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Beitrag von BEATRIX NIEMEYER (Universität Flensburg)
Benachteiligtenförderung - Innovationsmotor oder Sparpotential
Regionaler Berufsbildungszentren?
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Inhalt:
1 Einleitung
2 Situationsbeschreibung: Benachteiligtenförderung an
den berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein
3 Benachteiligtenförderung am RBZ
4 Regionale Berufsbildungszentren - Chance oder Gefahr für
die Benachteiligtenförderung?
1 Einleitung
Können berufliche Schulen die erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten,
die ihnen durch die Umwandlung in Regionale Berufsbildungszentren (RBZ)
erwachsen, so nutzen, dass sich die Integrationschancen von Jugendlichen
mit schlechten Startchancen in der Region erhöhen?
Im Konzeptpapier des Schleswig-Holsteinischen Bildungsministeriums werden
Regionale Berufsbildungszentren als "eigenverantwortlich handelnde,
rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Bildungsunternehmen"
beschrieben (http://rbz.lernnetz.de/docs/konzeptstudie1.pdf, 4). Sie sollen
auf dem Weiterbildungsmarkt als eigenständige Anbieter wirtschaftlich
tätig werden und "als Dienstleistungsunternehmen in Partnerschaft
mit Bildungsträgern und Unternehmen in der Region Aus-, Fort- und
Weiterbildung betreiben können"(2). Die Kernaufgabe, "der
in angemessener Qualität zu erfüllende gesetzliche Bildungsauftrag"
(11), bliebe davon unberührt. Zu dieser Kernaufgabe gehört die
Förderung der beruflichen und sozialen Integration von Jugendlichen,
denen aufgrund sozialer, individueller oder struktureller Benachteiligungen
der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt nicht ohne zusätzliche
unterstützende Maßnahmen gelingt. Zum einen ist die Berufsausbildungsvorbereitung
seit Ende 2002 im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben (Durch
Artikel 9 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23.12.2002 wurde das Berufsbildungsgesetz (BBiG) geändert, in
dem nunmehr die Berufsausbildungsvorbereitung in § 1 eingefügt
wurde und im achten Abschnitt näher beschrieben wird (§§
50-52 BBiG). Mit dieser Gesetzesregelung findet der Prozess der Institutionalisierung
des Übergangsbereiches von Schule in Ausbildung seinen vorläufigen
formalen Abschluss.); zum anderen sind berufliche Schulen als letztes
Glied in der Schulkette für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss
und ohne Ausbildungsplatz der Ort, an dem die Weichen für die soziale
Integration langfristig gestellt werden. Wenn Bildung nun tendenziell
als Ware und Schulen als Unternehmen konzipiert werden, welche Folgen
ergeben sich dann für die Erfüllung des gesetzlichen Bildungsauftrags
und die sozialintegrative Funktion von Schule? Nützt die Umwandlung
in Regionale Berufsbildungszentren der Benachteiligtenförderung?
Können Erfahrungen aus der Benachteiligtenförderung im RBZ-Prozess
fruchtbar gemacht werden? Oder läuft in der Praxis alles auf die
profane Frage hinaus, ob sich mit Benachteiligtenförderung Geld verdienen
oder einsparen lässt?
2 Situationsbeschreibung: Benachteiligtenförderung
an den berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein
Mit den folgenden Überlegungen beziehe ich mich ausschließlich
auf die Erfahrungen in Schleswig-Holstein. Für die Situationsbeschreibung
greife ich auf Interviews mit Lehrkräften und auf Expertengespräche
mit Schulleitern zurück, die im Rahmen eines Forschungsprojektes
zur verbesserten Kooperation von Berufsschule und außerschulischen
Trägern in der Benachteiligtenförderung (NIEMEYER/KAMPMEIER
2003) gemacht wurden.
Benachteiligte Jugendliche sind in (mindestens) drei verschiedenen Zusammenhängen
an berufsbildenden Schulen zu treffen (vgl. Abb.1). Noch nicht ausbildungsreife
Jugendliche erhalten in Ausbildungsvorbereitungsjahren (AVJ) die Möglichkeit,
den Hauptschulabschluss nachzuholen und verschiedene Berufsfelder kennen
zu lernen oder im Rahmen von Praktika erste Arbeitserfahrungen zu sammeln.
Von diesem rein schulisch Angebot des AVJ zu unterscheiden sind Berufsvorbereitungsmaßnahmen
außerschulischer Träger (BVM), die von der Bundesanstalt für
Arbeit gefördert werden. Hier wird nach dem Muster des dualen Systems
fachpraktisches Lernen in unterschiedlichen Berufsfeldern durch Berufsschulunterricht
ergänzt; zusätzlich besteht auch hier über die Teilnahme
an Förderunterricht die Möglichkeit zum Erwerb des Hauptschulabschlusses.
Die sozialpädagogische Förderung ist als integraler Bestandteil
dieser einjährigen Maßnahmen vom Träger zu garantieren.
