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Im Prinzip geht es dabei um die Übertragung von Entscheidungen
über Ziele, Inhalte, Stoffreduktion, Erfolgskontrolle
u. a. auf die Person des Lernenden, was wiederum unter der
Annahme erfolgt, dass dieser über ein entsprechendes
Sach- und Strategiewissen verfügt, um diese Entscheidungen
optimal treffen und realisieren zu können. Die Fähigkeit zu selbstständigem Lernen ist zweifellos
die entscheidende Bedingung für erfolgreiches lebenslanges
Lernen. Auch die curriculare Zielsetzung der beruflichen Handlungsfähigkeit
hat zur Voraussetzung, dass Lehr-Lernprozesse durchlaufen
werden, die einen wachsende selbstständige und selbstbestimmte
Auseinandersetzung mit den Lerninhalten ermöglichen.
Selbstständiges Lernen ist deshalb ein wesentliches Lernziel
"formaler" institutionalisierter beruflicher Lehr-
Lernprozesse (vgl. FLOTHOW 1991). 2. Problemfelder einer Programmatik lebenslangen Lernens
aus der Sicht einer berufs- und wirtschaftspädagogisch
akzentuierten Curriculumforschung
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Im Hinblick auf die institutions- und staatskritische Diktion
zahlreicher Beiträge zum lebenslangen Lernen weist NUISSL
VON REIN (1997, 76) sehr zu Recht darauf hin, dass unter historischem
Aspekt der Gedanke an eine "Selbstlernwende" ohne
die vorgängige Existenz von Bildungsinstitutionen gar
nicht möglich gewesen wäre, und er argumentiert
in diesem dialektischen Sinne weiter, dass das Selbstlernen
ohne den Erhalt der Leistungen von Bildungsinstitutionen keinerlei
Anspruch auf Modernität hätte, sondern einen Rückfall
in vordemokratische und antiaufklärerische Strukturen
darstellte. Historisch gesehen war natürlich "der
Aufbau eines Bildungssystems mit Institutionen der wirkliche
Fortschritt gegenüber dem bis dahin vorherrschenden 'individuellen
Lernen'", sei es 'informell' im unmittelbaren Lebenszusammenhang
der Familie, der Subsistenzwirtschaft und der früh begonnenen
Erwerbsarbeit erfolgt oder sei es privilegierter etwa im Adel
oder im gehobenen Bürgertum durch Haus- und Privatlehrer
vermittelt. Bildungsinstitutionen - und mit ihnen der Staat
bzw. die sich über ihn Geltung verschaffenden gesellschaftlichen
Kräfte - haben "eigene Lernbemühungen gestützt,
öffentlich eingefordert, überhaupt erst für
gesellschaftlich relevant erklärt und Bildung demokratisch
erlebbar gemacht" (ebenda). Die Kehrseite von bürokratischer
Reglementierung , von Normierung und Kontrolle ist eben die
Überwindung von Willkür, von Beliebigkeit und Dezisionismus;
in diesem Sinne wohnt der bürokratischen Logik immer
auch ein egalitärer, ja emanzipatorisch-aufklärerischer
Geist inne.
Wohlverstanden darf das Argument NUISSL VON REINs nicht als
strukturkonservativ fehlinterpretiert werden; es geht ihm
nicht um den Erhalt der Institutionen, sondern um die Sicherung
der durch sie realisierten Funktionen. Fasst man in den Blick,
dass in der Konzeption der Lerngesellschaft ein pluralistisches
Netzwerk von Lernorten konzipiert ist, in dem öffentlichen
Schulen keine hervorgehobene Funktion mehr zuzukommen scheint,
so muss natürlich die Frage gestellt werden, ob und wenn
ja, in welchem Maße und in welcher Weise ordnend, strukturierend
oder regulierend in diese Angebotsstruktur eingegriffen werden
soll, oder aber, ob allein das Nachfrageverhalten am Bildungsmarkt
ausschlaggebend sein soll.
In ähnlicher Weise lässt sich auch im Hinblick auf
die curricularen Implikationen einer Programmatik lebenslangen
Lernens argumentieren. Auch hier ist zu fordern, dass mit
einer Individualisierung von Curricula im Sinne selbstgesteuerten
Lernens kein Rückfall hinter den mit der Curriculumdiskussion
erreichten Reflexionsstand erfolgen darf, weil andernfalls
statt Entbürokratisierung, Individualisierung und Selbstverantwortung
tatsächlich die Dominanz ökonomischer Utilitarität,
inhaltlicher Beliebigkeit und Orientierungslosigkeit angesichts
einer unüberschaubaren Vielfalt an Lernangeboten resultieren
könnten.
Was sind diese Standards curricularer Rationalität?
Die curriculare Programmatik, die im deutschen Sprachraum
durch Saul B. ROBINSOHN (1967) prägnant formuliert wurde,
greift zwei große Zeitströmungen des 1960er Jahre
auf und bezieht sie auf die offenkundig drängende Aufgabe
der Bildungsreform: Einerseits die Forderung nach Demokratisierung
aller Lebensbereiche und nach demokratischer Teilhabe an allen
wesentlichen gesellschaftlichen Entscheidungen, wozu ROBINSOHN
natürlich auch die "Entscheidung über Auswahl
und Priorität der Bildungsinhalte" zählte (ebenda,
44). Das zweite Leitmotiv in den Vorschlägen Robinsohns
ist der fortschrittsoptimistische Glaube an die Aufklärungs-
und Gestaltungskraft neuzeitlicher, insbesondere empirischer
Wissenschaft. Wissenschaftliche Rationalität der curricularen
Produkte einerseits und Demokratisierung der curricularen
Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse andererseits waren
für ROBINSOHN und die sich an seinen Impuls anschließende
Diskussion zentrale, spannungsreiche Bezugspunkte für
die Legitimation curricularer Entscheidungen.
Vor diesem Hintergrund lassen sich die folgenden Kernelemente
der curricularen Programmatik identifizieren und im Hinblick
auf die aktuelle Diskussion um lebenslanges Lernen diskutieren:
(1) Unstrittig war für ROBINSOHN und im gesamten Kontext
der Curriculumdiskussion zunächst der zentrale Ausgangs-
und Bezugspunkt der Reflexion: Die Notwendigkeit und Existenz
einheitlicher, für alle Betroffenen verbindlicher Lehrpläne
und Leistungsanforderungen zur Normierung der Lehr-Lern-Prozesse
und zur Orientierung der an ihnen Beteiligten. Auch wenn in
der Diskussion um lebenslanges Lernen - wie derzeit schon
in der Praxis der beruflichen Weiterbildung - immer stärker
individualisierte Qualifikationsprofile diese einheitlichen
Curricula ersetzen, wird doch davon auszugehen sein, dass
es einerseits bestimmte Phasen in der Lernbiographie von Menschen
geben wird, die weiterhin durch verbindliche und gemeinsame
Curricula geprägt sind, und dass es andererseits auch
auf den individualisierten Lernpfaden Kernbereiche als obligatorische
Wegstrecken geben wird.
