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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT03 - Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung
Herausgeber: Sabine Baabe-Meijer, Werner Kuhlmeier & Johannes Meyser

Titel:
Übergänge gestalten – Konzepte, Erfahrungen und Perspektiven in den Fachrichtungen Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung


Lehrerkompetenzen entwickeln – Eine neue Funktion der Lernorte in der Berufsschullehrerbildung

Beitrag von Klaus JENEWEIN & Andreas SEIDEL (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)

Abstract

Das "Magdeburger Modell" wurde im Wettbewerb des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft "Von der Hochschule in den Klassenraum" für seine innovativen Handlungsansätze ausgezeichnet. Kern ist die Neugestaltung der Berufsschullehrerausbildung, die gemeinsam durch die Otto-von-Guericke-Universität und das Staatliche Seminar für Lehrämter Magdeburg ausgestaltet wird. Ziele sind Entwicklung und Implementierung eines phasenübergreifenden Gesamtcurriculums und Schaffung nachhaltiger Strukturen für eine kompetenzorientierte Lehrerausbildung. Eine Konsequenz betrifft die neue Rolle der berufsbildenden Schulen als Lernort für die Förderung von Kompetenzen, die sich auf Handlungsfelder der Lehrertätigkeit vom Unterrichten über das Kooperieren bis zum Innovieren erstrecken. Entwickelt wird zudem ein neues Organisationskonzept für die schulische Personalentwicklung durch die Mitwirkung an Lehrerbildung, die Verzahnung der ersten und zweiten Ausbildungsphase, die Etablierung eines Netzwerks von Ausbildungspartnerschulen und den Ausbau der Praxisanteile in der ersten Ausbildungsphase auf Grundlage eines Kompetenzbilanzierungsmodells.

1 Vorbetrachtung

Die traditionelle Zweiphasigkeit der Lehrerausbildung in der Bundesrepublik Deutschland bezieht verschiedene Lernorte und Ausbildende ein. Die erste Phase wird durch das etwa fünfjährige Universitätsstudium gebildet. Daran schließt sich der Vorbereitungsdienst an. Erst mit erfolgreichem Abschluss der Zweiten Staatsprüfung wird die Laufbahnbefähigung für den Schuldienst erreicht.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass ein grundlegendes Problem der Lehrerausbildung in Deutschland in der fehlenden Abstimmung dieser Ausbildungsphasen liegt (vgl. hierzu AQAS e.V.2007, SCHUHBARTH 2007). Die verschiedenen Ausbildungsorte wie Hochschulen, Seminare und Ausbildungsschulen arbeiten weitgehend abgeschottet voneinander. Die Zusammenhanglosigkeit der Ausbildungsphasen ist eines der gravierendsten Probleme der deutschen Lehrerausbildung. Die Problematik zieht sich durch sämtliche Lehrämter vom Grundschul- bis zum Berufsschullehramt. Eine vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2007 veröffentlichte Studie (vgl. WALKE 2007) zeigte deutlich die bundesweiten Problemlagen in den Übergängen zwischen den verschiedenen Phasen.

Der im Anschluss ausgelobte Wettbewerb „Von der Hochschule in den Klassenraum“ des Stifterverbandes suchte nach neuen Konzepten und Wegen in der Lehramtsausbildung in Deutschland. Aus Sachsen-Anhalt beteiligten sich mit dem Projektantrag „Weiterentwicklung des Übergangssystems zwischen der ersten und zweiten Ausbildungsphase für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt“ das Institut für Berufs- und Betriebspädagogik (IBBP) der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und das Staatliche Seminar für Lehrämter Magdeburg und konnten sich gegenüber den insgesamt 54 eingereichten Bewerbungen durchsetzen. Prof. Dr. Andreas Schlüter hob als Geschäftsführer des Stifterverbandes anlässlich der Auszeichnung der Sieger im Wettbewerb hervor: „Wir brauchen eine Lehramtsausbildung aus einem Guss, in der alle Beteiligten kooperativ zusammenarbeiten. Nur so können wir die starke Fragmentierung in der Lehrerausbildung überwinden“. Das Magdeburger Konzept spiegelt diesen Anspruch wieder.