Schließlich gibt es eine Gruppe Jugendlicher, die weder einen Ausbildungsplatz
hat, noch an einer Maßnahme teilnimmt, aber dennoch schulpflichtig
ist. Deren Beschulung ist sehr unterschiedlich geregelt, Schulverweigerung
ist keine Seltenheit.
Abb. 1: Struktur der Benachteiligtenförderung
Bei all diesen Jugendlichen wird Benachteiligung in der Regel durch den
fehlenden Hauptschulabschluss manifest. Darüber hinaus berichten
LehrerInnen, dass sich Lernschwächen, Konzentrations- und Leistungsstörungen
auch bei SchülerInnen anderer Schularten Berufsfachschule oder Fachgymnasium
zeigten, wenngleich weniger gravierend. Die Gründe dafür, dass
Jugendliche den Übergang in Ausbildung nicht ohne zusätzliche
Unterstützung bewältigen, sind vielfältig. Sie reichen
von sozialer Benachteiligung durch mangelnde Unterstützung in der
Herkunftsfamilie, über sprachliche Probleme von Migrantenkindern
über geschlechtsspezifische Bildungsbenachteiligungen männlicher
Jugendlicher bis hin zur "Marktbenachteiligung", wie sie z.
B. Jugendliche in den strukturschwachen Regionen Schleswig-Holsteins trifft.
Die Heterogenität der Zielgruppe legt ein diversifiziertes Vorgehen
und die Ausbildung flexibler pädagogischer Strategien nahe (GALUSKE
1998). Zahlreiche Forschungen haben ergeben, dass gerade in Zeiten ungewisser
Beschäftigungsperspektiven die Stärkung biografischer Kompetenzen
von Bedeutung ist (EVANS/NIEMEYER 2004). Die vorberufliche Förderung
sollte aus mindestens zwei Gründen nicht ausschließlich auf
"employability", in diesem Fall besser Ausbildungsfähigkeit
zielen. Erstens gibt es nicht für alle Ausbildungswilligen auch Ausbildungsplätze,
Alternativen, Um- und Sonderwege werden auch mittelfristig zu akzeptierende
Möglichkeiten sein. Zweitens lässt die starke Strukturierung
des deutschen Ausbildungssystems kaum Umwege und Abweichungen zu. Der
Hauptschulabschluss als Mindestzugangsvoraussetzung, das geregelte duale
Ausbildungssystem mit Zwischen- und Abschlussprüfung stellt zwar
einerseits hohe Qualifizierungsstandards sicher, trägt jedoch andererseits
dazu bei, dass gerade Jugendlichen mit schlechten Startchancen Türen
verschlossen bleiben oder vor der Nase zugeschlagen werden.
Jugendliche, die aufgrund sozialer, individueller oder struktureller Probleme
keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und denen oft auch der Hauptschulabschluss
fehlt, stellen an einigen gewerblich-technischen Berufsschulen im laufenden
Schuljahr bereits 10 % der Schülerzahl. Über die Hälfte
dieser Jugendlichen nahmen an Maßnahmen des Arbeitsamtes teil, die
von außerschulischen Trägern angeboten wurden. Nur ein knappes
Viertel von ihnen besuchte das AVJ (vgl. Abb.2).
Abb. 2: Anteil benachteiligter Jugendlicher an der Berufsschule für
Auszubildende
Allerdings ist die Tendenz steigend, dies bestätigen auch aktuellere
Zahlen. Da zudem die außerschulischen Maßnahmen stark von
Kürzungen bedroht sind, ein Rückgang des Ausbildungsplatzmangels
sich aber nicht abzeichnet, ist ein weiterer Anstieg der AVJ-Zahlen als
Symptom der Sparpolitik durchaus wahrscheinlich.
An den beruflichen Schulen, an denen Berufsausbildungsvorbereitung stattfindet,
unterrichtet ein Fünftel des Kollegiums mit mehr oder weniger Stunden
in JoA- oder AVJ-Klassen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Momentaufnahme.
Tatsächlich ist der Anteil von Lehrern oder Lehrerinnen, die im Laufe
ihres Berufslebens Jugendliche ohne Ausbildung unterrichten, sehr viel
höher, denn gerade in diesem Bereich gibt es eine sehr starke Fluktuation.
"Es gibt ganz viele Kollegen und gestandene Kollegen, die hier nur
so durchgelaufen sind und schreiend hier rausgelaufen sind, was dazu geführt
hat, dass wir eine relativ große Fluktuation in diesem Bereich haben
... Weil es eben halt so ist, jeder der neu kommt, bekommt erst mal die
Stunden, die sonst keiner haben will." (Diese
und alle folgenden Zitate stammen aus Interviews, die mit LehrerInnen
Berufsbildender Schulen in Schleswig-Holstein im Rahmen des Projektes
Professionell Kooperieren - Analyse des Professionalisierungsdilemmas
und Entwicklung eines Modells zur verbesserten Zusammenarbeit und Qualifizierung
von MitarbeiterInnen beruflicher Schulen und außerschulischer Träger
in der Benachteiligtenförderung (gefördert vom BMBF, Laufzeit
bis September 2005) gemacht wurden. Zu den untersuchten Schulen gehörten
auch verschiedene RBZ-Modellschulen.)