(2) Konstitutiv für die curriculare Thematik ist der
Ansatz, eine Bildungsreform von den Inhalten her zu betreiben
und damit die rational begründete Auswahl der Lerngegenstände
im Hinblick auf angestrebte Qualifizierungsleistungen in den
Mittelpunkt der Reformbemühungen zu stellen. Dabei entspricht
es einer zeitgemäßen Interpretation dieses Ansatzes,
Bildungsinhalte oder Lerngegenstände nicht etwa materiell-objektivistisch
zu interpretieren, sondern hierunter komplexe individuelle
Lernerfahrungen zu verstehen, die Schülern im Zuge ihres
Lernhandelns ermöglicht werden sollten (vgl. z. B. TRAMM
1996). Lerngegenstände können damit auch authentische
Situationen des Alltags- und Berufslebens sein, oder besser
gesagt: Lern- und Erkenntnisgegenstände können in
lebensweltlichen Kontexten situiert sein. Freilich wird es
im Hinblick auf den angestrebten Kompetenzerwerb und im Hinblick
auf den individuellen Erfahrungshintergrund natürlich
nicht gleichgültig sein, mit welchen Lerngegenständen
sich ein Lernender zu einem gegebenen Zeitpunkt in welcher
Weise auseinandersetzt. Das hohe Lied des informellen Lernens,
des Zusammenfallens von Arbeits- und Lernsituation, wie es
in der Programmatik des lebenslangen Lernens unisono ertönt,
ignoriert nicht nur die aus Arbeitspsychologie, Industriesoziologie
und Berufsbildungsforschung bekannte Tatsache, dass Arbeitssituationen
häufig keinesfalls so gestaltet sind, dass sie Lernprozesse
begünstigen oder auch nur ermöglichen (vgl. z. B.
GETSCH 1990; KECK 1995), sondern es übergeht auch die
Notwendigkeit, dass aus einer Vielzahl denkbarer Situationen
(und Lerngegenständen) nur solche kompetenzfördernd
sind, die exemplarische Einsichten für gleichartige Situationen
ermöglichen, die strukturelle Erkenntnisse eröffnen,
kognitive Konflikte bzw. Probleme angemessenen Schwierigkeitsgrades
enthalten oder den Erwerb übertragbarer Fähigkeiten
und Fertigkeiten ermöglichen. Aus der Problemlöse-
und Expertiseforschung ist bekannt, dass die Qualität
individuellen Wissens in einer Domäne die zentrale Variable
im Hinblick auf Orientierungs- und Handlungskompetenz ist
(vgl. z. B. DÖRNER et al. 1983; FÜRSTENAU 1994).
In dem von DOHMEN gewählten Begriff der "neuen Elementarbildung"
scheint die Relevanz der Inhaltsdimension für Lernen
aufgegriffen zu werden, zumal die curriculare Diktion vermuten
lässt, dass damit die Frage nach grundlegenden Kategorien
des Kompetenzerwerbs im Hinblick auf eine Grundbildung aufgeworfen
wird. Es ist aber kaum nachvollziehbar, weshalb diese Frage
dann suspendiert oder gar diskreditiert wird, wenn es um differenziertere
und elaboriertere Lernprozesse im Zuge der Fach- und Weiterbildung
geht.
(3) Zwei weitere zentrale Aspekte der curricularen Programmatik
sind in dieser Argumentation bereits deutlich aufgeschienen:
Einerseits der Anspruch auf eine umfassende Betrachtung des
gesamten didaktischen Entscheidungsfeldes unter Einbeziehung
intentionaler, thematischer, methodischer und medialer Aspekte
und ihrer Wechselwirkungen sowie andererseits
(4) der Anspruch einer unverkürzten Rationalität curricularer Entscheidungen, konkretisiert in der Forderung, dass auch und gerade inhaltliche Entscheidungen in die Form eines "rationalen gesellschaftlichen Konsens gehoben werden müssen, der sich auf rationale Begründungen und objektive Erkenntnisse stützt (ROBINSOHN 1967, 31). Es ist offenkundig, dass in der Programmatik lebenslangen Lernens im curricularen Spannungsfeld von wissenschaftlicher Rationalität und demokratischer Legitimation curricularer Entscheidungen nicht eine - tatsächlich schwierig zu findende und zu erhaltende - Balance gesucht wurde, sondern dass unter dem zeitgemäßen Schlagwort der Individualisierung (und unter Nutzung aller Ressentiments gegen Curricula) letztlich die Rückkehr zu subjektiver Beliebigkeit nahegelegt wird.
Der wohl folgenreichste und nachhaltigste Impuls, der von
der Curriculumdiskussion ausgegangen ist, dürfte sich
mit der ROBINSOHNschen Formel verbinden, Entscheidungen über
Curriculumelemente im Hinblick auf ihren Beitrag zur Vermittlung
von Qualifikationen zur Bewältigung von Lebenssituationen
zu begründen, d. h. letztlich das pragmatische Argument
zur Begründung von Lerninhalten gegenüber bildungstheoretischen
Begründungskomplexen zu rehabilitieren. Bei aller erklärter
Distanz zur curricularen Programmatik wird dieser pragmatische
Begründungsansatz von den Vertretern des lebenslangen
Lernens ausgiebig in Anspruch genommen, wobei allerdings der
Bezug auf berufliche Lebenssituationen, genauer noch: Auf
betriebliche Anforderungssituationen, deutlich im Vordergrund
zu stehen scheint. Genau an diesem Zusammenhang aber lässt
sich auch zeigen, dass diese Begründungslinie weit hinter
das - insbesondere auch in der wirtschaftsberuflichen Curriculumdiskussion
erreichte Reflexionsniveau zurückfällt. So ist schon
in den Ausführungen zur Begründung der ROBINSOHNschen
Curriculumstrategie erkennbar, dass dieser keinesfalls einseitig
nur Utilitarität im Sinne beruflicher Tüchtigkeit
im Sinne hatte, sondern immer auch zugleich das pädagogisch
und politisch zu rechtfertigende Interesse an der Mündigkeit
des Individuums reflektierte. Folgerichtig stellte in der
intendierten Curriculumstrategie das pragmatische Argument
auch nur einen von drei Kriteriensätzen dar. ROBINSOHN
(1967, 47) nannte als solche im Zusammenhang
· "... Bedeutung eines Gegenstandes im Gefüge
der Wissenschaft, damit auch als Voraussetzung für weiteres
Studium und weitere Ausbildung";
· ... Leistung eines Gegenstandes für Weltverstehen,
d. h. für die Orientierung innerhalb einer Kultur und
für die Interpretation ihrer Phänomene;
· ... Funktion eines Gegenstandes in spezifischen Verwendungssituationen
des privaten und öffentlichen Lebens".
Der hiermit angedeutete Sinnhorizont von Bildungs- bzw. Lernprozessen
wird mit den häufig rein funktionalistischen Verwertbarkeitsargumenten,
wie sie DOHMEN (1996) referiert, im Kern verfehlt. Tatsächlich
muss sich Lernen in jeder Lebensphase - soll es sich nicht
in der Anpassung an enge, zeitlich befristete Arbeitsplatzanforderungen
erschöpfen - auch daran messen lassen, inwieweit es zur
verständigen Orientierung auch über unmittelbare
Handlungsfelder hinausweisend beiträgt und ob es kognitive
und affektive Zugänge zu weiterem - auch und gerade wissenschaftsorientiertem
- Lernen eröffnet.
