wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 

Beitrag von Wolfgang Seyd
 

Über die Person Willi Brand

Willi Brand würde nicht gewollt haben, dass wir soviel "Geweses" um seine Person machen. Zu unserem Glück haben wir ihn erst gar nicht gefragt. Und am Ende wird es ihn doch ein wenig freuen, dass wir ihn einmal zur Hauptperson gemacht haben, den Geschäftsführenden Direktor des Instituts für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Hamburg.

Willi Brand wurde am 29.9.1943 geboren, als deutsches Kind im österreichischen Wien. Er ist ein Kriegs-Einzelkind. Seine Mutter war Wienerin mit Vorfahren tsche-chischer Herkunft, der Vater Westfale, ein Elektriker, Flugzeugprüfer und Schlosser. Im Herbst 1945 siedelte die Familie nach Minden über, wo eine gleichaltrige Kusine mit Willi geschwisterlich aufwuchs (siehe Foto). Der kleine Willi wurde in die ein-klassige Dorfschule in Minden-Holzhausen II eingeschult.

Von dort wechselte er zum Bessel-Gymnasium nach Minden über, was für ein Arbei-terkind damals alles andere als eine Selbstverständlichkeit war. Der Schulbesuch gefiel Willi so gut, dass er die 12. Klasse sehr gründlich, sprich: doppelt besuchte, sich trotz der Hilfe des guten Onkels aus Wien schließlich angewidert von den alten Sprachen abwandte und dann das Abitur mit Englisch, seiner Lieblingssprache, bes-tens meisterte.

Schon in der Obersekunda reiste Willi begeistert nach England und Schottland und schwärmte seinen Klassenkameraden von den dortigen Landschaften vor, z.B. von der Insel "Skye", die zu den Hybriden zählt. Auch Skandinavien war schon früh sein Reiseziel. Bei dem raschen Erlernen der neuen Sprachen (später auch in Schwe-disch-Kursen und anderen Sprachstudien) zeigte sich bereits sein Talent, das dem späteren Professor bei zahlreichen Auslandsaktivitäten sehr zustatten kommen soll-te. Das Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Ham-burg schloss sich an. Das Referendariat mied der examinierte Wirtschaftspädagoge, eine Assistentur bei Prof. Reetz war deutlich attraktiver. Diese Tätigkeit krönte er mit seiner Promotion im Jahre 1975 (Titel siehe Veröffentlichungsverzeichnis).

Zurück zum Familiären. Im August 1967 heiratete der Student Willi Brand die Bre-merin Heinke Bischoff, Lehrerin in der Grundschule "An der Gethe" und wohnte mit ihr im schönen Bremer Stadtviertel Schwachhausen. Die beiden ließen sich in der Alt-Hastedter Kirche trauen, einer Familienstammkirche der Braut, in der ihr Urgroß-vater Pastor gewesen war und ihre Verwandten Kirchenvorsteher waren.

In Bremen blieb die junge Familie bis 1971 ansässig, was den Familienvater zum Pendler mit "Bude" in Hamburg machte und die junge Ehe zu einer Wochenend-Ehe. Dennoch gingen aus ihr 3 Kinder im Zwei-Jahres-Abstand hervor: Silke (1968), Ute Christine (1970) und Arwed Christian (1972). Im Jahre 1971 ereilte die Familie ein bitterer Schicksalsschlag, prägend bis heute: Ute stark im Alter von nur 4 ½ Monaten am "plötzlichen Kindstod". Familie Brand zog später durch Vermittlung der Eltern 1971/72 um nach Winsen an der Luhe.

Im Elsternweg Nr. 17 wohnen die Brands nun seit über 30 Jahren im selben Heim, mit vor 2 Jahrzehnten dazugekaufter zweiter Wohnung unmittelbar über der ersten, einer Maisonette mit großem Arbeitszimmer im Obergeschoss, liebevoll "Turm" ge-nannt. Tochter Silke verließ dieses Heim bereits 1987 - reiselustig wie ihr Vater - und lebt seit 1999 in Polen, derzeit im ostpreußischen Allenstein.


