wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 

Beitrag von SANDRA STEINEMANN (Universität Hamburg)

Strategie zur Umsetzung des Lernfeldkonzepts im BLK-Modellversuch CULIK - Curriculumentwicklung im Implikationszusammenhang von Personal- und Organisationsentwicklung

0 Abstract

Die Thematisierung curricularer Modernisierungen in der beruflichen Bildung führt derzeit an einer Auseinandersetzung mit dem Lernfeldkonzept kaum vorbei. Das Konzept, das von der KMK 1996 zum verbindlichen Strukturierungsmerkmal der Rahmenlehrpläne erhoben wurde, kann als curriculare Modernisierung gedeutet werden, wobei das innovative Ausmaß der Modernisierung im konkreten Anwendungsfeld bestimmt wird. Das Innovationspotenzial beschränkt sich nicht nur auf den curricularen Aspekt, sondern bietet über die berufsschulische Umsetzung auch die Chance, Qualifizierungs- und Schulentwicklungsprozesse zu initiieren. Schärfer formuliert ist die intentionsgerechte Umsetzung der curricularen Vorgaben angewiesen auf Maßnahmen zur Qualifizierung der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer und Maßnahmen der Schulentwicklung. Ziel des Beitrages ist es, diesen Zusammenhang herauszuarbeiten und darauf aufbauend eine Strategie zur Umsetzung des Lernfeldkonzepts zu skizzieren, eine Strategie, die der Modellversuch CULIK im Rahmen des BLK-Programms "Innovative Konzepte der Lehrerbildung (2. und 3. Phase) für Berufsbildende Schulen" im Verbund der Länder Niedersachsen und Hamburg derzeit erprobt. Im Kontext des Modellversuches wird auch der Einsatz einer internetgestützten Plattform thematisiert.

