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1. Einführung
Diese Fachtagung stellt den Versuch
dar, den Modellversuch CULIK weiter zu vernetzen,
d. h.
eigene Überlegungen
und Erfahrungen weiterzugeben und zu diskutieren,
Feedback darauf zu erhalten
und
von den Erfahrungen anderer,
insbesondere auch anderer Modellversuche, zu profitieren.
Der zentrale Ort dafür sollen die
Workshops sein, mit denen unterschiedliche thematische
Akzente gesetzt werden.
Mit diesem Beitrag wird der Gesamtzusammenhang
des Modellversuchs CULIK vorgestellt und damit auch
der Rahmen umrissen, in den die einzelnen Workshops
und Beiträge gestellt werden. Er ist zugleich
so etwas wie eine Halbzeitbilanz unseres Modellversuchs
und steht damit unter dem Anspruch, dessen Konzeption
vorzustellen, den bisherigen Ablauf zu reflektieren
und vorliegende Zwischenergebnisse zu umreißen
um schließlich auf dieser Grundlage Überlegungen
zu den Schwerpunkten der weiteren Arbeit vorzustellen.
Das Akronym CULIK steht für
Cu rriculumentwicklungs-
und Qualifizierungsnetzwerk L ernfeldinnovation
für Lehrkräfte in Berufsschulfachklassen
für I ndustrie K aufleute
Es handelt sich hierbei um einen Modellversuchsverbund
der Länder Hamburg und Niedersachsen im Rahmen
des BLK Modellversuchsprogramms „innovelle-bs“ (Innovative
Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen
Schulen), das unter der Programmträgerschaft
des IPTS Schleswig-Holstein Modellversuche zur Reform
der Lehrerbildung für den berufsbildenden Bereich
in der 2. und 3. Phase bündelt (vgl. König
et al. 2002 und www.innovelle-bs.de
). Die Laufzeit des Modellversuchs ist von November
2001 bis Oktober 2004.
Modellversuchsträger für Niedersachsen
ist das Landesinstitut für Lehrplan- und Materialienentwicklung
(NLI) in Hildesheim. Modellversuchsbeteiligte sind
die Studienseminare sowie die kaufmännisch-berufsbildenden
Schulen in Oldenburg, Göttingen und Stade sowie
die BBS 11 in Hannover.
Der Hamburger Modellversuchspartner
ist die Handelsschule mit Wirtschaftsgymnasium Schlankreye
(H 3). Die Wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchsverbundes
liegt beim Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik
der Universität Hamburg (IBW).
2. Zur Konzeption des Modellversuchs
2.1 Lernfeldthematik als Ausgangspunkt des Modellversuchs
Die Ausgangsidee unseres Modellversuchs
fokussierte zunächst stark auf den Curriculumentwicklungsaspekt.
Die Einführung eines lernfeldorientierten Rahmenlehrplans
für den Ausbildungsberuf des Industriekaufmanns
stand 2001 vor der Tür, in Hamburg hatte sich
an der Handelsschule Schlankreye eine schulinterne
Arbeitsgruppe gebildet, die dies konzeptionell vorbereiten
sollte und dazu die Zusammenarbeit mit dem IBW gesucht
hatte. Aus dieser Gruppe heraus entstand die Idee,
die anstehende Entwicklungsarbeit mit den parallel
stattfindenden Prozessen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein
zu vernetzen, um so Synergien zu entfalten. Dies sollte,
so die Ausgangsidee, unter Nutzung einer geeigneten
Kooperationsplattform im Internet erfolgen, wobei
von Anfang an klar war, dass das technische Medium
Mittel zum Zweck sein sollte und dass es wesentlich
darum gehen würde, eine Balance zwischen unmittelbarer
und mediengestützter Kooperation zu entwickeln.
Im Zuge der vorbereitenden Diskussionen,
nach genauerem Studium der Erfahrungen in vergleichbaren
Modellversuchen (vgl. für die Modellversuche
NELE und SELUBA Bader/Sloane 2000; für den Modellversuch
SOL Wagner/Beek 2000; und für QUABS Schelten/Tenberg
2001) und schließlich sicher auch unter dem
Eindruck der Programmcharakteristika von innovelle-bs
wurde uns zunehmend deutlicher, dass es in unserem
Projekt nicht allein um Probleme der Curriculumentwicklung
gehen konnte, sondern dass ein solcher kooperativ
angelegter Entwicklungsprozess ganz wesentlich auch
Momente der Selbstqualifizierung der Beteiligten aus
dem Entwicklungsprozess heraus würde aufweisen
müssen. Und schließlich zeigten insbesondere
auch die Erfahrungen aus den BLK-Modellversuchen NELE
und SELUBA, dass von integrierten Prozessen der Personalentwicklung
im Kontext curricularer Entwicklungsarbeit in aller
Regel auch Impulse für die Veränderung organisatorischer
Rahmenbedingungen ausgehen (vgl. Bader/ Sloane 2002).
Hiermit waren die beiden zentralen Eckpunkte
der Konzeption von CULIK fixiert. Gegenstand
dieses Modellversuchs ist die Verzahnung
curricularer Entwicklungsprozesse im Rahmen der Umsetzung
des Lernfeldkonzepts im Bereich der Ausbildung von
Industriekaufleuten mit Prozessen des individuellen
und organisationalen Lernens und der Veränderung
organisatorischer Rahmenbedingungen für Unterricht
und Lehrerarbeit (vgl. dazu auch Steinemann/Gramlinger
2003).
Abb.1: Die Wechselwirkung von CE, OE und PE
Zentrales strategisches Element
sollte dabei die Installation von Lehrerteams
an den beteiligten Institutionen und der Aufbau nachhaltiger
Kommunikations- und Kooperationsstrukturen in und
zwischen den Projektteams mit Hilfe einer schul- und
länderübergreifenden Kommunikations- und
Kooperationsplattform sein.
Angestrebt wurde somit nicht lediglich
die arbeitsteilige Bearbeitung einer komplexen (Curriculumentwicklungs-)Aufgabe,
sondern, weit anspruchsvoller, die abgestimmte und
permanent rückgekoppelte Erarbeitung von Prinzipien,
Verfahren und letztlich auch curricularen Produkten
auf der Grundlage eines gemeinsamen Entwicklungs-
und Lernprozesses. Damit ging es nicht mehr allein
um gegenseitige Information und Kommunikation, sondern
noch über den traditionellen Ansatz (arbeitsteiliger)
Kooperation hinausweisend darum, das zu entwickeln,
was im angelsächsischen Sprachraum mit dem Begriff
der „collaboration“ belegt wird (vgl. Gramlinger 2003
und Lehtinen et al. 1998). Nicht Arbeitszerlegung,
Aufgabenzuweisung, Kontrolle und Zusammenfügung
der Teilergebnisse sind hier idealtypisch die Prozessmerkmale,
sondern Transparenz gemeinsamer Ziele und Arbeitsprinzipien,
die Bereitschaft zur Offenlegung eigener Arbeitsprozesse
und Ergebnisse auch in statu nascendi, die Bereitschaft
sich intensiv mit den Arbeitsergebnissen anderer Teams
oder Teammitglieder auseinander zu setzen und hierauf
klare und begründete Rückmeldungen zu geben,
letztlich das selbstbewusste Vertrauen in die eigene
Kompetenz (und auch deren Grenzen) und in die Fairness
und Konstruktivität aller Beteiligten.
Nachdem Schleswig-Holstein sich aus
pragmatischen Gründen nicht am Modellversuchsverbund
beteiligte, wurde CULIK im Spätsommer 2001 als
Modellversuch der beiden Länder Niedersachsen
und Hamburg beantragt und bewilligt.
Abbildung 2 verdeutlicht die Kooperationsstruktur
im Modellversuch und dient zugleich als Rahmen, um
nachfolgend die spezifischen Beiträge und Akzente
der Modellversuchspartner genauer zu bestimmen.
