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Überlegungen zu einem handlungsorientierten
didaktischen Konzept eines Schülerbuchs der Volkswirtschaftslehre
für die Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung
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Die Entwicklung des Schülerbuches der Volkswirtschaftslehre
(VWL) mit zugehöriger Lehrerhandreichung erfolgt zusammen
mit Renate HARTER-MEYER. Das Schülerbuch VWL ist Teil
eines Gesamtkonzeptes für die Berufsfachschule Wirtschaft
und Verwaltung. Dazu gehört auch ein Schülerbuch
zu Betriebswirtschaftslehre/ Rechnungswesen. Dieses entsteht
mit weiteren Autorinnen und Autoren. Das Gesamtwerk soll in
einem großen deutschen Schulbuchverlag erscheinen.
Bei dieser Arbeit greifen wir auf gemeinsam entwickelte Konzepte
sowie langjährige Erfahrungen im Bereich der Schulbuchentwicklung
und -analyse für Allgemeinbildende und Berufsbildende
Schulen zurück (vgl. z.B. MEYER 1977; KARSTEN/ KRAFFT/
MEYER/ MEYER-HARTER/ ROTHKEGEL/ WEßEL 1980; MEYER 1985;
KRAFFT/ HARTER-MEYER/ MEYER 1974-2003, z.B. HARTER-MEYER/
MEYER 2002).
Im Folgenden verdeutliche ich grundlegende curriculare und
gestalterische Überlegungen zur Konzeption.
1. Bedeutung des Schulbuches in der didaktischen Diskussion
und für die Unterrichtspraxis
Die didaktische Diskussion in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik
wird bestimmt von situations- und handlungsorientierten, auf
die Bearbeitung von betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen
bezogenen, weitgehend selbstorganisierten und selbstgesteuerten
Lern- und Bildungsprozessen im Rahmen des Lernfeldkonzeptes
zur Sicherung einer wirtschaftsberuflichen Kompetenzentwicklung.
Die Arbeit im Lernbüro, in Übungsfirmen, mit virtuellen
Unternehmen, die Gestaltung von IT-gestützten Lernumgebungen
nehmen zunehmenden Raum ein (FEEKEN 2003, 177-197). Im Wirtschaftsunterricht
ist die Diskussion mit dem Begriff "komplexe Lehr-Lernarrangements"
verbunden (z.B. ACHTENHAGEN 2003, 78-97; DUBS 1999, 159-172;
KAISER 2003, 125-147; SIEMON 1998; TRAMM et al. 2002, Materialienband).
Bei der Entwicklung von Lernsituationen und der zielgruppen-
sowie regionalspezifischen Unterrichtsvorbereitung (vgl. z.B.
BADER 2003, 210-217) erweisen sich herkömmliche Schulbücher
bestenfalls als eine Quelle unter Vielen. Aus dieser Perspektive
sieht ein Teil der Lehrkräfte das Schülerbuch als
"altes" randständiges Medium an, das eher für
lehrerzentrierten Unterricht, für vorgegebenes Faktenlernen
(vgl. auch LANDWEHR 2001, STRAKA/ MACKE 2002, 137ff.) steht,
wie ältere Untersuchungen, die auch heute teilweise noch
aktuell erscheinen, belegen (z.B. MEYER 1977; REETZ/ WITT
1973). REETZ (1984, 240) fasste das zusammen mit
- mangelndem Praxis- und Sozialbezug (Situationsbezug)
- mangelndem Schülerbezug (Persönlichkeitsbezug)
- Defekten des Wissenschaftsbezuges.
Eine theoretische Diskussion um die Gestaltung von Schülerbüchern
(Schülerinnen sind hier und im Folgenden gleichzeitig
gemeint), eine Einbettung in Kontexte der Unterrichtsentwicklung
findet im Bereich der beruflichen Bildung kaum statt. Erst
seit kurzer Zeit lebt die Diskussion wieder auf (vgl. z.B.
DÖRIG /WAIBEL 1997; TRAMM et al. 2002).
