz-Bereich experimentieren. Lediglich zur Messung der elektromagnetischen Verträglichkeit (Experiment 10) ist relativ teures Messequipment notwendig. Da dieses Prüfverfahren zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der Bedarf auch recht hoch.

Obwohl die Bedarfsanalyse damit einen, wenn auch geringen, aber erkennbaren Bedarf an HF-Inhalten und -Experimenten in der Berufsausbildung zeichnet, scheint das Interesse zur konkreten Nutzung der Remote Experimente im Unterricht an beruflichen Schulen nicht vorhanden zu sein. Jegliche Angebote zur Einbindung des Remote Labors in den Unterricht wurden zurückgewiesen. Meistens mit der Begründung, dieses würde doch nicht recht in den Stoffplan passen bzw. vom technologischen Anspruch weit über dem vorgesehenen Lerninhalt des jeweiligen Ausbildungsberufs liegen.

Vor dem Hintergrund dieser Gespräche zur Nutzung der Remote Experimente ist zu erörtern, ob ein derartiges Labor-Angebot für die Ausbildung überhaupt von Bedeutung ist. Dafür gilt es zu klären, für welche dualen Ausbildungsberufe Kenntnisse und Erfahrungen mit dieser Technologie von tieferer Bedeutung für die Facharbeit sind.

Große Tradition hat der Umgang mit HF-Technik im klassischen Handwerksberuf des Radio- und Fernsehtechnikers. Diese haben in überwiegend mittelständisch geprägten kleineren Handwerksbetrieben Aufgaben der Installation und Inbetriebnahme von Rundfunk- und Fernsehempfangsanlagen sowie Reparaturen der Empfangsgeräte übernommen. Dafür war entsprechendes Know-How der Hochfrequenztechnik, insbesondere der Antennentechnik und des Antennenbaus, notwendig und zählte auch zum Ausbildungsgegenstand. Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse ist jedoch seit Anfang der Neunziger Jahre stark rückläufig (siehe Abb. 8).

Auch die Einführung des Nachfolgeberufs Informationselektroniker konnte dem deutlichen Rückgang der Ausbildungszahlen in den Vorgängerberufen Radio- und Fernsehtechniker sowie Büroinformationselektroniker nichts entgegensetzen. Auch wenn die Zahl der Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen um die Jahrtausendwende kurzfristig leicht zugenommen hat, so sind sie in den Folgejahren weiter gefallen und haben 2006 mit nur noch 958 ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht (vgl. BMBF 2007).

Diese Entwicklung geht parallel mit einem Rückgang an mittelständischen Betrieben, die vormals die Hauptarbeitgeber des Radio- und Fernsehtechnikers waren. Zunehmend werden die Aufgaben von großen Elektrofachmärkten übernommen. In diesen verschiebt sich das Tätigkeitsprofil zunehmend zu beratenden Tätigkeiten. Zwar gehören das Planen und Installieren von informations- und kommunikationstechnischen Systemen und Geräten noch immer zum Aufgabengebiet des Informationselektronikers (vgl. BERUFENET 2008), aber typische handwerkliche Tätigkeiten wie Fehlersuche und Reparatur defekter Geräte werden kaum noch von Ihnen durchgeführt. Dieses wird häufig zentral in großen Dienstleistungsbetrieben erledigt. Aber auch dort kann von wirklicher Reparatur keine Rede mehr sein. Aufgrund immer stärkerer Modularisierung erfolgt meist nur noch ein Austausch auf Komponentenebene.

Auch in den industriellen Elektroberufen sind die Berührungspunkte mit der Hochfrequenztechnik rückläufig. Diese wird von Seiten der Berufsschullehrer noch am ehesten dem Elektroniker für Geräte und Systeme zugeschrieben, der vorwiegend in mittleren und größeren Industriebetrieben arbeitet und dort elektronische Systeme, Geräte oder Komponenten herstellt, montiert und wartet (vgl. BERUFENET 2008). Die Informations- und Telekommunikationstechnik ist dabei nur einer von mehreren Tätigkeitsbereichen und wird in seiner inhaltlichen Beschreibung überwiegend mit Komponenten der digitalen Signalübertragung in Verbindung gebracht. Diese Technologien sind daher auch zum zentralen Ausbildungsgegenstand in der Berufsschule geworden. So werden von den Lehrkräften unter anderem die Programmierung der seriellen Schnittstelle mittels Mikrocontroller, Analog-Digital-Wandler, SPS-Programmierung oder Simulationen mittels PSPICE im Unterricht der Berufsschule thematisiert.

