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 bwp@ Profil 2 | 14. Januar 2009
Akzentsetzungen in der Berufs- und
Wirtschaftspädagogik

Holger Reinisch wird 60 und Wegbegleiter schreiben zu seinen Themen

Herausgeber: Andreas DIETTRICH, Dietmar FROMMBERGER & Jens KLUSMEYER

Berufsbildung in der Zeit der Reformpädagogik – 1890-1933

 

1.  Einleitung

In der Bildungspolitik und -praxis ist „Reformpädagogik“ bis heute ein Inbegriff für eine menschenfreundliche, offene und zwanglose Pädagogik. Insofern ist der Begriff auch in aktuellen Programmatiken positiv besetzt und verspricht subjektive Entfaltung in einem pädagogischen Freiraum. Die Zeitspanne, in der in der erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Diskussion von „Reformpädagogik“ oder „reformpädagogischer Bewegung“ die Rede ist, erstreckt sich von 1890 bis 1933. Ab 1890 öffnete sich dem Anspruch nach das Bildungswesen für alle Kinder und Jugendliche, für Frauen und für benachteiligte Menschen. Eine Vielzahl von Reformvorhaben, vom Kindergarten bis zur Universitätsbewegung, von der Pflichtschule bis zur Erwachsenenbildung, in höherer Schule und Berufsbildung führte dazu, dass sich das Bildungswesen ausdifferenzierte, dass sich die Lehrpläne und die Unterrichtsmethoden änderten und das neu über die Lehrerrolle nachgedacht wurde. All dem lag ein verändertes Menschenbild zugrunde, das eine Antwort auf die als unmenschlich empfundene Modernisierung der Gesellschaft war: Entwicklung der Persönlichkeit, Erfahrung des Selbst, Erziehung zur Ganzheit, Förderung des Gemeinschaftslebens und des sinnvollen Schaffens waren die reformpädagogischen Leitbilder (TENORTH 1992).

Zentrale reformpädagogische Handlungsfelder im Bildungsbereich dieser Zeit waren das allgemeinbildende Schulwesen und die Erwachsenenbildung. Der Stellenwert der ebenfalls in dieser Phase sich ausdifferenzierenden Berufsbildung ist demgegenüber nicht eindeutig. Denn einerseits wandte sich die Reformpädagogik genau gegen das, was zumal aus industrieller, arbeitwissenschaftlicher und arbeitspädagogischer Sicht sowie nicht zuletzt aus weiten Teilen der Fortbildungs- und Berufsschulpolitik die Bedeutung der Berufsbildung begründete: die ökonomisch und technisch bedingten Veränderungen in der industriellen Arbeitswelt. Als Phase der Vorbereitung auf die reale Berufs- und Arbeitswelt galt aus dieser Sicht eine an industrietypischer Modernisierung sich orientierende Berufsbildung als utilitär und damit als enthumanisierend. Andererseits wurde Berufsbildung dort als ein reformpädagogisches Handlungsfeld gesehen, wo die damalige von der industriellen Arbeitswelt weitgehend abstrahierende kulturphilosophisch orientierte Berufsbildungstheorie an reformpädagogische Grundsätze anknüpfte bzw. diese mit formulierte.

Mit dem folgenden Beitrag wollen wir in einigen Fragmenten auf die besondere Rolle beruflicher Bildung in der Phase ihrer Ausgestaltung und Institutionalisierung hinweisen, auf die Komplexität und die Widersprüche, die der Tatsache geschuldet waren, dass sie sowohl auf ideeller, politischer und praktischer Ebene in die Verfechtung gesellschaftlicher Interessen und Ziele einbezogen war. Dieser – wenn auch fragmentarische – historiographische Rückblick verdeutlicht nicht nur, dass es nicht die reformpädagogische Phase der Berufsbildung gab. Zudem zeigt er die aktuelle Hypothek des beruflichen Schulwesens, die Kontinuität betrieblicher Autonomie bei der Steuerung und Gestaltung ihrer Berufsbildung sowie die Durchsetzungsschwierigkeiten alternativer Konzepte der beruflichen Bildung Jugendlicher.

Beginnen wollen wir den Text mit den berufsbildungstheoretischen Impulsen für den Ausbau beruflicher Bildung, die bereits durch Differenzen im Hinblick auf gesellschaftstheoretische Vorstellungen gekennzeichnet waren. Daran anschließend geht es darum zu zeigen, wie unterschiedlich und je nach interessenpolitischer Vorliebe die pädagogischen Leitbilder der Reformpädagogik im Diskurs und in der Praxis beruflicher Bildung interpretiert und funktionalisiert wurden. Nach einer kurzen Skizze von Phasen und Paradoxien der beruflichen Bildung in der Reformpädagogik, die überblicksartig die chronologische Heterogenität der Berufsbildungsgeschichte innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne verdeutlich, geht es im Kern dieses Beitrags um die Widersprüche und den sukzessiven Verfall des Berufsschulwesens im Laufe der reformpädagogischen Epoche, im Vergleich zur betrieblichen Bildung. Lediglich ein kleiner, aber in seiner Durchsetzung chancenloser Bereich hatte eine zumindest ideell starke Nähe zur Reformpädagogik: die Arbeits- und Produktionsschulen.

2.  Berufsbildungstheoretische Impulse

Die Phase der Reformpädagogik kann als eine Zeitspanne betrachtet werden, innerhalb derer die Berufsbildung ein eigenes Profil entwickelt hat. (GEORG/ KUNZE 1980, 19ff.) Hierzu haben die zeitlich zusammen fallenden und sich gegenseitig beeinflussenden ideen- und realhistorischen Entwicklungen beigetragen, die zu intensiveren theoretischen und programmatischen Auseinandersetzungen mit der praktizierten Berufsbildung geführt haben.

Der Begriff der Berufsbildung avancierte im Kontext der berufsbildungstheoetischen Auseinandersetzungen um die Aufhebung der Trennung von Allgemeinbildung und Berufsbildung. „Seit Pestalozzi und Fichte, Humboldt und Süvern gilt es in Deutschland als heiliger Grundsatz, daß die eigentlichen ‚Schulen' streng allgemeinbildend sein müssten, und daß die Berufsbildung sich erst auf ihrer Grundlage aufzubauen habe.“ (SPRANGER 1929, 33) Ausgangspunkt hierfür war die von WILHELM VON HUMBOLDT postulierte Separierung der Allgemeinbildung von der Berufsbildung: „Alle Schulen aber, deren sich nicht ein einzelner Stand, sondern die ganze Nation, oder der Staat für diese annimmt, müssen nur allgemeine Menschenbildung bezwecken. Was das Bedürfnis des Lebens oder eines einzelnen seiner Gewerbe erheischt, muß abgesondert, und nach vollendetem allgemeinem Unterricht erworben werden. Wird beides vermischt, so wird die Bildung unrein, und man erhält weder vollständige Menschen, noch vollständige Bürger einzelner Klassen.“ (HUMBOLDT 1903, 276 f.) Im Zuge der reformpädagogischen Bewegung mit ihrem Anspruch der Modernisierung von Strukturen, Leitbildern und Inhalten von Bildungsprozessen galt die Trennung der Allgemeinbildung von der Berufsbildung als pädagogisch nicht mehr zeitgemäß – insbesondere dann, wenn es darum ging, die sich zu dieser Zeit herausbildende Berufsschule in den Rang einer Bildungsstätte zu befördern.

GEORG KERSCHENSTEINER hob in seinem Aufsatz „Berufs- oder Allgemeinbildung?“ (KERSCHENSTEINER 1904) die Dichotomie dieser beiden Bildungsstränge auf und insistierte darauf, dass beide miteinander „innerlich verknüpft“ seien und deshalb „zu einer völligen Einheit zu verschmelzen“ wären. Der Beruf sollte zum Medium jener „Bildung“ werden, an die die auf den Menschen bezogene Bildung anzuknüpfen habe: „Wenn wir nun darüber einig sind, daß der wahre Mensch ein nationales Produkt ist, und zwar sowohl in der Idee als auch in der Wirklichkeit, daß die klare Tiefe seiner Einsicht und die Sicherheit seines Könnens, die zarte Empfänglichkeit seines Gemüts, die Festigkeit seines Willens und die bezähmte Kraft seiner physischen Natur vor allem in den Beziehungen zu seinen Volksgenossen zum Ausdruck kommen muß, so wird es möglich sein, daß wir in der Bildungsfrage jene Lösung finden, die den durchaus nicht innerlich begründeten Streit zwischen Berufs- und Allgemeinbildung aufhebt. [...]. Der Weg zum idealen Menschen führt nur über den brauchbaren Menschen [...]. Die Berufsbildung steht an der Pforte zur Menschenbildung". (Ebd.) Diese Aufhebung der Entgegensetzung von Allgemeinbildung und Berufsbildung über die kulturpädagogisch-ethische Bewertung des Berufs war Kernstück der in der Zeit der Reformpädagogik insbesondere von GEORG KERSCHENSTEINER (1854-1932), EDUARD SPRANGER (1882-1963), ALOYS FISCHER (1880-1937) und THEODOR LITT (1880-1962) entwickelten Berufsbildungstheorie.

Bei allen Differenzen war diesen Berufsbildungstheoretikern das Bestreben gemeinsam, der Bildungskraft des Berufs Anerkennung zu verschaffen und damit der beruflichen Bildung gesellschaftliche Wertschätzung einzutragen; ihrer Meinung nach war Persönlichkeitsbildung nur mit dem und durch den Beruf zu erlangen. So insistierte EDUARD SPRANGER darauf: „Der Weg zu der höheren Allgemeinbildung führt über den Beruf und nur über den Beruf.“ Berufsbildung wurde dabei weniger als praktische Notwendigkeit in der hochindustrialisierten Gesellschaft gesehen, sondern vielmehr als eine zentrale Voraussetzung der „Menschenbildung“, wobei das „persönliche Bildungszentrum“ an den „inneren Beruf“ (SPRANGER 1929, 35) anknüpfen sollte. Dieser „innere Beruf“ sei aber nicht deckungsgleich mit dem „Beruf im soziologischen Sinne“ (Ebd.), der „Produkt historisch-gesellschaftlicher Entwicklung und nicht einfach Ausdruck eines individuell begabten Seelentypus“ (ebd.) sei.