Abb. 2: Die Kooperationsstruktur in CULIK unter
Nutzung einer Internetplattform
2.2 Der Niedersächsische Modellversuchsbeitrag
Im Zentrum des Niedersächsischen
Modellversuches stand im Rahmen der CULIK-Gesamtkonzeption
die Entwicklung und Erprobung eines interinstitutionellen
Kooperationsnetzes unter Beteiligung von
Studienseminaren und Berufsbildenden Schulen an verschiedenen
Standorten unter folgenden spezifischen Gestaltungs-
und Erkenntnisinteressen:
Entwicklung und Erprobung
eines Konzepts zur Vernetzung von Entwicklungs- und
Qualifizierungsprozessen an Schulen mit der Ausbildung
in Studienseminaren;
Konzept zur gemeinsamen
Qualifizierung von Lehrkräften und Referendarinnen/
Referendaren in Teams;
Entwicklung von Curriculumbausteinen
für ausgewählte Lernfelder des KMK-Rahmenlehrplans
Industrie in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Kooperationspartner;
Konkretisierung des Lernfeldansatzes
für den kaufmännischen Bereich und Entwicklung
von Kriterien für die Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements
im Rahmen eines lernfeldorientierten Curriculums;
Öffnung der Kooperationsplattform
für andere Schulen und Studienseminare, Transfer
der materiellen und strategischen Arbeitsergebnisse.
2.3 Der Hamburger Modellversuchsbeitrag
Die Handelsschule Schlankreye als Hamburger
Modellversuchspartner die Berufsschule für Industriekaufleute
in der Hansestadt, setzt den Schwerpunkt ihrer Arbeit
auf den Aufbau und die Organisation einer schulinternen
(intrainstitutionellen ) Kooperationsplattform.
Dabei galt das systematische Interesse insbesondere
den Aspekten
Entwicklung und Erprobung
neuer Organisationsformen in der Lehrerarbeit, insbesondere
Teamstrukturen;
kollegiale Selbstqualifizierung
von Lehrkräften in Teams;
Aufbau nachhaltiger Kommunikations-
u. Kooperationsstrukturen innerhalb schulischer Arbeitsteams;
Entwicklung von Qualitätsstandards
für die schulische Curriculumentwicklung;
Transfer der materiellen
und strategischen Arbeitsergebnisse auf andere Teams
innerhalb der Schule.
2.4 Funktion der Wissenschaftlichen Begleitung
Die wissenschaftliche Begleitung dieses
Verbundprojekts steht in der doppelten Verantwortung,
einerseits im Sinne eines formativen Evaluationskonzepts
einen Innovationsprozess aktiv mitzutragen, d. h.
anzuregen, theoretisch und konzeptuell zu unterstützen
sowie kritisch-konstruktiv zu reflektieren, von dessen
Relevanz und konzeptioneller Plausibilität sie
aufgrund ihrer theoretischen Studien und praktischen
Erfahrungen bei aller wissenschaftlich gebotenen Zurückhaltung
überzeugt ist (vgl. hierzu Tramm 1992). Zugleich
jedoch sieht sie sich andererseits in der Pflicht,
Erfahrungen und Ergebnisse dieses Verbundprojektes
unter Wahrung wissenschaftlicher Intersubjektivitätsstandards
zu erheben, zu dokumentieren und zu bewerten, um den
bildungspolitischen Entscheidungsträgern, den
betroffenen Praktikern im Berufsbildungssystem sowie
der Scientific Community ein zutreffendes und differenziertes
Bild vom Erfolg dieses Projekts zu vermitteln (s.
hierzu Kordes 1993; Sloane 1998; Tramm/Reinisch 2003)
Auf dieser Grundlage lassen sich für
die wissenschaftliche Begleitung fünf zentrale
Aufgabenbereiche unterscheiden:
Unterstützung bei
der Entwicklung von Arbeitsstrategien und gemeinsamen
Arbeitsgrundlagen für die arbeitsteilige Entwicklung
von Lehr-Lern-Arrangements zur Umsetzung ausgewählter
Lernfelder an den einzelnen Standorten;
Mitwirkung beim Aufbau
und Betrieb der Kooperationsplattform;
Mitwirkung bei der Moderation
des Kooperationsprozesses über die Internetplattplattform;
formative Evaluation der
Entwicklungs- und Kooperationsprozesse sowie Dokumentation
und Analyse der Ergebnisse im Sinne einer summativen
Evaluation;
Mitwirkung bei der Vernetzung
der Modellversuchsarbeit mit anderen Projekten, Mitwirkung
bei der Verstetigung und dem Transfer von Modellversuchsergebnissen.
3. Bisherige Arbeitsschritte im Modellversuch
CULIK
3.1 Überblick
CULIK lebt wesentlich aus und von den
Aktivitäten an den einzelnen Standorten. Dabei
gelang es an einem Standort, nämlich Göttingen,
gemischte Teams von Lehrern und Referendaren zu organisieren,
und damit die institutionelle Trennung von Schule
und Studienseminar auf sehr fruchtbare Weise partiell
zu überwinden. An den beiden anderen Seminarstandorten
scheiterte dies an den organisatorischen Rahmenbedingungen,
insbesondere an den Fachseminargrößen.
Wenn wir im Folgenden versuchen aus
der Perspektive der wissenschaftlichen Begleitung
einen Halbzeitüberblick über die Arbeit
in CULIK zu geben, so kann dieser die zentrale Handlungsebene
des Modellversuchsverbundes naturgemäß
nur sehr unvollständig abbilden. Um dennoch einen
Eindruck vom gemeinsamen Arbeitsprozess zu vermitteln,
wollen wir zunächst wesentliche Arbeitsschritte
kursorisch skizzieren und im Anschluss zwei zentrale
Elemente unserer Arbeit etwas genauer in den Blick
nehmen.
Die standortübergreifende Arbeit
in CULIK wurde in starkem Maße durch Präsenztreffen
aller Mitwirkenden geprägt, die als Ein- oder
Zweitagesveranstaltungen etwa zwei bis drei Mal jährlich,
meist in Hannover, stattfanden. Auf diesen Veranstaltungen
wurden Verabredungen über die arbeitsteilige
Auseinandersetzung mit den Lernfeldern getroffen,
es wurden Gestaltungsprinzipien und Formate verabredet
und Arbeitsergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Die Kommunikation über das Netz unterstützte
diese Arbeit im Sinne von Vor- und Nachbereitung und
von Dokumentation, sie blieb aber deutlich instrumental
im Dienste der Präsenztreffen. Dabei wurde die
Plattform am intensivsten auf der Ebene der jeweiligen
Standorte genutzt; die standortübergreifende
Nutzung wurde jeweils unmittelbar vor und vor allem
nach den Präsenztreffen deutlich intensiviert.
Inhaltlich können die folgenden wichtigen Etappen
und damit auch Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit markiert
werden:
Inventur und Dokumentation
existierender Modellunternehmen verbunden mit dem
Versuch, Affinitäten solcher virtueller Unternehmen
zu spezifischen Lernfeldern zu identifizieren. Dieser
Arbeitsschritt wurde notwendig, weil schnell deutlich
wurde, dass eine Verständigung auf ein gemeinsames
Modellunternehmen der verschiedenen Standorte nicht
möglich war.
Eine Synopse der organisatorischen,
curricularen und technischen Rahmenbedingungen der
einzelnen Standorte war ein wichtiger Arbeitsschritt,
weil die Heterogenität in diesen Bereichen deutlich
größer als erwartet war. Dies betraf bei
den Schulen etwa Fragen der Blockorganisation, der
Stundentafel (Lernfelder parallel oder nacheinander),
des Lehrereinsatzes, der eingeführten Lehrbücher,
der Modalitäten der Lernortkooperation, der räumlichen
und technischen Arbeitsbedingungen. Auch seitens der
beteiligten Studienseminare wichen die organisatorischen
Rahmenbedingungen z. T. dramatisch voneinander ab.