Die angesprochenen Entwicklungen verleiten zu der These, dass die klassische Hochfrequenztechnik wie z.B. analoge Übertragungstechnik und Modulationsverfahren in der dualen Ausbildung keine Rolle mehr spielt und nicht mehr Gegenstand der Berufsausbildung ist. Lediglich die grundlegenden physikalischen Gesetze sowie die elektromagnetische Wellentheorie zählen noch zum Inhalt der (schulischen) Berufsausbildung. Moderne Mikrowellentechnik, die derzeit die Grundlage der digitalen Signalübertragung darstellt, hat offensichtlich nicht Einzug in die Berufsausbildung gehalten.

Ins Bild passt, dass sich selbst unter den Ingenieuren nur wenige mit der Mikrowellentechnik und der Dimensionierung von Bauteilen befassen. „Der Trend in der Mikrowellentechnik geht dahin, dass man fertige Baublöcke einkauft und diese zu einem Gesamtsystem integriert. (...) Die Mehrzahl der Ingenieure muss also lediglich die Black-Box-Beschreibungen der Mikrowellenkomponenten kennen und nicht deren inneren Aufbau“ (MEYER 2002).

Aus der Tradition des Radio- und Fernsehtechnikers bzw. des Kommunikationselektronikers hera us ist für einige Lehrkräfte auch die Hochfrequenztechnik ein noch weit verbreiteter Lerngegenstand in den Schulen. Dabei wird unter HF-Technik nicht nur das Verständnis der physikalischen Gesetze sowie der elektromagnetischen Wellentheorie verstanden. Hochfrequenztechnik ist mehr als der in den Berufsschulen häufig praktizierte experimentelle Nachweis sinusförmiger Signale mit dem Oszilloskop. Im Vordergrund stehen insbesondere Kompetenzen über die Anwendung der theoretischen Grundlagen in analogen Übertragungstechniken und Modulationsverfahren bis in den Bereich der modernen Mikrowellentechnik. Es ist jedoch fraglich, ob dies vor dem Hintergrund des angesprochenen Tätigkeitswandels in den modernen Elektroberufen in der Berufsschule noch gerechtfertigt ist. Aus Sicht einer breit angel egten beruflichen Bildung ist die Sicherung mit technischem Basiswissen natürlich zu befürworten. Aufgrund der angesprochenen didaktischen Merkmale stellt die Einbindung eines Remote-Labors in den Unterricht grundsätzlich eine Bereicherung dar. Neben der Fachkompetenz werden u.a. Selbstlernkompetenzen und Medienkompetenzen gefördert und damit ein spezifischer Beitrag für die Entwicklung umfassender beruflicher Handlungskompetenz geleistet. Die Frage ist nur, bis zu welcher technologischen Tiefe die Experimente im Berufsschulbereich notwendig sind.

Für eine Antwort kann das soeben gezeichnete Bild nicht ausreichen. Diesem liegt eine eher regional geprägte und nicht repräsentative Betrachtung zugrunde. Bestimmt gibt es in Regionen, in denen mehr Betriebe der Kommunikationstechnik angesiedelt sind, als in Schleswig-Holstein andere Ergebnisse. Gespräche mit den dortigen Akteuren der Berufsausbildung würden eventuell ein anderes Bild zeichnen. Die einschlägigen Tätigkeitsbeschreibungen und auch die Curriculumanalyse liefern zwar schon eindeutige Indizien, und eine Tendenz ist damit vorgegeben. Zur Verifizierung der vorangegangenen These wären aber noch breiter angelegte Befragungen und Arbeitsstudien zur Analyse des Stellenwerts der Hochfrequenztechnik in der Facharbeit der Elektroberufe notwendig, die am biat bereits in Planung sind.

Literatur

ALTHERR, S./ VETTER, M./ ECKERT, B./ JODL, H. J. (2005): Experimentieren aus der Ferne – Ferngesteuertes Labor im Internet. In: Praxis der Naturwissenschaften - Physik in der Schule, 54, H. 6, 40-46.

BERUFENET (2008): Das umfassende Netzwerk für Berufe von A – Z. Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg. Online: http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp (20.5.2008).

BMBF (2007): Berufsbildungsbericht. Berlin.

BMWI (1999): Verordnung über die Berufsausbildung zum Informationselektroniker/zur Informationselektronikerin. Verkündet im Bundesgesetzblatt Jahrgang 1999 Teil I Nr. 36, Bonn.

E-TEACHING.ORG (2007): Virtuelle Labore. Online: http://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/virtuelles_Labor (22.4.2008).

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KMK (1996, 2007): Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe. Sekretariat der Kultusministerkonferenz, Bonn.

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