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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
WS 13 Digitale Medien

Digitale Medienverwendung an berufsbildenden Schulen – Ergebnisse einer empirischen Studie

 

Abstract

Eine Computerneuausstattung für die Stadtschulen in München bildete den Ausgangspunkt einer empirischen Studie zur didaktischen Implementierung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen. Bemerkenswert an der Neuausstattung ist, dass sie sich am didaktischen Bedarf der Einzelschulen orientiert und die Verteilung von Hard- und Software, die Sicherstellung von Wartung, Support sowie Fortbildungsmaßnahmen zentral organisiert werden. Somit wurden in der Schulregion München optimierte infrastrukturelle Bedingungen für eine digitale Medienverwendung im Unterricht geschaffen. Aktuelle nationale und internationale Studien zeigen jedoch, dass auch an Schulen mit einer akzeptablen IT-Infrastruktur die digitale Medienverwendung häufig hinter den Erwartungen zurückbleibt (vgl. SCHULZ-ZANDER/ RIEGAS-STAACKMANN 2004, 300 ff.; BOFINGER 2007, 10; SENKBEIL/ WITTWER 2006, 280). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Lehrkräfte in München die Computerneuausstattung didaktisch nutzen und wie sie ihre digitale Medienverwendung begründen.

Diesbezüglich fand eine teilstrukturierte qualitative Befragung der involvierten Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen statt. Die Erhebung führte zu einer Sammlung von insgesamt 3660 Argumenten, welche ein komplexes Abbild der Intentionen und Motive bezüglich der didaktischen Nutzung der Neuausstattung ermöglichen. Die zentralen Ergebnisse der Studie wurden im Rahmen des Workshops „Digitale Medien“ der Hochschultage „Berufliche Bildung 2008“ vorgestellt.

Vor der Darstellung der Ergebnisse und des Forschungsdesigns erfolgt ein kurzer Abriss der aktuellen theoretischen Diskussion bezüglich der Notwendigkeit oder vielmehr des didaktischen Mehrwerts einer digitalen Medienverwendung im Unterricht.

1.  Begründungen einer digitalen Medienverwendung im Unterricht – aktueller Stand der Diskussion

Die Bemühungen bildungspolitischer Akteure, die Verbreitung und Nutzung digitaler Medien an Schulen zu forcieren, werden u.a. durch folgende in der Fachliteratur diskutierten Argumente und Grundannahmen legitimiert:

•  Digitale Medien eröffnen umfassende Handlungsräume für die Gestaltung von Lehr-/ Lernprozessen. Aufgrund des didaktischen Potenzials wird angenommen, dass eine digitale Medienverwendung im Unterricht zu einer veränderten Lehr-/Lernkultur im Sinne von schülerorientiert-konstruktivistischem Unterricht bzw. selbstgesteuertem Lernen führt.

•  Aufgrund der lernförderlicher Medienmerkmale wie z.B. Interaktivität, Multimedialität, Adaptivität und Hypermedialität und aufgrund einer veränderten Lehr-/Lernkultur durch den Einsatz digitaler Medien erhofft man sich effektivere Lehr-/Lernprozesse im Sinne verkürzter Lernzeiten bzw. erhöhter Lernleistungen der Schüler/-innen.

•  Ein gewisses Maß an digitaler Medienkompetenz wird als grundlegend angesehen für den Erwerb allgemeiner bzw. beruflicher Handlungskompetenzen und viele Jugendliche sind nicht in der Lage sich arbeitsmarktrelevante digitale Medienkompetenzen selbstständig anzueignen.

Im Folgenden werden die einzelnen Grundannahmen und Argumente näher ausgeführt und wird dargelegt, welche empirische Fundierung Punkt (2) und (3) aktuell aufweisen.

1.1  Potenziale digitaler Medien für Lehr-/Lernprozesse

Digitale Medien werden als besonders leistungsfähig angesehen, da sie Funktionen traditioneller Medien im Lehr-/Lernprozess übernehmen, die medialen Handlungsräume im Unterricht erheblich erweitern und Merkmale wie Multimedialität, Adaptivität, Hypermedialität und Interaktivität aufweisen, die als besonders lernförderlich eingestuft werden (vgl. WEIDENMANN 2006, 452). Abbildung 1 verdeutlicht das didaktische Potenzial digitaler Medien für Lehr-/Lernprozesse im Rahmen der Dimensionen Medienfunktionen, Sozialformen und Lernaktivitäten.

Diese drei Dimensionen spannen laut HERZIG einen „Didaktischen Raum“ zur Verortung digitaler Lehr-/Lernarrangements auf. Digitale Medien können in solchen Lehr-/ Lernarrangements beispielsweise als Träger der Information, der Kommunikation bzw. als Träger der Handlungen in und außerhalb des Unterrichts dienen (vgl. TENBERG 2001, 58 ff.). Diese Funktionen können virtuell, im Klassenkontext und in allen erdenklichen Sozialformen zum Tragen kommen. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz digitaler Medien zahlreiche Lernaktivitäten vom Rezipieren von Inhalten bis zum eigenständigen Problemlösen (vgl. HERZIG 2007, 159).

Abb. 2:  Didaktische Handlungsräume durch die Verwendung digitaler Medien (vgl. HERZIG 2007, 159 )

(Für eine bessere Auflösung Linksklick auf die Abbildung)

Diese Verortung von digitalen Medien im Lehr-/Lernprozess und spezifische Medienmerkmale führen zu der theoretischen Grundannahme, dass durch ihren Einsatz reichhaltige Lernumgebungen mit problemhaltigen Aufgaben und der Umsetzung von selbstgesteuerten, kooperativen Lernphasen gestaltet werden können, wie sie von Anhängern des pädagogischen Konstruktivismus gefordert werden ( vgl. WEIDENMANN 2006, 452).

