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Strategie zur Umsetzung des Lernfeldkonzepts im BLK-Modellversuch
CULIK - Curriculumentwicklung im Implikationszusammenhang
von Personal- und Organisationsentwicklung
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0 Abstract
Die Thematisierung curricularer Modernisierungen in der beruflichen
Bildung führt derzeit an einer Auseinandersetzung mit dem Lernfeldkonzept
kaum vorbei. Das Konzept, das von der KMK 1996 zum verbindlichen
Strukturierungsmerkmal der Rahmenlehrpläne erhoben wurde, kann
als curriculare Modernisierung gedeutet werden, wobei das innovative
Ausmaß der Modernisierung im konkreten Anwendungsfeld bestimmt
wird. Das Innovationspotenzial beschränkt sich nicht nur auf
den curricularen Aspekt, sondern bietet über die berufsschulische
Umsetzung auch die Chance, Qualifizierungs- und Schulentwicklungsprozesse
zu initiieren. Schärfer formuliert ist die intentionsgerechte
Umsetzung der curricularen Vorgaben angewiesen auf Maßnahmen
zur Qualifizierung der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer und Maßnahmen
der Schulentwicklung. Ziel des Beitrages ist es, diesen Zusammenhang
herauszuarbeiten und darauf aufbauend eine Strategie zur Umsetzung
des Lernfeldkonzepts zu skizzieren, eine Strategie, die der Modellversuch
CULIK im Rahmen des BLK-Programms "Innovative Konzepte der
Lehrerbildung (2. und 3. Phase) für Berufsbildende Schulen"
im Verbund der Länder Niedersachsen und Hamburg derzeit erprobt.
Im Kontext des Modellversuches wird auch der Einsatz einer internetgestützten
Plattform thematisiert.
1. Anknüpfungspunkte für CULIK
1.1 Das Lernfeldkonzept als curriculare Modernisierung
Ein Curriculum bestimmt, was gelernt bzw. gelehrt werden soll.
Curriculare Fragen befassen sich mit der langfristigen Planung von
Bildungsprozessen unter Betonung von Ziel- und Inhaltsaspekten und
ihrer Legitimation, wobei die Grenzen zu anderen Problembereichen,
z. B. didaktischen Problemstellungen, nicht immer klar zu ziehen
sind (vgl. REISSE 1975, 54; WESTPHALEN 1985, 12ff.). Modernisierung
deutet zunächst hin auf eine Unterscheidung zwischen Altem
und Neuem (vgl. GEISSLER/ORTHEY 1996, 42). Wenn von einer curricularen
Modernisierung die Rede ist, dann hat dies allgemein gesagt etwas
damit zu tun, dass ein bestehendes Curriculum fundamental verändert
wird. Wertfrei betrachtet wird im Rahmen der Modernisierung Altes
oder Bisheriges durch Neues ersetzt, ohne zu sagen, ob das Neue
besser oder schlechter ist. Zumeist sind die konkreten Erscheinungsformen
des Neuen selbst noch offen. Häufig fließen aber Werturteile
ein, d. h. das Neue wird zugleich als eine Verbesserung empfunden.
Im Vergleich zur Vergangenheit bietet das Neue Möglichkeiten,
Lebensumstände so zu gestalten, dass sie als besser beurteilt
oder als passender empfunden werden. Die Frage, ob das Lernfeldkonzept
tatsächlich von den meisten Betroffenen als eine Verbesserung
empfunden wird, vermag dieser Beitrag nicht zu diskutieren. Fest
steht dagegen, dass die KMK durch die Einführung des Lernfeldkonzepts
auf Veränderungen in wirtschaftlich-technischen und politisch-gesellschaftlichen
Bereichen reagiert und eine Verbesserung der Leistungs- und Anpassungsfähigkeit
berufsbildender Schulen intendiert (vgl. KMK 1999, 3). Diese wurde
aus diversen Gründen in den 1980er und 1990er Jahren zunehmend
kritisch hinterfragt (vgl. REETZ 1984; ACHTENHAGEN 1991; CZYCHOLL
1991; DUBS 1992; TRAMM 1992; EULER 1998). Neue Tätigkeitsfelder
und neue Formen der Arbeitsorganisation stellen neue Anforderungen
an das Wissen und Können der Arbeitnehmer. Die beruflichen
Qualifikationsanforderungen verändern sich: Selbstständigkeit
im Arbeitshandeln, das flexibel anzuwendendes Wissen voraussetzt,
und kooperatives Handeln stehen im Vordergrund bei der Bewältigung
beruflicher Aufgaben. Darüber hinaus wird eine ständige
Innovations- und Lernfähigkeit von den Mitarbeitern gefordert,
um fortlaufend neue und unerwartete Veränderungen bewältigen
zu können (vgl. PÄTZOLD, 1999, 123ff.). Diesen Anforderungen
muss das Duale System gerecht werden und seine Leistungsfähigkeit
behaupten, indem es den veränderten beruflichen Qualifikationsanforderungen
und den allgemeinen Bildungsanforderungen zugleich gerecht wird.
Die KMK hat die Diskussion um das Duale System aufgegriffen, insbesondere
die Diskussion um die Berufsbildenden Schulen und setzt mit ihren
Modernisierungsbemühungen am Curriculum an. Indem traditionelle
Fächerstrukturen aufgebrochen wurden, sollen neue bzw. vernachlässigte
Lernmöglichkeiten erschlossen werden (vgl. KUTSCHA 1986, 532).
Nicht mehr die Fächer, die ausschließlich an der sog.
Fachsystematik der jeweiligen Bezugswissenschaft orientiert gewesen
sind, geben das Strukturierungsmerkmal der Rahmenlehrpläne,
sondern Lernfelder, die sich vornehmlich an Arbeits- und Geschäftsprozessen
und damit an einer beruflichen Handlungssystematik orientieren (KMK
2002, 14). Das Leitbild des Lernfeldkonzepts ist das Prinzip der
Handlungsorientierung. Unter didaktischen Gesichtspunkten ergeben
sich daraus zunächst keine Neuheiten. Deutlich ist die zurückliegende
Traditionslinie erkennbar, die sich spätestens mit dem Prinzip
der Handlungsorientierung seit Beginn der 1980er Jahre sowohl in
der betrieblichen als auch in der schulischen Berufsausbildung verdichtet
und stabilisiert hat (vgl. CZYCHOLL 1999, 216ff.; KREMER/SLOANE
1999, 37ff.). Selbst die Ausrichtung an beruflichen Handlungsfeldern
und die Vorteile fächerübergreifender Projekte, die mit
dem Lernfeldansatz impliziert werden, wurden bereits seit vielen
Jahren in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik diskutiert (vgl.