Wenn wir auf das Angebot an Schülerbüchern im Bereich
Wirtschaft schauen, begegnet uns eine Produktvielfalt von
Lehr- und Arbeitsbüchern, teilweise verbunden mit Lehrerhandreichungen
bzw. Materialbänden. Konzeptionell versuchen diese Produkte
der großen und kleineren Schulbuchverlage die jeweiligen
Lehrplanvorgaben mit geringem time lag und zunehmend die didaktische
Diskussion am von Wettbewerb geprägten Markt auch konzeptionell
zu berücksichtigen. Das gilt für die Wirtschaftslehre/Volkswirtschaftslehre
der Berufsfachschule, die hier besonders im Focus steht (beispielhaft
sei verwiesen auf PETERS 2003; TRAMM et al. 2002, Schülerbuch
und Materialienband), die meist im Verbund der berufsfeld-
und bereichsspezifischen Fächer unterrichtet werden sollen,
z.B. in
- NRW als Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen, Informationswirtschaft
und Volkswirtschaftslehre (MINISTERIUM FÜR SCHULE UND
WEITERBILDUNG, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG 1999),
- Niedersachsen als Allgemeine Wirtschaftslehre, Rechnungswesen-Controlling,
Bürokommunikation und Wirtschaftspraxis (NIEDERSÄCHSISCHES
KULTUSMINISTERIUM 2001)
Teilweise stellen Schülerbücher und zugehörige
Lehrerhandreichungen/Materialienbände über CD bereits
Verbindung zu neuen Medien her, um z.B. Stammdaten von Modellunternehmen,
zusätzliche Fallmaterialien, (für den Unterricht
bearbeitbare) Arbeitsblätter usw. verfügbar zu machen.
Ein Blick in die Schulpraxis und auf das Verlagsangebot zeigt,
dass auch beim Vorliegen lernfeldorientierter Lehrpläne
und einem lernsituativ zu gestaltenden Unterricht das Schulbuch
ein zentrales Medium für die Gestaltung des Wirtschaftsunterrichts
in der Berufsbildenden Schule sein kann. Damit soll nicht
die Aussage verbunden werden, dass der Unterricht in der Praxis
immer situations- und handlungsorientiert erfolgt.
Hier soll die in den weiteren Ausführungen begründete
These aufgestellt werden:
Für die Umsetzung lernfeldorientierter Curricula können
entsprechend konzipierte Schulbücher mit zugehörigen
Lehrerhandreichungen eine bedeutende Hilfestellung leisten
und Leitmedium in der Hand der Schüler sein.
Zuvor ist es wichtig zu klären, welche Bedingungen für
die Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung zu berücksichtigen
sind.
2. Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung - Voraussetzungen
der Lernenden als Eckpunkte für die Schulbuchentwicklung
Die zweijährige Berufsfachschule wird vor allem von
Schülern besucht, die keinen Ausbildungsplatz erhielten
und den Sekundarabschluss I erwerben wollen. Schulisches Lernen
ist entsprechend den Erfahrungen in der Sekundarstufe I bei
vielen Schülern eher negativ besetzt. Die "Wahl"
der Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung beruht weniger
auf eigener Überzeugung, sie ist bei vielen Schülern
eher bestimmt von einer Unterbringungsmentalität. Sie
soll die Ausbildungsreife fördern bzw. die Vermittlungsbedingungen
am Ausbildungsstellenmarkt durch den Sekundarabschluss/ die
berufliche Grundbildung verbessern. Die Abbrecherquote ist
hoch. Die Schüler bringen teilweise eine geringe Motivation
für die Arbeit in diesem Berufsfeld und Defizite im Bereich
grundlegender kognitiver, sozialer und methodischer Kompetenzen
mit. Das heißt für die Arbeit im Unterricht insbesondere,
die Lernenden haben Schwierigkeiten, auch einfache Texte zu
verstehen, Tabellen und Grafiken zu interpretieren, sie können
kaum selbstständig mit sozialaktiven Lernmethoden und
-techniken arbeiten, um z.B. Informationen zur Bearbeitung
von Problemstellungen auszuwählen, lösungsorientiert
zu nutzen, Ergebnisse zu präsentieren sowie zu evaluieren.