Die Realitätsferne der damaligen Berufsbildungstheorie gehörte zu einem zentralen Kritikpunkt insbesondere in Kreisen der Mitglieder des 1919 gegründeten Bundes Entschiedener Schulreformer. Ihre Kritik konzentrierte sich in erster Linie auf die ethische Überhöhung des Berufs, die Ignoranz KERSCHENSTEINER gegenüber den Entwicklungen in der industriellen Arbeitswelt und ihren Einfluss auf die Berufsbildung. ANNA SIEMSEN – Sozialdemokratin, Mitglied des Bundes Entschiedener Schulreformer, Mitarbeiterin im Preußischen Volksbildungsministerium in Berlin und später Leiterin des Berufs- und Fachschulwesens in Düsseldorf und danach in Thüringen – opponierte gegen die Realitätsferne des kulturphilosophischen Berufsverständnisses und dagegen, dass der Beruf genau zu der Zeit „als Bildungszentrum“ anerkannt würde, „wo er allgemein zum bloßen Erwerb zusammengeschrumpft, für weiteste Kreise nicht einmal die primitivste Funktion der Lebenssicherung erfüllt.“ (SIEMSEN 1926, 123) Und weiter: „Kerschensteiners und Sprangers Versuche, den Beruf innerhalb der heutigen Gesellschaft als Mittelpunkt der menschlichen Wirksamkeit zu fassen, von da aus den Menschen als Staatsbürger und als Persönlichkeit zu bestimmen, haben starke praktische Auswirkungen gehabt. Jeder Versuch aber, die Erziehung aus dem heutigen Beruf, dem zufällig ergriffenen reinen Erwerbsberuf der kapitalistischen Wirtschaft, zu bestimmen, führt zu so grellen Widersinnigkeiten, daß gerade von diesen Versuchen aus die Umgestaltung unserer Wirtschaft als eine Erziehungsfrage, der Sozialismus als eine schul- und erziehungspolitische Forderung erscheint. Erwerbsberuf der freien Wirtschaft und Menschentum der freien Persönlichkeit erscheinen als unlösbare Gegensätze. Da das Dasein des Menschen innerhalb der Gesellschaft aber durch den Beruf bestimmt wird, so ist die Umwandlung des Berufs die menschlich unumgängliche Forderung jeder Erziehungsreform." (Ebd., 19) Ausgenommen aus dieser Kritik war ALOYS FISCHER: Ähnlich wie ANNA SIEMSEN, allerdings weniger mit politischer Intention, formulierte auch er seinen nüchternen Berufsgedanken mit engem Bezug zu den Größen Wirtschaft und Arbeit. (FISCHER 1918, 1928) Vor diesem Hintergrund betrachtete er auch die berufsschulische Bildung. Insgesamt unterschied sich sein Ansatz „von Kerschensteiners Berufspädagogik durch eine relative Modernität und von Sprangers Konzept durch die größere Prägnanz, mit der sowohl die Berufsbildungs- als auch die Berufsschulfrage angesichts einer industriell organisierten Produktionsweise diskutiert werden.“ (WAHLE 1990, 112)

Im politischen und pragmatischen Kontext wurden neben Berufsbildung auch Begriffe wie Berufsausbildung, Berufserziehung und Fortbildung zunehmend verwendet. Komplexität und Uneindeutigkeit der Begrifflichkeiten waren darauf zurück zu führen, dass Berufsbildung einerseits Bezüge zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, wie der Sozialpolitik, dem Erziehungs- und Bildungswesen, der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik hatte und damit andererseits immer in die Lage geriet, für verschiedene Funktionen und Ziele instrumentalisiert zu werden.

3.  Pädagogische Leitbilder und Konzepte in der Berufsbildung

Unabhängig von ideellen und realen Differenzen und Widersprüchen in der Berufsbildung wurden innerhalb der damaligen Berufsbildungstheorie und -politik bestimmte pädagogische Leitbilder reproduziert, die einerseits gesellschaftlich konsensfähig, andererseits politisch funktionalisiert und mit dem Ende der Weimarer Republik zunehmend auch ideologisch radikalisiert wurden. Selbstständigkeit und Befreiung von der traditionellen Erziehung und Bildung, Entwicklung des subjektiven Bildungszentrums, Vergemeinschaftung, lebensnahes und exemplarisches Lernen, Arbeit als didaktisches Zentrum waren die wesentlichen Prinzipien in Theorien und Programmatiken der Berufsbildung – sowohl bei den bürgerlichen Berufsbildungstheoretikern, dem Bund Entschiedener Schulreformer als auch im Kontext betriebspädagogischer Ideologien des Deutschen Instituts für Technische Arbeitsschulung (DINTA).

3.1  Individuum und Gemeinschaft

Jenseits unterschiedlicher Akzentsetzungen innerhalb der „Reformpädagogischen Bewegung“ seit Ende des 19. Jahrhunderts bestand Einigkeit darin, dass das zu Reformierende in der und durch die Pädagogik „die Bewertung des Menschen und der personalen Betrachtungsweise“ sein sollte. (NOHL 1963, 4) Der „Selbstwert des Subjekts“ (Ebd.), die Wahrung organisch gewachsener Einheit, die Wiederherstellung von „Ganzheit“ und Gemeinschaft und die Wiederbesinnung auf das Natürliche gehörten zur reformpädagogischen Programmatik, die den damaligen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen entgegen gesetzt wurde. Diese widersprachen aus reformpädagogischer Sicht dem Humanitätsideal und galten in ihren Auswirkungen als unmenschlich und „entseelend“. Zu diesen Veränderungsprozessen gehörten der Industrialisierungsprozess und die damit verbundene Teilung menschlicher Arbeit, die Urbanisierung, die Trennung von Arbeiten und Wohnen und das Schwinden traditioneller und dörflicher Familien- und Lebensgemeinschaften, die naturwissenschaftliche Aufklärung und die Entwicklung von Spezialwissenschaften mit ihrem Anspruch auf umfassende Erklärung und Naturbeherrschung.

Entsprechend der reformpädagogischen Prämisse – „vom Menschen aus“ – wurde auch in der berufsbildungstheoretischen Auseinandersetzung die Frage nach dem Ausgangspunkt und dem Ideal von Bildungsprozessen angegangen. Mit seinem „Grundaxiom des Bildungsprozesses“ entfaltete KERSCHENSTEINER seinen bildungstheoretischen Gedanken, nach dem die Bildung des Individuums nur durch jene Kulturgüter ermöglicht werde, „deren geistige Struktur ganz oder teilweise der Struktur der jeweiligen Entwicklungsstufe der individuellen Lebensform adäquat ist.“ Anknüpfend an dieses „Grundaxiom“ spricht Spranger vom „persönlichen Bildungszentrum“ – „es beruht auf der vorherrschenden Interessenrichtung. Und diese wieder wurzelt in der besonderen Seelenstruktur des Menschen“ (SPRANGER 1929, 35) – von dem alle Bildungsprozesse auszugehen sei.

Diese am Ideal der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen orientierte Konzeption findet sich in Programmatiken zum schulischen Unterricht, in Reformkonzepten alternativer Schulpolitiker und auch in ideologischen Programmatiken zur Berufserziehung. So wandten sich beispielsweise Vertreter jener pädagogischen Arbeitsbereiche, in denen es um die Frage nach der Pädagogisierung von Arbeit und Betrieb zur Herstellung von „Industriefrieden“ und Steigerung der Leistungen der Arbeiter ging, mit subjektivistisch-sentimentaler Attitüde und einer bemerkenswerten Anthropozentrik dem einzelnen Menschen mit seinen „irrationalen Seelenschichten“ und seinen „Eigengesetzlichkeiten“ zu, wie beispielsweise der Leiter des Deutschen Instituts für technische Arbeitsschulung (DINTA) CARL ARNHOLD: „Der Mensch ist in seiner körperlichen und seelischen Struktur unwandelbaren Eigengesetzlichkeiten unterworfen. Jede Vergewaltigung dieser Eigengesetzlichkeit rächt sich und bringt Disharmonie und Mißerfolge in den Arbeitsprozeß.“ (ARNHOLD 1931, 38)

Gleichzeitig galt in Konzepten zur Berufsbildung das Ideal der Gemeinschaft, das besonders nach 1920 mit der Hoffnung verbunden war, durch Erziehung und Bildung der Jugend politische Konflikte abbauen und eine nationale Identität herstellen zu können. So wurde zwar in unterschiedlichen Programmatiken zur Berufsbildung Jugendlicher die Persönlichkeitsentwicklung als ein wesentliches Ziel anvisiert, sie blieb aber eine Stufe auf dem Weg zur höheren Gemeinschaft. So auch in der damaligen Berufsbildungstheorie. SPRANGER – und auch KERSCHENSTEINER – schwebte eine zunächst durchaus am Humanitätsideal orientierte, aber stärker auf einem preußischen Pflichtethos beruhende „Volksgemeinschaft“ vor: „Auf dem Boden echter Volksgemeinschaft und gleicher äußerer Bildungsmöglichkeiten erhebt sich dann das alte Ideal der Humanität: der reich und frei und eigentümlich entwickelten Persönlichkeit, die aber organisch in das Gesamtleben verflochten und ihm verpflichtet bleibt. Denn über aller Bewegtheit der Gesellschaft wölbe sich zuletzt der alte Dom des preußisch-deutschen Pflichtgedankens, das Ziel bezeichnend, das über uns allen ist.“ (SPRANGER 1923, 22) Die Unterordnung des nach humanistischem Ideal doch eigentlich zur „Persönlichkeit“ zu bildenden Einzelnen unter einen bildungsbürgerlich und preußisch definierten „Dom“ relativiert, kanalisiert und negiert die heraufbeschworene Individualität – ebenso wie Interessenpolitik und soziale Differenzen – zugunsten eines harmonisierenden Gebildes, dessen „Architektonik“ der bildungsbürgerlichen und kulturphilosophischen Sehnsucht nach Gemeinschaft entsprach.

Ihrem Gemeinschaftspathos verhaftet standen die Vertreter der Berufsbildungstheorie und der akademischen Wirtschaftspädagogik auch der „Werksgemeinschaftsbewegung“ der Weimarer Republik, in die vor allem die betriebliche Berufserziehung eingebunden war, nicht kritisch gegenüber. Das Ziel der Werksgemeinschaftsbewegung war die konfliktfreie Gemeinschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und darüber die Restauration der Volksgemeinschaft. Die oberste Aufgabe der Erziehung zur Werksgemeinschaft war die Entindividualisierung des Denkens der Arbeiterschaft: Die Werksgemeinschaft bedeute „eine Abkehr von dem rein individualistischen Denken“, vom „gesteigerten Individualismus“ (VORWERCK 1928, 15). Maßnahmen der Erziehung zur Werksgemeinschaft waren: Lehrwerkstätten, Werkzeitungen, Lesehallen, Haushaltungsschulen, Wanderfahrten der Jugend, betriebliche Erwachsenenerziehung usw. (BÜCHTER 2003) In der DINTA-Konzeption waren diese generationenübergreifenden und lebensweltumfassenden Erziehungsmaßnahmen zentrale Programmpunkte, die nach 1933 erhalten und erheblich weiter ausgebaut wurden.