Es soll hier nicht pauschal unterstellt werden, dass Ansätze
lebenslangen Lernens autonomieorientierte oder auf die Entwicklung
der Persönlichkeit zielende Aspekte ignorieren oder auch
nur generell vernachlässigten. Gerade die zahlreichen
Diskussionsbeiträge zum selbstgesteuerten oder selbstorganisierten
Lernen (als Überblick DOHMEN 1997) belegen ein starkes
Engagement für diese Aspekte. Unsere Kritik geht vielmehr
dahin,
· dass das spannungsreiche Verhältnis der unterschiedlichen
Kompetenzdimensionen (so. z. B. Sachkompetenz, Sozialkompetenz
und humane Selbstkompetenz sensu ROTH) nicht reflektiert,
sondern der Begriff der "Kompetenzorientierung"
vielmehr ausgesprochen plakativ in Anspruch genommen wird;
· dass theoretische und normative Referenzpunkte der
curricularen Entscheidungen weder offengelegt noch diskutiert
werden; dies betrifft insbesondere die im Kontext der beruflichen
Curriculumforschung ausführlich erörterten Spannungsfelder
- von Qualifikation und Bildung als Sinnhorizont lebenslangen Lernens ,
- von Vergesellschaftung und Autonomie, Sozialisation und Individuation als Funktion
- von Befähigung zur Bewältigung/Anpassung und Gestaltung als Zieldimension,
- von Situationsbezug und Wissenschaftsbezug als Referenzpunkt und Begründungszusammenhang für Curriculumentscheidungen (vgl. REETZ 1984; REETZ/ SEYD 1983; 1995; TRAMM 1996; allgemeiner RÜLCKER 1976);
· dass weithin das angestrebte Ziel schlichtweg zugleich
zum hinreichenden probaten Mittel erklärt und die Bearbeitung
der Frage nach geeigneten, zieladäquaten Lernangeboten
damit dispensiert wird;
· dass einem problematischen didaktischen Naturalismus
im Hinblick auf die Lernwirksamkeit "natürlicher"
Anforderungs- und Handlungssituationen, insbesondere im Kontext
betrieblicher Erwerbstätigkeit - gefolgt wird und schließlich,
· dass durchaus angesprochene wichtige Einsichten, z. B. in die Relevanz systematischer Reflexion für nachhaltige Erfahrungsbildungsprozesse oder in die Notwendigkeit einer Elementarbildung als Vorbereitung auf lebenslanges Lernen, nicht systematisch weiter verfolgt, aufeinander bezogen und zur Identifikation und Strukturierung grundlegender Desiderate einer Theorie lebenslangen Lernens genutzt werden.
Unser Hinweis auf die Notwendigkeit der Rekonstruktion einer
curricularen Perspektive im Kontext der Thematik lebenslangen
Lernens intendiert nicht und impliziert auch nicht die Absicht
einer Reglementierung oder Fremdsteuerung von Lernprozessen
durch Staat, Wissenschaft oder wen auch immer, sondern er
soll an die Notwendigkeit erinnern, bei der Gestaltung von
Lernprozessen einen rationalen Zusammenhang zwischen begründeten
und gerechtfertigten Zielen, Inhalten, Medien des Wirklichkeitszugangs
und methodischen Handlungsformen des Lernens zu stiften. Diese
Formulierung schließt natürlich auch den auch aus
unserer Sicht anzustrebenden Fall ein, dass diese curriculare
Perspektive den Lernenden auch im Zuge selbstgesteuerten oder
selbstorganisierten Lernens hilft, sich in diesem Entscheidungsfeld
zu orientieren und hierin zu vernünftigen Entscheidungen
zu gelangen (vgl. hierzu auch TRAMM 1992, 35ff.).
Eine zentrale Voraussetzung für die Rekonstruktion der
curricularen Perspektive dürfte nach unserer Überzeugung
sein, das Konstrukt der "Kompetenzorientierung"
differenzierter zu bestimmen. Hierfür bietet sich ein
Rückgriff auf handlungs- und kognitionspsychologisch
fundierte Konzeptualisierungen an, wie sie in der vergangenen
Jahren gerade im Bereich der Berufs- und Wirtschaftspädagogik
unter dem Schlagwort der Handlungsorientierung beruflichen
Lernens in breitem Maße entwickelt und elaboriert worden
sind.
An dieser Stelle kann das Konstrukt der Handlungsorientierung
mit seinen theoretischen Voraussetzungen, konzeptuellen Varianten
und curricular-didaktischen Konsequenzen nicht ausführlich
dargestellt werden (vgl. hierzu REETZ 1984; 1996; TRAMM 1992;
1994; 1996; ACHTENHAGEN/TRAMM u. a. 1992). Wir wollen uns
statt dessen auf eine kurze Charakterisierung beschränken
und versuchen, mit fünf Hinweisen knappe zusätzliche
Akzente zu setzen. Zwei dienen der negativen Abgrenzung und
drei der positiven Bestimmung handlungsorientierten Lernens.
Allgemein kann der Ansatz handlungsorientierten Lernens unter
Bezugnahme auf Hans AEBLI (1980; 1981) dadurch gekennzeichnet
werden, dass er die Annahme eines Dualismus, einer Wesensverschiedenheit
von Handeln und Denken, zurückweist und demgegenüber
betont, dass sich das Denken, das Wissen und das Können
aus dem praktischen Handeln und dem Wahrnehmen heraus entwickeln
und dass sich Denken und Wissen wiederum im praktischen Handeln
und in der deutenden Wahrnehmung der Welt zu bewähren
haben.
Handlungsorientierung liegt jedoch nicht schon dann vor -
so die erste negative Abgrenzung -, wenn in irgendeiner Form
etwas "praktisch" im Sinne von "handgreiflich"
getan wird. Im Begriff des Handelns wird vielmehr die Tatsache
betont, dass menschliches Tun meist absichtsvoll, zielgerichtet,
planvoll und bewusst geschieht und in seiner Ausführung
kognitiv reguliert wird, kurz: Dass zwischen Reiz und Reaktion
ein Stückchen menschlicher Weisheit am Wirken ist (so
MILLER/GALANTER/PRIBAM 1973). Entsprechend hängt das
Attribut der Handlungsorientierung entscheidend daran, in
welchem Maße auch die "Denkseite" (DEWEY 1915/1964,
186ff.) des praktischen Tuns und der praktischen Erfahrung
berücksichtigt und gefordert wird.
Wo dies nicht der Fall ist, wo nur vorgegebene Arbeitsprogramme
buchstabengetreu ausgeführt werden, mag dies dem Training
technischer Fertigkeiten durchaus dienlich sein. Handlungsorientierung
in unserem Sinne wäre es jedoch noch nicht.
Handlungsorientierung steht - so unsere zweite negative Abgrenzung
- nicht im Widerspruch zur kritischen Wissenschaftsorientierung
beruflichen Lernens. Sie zielt nicht auf die schnelle Einübung
technischer Fertigkeiten und auf die unkritische Einpassung
in bestehende Strukturen ab, sondern steht unter der Leitidee,
den Lernenden zu eigenem Urteil und zu kompetentem und verantwortlichem
Handeln zu befähigen.