Bildungspolitiker greifen diese Argumente auf und formulieren eine dementsprechend hohe Erwartungshaltung gegenüber einer didaktischen Integration von digitalen Medien an Schulen. Grundsätzlich verspricht man sich mit dem Einsatz von digitalen Medien in der beruflichen Bildung eine größere Reichweite von Bildungsangeboten, flexible Zielgruppen adäquate Bildungsangebote, zeit- und ortsunabhängiges Lernen, die Etablierung einer neuen Lehr-/Lernkultur, Förderung von Lebenslangem Lernen, eine grundlegende Qualitätsverbesserung von Schule und Unterricht und eine damit verbundene erhöhte Leistungsfähigkeit des Bildungssystems (vgl. SCHULZ-ZANDER 2003, 5; BMBF 2007, 3, REVERMANN/ GEORGIEF/ KIMPELER 2007, 5).

Diese Erwartungshaltung führt zu hohen Investitionen. Vor allem in der beruflichen Bildung – Berufsvorbereitung sowie Aus- und Weiterbildung – wird von Branchen- und Bildungsexperten verstärkt daran gearbeitet komplexe, zielgruppenadäquate, prozess- und handlungsorientierte virtuelle Lernangebote bzw. Lernumgebungen zu entwickeln, die realitätsnahes, kooperatives und weitgehend selbstgesteuertes Lernen ermöglichen (vgl. MEISTER 2008, 1; NEISES 2008, 1; BMBF 2007, 10-57). Zudem werden der Ausbau und die Optimierung der technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen einer digitalen Medienverwendung an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Deutschland weiterhin forciert (vgl. BOFINGER 2007, 1ff.; BMBF 2006, 42).

1.2  Wirkungen digitaler Medien auf den Kompetenzerwerb in bestimmten Schulfächern

Der hohen Erwartungshaltung und den hohen Investitionen stehen bisher jedoch nur vereinzelte empirische Ergebnisse gegenüber, die Rückschlüsse auf den Einfluss digitaler Medien auf den schulischen Kompetenzerwerb von Jugendlichen zulassen. Eine erhöhte Lernleistung von Schüler/-innen wird in großangelegten Studien wie z.B. der niedersächsischen Studie „1000mal1000: Notebooks im Schulranzen“ oder in der internationalen Studie „ PISA 2003 und 2006 “, denen standardisierte Leistungstests zugrunde liegen, lediglich in Teilbereichen für bestimmte Gruppen festgestellt (vgl. SCHAUMBURG et al. 2007, 121) bzw. lassen sich keine statistisch bedeutsamen Effekte nachweisen (vgl. SENKBEIL/ WITTWER 2006, 303). Nach einer umfassenden Metaanalyse kommen HERZIG und GRAFFE zu dem Schluss, dass sich auf Basis des aktuellen Forschungsstandes lediglich Hypothesen im Hinblick auf die Wirksamkeit digitaler Medien auf die Fachleistung formulieren lassen. Dies liegt auch darin begründet, dass Medienforschung häufig auf Korrelationsanalysen beruht, die noch nichts über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aussagen, und dass häufig bivariate Zusammenhänge betrachtet werden, die ein anderes Bild ergeben, sobald mögliche weitere Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen in die Analyse mit einbezogen werden (vgl. HERZIG/ GRAFFE 2007, 92).

Ein Statement von KLAUSER aus dem Jahr 2005 ist demnach immer noch aktuell. Es fasst den empirischen Stand der Forschung folgendermaßen zusammen: „ Ob, in welchem Maße und unter welchen Bedingungen das Lehren und Lernen mit Computern, Datennetzen und Lernsoftware pädagogisch effektiver und ökonomisch effizienter ist als Lehren und Lernen mit traditionellen Medien und Lernformen, ist empirisch bisher nicht hinreichend geklärt “ (KLAUSER 2005, 111).

1.3  Medienkompetenz als Voraussetzung für berufliche Handlungskompetenz

Trotz der aktuell noch unzureichenden Befundlage ist die didaktische Implementierung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen nachweislich von zentraler Bedeutung. Die zunehmende Verbreitung von Computertechnologien in gesamtgesellschaftlichen Bereichen und im Beschäftigungssystem bewirkt in diesem Zusammenhang einen gesellschaftlichen Druck auf Schulen, digitale Medien im Unterricht zu verwenden und den Schüler/-innen die notwendigen digitalen Medienkompetenzen zu vermitteln.

Eine Unternehmensbefragung im Jahr 2006 ergab beispielsweise, dass 84% aller befragten Unternehmen (N = 10.462) aus allen Branchen Computertechnologien zur Umsetzung ihrer Arbeits- und Geschäftsprozesse verwendeten: große und mittlere Unternehmen (mehr als 20 Beschäftigte) annähernd zu 100%, kleinere Unternehmen (weniger als 20 Beschäftigte) zu 82% (v gl. STATISTISCHEN BUNDESAMTES 2007, 4). Digitale Medien dienen somit als Querschnittstechnologien für alle Branchen und der Erwerb entsprechender Computerkompetenzen stellt eine Grundvoraussetzung für den Erwerb allgemeiner und beruflicher Handlungskompetenzen von Jugendlichen dar.