So etwa im Hinblick auf die Zahl der involvierten
Referendare, ihren unterrichtlichen Einsatz im Industriebereich
und die Möglichkeit ihrer Einbindung in die CULIK-Lehrerteams.
Die inhaltliche Arbeit
begann mit der gemeinsamen parallelen Bearbeitung
des Lernfeldes 2 „Marktorientierte Geschäftsprozesse
eines Industriebetriebes erfassen“ (zur Einordnung
in den Rahmenlehrplan siehe
http://www.culik.de/Materialien/Industriekauffrau.pdf
) an allen Standorten, um über diesen exemplarischen
Prozess Prinzipien der arbeitsteiligen Entwicklung
weiterer Lernfelder generieren zu können.
Diese Konstruktionskriterien
zur Umsetzung des Lernfeldkonzepts in Lehr-Lern-Arrangements
waren ein erstes materielles Ergebnis des Modellversuchs
und wurden als Orientierungsrahmen der Lernfeldarbeit
an den Standorten einvernehmlich akzeptiert. Wir werden
unter 3.3 darauf inhaltlich noch genauer eingehen
Im April 2002 wurde am
IBW ein BSCW-Server als Kommunikations- und Kooperationsplattform
des Modellversuchs eingerichtet, auf den alle Mitwirkenden
im Projekt auf unterschiedlichen Ebenen zugreifen
können. Auf die Struktur dieser Plattform gehen
wir unter Punkt 3.2 näher ein.
Ausgehend vom Hamburger
Modellversuchsteam wurden Vorschläge für
einheitliche Dateiformate vorgestellt, um so die Weitergabe
und Nutzung von curricularen Entwürfen zu erleichtern.
In 2002 wurde die Arbeit
an den Standorten wesentlich durch die arbeitsteilige
Erarbeitung von Makrosequenzen zu ausgewählten
Lernfeldern geprägt.
Auf weiteren Präsenztreffen
erfolgte die Präsentation und Diskussion der
Arbeitsergebnisse zu den Lernfeldern 1, 2, 4, 6, 7
(nachzuvollziehen unter http://www.culik.de/Ablauf/Ablauf.html
). Hierbei wurden deutlich drei Akzente gesetzt:
Offenlegung und Reflexion
der Herangehensweise und der damit gemachten Erfahrungen;
Reflexion und Weiterentwicklung
der Konstruktionskriterien
Optimierung bzw. Modifikation
der Arbeitsergebnisse
Im Bearbeitungsprozess
wurde die BSCW-Plattform jeweils zunächst als
interne Kooperationsbasis genutzt, bevor die Ergebnisse
sukzessive einem weiteren Benutzerkreis innerhalb
und schließlich auch außerhalb von CULIK
zugänglich gemacht wurden.
3.2 Die Informations-, Kommunikations- und
Kooperationsplattform
Technische Basis für die angestrebte
Kooperation der CULIK-Beteiligten in Curriculumentwicklung
und Selbstqualifizierung ist eine Internetplattform
auf Grundlage des Groupware-Systems BSCW – Basic Support
for Cooperative Work –, die für Bildungseinrichtungen
konzipiert und diesen durch die Firma OrbiTeam GmbH
unter bestimmten Voraussetzungen für Unterrichtszwecke
kostenlos zur Verfügung gestellt wird (Jecht/Sausel/Strahler
2000).
Über diese Plattform kann auf den
unterschiedlichen Arbeitsebenen (das gesamte CULIK-Team,
Schule und Studienseminar am gleichen Ort, jedes einzelne
Standort-Team) zusammengearbeitet werden: Hier ist
der Ort, um Dokumente abzulegen und zu bearbeiten,
Informationen auszutauschen sowie Diskussionen darüber
zu führen (vgl. dazu CULIK 2002, weiterführend
zum Aspekt der IT-Infrastruktur auch Wilbers 2003).
Der vereinbarten Arbeitsstrategie angepasst
wurden vier große Arbeitsbereiche auf der CULIK-Plattform
eingerichtet: Der Kooperationsbereich
– ausschließlich für die Mitglieder des
CULIK-Teams –, zu dem auch die geschlossenen
Bereiche für Standortkooperationen gehören;
der erweiterte Benutzerkreis, der auch als
Kommunikationsbereich bezeichnet
wird; schließlich ein öffentlicher
Bereich, in Abbildung 3 als
Schaufenster gekennzeichnet. Eine
wichtige Funktion erfüllt schließlich die
CULIK-Homepage, die unter www.culik.de
als Portalseite konzipiert ist und direkt zu
den verschiedenen Bereichen im BSCW führt.
Abb. 3: Die verschiedenen (Arbeits-)Bereiche der
virtuellen CULIK-Plattform
In Tabelle 1 sind die unterschiedlichen Bereiche
des
Tab.1: Arbeitsbereiche und Berechtigungen auf der
CULIK-Plattform
Standortkooperation
|
Jedes Mitglied des Culik -Teams ist in mindestens
einer Standortkooperation vertreten. Dies sind
Bereiche, zu denen nur die Mitglieder dieser
Gruppe Zugang haben. In diesem Arbeitsbereich
können die Standorte ihre intrainstitutionelle
Zusammenarbeit koordinieren. So werden dort
z. B. Entwürfe diskutiert, die dann im
nächsten Schritt dem gesamten Culik -Team
vorgestellt werden.
An der Berufsschule für Industriekaufleute
in Hamburg arbeiten zwei Lehrerteams gezielt
am Aufbau und der Gestaltung einer schulinternen
Plattform für die Curriculumentwicklung
und Lehrerqualifizierung. Dabei wurden verbindliche
Standards für die Kommunikation und Dokumentation
als unerlässliche Basis für eine plattformgestützte
Teamarbeit entwickelt.
|
Kooperation CULIK-Gesamtteam
|
In diesem Bereich, der den Mitgliedern des
CULIK-Gesamt-teams vorbehalten ist, werden die
Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen und
Standorte vorgestellt und im CULIK-Kreis diskutiert.
Dieser Arbeitsbereich ist eine Art geschützter
Raum, in dem Neues ausprobiert werden kann ohne
die entstehenden Ergebnisse gleich einer öffentlichen
Bewertung Preis zu geben. Dieses Vorgehen wird
als wichtig erachtet, um sich zunächst
an die interinstitutionelle Zusammenarbeit zu
gewöhnen und innovativen Ideen Raum zu
geben. Es dient auch dem Aufbau einer für
die Zusammenarbeit wichtigen Vertrauensbasis.
|
Kommunikationspartner
|
Der Bereich für Kommunikationspartner
ist ein durch Passwort geschützter Bereich,
zu dem interessierte externe Personen Zugang
erhalten. Gegen Angabe von E-Mail-Adresse und
Namen bekommen diese Personen eine Nutzerkennung
mit Passwort zugesandt. Über eine Mailingliste
hat das Culik -Team die Möglichkeit, mit
diesen Personen in Kontakt zu treten. In diesem
Teil der Plattform werden erste Ergebnisse und
Entwürfe des Culik -Teams einer interessierten
Öffentlichkeit vorgestellt. Anregungen
und Diskussionen sind hier ausdrücklich
erwünscht und gefragt.
|
Schaufenster
|
Dieser Bereich des BSCW-Servers ist ohne Passwort
zu erreichen. Jeder Internet-User hat Zugang
zu allen hier befindlichen Informationen. Das
Schaufenster ist eng mit der Homepage www.culik.de
verknüpft. Man erhält von der
CULIK-Homepage aus direkten Zugriff auf das
Schaufenster. Beide zusammen genommen dienen
der Außendarstellung des Modellversuchs
und gemeinsam mit dem Teil für Kommunikationspartner
haben sie auch eine wichtige Bedeutung für
den angestrebten Transfer der Ergebnisse aus
CULIK.
|
Ein für CULIK wichtiges Prinzip
für die Zusammenarbeit mit und über diese
internetbasierte Plattform besteht darin, dass jeweils
die Autoren selbst entscheiden, welchem Kreis sie
ihre Inhalte zugänglich machen – ob in einer
ersten Phase nur dem CULIK-Standort- oder Gesamt-Team,
dem erweiterten, besonders interessierten Benutzerkreis
oder der Allgemeinheit.