Der Weg dorthin soll als ein kontinuierlicher Entwicklungs-
und (Selbst-)Konstruktionsprozess des Subjekts angelegt werden,
in dem die schon erworbenen Kompetenzen sich in praktischen
Handlungs- und Problemzusammenhängen bewähren müssen,
dabei immer wieder an ihre Grenzen stoßen werden und
hieraus Impulse für weitere Lernprozesse erhalten.
Für die Lernenden heißt dies: Aus dem praktischen
Zusammenhang heraus neue Problemlösungen finden und dabei
bereits vorhandenes Wissen kreativ anwenden, sich kundig machen
und beraten lassen und vor allem dann: Die eigenen Problemlösungen,
das neue (noch hypothetische) Wissen im Handlungszusammenhang
auf seine Bewährung hin erproben. Dies setzt natürlich
die Fähigkeit zur Kritik - auch zur Selbstkritik - voraus.
Und es stellt in dem Sinne eine neue Qualität von Wissenschaftsorientierung
dar, als sich der Lernende selbst hypothesengenerierend und
hypothesenprüfend in kritisch-experimenteller Haltung
neues Können und Wissen im Handlungszusammenhang schafft.
Unsere erste positive Konkretisierung bezieht sich auf den
Begriff der Handlungskompetenz. Wir verstehen hierunter -
im Sinne der konstruktivistischen Diktion handlungsorientierter
Konzepte - die Fähigkeit, auf der Grundlage wissensbasierter
Situationswahrnehmungs-, Situationsbewertungs- und Zielbildungsprozesse
adäquate - und dies heißt angesichts der Variabilität
und Offenheit von Situationsmerkmalen letztendlich zugleich
immer wieder neue - Handlungen zu generieren, d. h. sie zu
planen, auszuführen und zu beurteilen. Derartige Handlungen
können nicht oder allenfalls in sehr begrenzten Fällen
"fertig" aus dem Gedächtnis abgerufen werden.
So wie der Mensch keine Sätze lernt, sondern ein begrenztes
Vokabular und eine Grammatik, aus denen heraus er eine unbegrenzte
Vielfalt von Sätzen erzeugen kann, so erlernt er auch
keine Handlungen, sondern ein Elementen- und Regelsystem,
aus dem heraus er Handlungen - und natürlich auch innere
Abbilder von Objekten, Strukturen, Prozessen oder Situationen
- generieren kann (vgl. hierzu VOLPERT 1979, 27; AEBLI 1980).
Zwei wesentliche Teilkomponenten dieser Handlungskompetenz
sollen hier besonders herausgehoben werden (vgl. TRAMM 1992,
131ff.; 1996, 233ff.):
1. Die Fähigkeit zur angemessenen Situationswahrnehmung oder präziser formuliert: Die Fähigkeit zur angemessenen inneren Modellierung von Handlungssituationen und Systemzusammenhängen. Angemessen bezieht sich dabei einerseits auf die notwendige Vollständigkeit, Differenziertheit und Komplexität dieser inneren Abbildungen und andererseits auf ihre Strukturiertheit und Klarheit.
2. Die Fähigkeit, eine Situation zielgerichtet und schrittweise in Richtung auf eine neue Situation zu verändern; die Fähigkeit also zum gedanklichen Problemlösen, zur vorausschauenden Handlungsorganisation, schließlich auch die Fertigkeiten, die in die Handlungsausführungen einfließen und das Verfügen über Handlungsprogramme für Routinesituationen.
Die zweite positive Konkretisierung betrifft die Qualität
des Lernhandelns, also der zielgerichteten Aktivität
des Lernenden. Unter dem Aspekt der Handlungsorientierung
sollten Lernangebote vorwiegend danach beurteilt und gestaltet
werden, welche Erfahrungsmöglichkeiten sie den Lernenden
eröffnen. Hierbei lassen sich drei Aspekte unterscheiden:
1. Welche inhaltlichen und sozial-kommunikativen Erfahrungen
werden den Lernenden ermöglicht, d.h. welche Phänomene,
Objekte, Vorgänge, Begriffe etc. werden den Lernenden
in welcher Form und in welchem inhaltlichen Zusammenhang zugänglich
gemacht?
2. Welche Erfahrungen kann der Lernende mit sich selbst,
d. h. mit seinem Handeln, seiner Kompetenz und seinem Wissen
machen. Anders gefragt: Wie anspruchsvoll sind die Anforderungen,
die der Lernende im Zuge des Lernhandelns zu bewältigen
hat?
* Wie vollständig oder ganzheitlich sind die Handlungen im Sinne der Einheit von Zielbildung, Handlungsplanung, Handlungsausführung sowie Handlungskontrolle und -bewertung?
* Wie ganzheitlich sind diese Handlungen im Sinne einer Verknüpfung kognitiver, affektiver und psychomotorischer Anforderungen und Erfahrungsgehalte?
* Wie problemhaltig sind die Handlungen, in welchem Maße enthalten sie "Barrieren" und kognitive Konflikte, wie stark wird es notwendig und möglich, neue Lösungen gedanklich zu entwerfen und (subjektiv) neues Wissen zu generieren?
* Wie komplex sind die Handlungen in dem Sinne, dass sie sich aus einer unterschiedlich langen Abfolge von Teilhandlungen zusammensetzen?
3. Wie ausgeprägt ist schließlich das Reflexions-
und Systematisierungsniveau des Lernhandelns? In welchem Maße
gelingt es, ein Wechselspiel von handlungs- und problembezogener
Erfahrung und begrifflich-abstrakter Reflexion und Systematisierung
zu verwirklichen?
Die dritte positive Bestimmung betrifft schließlich
die Frage nach der Auswahl, Modellierung und Repräsentation
der Lerngegenstände.
Wenn ein Lernhandeln im oben angesprochenen Sinne ermöglicht
werden soll, so setzt dies voraus, dass die Lerngegenstände
in anschaulicher, erfahrungsoffener, realistischer und kontinuierlicher
Weise in den Lernprozess einbezogen werden. Was heißt
dies im einzelnen?
* Anschaulichkeit ist mehr als nur "Bildhaftigkeit". Sie hebt vielmehr die Notwendigkeit hervor, dass die Inhalte und Strukturen der Lerngegenstände dem erkennenden Zugriff seitens der Lernenden zugänglich sein müssen, dass also die zu vermittelnde Struktur tatsächlich in der medialen Repräsentation enthalten ist und durch das Lernhandeln erschlossen werden kann.
* Über den Grad der Erfahrungsoffenheit wird festgelegt, inwieweit die Lernenden die Möglichkeit haben, den Umfang und die Art der zu berücksichtigenden Informationen selbst zu bestimmen; und hierdurch wird auch bestimmt, in welchem Maße sie die Chance erhalten, selbstständig Informationen zu beschaffen, zu erzeugen und zu verarbeiten.
* Realistisch bezieht sich auf den Aspekt, dass der Lernerfolg nur möglich ist, wenn die Lernobjekte auch tatsächlich die unter einer bestimmten Fragestellung wesentlichen materiellen und strukturellen Merkmale des Lerngegenstandes in einer Weise abbilden, die nicht im Widerspruch zu den Alltagserfahrungen der Lernenden steht.