3.2  Intensität statt Extensität

Ein weiterer pädagogischer Programmpunkt war die Reduktion extensiver Bildung zugunsten einer Konzentration auf bestimmte Inhalte bzw. auf unmittelbare Arbeitsnähe. Unterschiedliche berufsbildungspolitische Lager konnten an die bildungstheoretischen Bedenken gegenüber „Popularisierung“ von Bildung, gegenüber „Wissensmast“ (KERSCHENSTEINER 1904, 90) und „Gedächtnisbelastung“ (KERSCHENSTEINER 1922, 138) anknüpfen. SPRANGERS Satz – „was einen Menschen wohlgefällig macht, kann ihm auch zum Verhängnis werden, Stil artet aus in Manier, Klugheit in Spitzfindigkeit, Kraft wird zu Übermut, Bescheidenheit zu Selbstüberschätzung, und Grazie endet oft in Ziererei“ (SPRANGER 1921) – erfuhr eine breite Zustimmung. Aus verschiedenen Blickwinkeln wurde für eine gezielte Steuerung, sogar für eine Reduktion von Wissensverbreitung plädiert, sei es um einem Dilettantismus durch eine extensive Bildung vorzubeugen oder aufgrund didaktisch-methodischer Prinzipien, bei denen Selbstbestimmung, Selbsterfahrung und Selbsttätigkeit der Lernenden eine zentrale Rolle spielten, deren Realisierung aber mit einer Menge an Faktenwissen nicht vereinbar zu sein schien, und schließlich aus dem Interesse an der Stabilisierung der gesellschaftlichen Ordnung und der (Re-)Produktion von Statusverteilung heraus sowie aus politischen und ideologischen Motiven.

In der Industrie- und Arbeitspädagogik stieß die Forderung nach einer Begrenzung von Bildungsstoff und einer Orientierung der Bildung an Arbeit und Praxis auf Zustimmung. Der Appell gegen eine „Bildungsflut“ steigerte sich in Formulierungen wie „entartetes Bildungswesen“ (HARTNACKE 1931) und in Forderungen nach einer antiintellektuellen und antikritischen „geistigen Diät“. (SCHÜRHOLZ 1930)

Eindeutig waren auch die Vorstellungen des DINTA am Ende der Weimarer Republik zum Umgang mit Bildung. Anstelle einer „Verschulung“ und „Verkopfung“ (ARNHOLD 1930, 9) sollte die Erziehung zur Kampfesbereitschaft treten: „Die meisten, die dem Phantom Bildung nachjagen, wollen im Anfangsspurt über die Hürde gehen. Dahinter – glauben sie – steht der Anspruch auf Geltung, auf Sicherheit. Sie alle vergessen, daß das Leben ein Kampf ist, ein sich täglich erneuernder Kampf sein muß, wenn es wert sein soll, gelebt zu werden [...]. Der Wert eines Volkes ist jedoch bestimmt durch die Zahl und die Qualität seiner ‚Kämpfer'.“ (ARNHOLD 1931, 106)

Die durchaus politisch und pädagogisch unterschiedlich motivierten Empfehlungen zum Umgang mit der Bildungsexpansion seit Ende es 19. Jahrhunderts trafen sich in der Forderung nach mehr Praxis- und Arbeitsnähe. Unterschiedliche Erziehungskonzepte erhielten hierdurch eine Stärkung, insbesondere die Schaffung des Arbeitsdienstes, die Ideologisierung der Arbeitsschulung in den Betrieben oder die Verlagerung von betrieblicher Bildung in den unmittelbaren Arbeitsbereich.

3.3  Arbeit als didaktisches Zentrum

Damit wurde zugleich die reformpädagogische Idee, das „schaffende Tun“, das „Werken“, die Arbeit als didaktisches Zentrum des Unterrichts zu etablieren, politisch funktionalisiert. In dem Moment, wie Arbeit in immer breiteren gesellschaftlichen Kreisen als „konstitutives Moment aller menschlichen Sozietät“ (GAMM 1990, 1) begriffen wurde und auf Bildung fokussiert wurde, wurden auch die daran geknüpften reformpädagogischen Ziele unterschiedlich ausgelegt. So avancierte Arbeit – trotz der durch Arbeitsintensivierung und Mechanisierung bedingten „Arbeitskrise“ und der ständig steigenden Arbeitslosigkeit in der Weimarer Republik – innerhalb der Erziehungs- und Bildungstheorie und -politik zu einer der bedeutendsten Formen des Einflusses auf Jugendliche und Erwachsene. Sah die Arbeitsschulbewegung in der Arbeit ein Medium zur Herausbildung der geistig selbständigen und lebendigen Persönlichkeit, sahen die Berufsbildungstheoretiker Arbeit darüber hinaus weit stärker in ihrer ethischen und gemeinschaftsbildenden Funktion. KERSCHENSTEINER war mit seiner Theorie der Arbeit auf die Restrukturierung der sozialen Ordnung bedacht. Ihm ging es darum, durch Arbeitserziehung den „Egozentrismus“ zu überwinden und über „Sachlichkeit“ zur „Sittlichkeit“ zu gelangen. In diesem werteorientierten Ansinnen distanzierte er sich von den Arbeitsschulprotagonisten in den Volksschulen. Arbeit war für ihn das Zentrum, von dem aus der „brauchbare“ und hierüber der „ideale Mensch“ gebildet werden sollte. Auch SPRANGER kritisierte den nüchternen Arbeitsbegriff der Produktionsschulen, die „vom alten Marxismus etwas retten“ möchten: „Aber der Wille zur Rentabilität darf nicht vorangestellt werden, weil das den ganzen Bildungsprozess wieder materialisieren würde. Sondern das beste, was wir im pädagogischen Sinne von der produktiven wirtschaftlichen Arbeit haben, ist das Ehrfurchtgefühl, das sie erweckt“. (SPRANGER 1923, 19)

Die Idealisierung von Arbeit fand ihren Niederschlag insbesondere in Konzepten zur Arbeitserziehung im Kontext der seit Ende der 1920er Jahre sich vollziehenden Intensivierung des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD), der mit der Notverordnung vom 5. Juni 1931 durch das Kabinett BRÜNING festgeschrieben wurde. Innerhalb der pädagogischen Diskussion waren es nicht nur Arbeitspädagogen im Umkreis des DINTA, sondern auch Berufs(schul)pädagogen, die den Arbeitsdienst als pädagogische Aufgabe bzw. als Möglichkeit der Erziehung zur Arbeit, Gemeinschaft und Staatsloyalität befürworteten. (REINISCH 1985; 218 f.) Insgesamt wurde hierdurch ein fließender Übergang der Arbeitsdienstidee und -politik in den Nationalsozialismus begünstigt.

4.  Paradoxien und Phasen

Die Entwicklung der Berufsbildung in der Zeit zwischen 1890 und 1933 kann unter den Aspekten Gestaltung, Reform und Entwicklung in verschiedene Phasen unterteilt werden. Die erste Phase (1890-1920) ist gekennzeichnet durch ein zunehmendes öffentliches Problembewusstsein für Fragen zur Berufsbildung. Ursache hierfür waren nicht nur sozioökonomische Entwicklungen, sondern auch die „Reformpädagogische Bewegung“, die die Institutionalisierung und Verselbständigung von Erziehung und Bildung mit vorantrieb. Debatten um die Ausgestaltung und Funktion des Fortbildungsschulwesens förderten nicht nur deren öffentliche Aufmerksamkeit, sondern machten zudem den schulpolitischen Handlungsdruck deutlich.

Die gleichzeitig in dieser Phase geführten Kontroversen zwischen Handwerk und Industrie um die Lehrlingsausbildung hatten ihren Ausgangspunkt in der Novellierung der Reichsgewerbeordnung von 1897 und führten zunächst noch zu einer ordnungspolitischen Monopolstellung des Handwerks. Dies änderte sich in der zweiten Phase (1920-1927), in der die Industrie ihre eigene „Bildungsoffensive“ (Ebd., 60) startete und ein industrietypisches Modell der Berufsausbildung zu etablieren begann. Auch in dieser Phase tangierten nicht nur wirtschaftliche, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Überlegungen die Entwicklung der von nun an so genannten Berufsschule, sondern auch reformpädagogische Bestrebungen waren Impulse für Konzepte und Praxen ihrer Ausdifferenzierung, ebenso wie für die Entwicklung einer speziell sich mit Berufsbildungsfragen beschäftigenden wissenschaftlichen Disziplin und für Bemühungen um die Professionalisierung der Berufe Handels- und Gewerbelehrer. Kennzeichnend für diese Phase der Entwicklung der Berufsbildung innerhalb der reformpädagogischen Bewegung war zudem eine steigende Zahl an Publikationen zu unterschiedlichen Aspekten der Berufsbildung. Die damals veröffentlichten Handbücher, Einführungsschriften, Zeitschriften und Aufsätze spiegeln die verschiedenen Themen wider, die um rechtliche, institutionelle, professionelle und didaktische Fragen kreisten. Insbesondere in den Auseinandersetzungen mit dem „richtigen Umgang mit der Jugend“ wurde auf reformpädagogische Überlegungen rekurriert, die dann jedoch je nach interessenpolitischer Zielrichtung interpretiert wurden.

Der zunehmende wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Druck seit der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ging insbesondere auf Kosten der weiteren äußeren und inneren Gestaltung des Berufsschulwesen und der Durchsetzbarkeit alternativer Formen der Berufsbildung Jugendlicher, wie sie etwa der Bund Entschiedener Schulreformer vorgeschlagen hatte. Gleichzeitig expandierte die betriebliche Bildung in dieser dritten Phase (1927-1933) zusehends.

Während dieser drei Phasen entwickelte sich die Berufsbildung folglich auf verschiedenen institutionellen Ebenen unterschiedlich: auf der der Berufs-/Fortbildungsschule, der betrieblichen Berufsbildung und der Arbeits-/Produktionsschule, die im Folgenden differenziert betrachtet werden.

