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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
WS 25 Berufsbildungspersonal

Professionalisierung als Konzept zur Qualitätssicherung – Perspektiven für das Berufsbildungspersonal und -forschung

 

Abstract

In diesem Beitrag sollen zwei Diskurse, die derzeit in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik geführt werden, miteinander verschränkt werden. Es geht um die Frage, inwieweit die Professionalisierung des Personals in der Berufsbildung einen Beitrag zur Qualitätssicherung von Bildungsprozessen in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung leisten kann. Dabei wird – ausgehend von berufssoziologischen und erziehungswissenschaftlichen Professionalisierungstheorien – die These formuliert, dass das Personal in der betrieblichen Berufsbildung bisher deutlich schlechter professionalisiert ist, als ihr Klientel (d.h. diejenigen, die von ihnen aus- und weitergebildet werden). Am Beispiel des Fortbildungsberufs „Berufpädagoge IHK“ werden Perspektiven für die Professionalisierung dieser Berufsgruppe aufgezeigt und es werden die Herausforderungen benannt, die sowohl in der Praxis als auch in der Forschung und Theorieentwicklung im Feld der Berufsbildung zu bearbeiten sind.

1.  Das Personal in der Berufsbildung – eine schwer zu bestimmende Gruppe

Schon der Versuch, die Gruppe des Bildungspersonals in der Aus- und Weiterbildung bestimmen zu wollen, stößt an Grenzen. Nahezu alle Studien zu diesem Thema verweisen auf diese Problematik, denn: „Über kaum eine Berufsgruppe liegen bislang so wenig verlässliche Daten vor.“ (vgl. KRAFT 2006). Die Gruppe, um die es geht, ist kaum präzise zu bestimmen. ROTTMANN (1997) spricht in diesem Zusammenhang von einer „hochgradigen terminologischen Diffusion“ (vgl. 59), die daraus resultiert, dass es kein gemeinsames Berufsbild für diese soziale Gruppe gibt. Wenn es um das Personal in der Berufsbildung geht, dann ist häufig das schulische wie das betriebliche Personal gleichermaßen angesprochen. Dabei ist eine deutliche Spannbreite im Qualifikationsniveau und auch im Professionalisierungsgrad zu verzeichnen: Während Berufsschullehrer und Weiterbildner in der Erwachsenenbildung in der Regel ein Studium absolviert haben, verfügen ausbildende Fachkräfte häufig über keine formale pädagogische Qualifikation. Betriebliche Ausbilder haben demgegenüber in der Regel zumindest eine Ausbildereignungsprüfung absolviert haben. Dieser Heterogenität ist in der wissenschaftlichen Thematisierung und insbesondere wenn es um die Frage nach der Professionalisierung geht, Rechnung zu tragen.

Gegenstand dieser Betrachtung sind die Personen, die mit Prozessen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung sowie mit der Kompetenzentwicklung von Beschäftigten in Unternehmen betraut sind bzw. dazu einen organisatorischen Beitrag leisten. Gemeint sind hier diejenigen, die in einem engeren oder auch in einem weiteren Sinn in dem Bereich beschäftigt sind, den BLÖTZ (2008) als „Zukunftsbranche betrieblich orientierter Bildungsdienstleistungen“ kennzeichnet (ebd. 76). Dazu gehören z.B. ausbildende Fachkräfte, Ausbilder, Personal- und Organisationsentwickler wie auch Trainer und Dozenten in der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung. Sie – so lautet die Ausgangsthese diese Beitrages, die auch in der Überschrift angedeutet ist – leisten einen wesentlichen Beitrag zur Qualität der Bildungsprozesse. Ausschlaggebend ist dabei allerdings – und das ist der Kern dieses Beitrages – ihre Professionalität, d.h. ihr professionelles pädagogisches Handeln.

2.  Qualität in Bildungsprozessen – auch eine diffuse Kategorie

So wenig sich die Gruppe der Personen, die an betrieblichen Bildungsprozessen beteiligt sind, genau bestimmen lässt, so wenig lässt sich auch die Frage danach, was Qualität in Bildungsprozessen eigentlich ausmacht, eindeutig beantworten. Dies liegt daran, dass es so viele Faktoren sind, die einen Beitrag zur Entwicklung und zur Sicherung der Qualität in Bildungsprozessen leisten.

Sicherung von Qualität ist zudem ein permanenter Prozess, in dem es nach RÜTZEL (2000) folgende Bedingungen und Aspekte zu berücksichtigen gilt: Den gesetzlichen Rahmen bildet die Ordnungspolitik mit Gesetzen und Regelungen der Zertifizierung sowie spezifischen Standards, wie z.B. ISO 9000 ff.. Weiter werden die Organisationen selbst, die Akteure, Zielgruppen und Produkte als Faktoren der Qualität genannt. Schließlich sind auch die Prozesse und Elemente, wie z.B. Methoden oder Ausstattung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage der bereits 1969 im Berufbildungsgesetz (BBiG) festgelegten Normen eines Qualitätsniveaus, und der daraus resultierenden Qualitätsfaktoren Input und Output, die das Erreichen sowie die Kontrolle und Sicherung des im BBiG festgelegten Niveaus garantieren sollen, erarbeitet RÜTZEL darüber hinaus ein Modell, das explizit den Prozesscharakter von Lernen und auch die Auswirkungen des beruflichen Lernens berücksichtigt. Dazu ordnet er die dargestellten Qualitätsfaktoren vier Qualitätsdimensionen zu: Inputqualität, Outputqualität, Prozess-Durchführungsqualität sowie Transferqualität.