* Mit dem Aspekt der Kontinuität schließlich soll darauf hingewiesen werden, dass wir es im Sinne handlungsorientierten Lernens für zweckmäßig halten, die Lernprozesse über längere Sequenzen hinweg auf möglichst konkrete, praktische oder praxisbezogene Handlungs- oder Problemfelder zu beziehen, die als geeignete Repräsentanten des jeweiligen Lerngegenstandes auszuwählen oder zu modellieren wären.
Aus dieser notwendigerweise verkürzenden Skizze sollte
deutlich geworden sein, dass es sich beim Konzept handlungsorientierten
Lernens, wie es in der berufs- und wirtschaftspädagogischen
Diskussion bei aller Differenziertheit im Detail doch relativ
einheitlich vertreten wird (siehe z. B. KAISER 1987; PÄTZOLD
1992; DÖRIG 1994) , nicht etwa um eine mehr oder weniger
neue methodische Variante des Unterrichts handelt, sondern
vielmehr um eine grundlegend veränderte, umfassende curriculare
Leitidee (beruflichen) Lernens. Sie hat als solche gleichermaßen
Konsequenzen
· für die Zielebene des Unterrichts,
· für die Auswahl, Strukturierung und Sequenzierung der Lerngegenstände im Unterricht,
· für die Art der medialen Repräsentation der Lerngegenstände im Unterricht,
· für die Handlungs- und Erfahrungsmöglichkeiten, die Lernenden geboten werden,
· für das Rollenverständnis von Lehrenden und Lernenden und schließlich auch
· für die Formen der Lernerfolgskontrolle und der Leistungsbewertung.
Die aus unserer Sicht folgenreichste Verkürzung in der
aktuellen Diskussion, die auch in vielen Beiträgen zur
Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen aufscheint, sehen
wir darin, dass häufig inhaltliche Aspekte ausgeblendet
oder als nebensächlich behandelt werden. Hier erscheint
"Handlungsorientierung" entweder als allgemeine
Propagierung bestimmter "lerneraktiver" Methoden
unter Nutzung neuer technischer und kommunikativer Möglichkeiten
(Leittext, Moderationsmethode, Simulationsspiele, Computernetze)
oder aber - etwa unter Schlagworten wie "Schülerorientierung",
"Selbstorganisation", "offene Curricula"
- als bewusster Verzicht auf curriculare Ziel- und Inhaltsfestlegungen
zugunsten bestimmter Prozessmerkmale des Lernens.
Demgegenüber ist es kennzeichnend für die von uns
angestrebte curriculare Perspektive, dass eine Veränderung
des Lehrens und Lernens genau bei den inhaltlichen Fragen
des Curriculum ansetzt, weil hierdurch die Qualität des
Lernhandelns in inhaltlicher wie in formaler Hinsicht und
darüber natürlich auch die Lerneffekte bestimmt
werden. In einem solchen Verständnis geht es für
ein kompetenzorientiertes Lernen wesentlich um die Fragen:
* Welche Wissensbasis liegt der angestrebten Orientierungs- und Handlungskompetenz zugrunde? Über welches deklarative, prozedurale und konditionale Wissen (vgl. hierzu DÖRIG 1994) muss ein Mensch verfügen, um sich etwa in ökonomischen Systemzusammenhängen zurechtzufinden und hierin kompetent und verantwortlich handeln zu können? (Die Frage nach der wissensstrukturellen Lernzieldefinition).
* Mit welchem Vorwissen, welchen Erfahrungen und welchen inhaltlichen Interessen sind die Menschen ausgestattet, die sich institutionalisierten Lernangeboten aussetzen oder selbstorganisierten Lernprozesse anstreben? (Die Frage der individuellen Lernvoraussetzungen).
* Mit welchen Gegenständen - Phänomenen, Sachverhalten, Systemen und Prozessen, welchen Ideen, Theorien und begrifflichen Konzepten, welchen Techniken und Verfahren der natürlichen, technischen, sozialen und kulturellen Welt sollen Menschen sich auseinandersetzen, um ihr Wissen, Verstehen und Können in der gewünschten Richtung zu entwickeln? (Die Fragen der Bestimmung der Lerngegenstände ).
* Wie können diese Lerngegenstände so in den Wahrnehmungs- und Handlungsbereich der Lernenden gestellt werden, dass diese sich mit ihnen aktiv lernend auseinandersetzen können und dass die zentralen Merkmale dieser Lerngegenstände erhalten bleiben? (Die Frage der strukturellen und medialen Repräsentation der Lerngegenstände).
* Wie sollte der Lernprozess zeitlich so strukturiert werden, dass die Komplexität und damit auch die Sinnhaftigkeit der Lerngegenstände erfahrbar wird, ohne die Lernenden durch übergroße Komplexität zu überfordern? (Die Frage der Sequenzierung des Lernhandelns).
Bei genauer Betrachtung handelt es sich hierbei um die Grundfragen
bildungstheoretischer Didaktik, wie sie schon Wolfgang KLAFKI(1980)
in seiner didaktischen Analyse dargestellt hat (vgl. hierzu
auch DUBS 1996, 178). Es geht um die Herausforderung, auf
einer inhaltlichen Ebene jene Gegenstände zu definieren
und dem erkennenden Handeln der Lernenden zugänglich
zu machen, die in exemplarischer Weise die Einsicht in Grundprobleme,
Grundstrukturen und grundlegende Verständnismuster relevanter
Lebensbereiche erlauben. Die Handlungsperspektive, vor allem
der Rückgriff auf das theoretische Instrumentarium der
Handlungs- und Kognitionspsychologie, eröffnet grundsätzlich
neue konzeptuelle Möglichkeiten, in der Beantwortung
dieser Fragen weiterzukommen, als es die bildungstheoretische
Didaktik hat leisten können. Der Versuch, die Bearbeitung
dieser inhaltlich akzentuierten Probleme zu umgehen oder definitorisch
auszublenden, bedeutete nach unserem Verständnis eine
unzulässige Verkürzung der pädagogischen Aufgabenstellung.
Mit unseren Ausführungen zum Konzept der Handlungsorientierung
im Kontext eines wirtschaftspädagogischen Problemverständnisses
haben wir bereits den zweiten Problemkontext berührt,
den wir unter der gegebenen Thematik ansprechen wollen: Die
Frage nämlich, welche Auswirkungen die Programmatik lebenslangen
Lernens auf den traditionellen Kernbereich berufs- und wirtschaftspädagogischer
Reflexions- und Entwicklungsarbeit haben wird: Auf die berufliche
Erstausbildung, insbesondere jene Form, die im Zusammenwirken
von Betrieb und Berufsschule im dualen System stattfindet.
Zugespitzt lässt sich die zu diskutierende Frage so formulieren:
Führt nicht die Programmatik des lebenslangen Lernens
notwendig zu einer Aufgabe des traditionellen biographischen
Verlaufsmodells, wonach auf eine Phase allgemeiner Schulbildung
eine Phase der mehr oder weniger direkten Ausbildung bzw.
