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E-Learning im Studienprofil "Betriebliche Aus- und Weiterbildung": ein Beispiel
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1. E-Learning - ein weiteres Studienangebot
An den Universitäten Hamburg und Oldenburg werden für
die angehenden Gewerbe- und Handelslehrer/innen regelmäßig
internetgestützte Lehrveranstaltungen angeboten. An diesen
Veranstaltungen beteiligen sich auch Fachvertreter/innen der Berufs-
und Wirtschaftspädagogik von den Technischen Universitäten
Berlin und Dresden. Bisher wurden im Hochschulverbund folgende Seminarthemen
angeboten:
· Unternehmensentwicklung und betriebliche Weiterbildung,
· Berufliches Lernen in Lern- und Handlungsfeldern,
· Qualifizierung betrieblicher Mitarbeiter/innen in internetgestützten
Lernumgebungen,
· Arbeit und Lernen in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung.
Aus der fallweisen Kooperation der vier Hochschulstandorte in Seminaren
des Hauptstudiums soll zukünftig ein ständiger Lehrverbund
zur gemeinsamen Gestaltung und Durchführung internetgestützter
Einführungen in die Berufs- und Wirtschaftspädagogik entstehen.
Hierfür werden derzeit hochschulübergreifend multimediale
Präsentations- und Interaktionsmedien in einer modularisierten
Lernarchitektur entwickelt und auf der Lernplattform WebCT der Universität
Hamburg für eine standortübergreifende Nutzung erprobt.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stellen wir die Fragen:
Welchen Mehrwert bietet diese Form einer standortübergreifenden
Vernetzung von Hochschullehre? Lässt sich dieser Mehrwert schon
in einigen Punkten markieren - als Erfahrung aus den bisherigen
Online-Seminaren oder zumindest als begründete Hoffnung für
die Zukunft? (siehe auch HEIDBRINK 2001).
2. E-Learning - ein Mehrwert im Studienangebot
2.1 Selbstorganisiertes Lernen als Lernkultur
E-Learning wird häufig bewertet vor dem Hintergrund von Anforderungen
an die Wissensgesellschaft. Wie REINMANN-ROTHMEIER und MANDL darlegen,
können besonders virtuelle Lernumgebungen die individuelle
Wissensproduktion unterstützen und damit der Gefahr zunehmender
Orientierungslosigkeit entgegentreten. Virtuelle Lernumgebungen
bieten ihrer Meinung nach zudem günstige Voraussetzungen für
den "gut informierten Bürger", sein Wissen eigenverantwortlich
im Prozess des lebenslangen Lernens in der Kooperation mit anderen
zu erweitern (vgl. REINMANN-ROTHMEIER & MANDL 2001, 10 ff.).
Virtuelle Lernumgebungen können mit Hilfe internetgestützter
Lernplattformen realisiert werden. Aus der Perspektive des institutionalisierten
Lernens betrachtet, ergeben sich damit besondere Möglichkeiten
des E-Learning, Veränderung und Innovation in der Hochschullehre
durch ein "Mehr" an erwachsenengerechtem Lernen auszulösen.
Dies bedeutet, dass E-Learning auch in der Hochschullehre eine neue
Lernkultur befördern kann, wenn deren hochschuldidaktische
Gestaltungsoptionen auch tatsächlich genutzt werden (vgl. EULER
2002; EULER & WILBERS 2003).
Wird E-Learning auf einer Lernplattform angeboten, sind die Lernangebote
nicht zwingend an räumliche und zeitliche Bedingungen ihrer
Darbietung und Bearbeitung gebunden. Sie eröffnen den Studierenden
die Chance, über ihren Lernort, ihre Lernzeit und die Lerndauer
zu befinden sowie in bestimmten Grenzen auch die Lerninhalte mitbestimmen
zu können.