Eine letzte Gruppe, die ebenfalls einen
vollen Zugang zu allen Bereichen der Plattform hat,
sei hier noch kurz erwähnt – die „ Experten
“. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von
Personen, die aufgrund besonderer Expertise, Sachkenntnis,
Verbindung zum und Interesse am Projekt, diesen Expertenstatus
zuerkannt bekommen hat. Diese Gruppe soll ihr Expertentum
in CULIK über qualifizierte Rückmeldungen
und Beiträge einbringen. Dahinter steht nicht
nur das Bemühen, durch Kommunikation und Kooperation
einen Entwicklungs- und Gestaltungsprozess zu fördern
und voran zu bringen; Ziel ist es auch, von und mit
diesen Experten zu lernen, indem CULIK nicht nur vom
Wissen anderer profitiert, sondern diese Experten
auch für einen Austausch gewinnen kann.
3.3 Gestaltungskriterien für Lehr-Lern-Situationen
Vom Lernfeld zur Lernsituation – ein
erster, grundlegender Schritt, den das CULIK-Team
auf der ersten gemeinsamen Präsenzveranstaltung
gegangen ist. Das Ergebnis dieser Arbeit waren 22
Gestaltungsprinzipien , die in der ausführlichen
und kommentierten Version auf der Homepage unter „Materialien“
nachzulesen sind ( http://culik.de/Materialien/22_Gestaltungskriterien.pdf
). Diese Kriterien markieren den verbindlichen
Rahmen für die Entwicklungsarbeit an den einzelnen
Standorten und stellen einen selbstauferlegten und
bei der Erarbeitung von Lernsituationen anzustrebenden
Qualitätsstandard dar. Hier eine komprimierte
Auswahl:
A. Zum Lernkonzept
Problemlernen
Mit dem Konzept eines handlungsorientierten
Unterrichts verbindet sich grundsätzlich die
Anforderung, den Unterricht als einen aktiven Konstruktions-
bzw. Rekonstruktionsprozess der Lernenden anzulegen.
In diesem Verständnis sind Begriffe, Theorien,
Modelle, Strategien oder Techniken als Lösungen
spezifischer Handlungs- oder Orientierungsprobleme
einzuführen. Das Verständnis dieser Lerninhalte
kann nur erreicht werden, wenn sie aus dem Verständnis
der jeweils korrespondierenden Probleme oder Aufgabenstellungen
heraus erarbeitet werden. In diesem Sinne sollten
praxisrelevante Handlungs- oder Orientierungsprobleme
den Ausgangspunkt des Lernprozesses darstellen.
Situiertes Lernen
Die zentrale didaktisch-curriculare
Herausforderung besteht darin, Lerngegenstände
nicht isoliert oder in ihrer fachsystematischen Ordnung
und damit losgelöst aus ihrem jeweiligen pragmatischen
Kontext zu präsentieren, sondern sie umgekehrt
so in sinnvolle situative Kontexte zu (re)integrieren,
dass sie den Lernenden Anlässe zum problemlösenden
Lernen bieten, dass sie im Zuge dieses problemlösenden
Handelns orientierungs- und handlungsrelevant werden
und so von den Lernenden angeeignet werden können.
B. Modellierung und Modellunternehmen
Zielgeleitete Modellierung mit
Hilfe von Modellunternehmen (MU)
Die Lehr-Lern-Arrangements sollen sich
an Modellunternehmen orientieren – das sind nicht
naturalistischen Abbilder von Unternehmen, sondern
didaktische Konstruktionen zum Zwecke des Lernens.
Diese dürfen in ihren grundlegenden Leistungs-
und Strukturmerkmalen nicht im Widerspruch zur betrieblichen
Erfahrungswelt der Auszubildenden und zu deren Alltagserfahrungen
stehen; und sie müssen es erlauben, solche Strukturen,
Prozesse, Phänomene und Probleme abzubilden,
mit denen sich die Lernenden auseinandersetzen sollen.
Für einen kooperativen
Modellierungsprozess ist frühzeitig
zu klären, welche Konzepte, d. h. Begriffe, Modelle,
Verfahren und Einstellungen die Lernenden erwerben
sollen und über welche Probleme oder Aufgabenstellungen
diese situativ repräsentiert werden können.
Klarheit über die Bildungs- und Lernziele ist
damit der erste Schritt im Modellierungsprozess.
Wissenspool Modellunternehmen
Es ist beabsichtigt, nicht durchgängig
in allen Lernfeldern mit demselben Modellunternehmen
zu arbeiten. Anzustreben ist vielmehr eine begrenzte
Anzahl von Modellunternehmen, die sich nach Branche,
Betriebsgröße, Rechtsform und anderen Merkmalen
unterscheiden und den besonderen Anforderungen der
einzelnen Lernfelder angepasst werden können.
Angestrebt wird in diesem Zusammenhang der Aufbau
eines Wissenspools in CULIK-, der einen Überblick
über vorhandene Modellunternehmen und ihre spezifischen
Modellierungsmerkmale bietet.
Geschäftsprozesse
im Zentrum der Modellierung
Als grundlegender konzeptueller Rahmen
für die Modellierung von (arbeitsanalogen) Lernsituationen
sollen Geschäftsprozesse dienen. Es wird erforderlich
sein, eine stimmige Systematik von Geschäftsprozessen
heranzuziehen bzw. zu entwickeln und diese auch in
einen systemischen Zusammenhang zu stellen. Bezogen
auf diese Geschäftsprozesse sind charakteristische
und empirisch relevante Konzepte und Probleme zu identifizieren.
Und es ist in umgekehrter Blickrichtung zu fragen,
in welchen Geschäftsprozessen zentrale Konzepte
am besten abzubilden sind.
C. Lernprozessgestaltung
Raum für systematisierende
Lernphasen
Im handlungsorientierten Unterricht
kommt der begrifflichen Reflexion und Systematisierung
der Lernerfahrungen eine zentrale Bedeutung zu, um
ein Lernen am Modell zu ermöglichen und damit
das erworbene Wissen und Können zu dekontextualisieren
und für andere Zusammenhänge nutzbar zu
machen. Neben der begrifflichen Reflexion und Systematisierung
konkreter, situativer Lernerfahrungen zum Zwecke der
Verallgemeinerung, Generalisierung oder Abstraktion
wird es auch weitere Phasen vorwiegend begrifflich
strukturierten Lernens geben, die der systematischen
Ergänzung, Vervollständigung, Vertiefung
oder Ausweitung der erworbenen Kenntnisse oder Fähigkeiten
dienen. Wesentlich ist, dass sich solche Lernphasen
an handlungs- und problemorientiert aufgebaute Strukturen
anschließen können, d. h. die systematischen
Ergänzungen und Vertiefungen sollen den Zusammenhang
der problemorientierten Erarbeitung grundlegender
Strukturen nicht zerreißen, sondern im Anschluss
daran erfolgen.
D. Didaktisches Komplexitätsmanagement
Komplexe Ausgangssituation
Den Ausgangspunkt situierten, problemlösenden
Lernens sollen komplexe Lehr-Lern-Situationen bilden.