Obwohl Jugendliche in Deutschland in der Regel Zugang zur nötigen IT-Infrastruktur haben und mehrmals wöchentlich mit Computertechnologien umgehen, praktiziert ein großer Prozentsatz eine überwiegend freizeitorientierte Computernutzung und die Aneignung programmbezogener Computerkompetenzen bleibt defizitär. Im Rahmen der PISA-Studie 2006 wurde festgestellt, dass die beteiligten Jugendlichen offensichtlich nicht in der Lage sind, sich zu Hause aus eigenem Antrieb für das Berufsleben wichtige programmbezogene Medienkompetenzen anzueignen (vgl. SENKBEIL/ WITTWER 2007, 286).

Es wurde jedoch ebenfalls festgestellt, dass eine schulische Mediennutzung diesbezüglich ausgleichend wirkt, da die Jugendlichen, die digitale Medien häufig in der Schule nutzten, signifikant häufiger eine aufgabenbezogene Computernutzung an den Tag legten, als Jugendliche, die selten digitale Medien in der Schule verwendeten. Daraus kann gefolgert werden, dass ein verstärkter Einsatz von digitalen Medien an Schulen ausgleichend wirkt und Schüler/-innen zu einer programmbezogenen Nutzung und damit auch zur Aneignung programmbezogener digitaler Medienkompetenzen angeregt werden. Da eine schulische Nutzung digitaler Medien in Deutschland noch nicht so etabliert ist wie in anderen OECD-Staaten, zeigt sich hier ungenutztes Bildungspotenzial, das es künftig zu aktivieren gilt.

Trotz der ambivalenten empirischen Datenlage stellen Bildungspolitiker die Notwendigkeit einer didaktischen Implementierung an Schulen kaum in Frage und die IT-Infrastruktur an Schulen wird zunehmend ausgebaut. Es folgt nun die Darstellung einer explorativ qualitativen Studie zur didaktischen Implementierung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen in München.

2.  Explorativ qualitative Studie zur didaktischen Implementierung digitaler Medien an berufsbildenden Schulen in München

2.1  Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Medien an Münchner Schulen

An allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen der Stadt München wurden seit 2001 optimierte technische und organisatorische Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht realisiert. Zuvor bestanden sehr heterogene IT-Einzellösungen auf Schulebene, deren Wartung und Administration von einzelnen computerversierten Lehrkräften abhing. Ausgehend davon wurde eine vernetzte Computerneuausstattung mit standardisierter Hardware und zentralem Softwareverteilungssystem implementiert, welche von IT-Fachkräften betreut und gewartet wird (vgl. TENBERG/STEIGER/EDER 2006, 8). Die Beschaffung, Installation, Wartung und Aktualisierung der benötigten Hard- und Software wird vom Zentrum für Informationstechnologie im Bildungsbereich (ZIB) der Stadt München organisiert. Folgende Ziele sollen durch das Gesamtprojekt erreicht werden:

•  Hohe Verfügbarkeit digitaler Medien im Unterricht: Miteinander vernetzte, internetfähige Computer sollen in möglichst allen Unterrichtsräumen zur Verfügung stehen.

•  Einfache Handhabung: Die Computerausstattung soll sowohl für Lehrkräfte als auch für Schüler/-innen einfach zu handhaben sein.

•  Technischer Support: Wartung und Reparatur der Computerneuausstattung übernehmen IT-Fachkräfte und nicht wie bisher computerversierte Lehrkräfte an der jeweiligen Schule.

•  Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit: Die technische Ausstattung der Schulen erfolgt nach einem langfristig angelegten Konzept. Folgekosten, z.B. entstehend durch eine kontinuierliche Aktualisierung der Ausstattung sowie Wartung und Support, sind von vornherein im Budget enthalten.

Damit sich die Computerneuausstattung am pädagogischen Ausstattungsbedarf der einzelnen Schulen orientiert, erfolgte sie zunächst auf Basis sogenannter Pädagogischer Technologiepläne. Diese enthielten eine konkrete Planung von computerbasierten Unterrichtskonzepten inklusive mediendidaktischer Ziele der Einzelschulen und eine darauf aufbauende Technikbedarfs- und Fortbildungsplanung. Die Pädagogischen Technologiepläne wurden im Laufe des Projektes zu Medienpädagogischen Entwicklungsplänen (MPE) weiterentwickelt (vgl. TENBERG/EDER 2007, 187). Die Schulen sollen damit, im Sinne eines Qualitätsmanagementprozesses, regelmäßig den mediendidaktischen Ist-Zustand beschreiben, den Umsetzungsstand der mediendidaktischen Intentionen überprüfen, konkrete Konzepte für die didaktische Qualifizierung der Lehrkräfte im Umgang mit der Computerneuausstattung formulieren und abwägen, ob zusätzliche Netzwerkkomponenten benötigt werden. Basierend auf den MPE wird im Rahmen von Selbstevaluation der Schulen ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Vierjahreszyklus initiiert. Die Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse dienen sowohl der inneren Schulentwicklung als auch der weiteren Ausstattungs- und Fortbildungsplanung der gesamten Schulregion. Aufgrund des nachhaltigen und konzeptionellen Vorgehens wurde das Projekt im Rahmen der internationalen Studie „ IT in Schulregionen “ als Best Practice identifiziert (vgl. VORNDRAN/ WIGGENHORN 2003, 65).