Inputqualität stellt Qualitätsfaktoren dar, die in den Bildungsprozess einfließen, d.h. die die Rahmenbedingungen für Bildung definieren (Ausstattung, Qualifikation des Personals usw.). Die Prozess- und Durchführungsqualität bildet einen Rahmen für die professionelle Durchführung, dazu gehören z.B. Methoden und Zielgerichtetheit. Die dritte „Säule der Qualität“ (ebd. 11) ist die Qualität der Ergebnisse, also das, was am Ende der Ausbildung als Output herauskommt. Dabei ist auch berücksichtigt, dass der Output nicht nur aus einem formellen Abschluss besteht, sondern z.B. auch Einsatz- und Leistungsbereitschaft der beteiligten Akteure beinhaltet. Die letzte Qualitätsdimension ist die Transferqualität. Sie stellt eine höhere Ebene der Outputqualität dar, die danach fragt, wie der weitere Nutzen der Ausbildungsmaßnahme zu betrachten ist, z.B. inwieweit Kompetenzen, die erlernt wurden, auch angewendet werden können.

Am Beispiel dieses mehrdimensionalen Qualitätsmodells, das für den Bereich der Berufsbildung weitgehend akzeptiert ist, wird der hohe Komplexitätsgrad des Themas „Qualität in Bildungsprozessen“ deutlich. Unabhängig von dieser, weitgehend an Merkmalen orientierten Definition von Qualität für die Berufsbildung, gilt es aber darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Qualität von Aus- und Weiterbildung ganz wesentlich durch die beteiligten Subjekte bestimmt wird: es sind die Lernenden und Lehrenden, die Qualität in Bildungsprozessen erzeugen. Die Qualität von Weiterbildung stellt sich im Prozess des Lernens bei dem Weiterbildungsteilnehmer als Wissen, Bildung und Kompetenz her. Sie kann durch die pädagogische Organisation flankiert und durch externe Beratung und Begleitung unterstützt werden. Dem Personal in der Berufsbildung kommt mit Blick auf die Entwicklung und Sicherung von Qualität in Bildungsprozessen damit eine Schlüsselrolle zu. Sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch in der wissenschaftlichen Diskussion kommt in diesem Zusammenhang der Begriff der Professionalität zum tragen.

3.  Professionalität des Personals als Basis für Qualität

Den Zusammenhang von Qualität und Professionalität in der Erwachsenenbildung arbeitet FAULSTICH (1999) heraus und kritisiert in diesem Zusammenhang die „scheinbare Selbstverständlichkeit“ mit der das Personal in der Weiterbildung entlang didaktischer und methodischer Kompetenzen als Schlüsselfaktor für Qualität benannt wird: „Professionalität unterstellt höchste Kompetenz. Etwas professionell zu tun, heißt es gut zu machen. Professionalität ist demnach der sicherste Ausweis von Qualität.“ (ebd. 185)

Aber woran kann nun die Qualität des Personals in der Weiterbildung gemessen werden? Um diese Frage zu beantworten bietet es sich an, berufssoziologische und erziehungswissenschaftliche Professionalisierungstheorien zugrunde zu legen. Insofern wird hier kurz auf das Verhältnis von Beruf und Profession eingegangen und es werden die wichtigsten Merkmale und Kriterien, die im Professionalisierungsdiskurs thematisiert werden, präsentiert um dann zu prüfen, inwiefern das betriebliche Bildungspersonal als professionalisiert gelten kann.

Professionalisierung und Professionalität in theoretischer Perspektive

Als Vorbild für eine gelungene Professionalisierung werden in der Professionalisierungsforschung die klassischen Professionen genannt, das heißt gehobene Berufe, die sich sozialhistorisch in den ‚freien‘ Berufen konkretisieren (z.B. Ärzte und Juristen). Berufe und Professionen haben, verstanden als eine spezifische Kombination von Arbeit, Erwerb und Qualifikation, in theoretischer Perspektive immer eine funktionale und eine soziale Dimension. Professionen zeichnen sich gegenüber Berufen durch ein höheres Maß an systematisiertem Wissen und eine höhere soziale Orientierung aus (vgl. HARTMANN 1968) aus. Als kennzeichnend für den Prozess der Professionalisierung bezeichnet HARTMANN die Veränderung von einer „einigermaßen ausgeprägten zu einer besonders starken Systematik des Wissens und die Ausweitung der sozialen Orientierung vom Mittelmaß zur ausgesprochenen Kollektivitätsorientierung.“ (ebd. 201)

Die Übergänge von unorganisierter Arbeit zu Berufen und Professionen sind fließend und werden als Prozess der Verberuflichung bzw. der Professionalisierung bezeichnet. Professionen können in diesem Verständnis als eine gehobene Form von Berufen gelten. HARTMANN weist darauf hin, dass dieses Modell nicht nur aus theoretischen und begrifflichen Überlegungen hervorgegangen ist. Es ist aus der Sozialgeschichte der Industriegesellschaft empirisch legitimiert, und zwar immer dann, wenn sich „aus der besonderen Kombination von Arbeitsverrichtungen neue Berufe entwickelt haben und aus einfachen Berufen gehobene Berufe, lies: Professionen geworden sind.“ (ebd. 198)

Professionalität als Status kann dementsprechend als eine gesteigerte Form von Beruflichkeit bezeichnet werden. Obwohl in neueren Arbeiten kaum Bezug auf den Ansatz von HARTMANN genommen wird, räumt auch STICHWEH (1996) ein, dass es sich bei dem Prozess der Professionalisierung um ein „bestimmtes Verhältnis zwischen der Etablierung der System/Umwelt-Beziehung eines Funktionssystems und der Institutionalisierung von Beruflichkeit in diesem System“ (ebd. 58) handelt. Damit wird auch die Form der Profession als eine gesteigerte Beruflichkeit gekennzeichnet.