Vorbereitung auf einen Beruf folgt und wonach dieser biographischen
"Lern- und Ausbildungsphase" die Phase der Erwerbsarbeit
folgt, in der die zuvor erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten
zur Anwendung kommen. Lernen und Arbeiten - so eine der Kernbotschaften
der Programmatik lebenslangen Lernens, werden sich immer stärker
durchdringen, immer mehr als komplementäre Aspekte menschlicher
Existenz begriffen und auch im Zeitverlauf immer stärker
miteinander verwoben. Verliert hiermit die berufliche Erstausbildung
- und mit ihr deren Institutionen - nicht ihren Gegenstand,
ihr Handlungs- und Problemfeld. Wird die Berufsausbildung
unter dem Signum des lebenslangen Lernens zu einer Einstiegsphase
in das System der Weiterbildung degenerieren und lassen sich
ihre didaktischen Fragestellungen damit nicht jenen eines
lebenslangen Lernens bzw. einer Weiterbildungsdidaktik subsumieren?
Mit unseren Ausführungen zur Handlungsorientierung haben
wir eine alternative Deutung der sich abzeichnenden Situation
vorgenommen, die sich in folgender Weise pointieren lässt.
Stärker als vermutlich jeder andere Bereich der Bildungssystems
hat die Berufsbildungspolitik, haben die Lernorte der beruflichen
Bildung und hat schließlich auch die Theorie der Beruflichen
Bildung - also primär die Berufs- und Wirtschaftspädagogik
- sich in den vergangenen Jahren aus einer Perspektive der
"Kompetenzorientierung" heraus mit den Dysfunktionalitäten
vorgefundener Strukturen in ihrem Subsystem auseinandergesetzt
(s. z. B. REETZ 1984; REETZ/SEYD 1983 oder ACHTENHAGEN/TRAMM
u. a. 1992) und auf unterschiedlichsten Ebenen (Klassen, Schulen,
Ministerien, Landesinstitute, Studienseminare und Universitäten)
curriculare und didaktische Alternativen zum vorfindlichen
System entwickelt und erprobt (s. z. B. ACHTENHAGEN/JOHN 1988;
1992). Eine Rezeption der hierbei entwickelten Problemsichten,
Lösungsansätze und Handlungserfahrungen (etwa anhand
der Denkschrift der Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft
zur Berufsbildungspolitik oder der Berichte aus dem DFG-Forschungsschwerpunkt
zu Lehr-Lern-Prozessen in der kaufmännischen Erstausbildung,
wie sie etwa in den Beiheften 13 und 14 der Zeitschrift für
Berufs- und Wirtschaftspädagogik dokumentiert sind) böte
die Chance, das Konzept des lebenslangen Lernens problemgerechter
zu formulieren sowie die verwendeten Begriffe und Konstrukte
besser zu fundieren und auf ihre Leistungsfähigkeit hin
zu reflektieren ("neue Elementarbildung", "Schlüsselqualifikationen",
"Kompetenzorientierung", "selbstorganisiertes
Lernen" u. v. a. m.). Darüber hinaus bestünde
auch die Gelegenheit, sehr unmittelbare curriculare und didaktisch-methodische
Anleihen bei der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu
machen, dabei viele der programmatischen Leerstellen in der
Vision lebenslangen Lernens auszufüllen und so vor allem
auch auf der Ebene der inhaltlichen Ausgestaltung der erforderlichen
Lernprozesse weiterzukommen.
Wir gehen mithin aus der Sicht der Wirtschafts- und Berufspädagogik
davon aus, dass die Berufsbildung und ihre Theorie sich bereits
seit einer Reihe von Jahren intensiv und konstruktiv mit den
Herausforderungen auseinandersetzen, wie sie im Themenkreis
des lebenslangen Lernens etwa DOHMEN in seiner Programmschrift
zusammenfasst. Die von DOHMEN vorgetragenen und zu bildungspolitischen
Leitlinien verdichteten Postulate versprechen für die
Berufsbildung und die Berufsbildungsforschung aufgrund ihrer
Vagheit und Allgemeinheit wenig konkret-praktische Anregungen.
Statt eines Imports der Problemsicht und der Gestaltungsideen
aus dem Diskussionskontext lebenslanges Lernen scheint es
uns mithin viel eher angebracht und aussichtsreich, Problemsichten,
Konzeptualisierungen, curriculare und didaktische Modelle
sowie auch Forschungs- und Entwicklungsansätze aus dem
Feld der Berufsbildungsforschung in die Debatte um das lebenslange
Lernen zu exportieren. Selbstkritisch gewendet bedeutet dies
freilich zugleich auch, Fragen des Zusammenhangs von Aus-
und Weiterbildung, von beruflichem und allgemeinem Lernen
und schließlich auch von selbstorganisiertem Lernen
unter Nutzung neuer technischer Optionen zukünftig in
der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung noch
konsequenter zu verfolgen
Wir wollen im Folgenden abschließend diese noch recht
summarische Aussage unter drei Schwerpunkten konkretisieren
und pointieren.
Für das deutsche Berufsbildungssystem ist das Konstrukt
der Beruflichkeit konstitutiv, das traditionell auch im Beschäftigungssystem
als zentrales Ordnungsprinzip fungiert und das auch unter
kulturell-ethischen Gesichtspunkten im deutschen Kulturkreis
spätestens seit Luther eine hohe Wertigkeit genießt.
Ausbildung ist in Deutschland Berufsausbildung. Orientiert
am klassischen Handwerksmodell zielte sie traditionell - und
zielt sie in der Wahrnehmung vieler Betroffener noch immer
- darauf ab, auf einen lebenslang auszuübenden, in seinen
Anforderungsmerkmalen weitgehend statischen Beruf vorzubereiten.
Zugleich war mit dem Beruf nicht nur ein spezifisches Qualifikationspotential
bezeichnet, sondern auch ein wesentlicher Referenzpunkt im
Hinblick auf sozialen und (tarif-)rechtlichen Status und auf
die persönliche Identität (vgl. dazu BECK/ BRATER/
DAHEIM 1980).
Aus der Sicht des lebenslangen Lernens könnte Beruflichkeit
gesellschaftlicher Arbeit nur als ein Relikt einer ständischen
oder kollektivistischen Gesellschaft verstanden werden, scheint
sie doch durch die in den Ausbildungsordnungen allgemein und
verbindlich festgelegten Berufsbilder nachdrücklich die
Ausformung individueller Qualifikationsprofile zu behindern.
Interessanter Weise setzt sich DOHMEN (1996) in seinen Leitlinien
einer modernen Bildungspolitik - so der Untertitel seiner
Expertise - weder mit dem Konzept der Beruflichkeit noch mit
der beruflichen Erstausbildung auseinander, obwohl er etwa
den Konsequenzen seiner Konzeption für die Schule, die
Hochschule und die Weiterbildung jeweils ein eigenes Kapitel
widmet. Beide Aspekte scheinen in der "offenen Lerngesellschaft"
mit ihren individualisierten Lernpfaden und Kompetenzbündeln
keinen Platz zu haben.
Eine solche Sicht ist hingegen keineswegs neu, sondern dominiert
- in unterschiedlichen Ausprägungen - das Beschäftigungs-
und Rekrutierungssystem in einer ganzen Reihe von Ländern,
so paradigmatisch in den USA, in Großbritannien und
in Japan. Schließlich ist auch die Weiterbildungslandschaft
in Deutschland ausgesprochen heterogen und weitestgehend unabhängig
von staatlichen Ordnungs- und Regelungsbemühungen gewachsen.