Als besonders problematisch empfinden LehrerInnen, dass sie auf diesen
Arbeitsbereich unzureichend vorbereitet wurden. Nur die wenigsten haben
im Studium explizit Veranstaltungen besucht, die sich mit Benachteiligung
und Lernstörungen auseinandersetzen. Die Anfangserfahrungen in AVJ-Klassen
werden zum Teil mit sehr deutlichen Worten beschrieben:
"Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen."
"Das war für mich absolutes Neuland. Also ich hatte vorher
mit Berufsfachschulen und Auszubildenden zu tun, aber mit solchen Jugendlichen
echt überhaupt nicht. Und auch im Referendariat oder so ... nichts.
... Ich stand vor den Jugendlichen, ich konnte es nicht verstehen. Damals
habe ich noch gedacht, das liegt an mir, dass die das nicht lernen ..."
"Das erste Jahr war Selbsterfahrung."
Danach gefragt, wie sich die Lehrkräfte für die Arbeit mit
benachteiligten Jugendlichen qualifiziert haben, geben nur 3 Schulen Lehrkräfte
mit besonderen Qualifikationen an: 4 Sonderpädagogik-Studium, 11
IQSH-Fortbildungen, 2 Erfahrungswissen aus außerschulischen Bereichen
und 17 Naturtalente. Meine Vermutung wäre, dass diese Antworten weniger
den spezifischen Qualifikationsstand in Sachen Benachteiligtenförderung
an den berufsbildenden Schulen widerspiegeln als vielmehr die Bedeutung
bzw. den Mangel an Bedeutung, der solchen spezifischen Qualifikationen
im Schulgeschehen zukommt. Denn
"Kollegen werden oft nach stundenplantechnischen Notwendigkeiten
zugeteilt und nicht nach Neigung bzw. Motivation."
Die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen bzw. der Unterricht in AVJ-
oder JoA-Klassen gilt an vielen Schulen als wenig attraktiv. Der schlechte
Ruf, den diese Klassen unter den Lehrern haben, scheint sich auf diejenigen
zu übertragen, die dort unterrichten. Abgrenzungsprozesse vollziehen
sich auf unterschiedlichsten Ebenen. Werkräume dürfen nicht
benutzt werden, aus Angst, die Schüler könnten etwas zerstören.
LehrerInnen versuchen, möglichst wenig Stunden in diesem Bereich
zu unterrichten. Wo dies möglich ist, werden erzieherische Aufgaben
an SozialpädagogInnen delegiert. Diejenigen Lehrkräfte, die
dem Unterricht benachteiligter Jugendlicher positive Aspekte abgewinnen
können und sich langfristig in diesem Bereich engagieren, scheinen
in der Minderheit, denn in der Regel speist sich die Berufsidentität
der LehrerInnen in einem hohen Maß aus ihrer Fachlichkeit. Das Ziel
ist dann ein auf die Vermittlung von Fachtheorie bzw. Fachpraxis angelegter
Unterricht, erzieherische Aufgaben werden als Störung wahrgenommen.
Der Unterricht in AVJ-Klassen oder in Klassen mit Teilnehmern an außerschulischen
Vorbereitungsmaßnahmen irritiert dieses berufliche Selbstverständnis.
Viele LehrerInnen unterrichten nur mit einem Teil ihrer Stundenzahl in
diesen Klassen und sehen die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen als
zeitlich begrenzte Ausnahme, als Abweichung vom "normalen" Unterricht.
Die mangelnde Wertschätzung, die pädagogische Arbeit mit benachteiligten
Jugendlichen erfährt, kommt auch darin zum Ausdruck, dass Benachteiligtenförderung
keineswegs an allen Schulen als eigene Abteilung strukturell verankert
ist.
Allerdings betonen diejenigen LehrerInnen, die über einen längeren
Zeitraum regelmäßig in diesem Bereich tätig sind, ausdrücklich,
dass sie Freude an der pädagogischen Arbeit haben und dass sie gerade
der Erfolg bei der Vermittlung sozialer Kompetenzen immer wieder motiviert
weiterzumachen. Sie sind es auch, die klare Voraussetzungen für eine
gelingende Förderung benennen können und die konkrete Vorstellungen
dazu entwickelt haben, welche Voraussetzungen Lehrkräfte brauchen,
um zu "überleben", welche Bedingungen hergestellt sein
müssen, um den Jugendlichen im Unterricht gerecht werden zu können
und wie die Jugendlichen anzusprechen und zu unterrichten wären.