E-Learning unterstützt die Studierenden, wenn sie ihre eigenen
Lernwege beschreiten und sich solchen Lerngegenständen und
Lerninhalten zuwenden, die ihren eigenen Lerninteressen und Lernvoraussetzungen
angemessenen sind. Gerade in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik,
in der wir es mit sehr heterogen vorqualifizierten jungen Menschen
aus verschiedenen beruflichen Fachrichtungen zu tun haben, sind
die Flexibilität in der Auswahl von Lerngegenständen und
die Generierung von Lerninhalten sowie die Gestaltung von Lernwegen
durch die Studierenden wichtig. Hier bietet E-Learning die Chance,
einen persönlichen Entwicklungspfad zwischen der Individualisierung
der Lernprozesse und der kooperativen Gestaltung der Lernprozesse
zu finden (vgl. KREMER 2002, 4).
Im E-Learning übernehmen die Studierenden aber zugleich auch
ein Mehr an Verantwortung für die erfolgreiche Gestaltung ihres
Lernens, wie auch der Veranstalter neue Verantwortlichkeiten dafür
übernimmt, dass die von ihm bereitzustellende Lernumgebung
ein flexibles Lernen ermöglicht und auch die Fähigkeit
zum Selbstlernen systematisch befördert.
2.2 Produktion von Lerninhalten
Die Beförderung einer neuen Lernkultur mit dem Fokus auf das
selbstorganisierte Lernen und die Mitverantwortung für die
Gestaltung von Lernprozessen hat Konsequenzen für die inhaltliche
Gestaltung der Hochschullehre. Wenngleich die Frage nach den für
E-Learning "passenden" Lerninhalten noch weitgehend unterbelichtet
ist (vgl. kritisch dazu BÜCHTER & GRAMLINGER 2002, 7),
darf vermutet werden, dass stärker als in den traditionellen
seminaristischen Formen der Hochschullehre die Lernenden ihre Lerngegenstände
selbst erfinden und ihre Lerninhalte selbst entwickeln. An die Stelle
des darbietenden Vortrags fachlicher Inhalte mit anschließender
Diskussion tritt fast regelhaft die von einer Fragestellung und/oder
Problemstellung ausgelöste und angeleitete Erarbeitung von
Wissen in Einzelarbeit oder im Team. Im E-Learning ist die Erarbeitung
von Lerninhalten gefragt und weniger die Bearbeitung von Lehrinhalten.
Die inhaltliche Vorbereitung von Seminaren durch die Lehrenden konzentriert
sich deshalb im Kern auf die Bereitstellung eines Orientierungsrahmens.
Dieser enthält beispielsweise für berufs- und wirtschaftspädagogische
Veranstaltungen fachliche bzw. fachwissenschaftliche Grundlagen
für die Erarbeitung des Seminarthemas, die Einordnung des Vorhabens
in den Kontext der berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskussion
sowie eine Perspektive auf einen möglichen Transfer des Erarbeiteten
in verschiedene pädagogische Handlungsfelder schulischer und
betrieblicher Aus- und Weiterbildung. In diesem Rahmen erarbeiten
sich die Studierenden dann ihre Lerninhalte selbst. E-Learning auf
einer Lernplattform unterstützt sie dabei in besonderer Art
und Weise, indem es alle dokumentierten Zwischenergebnisse sichert
und für die Kommunikation unter den Lernpartnern und Lernpartnerinnen
bereitstellt. Darüber hinaus stehen für die Produktion
von Lehr- und Lerninhalten elektronische Werkzeuge für die
Autoren, Informationssysteme, Hilfesysteme sowie Datenbanken zur
Verfügung.
Eine fallweise Anwendung des erarbeiteten Wissens ist sicherlich
möglich. Zweifelhaft ist jedoch, ob eine fallweise Erzeugung
von Wissen auch problemlos zur systematischen Ordnung des erzeugten
Wissens in Wissensstrukturen führt. Anders als KREMER sind
wir nicht so optimistisch anzunehmen, dass z. B. ein im Seminar
zu bearbeitender Fall sowohl Ausgangspunkt für das Verständnis
fachlicher Zusammenhänge ist, als auch für die Illustration
fachlicher Zusammenhänge herangezogen werden kann (vgl. KREMER
2002, 4). Der "anarchistische" Ansatz des Internet tendiert
eher dazu, im strengen Sinne chaotische Lernumgebungen zu erzeugen,
die sich für fachlich-systematisches Lernen aber wenig eignen.