5.  Aufgaben des Fortbildungs-/Berufsschulwesen

Im Zuge der Gewerbeförderpolitik nach 1870 kam es zunächst zum Ausbau des Fach- und Hochschulwesens, welches insbesondere die Techniker- und Ingenieurausbildung vorantreiben sollte. (SCHÜTTE 1992) Die Verbindung von Gewerbeförderung und Berufsbildung führte sodann auch dazu, dass das Fortbildungsschulwesen gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung erfuhr. Dabei wurde die zunächst noch als allgemeine Fortbildungsschule, mit einer großen inhaltlichen, räumlichen und personelle Nähe zur Volksschule (THYSSEN 1954) geführte Schule für Jugendliche zugunsten einer stärker an der Berufswelt orientierten Fortbildungsschule, der späteren Berufsschule, reformiert. Ging es den einen um Gewerbeförderung und industriellen Fortschritt, sahen die anderen im Ausbau des Fortbildungsschulwesens eine Möglichkeit der sozialen Pazifizierung. Die Arbeiterschaft hatte sich seit Mitte der 1860er Jahre in einer Emanzipationsbewegung organisiert. Der Staat sah sich genötigt, diese Kraft einzudämmen und eine Fülle an Maßnahmen zu ergreifen. Eine dieser Maßnahmen war die Förderung der Berufsausbildung, vor allem durch den Ausbau des Fortbildungsschulwesens.

Im „Allerhöchsten Erlaß vom 1. Mai 1889, betreffend die weitere Ausgestaltung des Schulwesens in Preußen“, der im Auftrag des damaligen Ministers der geistlichen Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten verfasst wurde (BRUCHHÄUSER/ LIPSMEIER 1985, 53) heisst es: „Sie [die Schule] muß bestrebt sein, schon der Jugend die Überzeugung zu verschaffen, dass die Lehren der Sozialdemokratie nicht nur den göttlichen Geboten und der christlichen Sittenlehre widersprechen, sondern in Wirklichkeit unausführbar und in ihren Konsequenzen dem Einzelnen und dem Ganzen gleich verderblich sind“. In den Folgejahren wurde diese Vorstellung von der beruflichen, pädagogischen und politischen Funktion der Fortbildungsschule konsequent reproduziert.

In seiner Abhandlung, „Über Aufgabe und Neugestaltung der Fortbildungsschule“ von 1892, fasste der badische Gewerbeschulmann FRIEDRICH RÜCKLIN, Rektor in Pforzheim (BENNER 1990, 221), die Bedeutung der Fortbildungsschule so zusammen: „Die Zeit des Fortbildungsschulunterrichts ist die Zeit des beginnenden Jünglingsalters, die Zeit des Einlebens in die beruflichen Verhältnisse, wie in den staatlichen und gesellschaftlichen Organismus. Darum kann auch dem Fortbildungsschüler die Wiederholung und Fortführung des Schulwissens nicht genügen, […] sondern dem Fortbildungsunterricht wird vor allem der Zweck gestellt sein müssen, den Schüler in die neuen Verhältnisse, in welche er eingetreten ist, geistig einzuführen und ihn mit seinem ganzen Wesen darin heimisch zu machen.“ (zit. n. BRUCHHÄUSER/ LIPSMEIER 1985, 55)

OSKAR WOLDEMAR PACHE, Vorsitzender des von ihm 1892 mit gegründeten „Verbands der Freunde und Lehrer deutscher Fortbildungsschulen“ plädierte nicht nur auf den seit 1896 jährlich stattfindenden Deutschen Fortbildungsschultagen (KIPP 2004) für den weiteren Aus- und Aufbau des Fortbildungsschulwesens für jene Jugendliche, die „nach ihrer Entlassung aus der Volksschule in das praktische Leben eintreten.“ (RÜCKLIN 1892, 1) Er forderte, wie RÜCKLIN, eine Fortbildungsschule, die gegen die „gesellschaftsfeindliche Sozialdemokratie" und für vaterländische und sittliche Erziehung der Jugend (PACHE 1896, 184) eintrat.

Von zentraler Bedeutung für das Selbstverständnis der Fortbildungsschule waren die Überlegungen KERSCHENSTEINERs, der in seiner Preisschrift „Staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend" ein Konzept zur Verzahnung von staatlicher Integration und Berufserziehung ausformulierte, das als pädagogisches Fundament für die Fortbildungsschule Gültigkeit haben sollte. Auf die von der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt gestellte Preisfrage, „wie ist unsere männliche Jugend von der Entlassung aus der Volksschule bis zum Eintritt in den Heeresdienst am zweckmäßigsten für die bürgerliche Gesellschaft zu erziehen?", antwortete er: „Durch Erziehung zur beruflichen Tüchtigkeit." (KERSCHENSTEINER 1901, 16) Gewerbeförderung, staatsbürgerliche Erziehung und Jugendpflege standen fortan im Mittelpunkt der Auseinandersetzung um die Aufgabe der Berufserziehung an den Fortbildungsschulen.

Ende des 19. Jahrhunderts traten unterschiedliche politische und gesellschaftliche Organisationen als Förderer der Weiterführung des staatlichen Erziehungseinflusses nach der Volksschulentlassung durch die Fortbildungsschule ein: Die katholische und evangelische Kirche (STRATMANN 1992), die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung, das Preußische Ministerium für Handel und Gewerbe und der Deutsche Verein für das Fortbildungsschulwesen, in dem neben Fortbildungsschullehrern auch Politiker, Schul- und Verwaltungsbeamte, Handwerksmeister und Fabrikanten, Bürgermeister und Korporationsmitglieder aus Innungen und Kammern organisiert waren und sowohl durch Vorträge auf den Fortbildungsschultagen als auch durch Beiträge in der Verbandszeitschrift öffentlichkeitswirksam Einfluss nahmen. Zur Schließung der Lücke in der sekundären Sozialisation – zeitgenössisch formuliert: der „großen Lücke zwischen Schulentlassung und Militäreinstellung“ (PACHE 1893, 300) – wurde die Fortbildungsschule empfohlen, die durch Maßnahmen der Jugendpflege ergänzt wurde.

Ging es um Fragen der Bekämpfung der aufkommenden Sozialdemokratie, stand folglich die gewerbliche Jugend weit stärker im Mittelpunkt als der Nachwuchs in der Landwirtschaft (SCHMIEL 1991) oder der an kaufmännischen Schulen. Die deutlich geringere staatsbürgerliche Integrationsbedürftigkeit der kaufmännischen Lehrlinge, die nach dem „weißen Kragen“ strebten und ihrem Prinzipal treu ergeben waren, charakterisiert HORLEBEIN mit ihrer berufsständischen Sozialisation: Wer in den antisemitischen Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband „hineinwuchs oder schon als Lehrling in ihm organisiert war (und das waren 1911 etwas über 14.000 kaufmännische Lehrlinge), der brauchte keinen Kerschensteiner mehr.“ (HORLEBEIN 1994, 116; Herv. i. O.) Wie deutlich anders die Fortbildungsschulmänner das Gefährdungspotential bei den gewerblichen Jugendlichen und den Mädchen eingeschätzt haben, zeigt sich daran, dass sie – mit finanzieller Unterstützung durch das Preußische Ministerium für Handel und Gewerbe – zwei Jugendzeitschriften, den „Feierabend“ (TENORTH 1994) und die „Wege zur Freude an Werk, Wissen und Welt“ (KIPP 1994) gegen die „Arbeitende Jugend“ (KLEIN/ KÖRZEL 1994) und die „Arbeiter-Jugend“ (KIPP/ BÖHMER 1994) ins publizistische Feld der Schulhöfe und Klassenzimmer führten. Wurden in den letztgenannten Zeitschriften von den selbstorganisierten Jugendlichen skandalöse Lehrlingszüchtigungen und Lehrlingsselbstmorde angeprangert und nach sozialpolitischen Antworten auf die Lehrlingsfrage im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gesucht, so waren die Antworten, die im „Feierabend“ und in den „Wegen zur Freude“ gegeben wurden, tendenziell beschwichtigend und beschworen „unablässig eine vom Dienst- und Pflichtgedanken durchwirkte Berufsethik.“ (KIPP 1994, 223)

Die Angst vor politischer Gefährdung durch die Jugend potenzierte sich mit der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit, die neue Aspekte in die Frage der Beschulung von Jugendlichen brachte. Besonders betroffen von der Jugendarbeitslosigkeit in der Weimarer Republik waren die Ungelernten. (KIPP/ BIERMANN 1989) Während Sozialpolitiker und Berufsschulpraktiker erkannten, dass die Verbesserung des sozialen und beruflichen Status ungelernter arbeitsloser Jugendlicher über den Weg der beruflichen Bildung erfolgen konnte, sah die Berufsbildungstheorie die gesellschaftliche Position der Ungelernten als natürlich gegeben. KERSCHENSTEINER wies den Geringqualifizierten denjenigen Ort zu, den sie ohnehin schon innehatten, nämlich am Rande der „eigentlichen“ Berufsbildung. Dass der Einzelne überhaupt zur Berufsbildung und damit zum Beruf gelangen kann, war für ihn eine Frage des innerlichen Berufenseins. (KERSCHENSTEINER 1929) Er sah in der Berufsschule eine Stätte, in der die Ungelernten nur „kümmerlich erziehlich beeinflußt werden können.“ Für ihn war die Verlängerung der Volksschulpflicht „Lösung und Erlösung“ (Ebd., 93) zugleich.