2 Ausgangssituation Lehrerbildungssystem in Sachsen-Anhalt

Die Entwicklung professionellen Handelns von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen ist das zentrale Thema der Ausbildung in den verschiedenen Phasen. Eine zielgerichtete Strategie zur Erreichung und Feststellung professioneller Standards fehlt jedoch. Die im Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004 festgelegten Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften bilden die Grundlage einer kompetenzorientierten Lehrerausbildung im Lehramtsstudium und im Vorbereitungsdienst. Basierend auf den Empfehlungen der Terhart-Kommission wurden vier Kompetenzbereiche und elf Teilkompetenzen formuliert, die als Zielformulierung der Lehramtsausbildung dienen sollen (vgl. KMK 2004). Derzeit wird Lehrerprofessionalität jedoch nicht auf Basis dieser Standards, sondern über einen formalen akademischen Standard in Form des Studienabschlusses gewährleistet, der zur Promotion berechtigt.

Das zweiphasige Modell der Lehramtsausbildung in Deutschland ergänzt den wissenschaftlichen Abschluss des universitären Studiums durch eine seminaristisch-schulpraktische Ausbildung im Referendariat. Die Trennung von Zuständigkeiten, Ausbildungsorten und Ausbildungsinhalten führt jedoch zu Redundanzen und Brüchen im Ausbildungsverlauf der zukünftigen Berufsschullehrer. Zudem ist das Selbstverständnis der Ausbildenden in beiden Phasen häufig durch eine strikte Abgrenzung der eigenen Lehre gegenüber der anderen Seite gekennzeichnet.

Die Lehramtsausbildung findet an drei wesentlichen Ausbildungsorten statt. Universität, Studienseminar und Ausbildungsschule bilden ein Lernort-Dreieck, das eine umfassende, ganzheitliche Ausbildung ermöglichen kann und soll. In der praktischen Umsetzung fehlen jedoch belastbare Abstimmungen sowohl zwischen den Lernorten als auch zwischen den Ausbildungsphasen. Zudem gibt es keine strukturelle und inhaltliche Koordination der Lerninhalte der verschiedenen Fachdidaktiken im Rahmen des Studiums. Die Ausbildung in den Fachrichtungen und Unterrichtsfächern erfolgt abgekoppelt voneinander und ohne klar geregelte Ablaufpläne.

Das Sammeln von ersten Praxiserfahrungen im Rahmen der professionspraktischen Studien bereitet die Studenten nur sehr begrenzt auf spätere Aufgaben vor. Die Abstimmung der Rahmenbedingungen und Inhalte der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des Studiums erfolgt zumeist informell auf der Basis persönlicher Kontakte zwischen Hochschul- und Betreuungslehrern. Die ungenügende Koordination zwischen Universität und Studienseminar sowie die unterschiedlichen Bildungswege der angehenden Referendare erschweren zusätzlich eine kontinuierliche Entwicklung von Lehrerkompetenzen über die gesamte Lehramtsausbildung hinweg. Der sogenannte „Praxisschock“ ist für viele Referendare und Junglehrer immer noch die Regel, nicht die Ausnahme.

Die durch die KMK vorgegebene Orientierung an professionellen Standards für das Lehrerhandeln kann mit den bestehenden Strukturen nur bedingt umgesetzt werden. Da eine Abstimmung der Curricula beider Ausbildungsphasen bisher fehlt, kann von einer systematischen Entwicklung der Lehrerkompetenzen nicht gesprochen werden. Auch ausbildungsbegleitende Leistungsstandgespräche und -messungen erfolgen separiert voneinander in Studium und Vorbereitungsdienst, so dass leistungsstandorientierte, differenzierte Ausbildungskonzepte und eine ausbildungsbegleitende Evaluation der Entwicklung eines Studierenden nicht oder nur bruchstückhaft möglich sind. Des Weiteren weichen die Ansprüche der Lernorte an die Ausbildung stark voneinander ab. Auch hier fehlt eine konzeptionelle und inhaltliche Abstimmung zwischen den Ausbildungsorten.

