Wir kennen Willi als ausgesprochen gründlichen und verlässlichen
Mann. Dass er aber als jemand, der nun wirklich viel auf Reisen
geht, stets seine Sachen kurz vor der Abreise packt und selten
ohne Hektik auf und davon eilt, können wir uns gar nicht
vorstellen. Aber die Gattin weiß das. Sie kann sich
gut erinnern, dass er selbst bei der auf ein Jahr angelegten
Saudi-Arabien-Tour wieder in letzter Minute packte. Dazu hatte
er noch eine blendende Idee: Seewasserfeste Tonnen, in die
viel hineinpasst, auch wenn man gar nicht mit dem Schiff,
sondern mit dem Flugzeug unterwegs sein wird (vielleicht,
dass bei einem Absturz über dem Meer wenigstens die Brandschen
Tonnen gerettet werden?). Nun haben diese Tonnen eine gewisse
Ausdehnung - jedenfalls ging die Kofferraumklappe des Autos
von Freund Weidrich nicht zu.
Das kam der Polizei verdächtig vor. Ihr schwante wohl
illegale Müllentsorgung. Sie schnappte die beiden mit
ihrer seltsamen Ladung auf der Autobahn und lotste sie auf
den Rastplatz Harburger Berge. Gut, dass Willi so einen ehrlichen
Eindruck macht; sonst wäre er wohl kaum noch rechtzeitig
zum Flughafen gelangt. Apropos rechtzeitig: Die Maschine war
nur noch zu erreichen, indem der Kleiderwechsel flott vonstatten
ging. Der war nämlich mangels Zeit von der Wohnung zum
Flughafen verlegt worden - und nun passte das auch wieder
nicht in den Zeitplan. Jedenfalls kamen die Fluggäste
in den Genuss (?) eines Striptease auf dem Flughafen... typisch
Willi?
Willi ist ein Mensch, der wie viele andere auch in gewisser
Weise an seinem Leben hängt. Das kann man auf Segelreisen
ganz plastisch beobachten. So schnallte er bei Windstärke
6 im schwedischen Västervik-Fjord seine Rettungsweste
an die Reling und legte sich - vielleicht war ihm auch nicht
ganz wohl - auf die Bordwand neben dem Cockpit unseres rund
10 m langen Charterbootes. Zum Glück sind Kreuz-Achterwellen
selten, aber wir erwischten ein, besser: Uns erwischte ein.
Eine derartige Welle kommt von hinten auf das Schiff zu und
bricht sich dann über dem Cockpit.
Das Wasser ergießt sich in den Innenraum des Schiffes.
Wenn man dann nicht so reaktionsschnell wie unser Mitsegler
Werner ist und sofort das Focksegel losreist, taucht das Boot
mit der Nase (sie heißt beim Schiff natürlich "Bug")
nach unten in´s Wasser. Wenn man Glück hat, richtet
sich das Boot in der Längsachse wieder auf, wenn nicht
--- na, ja. Wir waren jedenfalls froh, dass nicht Schlimmeres
passiert war, außer dass sich wohl ein halber Kubikmeter
Wasser jetzt im Boot befand. Aber Willi hatte es doch erwischt:
Die automatische Rettungsweste hatte sich aufgepumpt und er
sah aus wie ein Holländischer Kaufmann im 17. Jahrhundert....typisch
Willi?
Kürzlich saß Willi mit Konrad Mager, dem Oberösterreicher
aus dem Berufsbildungs- und Rehabilitationszentrum Linz, und
Dr. Henning Hallwachs, dem Geschäftsführer des Hamburger
Beruflichen Trainingszentrums für psychisch behinderte
Menschen, zu einem Arbeitsgespräch in einem Lokal. Willi
und Konrad kennen sich schon lange - und duzen sich. Willi
und Henning kennen sich zwar noch nicht ganz so lange, aber
sie duzen sich auch.
Nur Konrad und Henning kennen sich noch nicht so richtig (lange)
- und siezen sich. Also brachte Willi das Gespräch darauf
mit der Bemerkung: "Ich bin ja wohl der älteste
unter uns." Die Nachfrage von Henning erbrachte allerdings
den Gegenbeweis: Willi musste eingestehen, dass er erst 60
wird, der Fragesteller war es schon seit ein paar Wochen.
Das ist eines von Willis typischen Komplimenten, oder ...?
Wenn wir, Willi und ich, telefonieren, dann tun wir das meist
sehr ausführlich. Manchmal reicht selbst das Erreichen
der häuslichen Haustür nicht, um ein Gespräch
zu beenden. Ich kann mich an viele Situationen erinnern, in
denen ich draußen vor der Haustür im Auto saß,
längst angekommen, und immer noch munter weiter telefonierte.
Gelegentlich stand dann auch meine Frau im Türrahmen
und wunderte sich irgendwie. Denn - festgeklemmt konnte ich
ja wohl kaum sein. Bei einem dieser Telefonate, geführt
an einem Samstagmorgen, wollte ich, musste ich das Gespräch
beenden, weil wir uns noch ein Fahrrad anschauen wollten.