Eine Begründung für die Produktion von systematisch strukturiertem
Wissen mittels E-Learning sollte deshalb unseres Erachtens nicht
fachwissenschaftssystematisch, sondern vorzugsweise kognitionswissenschaftlich
ansetzen.
2.3 Veränderungen gewohnter Lernumgebungen
Prinzipiell gilt: Alle bekannten und tradierten Organisationsformen
der universitären Lehre lassen sich auch im E-Learning verwirklichen
(vgl. EULER & WILBERS 2003, 5 ff.). So sind die vertrauten Präsentationen
einzelner Studierender oder einer Gruppe von Studierenden möglich.
Konzentrierte Erarbeitungsphasen, in denen die Studierenden an einer
Aufgabe oder an einem Problem arbeiten oder im Dialog Problemsichten
entwickeln, Lösungswege finden und erfinden sowie Lernergebnisse
erkunden und bewerten, können auch durch E-Learning befördert
werden.
Auch die Sozialformen des Einzellernens, des Lernens im Team und
im Plenum sind beim E-Learning anzutreffen. Instruierendes Lernen
sowie die Lernunterstützung durch begleitendes Lernen und Lernmoderation
finden auch beim E-Learning ihren Platz bei der Gestaltung einer
Lernumgebung. Jedoch kann sich durch eine reflektierte Kombination
der Elemente für die Lernumgebung ein hochschuldidaktischer
Mehrwert ergeben (vgl. EULER & WILBERS 2003; HOHENSTEIN &
WILBERS 2002).
Zu bedenken ist aber, dass E-Learning immer auch einem bestimmten
Entscheidungsrahmen folgt, der zu einem Teil durch die Technik festgelegt
wird. Ein hochschuldidaktischer Mehrwert ist deshalb wohl nur dann
zu begründen, wenn aufgezeigt werden kann, dass die elektronischen
Medien zumindest das Potenzial haben, die didaktische und methodische
Gestaltung von Lernumgebungen zu erweitern (vgl. REINMANN-ROTHMEIER
& MANDL 2001, 12 ff.), und wenn auch aufgezeigt werden kann,
dass diese Erweiterung auch tatsächlich möglich ist. Dann
nämlich lassen sich neue Optionen für das Lehren und Lernen
in der Hochschule beschreiben (vgl. WILBERS 2002). Dieser Gedanke
soll nun an einem Beispiel weiter ausgeführt werden.
2.4 Bausteine für eine netzgestützte Lernumgebung: ein
Beispiel
2.4.1 Einrichten einer Lernumgebung mit Hilfe einer Lernplattform
Für das zuletzt durchgeführte Seminar "Arbeiten
und Lernen", das in Hamburg und Oldenburg jeweils als Hauptseminar
ausgewiesen wurde, wurde die von den Universitäten Oldenburg
und Osnabrück bereitgehaltene Lernplattform "blackboard"
eingerichtet. Sie bot den Studierenden in der gewählten Konfiguration
folgende Zugriffsmöglichkeiten über die Menüleiste
(vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Überblick über die Menüleiste der Lernplattform
"blackboard"
Unter "Informationen" der Menüleiste konnten sich
die Studierenden beispielsweise den Seminarplan der Veranstaltung
ausdrucken (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Auszug aus dem Seminarplan
Die Lernumgebung bot den Studierenden Gelegenheiten zum Einzellernen
(Literaturstudium), Teamlernen (Gruppenarbeit beispielsweise bei
der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Expertenbefragungen,
Mitarbeit in Diskussionsforen) und Lernen im Plenum (Präsentation
von Interviewleitfäden und Interviewergebnissen).