Mittel- und langfristig muss zur Deckung des Berufsschullehrerbedarfs ein nachhaltiges Konzept zur bedarfsgerechten Ausbildung und Personalentwicklung unter Einbeziehung aller Ausbildungspartner und –beteiligten entwickelt werden. Demgegenüber wird das Argument „Lehrerausbildung lohnt sich nicht“ vielfach durch die berufsbildenden Schulen angeführt. Sowohl aus Sicht der Schulen als auch der betreuenden Lehrkräfte ist dies durchaus gerechtfertigt. Die Betreuung von Referendaren wird derzeit mit Anrechnungsstunden vergütet, die in keinem Verhältnis zum Aufwand durch die Lehrkraft stehen. Im Gegenzug werden durch Referendare gehaltene Stunden des Betreuungslehrers diesem im schlimmsten Fall aus dem Lehrdeputat entzogen. Die Ausbildung von Studierenden im Rahmen der fachdidaktischen Praktika des Studiums wird demgegenüber ohne jedwede Aufwandswürdigung durch die Lehrkräfte geleistet. Funktionsstellen für Mentoren und Betreuungslehrer, die in den Schulen die Ausbildung qualifiziert und abgestimmt begleiten, existieren nicht. Stattdessen werden fehlende Personalentwicklungsstrukturen durch apellative Ansprachen ersetzt. Zudem ist den Schulen ein selbstständiges Agieren in der Personalpolitik durch die zentralen Einstellungsabläufe des Landes verwehrt.

Die Lehrerausbildung bietet somit Lehrkräften und Schulen keine belastbaren Entwicklungsperspektiven und keinen Anreiz zu einem Engagement als Ausbildungsort in den einzelnen Phasen. Eine Mitverantwortung berufsbildender Schulen für die Ausbildung des Lehrernachwuchses ist jedoch in hohem Maße erforderlich, steht aber in direktem Zusammenhang zur stärkeren Einbeziehung der Schulen in die Personalentwicklungsplanung.

3 Lösungsansätze

Einer der Kernpunkte des Projekts ist die Entwicklung eines alle Ausbildungsphasen übergreifenden, kompetenzorientierten Gesamtcurriculums, welches die Ausbildungspartner Universität, Schule und Studienseminar gemeinsam erarbeiten, umsetzen und evaluieren. Ein solches Curriculum bietet die Möglichkeit, verschiedene Lehrerkompetenzen zielgerichtet zu verschiedenen Zeitpunkten in der Ausbildung zu entwickeln und eine stufenweise Professionalisierung der zukünftigen Berufsschullehrer in der ersten Ausbildungsphase zu beginnen.

Die Ausformulierung dieses Konzepts geht einher mit einer deutlichen Ausweitung der Praktikumsanteile und der fachdidaktischen Inhalte des Masterstudiums sowie einer stärkeren Formalisierung des Studienablaufs durch einen fixen Ablaufplan zur Absolvierung der Praxisphasen. Mit der Einführung der neuen Praktikumsstruktur wird ein Praktikumstag pro Woche etabliert, an dem die Studierenden an der jeweiligen Ausbildungspartnerschule betreut werden. Die aufeinander aufbauenden drei Teile Basis-, Vertiefungs- und Übergangspraktikum legen den Fokus jeweils auf verschiedene Aspekte und Kompetenzen des Lehrerhandelns. Flankiert werden alle Praktika durch begleitende Lehrveranstaltungen der Universität und des Studienseminars. Eine besondere Qualifizierung des beteiligten Lehrpersonals an den Ausbildungsschulen ist sowohl für die Betreuung der Studierenden als auch der Referendare geplant. 

 

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Abb. 1:   Neugestaltung der Praxisphasen im Masterstudiengang Lehramt an berufsbildenden Schulen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

 

Die Fokussierung auf Einzelkompetenzen und die Abstimmung der Lerninhalte und –ziele der Ausbildungsorte in den verschiedenen Phasen erlauben eine kontrollierte, gestufte Kompetenzentwicklung und eine für alle Ausbildungspartner nachvollziehbare inhaltliche Ausgestaltung der Praxisphasen bis in den Vorbereitungsdienst.