Ökonomisches Wissen kann kaum vorausgesetzt werden, obwohl
die Lehrpläne der Haupt- und Gesamtschulen der meisten
Bundesländer entsprechende Fächer vorsehen und auch
volkswirtschaftliche Ziele und Inhalte enthalten (z.B. MINISTERIUM
FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
NORDRHEIN-WESTFALEN 1998; NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM
2001 ).
Für den Unterricht und damit auch für das diesen
unterstützende Medium Schülerbuch heißt das,
- die Schüler dort abzuholen, wo sie stehen,
- ihnen neue Zugänge zum Lernen zu eröffnen,
- elementarisiertes berufsfeldbezogenes sachbezogenes und,
damit verschränkt, methodisches Wissen kompetenzbezogen,
problem- und handlungsorientiert zu erschließen.
Auf diese Weise IST auch an Defiziten anzusetzen, die subjektbezogen
für die geringen Ausbildungschancen verantwortlich sind.
Es geht letztlich um die Befähigung der Lernenden zu
eigenverantwortlichem Handeln in beruflichen, gesellschaftlichen
und privaten Situationen. Berufliche Bildung ist also Persönlichkeitsbildung
und nicht auf die Verwendung für Berufsarbeit begrenzt.
Nur auf diesem Wege erscheint es möglich, das Kompetenzziel
der zweijährigen Berufsfachschule, die auf die Ausbildung
anrechenbare berufliche Grundbildung Wirtschaft, zu erreichen.
3. Erwartungen der Lehrenden an die Arbeit mit einem Schülerbuch
Lehrende erwarten von einem Schülerbuch generell, dass
es Lehr- und Lernprozesse inhaltlich und methodisch unter
Berücksichtigung eigener didaktischer Präferenzen
vielfältig zu unterstützen vermag.(vgl. dazu BRAND
o. J.; MEYER 1977, bes. S. 135-148; SCHÖN et. al 1987).
Im Mittelpunkt steht dabei steht zunehmend die Förderung
der Fähigkeit der Schüler zur selbständigen
Arbeit im Unterricht.
Das heißt im Einzelnen, dass das Schülerbuch
- zielgruppenadäquat gestaltet ist, also Vorkenntnisse,
Fähigkeiten, Interessen und Problembezüge differenziert
berücksichtigt,
- relevante Ziele und Inhalte des Lehrplans abdeckt,
- die dargestellten Texte, Tabellen, Diagramme, Bilder usw.
von hoher inhaltlicher Qualität und die Daten und Problemstellungen
relevant, aktuell und verständlich sind,
- Verzeichnisse enthält, die Erklärungen und Verweise
enthalten sowie weitere Informationen erschließen,
- durch eine übersichtlich gestaltete Handreichung für
Lehrende mit didaktisch-methodischen Hinweisen, Lösungsvorschlägen
für Arbeitsaufgaben, Arbeitsblätter, Literaturhinweisen
usw. zur schnellen und qualifizierten Unterrichtsvorbereitung
ergänzt ist.
Im Folgenden wird verdeutlicht, was das für das Konzept
des Schülerbuches Volkswirtschaftslehre bedeutet.
4. Curriculare und gestalterische Gesichtspunkte eines Schülerbuches
der Volkswirtschaftslehre für die Berufsfachschule Wirtschaft
und Verwaltung
4.1 Problemorientierte Verbindung betriebs- und volkswirtschaftlicher
Perspektiven zur handlungsorientierten Förderung der
Kompetenzentwicklung
Schülerbücher, die das Ziel verfolgen, handlungs-
und problemorientiertes Lernen in einem Erkenntnis vermittelnden
Unterricht (vgl. z.B. AEBLI 1997, 19ff.; LANDWEHR 2001, bes.31ff.)
zu fördern, wenden sich ab von einem fachsystematischen
Konzept und gehen von beruflichen Handlungs- und Problemzusammenhängen
als Curriculumstrategie aus. Gerade für den Unterricht
in Volkswirtschaftslehre ist es oft schwierig, diesen Anspruch
schülerorientiert einzulösen. Dieses Problem soll
vor dem Hintergrund der Realisierung des auf umfassende berufliche
Kompetenzentwicklung ausgerichteten Lernfeldansatzes beispielorientiert
erörtert werden.