2.2  Zentrale Fragestellung der Studie

Die Erwartungshaltung der Sachaufwandsträger dem Projekt gegenüber ist hoch. Zentrale Intention ist, dass der Einsatz digitaler Medien im Unterricht alltäglich wird und die Potenziale von Computertechnologien fächerübergreifend genutzt werden. Aktuelle Studien zur digitalen Medienverwendung im Unterricht zeigen jedoch, dass auch an Schulen mit einer akzeptablen IT-Infrastruktur häufig nur eine Minorität der Lehrkräfte digitale Medien im Unterricht einsetzt und gute infrastrukturelle Voraussetzungen nicht zwangsläufig zu einer intensiven Nutzung führen (vgl. SCHULZ-ZANDER/RIEGAS-STAACKMANN 2004, 300 ff.; BOFINGER 2007, 10; SENKBEIL/WITTWER 2006, 280) . So stellt sich die Frage, wie Lehrkräfte in München die Computerneuausstattung annehmen und wie sie ihre digitale Medienverwendung begründen.

In diesem Zusammenhang wurde eine externe wissenschaftliche Begleitung durch das Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung (Abteilung Berufspädagogik) beauftragt, die Akzeptanz und Nutzung der Computerneuausstattung durch die Lehrkräfte festzustellen. Zwei Fragestellungen standen dabei im Zentrum der Untersuchung:

 

1.  Nutzungsintensität zur Durchführung und Organisation von Unterricht :

•  Wie intensiv setzen die beteiligten Lehrkräfte die Computerneuausstattung bzw. einzelne Anwendungen für den Unterricht bzw. zu dessen Vor- und Nachbereitung ein?

•  Bedingen personenbezogene (z.B. Alter, Geschlecht) und medienbezogene Merkmale (z.B. Computerkompetenz, Einstellung zu digitalen Medien) die Intensität der didaktischen Computernutzung?

2.  Argumente bzw. Begründungen der Lehrkräfte für und gegen einen Einsatz der Computerneuausstattung bzw. einzelner Anwendungen für den Unterricht bzw. zu dessen Vor- und Nachbereitung?
Daraus ergeben sich u.a. folgende Teilfragestellungen:

•  Welche Einstellungen und Erfahrungen äußern die Lehrkräfte bezüglich der Neuausstattung?

•  Welche didaktischen Ziele verfolgen sie mit dem Einsatz einzelner Anwendungen?

•  Welche Auswirkungen auf Lehrerkooperation und Kommunikationskultur an den Schulen lassen sich feststellen?

•  Welche zentralen Hemmnisse treten im Umgang mit der Computerneuausstattung auf?

2.3  Design der Gesamtstudie

Zum Zeitpunkt der Untersuchung stand fest, dass weitreichende Aussagen über die didaktische Implementierung digitaler Medien nur auf Grundlage breit angelegter quantitativer Studien getroffen werden können, dass diese jedoch häufig zu unspezifisch sind und wenig Bezug zur Unterrichtsrealität aufweisen (vgl. TENBERG/ STEIGER/ EDER 2006, 42).

Daher wurde ausgehend von Feldstudien und Leitfadeninterviews ein qualitatives Befragungsinstrument für eine Voruntersuchung entwickelt, das im Rahmen von qualitativen Onlinebefragungen an 15 Schulen jeder Schulform (berufsbildende Schulen, Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen, Grundschulen) eingesetzt wurde, welche mittlerweile abgeschlossen sind. Fach- und Berufsoberschulen wurden aufgrund ihrer allgemeinbildenden Orientierung gemeinsam mit den Gymnasien befragt. Die Befragungsergebnisse der Voruntersuchung dienen als Grundlage für die Entwicklung eines Erhebungsinstruments für eine quantitative Hauptuntersuchung, die als Vollerhebung geplant ist und sich aktuell in der Pilotphase befindet.

Abbildung 1 verdeutlicht zusammenfassend die Gliederung der Gesamtstudie in fünf qualitativ explorative Voruntersuchungen an den jeweiligen Schulformen und in eine quantitative Hauptuntersuchung, welche schulformübergreifend durchgeführt wird (vgl. TENBERG/ EDER 2007, 188).

Abb.2: Design der Gesamtstudie

 

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Voruntersuchung an den berufsbildenden Schulen auszugsweise und komprimiert dargestellt.

2.4  Ergebnisse der Voruntersuchung an den berufsbildenden Schulen

2.4.1  Merkmale der Stichprobe

Die Auswahl der 15 Lehrerkollegien für die Voruntersuchung an den berufsbildenden Schulen erfolgte mittels Zufallsauswahl. An den ausgewählten Schulen wurde jeweils das gesamte Lehrerkollegium gebeten sich an der Befragung zu beteiligen. Hier unterrichteten im Schuljahr 2004/2005 insgesamt 489 Lehrkräfte, 321 davon waren hauptamtlich tätig, 193 Lehrer/-innen beteiligten sich letztendlich an der Befragung. Dies entspricht einem Rücklauf von 60% bezogen auf die hauptamtlichen Lehrkräfte.

Die Gruppe der Befragungsteilnehmer setzt sich zu einem Drittel aus weiblichen und zu zwei Dritteln aus männlichen Lehrkräften zusammen. Die Altersstruktur gliedert sich wie folgt: 15% der Lehrkräfte sind zwischen 29 und 40 Jahre alt, 53% sind zwischen 41 und 52 Jahre alt und 33% sind zwischen 53 und 65 Jahre alt. Somit bewegen sich mehr als die Hälfte der Befragten im Altersspektrum zwischen 41 und 52 Jahren. Es ergibt sich ein Durchschnittsalter von ca. 48 Jahren (vgl. TENBERG/EDER 2007, 188).