2.4.2 Erarbeiten einer gemeinsamen Wissensbasis
Für das Seminar wurden ca. 140 einschlägige Texte aus
Fachzeitschriften, Monografien und Sammelwerken in einem Handapparat
zur Verfügung gestellt. Abbildung 3 zeigt einen kleinen Ausschnitt
aus der dazugehörigen Literaturliste.
Abb. 3: Auszug aus der Literaturliste
Da sich die Vorbereitungsarbeiten in diesem Seminar auf drei beteiligte
Hochschulstandorte verteilten, war der insgesamt beachtliche Aufwand
für eine materiale Grundlegung des Seminars noch akzeptabel.
Diese breite Materialbasis hätte von den Studierenden eines
Seminars allein nicht aufgearbeitet werden können. Durch die
Kooperation der drei Hochschulstandorte konnte jedoch die Wissensbasis
erarbeitet werden. Hierfür wurden den Studierenden Formblätter
an die Hand gegeben. Auf diesen Formblättern sollten sie für
die von ihnen zu bearbeitenden Quellen zunächst abstracts formulieren
und dann in einem zweiten Schritt ein Stichwortverzeichnis anlegen,
unter dem ein gezielter Zugriff auf die Quellen möglich war
(vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Auszug aus Formblatt
Mit Hilfe der bearbeiteten Formblätter konnten sich die Studierenden
jederzeit einen schnellen Überblick über die gesamte Wissensbasis
verschaffen, auch wenn sie diese nur zum kleinen Teil selbst mitgestaltet
hatten: Jeder Studierende konnte für die Bearbeitung seiner
Aufgabe zunächst über Titel und Stichwörter die mögliche
Relevanz einer Quelle prüfen, dann durch Lesen des abstract
seinen ersten Eindruck überprüfen und danach bei Bedarf
sich die Quelle aus dem Handapparat holen. Auf diesem Wege baute
sich jeder Studierende eine individuelle Wissensbasis durch Einzelarbeit
auf.
Wurden die Formblätter noch als Ergebnis von Einzelarbeit produziert,
entwickelten die Studierenden ihre Systematik für eine interaktive
Gruppenarbeit im Dialog. Hierbei galt es, zu den zunächst noch
vage formulierten und grob skizzierten Leitfragen genauere und detailliertere
Leitfäden für die Bearbeitung einer Gruppenhausarbeit
zu entwickeln und dann die Arbeit arbeitsteilig, aber konzertiert
anzufertigen. Abbildung 5 zeigt einen kleinen Ausschnitt der Diskussion
und Zusammenarbeit an einer Gruppenhausarbeit.
Abb. 5: Auszug aus einem Diskussionsforum
Die Ergebnisse in Form von mehreren schriftlichen Gruppenhausarbeiten
wurden wiederum auf der Lernplattform präsentiert und allen
Lernern zur Verfügung gestellt (vgl. Abb. 6).
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Abb. 6: Auszug aus einer Hausarbeit
2.4.3 Medieneinsatz
E-Learning bietet gute Möglichkeiten einer Verbindung traditioneller
Medien wie Printmedien (Bücher, Zeitschriften), Flipcharts,
Tafel, Overheadprojektor usw. mit E-Medien wie Power-Point-Präsentationen
mit Animationselementen und Lehrclips, die gern als Ausschnitte
einer audio-visuellen Aufzeichnung einer Lehrdarbietung zu Schlüsselstellen
des Seminars angeboten werden. Eine solche Schlüsselstelle
kann beispielsweise die Erläuterung einer im Seminar erstellten
und nicht "selbsterklärenden" Strukturgrafik sein.