REINISCH 1996, 92ff.). Neu ist hingegen - und das macht das Lernfeldkonzept
m. E. zu einer curricularen Modernisierung -, dass die Bemühungen,
eine engere Verbindung von Lernen und Arbeiten auf der mikrodidaktischen
Ebene, d. h. der Ebene des Unterrichtens, herzustellen, auf curricularer
(Makro-)Ebene, d. h. der Ebene der staatlichen Lehrplangestaltung
begleitet werden und somit der Dualismus auf Makro- und Mikroebene
aufgehoben wird. Während von der wissenschaftlichen Seite das
Prinzip der Handlungsorientierung postuliert wurde und auch auf
der Mikroebene Veränderungsbestrebungen in Richtung Handlungsorientierung
zu verzeichnen waren, fand die Handlungsorientierung als Strukturierungs-
und Sequenzierungsprinzip, das nicht nur an die Strukturierung und
Sequenzierung der Lerninhalte bestimmte Anforderungen stellt, sondern
auch in den Bereichen Zielfestlegung (Kompetenzorientierung), Auswahl
und Legitimation der Inhalte sowie deren unterrichtlichen Bearbeitung
und der Art des Lernhandels zu weitreichenden Konsequenzen führt
(vgl. hierzu TRAMM 1996, 4ff.; TRAMM 2003), keinen Eingang in die
Rahmenlehrpläne. Vielmehr ließ sich hier die Orientierung
an den wissenschaftlichen Disziplinen nachweisen (vgl. REETZ/SEYD
1995, 204).
Neu ist wohl auch, dass die Lernfelder so allgemein formuliert sind,
dass sie einer Konkretisierung bedürfen. Die KMK wählt
mit Blick auf die Entstehung des Curriculumprodukts eine Strategie
der schulnahen Curriculumentwicklung (STEINEMANN/GRAMLINGER 2003,
SLOANE 2003). Die inhaltliche Präzisierung der Lehrpläne
und die Umsetzung der KMK-Lernfelder in komplexe Lehr-Lern-Arrangements
gemäß des Prinzips der Handlungsorientierung wird im
Wesentlichen auf der Ebene der einzelnen Schulen geleistet. Damit
fallen den Lehrerteams der jeweiligen Schulen zentrale Aufgaben
der Curriculumentwicklung zu. Die ursprünglich streng getrennten
Phasen der Curriculumentwicklung und Implementation greifen damit
iterativ ineinander - ebenfalls eine Neuheit.
1.2 Umsetzung des Lernfeldkonzepts im Implikationszusammenhang
von Curriculum-, Personal- und Organisationsentwicklung
Lehrer als Curriculumentwickler benötigen zur Bewältigung
ihrer Aufgabe erweiterte Kompetenzen (vgl. BADER/MÜLLER 2002,
63). Der propagierte Bezug auf berufliche Arbeits- und Geschäftsprozesse
wirft ein Bündel an Fragen auf. Zentral sind z. B. Fragen,
wie entlang komplexer, fächerübergreifender Handlungsabläufe
Erkenntnisse gewonnen, Komplexitäten reduziert und sinnvolle
Strukturen gebildet werden können. Mit PUKAS gesprochen geht
es darum, inwieweit Fachwissenschaften und darauf basierende Schulfächer
für den systematischen Zugang zur Welt und den folgerichtigen
Aufbau berufsrelevanter Erkenntnisse und Einsichten notwendig oder
zugunsten eines Lernens nach Handlungssystematiken entbehrlich sind
(vgl. PUKAS 1999, 87). Berücksichtigt man die von der KMK geforderte
Verschränkung von fach- und handlungssystematischen Strukturen
(vgl. KMK 1997, 14), so potenzieren sich die Anforderungen. Es stellt
sich die Frage der Realisierung, wie nämlich das Spannungsverhältnis
zwischen den beiden Positionen aufgelöst werden kann. Eine
Diskussion darüber soll an dieser Stelle nicht geführt
werden, es sei auf die Beiträge der online-Zeitschrift bwp@
Nr. 4 verwiesen (CLEMENT 2003, KREMER 2003, REINISCH 2003, TRAMM
2003, alle: www.bwpat.de ).
Neben curricularen und didaktisch-methodischen Kompetenzen umfasst
die Erweitung der erforderlichen Kompetenzen aber auch sozial-kommunikative.
Erfahrungen der Modellversuche SELUBA und NELE haben gezeigt, dass
sich eine Umsetzung in Teams bewährt. Über die Zusammenarbeit
der Lehrer erhöhen sich die Chancen, korrespondierende Fachwissenschaften,
vertreten durch die einzelnen Lehrkräfte, zusammenzubringen
und Erkenntnisse und Methoden der unterschiedlichen Fachwissenschaften
auf die jeweiligen Handlungsstrukturen zu beziehen (vgl. KREMER/SLOANE
1999, 55). Im traditionellen Fachunterricht allerdings bestand kaum
Anlass zur Teamarbeit. Jede Lehrkraft entwickelte im Rahmen seines
Faches Lernsituationen, die er eigenverantwortlich umsetzte. Gelungener
Lernfeldunterricht setzt dagegen Kommunikation und Kooperation unter
den beteiligten Lehrkräften voraus, weil ihre jeweiligen inhaltlichen
Schwerpunkte über die Lernsituation miteinander verknüpft
sind. Da Teamarbeit unter Lehrern bislang nicht zu den gängigen
Arbeitsformen in Berufsbildenden Schulen zählt, kann davon
ausgegangen werden, dass hier Qualifikationsbedarf besteht (vgl.
LISOP 1998, 28; KREMER/SLOANE 1999, 56, TERHART 2001). Die Lernfeldumsetzung
an den Schulen ist demnach gekoppelt an Qualifizierungsprozesse,
sowohl im Hinblick auf die inhaltlich-curriculare Ebene als auch
im Hinblick auf die teambasierte Umsetzungsstrategie. Berücksichtigt
man an dieser Stelle die Tendenz, Lehrerfortbildungsmaßnahmen
verstärkt auf die schulische Ebenen zu verlagern, so zeichnet
sich ab, dass die einzelnen Lehrkräfte in der Verantwortung
stehen, die mit der Umsetzung des Lernfeldkonzepts bestehenden Qualifizierungsprobleme
selbstständig zu lösen. Hier sind innovative Konzepte
gefragt, die Antworten darauf geben, wie eine dezentral und nachfrageorientierte
Qualifizierung gestaltet werden kann.