Auf die Frage hin, auf welchem Niveau sie ihre Computerkompetenzen einstufen, äußerten sich die Befragungsteilnehmer überwiegend selbstbewusst. 10% der Lehrkräfte bezeichnen sich als Experten, 46% als kompetente Akteure und 37% als fortgeschritten Anfänger im Umgang mit Computer. Nur 6% geben an Computeranfänger zu sein, 0,5% haben keine Computernutzungserfahrungen. Die relativ hohe Computerkompetenzeinschätzung spiegelt sich in einer relativ intensiven Computernutzung der Lehrkräfte wider.

2.4.2  Einsatzhäufigkeit der Computerneuausstattung sowie einzelner Applikationen

Insgesamt gaben die Lehrkräfte (N = 193) an, die Computerneuausstattung relativ häufig zu nutzen. Für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Unterricht setzen 30% der Lehrer/-innen die Ausstattung täglich ein, 30% mehrmals pro Woche und 11% ca. einmal pro Woche (siehe Abbildung 2).

Somit realisieren etwa 71% der Lehrkräfte die Zielvorstellung der Projektverantwortlichen vom selbstverständlichen Einsatz digitaler Medien. Demgegenüber stellen 28,5% der Lehrkräfte fest die Ausstattung selten (20%) oder gar nicht zu nutzen (8%).

Neben einer allgemeinen Nutzung der Computerneuausstattung wurden die Lehrkräfte auch zur Einsatzhäufigkeit einzelner Standardanwendungen bzw. einzelner Steuer- und Kontrollfunktionen der Pädagogischen Oberfläche (CaLa) im Unterricht befragt.

Die Funktionen von CaLa sollen eine einfache Handhabung der Computerneuausstattung für alle Lehrkräfte ermöglichen, auch wenn diese lediglich über Basiskompetenzen im Umgang mit dem Computer verfügen. Für die Nutzung von Standardanwendungen bzw. die Nutzung der Pädagogischen Oberfläche ergab sich folgende Rangfolge (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1 verdeutlicht, dass vor allem Textverarbeitungsprogramme wie z.B. Word und das Internet intensiv im Unterricht eingesetzt werden. 66% bzw. 64% der befragten Lehrkräfte geben an diese Applikationen mindestens einmal pro Woche bis täglich im Unterricht zu nutzen. Insgesamt ergibt sich nachstehende Rangfolge im Hinblick auf die Anwendungshäufigkeit: einmal pro Woche bis täglich: Word (66%), Internet (64%), Acrobat Reader (42%), E-Mail (40%), Excel (37%), Powerpoint (23%).

Beliebteste Kontroll- und Steuerfunktion der Lehrkräfte ist das Zulassen und Sperren des Internetzugangs. Etwa 37% der befragten Lehrkräfte nutzen diese Kontrollfunktion mindestens einmal pro Woche bis täglich. Des Weiteren werden in dieser Intensität genutzt: Schülerpasswörter setzen (24%), Zuweisen von Software (23%), Austeilen und Wiedereinsammeln von Dokumenten (20%), Aktivieren/Deaktivieren von Bildschirm/Maus/Laufwerk etc. an Schülerarbeitsplätzen (18%), Nachrichten senden (16%), Remote Control (14%) und der Prüfungsmodus (9%) (vgl. TENBERG/EDER 2008, 189).

2.4.3  Zusammenhang personenbezogener und medienbezogener Merkmale der Lehrkräfte

Auf Basis der quantitativ erhobenen Daten wurde überprüft, inwieweit personenbezogene Merkmale der Lehrkräfte (Alter, Geschlecht) mit medienbezogenen Merkmalen der Lehrkräfte (Computerkompetenz, Computernutzungshäufigkeit und Einstellung zu digitalen Medien) korrelieren bzw. inwieweit die medienbezogenen Merkmale untereinander korrelieren.

Dabei zeichnen sich im Hinblick auf personenbezogene Merkmale keine erwähnenswerte Zusammenhänge ab. Ältere Lehrkräfte nutzen die Ausstattung in einer ähnlichen Intensität und schätzen ihre Computerkompetenz ebenso selbstbewusst ein, wie jüngere Lehrkräfte. In Bezug auf die Frage ob sich geschlechtsspezifische Unterschiede ergeben, konnte lediglich eine Tendenz festgestellt werden. So schätzen sich männliche Lehrkräfte häufiger als IT-Experten ein, wohingegen die Selbsteinschätzung der weiblichen Lehrkräfte eher im oberen Mittelfeld liegt. Für den Zusammenhang Geschlecht und Nutzungshäufigkeit des Pädagogischen Netzes ergibt sich ein Wert von r s = -0,20. (Der Wertebereich der Rangkorrelation erstreckt sich von –1 (perfekt negativer Zusammenhang) über 0 (kein Zusammenhang) bis +1 (perfekt positiver Zusammenhang). ) Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede sind jedoch sehr gering ausgeprägt, so dass lediglich von einer Tendenz gesprochen werden kann.

Da personenbezogene Merkmale im Rahmen der vorliegenden Stichprobe nicht als potenzielle Bedingungsfaktoren der Computernutzung der Lehrkräfte bzw. deren Computerkompetenz identifiziert wurden, stellt sich die Frage, ob die medienbezogenen Merkmale untereinander in Zusammenhang stehen. Zwischen den Merkmalen Computerkompetenz und Nutzungshäufigkeit des Pädagogischen Netzes besteht ein signifikant positiver Zusammenhang (r s = 0,61; p < 0,01 ), d.h., Lehrkräfte, welche sich als kompetente Akteure oder. als Experten sehen, nutzen die Ausstattung des pädagogischen Netzes deutlich häufiger als Lehrkräfte, welche sich als wenig kompetent im Umgang mit dem Computer betrachten. Da Korrelationen keine Auskunft über mögliche Ursache-Wirkungs-Beziehungen geben, kann dies auch bedeuten, dass die Lehrkräfte, welche die Computerneuausstattung häufig nutzen, sich kompetenter fühlen als Lehrkräfte, die selten auf die IT-Infrastruktur zurückgreifen. Abbildung 3 verdeutlicht die durchschnittliche Computernutzung der Lehrkräfte mit unterschiedlicher Computerkompetenzeinschätzung.

