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15.09.04
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ERWIN SEMELKA
Strategien zur Umsetzung des Lernfeldkonzeptes - die personale
Dimension: Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Modellversuch SELUBA
Nordrhein-Westfalen
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SELUBA "Steigerung der Effizienz neuer Lernkonzepte und Unterrichtsmethoden
in der dualen Berufsausbildung", Modellversuch NRW , 01.10.1999 -
30.09.2002
1 Verhältnis der Lehrer zum Lernfeldkonzept
Die unterschiedlichen Bilder von Unterricht, die im Lehrer-Kollegium
existieren ("mentale Modelle des Kollegiums"), führen zum
individuellen unterrichtlichen Handeln der Lehrpersonen, das u. a. in
den Lernbiographien von Lehrer/innen begründet ist (Rolff 2001, S.
66f). Vor dem Hintergrund der primären Orientierung an klassischen
Unterrichtsfächern oder wissenschaftlichen Disziplinen/ Teildisziplinen,
erfolgt unterrichtliches Handeln im Wesentlichen nach fachsystematischen
Gesichtspunkten. Ein wesentliches Kennzeichen des Lernfeldkonzeptes ist
aber seine Gestaltungsoffenheit, die von den Lehrern und Lehrerinnen eine
neue Umsetzungsstrategie bezüglich einer im Kern handlungs-systematisch
konzipierten Realisierung der curricularen Vorgaben einfordert. Erwartungsgemäß
bestätigten die Erfahrungen und Ergebnisse des Modellversuchs SELUBA
einen zähen Verlauf des Umsetzungsprozesses.
1.1 Akzeptanz, Hoffnung, Bedenken
Schon zu Beginn des Umsetzungsprozesses stellte man eine hohe grundsätzliche
Akzeptanz der Intention und des curricular-didaktischen Auftrages des
Lernfeldkonzeptes fest. Mehr als die Hälfte der Lehrenden schätzte
die erwartete stärkere Selbstverantwortung als positiv ein. Während
jedoch die offenen Ziel-/Kompetenzvorgaben sowie die offenen Inhaltsvorgaben
als typische Strukturelemente des Lernfeldkonzeptes auf hohe Zustimmung
stießen, wurde der spezifische Zuschnitt der Lernfelder der jeweiligen
Lehrpläne von der überwiegenden Mehrheit der Lehrenden sehr
stark kritisiert. Den Lernfeldvorgaben mangelt es häufig an der notwendigen
didaktischen Aufbereitung für schulische Lehr-Lernprozesse. Kolleginnen
und Kollegen wollen und müssen die berufliche Handlungssystematik,
die den Lehrplänen zu Grunde liegt, nachvollziehen können, um
pädagogisch verantwortliche, standortbezogene curriculare Ausgestaltungen
der Lernfelder vornehmen zu können.
Die Verknüpfung von Praxis und Theorie im Kontext beruflicher Anwendungszusammenhänge
wurde auch schon vorher punktuell als reale berufliche Situation der Auszubildenden
in den schulischen Lehr-Lernprozessen im Rahmen der Unterrichtsfächer
berücksichtigt. Die Auseinandersetzung mit den Anforderungen der
betrieblichen Ausbildung und der erforderliche Abstimmungsbedarf sind
den Lehrenden nicht neu. Im Zusammenhang mit der positiven Einschätzung
der Schülermotivation beurteilten die Lehrer und Lehrerinnen die
Möglichkeit der Realisierung optimistisch.
Der Verlust der kleinschrittigen Inhaltsvorgaben in bisherigen Lehrplänen
beim Wechsel zu den neuen offenen handlungssystematischen Strukturen führte
bei einem Teil der Lehrenden zur Verunsicherung, die durch die oft nicht
gesicherte didaktische Qualität der Lernfeldschneidungen noch verstärkt
wurde. Insbesondere fehlten Ihnen die Aussagen über den Stellenwert
der Fachsystematik und die Bedeutung der Unterrichtsfächer. Lehrende
fühlten sich nicht vollständig in der Lage, die Lernfelder,
wie gefordert, pädagogisch verantwortlich, standortbezogen curricular
auszugestalten. Befürchtet wurde eine höhere Belastung durch
die stärkere Selbstverantwortung, insbesondere auch in zeitlicher
Sicht. Die geforderte Teamarbeit der Lehrenden im Bildungsgang und die
damit verbundene Offenlegung des eigenen Unterrichts stimmte mit der geübten
Praxis nicht überein und stieß zunächst auf Ablehnung,
obwohl der Wert der Teamarbeit grundsätzlich nicht in Frage gestellt
wurde.
Insgesamt stand dennoch die Hoffnung auf eine Steigerung der Unterrichtsqualität
und der zukünftigen Entlastung der Lehrer und Lehrerinnen im Focus
positiver Betrachtungen.
2 Widerstand und Beharrung
Im Rahmen der "Didaktischen Jahresplanung" erfolgte die zögerliche
Umsetzung des Lernfeld-Curriculums. Dieser Planungs- und Entwicklungsprozess
deckte den Bereich der curricular-didaktischen Arbeit sowie der Bildungsgang/
Schulentwicklung ab. Die Hinwendung zur Teamarbeit im Bildungsgang bedeutete
für die Lehrer und Lehrerinnen einen erheblichen innovativen Schritt.