1. Anknüpfungspunkte für CULIK
1.1 Das Lernfeldkonzept als curriculare Modernisierung

Ein Curriculum bestimmt, was gelernt bzw. gelehrt werden soll. Curriculare Fragen befassen sich mit der langfristigen Planung von Bildungsprozessen unter Betonung von Ziel- und Inhaltsaspekten und ihrer Legitimation, wobei die Grenzen zu anderen Problembereichen, z. B. didaktischen Problemstellungen, nicht immer klar zu ziehen sind (vgl. REISSE 1975, 54; WESTPHALEN 1985, 12ff.). Modernisierung deutet zunächst hin auf eine Unterscheidung zwischen Altem und Neuem (vgl. GEISSLER/ORTHEY 1996, 42). Wenn von einer curricularen Modernisierung die Rede ist, dann hat dies allgemein gesagt etwas damit zu tun, dass ein bestehendes Curriculum fundamental verändert wird. Wertfrei betrachtet wird im Rahmen der Modernisierung Altes oder Bisheriges durch Neues ersetzt, ohne zu sagen, ob das Neue besser oder schlechter ist. Zumeist sind die konkreten Erscheinungsformen des Neuen selbst noch offen. Häufig fließen aber Werturteile ein, d. h. das Neue wird zugleich als eine Verbesserung empfunden. Im Vergleich zur Vergangenheit bietet das Neue Möglichkeiten, Lebensumstände so zu gestalten, dass sie als besser beurteilt oder als passender empfunden werden. Die Frage, ob das Lernfeldkonzept tatsächlich von den meisten Betroffenen als eine Verbesserung empfunden wird, vermag dieser Beitrag nicht zu diskutieren. Fest steht dagegen, dass die KMK durch die Einführung des Lernfeldkonzepts auf Veränderungen in wirtschaftlich-technischen und politisch-gesellschaftlichen Bereichen reagiert und eine Verbesserung der Leistungs- und Anpassungsfähigkeit berufsbildender Schulen intendiert (vgl. KMK 1999, 3). Diese wurde aus diversen Gründen in den 1980er und 1990er Jahren zunehmend kritisch hinterfragt (vgl. REETZ 1984; ACHTENHAGEN 1991; CZYCHOLL 1991; DUBS 1992; TRAMM 1992; EULER 1998). Neue Tätigkeitsfelder und neue Formen der Arbeitsorganisation stellen neue Anforderungen an das Wissen und Können der Arbeitnehmer. Die beruflichen Qualifikationsanforderungen verändern sich: Selbstständigkeit im Arbeitshandeln, das flexibel anzuwendendes Wissen voraussetzt, und kooperatives Handeln stehen im Vordergrund bei der Bewältigung beruflicher Aufgaben. Darüber hinaus wird eine ständige Innovations- und Lernfähigkeit von den Mitarbeitern gefordert, um fortlaufend neue und unerwartete Veränderungen bewältigen zu können (vgl. PÄTZOLD, 1999, 123ff.). Diesen Anforderungen muss das Duale System gerecht werden und seine Leistungsfähigkeit behaupten, indem es den veränderten beruflichen Qualifikationsanforderungen und den allgemeinen Bildungsanforderungen zugleich gerecht wird. Die KMK hat die Diskussion um das Duale System aufgegriffen, insbesondere die Diskussion um die Berufsbildenden Schulen und setzt mit ihren Modernisierungsbemühungen am Curriculum an. Indem traditionelle Fächerstrukturen aufgebrochen wurden, sollen neue bzw. vernachlässigte Lernmöglichkeiten erschlossen werden (vgl. KUTSCHA 1986, 532). Nicht mehr die Fächer, die ausschließlich an der sog. Fachsystematik der jeweiligen Bezugswissenschaft orientiert gewesen sind, geben das Strukturierungsmerkmal der Rahmenlehrpläne, sondern Lernfelder, die sich vornehmlich an Arbeits- und Geschäftsprozessen und damit an einer beruflichen Handlungssystematik orientieren (KMK 2002, 14). Das Leitbild des Lernfeldkonzepts ist das Prinzip der Handlungsorientierung. Unter didaktischen Gesichtspunkten ergeben sich daraus zunächst keine Neuheiten. Deutlich ist die zurückliegende Traditionslinie erkennbar, die sich spätestens mit dem Prinzip der Handlungsorientierung seit Beginn der 1980er Jahre sowohl in der betrieblichen als auch in der schulischen Berufsausbildung verdichtet und stabilisiert hat (vgl. CZYCHOLL 1999, 216ff.; KREMER/SLOANE 1999, 37ff.). Selbst die Ausrichtung an beruflichen Handlungsfeldern und die Vorteile fächerübergreifender Projekte, die mit dem Lernfeldansatz impliziert werden, wurden bereits seit vielen Jahren in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik diskutiert (vgl. REINISCH 1996, 92ff.). Neu ist hingegen - und das macht das Lernfeldkonzept m. E. zu einer curricularen Modernisierung -, dass die Bemühungen, eine engere Verbindung von Lernen und Arbeiten auf der mikrodidaktischen Ebene, d. h. der Ebene des Unterrichtens, herzustellen, auf curricularer (Makro-)Ebene, d. h. der Ebene der staatlichen Lehrplangestaltung begleitet werden und somit der Dualismus auf Makro- und Mikroebene aufgehoben wird. Während von der wissenschaftlichen Seite das Prinzip der Handlungsorientierung postuliert wurde und auch auf der Mikroebene Veränderungsbestrebungen in Richtung Handlungsorientierung zu verzeichnen waren, fand die Handlungsorientierung als Strukturierungs- und Sequenzierungsprinzip, das nicht nur an die Strukturierung und Sequenzierung der Lerninhalte bestimmte Anforderungen stellt, sondern auch in den Bereichen Zielfestlegung (Kompetenzorientierung), Auswahl und Legitimation der Inhalte sowie deren unterrichtlichen Bearbeitung und der Art des Lernhandels zu weitreichenden Konsequenzen führt (vgl. hierzu TRAMM 1996, 4ff.; TRAMM 2003), keinen Eingang in die Rahmenlehrpläne. Vielmehr ließ sich hier die Orientierung an den wissenschaftlichen Disziplinen nachweisen (vgl. REETZ/SEYD 1995, 204).

Neu ist wohl auch, dass die Lernfelder so allgemein formuliert sind, dass sie einer Konkretisierung bedürfen. Die KMK wählt mit Blick auf die Entstehung des Curriculumprodukts eine Strategie der schulnahen Curriculumentwicklung (STEINEMANN/GRAMLINGER 2003, SLOANE 2003). Die inhaltliche Präzisierung der Lehrpläne und die Umsetzung der KMK-Lernfelder in komplexe Lehr-Lern-Arrangements gemäß des Prinzips der Handlungsorientierung wird im Wesentlichen auf der Ebene der einzelnen Schulen geleistet. Damit fallen den Lehrerteams der jeweiligen Schulen zentrale Aufgaben der Curriculumentwicklung zu. Die ursprünglich streng getrennten Phasen der Curriculumentwicklung und Implementation greifen damit iterativ ineinander - ebenfalls eine Neuheit.