Daneben tritt noch ein weiterer Aspekt: Wenn die curriculare Entwicklungsarbeit
von Lehrerteams geleistet werden soll, dann sind von der Schulleitung
gewisse organisatorische Rahmenbedingungen zur Verfügung zu
stellen und Kooperations- und Organisationsstrukturen für die
Teamarbeit zu entwickeln. Bislang sind die schulischen Rahmenbedingungen
(Stundenplanung, Lehrereinsatz, u.a.) und zu einem großen
Teil die Schulkultur nicht für teamorientiertes Arbeiten angelegt
und bedürfen einer entsprechenden Anpassung (vgl. DIETTICH
2002, 166; vgl. BADER/SLOANE 2002). Zur Verbesserung der Strukturen
ist eine Organisationsentwicklung notwendig. Curriculare Aspekte
stehen demzufolge mit organisationalen Gestaltungsaspekten in einem
gegenseitigen Wirkungsgefüge (vgl. Abb.1).
Abb. 1: Implikationszusammenhang von CE, PE und OE
Das Lernfeldkonzept kann abschließend zu diesem Kapitel als
curriculare Modernisierung bezeichnet werden, die sich darstellt
als ein Komplex von miteinander zusammenhängender Veränderungen.
Parallel zu den curricularen Gestaltungsprozessen gehen einher die
Forderungen nach (Weiter-)Qualifizierung der beteiligten Lehrer
(Personalentwicklung) und die Notwendigkeit, dass diese Qualifizierungs-
und Lernprozesse sowie die veränderte Zusammenarbeit in Lehrerteams
von Seiten der Institution begleitet, gelenkt und v. a. unterstützt
werden (Organisationsentwicklung). Das Modernisierungspotenzial
des Lernfeldkonzepts bleibt damit nicht auf den curricularen Bereich
beschränkt. Das innovative Ausmaß der Wirkungen offenbart
sich in der jeweiligen Umsetzung. Aktuell befinden sich die Schulen
im Modernisierungsprozess. Wohin die Reise insgesamt gehen wird,
ist derzeit wohl nach wie vor ungewiss. EULER spricht davon, dass
Moderierungsdiskussionen gekennzeichnet sind von dieser Art der
Unsicherheit und bezeichnet sie als "gewisse Ungewissheit"
(EULER 1998, 25).
Die in diesem Kapitel dargestellten Zusammenhänge bieten Ansatzpunkte
für den Modellversuch CULIK. Es entstand die Idee, die curricularen
Prozesse im Rahmen der Lernfeldumsetzung mit personalen und organisationalen
Lernprozessen zu verbinden und zwar über den Ansatz kollegialer
(Selbst-)Qualifizierung.
2. Der Modellversuch CULIK - Ziele, Strategien und erste Ergebnisse
2.1 Zielsetzungen
Für den Berufsschulunterricht von Industriekaufleuten ist
seit dem 01.08.2002 ein nach Lernfeldern strukturierter Rahmenlehrplan
grundlegend (vgl. KMK 2002). Die Lehrerinnen und Lehrer, die in
diesem Bereich tätig sind, stehen aktuell vor der Herausforderung,
curriculare Entwicklungsarbeiten im Spannungsfeld von Personalentwicklung-
und Organisationsentwicklung zu betreiben. CULIK intendiert die
Unterstützung dieser Arbeiten, indem ein Konzept zur Umsetzung
der lernfeldorientierten Rahmenlehrpläne erarbeitet wird, das
in der Schule qualifizierende Prozesse auslöst. Leitender Projektgedanke
dabei ist, dass ein schulübergreifendes Qualifizierungsnetzwerk
entwickelt wird, das den Anforderungen des neuen Rahmenlehrplans
für den Berufsschulunterricht von Industriekaufleuten gerecht
wird, aber auch über die Umsetzung des Rahmenlehrplans hinaus
für zukünftige Qualifizierungs- und Schulentwicklungsprozesse
zur Verfügung steht. Damit die Berufsschulen zukünftig
leistungsfähig bleiben, dürfen qualifizierende Maßnahmen
und Maßnahmen der Schulentwicklung nicht punktuell, sondern
müssen als kontinuierliche Verbesserungsprozesse angelegt sein.
Durch den Aufbau des CULIK-Netzwerkes kann hierfür eine wesentliche
Grundlage geschaffen werden.
Differenziert man die allgemeine Zielsetzung von CULIK, so ergeben
sich folgende Teilziele:
- Zum ersten geht es um curriculare Entwicklungsarbeiten, d.
h. um die inhaltliche Präzisierung der Lernfelder und die
Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans für die Ausbildung von
Industriekaufleuten. Die Konkretisierung und Umsetzung erfolgt
über die Erarbeitung komplexer Lehr-Lern-Arrangements.
- Zum zweiten wird eine kooperative Entwicklungsstrategie verfolgt,
d. h. örtliche und überörtliche Teamstrukturen
werden entwickelt und erprobt, so dass die Erarbeitung der Lehr-Lern-Arrangements
in Kooperation erfolgen kann.
- Zum dritten ist ein Konzept der kooperativen Qualifizierung
von Lehrkräften und Referendaren im Kontext der curricularen
Entwicklungsprozesse zu entwickeln. Hierzu gehört, dass die
Teamstrukturen auf ihre Eignung für Qualifizierungsprozesse
überprüft werden. Mit hinein fällt aber auch eine
Klärung, wie über die Teams hinaus (z. B. im Kollegium
der Schule oder schulübergreifend) Qualifizierungsprozesse
angestoßen und gestaltet werden können und welche organisatorischen
Anpassungen notwendig erscheinen.
- Zum vierten ist das Ziel definiert worden, eine dauerhafte Kommunikations-
und Kooperationsplattform unter Nutzung des Internets aufzubauen
und weiterzuentwickeln sowie geeignete Arbeitsformen und Konventionen
zu bestimmen. Die Plattform soll diejenigen Aktionen, die in den
drei vorangegangenen Zielsetzungen benannt wurden unterstützen.
2.2 Struktur und Organisation
Das Akronym CULIK steht für "Curriculumentwicklungs-
und Qualifizierungsnetzwerk Lernfeldinnovation für Lehrkräfte
in Berufsschulfachklassen für Industriekaufleute". Es
handelt sich bei CULIK um einen BLK-Modellversuch, der im Rahmen
des Programms "Innovative Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer
an Berufsbildenden Schulen (2. und 3. Phase)" genehmigt worden
ist. Das Projekt wird seit November 2001 als länderübergreifendes
Verbundprojekt der Länder Niedersachsen und Hamburg durchgeführt
und läuft noch bis Ende 2004.