Das Attribut der Komplexität verweist dabei auf
die Anforderung, den lebensweltlichen Sinngehalt und
die wesentlichen strukturellen Zusammenhänge
des jeweiligen Lerngegenstandes in der Lernsituation
zu repräsentieren. Hierbei wird es sich in der
Regel um berufliche Orientierungs- oder Handlungszusammenhänge
handeln; denkbar sind aber auch gesamtwirtschaftliche
Probleme oder – bei fortgeschrittenen Lernern – wissenschaftlich-erkenntnisorientierte
Fragestellungen.
Ansteigende Komplexität
Unter lernpsychologischen Gesichtspunkten
gilt ein Schwierigkeitsgrad der Lernhandlungen als
erstrebenswert, der knapp oberhalb des aktuellen Leistungsstandes
der Lernenden liegt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit,
auch das Komplexitätsniveau der Lernsituationen
so an die Lernenden anzupassen, dass einerseits die
Ganzheitlichkeit und Sinnhaftigkeit des Lerngegenstandes
erkennbar bleibt und andererseits die Lernenden nicht
überfordert werden. Notwendig sind einerseits
eine Reduktion der Komplexität des Lerngegenstandes
(vor allem im Hinblick auf Kompliziertheit, d. h.
Differenziertheit und Varietät der Situationen)
sowie andererseits Lehrstrategien und Lernhilfen,
die es den Lernenden selbst ermöglichen, die
Komplexität der Situation zu reduzieren. Die
anzustrebende schrittweise Erhöhung der Komplexität
kann dadurch erfolgen, dass zusätzliche Entscheidungsvariablen
und Parameter einbezogen werden oder dadurch, dass
die Lernenden bei der Bearbeitung von Problemstellungen
und Lernaufgaben zunehmend mehr Aspekte beachten und
miteinander verknüpfen müssen.
Störungen
auftreten lassen
Im kaufmännischen Bereich bietet
es sich an, von relativ störungsfreien Prozessverläufen
auszugehen, dann taktische Anpassungsleistungen einzubeziehen
(geringfügige Störungen im Ablauf) und Anpassungen
im Bereich des operativen Managements (Variation der
Umweltbedingungen) vorzunehmen. Es folgen strategische
Entscheidungen in Abstimmung mit anderen Unternehmensbereichen
bis hin zu normativen Entscheidungen, die nur aus
der Perspektive des Gesamtunternehmens zu treffen
sind.
E. Thematische Komplexität
Wertströme
einbeziehen
Alle betrieblichen Geschäftsprozesse
betreffen immer auch den Wertschöpfungsprozess
einer Unternehmung und können nicht optimiert
werden, ohne dabei den Bezug zur Wertschöpfungsebene
herzustellen. Vor diesem Hintergrund sollte die Wertschöpfungsebene
bei allen Geschäftsprozessen explizit thematisiert
und modelliert werden. Dies schließt auch die
Frage der buchhalterischen Erfassung und Auswirkungen
der jeweiligen Transaktionen mit ein, erschöpft
sich jedoch nicht mit diesen Aspekten.
Aufbau von Methodenkompetenz
integrieren
Methodische Kompetenzen unterschiedlicher
Art (soziale Kompetenzen, Lern-, Arbeits- und Kreativitätstechniken,
sprachliche Kompetenzen und DV-Fähigkeiten) sollen
in die Lernfelder integriert werden. Der Erwerb dieser
Kompetenzen erfolgt jedoch nicht beiläufig, sondern
er muss gezielt angebahnt, unterstützt und abgefordert
werden. Auch ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt
welche Fähigkeiten in welcher Weise gefördert
werden sollen. Sinnvoll erscheint es, einzelnen Lernfeldern
explizit diese Aufgabe zuzuordnen. In diesem Zusammenhang
ist die Planung, Durchführung und Auswertung
von Projekten als eine besondere methodische Kompetenz
zu betrachten. In geeignete Lernfelder sind projektartige
Arbeitsformen und Projekte mit zunehmender Komplexität
und Selbstständigkeit zu integrieren.
Volkswirtschaftliche
Bezüge herstellen
In allen Lernfeldern sollen auch volkswirtschaftliche
Bezüge hergestellt werden. Dies sollte überwiegend
aus einer betrieblichen Perspektive im Sinne einer
Abklärung gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen
erfolgen. Darüber hinaus wird es jedoch erforderlich
sein, aus einer dezidiert gesamtwirtschaftlichen Fragestellung
in die Perspektive, die Fragestellung und Methodologie
der VWL einzuführen und in einem abschließenden
Schritt die unterschiedlichen volkswirtschaftlichen
Bezüge zu einer einheitlichen Systematik zusammenzuführen.
Die Umsetzung dieser umfangreichen Kriterienliste
stellt einen äußerst hohen Anspruch an
die Curriculumarbeit vor Ort und damit an alle am
Modellversuch Beteiligten. Sie steht für eine
gemeinsam erarbeitete Vision, die die Curriculumarbeit
in CULIK wesentlich bestimmt. Diese Vision ist aber
keine „endgültig festgeschriebene“, sondern soll
immer wieder geprüft, hinterfragt und wo erforderlich
verändert werden. Diese Überprüfung
der Kriterien ist ebenso wie die Umsetzung in konkrete
Lernsituationen ein Qualifizierungsprozess für
die Teilnehmer am CULIK-Projekt. Dieser erfordert
Austausch, Rückmeldungen, Diskussion in der Gruppe
und schließlich die Bereitschaft zur Veränderung
eigener Entwürfe.
Wichtig sind aber auch Rückmeldungen
und konstruktive Kritik von außen! Darum laden
wir ein, unter www.culik.de/Produkte/Produkte.htm
Arbeitsergebnisse unseres Projektes abzurufen,
sie zu überprüfen und uns eine Rückmeldung
darauf zu geben.
4. Ebenen und Ergebnisse der Evaluation
4.1 Evaluationsebenen
Die systematische Evaluation seitens
der wissenschaftlichen Begleitung ist in CULIK im
Sinne einer formativen Evaluation prozessbegleitend
angelegt und zielt primär darauf ab, allen Modellversuchsbeteiligten
Informationen über die Qualität der Arbeits-
und insbesondere Kooperationsprozesse bereitzustellen
und diese im theoretischen Kontext zu erläutern.
Damit sollen primär reflexive Prozesse der Beteiligten
angeregt und unterstützt werden. Darüber
hinaus geht es aber auch aus Sicht der Projektleitung
darum, Schwachstellen in Infrastruktur und Prozessgestaltung
zu identifizieren, entsprechende Strategien der Problembehebung
zu entwickeln und umzusetzen und letztendlich generalisierungsfähige
Aussagen zu Regelhaftigkeiten im Kooperationsprozess
zu formulieren.
Unsere Prozessanalysen konzentrierten
sich dabei auf drei Ebenen:
Die Nutzung der
Kooperationsplattform durch die Modellversuchsbeteiligten
und durch externe Interessenten? Dies erfolgt einerseits
durch differenzierte Analysen der Zugriffe auf der
Grundlage der täglich erstellten, differenzierten
BSCW-Protokolle. Hierbei sind alle Aktivitäten
personenbezogen rekonstruierbar, die auf der BSCW-Plattform
erfolgen, also Zugriffe auf bestimmte Seiten, Downloads
und Uploads, das Einstellen von Kommentaren,
die Sequenz von Zugriffen und anderes mehr. Unabhängig
hiervon erfolgten schriftliche Befragungen der Projektmitarbeiter
im Hinblick auf ihre Nutzung und Bewertung der BSCW-Plattform
zu verschiedenen Zeitpunkten im Projektverlauf.