1.2 Umsetzung des Lernfeldkonzepts im Implikationszusammenhang von Curriculum-, Personal- und Organisationsentwicklung

Lehrer als Curriculumentwickler benötigen zur Bewältigung ihrer Aufgabe erweiterte Kompetenzen (vgl. BADER/MÜLLER 2002, 63). Der propagierte Bezug auf berufliche Arbeits- und Geschäftsprozesse wirft ein Bündel an Fragen auf. Zentral sind z. B. Fragen, wie entlang komplexer, fächerübergreifender Handlungsabläufe Erkenntnisse gewonnen, Komplexitäten reduziert und sinnvolle Strukturen gebildet werden können. Mit PUKAS gesprochen geht es darum, inwieweit Fachwissenschaften und darauf basierende Schulfächer für den systematischen Zugang zur Welt und den folgerichtigen Aufbau berufsrelevanter Erkenntnisse und Einsichten notwendig oder zugunsten eines Lernens nach Handlungssystematiken entbehrlich sind (vgl. PUKAS 1999, 87). Berücksichtigt man die von der KMK geforderte Verschränkung von fach- und handlungssystematischen Strukturen (vgl. KMK 1997, 14), so potenzieren sich die Anforderungen. Es stellt sich die Frage der Realisierung, wie nämlich das Spannungsverhältnis zwischen den beiden Positionen aufgelöst werden kann. Eine Diskussion darüber soll an dieser Stelle nicht geführt werden, es sei auf die Beiträge der online-Zeitschrift bwp@ Nr. 4 verwiesen (CLEMENT 2003, KREMER 2003, REINISCH 2003, TRAMM 2003, alle: www.bwpat.de ).

Neben curricularen und didaktisch-methodischen Kompetenzen umfasst die Erweitung der erforderlichen Kompetenzen aber auch sozial-kommunikative. Erfahrungen der Modellversuche SELUBA und NELE haben gezeigt, dass sich eine Umsetzung in Teams bewährt. Über die Zusammenarbeit der Lehrer erhöhen sich die Chancen, korrespondierende Fachwissenschaften, vertreten durch die einzelnen Lehrkräfte, zusammenzubringen und Erkenntnisse und Methoden der unterschiedlichen Fachwissenschaften auf die jeweiligen Handlungsstrukturen zu beziehen (vgl. KREMER/SLOANE 1999, 55). Im traditionellen Fachunterricht allerdings bestand kaum Anlass zur Teamarbeit. Jede Lehrkraft entwickelte im Rahmen seines Faches Lernsituationen, die er eigenverantwortlich umsetzte. Gelungener Lernfeldunterricht setzt dagegen Kommunikation und Kooperation unter den beteiligten Lehrkräften voraus, weil ihre jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkte über die Lernsituation miteinander verknüpft sind. Da Teamarbeit unter Lehrern bislang nicht zu den gängigen Arbeitsformen in Berufsbildenden Schulen zählt, kann davon ausgegangen werden, dass hier Qualifikationsbedarf besteht (vgl. LISOP 1998, 28; KREMER/SLOANE 1999, 56, TERHART 2001). Die Lernfeldumsetzung an den Schulen ist demnach gekoppelt an Qualifizierungsprozesse, sowohl im Hinblick auf die inhaltlich-curriculare Ebene als auch im Hinblick auf die teambasierte Umsetzungsstrategie. Berücksichtigt man an dieser Stelle die Tendenz, Lehrerfortbildungsmaßnahmen verstärkt auf die schulische Ebenen zu verlagern, so zeichnet sich ab, dass die einzelnen Lehrkräfte in der Verantwortung stehen, die mit der Umsetzung des Lernfeldkonzepts bestehenden Qualifizierungsprobleme selbstständig zu lösen. Hier sind innovative Konzepte gefragt, die Antworten darauf geben, wie eine dezentral und nachfrageorientierte Qualifizierung gestaltet werden kann.