Die Komplexität des Lehrerberufs, speziell in den berufsbildenden Schulen mit ihrer Vielzahl an Bildungsgängen, Berufsfeldern und Ausbildungsberufen, fordert von den Lehrkräften ein breites Spektrum an Kompetenzen. Professionelles Lehrerhandeln beschränkt sich nicht auf guten Unterricht, sondern beinhaltet außerdem sowohl erzieherische als auch organisatorische Fähigkeiten. Im Abschlussbericht der KMK-Kommission „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ (Hrsg.: TERHART, E.) werden die folgenden Lehrerfunktionen identifiziert: Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren und Fördern, Beraten, Leistung messen und beurteilen, Organisieren und Verwalten, Evaluieren, Innovieren, Kooperieren (vgl. KMK 2000). Eine Konkretisierung erfolgte in den eingangs erwähnten Standards für die Lehrerbildung. Betrachtet man diese vier Kompetenzbereiche und die elf Einzelkompetenzen, wird klar, dass solch komplexe Anforderungen ein phasenübergreifendes Konzept zur Umsetzung und Vermittlung zwingend notwendig machen.

Das hier entwickelte Konzept einer gestuften, ausbildungsbegleitenden Kompetenzentwicklung in der Berufsschullehrerausbildung basiert auf dem Novizen-Experten-Paradigma von DREYFUS und DREYFUS (DREYFUS/ DREYFUS 1989).

 

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Abb. 2:   Vom Anfänger zum Experten (nach RAUNER 2002)

 

Dieses beschreibt die stufenweise Professionalisierung durch Anwendung und Erweiterung von Wissen, welches im Zuge der fortschreitenden Entwicklung zunehmend komplexer wird. Für die Entwicklung von Lehrerkompetenzen ist eine kontinuierliche Anwendung und damit einhergehende Routine und Verbesserung des eigenen Handelns unerlässlich. Genau diesen Aspekt greift das Projekt durch die Streckung und Ausweitung der Praxisphasen auf. Die Konzentration auf Einzelkompetenzen in den verschiedenen Ausbildungsabschnitten und die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen in den darauffolgenden Praktika verhindert eine Überlastung der Studierenden durch zu komplexe Anforderungen und integriert gleichzeitig die verschiedenen Kompetenzbereiche sinnvoll in die Gesamtausbildung.

4 Portfolioarbeit

Ein weiteres wichtiges Element, welches im Rahmen der Berufsschullehrerausbildung in Magdeburg implementiert werden soll, ist eine durchgängige Dokumentation der Praktikumsphasen mithilfe eines Portfolios. Im Rahmen des Orientierungspraktikums im Grundstudium des auslaufenden Lehramtsstudiengangs bzw. im Bachelorstudiengang Berufsbildung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist das Führen eines Portfolios seit vielen Jahren fester Bestandteil des Leistungsspektrums. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung der Arbeit am und mit dem Portfolio ist bereits eine sehr gute Ausgangsbasis und Akzeptanz für die Portfolioweiterführung im Masterstudium gelegt.

Die Portfolioarbeit bietet speziell für die phasenübergreifende Begleitung der zukünftigen Lehrer die Möglichkeit, die eigene Entwicklung zu beschreiben und zu reflektieren. Inhaltlich ist das Portfolio geteilt in einen Pflichtteil, in dem z.B. ausgewählte Hospitationsprotokolle, eigene Unterrichtsentwürfe, Beschreibungen der Ausbildungsschule(n) und Leistungsstandauswertungen enthalten sind, sowie einen persönlichen Teil, der durch den Autor mit eigenen Erfahrungen und Reflektionen gefüllt werden kann. Hierbei orientiert sich das Portfolio an klaren Rahmenbedingungen, die es allen an der Ausbildung Beteiligten ermöglichen, anhand des Portfolios die bisherige Entwicklung des jeweiligen Studierenden oder Referendars nachzuvollziehen. Da in der Regel an allen Ausbildungsorten mehrere verschiedene Personen mit der Arbeit in der Lehrerausbildung betraut sind, bildet ein für alle verständliches und selbsterklärendes Portfolio die Basis eines reibungslosen Ausbildungsverlaufs.