Es ist eine verbreitete und auch in der Schrift von DOHMEN
erkennbare Option, dieses Vorbild bis in den Ausbildungsbereich
hinein zu übertragen.
Nach unserer Überzeugung muss, wer über Konzepte
lebenslangen Lernens nachdenkt, zugleich die Frage nach der
Beruflichkeit von Arbeit und Ausbildung sorgfältig reflektieren
und zu einer überzeugenden Antwort gelangen. Dabei ist
es in der berufsbildungspolitischen Diskussion unbestritten,
dass ein modernes Konzept von Beruflichkeit nur ein dynamisches,
für Differenzierungen und individuelle Akzentuierungen
offenes Konzept sein kann. Damit wird jedoch zugleich deutlich,
dass es einen breiten Konsens dahingehend gibt, in Bezug auf
die Erstausbildung grundsätzlich am Konzept der Beruflichkeit
festzuhalten und die damit verbundenen positiven Leistungen
zu bewahren (Arbeitsmarkttransparenz, Komplexitätsreduktion,
Orientierungssicherheit, berufliche Flexibilität). Im
Hinblick auf die Weiterbildung hingegen konkurrieren Ideen
einer stärkeren Formalisierung durch die staatliche Sanktionierung
praktisch bewährter Weiterbildungscurricula in Form von
Weiterbildungsordnungen mit Vorstellungen modularisierter
Weiterbildungskonzepte nach britischem Vorbild. Beide Varianten
jedoch bleiben deutlich entfernt von jenen der Beliebigkeit
oder den spezifischen betrieblichen Anforderungen anheimgestellten
Individualcurricula, die auf der Linie eines konsequent selbstgesteuerten
lebenslangen Lernens lägen.
Aufgrund der sozial- und tarifpolitischen Konstellation,
des ordnungspolitischen Grundkonsenses hinsichtlich der Zuständigkeits-
und Verantwortungsbalance im Bereich der beruflichen Bildung
und nicht zuletzt angesichts der erkennbaren Konvergenz politisch-pädagogischer
Leitbilder, arbeitsmarktpolitischer Erfordernisse und betriebswirtschaftlicher
Interessen im Hinblick auf anzustrebende Grundmuster beruflicher
Kompetenz gehen wir davon aus, dass eine strikte Individualisierung
beruflicher Qualifikationsprofile ebenso wenig zu erwarten
ist wie eine eindimensionale Anbindung an kurzfristige betriebliche
Erfordernisse.
Die besondere Herausforderung wird darin bestehen, eine Balance
von relativ einheitlicher, eher breiter angelegter beruflicher
Grund- und Fachbildung und sich zunehmend stärker ausdifferenzierender
Profilbildung zu erreichen, wobei die Grenze zwischen diesen
Bereichen nicht länger an jener von Erstausbildung und
Weiterbildung liegen wird.
In diesem Feld bestehen insgesamt erhebliche Forschungsbedarfe
und Gestaltungsaufgaben; beides ist durch die Adaptation programmatischer
Formeln aus internationalen Programmen oder durch den Import
ausländischer Modelle nicht zu ersetzen.
Die Grenzziehung zwischen beruflichem und allgemeinem Lernen,
zwischen der Vorbereitung auf die Anforderungen des Berufes
und dem Lernen für andere Orientierungs- und Handlungsfelder
(Familie, Konsum, Freizeitgestaltung, gesellschaftliche/politische
Mitwirkung) verwischt sich unter dem Signum pragmatisch orientierter
Curricula zunehmend. Wo Bildung interpretiert wird als Befähigung
zum kompetenten und verantwortlichen Handeln und zur sinnstiftenden
Orientierung in komplexen Lebenszusammenhängen, dort
ist eine grundsätzliche Überlegenheit oder auch
nur Andersartigkeit allgemeiner gegenüber beruflicher
Bildung nicht länger nachvollziehbar. Aus diesem Zusammenhang
heraus gewinnt die alte Forderung nach Gleichwertigkeit beruflicher
gegenüber allgemeiner Bildung ein starkes Argument; die
alte KERSCHENSTEINERsche These (1904), dass die Berufsbildung
"an der Pforte zur Menschenbildung" stehe, erhält
einen modernen Sinn: Mit dem exemplarischen Erwerb von Handlungs-
und Orientierungskompetenz in einer beruflichen Domäne
verbindet sich zugleich die Möglichkeit einer umfassenden
allgemeinen Förderung grundlegender pragmatischer Kompetenzen
und Einsichten.
Vor diesem Hintergrund kann jedoch auch in umgekehrter Blickrichtung
argumentiert werden, dass nämlich eine entspezialisierte
Allgemeinbildung die berufliche Erstausbildung ersetzen könnte
und die Erfüllung der besonderen betrieblichen Anforderungen
dann über betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen
sicherzustellen wäre. Dies entspricht im wesentlichen
der japanischen Qualifizierungsstrategie, lässt sich
aber auch mit dem französischen Modell einer weitgehend
schulisch akzentuierten Ausbildung verbinden.
Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass der
hier vollzogene Umkehrschluss in dieser Form schon logisch
nicht haltbar ist, und dieser Sachverhalt ist in der wirtschafts-
und berufspädagogischen Diskussion spätestens seit
der Diskussion über das Schlüsselqualifikationskonzept
von MERTENS in den 70er Jahren Allgemeingut: Formale Fähigkeiten
lassen sich einerseits nicht oder nur in äußerst
begrenztem Maße inhaltsunspezifisch, abstrakt-allgemein
vermitteln und andererseits setzt Urteils- und Handlungsfähigkeit
in einer Domäne ein differenziertes und vielfältig
vernetztes bereichsspezifisches Wissen voraus. Hieraus ergibt
sich zunächst die Konsequenz, dass auf praktische Anwendung
in Handlungs- und Problemsituationen gerichtete Lehr-Lernprozesse
situiert, d. h. im Kontext realer oder realitätsbezogen
simulierter (realitätsanaloger) Lernumwelten erfolgen
sollten. Weiterhin ist auch im Hinblick auf die Transferwirkung
beruflicher Lernprozesse anzumerken, dass dieser nicht voraussetzugslos
zu erwarten ist, sondern dass der Transfer von Fähigkeiten
und Wissen im Lernprozess systematisch angebahnt und geübt
werden muss. Von entscheidender Bedeutung sind hierfür
einerseits Prozesse der Dekontextualisierung, der begrifflichen
Reflexion und Systematisierung situations- und fallbezogen
erworbenen Wissens. Andererseits gilt es auch für die
Handlungsfelder, in die hinein der Transfer geleistet werden
soll, dass die für diese Domäne jeweils grundlegenden
oder kategorialen Strukturen spezifisch erarbeitet werden
müssen. Alle drei Lernebenen - Erfahrungsbildung in ausgewählten
realen oder modellierten realitätsanalogen Lernumwelten,
die begriffliche Reflexion und Systematisierung dieser Erfahrungen
und schließlich die Übertragung in andere Domänen
und deren ergänzende strukturelle Elaboration werden
und können sich nicht zufällig und unvorbereitet
ereignen, sondern bedürfen der sorgfältigen Anbahnung
und Begleitung durch didaktische Experten und der vorherigen
wissenschaftlichen Analyse der grundlegenden curricularen
Strukturen.