Ebenso konnte für die medienbezogenen Merkmale Einstellung zum Medium und Computernutzung ein signifikant positiver Zusammenhang identifiziert werden (r s = 0,47; p < 0,01 ). Je befürwortender die Einstellung der Lehrkraft zur Nutzung der Computerneuausstattung (Die befürwortenden und ablehnenden Aussagen der Lehrkräfte zur Nutzung des pädagogischen Netzes wurden ins Verhältnis gesetzt und so die Kategorien sehr befürwortend, befürwortend, neutral und ablehnend definiert. ), desto häufiger setzt sie die Neuausstattung im Unterricht und zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts ein bzw. je häufiger die Lehrkräfte die Computerneuausstattung nutzen, desto befürwortender äußern sie sich. Ein divergentes Bild zeigt sich lediglich bei den Lehrkräften, die eine neutrale Haltung aufweisen (siehe Abbildung 4). Sowohl Zuspruch als auch Kritik an der Ausstattung lassen sich auf eine intensive Nutzung zurückführen. Hinter einer neutralen Einstellung steht häufig eine indifferente Haltung der Personen mit einer geringen Nutzung der Ausstattung.

Darüber hinaus konnte für diese Stichprobe festgestellt werden, dass Lehrkräfte, welche sich überwiegend positiv bzw. sehr positiv zum Einsatz des Pädagogischen Netzes äußern, sich kompetenter einschätzen als Lehrkräfte, welche sich negativ bzw. neutral zur Computerneuausstattung äußern. Es besteht ein gering ausgeprägter positiver linearer Zusammenhang r (N = 192) = 0,35 (p < 0,01).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine intensive Computernutzung mit den Merkmalen Computerkompetenz der Lehrkraft und Einstellung zum Medium korreliert, daraufhin lassen sich folgende Hypothesen formulieren, die es in weiteren Studien zu überprüfen gilt:

•  (H1): Je höher die Computerkompetenz einer Lehrkraft, desto eher nutzt sie verfügbare digitale Medien im Unterricht.

•  (H2): Je höher der wahrgenommene didaktische Mehrwert, desto eher nutzt eine Lehrkraft verfügbare digitale Medien im Unterricht.

 

2.4.4  Befürwortende und ablehnende Argumente im Hinblick auf die didaktische Verwendung der Computerneuausstattung

Zur Erhebung von Begründungen der Lehrkräfte in Bezug auf die Nutzung des Pädagogischen Netzes kam ein qualitativer Onlinefragebogen zum Einsatz (vgl. TENBERG/ STEIGER/EDER 2005, 44ff.) Er enthielt u.a. zehn Aussagenpaare die zum einen befürwortend und zum anderen ablehnend im Hinblick auf die didaktische Nutzung der Computerneuausstattung bzw. der zur Verfügung stehenden Anwendungen formuliert waren. Die Befragungsteilnehmer sollten zu den Aussagen Stellung nehmen, gleichzeitig sollte durch die Polarisierung eine Suggestivwirkung vermieden werden. Beispiel (siehe Abbildung 5): Aussage 1: Ich verwende Lern- und Übungsprogramme im Unterricht, weil … , Aussage 2: Ich setze das Internet nicht im Unterricht ein, weil …

Nach der Datenerhebung wurden die Aussagen der Lehrkräfte zu Kategorien zusammengefasst, quantifiziert, nach Themenbereichen geordnet und durch Strukturdiagramme visualisiert (siehe Abbildung 5). Die Zahlen verdeutlichen die Anzahl der zugeordneten Aussagen zu den jeweiligen Kategorien. Über alle polarisierten Items wurden 2253 befürwortende und 734 ablehnende Argumente registriert, was mit einem Verhältnis von ca. 3 : 1 einen übergreifend positiven Tenor andeutet. Im Folgenden werden die Argumente der Lehrkräfte auszugsweise und komprimiert dargestellt.

Internet im Unterricht

Die Nutzung des Internets im Unterricht findet großen Zuspruch (Verhältnis befürwortender zu ablehnenden Aussagen: 7,6 : 1). Evidentes Hauptziel ist die Informationsbeschaffung im Unterricht primär für die Schüler/-innen, jedoch auch für die Lehrkräfte. Zentrale mediendidaktische Intentionen sind die Förderung von computerbezogener Medienkompetenz auch im Sinne kritischer Reflexionsfähigkeit der Inhalte, die Aktivierung der Schüler/-innen zum eigenständigen Lernen bzw. Arbeiten, Motivationserhöhung sowie das Erlernen von effektiven Recherchestrategien. Die Einstellung der Lehrkräfte zum Medium ist überwiegend positiv, die Nutzung im Unterricht wird als sinnvoll und notwendig erachtet, der Zugriff auf vielfältige und aktuelle Informationen wird als bereichernd empfunden. Als Hemmnisse werden Zeitmangel im Unterricht und eine erschwerte Verhaltenskontrolle der Schüler/-innen bei der Informationsrecherche geäußert (vgl. TENBERG/EDER 2007, 189).