Im lernfeldorientierten Lehrplan Wirtschaft und Verwaltung,
z.B. von NRW (MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG,
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG 1999), sollen innerhalb der Lernfelder
im Unterricht Bezüge zwischen den "berufsfeld- und
bereichsspezifischen Fächern" Betriebswirtschaftslehre
mit Rechnungswesen (BWL), Informationswirtschaft und VWL hergestellt
werden. Im Lehrplan sind die vorgesehenen Ziele für die
Fächer gemeinsam formuliert und die Inhalte parallel
nebeneinander in Spaltenform dargestellt. In der Praxis werden
die Fächer in einer Klasse von mehreren Personen unterrichtet.
Was das bei der vorgesehenen Orientierung an betrieblichen
Arbeits- und Geschäftsprozessen, verbunden mit einem
Modellunternehmen für das Fach Volkswirtschaftslehre,
heißen kann, soll im Folgenden an einem Beispiel aus
dem Lernfeld 3: "Personalmaßnahmen entwickeln und
personalwirtschaftliche Kompetenzen für den eigenen Berufsweg
nutzen können" verdeutlicht werden.
Vorgesehen ist in BWL ohne nähere Spezifizierung der
Inhaltsbereich "Sozialversicherung". Dabei geht
es aus Beschäftigtenperspektive um Wissen zu den Risiken,
Leistungen und Kosten, die mit den Sicherungsbereichen für
Unfall, Krankheit, Pflege, Rente, Arbeitslosigkeit/Sozialhilfe
verbunden sind und aus betrieblicher Perspektive darum, wie
die Beiträge in der vorgesehenen Lohn- und Gehaltsbuchung
im Rechnungswesen zu behandeln sind und welche Bedeutung diese
Kosten für den Betrieb haben. Die im Schülerbuch
entsprechend zu formulierenden Lernziele könnten fallorientiert
aus der Perspektive Auszubildender erschlossen werden. Eine
weitere Verengung der Betrachtung kann auf Arbeitslosigkeit/Sozialhilfe,
z.B. in Verbindung mit dem hier ebenfalls vorgesehenen Bereich
"Kündigung", erfolgen durch die Lernsituation:
"xy in der Abteilung z soll wegen Rationalisierung gekündigt
werden - was bedeutet das für ihn und seine Familie,
was kann er tun? Die Bearbeitung dieser problem- und handlungsorientierten,
komplexen Lernsituation wird z.B. gefördert durch Sachtexte
zu Leistungen der Arbeitslosenversicherung/Sozialhilfe, Hilfen
des Arbeitsamtes zur Stellensuche, Hinweise auf Informationsquellen,
Anregen eigener Initiativen.
In VWL sind im Lehrplan parallel in der Matrix die Bereiche:
"Regionaler Ausbildungs- und Arbeitsmarkt" sowie
"Arbeitslosigkeit und Maßnahmen zur Überwindung
von Arbeitslosigkeit" vorgesehen. Die unterrichtliche
Behandlung wird erleichtert, wenn für die Inhaltsbereiche
in VWL bereits Basiswissen in BWL aufgebaut ist. Das erfordert
eine Kooperation der in den Fächern unterrichtenden Lehrkräfte.
Im Schülerbuch VWL bietet sich an, Verweise zu den Kapiteln
im Schülerbuch BWL/Rechnungswesen herzustellen sowie
die "Wissensdimensionen" für diese "Anschlussstelle"
in einem Autorentext zusammenzufassen. Analog ist solches
im Schülerbuch BWL/Rechnungswesen vorzusehen. Damit könnte
das derzeit in NRW intendierte, aber nach Recherchen bei der
Entwicklung des Konzeptes für das Schülerbuch noch
nicht verbreitete, jedoch für die Umsetzung des Lernfeldansatzes
bedeutsame Unterrichtsorganisationsmodell fächerverbindenden
Unterrichts bedient werden.