Die Auseinandersetzung mit der Qualifizierung Ungelernter blieb während der gesamten Phase der Reformpädagogik eine überwiegend praktische, sozial- und berufsschulpädagogische Diskussion. Angesichts ihrer hohen Anzahl, ihres unsicheren Status auf dem Arbeitsmarkt und der Sorge um die soziale Integration und Erziehung jugendlicher Arbeiter und ungelernter Arbeitsloser erkannten zumal Schulverwaltungen und Lehrer hier einen großen Handlungsbedarf: „Es gilt als ein glückliches Omen, daß große Volksbildner die Zeichen der Zeit verstanden und in Wort und Schrift die Hand auf diese offene Wunde unserer Zeit gelegt haben.“ (ERBEN 1929, 170) Direktoren und Lehrer der bereits vor dem Ersten Weltkrieg in einigen Großstädten institutionalisierten Arbeiterschulen – „das Schmerzkind unseres beruflichen Schulwesens“ (SIEMSEN 1926, 157) – forderten ihren weiteren Ausbau. Sozialdemokraten, Gewerkschaften und der Bund Entschiedener Schulreformer setzten sich für einen höheren Verbindlichkeitsgrad der Ungelerntenbeschulung ein. Gerade von den Schulreformern kam massiver Protest gegen die Marginalisierung der Ungelerntenbeschulung: „Das öffentliche Interesse muss sich dieser Schule und ihren Schulen zuwenden. Reichs- oder landesgesetzliche Regelungen müssen hier Wandel schaffen. Gegen die heutigen unerträglichen Zustände erhebt der ‚Bund Entschiedener Schulreformer' schärfsten Protest!“ (OESTREICH 1929, 190)

Insgesamt zielten „fast alle Konzepte [zur Beschulung Ungelernter] darauf, die Schüler mit ihrem sozial niederen Status zu versöhnen.“ (KIPP/ BIERMANN 1989, 35) Berufliche Bildung und Integration standen weiter hinter den Zielen der sozialen Pazifizierung und staatsbürgerlichen Erziehung.

Die Frage nach dem richtigen Umgang mit der Jugend sowie der sich verändernde Qualifikationsbedarf in den verschiedenen Wirtschaftssektoren um die Jahrhundertwende führten dazu, dass sich das Fortbildungsschulwesens bis zum Ersten Weltkrieg und dann in den 1920er Jahren kontinuierlich weiter entwickelte.

6.  Gestaltung des Fortbildungs- und Berufsschulwesens

Maßgeblich für die Entwicklung des beruflichen Schulwesens nach 1890 waren folgende schulpolitische Initiativen: Fortbildungsschulpflicht für Arbeiter unter 18 Jahren und Strafbestimmungen für Schulversäumnisse im Zuge der Novelle zur Gewerbeordnung 1891, Gründung des deutschen Vereins für das Fortbildungsschulwesen 1892, Gründung des deutschen Verbandes für das kaufmännische Bildungswesen 1896, Empfehlung zur Einführung der Pflichtschule durch das Handelsministerium 1899, Gründung von Pflichtfortbildungsschulen seit 1900, Einführung der Schulpflicht für die in kaufmännischen Berufen tätigen Mädchen 1900 und für alle gewerblich tätigen Mädchen 1911. (KÜHNE 1929, 22) Der Erste Weltkrieg trug dazu bei, dass die seit Ende des 19. Jahrhunderts kontinuierlich voranschreitenden Entwicklungsprozesse im Fortbildungs-/Berufsschulwesen unterbrochen wurden: „Die Mehrzahl der Lehrer und der älteren Schüler wurden zum Heeresdienst eingezogen, die Schulgebäude für militärische Zwecke verwendet.“ (Ebd., 23) Nach dem Krieg wurde die einzige reichseinheitliche Rechtsgrundlage für das Berufsschulwesen, die Reichsgewerbeordnung, durch die „Verordnung über Erweiterung der Fortbildungsschulpflicht für die Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung. Vom 28. März 1919“ des Reichsministerium für wirtschaftliche Demobilmachung ergänzt. Diese sah eine Reintegration der jugendlichen Kriegsteilnehmer in das Ausbildungs- und Erwerbsleben vor.

Ihre staatliche Anerkennung erfuhr die Berufsschule durch den Artikel 145 der Weimarer Reichsverfassung: „Es besteht allgemeine Schulpflicht. Ihrer Erfüllung dient grundsätzlich die Volksschule mit mindestens acht Schuljahren und die anschließende Fortbildungsschule bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahre. Der Unterricht und die Lernmittel in den Volksschulen und Fortbildungsschulen sind unentgeltlich“. Den Höhepunkt der Diskussion um die Reform des Berufsschulwesens bildete in dieser Zeit die vom 11. bis 19. Juni 1920 in Berlin abgehaltene Reichsschulkonferenz. Die Berufsschulen wurden als gleichwertiger Lernort neben dem des Betriebs anerkannt. Die reichseinheitliche Berufsschulpflicht für die gesamte berufstätige Jugend zwischen 14 und 18 Jahren wurde gefordert sowie die didaktische Aufgabe der Berufsschule umschrieben. 1921 wurde die Reichsschulstatistik auf das Berufs- und Fachschulwesen ausgedehnt. (REICHSMINISTERIUM DES INNERN 1921)

Mit dem Ausbau des Berufsschulwesens waren neben den zuvor erörterten Fragen der Schulträgerschaft, Finanzierung und inneren Organisation auch Fragen der zweckmäßigen Lehrerrekrutierung und -ausbildung, kurzum Fragen der Professionalisierung des Lehrpersonals berufsbildender Schulen zu lösen. In der sogenannten Lehrplandiskussion der 1890er Jahre (ABEL 1963b), die die beruflichen Belange ins Zentrum des Fortbildungsschulunterrichts rückte, zeigten sich auch die Grenzen der fachlichen Kompetenz der mehrheitlich an Fortbildungsschulen im Nebenamt unterrichtenden Volksschullehrer. Es wurde offenkundig, dass ein zunehmend verfachlichter Unterricht, der sich am Lehrlingsalltag seiner Schüler und deren fachlichen Qualifikationsbedürfnissen orientierte, neue Wege der Lehrerrekrutierung und Lehrerausbildung öffnen musste.

Auf dem 1903 in Hamburg veranstalteten 7. Deutschen Fortbildungsschultag wurde deshalb gefordert: „Neben dem Volksschullehrer muß auch der tüchtige Techniker als Lehrer zur Geltung kommen.“ (KIPP 2004, 61) Die Gewerbelehrerausbildung entwickelte sich allmählich von kurzfristigen Kursen (2-3 Wochen) zu eigenständigen Lehrgängen von zunächst einjähriger Dauer, die vorerst in Baden, Württemberg, Sachsen und Bayern und ab 1913 auch in Preußen durchgeführt wurden. (THYSSEN 1964)

Von Beginn an spiegelte die Gewerbelehrerbildung die doppelte Funktion von Berufsbildung wider. So war im Zuge der Gewerbeförderpolitik „die Gewerbelehrerbildung auf technische Qualifizierung […] fokussiert“ (STRATMANN 1994, 42), gleichzeitig stellte sie eine weitere Antwort im Kontext der bildungs- und jugendpolitischen Debatte des Kaiserreichs dar. Sie wurde als Instrument der Sozialdisziplinierung, der staatsbürgerlichen Erziehung verstanden, „weshalb der neue Lehrer nicht mehr Volksschullehrer im Fortbildungsschuldienst und nicht mehr ingenieurswissenschaftlich ausgebildeter Technologe im Gewerbeschuldienst, sondern Berufs-Pädagoge war.“ (Ebd., 43)

Allerdings war die Frage nach der Gestaltung der Ausbildung zum Gewerbelehrer nicht eindeutig geklärt. Einerseits engten politische und ökonomische Rahmenbedingungen der Nachkriegszeit die Gestaltungsspielräume ein, andererseits waren es auch standespolitische Interessen, die die Frage der Gewerbelehrerbildung verkomplizierten. Die Gründung von Berufspädagogischen Instituten zur Ausbildung von Gewerbelehrern sollte schließlich dazu beitragen, den Eigencharakter der Gewerbelehrerbildung (Pädagogisierung und Fachorientierung) hervorzuheben, das neue Selbstverständnis von Berufsschule umzusetzen und gleichzeitig einen Kompromiss innerhalb der standesorientierten Lehrerbildungsdiskussion der 1920er Jahre zu liefern: „Um die Abgrenzung des Gewerbelehrers vom im Fortbildungsschuldienst tätigen Volksschullehrer auch äußerlich, also im Status zu dokumentieren, lag die ihn für seine berufsbildende Aufgabe qualifizierende Institution im akademischen Rang über den Volksschullehrerseminaren. Aber sie lag eben auch um der Abgrenzung gegenüber den Gymnasiallehrern willen unterhalb der Hochschulen: in den Berufspädagogischen Instituten.“ (Ebd.)

Die Ausbildung der Handelslehrer erfolgte – forciert durch den 1896 gegründeten Deutschen Verband für das kaufmännische Bildungswesen und die von diesem ins Leben gerufene „Handelshochschulbewegung“ (URBSCHAT 1960, 268) – als wissenschaftliche Ausbildung an den in rascher Folge gegründeten Handelshochschulen bzw. Akademien für Sozial- und Handelswissenschaften: Leipzig und Aachen 1898, Köln und Frankfurt 1901, Berlin 1906, Mannheim 1908, München 1910, Königsberg 1915 und Nürnberg 1919. (PLEISS 1973) Vor allem um einer einseitigen Orientierung der Handelslehrerbildung an der Fachwissenschaft (Betriebswirtschaftslehre) zu kompensieren, wurde zu dieser Zeit die wirtschaftspädagogische Forschung und Lehre ausgeweitet: „Für die neue Disziplin wurden die ersten Lehrstühle eingerichtet: 1923 die Professur für Handelsschulpädagogik und betriebswirtschaftliche Nachbargebiete an der Handelshochschule Leipzig (besetzt mit K. von der Aa), 1930 und 1931 die Extraordinariate für Wirtschaftspädagogik an den Handelshochschulen Berlin und Königsberg (besetzt mit F. Feld bzw. F. Urbschat).“ (HORLEBEIN 1989, 288)

War die Handelslehrerausbildung also schon frühzeitig vereinheitlicht und akademisiert worden, so dauerte dieser Vereinheitlichungsprozess für die Gewerbelehrerausbildung über die gesamte reformpädagogische Epoche hinweg an (erfolgte teils in 4-, teils in 6-semestrigen Studiengängen , teils an Universitäten, teils an Berufspädagogischen Instituten) (LINKE 1960) und wurde mit der Akademisierung erst in den 1960er Jahren abgeschlossen. (GEORG/ KUNZE 1981, 161)

Die Professionalisierungsbemühungen der Gewerbelehrer sind freilich auch zu erheblichen Teilen durch politisches Wohlverhalten (Widerspruch zwischen Demokratisierungspostulat und Professionalisierungsinteresse), Reformresistenz und nicht zuletzt auch auf Kosten ihrer Schülerklientel erkauft worden: „Der Gewerbelehrerberuf ist in einem nicht unwesentlichen Maße auf Kosten der objektiven Interessen der werktätigen Jugendlichen professionalisiert worden, weil das Professionalisierungsinteresse der Gewerbelehrer auf eine entpolitisierte Berufsschule, die ihren didaktischen Schwerpunkt in einer effektiven beruflichen Fachausbildung suchte, drängte.“ (GREINERT/ HESSE 1974, 691) Dass viele Gewerbelehrer sich gleichwohl als Anwälte ihrer Schüler verstanden und deren Interessen im Professionalisierungskampf beständig als Argumentationsstützen einsetzten, lässt sich deutlich an ihren Verbandszeitschriften zeigen. (JOST 1994; LIER 1994; BADER/ REUTER 1994 ).

