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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
WS 11 Staatliche Förderprogramme

Betriebliche Ausbildungsverbünde: Ansätze zur Qualitätssicherung

 

Abstract

Diesem Vortrag liegen zwei Kernaussagen zugrunde: Duale Ausbildung im Rahmen eines Ausbildungsverbundes besitzt – im Vergleich zur herkömmlichen dualen Ausbildung – ein besonderes Potential in Bezug auf Ausbildungsqualität und Qualitätssicherung. Darüber hinaus kann diese spezielle Ausbildungsform einen Beitrag zur Weiterentwicklung des dualen Systems leisten. Im Folgenden werden die entsprechenden zentralen Aspekte zum Thema „Ausbildungsqualität im Verbund“ – insbesondere auf Basis von einschlägigen Studienergebnissen – herausgearbeitet.

1. Verbundausbildung ist Bestandteil dualer Ausbildungsrealität

Mit diesem Vortrag möchte ich Ihnen einen Einblick in die Ausbildungspraxis von Verbünden vermitteln und dabei vor allem herausarbeiten, inwiefern gerade Verbundausbildung Potential für Ausbildungsqualität birgt. Bei meinen Ausführungen stütze ich mich insbesondere auf Forschungsprojekte des Bundesinstituts für Berufsbildung, an denen ich im Rahmen der Auftragsforschung beteiligt war. Besonders erwähnenswert ist hier das BIBB-Forschungsprojekt „Förderung und Effizienz der Verbundausbildung“, in dessen Verlauf eine bundesweite Bestandsaufnahme von öffentlich geförderten Ausbildungsverbünden vorgenommen wurde. Sämtliche an dieser Ausbildungsform beteiligten Gruppen wurden in den Jahren 2000 bis 2003 befragt, darunter die jeweils zuständigen Landesministerien, die Bewilligungsstellen, die Verbundkoordinatoren und ehemaligen Verbundauszubildenden. (DRINKHUT, SCHLOTTAU 2003b, 21-38) In einer weiteren Studie wurden Gespräche mit Koordinatoren und Partnern aus geförderten sowie aus nicht (mehr) geförderten Verbünden geführt. (DRINKHUT 2005)

Im Mittelpunkt des Vortrags steht folgende Fragestellung: Ob bzw. inwiefern Verbundausbildung – im Vergleich zu einer einzelbetrieblichen Ausbildung – einen Zugewinn an Ausbildungsqualität bedeutet? Unter Verbundausbildung wird hier – im Sinne einer Arbeitsdefinition – eine betriebliche Ausbildung verstanden, an der nicht nur der Ausbildungsbetrieb sowie die Berufsschule bzw. eine Einrichtung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung im üblichen Rahmen beteiligt sind, sondern darüber hinaus weitere Partner einbezogen werden. Als Verbundpartner kämen hier bspw. ein oder mehrere andere Unternehmen, eine Berufsschule, eine außerbetriebliche Ausbildungsstätte oder ein Ausbildungsverein in Frage.

Zunächst möchte ich Ihnen einige Dinge zum Thema Verbund vergegenwärtigen. Bereits das alte Berufsbildungsgesetz sah vor, dass ausbildende Betriebe grundsätzlich externe Partner zu ihrer Unterstützung hinzuziehen konnten. Seit dessen Novellierung im Jahr 2005 ist darüber hinaus die grenzüberschreitende Verbundausbildung zwischen internationalen Partnern gesetzlich verankert. Und: Verbundausbildung ist kein Phänomen der letzten Jahre, sondern es gibt sie praktisch, seitdem es Berufsausbildung gibt. Gleichzeitig ist Verbundausbildung keine Seltenheit. Im Jahr 1987 wurde im Rahmen einer BIBB-Studie erstmals empirisch untermauert, dass Verbundausbildung in „beträchtlichem Umfang zur Ausbildungsrealität“ dazugehört. (HENSGE/ MEYER 1989, 8) Befragt wurden damals 1.100 Betriebe. Zehn Prozent aller Befragten aus Handwerksbetrieben sowie 30 Prozent aus der Industrie erklärten, dass man entweder bereits im Verbund ausbilde oder zumindest an dieser speziellen Ausbildungsform interessiert sei.