Daneben tritt noch ein weiterer Aspekt: Wenn die curriculare Entwicklungsarbeit von Lehrerteams geleistet werden soll, dann sind von der Schulleitung gewisse organisatorische Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen und Kooperations- und Organisationsstrukturen für die Teamarbeit zu entwickeln. Bislang sind die schulischen Rahmenbedingungen (Stundenplanung, Lehrereinsatz, u.a.) und zu einem großen Teil die Schulkultur nicht für teamorientiertes Arbeiten angelegt und bedürfen einer entsprechenden Anpassung (vgl. DIETTICH 2002, 166; vgl. BADER/SLOANE 2002). Zur Verbesserung der Strukturen ist eine Organisationsentwicklung notwendig. Curriculare Aspekte stehen demzufolge mit organisationalen Gestaltungsaspekten in einem gegenseitigen Wirkungsgefüge (vgl. Abb.1).

Abb. 1: Implikationszusammenhang von CE, PE und OE

Das Lernfeldkonzept kann abschließend zu diesem Kapitel als curriculare Modernisierung bezeichnet werden, die sich darstellt als ein Komplex von miteinander zusammenhängender Veränderungen. Parallel zu den curricularen Gestaltungsprozessen gehen einher die Forderungen nach (Weiter-)Qualifizierung der beteiligten Lehrer (Personalentwicklung) und die Notwendigkeit, dass diese Qualifizierungs- und Lernprozesse sowie die veränderte Zusammenarbeit in Lehrerteams von Seiten der Institution begleitet, gelenkt und v. a. unterstützt werden (Organisationsentwicklung). Das Modernisierungspotenzial des Lernfeldkonzepts bleibt damit nicht auf den curricularen Bereich beschränkt. Das innovative Ausmaß der Wirkungen offenbart sich in der jeweiligen Umsetzung. Aktuell befinden sich die Schulen im Modernisierungsprozess. Wohin die Reise insgesamt gehen wird, ist derzeit wohl nach wie vor ungewiss. EULER spricht davon, dass Moderierungsdiskussionen gekennzeichnet sind von dieser Art der Unsicherheit und bezeichnet sie als "gewisse Ungewissheit" (EULER 1998, 25).
Die in diesem Kapitel dargestellten Zusammenhänge bieten Ansatzpunkte für den Modellversuch CULIK. Es entstand die Idee, die curricularen Prozesse im Rahmen der Lernfeldumsetzung mit personalen und organisationalen Lernprozessen zu verbinden und zwar über den Ansatz kollegialer (Selbst-)Qualifizierung.

2. Der Modellversuch CULIK - Ziele, Strategien und erste Ergebnisse
2.1 Zielsetzungen

Für den Berufsschulunterricht von Industriekaufleuten ist seit dem 01.08.2002 ein nach Lernfeldern strukturierter Rahmenlehrplan grundlegend (vgl. KMK 2002). Die Lehrerinnen und Lehrer, die in diesem Bereich tätig sind, stehen aktuell vor der Herausforderung, curriculare Entwicklungsarbeiten im Spannungsfeld von Personalentwicklung- und Organisationsentwicklung zu betreiben. CULIK intendiert die Unterstützung dieser Arbeiten, indem ein Konzept zur Umsetzung der lernfeldorientierten Rahmenlehrpläne erarbeitet wird, das in der Schule qualifizierende Prozesse auslöst. Leitender Projektgedanke dabei ist, dass ein schulübergreifendes Qualifizierungsnetzwerk entwickelt wird, das den Anforderungen des neuen Rahmenlehrplans für den Berufsschulunterricht von Industriekaufleuten gerecht wird, aber auch über die Umsetzung des Rahmenlehrplans hinaus für zukünftige Qualifizierungs- und Schulentwicklungsprozesse zur Verfügung steht. Damit die Berufsschulen zukünftig leistungsfähig bleiben, dürfen qualifizierende Maßnahmen und Maßnahmen der Schulentwicklung nicht punktuell, sondern müssen als kontinuierliche Verbesserungsprozesse angelegt sein. Durch den Aufbau des CULIK-Netzwerkes kann hierfür eine wesentliche Grundlage geschaffen werden.