Professionen selbst werden in der Berufssoziologie definiert als „ein planvoll konstruiertes Muster zur Qualifizierung und zum Tausch von Arbeitskraft, das spezifische, zumeist monopolisierte Arbeitsleistungen mit spezifischen, zumeist verschärften Qualifikationserwartungen sowie mit relativ hohen Chancen auf Erwerb und Versorgung sowie auf Ansehen und Einfluss kombiniert und dessen Konstruktion primär dem Interesse an der Verwertung von Arbeitskraft zu dienen bestimmt ist.“ (HESSE 1972, 20) Zusammengefasst werden Mitglieder der Gruppe der klassischen Professionen, wie folgt charakterisiert:

Sie verfügen über einen eigenen Berufsverband mit Selbstverwaltung, Disziplinargewalt und Einfluss auf die Berufszulassung,

•  es besteht eine Bindung an bestimmte Verhaltensregeln,

•  die Berufsausübung beruht auf theoretisch fundierter, langandauernder Spezialausbildung,

•  sie verfügen über ein hohes Maß an Einfluss, Ansehen, Macht und Prestige und

•  sie haben eine hohe Einkommenserwartung.

Die Merkmale von Professionen, auf die in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion um Professionalisierung des Personals am häufigsten Bezug genommen wird, sind demgegenüber das spezifische Wissen, der Klientenbezug und die Autonomie.

Professionelles Wissen als ein Expertenwissen setzt sich immer aus mehreren Komponenten zusammen. Es besteht zum einen aus wissenschaftlichem, in der Regel an der Universität erworbenem, akademischen Wissen und zum anderen konstituiert es sich aus klassischem Berufswissen im Sinne von tradiertem Erfahrungswissen und Alltagswissen. Diese Wissensarten bilden die Basis für eine dritte Wissenskomponente, die in einem spezifischen Problemlösungs- und Deutungswissen besteht. Die Notwendigkeit dieser spezifischen Wissenskombination ergibt sich aus der besonderen Aufgabe der Professionsinhaber: es geht dabei um die Vermittlung bzw. Intervention der Professionsinhaber als Experten und um die Bewältigung kritischer Situationen (vgl. OEVERMANN 1999). Professionelles Handeln wird als eine Dienstleistung verstanden, die auf komplexe Problemsituationen bezogen ist und immer in einer fallspezifischen Konkretion in einer face-to-face Interaktion auftritt (vgl. KURTZ 1998). Für die Bearbeitung des Problems gibt es keine technokratischen Lösungen im Sinne von Handlungsanleitungen, sondern es geht um Fallverstehen und Problemdeutungen für die der Professionelle neben seinem Expertenwissen eine hohe Sensibilität und Erfahrungswissen benötigt. Ziel ist die Bewältigung kritischer Situationen und die angemessene Vermittlung bzw. Intervention der Professionsinhaber als Experten. Dabei kann nach STICHWEH (1994) eine Überkomplexität der Situation im Verhältnis zu dem verfügbaren Wissen entstehen, die der Professionsinhaber dann mit seinem spezifischen Wissen reduzieren muss: „Ein wesentliches Moment der Problemsituation ist damit Ungewissheit hinsichtlich der Dynamik der Situation, hinsichtlich der zu wählenden Handlungsstrategie und schließlich dem mutmaßlichen Ausgang, und ebendiese Struktur lässt auf der Seite des Professionellen die Relevanz subjektiver Komponenten wie Intuition, Urteilsfähigkeit, Risikofreudigkeit und Verantwortungsübernahme hervortreten.“ (ebd. 296)

Fundiertes Wissen allein reicht jedoch nicht aus, um Professionalität zu kennzeichnen: es muss auch zu einer erfolgreichen Anwendung des Wissens kommen. Das bedeutet, dass ein Professioneller die Fakten und Gesetzmäßigkeiten seines Gebietes kennt und dass er weiß, wie sie einzusetzen sind – er kennt also auch die Bedingungen unter denen sie zu nutzen sind. Das gilt insbesondere in schwierigen Situationen also im Rahmen von Krisenbewältigung. Inhaltlich ist das spezifische Wissen einer Profession damit nicht eindeutig zu klassifizieren. Die Kombination aus wissenschaftlichem, akademischem Wissen sowie Erfahrungswissen und Alltagswissen als Basis für Problemlösungs- und Deutungswissen lässt unter dem Aspekt der Qualitätssicherung zweifeln, ob Zertifikate dieses Wissen, das als professionelle Handlungskompetenz in der Tätigkeit der Weiterbildner zur Anwendung kommen muss, hinreichend abbilden. Hier deutet sich an, dass die Qualität einer professionellen Handlung in diesem Sinne nur schwer messbar ist.

Neben dem Aspekt der hohen formalen Qualifikation, die in einem akademischen Studium und in der Fähigkeit zur fallspezifischen Anwendung der oben beschriebenen Wissenskombination besteht, wird den Professionen ein hohes Maß an Autonomie zugesprochen. Diese Autonomie drückt sich zum einen auf der individuellen Ebene in einer Abgrenzung des Experten gegenüber dem Laien aus. Zum anderen grenzt sie auf der kollektiven Ebene die Berufsgruppe gegenüber der Außenwelt ab. Nach MCCLELLAND (1985) geht es bei dem Bestreben der Professionsgruppe nach Autonomie um das Erreichen von „Unabhängigkeit des beruflichen Handelns von organisierten gesellschaftlichen Kräften, wie etwa dem Staat, den Krankenkassen oder der Industrie, die die Arbeitsbedingungen der Professionals mitzubestimmen und die Art und Weise ihrer Berufsausübung zu kontrollieren suchen.“ (ebd. 243)

Der Versuch, den Grad der Professionalisierung an dem Ausmaß der Autonomie einer Berufsgruppe messen zu wollen, stößt jedoch in Bezug auf das Personal in der Berufsbildung an Grenzen, weil die vollständige Autonomie einer Berufsgruppe in der Realität aufgrund ihrer institutionellen Eingebundenheit in die Organisation kaum anzutreffen ist. In der Diskussion um die Professionalisierung von Lehrern hat z.B. die starke institutionelle Eingebundenheit dieser Berufsgruppe zu einer Etikettierung als „Semi-Profession“ geführt (vgl. COMBE 1996).