Abb. 2: CULIK: Struktur und Organisation
Am Aufbau des Curriculumentwicklungs- und Qualifizierungsnetzwerkes
und der Realisierung der oben dargestellten Zielsetzungen sind aus
Niedersachsen vier Berufsbildende Schulen (Oldenburg, Stade, Göttingen
und Hannover - in der Abb. 2 als blaue Rechtecke dargestellt) und
drei Studienseminare (Oldenburg, Stade, und Göttingen - in
Abb.2 als grüne Rechtecke dargestellt) aktiv beteiligt. Für
Hamburg hat die Berufsschule für Industriekaufleute (H3) die
Verantwortung der Durchführung übernommen. Das Projektmanagement
in Niedersachsen erfolgt unter Federführung des Niedersächsischen
Landesinstitutes für Schulentwicklung und Bildung (NLI). Wissenschaftlich
begleitet werden die Prozesse vom Institut für Berufs- und
Wirtschaftspädagogik der Universität Hamburg.
2.3 Arbeitsschwerpunkte
Auf dem Weg zur Zielerreichung haben die beiden Projektpartner
Hamburg und Niedersachsen andere Akzente gesetzt: Niedersachsen
entwickelt und erprobt ein Modell zur Vernetzung von curricularen
und qualifizierenden Prozessen an Berufsbildenden Schulen mit der
Ausbildung in den Studienseminaren des Landes. Im Zentrum steht
der Aufbau eines schulübergreifendes Netzes zur Kooperation
und Qualifizierung von Lehrern und Referendaren, dafür haben
sich jeweils an den Schulen und Studienseminaren Teams gebildet,
die miteinander kooperieren. Die Schule aus Hannover, die ohne das
zugehörige Studienseminar an CULIK beteiligt ist, hat ein schulisches
Team gebildet, in das Referendare integriert worden sind, so dass
auf diesem Weg die Kooperation zwischen Lehrer und Referendar erprobt
werden kann. Neben die Vernetzung der Lehrer und Referendare tritt
die standortübergreifende Vernetzung der Lehrer-Referendare-Teams
je Standort. Unter Nutzung des Internets sollen nachhaltige Kooperations-
und Kommunikationsstrukturen zwischen den Entwicklungsteams und
innerhalb der Teams aufgebaut werden. Die dezentral ablaufenden
Gestaltungs- und Lernprozesse werden über die Plattform strukturiert
und moderiert. Das schul- und standortübergreifende Netz muss
notwendigerweise die Bedürfnisse von vielen Organisationen
und Personen berücksichtigen, insofern entwickelt Niedersachsen
das Netz aus einem gewissermaßen allgemeineren Ansatz heraus.
Komplementär dazu erprobt die Berufsschule für Industriekaufleute
in Hamburg die schulinterne Lehrerkooperation, d. h. sie entwickelt
und erprobt örtliche Teamstrukturen im Kontext curricularer
Entwicklungsprozesse. Zugleich nimmt sie die kollegiale (Selbst-)Qualifizierung
in den Blick. Zur Unterstützung der curricularen und qualifizierenden
Prozesse dient eine schulinterne Kooperationsplattform. In Hamburg
wird in einer Art konkreter "Laborsituation" gearbeitet,
da die Randbedingungen eingeschränkt und gewisse Anfangsbedingungen
vorausgesetzt werden. Die konkreten Anfangsvoraussetzungen bei dem
schulinternen Hamburger Projekt ermöglichen eine Analyse der
Bedingungen, unter denen sich die Kooperationsplattform und Teamstrukturen
implementieren lassen. Letztlich werden sich die Hamburger Ergebnisse
nicht nur in der Architektur der schulübergreifenden Zusammenarbeit
niederschlagen, sondern auch in konkreten Beschreibungen zur Realisierung
schulinterner Plattformen. Die Ergebnisse lassen sich bei der schulübergreifenden
Entwicklung einer Kooperationsplattform im Bundesland Niedersachsen
berücksichtigen bzw. transferieren. Insofern werden die Entwicklungsansätze
in den beiden Ländern miteinander in Bezug gesetzt.
Die wissenschaftliche Begleitung unterstützt diese Entwicklungsprozesse
im Sinne eines formativen Evaluationskonzepts, ferner werden die
Prozesse und Arbeitsergebnisse dokumentiert und im Hinblick auf
ihre Effektivität, Verstetigung und Transferierbarkeit analysiert.
Es können drei Evaluationsebenen unterschieden werden: Auf
der ersten Ebene geht es um die Akzeptanz und Nutzung der Kooperationsplattform
(Prozessanalyse und schriftliche Befragung), auf der zweiten Ebene
werden Prozesse und Produkte der schulinternen Kooperation untersucht
(Prozessanalyse, Dokumentenanalyse, Interviews) und auf der dritten
Ebene stehen die Prozesse und Produkte der schulübergreifenden
bzw. standortübergreifenden Kooperation im Mittelpunkt des
Interesses (Fallstudien, schriftliche Befragung). Bislang liegen
Daten vor, die hervorgegangen sind aus einer Erhebung der schulischen
Rahmenbedingungen unter denen die Arbeit in CULIK aufgenommen wurde
und Daten aus einer ersten Fragebogenerhebung, die im Dezember 2002
durchgeführt wurde. Auf einige der Ergebnisse wird in den nachfolgenden
Kapiteln eingegangen. Die ausführlichen Ergebnisse wären
in einem gesonderten Beitrag darzustellen. Nachfolgend wird orientiert
an den CULIK-Zielsetzungen ein Einblick in den derzeitigen Stand
der Modellversuchsarbeit gegeben.
2.4 Die kooperative Entwicklungsstrategie
Wie die Zielsetzungen gezeigt haben, setzt CULIK bei der Umsetzung
des Lernfeldkonzepts auf das Prinzip der Kooperation. Diese basiert
auf zwei Modi: den Präsenztreffen und der Kooperationsplattform,
wobei sich die beiden Aspekte ergänzen. In den Präsenztreffen
arbeiten die Lehrer im direkten Kontakt, d. h. von Angesicht zu
Angesicht miteinander, über die Plattform findet die Zusammenarbeit
virtuell statt.