Die Vorstellungen, die hier formuliert werden, lesen sich als herbe Kritik,
die sich in der Forderung nach mehr Gestaltungsfreiraum, Handlungsfreiheit,
Selbständigkeit und nach mehr Anerkennung für die pädagogische
Arbeit zusammenfassen lässt. Man wünscht sich,
"organisatorische und materielle Freiheiten, - was wir uns hier oft
am Rande der Legalität beschaffen - .... Es gibt einfach Dinge, die
das Schulgesetz nicht hergibt, die machen wir einfach. ...dass wir als
Lehrer in diesem Bereich mehr Verantwortung bekommen und kleine Schulleiter
werden .... mit Entscheidungskompetenzen über alle Sachen, ...dass
wir den Rücken gestärkt kriegen und dass uns zugetraut wird:
"So, wie er das macht, wird das schon begründet sein."
... dass wir nicht durch Vorschriften und Bürokratie, was in der
Schule ja sehr stark ist, eingeengt werden!".
oder
"Gleichbehandlung des Förderbereiches. Zum Beispiel ist das
Fachgymnasium ja nicht Krone einer Schule. Es gibt ja durchaus auch andere
Abteilungen, die erwähnenswert sind. Eine gerechte Stundenverteilung,
schulartgerecht. Es kann nicht sein, dass wir am Fachgymnasium einen Leistungskurs
mit acht Personen machen, und im Förderbereich fangen wir mit 20
Schülern an. Das ist ungerecht."
Diesem Wunsch nach Gestaltungsfreiheiten und Eigenverantwortlichkeit
kommt der RBZ-Prozess zunächst entgegen. Durch die Ausschreibung
spezieller Teams in der Benachteiligtenförderung bzw. Berufsvorbereitung
wird die Bedeutung dieses Bereichs gestärkt, durch entsprechende
Umstrukturierungsprozesse kann der Handlungsspielraum der einzelnen Lehrkräfte
bzw. Teams vergrößert und abgesichert werden. Auch die pädagogischen
Grundsätze, die "die Schülerin oder den Schüler mit
ihren oder seinen vielfältigen Lernbedürfnissen" (5) in
den Mittelpunkt aller Überlegungen stellen und dabei voraussetzen,
dass die Aneignung von Kompetenzen, dann am größten ist, wenn
sie durch selbstständiges Lernen erzielt wird, wird den Lernerfordernissen
benachteiligter Jugendlicher sicher hervorragend gerecht. Selbständigkeit
und Eigenverantwortung kann am besten dann vermittelt werden, wenn der
organisatorische Kontext dies auch für die PädagogInnen zulässt
und unterstützt. Im Konzept heißt es, ?Lernprozesse seien so
zu gestalten, dass sie "selbstbestimmtes und eigenverantwortlich
gestaltetes Lernen fördern"(4), und ?die Gestaltungsräume
für die Lehrkräfte seien so zu nutzen, dass offene Lernprozesse
möglich sind. Für die Benachteiligtenförderung bedeutete
dies, dass die Lehrkräfte die Freiheit, Zeit, Raum und Ressourcen
erhielten, um auf individuelle Förderbedarfe individuell eingehen
zu können. Prinzipiell sind diese Möglichkeiten im RBZ-Konzept
angelegt. Auch ist davon auszugehen, dass die im Ersten Evaluationsbericht
des BLK-Modellversuchs UbS genannten Entwicklungsfelder der Integration
benachteiligter Jugendlicher in Ausbildung und Beruf, und der verbesserten
Integration dieses Bereichs in die jeweilige Schulstruktur zugute kommen.
Hier wären insbesondere zu nennen Teamentwicklung, Beteiligungskultur,
Lernortgestaltung, Verantwortungs- und Zuständigkeitsverlagerung,
Realisierung einer neuen Lernkultur und Qualitätsmanagement (vgl.
BECKER et al. 2003).
3 Benachteiligtenförderung am RBZ
In dem aktuellen Zwischenbericht (NOMMENSEN 2003) nennen nur drei von
zwölf RBZ-Projektschulen Benachteiligtenförderung bzw. berufsvorbereitendes
Lernen ausdrücklich als Entwicklungsschwerpunkt. In Expertengesprächen
zeigte sich, dass die Perspektive auf Benachteiligtenförderung und
der Stellenwert dieses Aufgabenbereiches im RBZ-Prozess sehr unterschiedlich
interpretiert wird. Auch die Frage, ob sich mit Benachteiligtenförderung
Geld verdienen oder einsparen lässt, ist durchaus in beide Richtungen
offen. Modellhaft lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze skizzieren,
wie die bisherige Abteilung Benachteiligtenförderung bzw. Berufsvorbereitung
als Team organisiert und in das RBZ-Konzept integriert werden kann, die
im Folgenden exemplarisch vorgestellt werden sollen (Es
handelt sich hier um Typologisierungen, die aus Analyse einer Reihe von
Expertengesprächen hervorgegangen sind, und nicht um Positionen einzelner
Schulleiter.).
Modell I: Benachteiligtenförderung als Sparpotential
In diesem Szenario strebt die Schule an, auf dem Weiterbildungsmarkt
im IT-Sektor gewinnbringend aktiv zu werden. Im Bereich der Benachteiligtenförderung
will sie nicht in Konkurrenz zu den freien Trägern vor Ort treten,
da deren relativ niedrigere Personalkosten nicht unterboten werden könnten.