Während die Entwicklung der Handelslehrer-Ausbildung in der einschlägigen Literatur inzwischen periodisiert ist – 1898-1912 „Leipziger Epoche“, 1912-1924 „Preußische Periode“, seit 1924 „Deutsche Periode“ (PFEIFFER 1960, 292) ist die Professionalisierungsgeschichte der Gewerbelehrer sehr viel uneinheitlicher und vermutlich auch deswegen erst ansatzweise erforscht. (LINKE 1960; THYSSEN 1964) Symptomatisch für die Ausbildung von Lehrern für das berufliche Schulwesen insgesamt war die weitgehende Vernachlässigung der in den 1920er Jahren zunehmend augenfälligen Problematik der Beschulung Ungelernter. (KIPP/ BIERMANN 1989) „In der Handelslehrerbildung gab es keine Bezüge zu dieser Gruppe Jugendlicher. In der Gewerbelehrerausbildung kam die Problematik durch deren jugendkundliche Orientierung wenigstens in den Blick und die Lehrer für männliche Ungelernte wurden an den BPI ausgebildet für den Unterricht im ‚Ersatzberuf' des zukünftigen Hausvaters.“ (BUCHMANN/ KELL 2003, 33)

Die hohen Ansprüche, mit denen die Berufsschule während der Weimarer Republik konfrontiert war, blieben weitgehend unerfüllt. Dementsprechend waren auch die Negativäußerungen im Kontext der gesamten Kritik am Schulwesen in den 1920er Jahren (SPRANGER 1927/1928) insbesondere gegen die Berufsschulen gerichtet. Sie kamen nicht nur von Seiten damaliger Lehrer und Sozialpolitiker, sondern auch von Arbeitgebern, Sozialisten, ebenso wie von Erziehungs- und Bildungstheoretikern. Trotz unterschiedlicher Positionen und Interessen gab es innerhalb dieser Kritik auch einen gemeinsamen Nenner, in dem sich die reformpädagogische Topik widerspiegelte. So bestand weitgehend Konsens darin, dass die Berufsschule zu starr, stoffüberladen und zu fern vom wirklichen Leben wäre.

Gegen Ende der Weimarer Republik trugen die wirtschaftliche Situation und die Uneindeutigkeit im Hinblick auf Hauptaufgaben und Ziele der Berufschule dazu bei, dass die Berufsschulrealität voller Paradoxien war. (MUTH 1985, 495) Regional kam der Aufbau des Berufsschulwesens bis dahin außerordentlich ungleichmäßig und alles in allem nur stockend voran. Mit der prekärer werdenden Arbeitsmarktsituation bekam die Berufsschule die arbeitsmarktpolitische Funktion, Instrument zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Aufrechterhaltung der Arbeitsmoral Jugendlicher zu sein. Der mit der Verberuflichung des Curriculums um die Jahrhundertwende eingeleitete Qualifizierungsauftrag der Berufsschule wurde durch weitere Funktionen ergänzt, so dass sie zum „Instrument sozialer Kontrolle und Objekt privater Interessen“ (GREINERT 1975, 20 ) wurde. Ihre spärliche sachliche Ausstattung, ihre vielerorts fehlenden eigenen Schulgebäude und häufige Unterbringung in Volksschulgebäuden, vor allem aber ihr notorischer Lehrermangel und ihre fehlende reichseinheitliche Rechtsgrundlage sollten die Berufsschule überfordern. Die Endphase der Reformpädagogik war zugleich eine Phase der Abbaupolitik des Berufsschulwesens.

Anders die betriebliche Bildung: Sie expandierte kontinuierlich, wurde von den Wirtschaftsvertretern, deren Verbänden und den Akteuren in den Ausbildungsabteilungen favorisiert, während Lehrer und Schulpolitiker hierzu so gut wie keine Position bezogen – das, obwohl der Aufbau betrieblicher Bildungsarbeit nicht zuletzt auch der Kritik der Industrie an der staatlichen Bildungs- und Schulpolitik gefolgt war. Besonders kritisiert wurde die Leistungsfähigkeit der Volksschule, die den betrieblichen Anforderungen nicht gerecht würde. Ende der 1920er Jahre wurden einige Untersuchungen (A RNHOLD/ SENFT 1929; HEILANDT 1929) durchgeführt, die die Unzufriedenheit der Wirtschaft mit den Kenntnissen der Jugendlichen bestätigen sollten.

Während das Berufsschulwesen mit dem fiskalischen Druck der öffentlichen Haushalte belastetet und in den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmenkatalog einbezogen wurde, gewann die betriebliche Berufserziehung nach 1933 nicht nur eine quantitativ, sondern auch eine ideologisch und daran geknüpft pädagogisch zunehmend öffentliche Aufmerksamkeit.

Die Berufsschule wurde in diesem Diskurs um die Vorteile der betrieblichen Bildung tendenziell weniger als ergänzender Lernort begrüßt, sondern geriet eher als Störfaktor des betrieblichen Ausbildungsgeschehens in die Kritik. Abgelehnt wurden vor allem die angebliche Theoriefülle und das vermeintliche Berechtigungswesen in der Berufschule. Insbesondere der Ausdehnung der Berufsschulpflicht auf alle volksschulentlassenen Jugendlichen unter 18 Jahren stand die Wirtschaft ablehnend gegenüber. Befürchtet wurden auch der Einfluss der Berufsschullehrerschaft und eine damit angeblich verbundene Entfremdung der Schule von der Wirtschaft. (BÜCHTER 2003)

7.  Bedeutung und Ausbau industriebetrieblicher Bildung

Noch Ende des 19. Jahrhunderts zeigte sich die Industrie – trotz einiger punktueller Initiativen – hinsichtlich der eigenen Lehrlingsausbildung überwiegend zurückhaltend bis ablehnend. Noch 1894 stellte SCHEVEN fest, dass die industriellen Betriebe, abgesehen von den allergrößten Unternehmungen, „wenig Neigung empfinden, durch besondere Einrichtungen eine rationelle Lehrlingsausbildung zu fördern“. (SCHEVEN 1894, 195) Die „ablehnende Haltung der Industrie gegenüber einer eigenen Lehrlingsausbildung“ habe, so TOLLKÜHN, lange Zeit zu einer „Begründung“ der praktischen Ausbildung beim Handwerksmeister geführt. (TOLLKÜHN 1926, 4) Für die Zurückhaltung in der industriellen Lehrlingsausbildung zu dieser Zeit lassen sich u.a. drei Motive nennen: ein technisch organisatorisches, das zu einer Verdrängung der menschlichen Arbeit durch die maschinelle führe, ein wirtschaftliches, bei welchem das betriebliche Interesse an Kostenreduzierung im Vordergrund stehe und das der Umgehung gesetzlicher Bestimmungen, die den Betrieben mit der Lehrlingsausbildung auferlegt wurden, und durch die sich diese eingeengt fühlten. Um die Jahrhundertwende setzte dann die „Periode der entstehenden industriellen Berufsausbildung“ (MUTH 1985, 30) ein.

Insgesamt gab es eine Reihe an Impulsen, die für die allmähliche industriebetriebliche Ausgestaltung von Erziehungs- und Bildungsformen verantwortlich waren. Hierzu zählten außer sozialpolitischen und bildungsökonomischen Erwägungen und Initiativen der Industrie ihre Aufmerksamkeit gegenüber Erziehung und Bildung von Beschäftigten als Medium zur Sicherung ihres politischen und ökonomischen Einflusses, ein industriespezifischer Qualifikationsbedarf und die Förderung der „vertikale[n] Beweglichkeit der Arbeitskraft“ im Betrieb (SCHUMPETER 1916, 67). Zudem war die industrielle Nutzung unterschiedlicher Optionen beim Technikeinsatz und bei der Gestaltung von Arbeitsorganisationen ein entscheidender Auslöser für die Heterogenität in der Qualifikationsstruktur im industriellen Vergleich, die nur durch betriebsspezifische Qualifizierungsprozesse (re-)produziert werden konnte. Aus der Sicht der Industrie bestand ein weiterer zentraler Vorteil im Ausbau eigener Bildungsarbeit insbesondere darin, dass diese unbürokratisch gestaltet, von betriebsexternen Zugriffen weitgehend abgeschirmt, ausschließlich von Betrieben gesteuert werden und auf den unmittelbaren betrieblichen Bedarf zugeschnitten werden konnte. (BÜCHTER 2002; 2005)

In dieser Phase begann die Industrie, ein eigenes industrietypisches Modell der Lehrlingsbildung gegen das handwerklich-berufsständische Konzept durchzusetzen. Träger der industriellen Berufsbildung waren vor allem Betriebe der Metall- und Elektroindustrie. Der auf Betreiben des Vereins deutscher Ingenieure (VDI) und des Verein deutscher Maschinenbauanstalten (VDMA) 1908 gegründete Deutscher Ausschuss für technisches Schulwesen (DATSCH) sah seine Aufgabe sodann nicht nur darin, das technische Schulwesen zu fördern, sondern widmete sich besonders der planmäßigen Lehrlingserziehung in der Industrie. (HERKNER 2003; KIPP 2008) Jedoch gab es nach dem Ersten Weltkrieg angesichts der damaligen Rationalisierungseuphorie auf Seiten der Industrie zunächst einen „Gesinnungsschwund in der Ausbildungsfrage“. (ABEL 1963a, 46) Erst mit der Gründung des Arbeitsausschusses für Berufsausbildung (AfB) durch den Reichsverband der deutschen Industrie, die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, den DATSCH und das DINTA im Jahre 1925 kam die industrielle Ausbildung in Gang, und zwar „nachdem der Rahmen der traditionellen Handwerksausbildung zu eng geworden und neue Berufe nach dem Bedürfnis der einzelnen Großbetriebe oder völlig neue Industriezweige, mit ganz unterschiedlichen Bezeichnungen und unsicheren Grenzen zwischen den Berufen, entstanden waren.“ (MUTH 1985, 375)