Dementsprechend entwickelte sich die Bildungsgangarbeit in aufeinander
aufbauenden Phasen, in denen Verhaltensveränderungen nur schrittweise
zu beobachten waren.
Indikatoren für Widerstand und Beharrung sind:
· Gemeinsam geplante Lernsituationen werden fachsystematisch umgesetzt
· Abweichungen vom Konzept werden mit unzutreffenden oder unzulänglichen
Rahmenbedingungen begründet (fachsystematisch konzipierte Abschlussprüfung
der Kammern, Stundenplan, Ausstattung, Räume etc.)
· Der eigene Unterricht wird nicht offen gelegt, Hospitationen
werden abgelehnt
· Evaluationsvorhaben werden verhindert oder verwässert
· Das Teamverhalten ist kontraproduktiv. (Einhaltung von Terminen,
erstellen von Arbeitsbeiträgen etc.)
· Die Kooperation mit den dualen Partnern ist unzureichend
2.1 Qualifizierungsbedarf und Umsetzungsstrategien
Didaktische Jahresplanungen stellten den Rahmen für die Umsetzung
der Lernfeld-Curricula dar. Es waren Prozesse mit erheblichen Anforderungen
an die Lehrenden, was umfangreiche Qualifizierungsanforderungen zur Folge
hatte. Eine wirksame Umsetzungsstrategie beinhaltet eine Beratungs- und
Unterstützungsstruktur, die das kontinuierliche Arbeiten und Kommunizieren
im den Bildungsgang fördert. Wegen der fehlenden Erfahrung der Arbeit
im Spannungsfeld von Handlungs- und Fachsystematik ist eine Professionalisierung
der curricularen Kompetenz zwingend erforderlich. Die Organisationsstruktur
von Schule muss die Teamarbeitsprozesse der Lehrenden stützen und
sich von der Lehrereinsatzplanung und Stundenplangestaltung, die die traditionellen
Fächerstrukturen zur Grundlage haben, entfernen. Die in Evaluationsprozessen
gewonnenen Erkenntnisse fließen in den Entwicklungsprozess ein.
Die Bildungsgangarbeit stellt letztlich den Kern der Schulentwicklung
dar.
Die notwendige Qualifizierung der Lehrer und Lehrerinnen muss mindestens
folgende Kompetenzbereiche abdecken:
· Curriculare Kompetenz
· Methodische Kompetenz
· Teamkompetenz
· Evaluationskompetenz
Zu den Umsetzungsstrategien gehören:
· Start mit den innovativen Personen
· Gezielte Zusammensetzung von Bildungsgangteams unter der akzeptierten
Einbindung einer Führungsperson
· Vertrauensbildende Maßnahmen unter besonderer Achtung der
Lehrerpersönlichkeit
· Zielvereinbarungen
· Beratungsangebote/Fortbildungsangebote
· Optimierung der organisatorischen Rahmenbedingungen
· Regionaler Erfahrungsaustausch
3 Einbindung der Schüler und Betriebe
Schüler und Schülerinnen sowie Betriebe sind Partner und Mittler
im Kontext beruflicher Arbeits- und Geschäftprozesse. Schüler
sind selbstständig Lernende und kritische Rückmelder. Sie orientieren
sich in Ihrem Handeln am Vorbild des Lehrerteams, das u. a. seine Unterrichtsplanung
transparent macht. Ihre Akzeptanz und Motivation steigt durch die erlebten
Unterrichtserfolge. Da die Lernortkooperation keine völlig neue Aufgabe
für Lehrer und Lehrerinnen ist, ist die Weiterentwicklung von der
meist auf formaler Ebene bestehenden Kooperation zur aktiven Kooperation
nur ein kleiner Schritt. Das Lernfeldkonzept setzt auf eine Ausweitung
im Bereich der curricular-didaktischen Arbeit. Lernsituationen, die an
beruflichen Handlungssituationen orientiert sind und die die regionalspezifischen
Besonderheiten der Ausbildungssituation berücksichtigen, lassen sich
nur in Abstimmung zwischen den dualen Partnern entwickeln. Wenn dann noch
die Durchführung der Lernsituationen gemeinsam mit den Ausbildungsbetrieben
unter der Prämisse praktischer Arbeits- und Geschäftsprozesse
stattfindet, vervollständigt sich das Netz der am Entwicklungsprozess
Beteiligten. (Abb. 1)
![](semelka/b1.jpg)
Abb. 2: Netzwerk der Prozessbeteiligten
Die Rolle der Schulaufsicht definiert sich über die Bereitstellung
von Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten ebenso wie über die
Vermittlung von über-regionaler Zusammenarbeit der Schulen und anderer
Beteiligter. Denkbar für die Zukunft ist ihr verstärkter Auftritt
im Rahmen externer Evaluationsmaßnahmen.
Literatur:
Rolff, H.-G. (2001): Unterrichtsentwicklung. Weinheim: Beltz Verlag.
Landesinstitut für Schule (Hrsg.) (2002): Modellversuch SELUBA: Evaluation
der Bildungsgangarbeit in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Modellversuches
SELUBA, Soest, Werkstattbericht Heft 4.
Landesinstitut für Schule (Hrsg.) (2003): Modellversuch SELUBA: Abschlussbericht
zum Modellversuch SELUBA Nordrhein-Westfalen, Soest.
Modellversuch SELUBA: online unter http://www.learn-line-nrw.de/angebote/seluba
(30.9.03).
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