In Bezug auf die Arbeitsamtsförderung in diesem Bereich entsteht
also keine Konkurrenz. Wirtschaftliche Überlegungen und unternehmerisches
Denken lenken aber die Blicke nicht nur auf Verdienstmöglichkeiten,
wie sie im Weiterbildungssektor vermutet werden, sondern auch auf Möglichkeiten
zur Kostensenkung. Mit Benachteiligtenförderung ließe sich
in diesem Modell kein Geld verdienen, wohl aber welches einsparen. Der
Teambildungsprozess ist initiiert, Ziel ist u. a. die Bildung eines eigenständigen
Teams Berufsvorbereitung, mit "Abteilungsleiter" und eigenem
Budget, das selbständig alle organisatorischen Fragen behandelt.
Dabei geht die Schulleitung davon aus, dass in diesem Bereich zukünftig
auch andere pädagogische MitarbeiterInnen eingestellt werden als
Lehrer, denn
"als wirtschaftlich denkender Schulleiter muss ich mich ja fragen,
warum ich jemand mit A 13 haben muss, um diese ganze Erziehungsarbeit
zu leisten. Dann kann ich Sozialpädagogen mit reinnehmen, oder auch
Meister, die haben doch viel eher, was diese Jugendlichen brauchen: eine
klare Linie, ... die kommen doch aus dieser Welt, sprechen deren Sprache,
die sind doch an denen viel dichter dran als die langstudierten Lehrer."
ErzieherInnen oder MeisterInnen sind in der Berufsvorbereitung möglicherweise
tatsächlich besser in der Lage, auf die individuellen Lernbedarfe
der Jugendlichen einzugehen als Lehrer. Wenn sie allerdings allein aus
wirtschaftlichen Erwägungen eingestellt werden, fördert dies
sicher weder den Teambildungsprozess noch die Anerkennung dieses Arbeitsbereiches,
sondern verstärkt im Gegenteil die mangelnde Wertschätzung der
Benachteiligtenförderung noch durch die Einführung einer Gehaltshierarchie,
- es sei denn, das eingesparte Geld bliebe zur Verfügung des Teams
und könnte z. B. für freizeitpädagogische Aktivitäten
verwendet werden. Wenn in solchen gemischten Teams nicht klare Kommunikationsstrukturen
einen systematischen Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer sicherstellen,
wird durch diese Argumentation ein Gegensatz von Erziehen und Unterrichten
aufgebaut, der für die Ausbildung einer neuen Lernkultur kontraproduktiv
ist. Eine implizite Rangordnung pädagogischer Tätigkeiten spricht
auch aus dem folgenden Zitat:
"Perspektivisch brauchen wir feste Teams, die langfristig in diesem
Bereich arbeiten, damit Benachteiligtenförderung keine Verschleißmaschine
mehr ist; denn wenn Sie einen Lehrer zwei bis drei Jahre da einsetzen,
ist er woanders nicht mehr zu gebrauchen, denn er hat den Anschluss an
sein Fach verloren."
Konsequent weitergedacht erscheint Benachteiligtenförderung hier
nicht nur als Verschleißmaschine sondern auch als Abstellgleis.
Die berufliche und soziale Integration von Jugendlichen mit schlechten
Startchancen wird als Pflichtaufgabe mit kleinstmöglichem Kostenaufwand
erledigt. In diesem Szenario würde das RBZ-Modell leistungsstarken
SchülerInnen zugute kommen und Innovationspotentiale nur im Weiterbildungsbereich
sehen und damit wichtige Chancen vergeben.
Modell II: Benachteiligtenförderung als Innovationsmotor
Auch in diesem Szenario gibt es ein eigenes Team Benachteiligtenförderung.
Der wirtschaftliche Blick auf die Benachteiligtenförderung ist hier
aber durch eine volkswirtschaftliche Perspektive geprägt. Mögliche
Gewinne, die in der Weiterbildung erwirtschaftet würden, könnten
in der Benachteiligtenförderung eingesetzt werden, denn
"vergleicht man die Ausbildungskosten eines Akademikers, so sind
die Investitionen für benachteiligte Jugendliche doch recht gering
und wenn man bedenkt, dass hier Fundamente für eine Zukunft gelegt
werden und wir mit unserer Arbeit langfristig bewirken können, dass
diese jungen Menschen nicht in die Sozialhilfe rutschen, so ergibt sich
doch ein ganz anderer Blick auf die Kosten."
Die größeren Gestaltungsmöglichkeiten, die sich durch
eine RBZ-Struktur ergeben, sollen in zwei Richtungen genutzt werden. Zum
einen "können wir erwirtschaftete Gewinne freier einsetzen.
So hoffen wir, dass wir dann endlich Mittel für Sozialpädagogen
bekommen:"
Zum anderen wirkt in diesem Modell die bisherige Abteilung Benachteiligtenförderung
selbst als Innovationsmotor. Durch etablierte Kooperationen mit außerschulischen
Bildungsträgern findet ein Erfahrungstransfer statt, neue Kooperationen
mit anderen Institutionen der außerschulischen Bildung und Jugendhilfe
im Kreis werden aktiv gesucht. Mehrere Modellprojekte sind akquiriert
bzw. in Vorbereitung, die explizit eine verbesserte Benachteiligtenförderung
zum Ziel haben.