Bei einem Händler in unserer Gegend, denn ein paar Wochen
zuvor war mein gutes Mountainbike von einem Schlepper-Ring
gestohlen geworden: 30 Fahrräder in einer Nacht, wie
die Polizisten zu berichten wussten. Als Willi hörte,
dass ich auf ein neues Fahrrad aus war, fragte er, ob ich
nicht seins kaufen wolle. Er habe sich ein neues Klapprad
bestellt,
und wolle sich nun von seinem trennen. Ihm sei das zu groß.
Man muss dazu wissen, dass Willi etwa 4 cm größer
ist als ich, aber das meiste davon geht auf den Oberkörper
- so dass man den Leuten, die hinter ihm sitzen, keinen Gefallen
tut, wenn man Willi ins Theater oder Kino einlädt. Kurzum:
Ich bin statt zum Händler zu Willi gefahren. Der Sattel
musste nicht einmal verstellt werden. Wir fuhren eine Proberunde,
er mit dem neuen englischen, topzerlegbaren Minirad, ich mit
seinem 28´´er, und ich wusste, dieses Fahrrad
würde meins werden sollen. Neupreis vor wenigen Jahren
1.850 DM. Willi wollte dafür 150 €; ich bot ihm
300 €. Ob Sie es glauben oder nicht, ich musste das Rad
zum halben Preis kaufen - Willi war nicht bereit, einen höheren
Betrag anzunehmen. So ist er. Und heute sagen die Leute, wenn
sie ihn mit seinem Mini-Klapprad in Winsen herumradeln sehen,
für mehr als so ein kleines billiges Ding hat es beim
Professor Brand wohl nicht gereicht. Ich glaube nicht, dass
ihn das stört, denn die ganze Aktion ist doch ohnehin
....typisch Willi, oder?
Einmal fiel der Motor seines Segelbootes aus. 7 m lang, mit
Freund Fritz Weidrich und ihm unterwegs. Mitten auf der Ostsee.
Ohne Wind. Sofort fing Freund Weidrich an, einen Benzinkanister
zu suchen. Auf Anhieb fand der Freund keinen vollen Kanister.
"Willi," fragte er daraufhin, "wo ist das Benzin?".
Die Antwort war kurz und trocken: "An Land".
Wir haben ein Bild von Willi, das ihn mit seiner Cousine
zeigt. Die beiden sich wie Geschwister aufgewachsen. Nun ist
das nicht immer ein Merkmal für Einvernehmen. Willi wollte
den Roller der Cousine haben. Sie wollte ihn aber nicht hergeben,
wir kennen das aus vielen Familien. Der Streit drang an der
Tante Ohren. Sie zerbrach daraufhin den Roller in zwei Teile.
Jeder bekam eine Hälfte. Das war wohl das, was die beiden
am wenigsten wollten und objektiv gesehen auch am wenigsten
brauchen konnten. In einer ähnlichen Situation hat ja
bekanntlich Salomon mit der Teilung eines Säuglings gedroht
- und auf diese Weise die rechtmäßige Besitzerin
(das ist die Amtsdeutsch-Bezeichnung für "Mutter")
heraus gefunden. Die Tante war im Gegensatz zu König
Salomon im Besitz der Wahrheit; ob sie weise war oder nicht,
ist nicht bekannt. Jedenfalls finden wir hier vielleicht tiefenpsychologisch
betrachtet eine Erklärung für Willis Friedfertigkeit
und Hilfsbereitschaft. "Fragen Sie Lebensberater Brand."
Es selbst ist sich seines Helfersyndroms bewusst, zum Glück
hat er keine Absichten geäußert, es aufzugeben.....
Man kann sich einen Urlaub in England gut vorstellen: Cornwall
am Strand mit hoher Dünung. Hier zerrt und schiebt der
Atlantik an Großbritannien vorgelagerter Südwestecke.
Dort lohnt sich Wellenreiten, und unser sportlicher Willi
wollte auch auf das schmale Brett. Nun ist das für diejenigen,
die dort nicht geboren oder schon 20 Jahre ansässig und
nicht mehr als 10 davon anderweitig gelebt haben, ein schwieriges,
weil sehr ungewohntes Vorhaben. Ehefrau Heinke dachte gut
daran zu tun, Willi mitsamt schmalem Brett - unter dem Arm
natürlich, weil Willi auf Brett auf Sand ja doch albern
aussieht - vor dem Ernstfall in oder besser auf dem Wasser
fotografieren. Sie hatte auch Angst um die Kamera, wenn sie
diese im Wasser benutzte, was ja nicht ausschließt,
dass sie auch Angst um Willi hatte. Willi wollte natürlich
nicht auf dem Land fotografiert werden, sondern in voller
Aktion auf dem Brett auf dem Wasser. Erhobenen Hauptes stolzierte
er mitsamt Brett zu seinem Trainer, um die erste Stunde zu
nehmen. Der sah Willi prüfend an, beugte sich dann zu
einem Mitstreiter und flüsterte, unhörbar für
Willi, aber doch laut genug für Heinkes Ohren:"It´s
goin´ to be a hard day today."
Musik verbunden, spielte Posaune im Bläser-Kurrende
in Hamburg. Nimmt Gesangsunterricht, um Stimme zu trainieren
und Lust an der Musik zu befriedigen. "Herrn Pastor si´n
Kau" geschmettert. In der Kirchengemeinde engagiert,
Wassersportler.
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