Festzuhalten bleibt aus unserer Sicht, dass einerseits eine
berufliche Grundbildung nicht durch eine abstrakt angelegte
vertiefte Allgemeinbildung ersetzt werden kann und andererseits,
dass anspruchsvolle berufsbezogene Lernprozesse immer auch
geeignet sind, Lernprozesse für andere Domänen zu
fördern und vorzubereiten, so dass auch die berufliche
Erstausbildung als Schritt für ein lebenslanges Lernen
über den beruflichen Bereich hinaus verstanden werden
kann und profiliert werden sollte.
Es ist vollkommen unbestritten, dass angesichts einer sich
dynamisch verändernden Lebens- und Berufswelt Prozesse
der Weiterbildung zunehmend an Bedeutung gewinnen, und es
gibt Stimmen, die in einer Weiterbildungsgesellschaft die
berufliche Erstausbildung für letztlich obsolet halten.
Alle relevanten Fähigkeiten und Kenntnisse wären
"on-the-job" zu erwerben, allgemeine Lernfähigkeiten
und andere kognitive und motivationale Voraussetzungen wären
in der Allgemeinbildung zu vermitteln. In diachroner Perspektive
ist also nach dem Verhältnis von Erstausbildung und Weiterbildung
zu fragen.
Lässt man die extreme Annahme einer vollständigen
Substitution der beruflichen Erstausbildung durch Allgemeinbildung
und Weiterbildung unter Hinweis auf die Argumente im vorigen
Abschnitt außer Acht, so bleibt die Frage nach der spezifischen
Funktion der Ausbildung im Verhältnis zur Weiterbildung
sowie die Frage nach der angemessenen Breite bzw. Enge der
Berufsausbildung.
Wir gehen von der These aus, dass die steigende Bedeutung
der Weiterbildung vor allem anderen ein Indiz für den
wachsenden Qualifikationsbedarf in breiten Bereichen des Beschäftigungssystems
ist. Hierauf ist nicht mit einem Ersatz der Erstausbildung
durch die Weiterbildung angemessen zu antworten, sondern viel
eher mit der Frage, wie im Zuge einer Erstausbildung die Voraussetzungen
dafür geschaffen werden können, dass die Bereitschaft
und die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen und selbstgesteuerten
Weiterentwicklung der eigenen Kompetenz gefördert werden
und dass für diese Prozesse eine angemessene Wissensbasis
geschaffen wird. Mit anderen Worten: Die Erstausbildung wird
nicht verschwinden und sie wird vermutlich auch nicht wesentlich
an Bedeutung verlieren, aber sie wird ihre Funktion ändern
und damit auch ihr inhaltlich-methodisches Profil (vgl. auch
DOSTAL 2000; BAETHGE 2001). Berufsfertigkeit wird kaum länger
Ziel der Berufsausbildung sein können, sondern sie -
und hierbei beziehen wir uns besonders auf die Berufsschule
- wird sich stärker darauf konzentrieren müssen,
systematisch in einen Beruf und die damit korrespondierende
sachliche Domäne einzuführen, erste Berufserfahrungen
zu eröffnen und zu reflektieren und schließlich
u. a. auch die Fähigkeit und die Bereitschaft zur permanenten
Weiterbildung zu gewinnen. All dies dürfte sich übrigens
nur noch in wenigem von dem unterscheiden, was im Hinblick
auf die Verleihung der Hochschulreife als allgemeine Studierfähigkeit
bezeichnet wird.
Um nunmehr im Hinblick auf diese propädeutische Funktion
der Erstausbildung für lebenslanges Lernen fundiertere
Aussagen treffen zu können, wäre es erforderlich,
zunächst weitere Klarheit über Ziele, Inhalte und
Organisationsformen der Weiterbildung zu gewinnen. Wir stoßen
hier wieder auf den unter dem Aspekt der Beruflichkeit behandelten
Fragenkomplex, speziell auf die Frage, ob denn angesichts
denkbarer oder gar zu erwartender stark individualisierter
Weiterbildungscurricula nicht von vornherein jede Möglichkeit
auszuschließen sei, hierauf im Zuge obligatorischer,
einheitlicher Lernangebote vorzubereiten. Allenfalls allgemeinste
Fähigkeiten und Fertigkeiten könnten als gemeinsamer
Nenner bleiben und eben diese wären angemessener im allgemeinen
Schulwesen zu vermitteln.
Wir halten diese Argumentation für falsch. Auch bei
stark individualisierten beruflichen Weiterbildungspfaden
wird es einerseits zumindest für eine überwiegende
Gruppe der beruflich Tätigen strukturell vergleichbare
Qualifikationsanforderungen auf Berufsfeldbreite geben: Orientierungsfähigkeit
in wirtschaftlichen Systemzusammenhängen etwa als Grundlage
selbstständiger, teamorientierter Aufgaben- oder Fallbearbeitung,
weiterhin die Ausbildung grundlegender Einstellungen, Werthaltungen
und Attitüden oder schließlich selbstorganisiertes
Lernen unter Einbeziehung der neuen Informationsnetze als
methodisches Prinzip. Komplementär dazu wird es zugleich
auch domänenspezifisch weiterhin einen gemeinsamen inhaltlichen
Kern beruflicher Kompetenz geben. Diesen zu identifizieren
wäre eine zentrale Aufgabe (wirtschafts-)beruflicher
Curriculumforschung, weil hierauf bezogen zum einen breit
interessierende Weiterbildungsangebote zu konzipieren wären,
zum anderen aber vor allem auch, weil auf dieser Grundlage
inhaltliche Schwerpunkte der Erstausbildung zu definieren
wären.
Beispiele für solche inhaltlichen Kerne ökonomischer
Kompetenz (nicht nur im beruflichen Bereich) könnten
sein:
· die Fähigkeit zum vernetzten Denken in ökonomischen Systemzusammenhängen unter Nutzung einer komplexen fachlichen Wissensbasis sowie methodischer Ansätze zur Systemanalyse und -modellierung;
· die Förderung der Bereitschaft und der Fähigkeit zum marktchancenorientierten Handeln unter kalkuliertem Risiko (Entrepreneurship);
· die Relativierung klassisch-ökonomischer Rationalitätskriterien unter Aspekten der langfristigen Systemstabilisierung, der sozialen Verantwortung und/oder des Prinzips der Nachhaltigkeit
Der Versuch einer Identifikation derartiger Kerne weist weitgehende
Parallelen zur Frage nach der Substanz kategorialer Bildung
auf; er ist jedoch nicht über allgemeine bildungstheoretische
Reflexionen zu beantworten, sondern nur domänenspezifisch
unter Berücksichtigung fachwissenschaftlicher Paradigmen,
Theorien und Begriffssysteme sowie unter Beachtung des Normensystems
und des Erfahrungswissens der beruflichen Praxis. In diesem
Sinne wäre die Suche nach kategorialen Strukturen einer
Praxisdomäne als ein im Kern zwar hermeneutischer, jedoch
im Ablauf wesentlich auf empirische und ideologiekritische
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