"Die Benachteiligtenförderung ist bei uns Vorreiter und Motor
für Neuerungen was z. B. die Kooperation mit anderen Institutionen
oder die Entwicklung pädagogischer Angebote betrifft. Die RBZ-Struktur
ermöglicht uns hier neue Spielräume und mehr Flexibilität.
Eine Schlüsselrolle hat dabei natürlich der Erwerb des Hauptschulabschlusses,
zentral ist weiter die Praxisorientierung, in Form von Kooperation mit
Betrieben und Lehrwerkstätten und die Qualifizierungsbausteine."
Die berufliche und soziale Integration Jugendlicher ist Gegenstand verschiedener
Förderprogramme auf europäischer, nationaler und Landesebene.
Bislang konnten Schulen als wirtschaftlich nichtselbständige Organe
hier oft nicht eigenständig als Antragsteller auftreten, Fördermittel
konnten nur für eng umgrenzte Bereiche verwendet werden. Nun bringt
die wirtschaftliche Selbständigkeit mehr Handlungsfreiheit und motiviert
in diesem Fall, bei der Förderung benachteiligter Jugendlicher neue
Wege zu erproben.
Diese beiden Modell beschreiben zwei Wege, wie berufliche Schulen im Verlauf
des Umstrukturierungsprozesses zum RBZ versuchen, Bildungsanspruch und
wirtschaftliches Denken miteinander in Einklang zu bringen. Die Unterschiede
scheinen grundlegend zu sein. Sie bestehen vor allem darin, welcher Stellenwert
der Förderung, Ausbildung und Integration benachteiligter Jugendlicher
beigemessen wird und wie die eigene Rolle als Schule in diesem Prozess
gesehen wird. Sie lassen sich in der Frage auf den Punkt bringen: Wie
viel Pädagogik will ein RBZ sich leisten? Die Beispiele veranschaulichen,
dass unter den gegebenen Umständen die Antwort auf diese Frage von
Schule zu Schule verschieden ausfallen muss. Gleichwohl wäre zu hoffen,
dass die InitiatorInnen und Akteure des RBZ-Prozesses diese Frage zum
Gegenstand ihrer Reflektionsprozesse machen und sich einer grundsätzlichen
Diskussion stellen.
Sie könnten sich dabei von den Erfahrungen außerschulischer
Träger der Benachteiligtenförderung inspirieren lassen, die
sich dem Dilemma der Vereinbarkeit von Bildung und Wirtschaftlichkeit
bereits seit mehreren Jahren stellen. Für diese außerschulischen
Träger hat die BUNDESANSTALT FÜR ARBEIT in entsprechenden Erlassen
(42/96 und 5/99) die finanzielle Förderung an explizite Qualitätskriterien
gekoppelt, zu denen u. a. auch die Ausrichtung der pädagogischen
Grundhaltung an den Prinzipien des handlungsorientierten Lernens und eine
Kompetenzen fördernde, an der Lebensrealität der Jugendlichen
orientierte Befähigung zur selbständigen Lebensführung
gehören (z. B. KETTER 1998). Das pädagogische Programm, das
von den außerschulischen Trägern in jahrzehntelanger Praxiserfahrung
und durch entsprechende Begleitforschung (BIERMANN et. al. 1999, INBAS
2001) entwickelt wurde, soll demnach durch folgende Maximen gekennzeichnet
sein:
· Kompetenzorientierung
· Handlungsorientierung durch die Bereitstellung sinnstiftender
Lernkontexte
· Praxisorientierung durch realitätsnahe Arbeitserfahrungen
· Lebensweltorientierung
· Nutzung von Lerngruppen als Ressource
· aktive und gestaltende Teilhabe der Jugendlichen.
Die aktuelle Arbeitsamtspolitik steht unter dem Imperativ des "Fördern
durch Fordern" und setzt auf individuelle Förderpläne,
Verzahnung von Maßnahmen zur Vermeidung von Drehtüreffekten
und die Stärkung von Eigenverantwortlichkeit. Seit die Fördermittel
des Arbeitsamtes, von denen diese Einrichtungen existentiell abhängen,
im Wege von Ausschreibungsverfahren mit klar definierten Qualitätskriterien
vergeben werden, ist die Praxis dadurch gekennzeichnet, diese pädagogischen
Leitideen mit knappem Budget umzusetzen.