2.  Vorteile einer gemeinsamen Ausbildung

Welche Vorteile bringt es Unternehmen, ihre zukünftigen Fachkräfte gemeinsam mit einem oder mehreren Partnern auszubilden? Erstausbildende Unternehmen erhalten von Seiten der Verbundorganisation bspw. Unterstützung bei der Einrichtung ihres betrieblichen Ausbildungsplatzes. Besitzt ein ausbildungsbereiter Betrieb selbst keine Ausbilderin bzw. keinen Ausbilder, so kann hier ein Ausbildungsverein Abhilfe schaffen. Oder aber der Stammbetrieb, wird in die Lage versetzt, das Berufsbild im Rahmen einer gemeinsamen Ausbildung vollständig ausbilden zu können – und das auch bei hoher Spezialisierung. Doch selbst dann, wenn ein Betrieb prinzipiell in der Lage sein sollte, alleine auszubilden, kann er sich für die gemeinsame Ausbildung entscheiden, etwa um Kosten einzusparen. Oder aber die Ausbildungsverantwortlichen möchten die Ausbildungsqualität verbessern, indem die Verbundauszubildenden unterschiedliche Betriebsabläufe kennen lernen und damit in Bezug auf Schlüsselqualifikationen in besonderer Weise gefördert werden. Freie Ausbildungskapazitäten in den Lehrwerkstätten größerer Unternehmen können durch das Angebot von Auftragsausbildung für betriebsfremde Ausbildende besser ausgeschöpft werden. In manchen Verbünden werden Ausbildungsorganisation sowie anfallende Verwaltungsaufgaben für die Verbundpartner übernommen. Denkbar ist darüber hinaus ein positiver „Nebeneffekt“, wenn die eigenen bzw. die „Gast“-Auszubildenden des Verbundpartners einen „Qualifikationstransfer“ zwischen den Betrieben ermöglichen.

3.  Kooperationsbeziehungen in Ausbildungsverbünden

Wie sehen die Kooperationsbeziehungen bzw. sieht die Aufgabenverteilung zwischen den Verbundpartnern aus? Ich beziehe mich im Folgenden auf die Ergebnisse der Befragung von geförderten Verbundträgern aus der BIBB-Studie „Förderung und Effizienz der Verbundausbildung“. Vergleichbare quantitative Aussagen über nicht geförderte Verbünde lassen sich nicht treffen, da hier bislang keine Daten vorliegen .

Mit einem Anteil von 57 Prozent erklärt eine absolute Mehrheit der damals befragten Verbundkoordinatoren und Verbundpartner, es handele sich bei der in ihrem Verbund praktizierten Kooperationsform um eine „Auftragsausbildung“. Diese Form der Verbundausbildung hat gerade im Bereich der Industrie eine lange Tradition – auch jenseits einer öffentlichen Förderung. Der Stammbetrieb schließt den Ausbildungsvertrag ab. Die vom Verbundpartner erbrachten Ausbildungsleistungen werden vom Stammbetrieb bezahlt. Diese Verbundform trifft man häufig in der Metallindustrie an. Dort ist es gerade für die kleinen und mittelgroßen Unternehmen üblich, Auszubildende in bestimmten Fertigungstechniken oder Sachgebieten für mehrere Tage oder Wochen in die Lehrwerkstatt eines größeren Unternehmens zu schicken. Häufig übernimmt der Verbundpartner dabei komplette Ausbildungsjahre. In manchen Fällen verbringen die „eigenen“ Auszubildenden sogar ihre gesamte Ausbildungszeit beim Verbundpartner.

Ähnlich häufig wird der Austausch von Auszubildenden praktiziert. Sie steht bei den geförderten Verbünden auf dem zweiten Platz: In 42 Prozent der untersuchten Verbundorganisationen wird diese Kooperationsform gepflegt. Dieser Austausch ist – auch außerhalb einer öffentlichen Förderung – als „Nachbarschaftshilfe“ oder „Ausbildungspartnerschaft“ bekannt. Häufig ist diese Kooperationsform im Rahmen von betrieblichen Verbünden anzutreffen, die aus zwei oder mehr Betrieben bestehen können. Sie sind oft informeller Natur – und mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden, vor allem dann, wenn die Betriebe ihre Auszubildenden gegenseitig austauschen, so dass es keinen zusätzlichen Aufwand bedeutet, einen „Gast“-Auszubildenden zu betreuen. Ist ein besonders starker Partner unter den Betrieben, so kann er als „Leitbetrieb unter Partnerbetrieben“ fungieren, der die Auszubildenden einstellt und die gemeinsame Ausbildung koordiniert.