Betriebliches Bildungspersonal – eine Profession?

Legt man nun die bis hierher beschriebenen Attribute, die mit einer Professionalisierung einhergehen, für die Beurteilung des Professionalisierungsgrades des Personals in der Berufsbildung zugrunde, so lässt sich konstatieren, dass dieses die Kriterien nur unzureichend erfüllt. Es gibt bisher keine bundeseinheitlich festgelegten Aus- und Fortbildungswege als Zugangsvoraussetzung zu dem Beschäftigungsfeld der betrieblichen Bildungsdienstleistungen, d.h. der Zugang zu der Tätigkeit ist nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden, so dass sowohl die Qualifikationsvoraussetzungen der Akteure als auch die Beschäftigungsstruktur sehr heterogen ist. So wenig wie es formale Eingangsvoraussetzungen gibt, gibt es bisher in Deutschland – anders als in Österreich und in der Schweiz (vgl. FILLA 2008) qualifizierte Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Beschäftigten verfügen damit nicht über spezifische Einkommens- und Aufstiegschancen und ihre Tätigkeit ist auch nicht mit einem besonderen Sozialprestige verbunden. Auch das Fehlen einer Selbstverständnisdiskussion und professioneller Standards wird in der Professionalisierungsdiskussion immer wieder angemahnt (vgl. z.B. FAULSTICH 1999, ZECH 2008). Autonomie ist in Bezug auf das Personal in der Berufsbildung nur bedingt gegeben, da gerade das betriebliche Bildungspersonal in hohem Maß in die betrieblichen Abläufe eingebunden ist und der ökonomischen Rationalität der Unternehmen unterliegt. Dies gilt z.B. in einem besonderem Maß für die Arbeit von Personalentwicklern, die zwar im weitesten Sinne auch Bildungsarbeit leisten, dabei aber in erster Linie den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens verpflichtet sind (vgl. BECKER 2001).(HEISIG (2005) stellt dazu die Gegenthese auf, dass gerade bei modernen Wissensarbeitern die traditionellen Steuerungs- und Kontrollmodi nicht mehr greifen und diesen trotz ihrer organisationalen Einbindung ein hohes Maß an Autonomie und Professionalität zugesprochen werden kann. Diese These bedarf jedoch einer empirischen Überprüfung und müsste mit Blick auf das Personal in der Berufsbildung gesondert analysiert werden. KURTZ (2005) stellt für die Wissensberufe die klinentenzentrierte Interaktion in den Mittelpunkt, dieser Aspekt ist für betriebliche Aus- und Weiterbildner eher zutreffend. )

Und nicht zuletzt ist weitgehend ungeklärt, inwieweit der erziehungswissenschaftliche Kern von Professionalität, also die Fähigkeit, wissenschaftliches Wissen kontextabhängig und fallbezogen einsetzen zu können, von dem betrieblichen Bildungspersonal tatsächlich erfüllt wird. All diese Aspekte, die als ein Professionalisierungsdefizit gewertet werden können, beschreiben zugleich die zentralen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit Qualitätssicherung in der Berufsbildung relevant sind.

Die mangelnde Professionalisierung für das pädagogische Personal in der Weiterbildung wird seit über 20 Jahren intensiv in der Erwachsenenbildung diskutiert (vgl. bspw. ARNOLD 1983; BÜCHTER/ HENRICH 1996; SORG-BARTH 2000; vgl. zusammenfassend Report Sonderheft 4/2005 zur Professionalisierung in der Weiterbildung/Erwachsenenbildung). Das Professionalisierungsdefizit gilt für das Personal in der betrieblichen Berufsbildung umso mehr, da das Personal, das in der Aus- und Weitebildung tätig ist, im Gegensatz zu den Erwachsenenbildnern (Eine Studie im Auftrag des BMBF ergab, dass f ast 70 % der befragten Weiterbildner Akademiker sind, von denen wiederum 51% zusätzlich über eine Berufsaufbildung verfügen (vgl. BMBF 2004) ) in der Regel nicht über ein akademisches Studium verfügt. Es ist insofern wichtig, die unterschiedlichen Funktionen und auch die spezifischen Rollen, die im Prozess der Aus- und Weiterbildung wahrgenommen werden, gesondert zu betrachten (vgl. ARNOLD 1983), zumal sich aus diesen Funktionen und Rollen unterschiedliche Kompetenzen ableiten (vgl. SORG-BARTH 2000).