Internet zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts

Vor allem in der Nutzung des Internets für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sehen die befragten Lehrkräfte zahlreiche Vorteile ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 11 : 1). Die Lehrkräfte betonen die schnelle und aktuelle Beschaffung von Informationen bzw. Materialien (Arbeitsblätter, Aufgabenblätter, Übungen) für den Unterricht. Dies wird als klarer Vorteil gegenüber traditionellen Medien gesehen. Sie bilden sich online autodidaktisch fort bzw. aktualisieren ihren Wissensstand. Rechercheergebnisse von Schüler/-innen werden vorbereitet bzw. kontrolliert. Die wenigen ablehnenden Äußerungen beziehen sich auf eine ineffiziente und zeitaufwendige Recherche bzw. die fehlende Notwendigkeit.

Programme einer Office-Programmen im Unterricht

Ebenso befürwortend wie zum Interneteinsatz äußern sich die Lehrkräfte zum Einsatz von Office-Programmen im Unterricht ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 6,6 : 1). Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit der quantitativ festgestellten Nutzungshäufigkeit dieser Anwendungen. Vor allem als Werkzeug für Arbeitsteilung, Projektarbeit und Gruppenarbeit übernehmen diese Programme eine wichtige Funktion im Unterricht. Gruppenarbeitsergebnisse werden mithilfe von Office-Programmen präsentiert, dokumentiert und für die gesamte Klasse aufbereitet. Die Lehrkräfte sehen Officeprogramme als zeitgemäßen Standard, beschreiben deren Anwendungen als „wichtige Werkzeuge in der Wissensgesellschaft“ und betonen zusätzlich deren hohe Bedeutung für den beruflichen Alltag. Einzelne Lehrkräfte äußern sich ablehnend und stellen generell Sinn bzw. Notwendigkeit für den Einsatz dieser Programme im Unterricht in Frage. Auch beklagen sie die knappe Unterrichtszeit sowie einen dabei erforderlichen erhöhten Zeitaufwand.

E-Mail im Unterricht

Dem Einsatz von E-Mail im Unterricht stehen die Befragungsteilnehmer reserviert gegenüber (Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 1 : 1,1) . Insgesamt wurden hierzu wenige Argumente genannt. E-Mail wird im Unterricht vereinzelt zum Datenaustausch zwischen Lehrkräften und Schülern genutzt, häufiger jedoch nach dem Unterricht zur weiterführenden Kommunikation. Pädagogische Intention ist die Auseinandersetzung mit der Technologie als Unterrichtsinhalt. Größtenteils sehen die Lehrkräfte jedoch keine Anwendungsmöglichkeiten (vgl. TENBERG/ EDER 2007, 190).

E-Mail zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts

Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts jedoch wird der Informations- und Datenaustausch per E-Mail über die Computerneuausstattung deutlich begrüßt ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 3 : 1). Als klaren Vorteil sehen die Lehrkräfte den einfachen und schnellen Informations- und Datenaustausch, der mitunter die Lehrerteamarbeit erleichtert. Die Lehrer/-innen kommunizieren per E-Mail und senden sich gegenseitig Unterrichtsmaterialien zu. Auch mit externen Partnern wird via E-Mail kommuniziert. Ein weiteres Hauptargument für die Nutzung der E-Mail-Anwendung zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts stellt der Datentransfer zwischen häuslichem Computer der Lehrkräfte und der Computerneuausstattung dar. So stehen die Daten an beiden Orten immer zur Verfügung (vgl. TENBERG/ EDER 2007, 191).

Lern- und Übungsprogramme im Unterricht

Bezüglich der Nutzung von Lern- und Übungsprogrammen im Unterricht wird ambivalent argumentiert ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 1 : 1). Didaktische Intention einer Nutzung ist zumeist das Vertiefen von Lerninhalten bzw. die individuelle Übungsmöglichkeit der Schüler/-innen. Einige Befürworter sehen in Lern- und Übungsprogrammen effektive und zielorientierte Lernhilfen, welche individuelles, wiederholbares Lernen über mehrere Sinneskanäle ermöglichen. Einige der Lehrkräfte stellen fest, dass den Schülern der Umgang mit diesen Programmen Spaß bereitet, und sehen den Einsatz als Abwechslung im Unterricht. Zentrales Gegenargument ist hier das Fehlen geeigneter Programme.

Branchenspezifische Software im Unterricht

Der Einsatz branchenspezifischer Software wird von den Lehrkräften begrüßt
(Verhältnis 1,7 : 1). Hauptargument ist dabei die Gestaltung eines praxis- und ausbildungsrelevanten Unterrichts, da auch in den Betrieben mit diesen Anwendungen gearbeitet wird. Hauptgegenargumente sind das Fehlen einer ausreichenden Anzahl von Computerarbeitsplätzen sowie geeigneter Programme.

Sozialformen

Itemübergreifend wird deutlich, dass die Computerneuausstattung arbeitsteilige bzw. kooperative Arbeitsformen im Unterricht unterstützt und es von Lehrkräften gerne in Gruppenarbeit zum Einsatz gebracht wird ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 2 : 1). Gruppenergebnisse werden vor allem durch Programme einer Officelösung präsentiert und dokumentiert. Medienunabhängig wird jedoch darauf hingewiesen, dass Gruppenarbeit als selbstverständliche Sozialform im Unterricht gesehen wird.