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts setzt man in öffentlichen Ausbildungsplatzprogrammen verstärkt auf Ausbildungsverbünde. In Folge dieser Förderpraxis gewann ein bis dahin eher vereinzelt anzutreffender Typus der Verbundorganisation zunehmend an Bedeutung: der Verbund mit Bildungsträger, der häufig eine zentrale, d.h. initiierende bzw. koordinierende Rolle unter den Verbundpartnern einnimmt. Wie Abbildung 2 zeigt, waren Bildungsträger im Jahr 2002 bundesweit an knapp der Hälfte aller geförderten Verbünde beteiligt.

Diese Verbundform ist in den ostdeutschen Bundesländern deutlich überrepräsentiert , was in erster Linie auf die Ausbildungsplatzprogramme Ost zurückzuführen ist. (Speziell zum Thema Ausbildungsplatzprogramme Ost: BERGER/ BRAUN/ DRINKHUT und SCHÖNGEN 2007) So sind die von den damals befragten Verbundkoordinatoren genannten weiteren Kooperationsaufgaben wie „Gemeinsame Kurse“ (in 32 % aller Verbünde anzutreffen), die gemeinsame „Rekrutierung von Auszubildenden“ (27 %) und „Ausbilderweiterbildung“ (9 %) deutlich häufiger in einem Verbund mit Bildungsträger angesiedelt. Externes Ausbildungsmanagement gehört für 15 Prozent der Verbünde zum Aufgabenspektrum. Doch auch in Verbundorganisationen mit kooperierenden bzw. koordinierenden Bildungsträgern wird der Austausch von Auszubildenden zwischen den betrieblichen Partnern praktiziert.

4.  Das besondere Qualitätspotential einer Verbundausbildung

Worin besteht nun das besondere Qualitätspotential einer Verbundausbildung? Betrachten wir zunächst den Input und damit Abbildung 3: Eine zentrale Rolle spielt die betriebliche Ausbildung im Rahmen des Kerngeschäfts der einzelnen Verbundpartner. Damit verbunden ist häufig das Ziel, die Ausbildungsqualität erhöhen zu wollen, denn viele Verbundpartner könnten durchaus auch alleine ausbilden. Die Auszubildenden können im Partnerbetrieb Tätigkeitsfelder kennen lernen, die ihr Lehrbetrieb selbst nicht aufweist. Manche Verbundbetriebe begrüßen es zudem, wenn ihre Auszubildenden – neben dieser Vermittlung von Spezialfertigkeiten – Gelegenheit erhalten, ein weiteres Arbeitsumfeld kennen zu lernen. So bringt die Verbundausbildung dem Auszubildenden generell ein größeres Spektrum an Ausbildungsinhalten, Ausbildungsmethoden und – nicht zu vergessen – praktische Erfahrung an adäquaten Maschinen.

Das Niveau der Ausbildung wird auch dann angehoben, wenn die Verbundauszubildenden entlang einer – für den späteren Berufsbereich typischen – wirtschaftlichen Wertschöpfungskette ausgebildet werden: Vor allem im Dienstleistungsbereich ist dieser Einblick in das gesamte Spektrum des späteren Berufsumfeldes für die Ausbildung kompetenter Fachkräfte von besonderem Vorteil. So erklärte der Personalleiter einer Transportfirma aus Schleswig-Holstein, er halte Verbundausbildung gerade im Dienstleistungsbereich für enorm wichtig. So lernten die zukünftigen Speditionskaufleute seines Unternehmens während ihrer Ausbildung drei Geschäftspartner in Gestalt einer Herstellerfirma, einer Spedition sowie einem Transportunternehmen kennen. (DRINKHUT 2005, 92)