Art und Umfang der intrainstitutionellen
Kooperation an der Handelsschule Schlankreye
(H 3) wurden und werden aus einer systemisch-organisationstheoretischen
Perspektive über den gesamten Modellversuchszeitraum
hinweg untersucht. Im Mittelpunkt steht hierbei die
intensive teilnehmende Beobachtung der Arbeitsprozesse
durch eine Projektmitarbeiterin, die ergänzt
wird durch Dokumentenanalysen (Protokolle, Arbeitsprodukte),
Analysen der Aktivitäten auf der Kooperationsplattform
und schließlich durch teilstrukturierte Interviews
mit den Modellversuchsteilnehmern zu verschiedenen
Zeitpunkten.
Darüber hinaus wird
auf der Ebene der Modellversuchsbeteiligten untersucht,
wie diese die Kooperation auf den verschiedenen
Ebenen wahrnehmen und bewerten. Ein Schwerpunkt
soll dabei auf der interinstitutionellen Kooperation,
insbesondere zwischen Studienseminaren und Schulen
liegen; darüber hinaus soll auch versucht werden,
weitere Einblicke in die Art der Teamarbeit an den
einzelnen Standorten (über Hamburg hinaus) zu
gewinnen. Unter diesem Interesse wurde eine schriftlich
Befragung aller Modellversuchsbeteiligten durchgeführt,
die zum Abschluss der Modellversuchsarbeit nochmals
wiederholt werden soll. Ergänzend hierzu werden
durch die wissenschaftliche Begleitung intensive Standortstudien
in Form teilstrukturierter Gruppeninterviews durchgeführt.
Diese Untersuchungen sind zum Zeitpunkt
unserer Fachtagung erst zum Teil durchgeführt
und ausgewertet. Die nachfolgend vorgestellten ersten
Befunde, die überwiegend aus der Auswertung der
im Dezeber 2002 durchgeführten Fragebogenerhebung
stammen, haben somit durchaus noch vorläufigen
Charakter, scheinen uns unter diesem Vorbehalt aber
doch eindeutig genug, um sie hier vorzustellen (vgl.
Voss 2003).
4.2 Ausgewählte Befunde
4.2.1 Bereich Curriculumentwicklung - Lernfeldansatz
Eine Reihe von Items bezog sich auf
Bewertungen zur Einführung und Umsetzung des
Lernfeldansatzes an den beteiligten Schulen. Hieraus
lassen sich die folgenden Aussagetendenzen erkennen,
die von der Gruppe der teilnehmenden Lehrer so vorgenommen
wurden, damit aber natürlich nicht über
diesen Kreis hinaus repräsentativ sein können.
Das „CULIK-Team“, also
die Gruppe der in CULIK involvierten Lehrer, befürwortet
den Lernfeld-Ansatz. Die Lehrer sehen einmütig
die Notwendigkeit einer Reform der Berufsschule (Mittelwert
1,31 auf einer vierstufigen Skala mit dem theoretischen
Erwartungswert 2,5); sie sehen im Lernfeldkonzept
ein geeignetes Mittel (90%; Mw. 1,94); erwarten von
diesem eine Verbesserung des Unterrichts (94%; Mw.
1,81)und halten dieses für realisierbar (94%;
Mw. 1,82). Zugleich schätzen sie die Veränderungsbereitschaft
ihrer Kollegen eher skeptisch ein: nur 11 von 32 Befragten
glaubten an eine allgemein hohe Veränderungsbereitschaft;
16 stimmten eher nicht zu, fünf Befragte stimmten
dieser Aussage gar nicht zu (Mw. 2,69).
Insgesamt zeigten sich
32 der 33 Befragten sehr (14) oder doch eher zufrieden
„mit dem pädagogischen Auftrag, fachliche Inhalte
in beruflichen Anwendungszusammenhängen zu vermitteln“
(Mw. 1,61). Und auch mit dem Auftrag, Lernfelder durch
Lehrerteams schulspezifisch aufzubereiten“ erklärten
sich 29 von 33 Lehrern (Mw. 1,79) zufrieden bzw. eher
zufrieden.
Unter der Fragestellung,
welche Auswirkungen die Umsetzung des Lernfeldkonzepts
auf die eigene Schule haben werde, wurden folgende
Aspekte benannt (jeweils wird sicher – teilweise –
nicht eintreten):
verstärkte Kommunikation (12 -
20 - 1)
Arbeitserleichterung der Kollegen (3
– 10 –19; 4 erwarten explizit das Gegenteil)
Mehr Eigenverantwortung der Lehrer (12
- 13 - 8)
Höherer Arbeitsaufwand (16 – 15-
2)
Intensivierte Teamarbeit der Lehrer
(12 – 18 – 3)
Steigende Zufriedenheit der Lehrer (2
–21 - 10)
Steigende Zufriedenheit der Schüler
(4 – 21 - 8
Erhöhung der Schüler Selbstständigkeit
(14 – 18 –0)
Reduzierung trägen Wissens (10
–21 - 2)
Mit dem Zuschnitt der Lernfelder
und der Orientierung der Lernfelder an der beruflichen
Praxis zeigten sich die CULIK-Mitarbeiter mehrheitlich
eher zufrieden (Mittelwerte: 2,44 und 2,29) Deutlich
kritischer wurden die Zielangaben (2,61) und vor allem
die inhaltlichen Angaben (3,06) bewertet.
Die Identifikation und
Zufriedenheit mit den in CULIK entwickelten Gestaltungskriterien
hat sich als ausgesprochen hoch erwiesen. Sie werden
überwiegend als vollständig (Mw. 1,94) und
insgesamt hilfreich (1,66) bewertet. Bei der Erarbeitung
von Lernsituationen werden nach Aussagen der beteiligten
Lehrer „die meisten“ Gestaltungskriterien berücksichtigt
(87%; Mw. 2,13); Ebenso finden sich die meisten Kriterien
auch in den Ergebnissen wieder (93%; Mw. 2,07)
Im Hinblick auf die Relevanz der Gestaltungskriterien
für die Erarbeitung von Lernsituationen ergab
die Auswertung der Befragung die folgende Rangfolge:
Begriffliche Reflexion
und Systematisierung (Dekontextualisierung) (Mw.
1,09)
Einbindung der Lerngegenstände
in einen sinnvollen situativen Kontext (1,22)
Herstellen von Bezügen
zum Ausbildungsunternehmen (1,25)
Problemsituationen als
Ausgangspunkt des Lernens (1,28)
Transfer auf unterschiedliche
situative Kontexte (Rekontextualisierung) (1,31)
Die Identifikation und
Analyse zentraler Geschäftsprozesse (1,38)
4.2.2 Bereich: Kooperation
Im Hinblick auf die Kooperation
im Modellversuch wird die Zusammenarbeit in den CULIK-Standort-Teams
ausgesprochen positiv beurteilt. Dies bezieht sich
sowohl auf ein allgemeines Zufriedenheitsmaß
(eigenes Team 1,48; Schule - Studienseminar 1,30)
als auch auf eine Reihe differenzierter Urteile wie
Effizienz (1,39), Offenheit und Ehrlichkeit (1,30),
Zuverlässigkeit (1,48) Konfliktfähigkeit
(1,44)
Demgegenüber wird
die Zusammenarbeit mit den anderen Standorten deutlich
zurückhaltender beurteilt; bei einem Mittelwert
von 2,2 sind immerhin 7 Mitwirkende eher unzufrieden.
Die Kooperation mit wissenschaftlicher Begleitung
(1,68) und Projektleitung (1,74) wird insgesamt als
zufriedenstellend bewertet.
BSCW-Plattform und die
Homepage von CULIK werden von den Mitwirkenden ebenfalls
sehr positiv bewertet (Mw. 1,84 bzw. 1,91); das gleiche
gilt für die regelmäßigen Informationen
in Form von Newsletter bzw. E-Mails (1,91)
4.2.3 Bereich Qualifizierung
Die Mehrheit der Teilnehmer
bewertet den qualifikatorischen Nutzen von CULIK für
sich selbst als positiv: Die Mitarbeit in CULIK empfanden
78% der Teilnehmer als hilfreich für „die Umsetzung
der Lernfelder an der Schule“ und 63% werteten sie
auch als hilfreich für die „tägliche Arbeit“.