Bei E-Learning kommen deshalb auch zum Einsatz: Metaplantechnik
zur strukturierten dialogischen Entwicklung, Strukturgrafiken zur
Verdeutlichung. Sie können - wenn sie denn von allgemeinerer
Bedeutung und nicht nur für die Arbeitsgruppen an einem Hochschulstandort
bedeutsam sind - über das Netz auch den Studierenden an den
anderen Standorten zur Verfügung gestellt werden. So zeigt
die Abbildung 7 beispielhaft ein am Hochschulstandort Hamburg erarbeitetes
Flipchart über mögliche Themen und Fragestellungen für
die schriftlichen Gruppenhausarbeiten.
Abb. 7: Flipchart
Abbildung 8 stellt ein Standbild eines Videoclips dar. Es dokumentiert,
wie am Hochschulstandort Berlin die Themenfindung abgelaufen ist.
Abb. 8: Standbild eines Videoclips
Abbildung 9 schließlich zeigt die Einstiegsfolie einer Power-Point-Präsentation
am Hochschulstandort Oldenburg über die Ergebnisse eines von
den Studierenden durchgeführten Experteninterviews zum Thema
"Lernen am Arbeitsplatz".
Abb. 9: Blick auf die Startfolie einer Power-Point-Präsentation
2.4.4 Unterstützung von Lernhandlungen
Prinzipiell hat instruierendes Lernen auch beim E-Learning seine
Bedeutung: Dozentenvorträge können der Unterweisung des
Lernenden dienen. Beim E-Learning werden sie dann synchron über
das Netz übertragen, wobei sich ein Teil der Studierenden vor
Ort und im Seminarraum befindet, ein anderer Teil den Vortrag fernab
von Seminarraum am Bildschirm verfolgt. Wir haben allerdings in
unseren Seminaren bisher weitgehend auf Instruktionen dieser Art
verzichtet. Stattdessen haben sich die Veranstalter selbstverpflichtet,
z. B. ihre Einführungsvorträge in gedruckter Form oder
als Power-Point-Präsentationen den Studierenden auf der Lernplattform
zur Verfügung zu stellen.
Für die Seminare konnten studentische Tutoren eingestellt werden.
Diese standen den Studierenden zur Verfügung. Allerdings haben
die Studierenden nicht in allen Seminaren von diesem Angebot regen
Gebrauch gemacht. Zumeist waren es die Dozenten, die ihnen Rede
und Antwort stehen sollten und auch gestanden haben.
Ein arbeitsteiliges Vorgehen erfordert auch wiederum das Zusammenfügen
der Ergebnisse im Seminar zu einer Gesamtleistung. Hierfür
ist die Moderationstechnik unter Beteiligung aller Studierenden
einzusetzen, die dann nicht ohne Unterstützung durch das Internet
möglich ist. In unserem Seminar war es ein Abschlussbericht,
der zunächst von einem Dozenten auf der Basis der bis dahin
erarbeiteten Zwischenergebnisse den Studierenden vorgeschlagen und
dann in zwei Diskussionsrunden von den Studierenden auf der Lernplattform
modifiziert wurde (vgl. Abb. 10).
Abb. 10: Auszug aus dem Abschlussbericht
Obwohl sich der Abschlussbericht auf Arbeitsergebnisse der Studierenden
stützte, gab es im Seminar z. T. wieder kontrovers verlaufende
Diskussionen. Damit wurde eigentlich eine neue Runde in der Erarbeitung
des Seminarthemas eingeleitet, denn es wurden einerseits die Qualitäten
der bisherigen Lernergebnisse hervorgehoben, andererseits aber auch
zahlreiche Anregungen für die weitere inhaltliche Verdichtung
der Ergebnisse im Abschlussbericht vorgetragen (vgl. Abb. 11).