Im Idealfall richten die Verbundpartner ein Steuergremium ein, um die Ausbildungsqualität einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu unterziehen. Das Ausbildungsniveau profitiert ebenfalls dann, wenn einer der Verbundpartner über ein besonders qualifiziertes Ausbildungspersonal, spezielle Ausbildungsmittel oder eine dem Ausbildungsziel besonders adäquate räumliche Ausstattung verfügt. Ähnliches gilt für spezielles Know-how bzw. Instrumentarien bspw. für die Bewerberauswahl oder Weiterbildung von Ausbilderinnen und Ausbildern. Ein positiver „Nebeneffekt“ von Verbundausbildung ist meist, dass das Ausbildungspersonal im Zuge der gemeinsamen Ausbildung Gelegenheit erhält, neue Ausbildungsmethoden kennenzulernen bzw. ihr eigenes Ausbildungsvorgehen mit dem anderer Ausbilder neu zu überdenken. Ein Ausbildungsverbund kann für eine eigene „geschlossene Fachklasse“ an der Berufsschule sorgen. Theorie und Praxis und die zeitliche Abfolge können dann gezielter aufeinander abgestimmt werden, als bei einer einzelbetrieblichen Ausbildung.

Ich muss an dieser Stelle betonen, dass es hier erst einmal nur um Potentiale geht, die von den Verbundpartnern ausgeschöpft werden können oder auch nicht. So ist z.B. das zuvor erwähnte Steuerungsgremium im Sinne eines gezielten Qualitätsmanagements für die Verbundausbildung eher Modellprojekten vorenthalten. Ausbildungsverbünde mit allein betrieblichen Partnern wären mit solch einem Instrumentarium meist überfordert. Das Gelingen einer gemeinsamen Ausbildung auf möglichst hohem Ausbildungsniveau setzt eine adäquat strukturierte und funktionierende Verbundorganisation voraus. Zentrale Frage ist, inwieweit es den Verbundpartnern gelingt, das verbundeigene Ausbildungspotential zu realisieren – d.h. die zur Verfügung stehenden Ausbildungslernorte zu einer optimalen Gesamtausbildung zusammenzufügen, und zwar im Hinblick auf mehrere Aspekte: Lernorganisation, Curriculum, Auswahl zukunftsorientierter Ausbildungsinhalte und kontinuierliche Anpassung an sich verändernde Voraussetzungen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt – idealerweise – im Sinne einer „lernenden Organisation“. Wie werden die Ausbildungsprozesse, in denen Grund-, Schlüssel- und Zusatzqualifikationen sowie Spezialkenntnisse oder berufsübergreifende Qualifikationen vermittelt werden sollen, von den Verbundpartnern letztendlich gestaltet? Wie realistisch erscheint eine gemeinsam konzipierte Lern- und Ausbildungsorganisation für das Gros der Verbünde überhaupt?

5.  Qualitätssicherung in der Verbundorganisation

Im Rahmen einer Verbundausbildung denkbare bzw. wünschenswerte Qualitätssicherungsinstrumente habe ich Ihnen in Abbildung 4 zusammengetragen. Ich möchte zunächst den schriftlich fixierten betrieblichen Ausbildungsplan besonders hervorheben: Bereits aufgrund des Abstimmungsbedarfs aller an der Verbundausbildung beteiligten Partner sind in Verbünden häufiger schriftliche Ausbildungs- und Umsetzungspläne anzutreffen als dies bei der einzelbetrieblichen Ausbildung der Fall ist. Dasselbe gilt für die Vollständigkeit der Ausbildung, denn die Hauptaufgabe eines Verbundes besteht ja gerade darin, Defizite der einzelnen Betriebe auszugleichen. D.h. für die Planmäßigkeit und Vollständigkeit einer Ausbildung existieren im Rahmen eines Ausbildungsverbundes im Vergleich zu einer betrieblichen Ausbildung besonders gute Voraussetzungen. Als weitere Instrumente zu nennen sind: der Laufplan für jeden einzelnen Verbundauszubildenden, regelmäßige Ausbildertreffen, die inhaltliche bzw. zeitliche Abstimmung mit der Berufsschule sowie Gespräche mit den Auszubildenden und das regelmäßige Überprüfen des Ausbildungsstandes anhand des Berichtsheftes.