Kommunikation in der Schule

Die Aussagen der Lehrkräfte zur Kommunikation innerhalb des Lehrerkollegiums, zwischen Lehrkräften und Schüler/-innen und zwischen Lehrkräften und Betrieben lassen
auf deren Verbesserung durch die Ausstattung schließen ( Verhältnis befürwortend zu ablehnend: 2,5 : 1). Befürwortende Argumente beziehen sich wie vorausgehend auf eine Erhöhung der Schnelligkeit, Sicherheit, Transparenz, Intensität, aber auch Einfachheit der Kommunikation. Die Lehrkräfte geben sich gegenseitig Hilfestellung im Umgang mit dem Pädagogischen Netz, tauschen Unterrichtsmaterialien aus, kommunizieren darüber und treffen diesbezüglich Absprachen. Als besonders positiv wird in diesem Zusammenhang die Erreichbarkeit von Lehrkräften, von Schüler/-innen und von externen Partnern im Betrieb auch außerhalb der Schulzeit bzw. Geschäftszeit gewertet. Lehrkräfte, welche keine Effekte der Neuausstattung auf die schulinterne Kommunikation sehen, bezweifeln, dass die PCs bzw. die Ausstattung des Pädagogischen Netzes zu Kommunikationszwecken genutzt werden. Auch werden andere Kommunikationswege wie Telefon, Fax oder Brief bevorzugt (vgl. TENBERG/ EDER 2007, 190).

2.5  Zusammenfassende Darstellung der befürwortenden und ablehnenden Argumente

Zusammenfassend und geordnet nach Häufigkeit nennen die Befragungsteilnehmer folgende zentralen Argumente für eine didaktische Bereicherung durch die Neuausstattung:

•  Die positive Beeinflussung der Lehr-/Lernprozesse bzw. Erreichung von Ausbildungs- und Lernzielen im Unterricht (642 Argumente).

•  Die Nutzung der Ausstattung zur Informationsbeschaffung und zum Datenaustausch im Hinblick auf den Personenkreis Lehrkraft, Schüler/-innen, Betriebe sowie andere externe Partner (610 Argumente).

•  Die Lehrkräfte erachten es als sinnvoll, notwendig, aktuell und zeitgemäß das Medium im Unterricht einzusetzen und versuchen durch den Einsatz des Pädagogischen Netzes den beruflichen Schulunterricht möglich praxisrelevant zu gestalten (306 Argumente).

•  Das Pädagogische Netz ist technisch zuverlässig, verfügbar und praxistauglich (286 Argumente).

Zusammenfassend und geordnet nach Häufigkeit nennen die Befragungsteilnehmer folgende zentralen Argumente, die eine didaktische Bereicherung durch die Neuausstattung in Frage stellen (vgl. TENBERG/ EDER 2007, 191) :

•  Technische Probleme oder zu wenig Rechner pro Schüler (300 Argumente).

•  Fehlender Sinn bzw. keine Notwendigkeit für eine didaktische Verwendung digitaler Medien (176 Argumente)

•  Erheblich erhöhter Zeitaufwand bzw. zu knappe Unterrichtszeit (166 Argumente).

 

3.  Ausblick

Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf einen empirischen Zwischenschritt innerhalb eines komplexen Untersuchungsdesigns. Sie geben erste Einblicke über Intentionen, Motive und Erfahrungen von Lehrkräften hinsichtlich deren didaktischen Auseinandersetzung mit einer Computerneuausstattung. Die über die Voruntersuchung gewonnenen quantitativen und qualitativen Daten können als Trendaussagen für die Situation an berufsbildenden Schulen betrachtet werden und liefern ein Abbild des Standes der didaktischen Implementierung digitaler Medien im Unterricht an berufsbildenden Schulen. Diese Bestandsaufnahme kann für Außenvergleiche herangezogen werden.

Aufgrund einer Rücklaufquote von 60% im Kontext der Voruntersuchung an den berufsbildenden Schulen ist davon auszugehen, dass sich die Lehrkräfte, die einer digitalen Medienverwendung im Unterricht skeptisch gegenüberstehen, überproportional nicht an der Befragung beteiligten. Aus diesem Grund ist von einer positiven Verzerrung der Daten auszugehen. Dennoch erlauben die gewonnenen Erkenntnisse erste Hypothesen, die es in der Hauptuntersuchung zu überprüfen gilt.

Die Mehrzahl der Befragungsteilnehmer berichtet von einer intensiven bzw. regelmäßigen Nutzung der Computerneuausstattung und von vielfältigen didaktischen Potenzialen der Computerneuausstattung. Dem gegenüber steht knapp ein Drittel der Lehrkräfte, welche die Potenziale der Computerneuausstattung im Unterricht nicht bzw. kaum nutzen. Die diesbezügliche Dunkelziffer ist in der Grundgesamtheit aufgrund der zu erwartenden positiven Verzerrung der Stichprobe vermutlich deutlich größer.

Die Aussagen der Medienskeptiker, generell keinen Sinn bzw. keine Notwendigkeit im Einsatz der Computerneuausstattung im Unterricht zu sehen, aber auch das Konstatieren technischer Mängel bzw. eines überhöhten Zeitaufwands sind wenig konkret und weisen auf eine Unschärfe der Voruntersuchung hin. Vorschläge für spezifische Schulentwicklungsmaßnahmen, die als wirkungsvoll erachtet werden im Hinblick auf diese Personengruppe, werden erst nach Abschluss der Hauptuntersuchung getroffen, durch die ein genauerer Datenhintergrund erhoben werden soll (vgl. TENBERG/EDER 2007, 191).

 

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