Zu Beginn der gemeinsamen Arbeit im Modellversuch haben sich Lehrer
und Referendare zu Teams zusammengefunden. Das Bilden kooperativer
Gruppen hängt stets von den Erfahrungen und Einstellungen der
Gruppenmitglieder und von den Rahmenbedingungen ab, in die die Gruppe
eingebettet ist (vgl. JOHNSON/JOHNSON 1998 ). Um einen Einblick
in die Rahmenbedingungen zu erhalten, unter denen die Teambildung
vollzogen wurde, sind sie in CULIK für die einzelnen Standorte
erfragt und einander gegenübergestellt worden. Mit den Teams
hat es eine gemeinsame Kick-Off-Veranstaltung gegeben, in der die
Arbeit in CULIK mit allen Beteiligten abgestimmt und initiiert worden
ist. Die zu konkretisierenden Eckpunkte der Veranstaltung lagen
insbesondere darin, ein einheitliches Grundverständnis hinsichtlich
des Arbeitsvorhabens in CULIK zu erzielen, die Organisation der
Zusammenarbeit abzustimmen, Kriterien für die inhaltliche Arbeit
zu definieren und eine Kooperationsplattform für CULIK-Zwecke
auszuwählen. Darüber hinaus dienen die Präsenztreffen
der Vertrauensbildung. Studien zeigen, dass Gruppen effektiver arbeiten,
wenn das Vertrauen in der Gruppe größer ist (vgl. die
Darstellung der Studien in JOHNSON/JOHNSON 1998). Gruppenmitglieder
müssen zu Beginn der gemeinsamen Arbeit lernen, den andern
Gruppenmitgliedern zu vertrauen und diese zu akzeptieren. Sie sollten
miteinander in einer angemessenen Weise kommunizieren und Konflikte
konstruktiv lösen können. Vertrauen ist hierbei von zentraler
Bedeutung.
Auf den Präsenztreffen sind die arbeitsteilig erarbeiteten
Ergebnisse (Makrosequenzen und konkrete Lernsituationen) der CULIK-Gesamtgruppe
vorgestellt und diskutiert worden. Insbesondere die Herangehensweise
an die Lernfelder wurde offengelegt und reflektiert. JOHNSON und
JOHNSON bezeichnen dies als ein gegenseitiges Fördern und Helfen.
Um das gemeinsame Gruppenziel erreichen zu können, sind der
Austausch von Informationen, gegenseitiges Feedback und aktives
Einholen von Urteilen zum eigenen Handeln wesentliche Voraussetzungen
(vgl. JOHNSON/JOHNSON 1998). Zum Teil sind die Materialien auf Basis
dieser Reflexionen modifiziert oder ergänzt worden. Zur Zeit
wird an weiteren, ausgewählten Lernfeldern gearbeitet. Zeitgleich
werden die bereits vorliegenden Entwürfe erprobt, reflektiert
und fortgeschrieben. Mittlerweile hat sich die Arbeit in den Teams
etabliert. Laut der Fragebogenerhebung wird die Zusammenarbeit in
den schulinternen und schulübergreifenden Teams (Schule und
Studienseminar) ausgesprochen positiv bewertet. Die Zufriedenheit
mit der Zusammenarbeit in den Teams wird von allen Befragten mit
"sehr zufriedenstellend" oder "zufriedenstellend"
beantwortet. 25 von 32 der Befragten gaben an, dass ihre Arbeit
in ihrem Team Akzeptanz und Wertschätzung erfährt, während
30 Teilnehmer ihre Teamarbeit als effektiv bezeichnen. Die Befragung
bestätigt die Wichtigkeit der Präsenztreffen: 30 von 32
Befragten geben an, dass die Treffen für die Zusammenarbeit
"sehr wichtig" oder "wichtig" sind.
Das zweite Standbein der Kooperation ist die internetgestützte
Kommunikations- und Kooperationsplattform. Die Zusammenarbeit läuft
hier virtuell über einen BSCW-Server (Basic Support for Cooperative
Work). Es handelt sich um eine Software, die auf Internetservern
läuft, um die Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen zu unterstützen.
Das Programm ermöglicht den CULIK-Teams, miteinander in so
genannten Arbeitsbereichen zusammenzuarbeiten. Sie können Informationen
austauschen, Dokumente ablegen und bearbeiten sowie Diskussionen
darüber führen. Im Rahmen von CULIK wurden insgesamt vier
große Arbeitsbereiche auf der Plattform eingerichtet, die
der Abbildung 2 zu entnehmen sind und nachfolgend kurz erläutert
werden.
Der interne Bereich Kooperationspartner' ist ausschließlich
den Mitgliedern des CULIK-Teams vorbehalten und kennzeichnet die
standortübergreifende Kooperation zwischen den Teams. Ergebnisse
der einzelnen Teams werden hier veröffentlicht und im CULIK-Kreis
diskutiert. Es handelt sich um einen geschützten Raum, in dem
Neues ausprobiert werden kann, ohne die entstehenden Ergebnisse
gleich einer öffentlichen Bewertung Preis zu geben. Dieses
Vorgehen wird als wichtig erachtet, um sich zunächst an die
interinstitutionelle Zusammenarbeit zu gewöhnen und innovativen
Ideen Raum zu geben. Es dient u. a. dem Aufbau einer für die
Zusammenarbeit wichtigen Vertrauensbasis. Für die standortbezogene
Kooperation gibt es jeweils noch einmal gesonderte Bereiche, die
nur den Mitgliedern der jeweiligen Standorte zugänglich sind.
So gibt es z. B. einen Bereich für das Studienseminar in Oldenburg,
zu dem nur Mitglieder des Studienseminars selbst Zugang besitzen.
Diese Bereiche können die Mitglieder nutzen, ohne die Sorge
haben zu müssen, dass jemand außerhalb der Standortgruppe
in diesen Bereich hineinsehen kann. In diesem Arbeitsbereich koordinieren
die Standorte ihre intrainstitutionelle Zusammenarbeit. So können
dort z.B. Entwürfe erarbeitet und diskutiert werden, die dann
später dem gesamten CULIK-Team vorgestellt werden.
Abb. 3: Die CULIK-Plattform
Neben dem internen Bereich gibt es den so genannten erweiterten
Benutzerkreis, der auch als Kommunikationsbereich' bezeichnet
wird. Dieser Bereich ist ein durch Passwort geschützter Bereich,
zu dem interessierte externe Personen Zugang erhalten. Gegen Angabe
von E-Mail-Adresse und Namen bekommen diese Personen das Passwort
zugesandt. Über eine Mailingliste hat das CULIK-Team die Möglichkeit
mit diesen Personen in Kontakt zu treten. In diesem Teil der Plattform
werden erste Ergebnisse und Entwürfe des CULIK-Teams der interessierten
Öffentlichkeit vorgestellt. Anregungen und Diskussionen über
diese Dokumente sind hier ausdrücklich erwünscht. Erste
Erfahrungen zeigen aber, dass zwar reges Interesse am Zugang zu
diesem Bereich besteht, die erwünschten und für CULIK
sehr hilfreichen Rückmeldungen aber weitestgehend ausbleiben.