Gespräche mit Koordinatoren ergaben, dass eine gezielte Qualitätssicherung über die eigenen betrieblichen Grenzen hinaus hingegen kaum stattfindet. Ein kontinuierlicher Rückkoppelungsprozess im Sinne eines Verbesserungsprozesses wird gerade in informellen, kleineren Verbünden selten bewusst gestaltet. Der Koordinator eines Ausbildungskonsortiums für Biologielaborantinnen im Ruhrgebiet beschreibt diese Situation recht anschaulich: „Die Qualität während der Ausbildung wird durch ein paar Regularien gewährleistet: ‚regelmäßige' Tests des Wissensstands der Auszubildenden, hinzu kommt eine Bewertung der Auszubildenden von Seiten der (vierzehn) Arbeitsgruppenleiter. Weiter könne man in den einzelnen Arbeitsgruppen nicht hineinblicken, da der Verbund ‚ein zartes Pflänzchen' sei, denn die Ausbildung der Biologielaborantinnen stelle erstmal eine ‚Belastung' dar, der man nicht zusätzlich noch etwas hinzufügen dürfe.“ (DRINKHUT 2005, 6)

Es ist zu fragen, ob nicht eine gezielte Vorbereitung auf die Besonderheiten einer Verbundausbildung für das Ausbildungspersonal – gerade auch im Hinblick auf eine Qualitätssicherung – sinnvoll wäre? Die Aussagen mancher Befragten legen dies nahe: Während eines Intensivinterviews erklärte der Ausbilder eines Ausbildungsverbunds der Mikrotechnologie, dass er sich auf seine Aufgaben im Verbund durch „Learning-by-doing“ erst habe annähern müssen. Dabei gehe es vor allem um die „persönliche Ebene“, wie man bspw. Kontakte knüpft oder Verhandlungsgeschick zeigt. Außerdem müsse man Methoden lernen, um den „Kontakt zu den eigenen Auszubildenden“ während der Ausbildungsphasen beim Verbundpartner aufrecht zu erhalten. Denn bereits nach drei Wochen könnte, so der Befragte, bei den jungen Leuten „viel schief gehen“. So müsse man als Ausbilder besonders viel Sensibilität entwickeln für Entwicklungsvorgänge bei den Auszubildenden.“ (DRINKHUT 2005, 20) Damit wären bereits potentiell denkbare Lerninhalte für Ausbilder/-innen in Ausbildungsverbünden benannt.

Demgegenüber konnte ein Teil der befragten Verbundbeteiligten keinen diesbezüglichen Handlungsbedarf erkennen, was darauf zurückgeführt werden könnte, dass für die meisten Betriebe die Ergebnisqualität der Ausbildung von zentraler Bedeutung ist. „Hartes“ pragmatisches Kriterium für Ausbildungsqualität für Unternehmen ist, ob die Auszubildenden ihre Abschlussprüfung bestehen und als fertig ausgebildete Fachkräfte im Arbeitsprozess übergangslos eingesetzt werden können.

Die Gründung stellt eine entscheidende Phase in der Entwicklung eines Verbundes dar, während der die Weichen für eine erfolgreiche Ausbildung gestellt werden. Damit beginnt Qualitätssicherung idealerweise schon bei der Verbundgründung. Das folgende Schaubild 5 fasst die Arbeitsschritte zusammen, die die Verbundpartner auf dem Weg zur Verbundgründung gezielt angehen sollten.

Mittlerweile gibt es übrigens eine Vielzahl von Handlungsanleitungen, die über das geplante Vorgehen bei einer Verbundgründung informieren. (wie z.B. BIBB 2003a)

Will man sich der Ausbildungsqualität von Verbundausbildung theoretisch nähern, so müssen mehr Qualitätsdimensionen berücksichtigt werden, als das für eine herkömmliche duale Ausbildung der Fall wäre. Ich habe mir in dieser Darstellung (Abb. 6) erlaubt, die von Friedhelm Schütte dargestellten vier Ebenen der Qualitätsdimension zu übernehmen. (SCHÜTTE 2003, 293) Den Dimensionen Lern- und Arbeitsaufgabe, Ausbildung/ Unterricht, Lernort und Verbund habe ich eine weitere Ebene hinzugefügt, die – zumindest bei einem Teil der Verbünde – unbedingt berücksichtigt werden sollte: das Netzwerk. Die öffentliche Förderung von regionalen Netzwerken, wie z.B. durch Jobstarter, die neue Ausbildungsverbünde extern mit Beratung und Instrumentarien für die Ausbildung initiieren und stützen, ist begrüßenswert, zumal diese Beratungskonzepte die wirtschaftliche Entwicklung in der Region berücksichtigen. Gleichzeitig müssen sämtliche Qualitätsdimensionen auf die Qualitätsbereiche Input, Prozess, Output, Transfer und Outcome hin analysiert werden.