Für die betrieblichen Ausbilder gilt, dass sie formal gesehen in pädagogischer Hinsicht schlechter professionalisiert sind als ihr Klientel: das Klientel von betrieblichen Ausbildern sind junge Menschen, die berufliche Handlungskompetenzen in einem geordneten Ausbildungsgang mit dem Ausbildungsziel einer formalen Qualifikation (IHK-Prüfung) erwerben. Deren Tätigkeit ist ohne Frage verberuflicht. Die Ausbilder verfügen zwar selbst auch über eine einschlägige Berufsausbildung in handwerklichen oder im industriellen Sektor, aber sie haben für ihre pädagogische Tätigkeit als Ausbilder keine entsprechende formale Qualifikation. (Die Ausbildereignungsprüfung ist aufgrund des geringen Stundenumfanges nicht mit einer dreijährigen Berufsausbildung vergleichbar.) Streng genommen ist die Ausbildertätigkeit damit also nicht nur professionalisierungsbedürftig, sondern sie müsste zunächst einmal den Prozess der Verberuflichung durchlaufen. Ob diese Tätigkeit vor diesem Hintergrund überhaupt professionalisierungsfähig (Die Begriffe „Professionalisierungsfähigkeit“ und „Professionalisierungs­bedürftigkeit“ führt OEVERMANN (1996) in die Diskussion ein. ) ist, wäre zu prüfen: HARTMANN (1968) betont, dass nach der sozialhistorischen empirischen Vorlage nicht zu erwarten sei, dass übergangslos, ohne den Status von Beruflichkeit zu erreichen, ein Sprung von Arbeitsverrichtungen direkt in die Professionen möglich ist.

Wenn man die theoretischen Ansätze der Professionalisierungsforschung zugrunde legt, dann wird deutlich, dass die Gruppe des betrieblichen Bildungspersonals kaum als professionalisiert gelten kann. Sie ist aufgrund des Fehlens eines Berufsbildes, des geringen Systematisierungsgrades des Wissens und aufgrund eines mangelnden kollektiven Bewusstseins genau genommen nicht einmal verberuflicht. Berufs- bzw. professionspolitisch geht es den Akteuren insofern darum, die Tätigkeiten im Bereich der betrieblichen Bildungsdienstleistungen in Richtung einer professionsorientierten Beruflichkeit aufzuwerten. Dies allerdings, so legt es das theoretische Professionskonzept nahe, müssten die Betroffenen selbst bzw. vermittelt über ihre Berufsverbände tun: während der Prozess der Verberuflichung fremdorganisiert ist (Berufe entstehen durch das Zusammenwirken der so genannten „vier Bänke“, d.h. die Sozialpartner sowie Bund und Länder), wird der Prozess der Professionalisierung von den Betroffenen und ihren Verbänden selbst organisiert.

Auch mit dem Diskurs über Professionalisierung wird versucht, entlang des theoretischen Professionskonzeptes eine Aufwertung bestimmter Tätigkeitsbereiche zu erzielen. Der Prozess einer erfolgreichen Professionalisierung soll dazu dienen, die Beruflichkeit pädagogischer und sozialer Tätigkeiten zu steigern. Die erziehungswissenschaftliche Diskussion um Professionalisierung, die auch in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik geführt wird, ist somit auch als eine Selbstvergewisserung der Disziplin zu verstehen, in der Professionalisierungsinteressen offensiv vertreten werden.

Zu klären wäre allerdings, was die Kriterien einer gelungenen Professionalisierung für das Personal in der betrieblichen Berufsbildung sind. Eine erfolgreiche Professionalisierung ist nicht damit gleichzusetzen, dass die Merkmale des klassischen Professionskonzeptes im Einzelnen erfüllt sind. Eine theoretische Leitfunktion hat dieses Konzept jedoch in Ermangelung alternativer Theoriebestände allemal, wobei gerade der Prozesscharakter, der den Professionalisierungstheorien zugrunde liegt, eine differenzierte Analyse der Professionalisierungsaktivitäten in der betrieblichen Berufsbildung ermöglicht.

Ein erster Schritt auf dem Weg der Verberuflichung des Personals in der Aus- und Weiterbildung ist das neue Berufsbild „Berufspädagoge/Berufspädagogin IHK“. An diesem Beispiel wird im folgenden gezeigt, wie die pädagogische Tätigkeit von betrieblichen Bildungsdienstleistungen in Richtung einer professionsorientierten Beruflichkeit entwickelt werden kann.

4.  Verberuflichung der betrieblichen Bildungsdienstleistungen: „Berufspädagoge IHK“

Das betriebliche Bildungspersonal war bisher unter formalen Aspekten eher schlecht professionalisiert, wobei die Aussetzung der Ausbildereignungprüfung als ein weitere Akt der „Deprofessionalisierung“ gelten konnte: zu einem großen Teil werden pädagogische Tätigkeiten in der Regel von nebenberuflichen Ausbildern ohne jede formale pädagogische Qualifikation wahrgenommen. Auch hauptamtliche Ausbilder verfügen mit der Ausbildereignungsprüfung im besten Fall zwar über eine formale Grundqualifikation, die sie sich im Rahmen eines Lehrgangs (ca. 120 Stunden) angeeignet haben. Einen richtigen „Beruf“ im Sinne einer geregelten Fortbildung gab es bisher für das Personal in der Berufsbildung nicht.

Frühere Professionalisierungsbestrebungen und Konzepte wie z.B. die Schaffung eigenständiger Berufsakademien und Studiengänge für das Personal in der Berufsbildung konnten sich bis auf wenige Ausnahmen (ARNOLD und HÜLSDORF (1981) schildern z.B. ausführlich die Gründe, warum sich der Studiengang Diplompädagogin mit dem Schwerpunkt Betriebliches Ausbildungswesen bzw. Berufs- und Betriebspädagogik nicht durchsetzen konnte (vgl. 209) ) nicht durchsetzen und/oder sind am Widerstand der Universitäten gescheitert. Im Rahmen eines Modellversuchs wurde in Hamburg erstmalig mit der Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung und Wissenschaft in Zusammenarbeit der Sozialpartner der Metallindustrie und des Berufsförderungswerk Hamburg eine Rechtsvorschrift für den sog. „Fachpädagogen für über- und außerbetriebliche Ausbildung“ konzipiert, erprobt und wissenschaftlich begleitet (vgl. LABUSCH 2008; WOHLFARTH 2008). Seit 2005 gibt es zahlreiche regionale Rechtsvorschriften für den „Berufspädagogen IHK“.