In VWL werden im Schülerbuch Sachtexte und weitere Gestaltungselemente
(vgl. 4.2) aufgenommen, die strukturelle Arbeitslosigkeit
und arbeitsmarkt- und strukturpolitische Maßnahmen klären
(z.B. DEUTSCHER BUNDESTAG, Rahmenplan 2003), soziale und gesellschaftliche
Folgen und Einschätzungen verdeutlichen sowie Positionen
dazu z.B. von Parteien und Tarifparteien aufnehmen. Als unterrichtliche
Ausgangssituation bietet sich an, für Schüler bedeutsame
Problemsituationen unter Berücksichtigung regionaler
Bezüge herzustellen und die Situation projektorientiert
erkunden zu lassen. Weil es sich um das 3. Lernfeld handelt,
dürften relevante Unterrichtsmethoden und -techniken,
wie Gruppenarbeit, Projektarbeit, Erkundung, Befragung, Präsentation
(vgl. 4.3.), die mit beispielorientierten Lernseiten im Schulbuch
enthalten sind und hier bei Bedarf herangezogen werden könnten,
bekannt sein.
Alternativ zur Anregung der Entwicklung einer regionalen Lernsituation
unter Beteiligung der Schüler kann hier als Lernausgangssituation
auch ein simulierter Fall vorgegeben werden zur Lage in der
Region des Modellunternehmens in Bezug auf Ausbildungsstellen,
Wirtschaftsstruktur und Arbeitslosigkeit sowie Aktivitäten
von Wirtschaftsförderungsinstitutionen. Beide in das
Schülerbuch aufzunehmende Vorgehensweisen sind alternativ
im Unterricht realisierbar. Für sie können von den
Schülern Handlungswege bzw. Lösungsvorschläge
entwickelt und zu bewertet werden, kann eine Lösung ausgewählt
und präsentiert sowie das Ergebnis sach- und unterrichtsprozessbezogen
reflektiert und eine Übertragbarkeit des Wissens auf
weitere Situationen bedacht werden.
Das Beispiel zeigt, dass die unterrichtliche Arbeit mit Modellunternehmen
im Bereich VWL teilweise im Konflikt steht zur Orientierung
an regionalen und individuellen Handlungs- und Problemzusammenhängen
aus der Schülerperspektive. Auch darf ein Schülerbuch
fächerverbindenden Unterricht konzeptionell nicht zwingend
voraussetzen, um nicht an den Bedingungen schulischer Unterrichtsorganisation
zu scheitern.
4.2 Gestaltung des Schülerbuches zur Unterstützung
selbstständiger Arbeit
Für ein Schülerbuch stehen zur visuellen Präsentation
differenzierte und ansprechende Gestaltungselemente in Form
von Texten, Charts, Tabellen, Diagrammen, Abbildungen (u.a.
Fotos, Karikaturen), Piktogrammen, Karten sowie Format und
Ausstattung (z.B. Farbigkeit, Papierqualität) zur Verfügung
(vgl. z.B. BALLSTEDT 1997). Die Gestaltung auf der Basis von
Vorgaben der Autoren erfolgt weitgehend im Herstellungsprozess
der Verlage.
Das "didaktische Design" für das Schülerbuch
VWL sieht für die Zielgruppe der Berufsfachschule vor:
- übersichtliche Nutzung weniger Gestaltungsmittel
(in Bezug auf Sprachstil, Platzierung von Text und Bild,
Farbverwendung, Typografie, Pictogramme, Verweistechnik
usw.);
- Wiedererkennung der Struktur der Kapitel im Seitendesign:
o Angabe der angestrebten Lernziele (aus der situativen
Perspektive der Schüler);
o Problemstellung/ Lernausgangssituation
o Sachinformationen/ Hinweise auf andere Kapitel im Schülerbuch,
Schülerbüchern anderer Fächer, weitere Informationsquellen/
Methoden und Arbeitstechniken
o Arbeitsaufgaben unterschiedlicher Typen (z.B. zur selbständigen
Entwicklung einer Lernsituation, Aufarbeitung von Sachinformationen,
Erschließung weiterer Informationen zur Prozessgestaltung
unter Berücksichtigung spezifischer Methoden und Arbeitstechniken
(siehe 4.3), zum Anwenden des Wissens in Transferbezügen)
o Zusammenfassung des Strukturwissens aus Sicht der Autoren.