6.  Fazit

Abschließend möchte ich die Vorteile von Verbundausbildung zusammenfassen (vgl. Abb. 7): Defizite von Betrieben, die alleine nicht ausbilden könnten, werden ausgeglichen und die Ausbildung mindestens auf das „normale“ Maß angehoben. Die Ausbildung der Verbundauszubildenden im jeweiligen Kerngeschäft der Verbundpartner optimiert die Ausbildungsqualität. Ausbildungsverbünde bieten eine gute Grundlage für eine vollständige und planmäßige Ausbildung. Neue Ausbildungsberufe können schneller bzw. leichter implementiert werden. Eine gemeinsame Ausbildung unterstützt Betriebe zudem bei der Umsetzung von Ausbildungsordnungen anspruchsvoller Berufsbilder. Verbünde verbessern das regionale Ausbildungsplatzangebot in unterversorgten Regionen. Und: Ausbildungspartnerschaften können – im Sinne einer bedarfs- bzw. zukunftsorientierten Berufsausbildung – Qualifikationen vermitteln, die noch nicht von Berufsbildern abgebildet werden.

Wird Verbundausbildung in Phasen des Lehrstellenmangels als probates Mittel zur Schaffung von mehr bzw. zusätzlichen Ausbildungsplätzen eingesetzt, liegt ihr eigentliches Potential meiner Ansicht nach darin begründet, das Niveau der dualen Berufsausbildung aufrecht zu erhalten bzw. anzuheben. Verbundausbildung ist ein Mittel, Betrieben auch vor dem Hintergrund veränderter ökonomischer Bedingungen eine eigene betriebliche Ausbildung zu ermöglichen, zumal der Trend zum hochspezialisierten, vernetzt arbeitenden Kleinbetrieb anhält. Während die Spezialisierung bei der einzelbetrieblichen Ausbildung schnell zum Nachteil gerät, kann sie im Rahmen einer Verbundausbildung dazu eingesetzt werden, Ausbildungsqualität zu steigern. Denn: Gerade hochspezialisierte Unternehmen können Ausbildungsinhalte auf höchstem Niveau vermitteln. Parallel zur ökonomischen Entwicklung werden neue Berufe konzipiert, die selbst von vielen führenden Unternehmen bzw. Einrichtungen nicht immer alleine ausgebildet werden können. (DRINKHUT und SCHLOTTAU 2006, 16-20) Auch hier ist Verbundausbildung potentiell ein Ausweg. Und nicht nur das: Verbundausbildung kann nicht nur zur Gestaltung einer hochwertigen Ausbildung beitragen, sondern gerade bei der Weiterentwicklung des dualen Berufsausbildungssystems eine zentrale Rolle spielen.

 

Literatur

BERGER, K./ BRAUN, U./ DRINKHUT, V./ SCHÖNGEN, K. (2007): Wirksamkeit staatlich finanzierter Ausbildung. Ausbildungsplatzprogramme Ost – Evaluation, Ergebnisse und Empfehlungen. Bonn.

BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG (Hrsg.) (2003): STARegio – Strukturverbesserung der Ausbildung in ausgewählten Regionen. Gestaltung von Ausbildungsverbünden. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung. Bonn.

DRINKHUT, V. (2005): Strukturen, Finanzierungsformen und Entwicklungen selbstfinanzierter Ausbildungsverbünde. Unveröff. Bericht und Materialband. Bonn.

DRINKHUT, V./ SCHLOTTAU, W. (2003): Förderung von Ausbildungsverbünden: Anschub zu mehr und besseren Ausbildungsplätzen? In: BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG (Hrsg.), 21-38.

DRINKHUT, V./ SCHLOTTAU, W. (2006): Ausbildungspartnerschaften fördern die Einführung neu(geordneter)er Berufe. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 4, 16-20.

HENSGE, K./ MEYER, K. (1989): Arbeitsteilige Ausbildung im Verbund mehrerer Betriebe. Fallanalytische Aufarbeitung der betrieblichen Verbundpraxis. Bonn: Berichte zur beruflichen Bildung. Heft 109.

SCHÜTTE, F. (2003): Qualität von Ausbildung – Qualität und Qualitätssicherung in der Verbundausbildung. Eine berufspädagogische Bestandsaufnahme. In: PAHL, J.-P./ SCHÜTTE, F./ VERMEHR, B., 283-305.

 

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