Eine erfolgreiche Umsetzung dieses Konzeptes fand im Rahmen eines Modellversuchs in Bayern statt, weitere Projekte sind in Vorbereitung (z.B. in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz). Ein Ausdruck dafür, dass dieses Thema in der Praxis der Berufsbildung eine hohe Relevanz hat, ist auch das Entstehen von Netzwerken, die sich mit der Professionalisierung und Qualifizierung des Personals in der Berufsbildung befassen (z.B. www.berufspaedagogen.net ). Auf der Basis der Auswertung der bisheriger Modellversuche und einer mehrjährigen Entwicklungsarbeit liegt inzwischen ein Entwurf für eine Bundesverordnung für eine Aufstiegsfortbildung zum Berufspädagogen/Berufspädagogin IHK nach dem Berufsbildungsgesetz vor. Die Rechtsvorschrift, mit der in max. 800 Stunden der Abschluss zum Geprüften Berufspädagogen/-pädagogin erreicht wird, soll noch im Jahr 2008 bundesweit erlassen werden.

Diese Lösung schafft ein Leitmodell für Arbeitsmarkt und Personalentwicklung und setzt nationale Standards für die Qualifizierung des Personals in der Berufsbildung. Mit dem Abschluss zum Berufspädagogen/Berufspädagogin IHK soll eine verstärkte Prozess- und Projektorientierung in der Qualifizierung des Bildungspersonals erreicht werden, wobei das Lehr- und Lernprinzip auf Praxis- und Handlungsorientierung beruht. Durch eine innere Modularisierung und Teilprüfungen in offener Abfolge soll eine Fortbildung auf Teilzeit- wie auf Vollzeitbasis ermöglicht werden. Darüber hinaus ist eine Offenheit für Spezialisierungen gewährleistet, um der Vielfalt und den wechselnden Anforderungen in der Pluralität der Tätigkeitsprofile Rechnung zu tragen. Mit der bundesweiten Regelung der Fortbildung zum Berufspädagogen IHK ist ein wichtiger Schritt der Professionalisierung des Personals in der Berufsbildung gelungen. Allerdings handelt es sich hierbei zunächst um einen Prozess der Verberuflichung.

Professionalisierung erfordert, wie entlang der theoretischen Konzepte gezeigt werden konnte, darüber hinaus die Aneignung von Theorien und Modellen, also ein akademisches Studium. Konsequenterweise wird deshalb im Rahmen der Fortbildung zum „Berufspädagogen IHK“ (nach BBiG) angestrebt, dass die Teilnehmer die Gelegenheit erhalten, berufsbegleitend ein (Teil-)Studium der Berufspädagogik zu absolvieren und damit einen Bachelorabschluss zu erwerben. Das Studium soll möglichst parallel zu der Fortbildung erfolgen (d.h. integrativ statt additiv). Ziel der universitären Weiterbildung ist nicht, Forscher auszubilden, sondern die Professionalität der Lernenden als „reflektierte Praktiker“ zu steigern. Die TeilnehmerInnen sollen hier Wissen und Kompetenzen erwerben, die sie zu einer theoriegeleiteten Reflexion und Begründung ihres pädagogischen Handelns befähigen. Das Studium ist damit gegenüber der praxisorientierten Fortbildung primär theoriebasiert. Die Praxisorientierung findet hier darin ihren Ausdruck, dass praktische Erfahrungen und Projekte aus dem beruflichen Alltag und der Fortbildung der Teilnehmer die Basis für die Reflektion bilden. Insofern wird hier die berufliche Handlungskompetenz der Teilnehmer gestärkt, denn „Handlungskompetenz ist in der permanenten ‚Erprobung' wissenschaftlicher Lehr-/Lerninhalte in der Praxis gebunden […] und kann sich so nur in der Reflexion der Praxis als professionell erweisen.“ (ROTTMANN 1996, 69)

Theoriewissen und Reflexion sind, darauf hat Arnold schon 1983 verwiesen, für die Ausbildung einer professionellen pädagogischen Identität unabdingbar. UNGER (2007) hat mit seiner Dissertation einen Beitrag zur theoretischen Grundlegung dieses Zusammenhanges geleistet. Im Rahmen einer Analyse professionalisierungs-, identitäts- und biographietheoretischer Konzepte hat er herausgearbeitet, dass das „selbstreferenzielle Wissen eines Professionellen einen wichtigen Bestandteil seiner pädagogischen Identität“ (ebd. 521) darstellt. Dabei unterscheidet er drei verschiedene Wissensarten, die relevant für die Ausbildung einer professionellen pädagogischen Identität sind: das Wissen, das auf der Ebene der unmittelbaren Wahrnehmung und Verarbeitung von spezifischen Situationen und Konflikten zum Einsatz kommt (1). Wissen, das auf der Ebene des Entstehens von Deutungsmustern relevant wird und so zur Ausbildung einer professionellen Ich-Identität als Lehrkraft beiträgt (2) und Wissen auf der Ebene der biographischen Selbstreflexion (3). Diese Wissensarten im Entstehen professioneller Identität reflektiert der Autor im Bezug auf Lehrer an berufsbildenden Schulen. Diese Kategorien wären mit Blick auf die professionelle Identität des betrieblichen Bildungspersonals zu prüfen und theoretisch zu erweitern (Vgl. in diesem Kontext auch GILLEN (2007), die eine theoretische Grundlegung des Reflexionsbegriffs unternommen hat. ). Ansatzpunkte dafür bietet wiederum die Untersuchung von ARNOLD (1983), der in biographischen Interviews die weiterbildungsrelevanten Deutungsmuster des betrieblichen Bildungspersonals ermittelt hat. In diesem Zusammenhang wären ggf. auch Vergleichsuntersuchungen durchzuführen, die prüfen, ob Aus- und Weiterbildner mit bzw. ohne akademisches Studium tatsächlich ein unterschiedliches Reflexionsniveau aufweisen.