Zentraler Bestandteil des Portfolios ist die Reflektion des eigenen Handelns und der eigenen Entwicklung sowie die Fremdeinschätzung von Potenzialen und Defiziten der Studierenden. Hierzu wird eine Kompetenzbilanzierung auf der Basis eines Reflektions- und Beratungskonzeptes entwickelt. Die Bilanzierung erfolgt mithilfe von Fremd- und Selbstsichtauswertungsbögen, die für jede Kompetenz eine Zuordnung des Studierenden zu einem bestimmten Leistungsstand ermöglichen. Somit kann in den nachfolgenden Ausbildungsphasen auch bei einem Wechsel des Ausbildungspersonals oder der Ausbildungsschule eine auf den einzelnen Praktikanten zugeschnittene Ausbildungskonzeption unter Berücksichtigung des persönlichen Entwicklungsstandes sichergestellt werden. Zudem wird hier den Schulen die frühe Sichtung bzw. eine längerfristige Betrachtung der Entwicklung potenzieller zukünftiger Kollegen eröffnet.

5 Begleitende Maßnahmen

Die Umsetzung einer phasenübergreifenden, lernortintegrierenden und kompetenzorientierten Gesamtkonzeption der Lehramtsausbildung erfordert aufgrund der großen Menge an Beteiligten und der verschiedenen rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen eine Vielzahl an Maßnahmen zur Koordination und Absicherung der Ausbildung.

Die zwischenzeitlich erfolgte Verkürzung des Vorbereitungsdienstes in Sachsen-Anhalt auf 16 Monate bei gleichzeitigem Ausbau von Ausbildungskapazitäten in der zweiten Ausbildungsphase, bedingt durch einen erweiterten Einstellungskorridor für Referendare, führt zu einer realen Verkürzung der Gesamtausbildungsdauer. Um trotzdem eine Erhöhung der Ausbildungsqualität sicherzustellen, sind eine Vorverlagerung von Ausbildungsinhalten und eine Einbeziehung des Lehrpersonals der zweiten Phase in die erste Phase unabdingbar.

Grundlage der Formalisierung der Lernortkooperation ist die Schaffung eines Netzes von Ausbildungspartnerschulen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, welches mit speziell geschultem Betreuungspersonal die Qualität der schulseitigen Lehrerausbildung sicherstellt. Hierzu sind der Abschluss von Kooperationsverträgen und die Ausweisung als „Ausbildungspartnerschule der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg“ geplant, ggf. ergänzt um eine zusätzliche Zertifizierung durch das Kultusministerium des Landes Sachen-Anhalt. Die Beteiligung an der Lehrerausbildung geht zugleich als Qualitätsmerkmal in die Außendarstellung der Schulen in der Region und gegenüber der Wirtschaft ein.

Die Einführung eines Mentorenprogramms sowie der Aufbau einer Struktur von Ausbildungslehrkräften an den Ausbildungspartnerschulen sind gekoppelt an Fortbildungsprogramme für Betreuungslehrkräfte in Zusammenarbeit zwischen dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA), Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Staatlichem Seminar für Lehrämter Magdeburg, welche sowohl die Qualität der Lehrerausbildung erhöhen und sichern als auch formale und organisatorische Rahmenbedingungen für alle Ausbildungspartner definieren.

Zusätzlich werden im Rahmen der Begleitforschung zum Projekt Promotionsstellen für ausgewählte Lehrkräfte durch das Land Sachsen-Anhalt geschaffen. Dies dient sowohl der Weiterqualifikation des Lehrpersonals als auch der aktiven Nachwuchsförderung für Funktionsstellen in den verschiedenen Institutionen der Lehreraus-, -fort- und –weiterbildung in Sachsen-Anhalt. Somit dient die Lehrerausbildung mittel- und langfristig als Element der Personalentwicklung an beruflichen Schulen, Staatlichem Seminar und Universität.

6 Zwischenfazit

Die Neugestaltung des Übergangs zwischen erster und zweiter Phase der Berufsschullehrerausbildung in Sachsen-Anhalt ist ein hochkomplexes Vorhaben mit einer Vielzahl an Beteiligten und Einflussfaktoren, aber auch einer Vielzahl an Erwartungen und Ansprüchen. Konsens besteht darüber, dass eine Neugestaltung notwendig und wichtig ist. Da das vorliegende Projekt alle Aspekte der Ausbildung berührt, ist eine Abstimmung aller Planungs- und Umsetzungsschritte mit allen Beteiligten Grundlage einer konstruktiven Zusammenarbeit.