Der dritte Bereich, das Schaufenster' ist ohne Passwort zu
erreichen. Jeder Internet-User kann sich die dort eingestellten
Dokumente anschauen. Derzeit befindet sich dort nur eine Auswahl
der gesamten Arbeitsergebnisse, die Auswahl wird aber sukzessiv
erweitert. Das Schaufenster ist eng mit der Homepage
www.culik.de verknüpft. Man erhält von der CULIK-Homepage
aus direkten Zugriff auf das Schaufenster. Beide zusammen genommen
dienen der Außendarstellung des Modellversuchs und übernehmen
hinsichtlich des Transfers gemeinsam mit dem Bereich Kommunikationspartner'
eine wichtige Rolle. Die CULIK-Homepage ist u. a. auch das Einstiegsportal
für die passwortgeschützten Bereiche des BSCW-Servers.
Aus der Befragung geht hervor, dass die Plattform weitestgehend
akzeptiert wird. 29 von 32 sind "sehr zufrieden" oder
"eher zufrieden" mit der BSCW-Plattform. Ähnliche
Ergebnisse liegen vor im Hinblick auf die Gestaltung der Homepage
und der technischen Unterstützung. 8 von 32 haben das Gefühl,
nicht sehr gut mit dem BSCW umgehen zu können - hier besteht
Handlungsbedarf. Handlungsbedarf besteht darüber hinaus auch
im Bereich der standortübergreifenden Kooperation im Netz.
Während die Zusammenarbeit in den Teams je Standort ausgesprochen
positiv beurteilt und im Zusammenhang damit auch die Plattform für
wichtig erachtet wird, weisen die Ergebnisse im Bereich der netzbasierten
standortübergreifenden Kooperation in die andere Richtung.
Darauf soll reagiert werden, indem die gezielte Moderation ausgeweitet
wird. Untersuchungen zum Einsatz von CSCW- (Computer Supported Cooperative
Working) und CSCL-Systemen (Computer Supported Cooperative Learning)
haben gezeigt, dass die Qualität der Moderation im virtuellen
Raum entscheidend zum Erfolg der netzbasierten Zusammenarbeit beiträgt
(vgl. ELSENER 2002, 304; SALMON 2000, 3ff.). In CULIK konzentriert
sich die Moderation im Netz bislang auf die technische Unterstützung
und gibt nur vereinzelt und zugegebenermaßen unsystematische
Anstöße zur Diskussion, indem beispielsweise per Newsletter
vereinzelt auf neue Beiträge verwiesen wird. Über so genannte
Lernfeldkampagnen sollen nun Feedbackprozesse über das Netz
in systematischer Form angeregt werden. Jeden Monat wird ein bereits
konkretisiertes Lernfeld zum "Lernfeld des Monats" ernannt.
Mit Fragen an dieses Lernfeld sollen Impulse für eine Diskussion
gegeben werden. Im Zuge der Umsetzung dieser Kampagnen ist zu erheben,
welche Auswirkungen diese Maßnahme auf die Kooperation im
Netz hat. Als weitere Maßnahmen zur Intensivierung der Kommunikation
und Kooperation über das Netz, wird weiter an der gemeinsamen
Kommunikation- und Vertrauenskultur für die virtuelle Zusammenarbeit
gearbeitet.
2.5 Die curricularen Entwicklungsarbeiten
Damit an den Standorten im Hinblick auf die Ausrichtung auf ein
definiertes Ziel arbeitsteilig an den Lernfeldern gearbeitet werden
kann, muss es einen Orientierungsrahmen für die gemeinsame
Arbeit geben, an dem Entscheidungen ausgerichtet werden. Dieser
Rahmen wird in CULIK durch die Gestaltungskriterien und eine gemeinsam
erarbeitete und reflektierte Makrosequenz abgesteckt. Im Rahmen
der Kick-Off-Veranstaltung sind erste Grundüberlegungen für
die Entwicklung von Lernsituationen angestellt worden. Dabei herausgekommen
sind 22 Gestaltungskriterien. Es handelt sich hierbei um Kriterien,
die grundlegende Eckpunkte für die CULIK-Arbeit markieren.
Die Kriterien beziehen sich auf das Lernkonzept, die Modellierung
der Inhalte, die Lernprozessgestaltung, die didaktische und thematische
Komplexitätsbewältigung, den Aufbau der Methodenkompetenz
und die Lernerfolgsbeurteilung. In ungeordneter Form sind die Kriterien
nachzulesen unter http://www.culik.de/Materialien/22_Gestaltungskriterien.pdf
, in thematisch gebündelter Form unter: http://www.culik.de/Materialien/CULIK_Flyer_A4.pdf
. Die Gestaltungskriterien markieren den Rahmen für die Curriculumentwicklung
der Standorte und stellen einen selbstauferlegten und bei der Erarbeitung
von Lernsituationen anzustrebenden Qualitätsstandard dar. Die
Kriterien können als Grundlage für den gemeinsamen Diskurs
genutzt werden. Die Auseinandersetzung mit diesen Kriterien bietet
den Standorten eine fundierte Annäherung an die Umsetzung der
Lernfelder in handlungsorientierte Lehr-Lern-Arrangements. Sie müssen
sich vor Ort über die einzubindenden Kriterien verständigen.
Ist eine Lernsituation erarbeitet worden, so können die Kriterien
als Evaluationskriterien fungieren. In diesem Zusammenhang bieten
sie eine Reflexionshilfe, indem die erarbeiteten Entwürfe kritisch
auf die Umsetzung der Kriterien befragt werden. Die Liste erscheint
auf den ersten Blick sehr umfangreich und markiert bereits ein hohen
Anspruch an die Curriculumarbeit - und dennoch kann sie noch nicht
als abgeschlossen gelten. Beispielsweise wäre eine weitere
Ausdifferenzierung in Bezug auf orientierende (z. B. Lernfeld 1)
und prozessorientierte Lernfelder (z. B. Lernfeld 6) sowie in Bezug
auf Human- und Sozialkompetenzen hilfreich. Zudem könnten die
Kriterien im Hinblick auf unterschiedliche Ausprägungen der
Handlungsorientierung gestaffelt werden. Die Kriterien berücksichtigen
ebenfalls noch nicht, wie die Lernenden in die Planung und Auswertung
von Lehr-Lern-Arrangements einbezogen werden können. Dennoch
stellen die Gestaltungskriterien bereits jetzt ein Instrument dar,
das die gemeinsame Arbeit anleitet. In der Befragung ist angegeben
worden, dass 26 von 32 die Kriterien bei der Erarbeitung von Lehr-Lern-Arrangements
berücksichtigen und 27 meinen, die Kriterien würden sich
in ihren Ergebnissen wiederfinden. Noch besser ist die Zustimmung
zur Frage, ob die Kriterien insgesamt hilfreich sind. Hier hat es
nur eine einzige Rückmeldung von 32 gegeben, die "stimmt
eher nicht" angekreuzt hat.