Inwiefern mit einem Studium ein Beitrag zur Steigerung der Professionalität des Personals und damit auch zur Steigerung von Qualität erreicht wird, müsste durch eine wissenschaftliche Begleitforschung evaluiert werden. Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass erziehungswissenschaftliche Theorien nur eine begrenzte Leitfunktion für das Handeln der Akteure haben (vgl. NIKOLAUS 2001). Euler hat mit seinen Aufsätzen unter den Titeln „Denn sie tun nicht, was sie wissen“ (1996) und „Manche lernen es – aber warum?“ (2001) problematisiert, dass das theoriebasierte Wissen, das die Studierenden an der Universität erworben haben, sich offensichtlich nicht in ihrem Können und in ihrem pädagogischen Handlungsrepertoire widerspiegelt. Insofern dürfen neben den Potenzialen, die eine Akademisierung der pädagogischen Tätigkeit in den betrieblichen Bildungsdienstleistungen mit sich bringt, auch die Grenzen nicht außer Acht gelassen werden.

5.  Professionalisierung als Beitrag zur Qualitätssicherung

Es zeigt sich, dass sowohl die Strategien zur Qualitätssicherung als auch die Strategien zur Professionalisierung des Personals in der Theorie und in der Praxis der Berufsbildung noch weiter zu entwickeln sind. Sie werden – vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Erfordernis eines lebensbegleitenden Lernens – weiter an Bedeutung gewinnen. Ein Fokus für die Qualifizierung des Bildungspersonals müsste auf der Planung und Durchführung der tendenziell unbestimmbaren Lehr-Lernprozesse liegen, da sich in ihnen die Professionalität des Bildungspersonals unmittelbar konkretisiert.

Zentral für künftige Professionalisierungsdebatten ist demzufolge die Frage, wie sich Qualitätsstandards für die Arbeit des betrieblichen Bildungspersonals konzipieren und ausgestalten lassen. Zur Klärung des Kompetenzprofils betrieblicher Weiterbildner liegt bereits eine Untersuchung vor, die auf einer Auswertung von Stellenanzeigen und einer Befragung von Weiterbildnern basiert (vgl. SORG-BARTH 2000). Diese Untersuchung müsste allerdings auf den Sektor der Ausbildung und andere Bereiche bildungsnaher Dienstleistungen in Unternehmen erweitert werden.

Qualität soll in der Weiterbildung im Wesentlichen über Standards und die entsprechende Attestierung des Einhaltens spezifischer Vorgaben hergestellt werden (vgl. MEYER 2006). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Regulierung und Zertifizierung der Inhalte und Prozesse in der Folge automatisch zu einer Steigerung von Qualität führt. Es ist allerdings fraglich, ob im Zuge der engen Koppelung von pädagogischer Professionalität an die Person des Lehrenden Standardisierung ein wirksames Mittel sein kann, die Qualität von Weiterbildung zu sichern.

In jedem Fall müsste – wie in allen Qualitätsdiskussionen – im Vorfeld noch eine Verständigung darüber erfolgen, was denn das Maß für die Bewertung der Qualität des Personals in der Berufsbildung sein soll. Einerseits enthält der Begriff „Standard“ keine Wertung, er kennzeichnet lediglich einen Maßstab, eine Richtschnur bzw. eine Norm oder auch ein Qualitäts- oder Leistungsniveau. Andererseits fungieren Standards in der Praxis meist sehr wohl als normative Vorgaben, die allerdings in Abhängigkeit davon, worauf sich die Vorgaben beziehen, variieren. Grundsätzlich können in der Standardisierung drei unterschiedliche Orientierungen differenziert werden (vgl. ARTELT/ RIECKE-BAULECKE 2004): Performance oder output standards beziehen sich auf die Lernergebnisse (a). Andere mögliche Varianten der Standardisierung ergeben sich mit dem Blick auf Inhalte – content standards (b) – oder auf Prozesse, process standards bzw. opportunity to learn standards (c). Diese Standards wiederum lassen sich darüber hinaus auf drei unterschiedlichen Niveauabstufungen beschreiben: Mindest- oder Minimalstandards, die zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt erreicht sein müssen (1). Wenn sie unterschritten werden, dann ist der Mindestauftrag der Kompetenzvermittlung nicht erreicht. Regelstandards beschreiben demgegenüber einen Durchschnitt, der erreicht werden kann, im Sinne eines mittleren Leistungsniveaus (2). Als höchste Niveaustufe können auch Exzellenz- oder Maximalstandards definiert werden (3). Welche Standards in der Qualitäts- und Professionaliesierungsdiskussion herangezogen werden, müsste offen gelegt werden.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass eine echte Profession – wie schon angedeutet – es aufgrund ihres hohen Autonomiegrades gar nicht zulassen würde, sich an äußeren Qualitätsmaßstäben messen zu lassen. Sie kontrolliert sich selbst und setzt ihre eigenen Standards. Das Professionalisierungsziel, das damit verfolgt wird, ist die Monopolisierung und Sicherung von Zuständigkeiten für Vermittlungstätigkeiten, legitimiert durch den Status einer spezifischen pädagogischen Kompetenz. Diese Monopolisierung könnte im Sinne einer legitimen Erwartbarkeit von Qualifikationen bezogen auf das Feld der Aus- und Weiterbildung auch ein Stück weit die Qualität des pädagogischen Handelns sichern. Über dieses professionelle Handeln wird auch die Qualität der Prozesse auf organisationaler Ebene und nicht zuletzt der erfolgreiche Lernprozess des individuellen Bildungsteilnehmers flankiert. Qualitätsentwicklung und –sicherung im Bildungssystem ist dementsprechend auch als eine Managementaufgabe und als ein bildungspolitisches Steuerungsinstrument zu verstehen: „Qualität erschöpft sich damit nicht in Professionalisierung und günstigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen, sondern ist auf eine gegenseitige Rücksprache bzw. kommunikativen Austausch verwiesen.“ (GONON 2003, 20). Und gerade in der Berufsbildung vollzieht sich dieser Austausch nicht nur innerhalb der Professionsgruppe sondern auch zwischen Lehrenden und Lernenden. Hier ist die Berufsbildungsforschung gefordert, einen Qualitätsbegriff zu entwickeln, der jenseits von Standardisierung die Individualität pädagogischer Lernvorgänge berücksichtigt.