Auffällig sind die Parallelen in der Begründung: sowohl der
RBZ-Prozess als auch die Arbeitsamtsförderung zielen auf die Ausbildung
von Selbständigkeit, eigenverantwortlichem Handeln und wirtschaftlichem
Denken. In der außerschulischen Benachteiligtenförderung lassen
sich heute Best-Practice-Beispiele für die Etablierung einer pädagogischen
Kultur finden, wie sie in den zwölf Entwicklungsfeldern des UbS-Modellversuchs
zum Ausdruck kommt (BECKER et. al. 2003). Diese benennen als pädagogische
Ziele das, was in einigen außerschulischen Einrichtungen heute fest
etablierte Praxis ist: Teamentwicklung, Wissensmanagement, Beteiligungskultur,
Kooperation mit dem Umfeld, Herausbilden eines Dienstleistungscharakters,
Lernortgestaltung, Verantwortungs- und Zuständigkeitsverlagerung,
Lernkultur, Qualitätsmanagement und Weiterbildung sind Herausforderungen,
denen sich die außerschulischen Träger in den vergangenen Jahren
aktiv stellen mussten und die in Kombination mit der Förderpolitik
der Bundesanstalt für Arbeit dazu geführt haben, dass die Benachteiligtenförderung
zu den innovativsten Bereichen des deutschen Bildungssystems gehört.
(Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass dieser Prozess keineswegs
geradlinig und schmerzfrei verlaufen ist und verläuft.) Wenn es gelänge,
die strukturelle Konkurrenz zwischen berufsbildender Schule und außerschulischen
Trägern in eine konstruktive Kooperation umzugestalten, könnten
beide Seiten davon profitieren. Damit dies im RBZ gelingt, halte ich die
folgenden Voraussetzungen für maßgeblich:
· Ausschreibung eigener Teams für Berufsvorbereitung/Benachteiligtenförderung
· Ausstattung der Teams mit entsprechender Gestaltungskompetenz
und der Freiheit, ggf. auf Kernelemente von Schule zu verzichten (Stundenrhythmus,
Lernorte, Lehrplan, etc.)
· Ausstattung der Teams mit entsprechenden Ressourcen, die vor
allem auch die Förderung biografischer und sozialer Kompetenzen
ermöglichen
· strukturelle Verankerung von Kommunikationsstrukturen, die
Teambildung fördern
· strukturelle Verankerung von Kooperationsstrukturen mit außerschulischen
Partnern
· Bereitschaft voneinander zu lernen
· Wertschätzung des Arbeitsfeldes und adäquate Unterstützung
der hier tätigen Lehrkräfte, z. B. durch Fortbildung oder
Supervision
· Wissenstransfer in Form von Erfahrungsaustausch im ganzen Kollegium
für die Entwicklung einer neuen Lernkultur
· Benachteiligtenförderung als Teil des Bildungsauftrags
von Berufsschule begreifen und festschreiben und schließlich die
· Wachsamkeit aller Akteure, damit dies auch umgesetzt wird.
4 Regionale Berufsbildungszentren - Chance oder Gefahr
für die Benachteiligtenförderung?
Im Prinzip eröffnet der RBZ-Prozess neue Chancen für die schulische
Benachteiligtenförderung, denn er erschließt breitere Gestaltungsspielräume,
fördert Selbständigkeit und Eigenaktivität und baut auf
Kooperation und Vernetzung. Konsequent umgesetzt in der Gestaltung von
AVJs könnte dies zu einer Förderung benachteiligter Jugendlicher
führen, die den besonderen pädagogischen Ansprüchen dieser
Zielgruppe besser gerecht wird als konventionelle Beschulung (wobei nicht
vergessen werden darf, dass viele Berufsschulen Kreativität und Ideenreichtum
bei der Konzeption von Maßnahmen der Berufsvorbereitung entwickeln
auch ohne RBZ zu sein). Umgekehrt könnte genau dieses Innovationspotential
und die in diesem Zusammenhang bereits bestehende Kooperation mit der
regionalen Wirtschaft, den Kammern, der Jugendhilfe und privaten Trägern
wichtige Anregungen für den RBZ-Prozess liefern. Die Bildung autonomer
Teams könnte langfristiges Engagement sichern und zur Anerkennung
dieses im Alltag eher ungeliebten Unterrichtsfeldes führen, die auch
in den bereitgestellten Ressourcen zum Ausdruck kommen könnte.
Aktuell stellt sich jedoch die Frage, inwieweit diese Chancen überhaupt
erkannt werden und ob nicht die Fixierung auf die wirtschaftliche Selbständigkeit
die Entwicklung des pädagogischen Potentials überschattet. Beim
derzeitigen Stand des Umwandlungsprozesses berufsbildender Schulen in
Regionale Berufsbildungszentren lässt sich diese Frage nur vorläufig
beantworten. Wie letztlich Benachteiligtenförderung als bildungspolitische
Herausforderung im Aufgabenkatalog der RBZ verankert wird, bleibt abzuwarten.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht einmal klar, ob dies überhaupt
der Fall sein wird. Bei der Lektüre der offiziellen Projektberichte
gewinnt man den Eindruck, als wäre dieser Bereich schlicht vergessen
worden. So steht zu befürchten, dass eine strukturelle Verankerung
mit den entsprechenden Sicherheiten für Planung und Gestaltung nur
auf der individuellen Ebene der einzelnen Schule stattfinden kann und
die Ausgestaltung entsprechend unterschiedlich ausfallen wird, abhängig
von der Zusammensetzung des Kollegiums, dem regionalen Arbeitsmarkt, den
lokalen Kooperationspartnern und anderen Variablen. Dabei kann man wohl
von folgenden Voraussetzungen ausgehen:
1. Benachteiligtenförderung bleibt auf absehbare Zeit auf der
Tagesordnung der berufsbildenden Schulen, vor allem im gewerblich-technischen
Bereich. Auch bei einer Entspannung des Ausbildungsmarktes wird sich
nur wenig daran ändern, dass eine über Jahre konstante Rate
von ca. 10 % eines Jahrgangs das Schulsystem ohne Abschlusszeugnis verlässt
und einer gezielten Förderung beim Übergang in Ausbildung
und Beruf bedarf.