Zur weiteren Orientierung für die Curriculumarbeit wurde ein
einheitliches curriculares Format definiert. Alle Standorte haben
zum Lernfeld 2 eine Makrosequenz erarbeitet, die im Rahmen eines
Präsenztreffens diskutiert wurden. Am Ende der Diskussion hat
sich die Gruppe auf ein Format für die Erstellung von Makrosequenzen
geeinigt. Gemäß des vereinbarten Formats sind konkrete
Lehr-Lern-Arrangements auf Basis der Gestaltungskriterien entwickelt
worden. Diese sind wie oben dargestellt zum Teil bereits einsehbar
(vgl. http://134.100.199.152/pub/bscw.cgi/0/5234
). Vor dem Hintergrund des kooperativen Lernens erscheint es wesentlich,
dass die vorliegenden Lehr-Lern-Arrangements einer praktischen Erprobung
unterzogen werden und einer ergänzenden theoretisch-reflexiven
Beobachtung. Die Implementationserfahrungen und die Ergebnisse sind
dann im Rahmen eines Reflexionsprozesses an die Teams zurückzumelden.
Hierbei wird die Lernfeldkampagne eine bedeutende Rolle spielen,
da hierüber Feedback-Schlaufen zu den Lernsituationen und Gestaltungskriterien
aufgebaut werden können.
Als weiteres Arbeitsvorhaben steht die Erarbeitung eines Gesamtcurriculums
Industriekaufmann/-kauffrau auf dem Plan. Dabei soll geklärt
werden, wie lernfeldübergreifend Kompetenzen bzw. Lernziele
definiert und entsprechend eines Spiralcurriculums den einzelnen
Lernfeldern zugewiesen werden können.
2.6 Das kooperative Qualifizierungskonzept
Die Eckpunkte des Qualifizierungskonzepts werden durch lerntheoretische
Überlegungen markiert, insbesondere zum situierten Lernen bzw.
der situierten Kognition und die daraus hervorgegangenen Ansätze
der Community of Practice und Community of Learners. Bei der Communities
of Practice verfolgt eine Gruppe von Menschen gemeinsame Ziele und
Interessen. Sie entwickeln eine gemeinsame Art und Weise zu arbeiten
bzw. Probleme zu lösen, verwenden die gleichen Tools und haben
oft eine eigene Sprache (vgl. LAVE/WENIGER 1991). Communities of
Learners haben zum Ziel, die gemeinsame Wissensbasis zu erhöhen,
indem das Wissen des Einzelnen zunimmt. Es gibt eine Lernkultur,
die darauf abstellt, dass jeder dazu beiträgt, gemeinsames
Verständnis und Wissen zu entwickeln. (vgl. BIELACZYC/COLLINS
1999). So werden z. B. Referendare von den Lehrern über die
Zusammenarbeit in CULIK in die Community of Practice der Schule
eingeführt, verändern diese aber auch gleichzeitig durch
eigene Impulssetzungen. Für weitere Bezugspunkte sei verwiesen
auf den Überblick von GÜTERSLOH (2003, 27ff.).
CULIK verfolgt das Ziel individuelle und kooperative Lernprozesse
anzuregen, die vor dem Hintergrund der Lernfeldumsetzung von Bedeutung
sind (vgl. 1.2). Das Bindeglied zwischen individuellem und kooperativem
Wissen und Lernen stellt die Kommunikation dar, da erst durch sie
individuelles Wissens der Gruppe zugänglich gemacht werden
kann (DROSTEN 1996, 28). Die grundlegende Idee des Konzepts zur
Qualifizierung in CULIK besteht aus diesem Grunde darin, einen Diskurs
zwischen Lehrern, Referendaren, Fachseminarleitern, Wissenschaftlern
und anderen Experten zu führen. In einem gegenseitigen Austausch
werden Positionen bezogen, kommentiert, reflektiert und ggf. modifiziert.
Erfahrungen, Ergebnisse und Erkenntnisse, die im Rahmen der curricularen
Entwicklungsarbeiten gesammelt werden, sollen über den Diskurs
abgewogen werden und in Bezug auf innere Klarheit oder äußere
Kriterien, z. B. der Gestaltungskriterien bewertet werden. Damit
ein Diskurs geführt werden kann, müssen die Lernenden
bereits über ein breites Wissens und Können verfügen
(vgl. zum Diskurs PÄTZOLD/LANG 1999). Bei den benannten Beteiligten
kann das weitestgehend vorausgesetzt werden. Ansatzpunkte des Diskurses
bilden die Teams. Das Lernen in diesen Kleingruppen, die gemeinsame
Erarbeitung der curricularen Aufgaben, die gemeinsame Lösung
auftretender Probleme sind wichtige Lehr- und Erfahrungsformen.
Das auf einzelne Personen verteilte Wissen und Können wird
in den Teams zusammengeführt und nutzbar gemacht. Zugleich
können Qualifikationen wie Kooperationsfähigkeit und Teamfähigkeit
entwickelt werden. Aus der Befragung der CULIK-Teilnehmer ist hervorgegangen,
dass 31 von 32 den fachlichen Austausch mit den Kollegen, den Erhalt
von Rückmeldungen auf die eigenen Arbeiten (30 von 32) und
die gemeinsame Erarbeitung von Lernsituationen (alle 32 Befragten
antworteten hier positiv) als qualifizierend erleben.