In den Postulaten für eine Intensivierung industrieller Lehrlingsausbildung kam eine Reihe an Argumenten zusammen: Hochqualifizierte Fachkräfte und eine entsprechende Ausbildung wären Garanten für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Mitte der 1920er Jahre postulierte ERNST BORSIG: „Die Ausbildung muß auf eine Höhe gebracht werden, die es ermöglicht, einen Qualitätsarbeiter heranzuziehen, der mithelfen kann, dem Ruf deutscher Arbeit im Auslande Geltung zu verschaffen und ihn zu erhalten.“ (BORSIG/ LIPPART 1926, 1) Ein weiteres Argument verwies auf den nicht gesicherten Berufsnachwuchs angesichts der sinkenden Geburtenrate. Um die erwarteten negativen Auswirkungen des Geburtenrückgangs auf den Facharbeiternachwuchs aufzufangen, sollte die Industrie rechtzeitig für einen Facharbeiterstamm durch eigene Ausbildung beitragen. (EHMKE 1928; WIEDWALD 1929) Die allmähliche „Wandlung in der Einstellung der Industrie zum Lehrlingswesen“ (KOPSCH 1928, 18) schlug sich in den 1920er Jahren in einer Zunahme einschlägiger Forschungsarbeiten nieder (CORNELY 1930; GRAFF 1925; DIECK 1930), die auf ein neues betriebswirtschaftliches, sozialökonomisches, politisches Praxisfeld hinwiesen, um „die berufliche Ausbildung des Industriearbeiters auf den Stand zu bringen, der uns in die Lage setzt, mit Hilfe menschlicher Intelligenz und menschlicher Arbeitskraft diejenigen Hemmungen auszugleichen und zu überwinden, die uns auf materiellem Gebiet auferlegt sind.“ (CORNELY 1930, 139) Die damaligen Vertreter der Berufs(schul)politik hatten die betriebliche Berufsbildung allenfalls „unter wirtschafts- und sozialpolitischen Aspekten“ gesehen und nicht „zum Ansatzpunkt einer bildungspolitischen Aufgabe“ gemacht. (ABEL 1963, 56) Ein Grund für diese Zurückhaltung lag vor allem darin, dass die Rationalisierungspolitik der Industrie auf der einen Seite und Intensivierung der industriellen Lehrlingsausbildung auf der anderen Seite als nur schwer miteinander vereinbar schienen: „Angesichts der zunehmenden Arbeitszerlegung und Mechanisierung in der Industrie erscheint diese Entwicklung zunächst höchst befremdlich. Gewöhnlich verbindet sich mit dem Blick auf die in letzter Zeit zutage getretene Ausgestaltung des industriellen Betriebes ohne weiteres der Gedanke, daß die Tätigkeit des einzelnen Arbeiters immer mehr auf ein ganz enges Gebiet begrenzt wird [...]. Dieser Gesichtspunkt würde es verständlicher erscheinen lassen, wenn die Industrie jetzt noch geringeres Interesse als früher an einer besonderen Lehrlingserziehung hätte“ (KOPSCH 1928, 21) – aber: „Die zum Teil vollkommen entgegen gesetzte Einstellung der Industrie ist [...] Beweis dafür, daß es sich mit der Ersetzung der hochwertigen langgeschulten Arbeitskräfte durch bloß angelernte doch nicht so einfach verhält.“(Ebd.)

Auch für die industriebetriebliche Bildung galt, dass sie nicht nur qualifizierende, sondern nicht zuletzt auch sozialisierende Funktionen erfüllte: „Die schon bald nach 1869 einsetzende Reformdebatte lässt sich allerdings nicht auf die Lösung der Qualifikationsprobleme eingrenzen. Es ging zugleich um die Sicherung der Erziehung der gewerblich tätigen Jugend, deren besondere ‚Lage' immer bewusster wurde.“ (STRATMANN 1991, 374)

Um den Erziehungswert der industriellen Ausbildung war seit Mitte der 1920er Jahre insbesondere das DINTA bemüht, das in der Lehrlingsausbildung einen wesentlichen Ansatzpunkt für die Realisierung seiner Ideologie sah und deswegen die industrielle Lehrlingsausbildung und -erziehung voran trieb. (BÜCHTER/ KIPP 2002a; KIPP 2007). Wiewohl das DINTA kaum reformpädagogischer Bestrebungen verdächtigt werden kann, hat es in der Praxis reformpädagogische Elemente eingesetzt, um seinen Erziehungs- und Indoktrinationsabsichten größere Wirksamkeit zu verschaffen. So wurden beispielsweise erlebnispädagogische Elemente dadurch genutzt, dass Lehrlinge zu zehntägigen Ostseefahrten auf dem vom DINTA bereitgestellten Ferienschiff „Glückauf“ eingeladen wurden; im ersten Heft der seit Oktober 1929 erscheinenden DINTA-Zeitschrift „Arbeitsschulung“ berichtet Institutsleiter CARL ARNHOL im Rahmen des Tätigkeitsberichts des DINTA für die Zeit vom 1. April 1928 bis 30. Juni 1929: „Ferienschiff ´Glückauf´. In der Zeit vom 2.5. bis 17.10.[1928] wurde in zwölf zehntägigen Kursen Lehrlingen der uns angeschlossenen Ausbildungsbetriebe Gelegenheit zu Ostseefahrten gegeben, die wiederholt an die dänische, zum Teil auch an die schwedische Küste führten. 39 Firmen entsandten 231 Lehrlinge und 23 Führer. Die Ferienfahrten werden auch in diesem Jahre im gleichen Umfang durchgeführt.“ (ARNHOLD 1929, XI)

In der betrieblichen Praxis war die allmähliche Ausbreitung industrieeigener Lehre mit dem Aufbau von Werkschulen und Lehrwerkstätten verbunden. (TOLLKÜHN 1926; DEHEN 1928; KIPP 2007) Diese stellten auch für die erwachsenen Betriebsangehörigen von Beginn an zentrale Lernorte dar. Die Zahl der Lehrwerkstätten, an die die Hoffnung geknüpft wurde, dass sie die „Mängel und Hemmungen bisher üblicher Systeme zu beseitigen und geeignete Voraussetzungen für eine sorgfältige Ausbildung zu schaffen“ (TOLLKÜHN 1926, 82) vermöchten, nahm in der Weimarer Republik zu. Die Vorteile dieses Lernortes lagen aus betrieblicher Sicht darin, dass die Lehrlingsausbildung nicht mehr länger betriebsstörendes Moment sein musste, und dass die Lehrmeister, als Angehörige der Werksgemeinschaft, zu einer intensiven Bindung der Lehrlinge an den Betrieb beitragen konnten. TOLLKÜHN kam Mitte der 1920er Jahre auf eine Zahl von 175 Lehrwerkstätten.

Gleichzeitig nahm die Zahl der Werkschulen zu. Auch für ihre Einrichtung war Betriebsnähe ein zentraler Grund. In der Werkschule, so die Befürworter, wären eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis (in der Lehrwerkstatt) und eine stärkere Berücksichtung betriebsspezifischer technischer und arbeitsorganisatorischer Entwicklungen im Unterricht gewährleistet. Das werkseigene Lehrpersonal verfüge über Kenntnisse über die Besonderheiten des Werkes und der Produktion. In den Werkschulklassen wäre die Schülerschaft hinsichtlich ihres Ausbildungsziels weniger unterschiedlich, sondern hier wären Lehrlinge gleicher oder ähnlicher Berufe vereint. Der theoretische Unterricht, der in der öffentlichen Berufsschule nur drei Jahre betrug, könnte mit der Werkschule viel besser an die praktische Lehrzeit (vier Jahre) angepasst werden. Im Vergleich zu den öffentlichen Berufsschulen wären die Werkschulen technisch weitaus besser ausgestattet. Zudem könnte eine Zeitersparnis durch den Wegfall längerer Schulwege erfolgen, ebenso wie die Anpassung der Unterrichtszeit an die Werksbedürfnisse. Nicht zuletzt stünden die Lehrlinge unter der permanenten Aufsicht der Betriebe. Äußerer erzieherischer Einfluss könnte reduziert und damit die Integration der Schüler in die Werksgemeinschaft begünstigt werden. (Ebd., 102f.; MUTH 1985, 551f.)

Obwohl Aufsicht, innere Ausgestaltung, Bestimmung von Unterricht und Methode in der Werkschule nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr ausschließlich bei den jeweiligen Werkleitungen lagen, behielten die einzelnen Betriebe als Träger der Werkschulen ein hohes Maß an Autonomie. Die Schulen expandierten. Können für 1911 ungefähr 56 Schulen nachgewiesen werden, waren es 1928 bereits 125. (MUTH 1985, 558) Die Werkschulgründungen können vor allem als eine Reaktion auf die Verbreitung der öffentlichen Fortbildungsschulen interpretiert werden: „Bisher hatten die Fabrikbesitzer eigene Schulen gegründet, weil öffentliche Fortbildungsschulen fehlten, jetzt gründen sie Schulen, weil öffentliche Fortbildungsschulen da sind.“ (DEHEN 1928, 65) Dass Werkschulen gleichsam Inseln reformpädagogischer Bemühungen gewesen seien, wird niemand behaupten wollen; gleichwohl haben auch sie reformpädagogische Elemente integriert, beispielsweise Unterrichtsmaterialien, die die Selbsttätigkeit der Lehrlinge anregten und vor allem ihr naturwissenschaftlich-technisches Verständnis förderten. Im Vergleich der Werkschule mit der sonst vorherrschen öffentlichen Berufsschule zeigt sich die vielfache Unterlegenheit der letzteren. Ähnlich verhielt es sich mit der beruflichen Weiterbildung. Während die betriebsexterne berufliche Weiterbildung insbesondere in der Weimarer Republik in arbeitsmarktpolitische Programme eingebunden und damit strukturellen und finanziellen Schwankungen unterworfen war, expandierte die betriebliche Weiterbildung zu dieser Zeit kontinuierlich. Außer der unmittelbar positions- und tätigkeitsbezogenen Qualifizierung für erwachsene Arbeiter und Angestellte wurde im Kontext großbetrieblicher Sozialpolitik und inspiriert durch die damalige reformpädagogisch orientierte Volksbildungsbildungsbewegung eine breite Palette an allgemeinbildenden, kulturellen und musischen Themen angeboten. (BÜCHTER 2003; 2005; 2007)

Eine Alternative zum staatlichen Berufsschulwesen und der betrieblichen Berufsbildungspolitik stellten die Arbeits- und Produktionsschulen als dritter Bereich in der Berufsbildungslandschaft zur Zeit der Reformpädagogik dar.