Abb. 11: Übersicht über Kommentare zum Abschlussbericht
2.5 Sicherung der Ergebnisse und Transfer ins Studium
E-Learning produziert eine Vielzahl von Lernergebnissen in der
Form von Präsentationen, Diskussionsvorlagen, Dokumentationen,
Hausarbeiten, Animationen u. a. Anders als in traditionellen Hochschulseminaren
bietet E-Learning aber verbesserte Möglichkeiten der Ergebnissicherung
auf der Lernplattform. Diese Ergebnisse stehen den Studierenden
in der Regel noch längere Zeit nach Seminarabschluss zur Verfügung,
zumindest solange der Projektraum noch nicht von den Administratoren
der Lernplattform geschlossen bzw. aufgelöst wurde. Deshalb
können sie auf die Seminarergebnisse auch noch nach Semesterende
zugreifen, diese Ergebnisse nacharbeiten oder auch in Folgeseminare
einbringen.
Wir präferieren jedoch ein anderes Verfahren der Ergebnissicherung:
Wir sichern die Seminarergebnisse auf einer CD-ROM. Dann stehen
sie interessierten Studierenden auch auf ihren heimischen PCs dauerhaft
zur Verfügung.
Zur Ergebnissicherung und zum Transfer der Seminarergebnisse zählt
aber auch ein Feedback, in dem die Seminarorganisation, die Seminarergebnisse
und der gemeinsame Lernprozess nochmals analysiert und abschließend
bewertet werden. Für ein Feedback bietet sich unseres Erachtens
ein zweistufiges Vorgehen an. Zunächst diskutieren und bewerten
die Studierenden das Seminar entlang von Leitfragen, für die
von den Veranstaltern jeweils ein Diskussionsforum eingerichtet
wird (vgl. Abb. 12). Dies sichert einen systematisch angelegten
Überblick auch über die mit E-Learning angesteuerten Ziele
und unterstützt die Bearbeitung von Fragen in Folgeseminaren:
Welche Ziele sollen wir besonders beachten, d. h. z. B. unbedingt
beibehalten oder auf jeden Fall verändern?
Abb. 12: Leitfragen für Feedback
Dann sollten aber die Studierenden auch noch die Gelegenheit bekommen
nach der Aufforderung "Was ich sonst noch sagen wollte ..."
ihre Eindrücke mitzuteilen, Meinungen vorzutragen, Bewertungen
abzugeben und persönliche Empfehlungen zu hinterlassen. Hierfür
eignet sich ein Chat unter der Voraussetzung, dass die Teilnehmerzahl
es prinzipiell zulässt, dass sich alle Studierenden daran auch
beteiligen können und der Meinungsaustausch nicht unübersichtlich
gerät.
3. Grundsätze für E-Learning auf einer Lernplattform
Unsere bisherigen Erfahrungen mit der Konstruktion und Erprobung
von E-Learning in der Hochschullehre lassen sich auch grundsätzlich
umreißen (siehe auch REINMANN-ROTHMEIER & MANDL 2001,
16 ff.).
E-Learningangebote sollten klar erkennbare Praxisbezüge aufweisen.
Über Praxisbezüge können die Studierenden das gemeinsam
erzeugte, jedoch individuell relevante Wissen auf den Prüfstand
einer empirischen Bewährung stellen und validieren. In unserem
Seminar waren es vor allem die Expertengespräche, denen wir
diese Funktion zugewiesen haben. Es sind aber auch Internetrecherchen
(web-quests) denkbar.
Heterogene Studierendengruppen, die immer dann entstehen, wenn wir
Studierende mit verschiedenen beruflichen Fachrichtungen und unterschiedlichen
Lernbiografien in gemeinsamen Lehrveranstaltungen zusammenführen,
stellen nicht nur besondere Anforderungen an eine flexible Gestaltung
der Lernumgebung. Sie bieten auch die Chance für eine mehrperspektivische
Bearbeitung des Seminarthemas. Wir haben deshalb den Orientierungsrahmen
für die Produktion von Lerninhalten zunächst weit gefasst
und die Studierenden ermuntert, innerhalb dieses Rahmens konsensuelle
Bereiche für die Produktion von Lerninhalten zu entdecken bzw.
zu erarbeiten.