Der Austausch in den Teams soll ergänzt werden, um den teamübergreifenden
Austausch. Einen besonderen Status genießt dabei eine Gruppe
von Experten. Personen mit einer spezifischen Expertise bzw. Sachkenntnis
und einem Interesse am Projekt sind an dem teamübergreifenden
Austausch beteiligt. Diese Gruppe kann ihr Expertentum über
qualifizierte Rückmeldungen und Beiträge einbringen. Dahinter
steht zum einen das Bemühen, durch Kommunikation und Kooperation
den Entwicklungs- und Gestaltungsprozess zu fördern, zum anderen
steht dahinter aber auch die Absicht von und mit diesen Experten
zu lernen. Der Austausch erfolgt nachfrageorientiert, das bedeutet,
die Experten und auch die anderen Beteiligten bieten ihr Wissen
nicht auf Vorrat an, sondern reagieren quasi auf Anfragen, die aus
bestimmten Problemsituationen heraus an sie gestellt werden. In
der bisherigen Arbeit in CULIK hat sich abgezeichnet, dass dieser
Austausch durch eine Moderation unterstützt werden sollte.
Im Fragebogen plädieren 19 von 32 für eine stärkere
inhaltliche Moderation. Zusätzlich zu der lernfeldbezogenen
Moderation wie sie unter 2.4 vorgestellt wurde, ist deshalb ein
Konzept zur lernfeldübergreifenden Moderation in Planung. Es
handelt sich um ein Konzept zur Nutzung des bereits vorhandenen
Wissens zur gemeinsamen Qualifizierung und zum Miteinander und Voneinander
Lernen - den Kompetenzforen. Es ist angedacht, den Diskurs im Rahmen
von Kompetenzforen anzustoßen und inhaltlich zu strukturieren.
In den Kompetenzforen sollen lernfeldübergreifende Themenbereiche
aufgegriffen werden, die sich im Kontext der Lernfeldumsetzung als
bedeutend und zugleich schwierig herausgestellt haben. Laut Fragebogenerhebung
sind dies insbesondere Fragen der Prozessorientierung (22 von 32)
und der Entwicklung komplexer Lehr-Lern-Arrangements (24 von 32).
Derzeit stehen vier Themenkomplexe zur Debatte, von denen zwei ganz
konkret angegangen werden sollen. Es handelt sich hierbei um ein
Forum, das sich mit der Gestaltung von Modellunternehmen - Strukturen,
Prozesssimulation und der Einbeziehung komplexer kaufmännischer
Anwendungs- und Prozesssteuerungssoftware beschäftigt. Das
zweite wird sich aller Voraussicht nach mit den Abschlussprüfungen
befassen. Da die derzeitige Form der Abschlussprüfung gegen
das Lernfeldkonzept arbeitet, soll ein konstruktiver Umgang mit
dieser Situation entwickelt werden. Die Verantwortung für die
Foren wird in die Hände der Studienseminare gelegt, um darüber
eine Stärkung der Studienseminare als Kompetenzzentren zu erreichen.
Die Studienseminare treten damit als Koordinatoren des jeweiligen
Themas auf. In den Foren geht ist nicht darum, alle Fragen zum Themenkreis
zu beantworten, sondern vielmehr darum über Fragen, die sich
in der Auseinandersetzung mit dem Thema gestellt haben und ggf.
offen geblieben sind, einen Austausch anzuregen. Neben den zu führenden
Diskussionen sollen aber auch themenrelevante Literaturhinweise
ggf. auch Online-Texte und eine Linksammlung bereit gestellt werden.
Einen weiteren Aspekt des Qualifizierungskonzepts bilden die Kodifizierungen.
Sie haben die Aufgabe, die Resultate des Austausches festzuhalten
und für den Transferprozess bereitzustellen. Ferner bieten
sie die Möglichkeit zur Reflexion der eigenen Entwicklungsarbeiten.
Mit Kodifizierungen sind z. B. schriftlich fixierte Entwicklungsstufen,
formulierte Standards oder Erfahrungsberichte gemeint. Im Hinblick
auf die Qualifizierung Dritter, d. h. von Lehrerkollegen der eigenen
und anderer Schulen wird in Ergänzung zu dem Netzwerk an einem
Transferworkshop gearbeitet, der die grundlegenden Arbeitsweisen
in CULIK offen legt und in das Kollegium hinein trägt.
Hinsichtlich der Qualifizierungsprozesse sind die Effekte der Teamentwicklung
in den unterschiedlichen Gruppen und ihre Auswirkungen auf die organisationale
Entwicklung an Schulen zu untersuchen. Wollen Organisationen den
durch unterschiedliche Faktoren bestimmten Wandel mitgestalten,
sind sie darauf angewiesen, individuelles und kooperatives Lernen
durch Lernbrücken zu organisationalem Lernen werden zu lassen.
Ausgangspunkt individueller Lernprozesse ist das Individuum, das
in der Lage ist, neues Wissen zu generieren, in Handlungen umzusetzen
und daraus Erfahrungen zu sammeln. Was die einzelnen Mitarbeiter
in den unterschiedlichen Zusammenhängen gelernt und erarbeitet
haben, muss in die Organisation einfließen, strukturell abgesichert
und so Bestandteil einer organisationalen Wissens- und Handlungsbasis
werden. Hierfür sind strukturelle und kulturelle Rahmenbedingungen
notwendig, die hierarchieübergreifende Kommunikation ermöglichen
(SONNTAG 1996, 67). Im Rahmen von CULIK wird erhoben, welchen Anforderungen
die Schule genügen muss, um Lernprozesse im Kollegium zu fördern
und zu stützen, und nach entsprechenden Ansatzpunkten für
konkrete Maßnahmen gesucht.
2.7 Zusammenfassung
Die curriculare Modernisierung Lernfeldkonzept' und der Einsatz
von neuen Technologien sind im Zusammenhang mit dem Modellversuch
CULIK thematisiert worden. Es hat sich gezeigt, dass das Lernfeldkonzept
einen Komplex von Veränderungen mit sich bringt. Aus diesem
Grunde kann die Umsetzung des Lernfeldkonzepts nur gelingen, wenn
der Zusammenhang curricularer Entwicklungsarbeiten mit Qualifizierungsprozessen
und Maßnahmen der Organisationsentwicklung Berücksichtigung
findet. CULIK versucht dies über den Ansatz der Kooperation
bzw. den Aufbau eines Qualifizierungsnetzwerkes zu realisieren.
Das Arbeiten in Teams und die Kooperationsplattform spielen dabei
eine wesentliche Rolle, wobei ersteres gleichermaßen Qualifizierungsmethode
und Qualifizierungsziel ist: Qualifizierungsmethode im Hinblick
auf die curricularen Entwicklungsarbeiten und damit einhergehender
individueller Lernprozesse als auch im Hinblick auf organisationale
Lernprozesse; Qualifizierungsziel insofern, als dass die Lehrer
für die Teamarbeit befähigt werden. In der verbleibenden
Laufzeit des Modellversuches wird der hier dargestellte Ansatz weiterhin
einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.
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