Inneruniversitäre Absprachen zwischen verschiedenen Instituten und Fakultäten, die Koordination von Ausbildungsanteilen der einzelnen Partner, die Einhaltung rechtlicher und organisatorischer Vorgaben u.v.m. erfordern einen hohen Aufwand an Zeit und Ressourcen.

Die Erprobung der neuen Praxisphasen und Betreuungsstrukturen befindet sich an mehreren Ausbildungspartnerschulen in vollem Gange. Positive Rückmeldungen von Studierenden, Lehrkräften und Schulleitungen zeigen bereits zu diesem Zeitpunkt die hohe Akzeptanz des Vorhabens bei den Ausbildungspartnern. Eine dauerhafte Einführung der neugestalteten Ausbildung nach Ende des Modellversuchs wird durch alle Beteiligten begrüßt. Die neue Qualität der Lehrerausbildung durch die Vernetzung und Abstimmung der Lernorte Schule, Studienseminar und Universität schafft auf diese Weise die Basis für eine langfristige Personalplanungsstrategie in Sachsen-Anhalt.

Die Autoren erhoffen sich von dieser Entwicklung auch in den kommenden Jahren eine stärkere Hinwendung der Fachdiskussion zu neuen Fragen der Lehrerausbildung.

Literatur

AQAS e.V.(2007): Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Nordrhein-Westfalen. Empfehlungen der Expertenkommission zur Ersten Phase. Bonn.

BADER, R./ JENEWEIN, K. (2004): Bachelor-/Masterstudiengang für Berufsbildung: Professionalisierung und Differenzierung in vernetzten Studiengängen für ein Berufsbildungssystem der Zukunft. In: SCHULZ, R./ BECKER, M./ DREHER, R. (Hrsg.): Bachelor und Master für das Lehramt an beruflichen Schulen: Auswirkungen auf das Referendariat. Kronshagen, 84-96.

DREYFUS, H. L./ DREYFUS, S. E. (1989): Mind over machine. The power of human intuition and expertise in the era of the computer. Oxford.

KMK (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission. Weinheim, Basel.

KMK (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004.

KMK (2007): Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe.

LANDTAG VON SACHSEN-ANHALT /Drucksache 5/2212 (2009): Konzept zur Sicherung des Lehrkräftenachwuchses für das Land Sachsen-Anhalt. Teil I: Zeitraum bis 2015. Herausgegeben von Kultusministerium Sachsen-Anhalt.

RAUNER, F. (2002): Berufliche Kompetenzentwicklung – Vom Novizen zum Experten. In: DEHNBOSTEL, P. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung in vernetzten Lernstrukturen. Berlin.

SCHUBARTH, W./ SEIDEL, A./ SPECK, K./ GEMSA, C. (2007): Die 2. Phase der Lehrerbildung aus unterschiedlichen Perspektiven: Befragungen von LehramtskandidatInnen, SeminarleiterInnen und AusbildungslehrerInnen im Land Brandenburg, In: Seminar - Lehrerbildung und Schule: Bewertung in der Lehrerausbildung, herausgegeben vom Bundesarbeitskreis der Seminar- und FachleiterInnnen, Hohengehren, 41-50.

WALKE, J. (2007): Die zweite Phase der Lehrerbildung. Ein Überblick über Stand, Problemlagen und Reformtendenzen. Eine Expertise für den Wissenschaftlichen Beirat des Aktionsprogramms "Neue Wege in der Lehrerbildung" des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft/Mercator-Stiftung. Essen.


Zitieren dieses Beitrages

JENEWEIN, K./ SEIDEL, A. (2011): Lehrerkompetenzen entwickeln – Eine neue Funktion der Lernorte in der Berufsschullehrerbildung. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 03, hrsg. v. BAABE-MEIJER, S./ KUHLMEIER, W./ MEYSER, J., 1-10. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft03/jenewein_seidel_ft03-ht2011.pdf (26-09-2011).



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