Gefragt danach, wann aus
ihrer Sicht Qualifizierung stattfinde, wurde dem Erarbeiten
von Lernsituationen im CULIK-Standort-Team die höchste
Priorität eingeräumt(Mw. 1,22), gefolgt
vom fachlichen Austausch mit den Kollegen im Projekt
CULIK (1,42). Der Erhalt von Rückmeldungen auf
die eigene Arbeit wurde von 91% der Teilnehmer als
qualifizierende bewertet (Mw. 1,61), das Geben von
Rückmeldungen auf die Arbeit anderer hingegen
nur von 61% (Mw. 2,06).
Mit Blick auf die thematischen
Qualifizierungsbedarfe wurden als sehr hoch oder eher
hoch die folgenden Themen priorisiert:
prozessorientierte BWL
(66,7%; Mw. 2,03),
Entwicklung von Lehr-Lern-Arrangements
(73 %; Mw. 2,16),
Curriculare Entwicklungsarbeit
(70 %; Mw. 2,24),
Projektorganisation (61 %; Mw. 2,33)
4.2.4 Bereich Organisationsentwicklung
Unter dem Aspekt Organisationsentwicklung
sahen die Teilnehmer den dringendsten Handlungsbedarf
an der eigenen Schule im Hinblick auf die Verbesserung
der „Zusammenarbeit im Kollegium“. 46% der Befragten
bezeichneten den Handlungsbedarf hier als dringend,
40% immer noch als mäßig dringend (Mw.
1,70).
Demgegenüber wurde
einer Verbesserung der Schulorganisation nur von 6%
der Befragten als dringend und von weiteren 36% als
mäßig dringend empfunden. 49% werteten
den Handlungsbedarf hier als nicht dringend bzw. sahen
Verbesserungen bereits als realisiert (Mw. 2,48).
Gefragt nach für den
Schulalltag besonders problematischen Bereichen benannten
67% die Geräteausstattung der Schule und 61 %
die finanzielle Ausstattung. In Bezug auf die räumliche
Situation streuten die Aussagen erheblich; so bezeichneten
je 6 Befragte die Ausstattung mit Gruppenarbeitsräumen
für den Unterricht als nie bzw. dauernd problematisch,
während die restlichen Aussagen sich annähernd
gleich auf selten bzw. häufig verteilten. 61%
der Befragten beklagten zu große oder oft wechselnde
Lerngruppen.
Im Hinblick auf die Schulleitung
sahen sich 73% der Befragten in ihrer innovativen
Arbeit hinreichend unterstützt und 79% sahen
genügende Freiräume und Mitwirkungsmöglichkeiten.
Jeweils ca. 1/3 der Befragten bemängelte unstete
bzw. nicht hinreichend transparente Zielvorgaben und
das Fehlen eines Konzepts für die Aus- und Weiterbildung,
während die deutliche Mehrheit hier zu positiven
Bewertungen kam.
5. Zwischenbilanz
Wenn wir versuchen, diese Evaluationsbefunde,
aber auch die im Laufe der bisherigen Arbeit gewonnen
Eindrücke und Hinweise zu bilanzieren, so ergibt
sich das folgende Bild:
5.1 Erfolge und Kontinuität
Als äußerst
erfolgreich hat sich der mit CULIK verbundene Impuls
zur Teambildung und zur kontinuierlichen Teamarbeit
an allen Standorten erwiesen;
die curriculare Entwicklungsarbeit
an den einzelnen Standorten hat zu ausgesprochen interessanten
und anregenden Ergebnissen geführt, die sowohl
von den CULIK-Mitgliedern als auch von externen Rezipienten
durchweg auch als qualitativ sehr hochwertig eingeschätzt
werden;
dabei haben die gemeinsame
Erarbeitung der Gestaltungskriterien und die auf den
ersten Präsenztreffen diskutierten Entwürfe
einen starken Orientierungswert gehabt.
Insbesondere für die
Optimierung der Arbeit an den Standorten aber auch
darüber hinaus für die Verbesserung des
Austausches von Lernmaterialien zwischen den Standorten
hat sich die Formulierung formaler Standards als nützlich
erwiesen.
Im Zuge der curricularen
Entwicklungsarbeiten haben sich in den Teams in unterschiedlicher
Weise Qualifizierungsbedarfe herausgestellt, die aus
der Gruppe heraus zu entsprechenden Qualifizierungsaktivitäten
geführt haben. Deren organisatorische Umsetzung
reichte von der individuellen Recherche bis hin zur
Organisation von Workshops mit der wissenschaftlichen
Begleitung oder auch externen Experten.
Die Nutzung der BSCW-Plattform
als Informations- und Kommunikationsmedium hat sich
in der Projektarbeit sowohl in den Teams als auch
über die Teams hinweg bewährt. Die Teilnehmer
haben diese Plattform als sinnvolles und nützliches
Hilfsmittel erfahren und zeigen eine deutliche Bereitschaft,
dieses oder ähnliche Instrumente auch über
den Modellversuch hinaus zu nutzen.
Das Interesse an der Arbeitsweise
und den Arbeitsergebnissen von CULIK ist bundesweit
bemerkenswert hoch. Konkrete Transferaktivitäten
fanden bisher in Weser-Ems unter der Idee der Einrichtung
eines regionalen Tochternetzwerkes im Industriekaufleutebereich
und in Hamburg im Bereich der Ausbildung von Arzthelferinnen
statt.
5.2 Problemfelder und Desiderate
Diesen Erfolgsbereichen stehen einige
Problemfelder gegenüber, auf die bezogen zu klären
sein wird, ob hier die Arbeitsstrategie von CULIK
verbesserungsbedürftig ist oder ob strukturelle
Probleme und Widerstände vorliegen.
Unbefriedigend ist bislang
die laufende Kooperation zwischen den Standorten außerhalb
der Präsenztreffen und dies betrifft insbesondere
die unbefriedigende Nutzung
der Plattform als interinstitutionelle Kooperations-
und Kollaborationsplattform. Die Standorte haben mit
anderen Worten die Plattform innerhalb ihres Teams
als ein dynamisches Instrument der Zusammenarbeit
genutzt, sich nach außen jedoch weitgehend mit
dem Einstellen ihrer Arbeitsergebnisse und dem kommentarlosen
Sichten der Produkte anderer zufriedengegeben.
In diesem Zusammenhang
ist eine Tendenz festzustellen, sich möglichst
nur mit ausgereiften Arbeitsergebnissen der Gesamtgruppe
zu präsentieren und das heißt dann auch,
relativ spät den Nutzer- und Kritikerkreis zu
erweitern. Hiermit korrespondiert eine weithin unentwickelte
Feedbackkultur. Arbeitsergebnisse der Kollegen werden
zwar offenbar interessiert zur Kenntnis genommen und
auch für die eigene Arbeit genutzt; dies geschieht
jedoch in der Regel ohne eine differenzierte oder
auch nur pauschal-anerkennende Rückmeldung an
die Autoren. Es ist uns bislang nicht gelungen die
angestrebte Kultur eines didaktisch-konstruktiven
Diskurses zu verwirklichen.
6. Perspektiven der weiteren Projektarbeit
Wir wollen abschließend versuchen,
die Frage nach den Perspektiven für die zweite
Hälfte des Modellversuches systematisch zu entfalten.