E-Learning fordert ein sensibles Ausbalancieren von Einzellernen
und Lernen in der Gruppe. Dabei sind jedoch der Kommunikation und
der Kooperation in Gruppen eine verstärkte Aufmerksamkeit zu
schenken, weil dieser soziale Aspekt des E-Learning leicht aus dem
Blickfeld gerät. Wir haben diesen Aspekt im Auge gehabt, als
wir Diskussionsforen im Wechsel mit Einzelarbeit in den Veranstaltungsfahrplan
einschrieben und zudem den Studierenden die Möglichkeit anboten,
wenigstens eine Seminarsitzung zusammen mit allen Teilnehmern und
Teilnehmerinnen an einem Hochschulstandort zu gestalten. Ungefähr
die Hälfte der Studierenden hat dieses Angebot angenommen und
es als ein Highlight einer Seminarsitzung an der TU Berlin erlebt.
E-Learning in netzbasierten Lernumgebungen fordert die kooperative
Produktion von Lerninhalten heraus. Andererseits müssen hierfür
aber auch Lernquellen vorgehalten werden. In unserem Seminar bestand
der Lernquellenpool im Wesentlichen aus einem traditionellen Handapparat
mit Fachliteratur und den Informationsangeboten, die das Internet
bereithält.
Auch selbstorganisiertes Lernen bedarf der Unterstützung durch
Lehrende. Dabei reicht es aber nicht aus, allein durch einen Orientierungsrahmen,
Bereitstellung eines Lernquellenpools und eines Seminarfahrplans
Grenzen für die freie Gestaltung der Seminararbeit zu ziehen.
Prinzipiell gilt: Beim E-Learning müssen sich die Lehrenden
stärker als bisher in Prozesse der Entwicklung, Erprobung und
Evaluation von Lernumgebungen einbringen und sich auch an curricularen
Entwicklungen von Angeboten für E-Learning beteiligen (vgl.
KREMER 2002, 9). Dies ist ein schwieriger Prozess, in dem wir uns
in den bisher durchgeführten Seminaren eher erfahrungsgeleitet
denn wissend bewegten und bewähren mussten.
Literatur:
BÜCHTER, K. & GRAMLINGER, F. (2002): Lernen in Netzen -
Einige neuralgische Punkte und offene Fragen in der berufs- und
wirtschaftspädagogischen Diskussion. Online im WWW: http://www.bwpat.de/ausgabe2/buechter-gramlinger_bwpat2.shtml
(10-09-03).
EULER, D. (2002): From connectivity to community - Elektronische
Medien als Katalysator einer Kultur des selbstorganisierten Lernens
im Team. Online im WWW:
http://www.bwpat.de/ausgabe2/euler_bwpat2.shtml
(10-09-03).
EULER, D. & WILBERS, K. (2003): Von technischen Optionen zum
didaktischen Mehrwert. E-Learning als didaktische Herausforderung.
In: berufsbildung, H. 80, 3-8.
HEIDBRINK, H. (2001): Virtuelle Seminare: Erfahrungen, Probleme,
Forschungsfragen. Erfahrungen im Fernstudium. Online im WWW:
http://www.medienpaed.com/00-2/heidbrink1.pdf
(10-09-03).
HOHENSTEIN, A. & WILBERS, K. (Hrsg.) (2002): Handbuch E-Learning.
Köln.
KREMER, H.-H. (2002): Offene webbasierte Lernumgebungen - Zur Notwendigkeit
vernetzter Lehr- und Lernumgebungen. Online im WWW:
http://www.bwpat.de/ausgabe2/kremer_bwpat2.shtml
(10-09-03).
REINMANN-ROTHMEIER, G. & MANDL, H. (Hrsg.) (2001): Virtuelle
Seminare in Hochschule und Weiterbildung. Drei Beispiele aus der
Praxis. Bern.
WILBERS, K. (2002). Lernen in Netzen: Modernismen und Traditionen,
Schismen und Integrationsversuche. Online im WWW:
http://www.bwpat.de/ausgabe2/wilbers_bwpat2.shtml
(10-09-03).
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