Ich bin Willi Brand 1970 zum ersten Mal begegnet. Er war Assistent, ich war Student. Im Amerika-Haus saßen wir 40 Studenten in Reih und Glied, der junge Assistent lief an der Seite auf und ab und sprach unaufhörlich auf uns ein: Ein frontales Seminar, dem ich wegen seiner eigenwilligen didaktischen Prägung alsbald entfloh, völlig anders gestaltet als heutige, eben handlungsorientierte Brand´sche Lehrveranstaltungen. Zum 1.2.1978 wurde Willi Brand zum Professor an der Universität Hamburg berufen, ein paar Tage vor mir. Wir sind seither das, was man mit Kollegen im eigentlichen Sinne meint: bei der gleichen Firma angestellt und beseelt von gegenseitiger Unterstützung, manchmal auch gegenseitiger Ausbeutung. Wir haben - vorübergehend - ein Zimmer geteilt, waren oft gemeinsam segeln, teilen unsere Didaktik-Vorstellungen und verfügen über sage und schreibe 10 Jahre gemeinsame Forschungserfahrungen in Projekten, in denen wir zwar nicht die berufspädagogische Welt, aber das didaktische Konzept der Berufsförderungswerke als zentralen Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen verändert haben. Unsere als Mitglieder des Instituts für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Hamburg mit zahlreichen Mitarbeitern (siehe Veröffentlichungsverzeichnis) durchgeführten Forschungsprojekte waren:

· von 1992 - 1995 der Modellversuch "Neue Büroberufe". Entwicklung von Um-schulungskonzeptionen für die neugeordneten Büroberufe "Bürokauf-mann/Bürokauffrau" und Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation" und von einer Konzeption für die Ausbilderqualifizierung. Das Projekt war angesiedelt bei der Deutschen Angestellten-Akademie und wurde vom Bundesinstitut für Berufsbildung finanziert.
· von 1995 - 1998 das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Ganzheitlich re-habilitieren, Lernsituationen handlungsorientiert gestalten." Das Vorhaben mit der einprägsamen Abkürzung gbRE ("ganzheitliche berufliche Rehabilita-tion Erwachsener - handlungsorientierte Gestaltung von Lernsituationen in Berufsförderungswerken") wurde von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Be-rufsförderungswerke getragen und finanziert.
· von 1998 - 2002 das Transferprojekt "Ganzheitliche Rehabilitation in Berufs-förderungswerken", wiederum finanziert von 26 Berufsförderungswerken und der zugehörigen Bundes-Arbeitsgemeinschaft.

Die Projekte waren auch Reiseprojekte. Wer etwas wirklich verändern will, muss den Schreibtisch verlassen und in die Berufs(pädagogik-)Welt hinausziehen. Er muss "vor Ort" wirken. Willi Brand hat einmal errechnet, dass er in einem Jahr an 80 Ta-gen zwar nicht "um die Welt", aber immerhin in Deutschland im Rahmen des GbRE-Projektes unterwegs gewesen ist.

Willi Brand ist nicht nur hochengagiert, sagenhaft fleißig, ungemein verlässlich, ü-beraus rechtschaffen, irre effektiv, menschlich grundanständig, seinen Studenten "so was von zugewandt", äußerst hilfsbereit ("mein Helfersyndrom"), echt humorig (siehe Rubrik "Typisches"), sondern auch noch reiselustig. Während diese Zeilen entstehen, befindet er sich in Mazedonien, im Rahmen des sogenannten Balkan-Projektes (Günter Spreth weiß da Näheres), während ich sie mit Hilfe Gattin Heinkes überarbeite, weilt er im vietnamesischen Hanoi. Ein paar Wochen zuvor war er in Bulgarien, auch in Rumänien, soweit ich weiß. In Libanon weilte er 2001 und 2002 im Auftrag der GTZ, zwei Reisen führten ihn nach Beirut (Syrien), in Saudi-Arabien war er 1989/90 ein knappes Jahr für die GTZ tätig, Kontakte hat er mit dem Jordan Hill Collage in Glasgow gepflegt, mit einer Institutsdelegation war er 1993 in Finn-land, Chinesen und kürzlich Vietnamesen waren bei ihm zu Besuch, ein Gegenbe-such steht an ...

Einen vollständigen Überblick über seine Reisetätigkeiten werden wir kaum ohne seine genaue Buchführung erreichen. Das ist auch gar nicht nötig, um behaupten zu können: Die Tätigkeiten im arabischen Raum haben ihn sehr fasziniert und geprägt; Willi Brand schöpft einen Teil seiner Identität aus seinen Auslandskontakten - und erklärt auch das als Produkt seines Helfersyndroms. Möge ihm das, möge er uns noch lange erhalten bleiben! Danke, Willi, freundlicher Kollege und kollegialer Freund!

Wolfgang Seyd