6. Fazit und Ausblick

Wie gezeigt wurde, gehen die Professionalisierungstheorien von einer hohen formalen Qualifikation aus. Ziel der Professionalisierungsbemühungen bezogen auf das betriebliche Bildungspersonal ist in diesem Sinne die Steigerung von Beruflichkeit. Mit der Etablierung des Fortbildungsberufes Berufspädagoge IHK wäre der erste Schritt, eine Verberuflichung der Tätigkeit des betrieblichen Bildungspersonals, erreicht. Professionalisierung geht jedoch einher mit Akademisierung, d.h. den Absolventen der Fortbildung müsste ein Zugang zur Hochschule ermöglicht werden. Dann allerdings – und das muss in der Thematisierung und im Professionalisierungsdiskurs bedacht werden – greift eine andere Systemlogik: nicht mehr die der beruflichen Bildung, sondern die des Systems Hochschule. Die Probleme, die eine systemübergreifende Qualifizierung mit sich bringt – sie reichen von Anerkennungsfragen über die zeitliche Organisation bis zu dem berufserfahrenen Klientel angemessenen hochschuldidaktischen Konzepten – wären gesondert zu analysieren.

Die Steigerung von Beruflichkeit im Sinne einer Professionalisierung erfordert auch, dass die Berufsgruppe selbst einen Beitrag dazu leistet. Im Wesentlichen geht es dabei um die Klärung ihres kollektive Selbstverständnis – dazu gehört auch ihre Habitusformation (vgl. OEVERMANN 1999) – und Fragen der Interessenorganisation. Es bedarf eines „aufgabenspezifischen Selbstkonzeptes, repräsentiert durch ein reflektiertes Rollenverhalten“ (GRÜNHAGEN 1996, 342). Diese Schritte würden auch einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung leisten (vgl. ausführlich dazu ZECH 2008). Allerdings darf sich dieser Prozess nicht auf Deutschland beschränken: auch auf der europäischen Ebene ist die Berufsbildungspolitik gefordert, die „Fragmentierung“ (GROLLMANN 2006) der Berufspädagogen zu überwinden. Dieser Prozess der Professionalisierung müsste in der Praxis von den Betroffenen selbst und ihren Verbänden vorangetrieben und von der Berufsbildungsforschung wissenschaftlich begleitet werden (vgl. BÜCHTER/ HENDRICH 1996). Mit der Unterstützung durch wissenschaftliche Begleitung würde wahrscheinlich auch die Qualität von beruflich-betrieblicher Weiterbildung etabliert und erhöht.

Der Begriff der „Professionalisierung“ muss vor diesem Hintergrund mit Blick auf die Berufsbildung differenziert und reflektiert angewendet werden. Dies gilt zum einen, weil im Zuge der unterschiedlichen disziplinären Zugänge zum Professionalisierungstheorem von der Soziologie, den Erziehungswissenschaften und der Personalwirtschaft verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden (vgl. zusammenfassend SORG-BARTH 2000, 82). Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass der Begriff der Profession jenseits des Systems beruflicher Bildung angesiedelt und an akademischen Standards orientiert ist. Im engeren Sinn ist die Anwendung des Begriffs „Professionalisierung“ damit nur zulässig, wenn tatsächlich eine Steigerung von Beruflichkeit in Richtung einer professionsorientierten Beruflichkeit intendiert ist.

Im Zuge des Lebenslangen Lernens und der Forderung nach verstärkter Durchlässigkeit der Bildungssysteme erhält diese Forderung eine neue Bedeutung – auch für die klassische Klientel der Berufsbildung. Hier ist die Berufsbildungsforschung gefordert, in einem weiteren Sinn eine prozessbezogene Theorie von Professionalisierung und professionellem Handeln zu entwickeln, die zum einen von der Kategorie des Subjektes her gedacht wird und zum anderen das Berufsbildungssystem als Ausgangspunkt formuliert (mit der Option der Grenzüberschreitung). Mit Hilfe einer solchen, berufsbezogenen Professionalisierungstheorie wäre die Realität von beruflichen Bildungs- und Kompetenzentwicklungsprozessen im Kontext des lebenslangen und systemübergreifenden Lernens angemessen zu beschreiben und zu analysieren. Dabei geht es auf der Ebene der Subjekte zum einen um das komplexe Zusammenwirken von Theorie und Praxis, von Wissen und Erfahrung und von Handeln und Reflexion. In organisationaler Perspektive ist dabei das Spannungsverhältnis individueller Aneignungsprozesse und betrieblicher Organisationsentwicklung zu berücksichtigen und als gesellschaftliche Rahmenbedingung sind Arbeits- und Bildungspolitik als Gestaltungsrahmen für Professionalisierung und Qualitätsentwicklung in den Blick zu nehmen.

 

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