8.  Arbeits- und Produktionsschulen

Neben Kreativität und Selbstdenken sind Selbsttätigkeit und Arbeit die Zielbegriffe einer Reformpädagogik, wie sie vor allem von HUGO GAUDIG und GEORG KERSCHENSTEINER vertreten wurde: Die Schule der Zukunft müsse eine Arbeitsschule sein. Als Stadtschulrat in München konnte KERSCHENSTEINER zwischen 1895 und 1918 an den Schulen Werkstätten und Laboratorien, Schulküchen und Schulgärten einrichten, in denen Kopfarbeit mit Handarbeit verbunden werden sollte, wo planendes Vorausdenken der Arbeitsschritte deren Ausführung voranging, damit die Schüler ihre eigene Gestaltungsfähigkeit erfahren und erproben konnten. Im Unterschied zum herkömmlichen Buchwissen bot sich die reformpädagogische Möglichkeit, in der tätigen Auseinandersetzung mit Sachgesetzlichkeiten und (Material)Widerständen auch elementare Arbeitstugenden (Ausdauer, Beharrlichkeit, Willensstärke, Urteilskraft, Geschicklichkeit) zu erwerben und Sozialerfahrungen durch die Arbeit in der Gruppe bzw. in der „Arbeitsgemeinschaft“ zu sammeln. Neben der „Einheitsschule“ war die „Arbeitsschule“ (in Form einer „Produktionsschule“) die Hauptforderung des 1918 gegründeten sozialdemokratischen Bundes Entschiedener Schulreformer und wurde 1919 programmatisch in die Weimarer Verfassung aufgenommen.

Satzungsgemäß erstrebte der Bund Entschiedener Schulreformer den Zusammenschluss aller derer, die gewillt waren, „im Geiste der Jugendbewegung und der nach sozialer Lebensauffassung und neuen Lebensformen strebenden kulturellen Entwicklung an der Erneuerung des Erziehungs- und Bildungswesens mitzuarbeiten“. (BERNHARD/ EIERDANZ 1991, 197) Zu den zentralen Programmpunkten des Bundes Entschiedener Schulreformer: „'ein entschiedenes Bekenntnis zur Idee des freien Volksstaates und zum Geiste sozialer menschheitsumfassender Gemeinschaft', die ‚elastische Einheitsschule', der Kampf um die Weltlichkeit des Schulwesens, die Produktionsschule, eine umfassende Demokratisierung des Schulwesens“. (HACKL 1990, 127) Trotz zum Teil massiver Kritik insbesondere aus konservativen Lagern und auch von Seiten der damaligen Berufsbildungstheoretiker konnte der Bund Entschiedener Schulreformer sich im Deutschen Reich verbreiten. „So hatte er ‚Bund' 1920, also bereits ein Jahr nach seiner Gründung, aktive Gruppen in Berlin, Hamburg, Frankfurt/Main, Stettin, Hannover, Bremen, Braunschweig, Hameln, Tilsit, Mainz, Spandau, Königsberg und mehreren Ortschaften in Thüringen und Sachsen mit unzähligen Mitgliedern“. (Ebd., 131)

Die Protagonisten des Bundes Entschiedener Schulreformer strebten in erster Linie eine Reformierung der Gesellschaft an und sahen in der Produktionsschule ein geeignetes Mittel der Umsetzung. Die Initiierung einer eigenen Schulform war dazu die Voraussetzung, zumal die herkömmlichen Erziehungsanstalten anstelle eines demokratischen Bildungszieles die Einpassung in die Wertvorstellungen einer alten Gesellschaftsform betrieben, um „funktionierende Untertanen“ zu erziehen. Die Produktionsschule selbst war gedacht als Pädagogisierungsanstalt einer ganzen Gesellschaft. Ziel der Erziehung war die Mündigkeit, die sich konkret am Leitbild des Berufes orientierte und durch praktische Tätigkeiten gemeinschaftlich verwirklicht werden sollte. Zu den pädagogischen Zielen gehörten: Sanktionsfreies Lernen – nicht jeder Verstoß gegen gesellschaftliche Wertvorstellungen sei mit Strafe zu belegen; Respekt komme jedem Schüler zu, von dem aber dann auch erwartet wurde, dass er seinem Lehrer auf gleiche Weise begegne; die Schüler seien zum selbstverantwortlichen Handeln in enger Verbindung zur Gemeinschaft zu befähigen; die schöpferischen Gaben seien vor allem durch praktische Tätigkeiten auszubilden; Konkurrenzdenken und bürgerliche Hierarchien sollen überwunden werden; ein jeder Schüler sei zum bewusst lebenden Mitglied des demokratischen Gemeinschaftsstaates zu erziehen. ROBERT ADOLPH hat in seinem Beitrag über „Neue Lebensformen“ auf dem Produktionsschulkongress des Bundes Entschiedener Schulreformer 1923 auf Erziehungsgrundsätze hingewiesen, auf die der Bund aufbaute: „Das sollte jeder Erziehung erster Grundsatz sein: den selbstbewussten, selbstvertrauenden, auf sich gestellten Schöpfermenschen zu gestalten. Der zweite aber sei: ihn frei von Illusionen die Nöte und Notwendigkeiten der Gegenwart erkennen zu lassen“. (ADOLPH 1924, 11) Das Produktionsschulprogramm ist seinerzeit unter dem ambitionierten Titel „Die Produktionsschule als Nothaus und Neubau: Elastische Einheits-, Lebens-, Berufs- und Volkskultur-Schule“ (OESTREICH 1924) veröffentlicht worden.

Dass dieses Programm nicht aus einem Guss war, zeigen die auszugsweise wiedergegeben beiden klassischen Produktionsschul-Definitionen von SIEGFRIED KAWERAU und FRANZ HILKER:

1.) „Die Produktionsschule will die Schüler zur Selbstverantwortung und produktiver, auch wirtschaftlich produktiver Tätigkeit erziehen unter Ausbildung der besonderen Fähigkeiten jedes Kindes im Rahmen der Gemeinschaft. Darum ist ihr oberstes Gesetz Jugend und Freude, und nicht Drill, Zwang, Nützlichkeit, Altersweisheit. Darum muß sie mit Gartenbau, Werkstätten, eigenem Haushalt mit Speisungen zur Tagesschule ausgebaut werden. Darum kann nicht von jedem gleiches Wissen verlangt werden, sondern abgesehen von einem ganz elementaren gemeinsamen Unterricht im Notwendigsten herrscht große Bewegungsfreiheit nach Kursen eigener Wahl in aller sprachlichen, mathematischen, technischen und sonstigen Bildung. Körperliche wie geistige Arbeit wird von jedem verlangt und einheitlich bewertet. Auch der Körper soll zu seinem Recht kommen, soll zu einem zuverlässigen Organ eines an selbständigen Aufgaben früh geübten straffen Willens werden. Ueber den tüchtigen Einzelmenschen hinaus soll der Lebenswert in der Einstellung auf die Gemeinschaft gefunden werden, die erst das Schaffen jedes Einzelnen sinnvoll macht und ordnet. Die Gemeinschaft soll in innerer Verbundenheit von Schülerschaft, Lehrerschaft, Elternschaft zu gemeinsamen Erziehungswerk beruhen.“ (KAWERAU 1923, 49)

2.) „Die Produktionsschule führt ihren Namen von der produktiven Arbeit, die hier in dreifachem Sinne geleistet wird. Die Schule der ‚Entschiedenen Schulreformer' soll produktiv sein sowohl im pädagogischen Sinne, in der Herausformung aller gesunden, d. h. persönlichkeits- und gesellschaftsfördernden individuellen Anlagen, als auch in methodischer Hinsicht durch die besondere Wertschätzung und Entwicklung der schaffenden Kräfte (im Gegensatz zu der rein rezeptiven Erziehung der heutigen Schule), wie endlich in der sozialen Einstellung, indem sie den jungen Menschen von klein auf an seine gesellschaftlichen Aufgaben gewöhnt durch Leistungen, die seiner Lebensstufe und seiner Begabung angemessen sind.“ (HILKER 1924, 29)

Praktisch stand die Arbeits- und Produktionsschulbewegung auch in ihrer Hochzeit der Weimarer Republik im Abseits der gesamten deutschen Berufbildungspolitik, sie blieb mehr Idee und Konzept als Realität. Gleichzeit entfernte sich Kernstück reformpädagogischer Überlegungen – der arbeits- und produktionsnahe Unterricht – im Laufe dieser Phase nicht nur in den Berufsschulen, sondern auch in den vorgelagerten Volksschulen immer mehr von den Ideen der Reformpädagogik. Gemeinschaftsbildung und Arbeitnähe durch Erziehung und Bildung als pädagogische Orientierungen wurden zunehmend mit dem Ziel der Förderung von Gehorsam und Reduzierung des jugendlichen Konfliktpotenzials verbunden.

9.  Fazit

Berufsbildung in der Phase der Reformpädagogik war somit im Hinblick auf Gestaltung, Programmatik und Zielrichtung heterogen. Die Reformpädagogische Bewegung hatte weder einen flächendeckenden, noch einen eindeutigen Einfluss auf diesen Bildungsbereich, der sich im Spannungsfeld zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Politikbereichen entwickelt hat und mit einer Vielzahl an Grundsatzfragen und Meinungsdifferenzen konfrontiert war. Insbesondere die Berufsschulen gerieten – weit stärker als andere Schulen – in ein politisches Spannungsfeld. Die kulturphilosophisch orientierten Überlegungen der damaligen Berufsbildungstheorie, die durchaus reformpädagogisch orientiert waren, waren in der Berufsbildungspolitik und -praxis immer stärker der Kritik der Realitätsferne ausgesetzt, und die damaligen reformpädagogischen Konzepte wurden interessenpolitisch funktionalisiert. Die historische Rekonstruktion der Berufsbildung in dieser Phase macht bereits eine zentrale Hypothek der aktuellen Berufsbildungspolitik und im übrigen auch der akademischen Disziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik deutlich, nämlich die Schwierigkeit ein eigenes und stabiles Profil in der Landschaft des Bildungswesens bzw. der Erziehungs- und Bildungswissenschaften aufzubauen.

 

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