Dabei folgen wir der Systematik unserer drei Projektdimensionen:
6.1 Curriculumentwicklung
Im Hinblick auf den Prozess der kooperativen
Curriculumentwicklung scheint uns wichtig
und vordringlich
die Weiterentwicklung der
curricularen Gestaltungskriterien in Richtung auf
eine verallgemeinerungsfähige curriculare Gesamtstrategie
zur intentionalen und inhaltlichen Konkretisierung
von Lernfeldern und zur Umsetzung von Lernfeldern
in Sequenzen von Lehr-Lern-Arrangements;
eine möglichst präzise
Definition der angestrebten Kompetenzen und der mit
ihnen verbundenen systematischen Wissensbasis über
die Lernfelder hinweg und damit eine intentionale
und inhaltliche Konkretisierung des Gesamtcurriculums;
eine Verabredung auf dieser
Grundlage darüber, welchen Beitrag die einzelnen
Lernfelder zur Entwicklung lernfeldübergreifender
fachlicher, sozialer und personaler Kompetenzen leisten
sollen;
die Entwicklung und Einrichtung
einer curricularen Koordinationsinstanz oder -gruppe,
die eine solche lernfeldübergreifende Perspektive
entwickelt und dauerhaft zur Geltung bringt;
und schließlich,
mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Modellversuchsergebnisse,
eine Klärung darüber, in welcher Weise die
Administration der Plattform, die Koordination der
Curriculumarbeiten und die Moderation des curricularen
Diskussionsprozesses institutionell abgesichert
werden kann.
6.2 Personalentwicklung
Mit Blick auf den Prozess der teambasierten
Personalentwicklung sehen wir eine Arbeitsperspektive
in der weiteren Intensivierung
kollegialer Selbstqualifizierung im Zusammenhang gemeinsamer
Curriculumarbeit, insbesondere aber auch in einem
intensiven Erfahrungsaustausch über geeignete
Strukturen und Strategien;
dazu gehört die Stärkung
der Bereitschaft, einerseits eigene Überlegungen
und Entwürfe der kollegialen Diskussion auch
auf der Internetplattform auszusetzen und andererseits,
sich auch mit den Überlegungen und Entwürfen
von Kolleginnen und Kollegen kritisch und argumentativ
auseinander zu setzen. Den pragmatischen Diskurs im
erweiterten Kollegenkreis als Qualifizierungsmaßnahme
zu entdecken und zu entwickeln und nicht weiterhin
auf belehrende Seminarveranstaltungen zu hoffen, bleibt
für den Modellversuch eine bislang ungelöste
Herausforderung;
ergänzend zu diesen
entwicklungsnahen Selbstqualifizierungsprozessen sollte
die in CULIK entwickelte Idee des Aufbaus von thematischen
Dossiers oder Kompetenzforen weiter
verfolgt werden. Damit verbindet sich die Idee, dass
aus pragmatischen Zusammenhängen erarbeitete
Informationen in theoretischer oder empirischer Hinsicht
(was sind eigentlich Geschäftsprozesse; wie lassen
sich dies Abbilden? Welche Instrumente gibt es dafür?
Wer hat schon Erfahrungen damit gemacht?) nicht nur
von den Betroffenen für die jeweilige Situation
genutzt werden, sondern dass derartige thematisch
gebündelte Informationen auf geeigneten Internetseiten
gesammelt, strukturiert, diskutiert und damit über
die Situation hinaus gesichert werden.
Für die Koordination
schulnaher Curriculumentwicklungs- und Selbstqualifizierungsprozesse
in Lehrerteams bietet es sich an, auf die Ressourcen
und Kompetenzen von Studienseminaren zurückzugreifen
und diese so über ihre traditionelle Funktion
hinaus auch in die dritte Phase der Lehrerbildung
einzubeziehen. An allen drei beteiligten Standorten
haben sich Ansatzpunkte hierfür herausgebildet;
diese sollten auf der Grundlage eines umfassenden
Erfahrungsaustausches weiterentwickelt und verstetigt
werden.
In diesem Zusammenhang
könnten Studienseminare zu regionalen
curricularen Innovationszentren weiterentwickelt
werden. In jedem Fall stellt sich den CULIK-Beteiligten
die Aufgabe, die begonnenen Entwicklungs- und Qualifizierungsprozesse
für weitere Teilnehmer zu öffnen und vergleichbare
Prozesse an anderen Standorten bzw. in anderen Berufsfeldern
zu initiieren und zu unterstützen. Dabei kann
es weder darum gehen geschlossene curriculare Einheiten,
noch fertige Entwicklungs- und Kooperationskonzepte
mit den dazugehörigen Instrumenten und Techniken
weiterzugeben. Transfer setzt vielmehr voraus, dass
die „Transfernehmer“ aus dem Bewusstsein ihrer Problemlage
heraus eine Nachfrage nach geeigneten Strategien und
Instrumenten entwickeln und sich vor diesem Hintergrund
mit dem in CULIK gefundenen Ansätzen kritisch
und konstruktiv auseinandersetzen. Aus CULIK heraus
wird zu klären sein, wie solche Problemdefinitionsphasen
unterstützt, die Transferangebote aus CULIK möglichst
transparent dargestellt und wie schließlich
die Transfernehmer bei der Adaptation der CULIK-Lösungen
auf ihre spezifischen Belange unterstützt werden
können.
6.3 Organisationsentwicklung
Im Hinblick auf die Organisationsentwicklung wird
es in der weiteren Arbeit von CULIK wichtig sein,
zu klären und zu definieren,
welche organisatorischen Voraussetzungen erfüllt
sein müssen, um effektive Prozesse der kollegialen
Selbstqualifizierung im curricularen Entwicklungszusammenhang
zu ermöglichen. Dies wird sich nach den bisherigen
Projekterfahrungen schwerpunktmäßig darauf
beziehen, wie im schulischen Rahmen relativ selbständig
und eigenverantwortlich agierende Teams installiert
werden können.
Hierzu wird es sinnvoll
sein, einerseits die Teammodelle aus CULIK im Hinblick
auf strukturelle und prozessuale Merkmale zu analysieren
und andererseits, andererseits vorhandene Erfahrungen
und Modelle aus anderen Standorten zu sichten, auszuwerten
und wo möglich zu adaptieren.
Über den Teamarbeitsaspekt
hinaus soll in CULIK weiterhin untersucht werden,
in wie weit und in welcher Form Kooperationsnetze
die Arbeit von Lehrerteams unterstützen können.
6.4 Ein abschließender, pragmatischer
Ausblick
Es ist offensichtlich, dass es im zeitlich
begrenzten Rahmen von CULIK nicht möglich sein
wird, all diese Komplexe in befriedigender Weise zu
bearbeiten. Auch werden sie im pragmatischen Projektzusammenhang
kaum so klar von einander abgegrenzt zu bearbeiten
sein, sondern sich vielmehr gegenseitig durchdringen
und beeinflussen. Nach unserer Einschätzung dürfte
es deshalb sinnvoll sein, die Projektaktivitäten
in den verbleibenden anderthalb Jahren auf eine überschaubare
Anzahl von „Baustellen“ zu begrenzen. Wir sehen in
diesem Sinne vier pragmatische Schwerpunkte:
Konsolidierung der curricularen
Entwicklungsarbeiten und Formulierung allgemeiner
strategischer Empfehlungen;
Intensivierung der Kooperation
und Kollaboration im Netz, Initiierung von Feedbackkampagnen,
Verbesserung der Transparenz der BSCW-Ordner, Aufbau
von Kompetenzforen als virtuelle Qualifizierungszirkel;
Austausch und Verallgemeinerung
der Erfahrungen zur Teamarbeit einschließlich
der dafür erforderlichen organisatorischen Rahmenbedingungen;
Sicherung von Nachhaltigkeit
und Transfer. Dazu gehört auch die Berücksichtigung
und Bearbeitung der Prüfungsthematik, etwa im
Rahmen eines Kompetenzforums.
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