2. Ein RBZ kann mit Benachteiligtenförderung nur mittelbar "Geld
verdienen", im Rahmen von Modellversuchen oder Projekten, eine
reguläre Förderung über das Arbeitsamt ist weder möglich
noch sinnvoll. Die integrative Aufgabe, die der beruflichen Schule hier
im Bildungssystem zukommt, muss als Kernaufgabe begriffen werden. Dies
schließt die Förderung innovativer Projekte nicht aus.
3. In der jeweiligen Konzeption und Konstruktion bleibt Benachteiligtenförderung
ein bildungspolitischer Indikator, der anzeigt, ob der Schwerpunkt beruflicher
Bildung auf Bildung und Integration oder auf Wirtschaftlichkeit gelegt
wird, bzw. der Ausdruck dafür ist, inwieweit sich beides miteinander
vereinbaren lässt.
So birgt der RBZ-Prozess für die Benachteiligtenförderung sowohl
Chancen als auch Gefahren. Eine Chance besteht in der Aufwertung und Anerkennung
des Tätigkeitsfeldes durch die Bildung eigener Teams, die mit entsprechenden
Gestaltungsvollmachten und einem eigenen Budget ausgestattet sind. Bei
der Ausbildung einer neuen Lernkultur kann von der Erfahrung außerschulischer
Träger gelernt werden und können die hier entwickelten Konzepte
mit herangezogen werden. Schulintern gilt, was Benachteiligten nützt,
schadet anderen auch nicht, so dass neue Lernkonzepte auch von hier aus
weiter getragen werden können.
Nicht auszuschließen ist aber auch die Gefahr der weiteren Marginalisierung
dieses Aufgabenbereichs und die daraus resultierende Fortsetzung von Exklusionsprozessen
benachteiligter Jugendlicher. Entscheidend wird sein, welchen Bildungsbegriff
ein RBZ-Team für sich entwickeln kann und ob es willens und in der
Lage ist, wirtschaftliches Denken, Bildungsauftrag und soziale Integration
zu kombinieren. Am Umgang mit Benachteiligtenförderung wird sich
messen lassen, inwieweit der Bildungsgedanke dem Primat der Wirtschaftlichkeit
unterstellt werden kann. Benachteiligtenförderung bleibt einmal mehr
Indikator für bildungspolitische Grundhaltungen.
Literatur
BECKER, M./BERING, M./DREHER, R./SPÖTTL, G. (2003): Erster Evaluationsbericht:
Identifizierte Entwicklungsfelder in den RBZ-Modellschulen für die
Lehrerbildung in der 2. und 3. Phase, BLK-Modellversuch UbS. Maßnahmen
in der Lehrerbildung bei der Umstrukturierung der berufsbildenden Schulen.
Flensburg.
BIERMANN, H./BONZ, B./RÜTZEL, J.(Hrsg.) (1999): Beiträge zur
Didaktik der Berufsbildung Benachteiligter. Stuttgart.
BUNDESANSTALT FÜR ARBEIT, Dienstblatt-Runderlass Nr. 42/96 vom 2.
5. 1996.
BUNDESANSTALT FÜR ARBEIT, Dienstblatt-Runderlass Nr. 50/99 vom 25.
11. 1999.
ECKERT, M. (1999): Prozesse sozialer Integration oder Ausgrenzung - Die
Funktion von beruflicher Sozialisation und Arbeit in der Entwicklung Jugendlicher.
In: INBAS: Betriebliche Realität in der Ausbildungsvorbereitung -
Chancen und Grenzen. Frankfurt am Main.
EVANS, K./NIEMEYER, B. (Hrsg.)(erscheint im Frühjahr 2004): Engage
to learn. Dordrecht.
GALUSKE, M. (1998): Abkehr von der "Heiligen Kuh"! Jugendberufshilfe
nach dem Ende der Vollbeschäftigungsillusion. In: Jugend Beruf Gesellschaft
- Zeitschrift für Jugendsozialarbeit, 49, H 1.
INBAS Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
(Hrsg.)( 2001): Entwicklungsinitiative: Neue Förderstruktur für
Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, Konzeption, Offenbach.
KETTER, P.-M. (1998): Qualitätssicherung der Benachteiligtenförderung.
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