- Aufnahme von für die Zielgruppe bearbeitbaren einfachen,
kurzen Texten (vgl. dazu auch AEBLI 2001, "Mit Schülern
lesen"),
o die Problemstellungen verdeutlichen,
o Vorwissen aktivieren,
o Sachverhalte strukturell unter Verzicht auf Detailwissen
erklären und beschreiben,
o Hilfen zur selbständigen Bearbeitung geben (z.B.
auf Methode verweisen, vgl. 4.3),
o Begriffserklärungen enthalten bzw. auf solche in
anderen Kapiteln verweisen,
o Bezüge zwischen Kapiteln des Schülerbuches VWL
sowie mit dem Schülerbuch BWL herstellen und damit
Komplexität und ein ökonomisches Strukturwissen
schrittweise erschließen,
o auf weiterführende Quellen hinweisen sowie
o Zusammenfassungen leisten;
- optische Kennzeichnung der Sachinformationen (Autorentexte,
Quellentexte/-material), durch Schrifttypen, Unterlegung
und Anordnung;
- häufige Verwendung einfach strukturierter Charts,
aktueller Tabellen und Diagrammen sowie Abbildungen. Dabei
sind Daten auf das Grundsätzliche, curricular Bedeutsame
(und auf erreichbare Datenbanken, die eine Aktualisierung
durch Schüler ermöglichen) zu reduzieren, um die
Aneignung "toten Wissens" zu vermeiden, aber auch,
um bei dem Ausleihzeitraum des Buches von mindestens 4-6
Jahren "Veralterung vorzubeugen". Für diese
Art der Information bietet sich die zunehmend selbständige
Beschaffung und Aufbereitung von Daten durch Schüler
an (vgl. dazu 4.3, Durchführung von Recherchen, u.a.
im Internet).
4.3 Berücksichtigung wirtschaftsdidaktisch bedeutsamer
Methoden und Arbeitstechniken zur Förderung der umfassendenKompetenzorientierung
und handlungsorientierter Prozessgestaltung
Der Entwicklung vor allem von Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz
kommt im Rahmen des zu entwickelnden Kompetenzgefüges
neben Fach- bzw. Sachkompetenz und in Verbindung mit dem letztgenannten
Bereich eine besondere Bedeutung zu. Die didaktische Gestaltung
handlungsorientierten Unterrichts ist entscheidend abhängig
von der Möglichkeit, spezifische Methoden und Arbeitstechniken
zur Beschaffung und Erarbeitung von Informationen sowie zur
Gestaltung und Auswertung von Unterrichtsprozessen einzusetzen.
Damit kommt dem Methodenlernen eine doppelte Bedeutung zu.
Die Konzeption des Schülerbuchs geht davon aus, dass,
wie in Gliederungspunkt 3 bereits angesprochen, die Schüler
noch über keine ausreichenden Kompetenzen zur Nutzung
von Methoden und Arbeitstechniken in Kontexten der zunehmend
selbstständigen Bearbeitung wirtschaftlicher, sozialer
und politischer Problemstellungen verfügen. Die für
das Schülerbuch vorgesehenen Methoden und Arbeitstechniken
(Methodenseiten) werden jeweils in einem spezifischen lernsituativen
Zusammenhang an ein Kapitel angebunden. In anderen Zusammenhängen
wird darauf verwiesen (siehe dazu 4.1). Die Methodenseiten
haben zur schnellen Orientierung einen strukturell ähnlichen
Aufbau.
Für die Befragung heißt das z.B., es wird verdeutlicht,
- wozu und wie sie genutzt werden kann,
- wie die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung erfolgen
kann,
- nach welchen Gesichtspunkten Formen der Befragung auszuwählen
sind und
- an einem Beispiel ein zentrales methodisches Element vertieft
dargestellt (hier Fragetechnik).
Genutzt werden können die Methodenseiten als Informationstext,
hier bei der Vorbereitung z.B. eines Fragebogens oder dessen
Auswertung, aber ggf. auch als methodischer Lehrgang.
Im Schülerbuch aufgenommen werden folgende Methoden
und Arbeitstechniken:
Befragungsformen, Betriebspraktika, Erkundungsformen, Fallarbeit,
Gruppenarbeit, Planspiel, Präsentationstechniken, Pro-Kontra-Debatte,
Projektarbeit, Recherchen, Rollenspielformen, Statistiken
und Schaubilder entwickeln und auswerten, Texterarbeitungsformen
sowie die Zukunftswerkstatt (zur Bedeutung der Lehrerhandreichung
in diesem Kontext vgl. 5.).
Für die "Startseiten" des Schülerbuches
ist es bedeutsam, für die Schüler das Konzept der
Arbeit mit dem Buch zu verdeutlichen, damit sie intentionsgerecht
damit arbeiten können und die Übernahme von Verantwortung
für ihre Arbeit gefördert wird.
Der Verfasser hat mit einem solchen Konzept zur besonderen
Berücksichtigung der Förderung von Methodenkompetenz
für Bildungsgänge der Sekundarstufe I im Bereich
Arbeit - Wirtschaft - Technik bereits vielfältige und
durchweg positive Erfahrungen gesammelt (KRAFFT/ HARTER-MEYER/
MEYER, Hrsg. 1974-2003).
5. Lehrerhandreichung
Eine Lehrerhandreichung wird für Schulbuchverlage zunehmend
zum Verkaufsargument für zugehörige Schülerbücher.
Meist wird sie gegen Schutzgebühr abgegeben oder zu Werbezwecken
verschenkt. Schülerbücher, die ein anspruchsvolles
didaktisch-methodisches Konzept aufweisen, sind auch für
Lehrer erklärungsbedürftig. So sollte eine Handreichung
u.a.
- übersichtlich gestaltet sein, um eine schnelle Orientierung
zu ermöglichen.
- Auswahlgesichtspunkte des Schülerbuches für Ziele
und Inhalte, u.U. im Kontext der länderspezifischen Lehrpläne,
verdeutlichen;
- das Lehr-/Lernkonzept des Schülerbuches erklären;
- den Einsatz von Methoden und Arbeitstechniken aus wirtschaftsdidaktischer
Perspektive begründen;
- differenzierte, alternative Gestaltungsvorschläge für
den Unterricht enthalten und für Lehrkräfte vor
dem Hintergrund ihrer Lehrvoraussetzungen sowie der Lernvoraussetzungen
der Schüler entscheidbar machen;
- Vorschläge für Erarbeitungsformen, Lösungsskizzen
für die im Schülerbuch enthaltenen Arbeitsaufgaben
und ihre Auswertung enthalten;
- Differenzierungsformen durch Arbeitsblätter und im
Anspruchsniveau unterschiedliches Quellenmaterial realisieren
(und diese Dokumente als bearbeitbare Dateien auf CD vorhalten);
- beispielhaft Vorschläge für handlungsorientierte
Lernkontrollen (vgl. BRETTSCHNEIDER 2003, 221-245) aufnehmen;
- Bezüge zum Einsatz weiterer Medien herstellen, insbes.
zur Berücksichtigung der Arbeit mit neuen Medien;
- Hinweise auf grundlegende und für Lehrer erreichbare
fachwissenschaftliche und didaktische Literatur sowie Informationsquellen
berücksichtigen;
6. Schlussbemerkungen
Ich hoffe, dass die Ausführungen die eingangs geäußerten
Bedenken, dass das Schulbuch als "altes" Medium
nur randständige Bedeutung besitzt, zu zerstreuen vermögen,
dass es vielmehr im Verbund eines Gesamtkonzeptes von Unterrichtsmaterialien
einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer handlungsorientierten
wirtschaftsberuflichen Bildung zu leisten vermag.
Für Schülerbücher besteht funktionierender
Wettbewerb zwischen Schulbuchverlagen Diese müssen sich
auf Märkten mit grundsätzlich sinkender Schülerzahl
behaupten. Zusätzlich führen länderspezifische
Lehrpläne teilweise zu kleinen Regionalauflagen oder
dazu, dass für das Land kein Buch entwickelt wird. Entsprechend
ist der Etat im Verlag für die Entwicklung sowie die
Ausstattung begrenzt. Wegen der im Fach Volkswirtschaftslehre
vielfach vorhandenen kultusministeriellen Genehmigungspflicht
ist die curriculare Konzeption oft genau auf den Lehrplan
auszurichten. Eine Kooperation zwischen den Ländern könnte
die Versorgung grundsätzlich sichern und auch qualitativ
positiv beeinflussen.
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