Differenziert man die allgemeine Zielsetzung von CULIK, so ergeben sich folgende Teilziele:

- Zum ersten geht es um curriculare Entwicklungsarbeiten, d. h. um die inhaltliche Präzisierung der Lernfelder und die Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans für die Ausbildung von Industriekaufleuten. Die Konkretisierung und Umsetzung erfolgt über die Erarbeitung komplexer Lehr-Lern-Arrangements.
- Zum zweiten wird eine kooperative Entwicklungsstrategie verfolgt, d. h. örtliche und überörtliche Teamstrukturen werden entwickelt und erprobt, so dass die Erarbeitung der Lehr-Lern-Arrangements in Kooperation erfolgen kann.
- Zum dritten ist ein Konzept der kooperativen Qualifizierung von Lehrkräften und Referendaren im Kontext der curricularen Entwicklungsprozesse zu entwickeln. Hierzu gehört, dass die Teamstrukturen auf ihre Eignung für Qualifizierungsprozesse überprüft werden. Mit hinein fällt aber auch eine Klärung, wie über die Teams hinaus (z. B. im Kollegium der Schule oder schulübergreifend) Qualifizierungsprozesse angestoßen und gestaltet werden können und welche organisatorischen Anpassungen notwendig erscheinen.
- Zum vierten ist das Ziel definiert worden, eine dauerhafte Kommunikations- und Kooperationsplattform unter Nutzung des Internets aufzubauen und weiterzuentwickeln sowie geeignete Arbeitsformen und Konventionen zu bestimmen. Die Plattform soll diejenigen Aktionen, die in den drei vorangegangenen Zielsetzungen benannt wurden unterstützen.

2.2 Struktur und Organisation

Das Akronym CULIK steht für "Curriculumentwicklungs- und Qualifizierungsnetzwerk Lernfeldinnovation für Lehrkräfte in Berufsschulfachklassen für Industriekaufleute". Es handelt sich bei CULIK um einen BLK-Modellversuch, der im Rahmen des Programms "Innovative Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer an Berufsbildenden Schulen (2. und 3. Phase)" genehmigt worden ist. Das Projekt wird seit November 2001 als länderübergreifendes Verbundprojekt der Länder Niedersachsen und Hamburg durchgeführt und läuft noch bis Ende 2004.

Abb. 2: CULIK: Struktur und Organisation

Am Aufbau des Curriculumentwicklungs- und Qualifizierungsnetzwerkes und der Realisierung der oben dargestellten Zielsetzungen sind aus Niedersachsen vier Berufsbildende Schulen (Oldenburg, Stade, Göttingen und Hannover - in der Abb. 2 als blaue Rechtecke dargestellt) und drei Studienseminare (Oldenburg, Stade, und Göttingen - in Abb.2 als grüne Rechtecke dargestellt) aktiv beteiligt. Für Hamburg hat die Berufsschule für Industriekaufleute (H3) die Verantwortung der Durchführung übernommen. Das Projektmanagement in Niedersachsen erfolgt unter Federführung des Niedersächsischen Landesinstitutes für Schulentwicklung und Bildung (NLI). Wissenschaftlich begleitet werden die Prozesse vom Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Universität Hamburg.

2.3 Arbeitsschwerpunkte

Auf dem Weg zur Zielerreichung haben die beiden Projektpartner Hamburg und Niedersachsen andere Akzente gesetzt: Niedersachsen entwickelt und erprobt ein Modell zur Vernetzung von curricularen und qualifizierenden Prozessen an Berufsbildenden Schulen mit der Ausbildung in den Studienseminaren des Landes. Im Zentrum steht der Aufbau eines schulübergreifendes Netzes zur Kooperation und Qualifizierung von Lehrern und Referendaren, dafür haben sich jeweils an den Schulen und Studienseminaren Teams gebildet, die miteinander kooperieren. Die Schule aus Hannover, die ohne das zugehörige Studienseminar an CULIK beteiligt ist, hat ein schulisches Team gebildet, in das Referendare integriert worden sind, so dass auf diesem Weg die Kooperation zwischen Lehrer und Referendar erprobt werden kann. Neben die Vernetzung der Lehrer und Referendare tritt die standortübergreifende Vernetzung der Lehrer-Referendare-Teams je Standort. Unter Nutzung des Internets sollen nachhaltige Kooperations- und Kommunikationsstrukturen zwischen den Entwicklungsteams und innerhalb der Teams aufgebaut werden. Die dezentral ablaufenden Gestaltungs- und Lernprozesse werden über die Plattform strukturiert und moderiert. Das schul- und standortübergreifende Netz muss notwendigerweise die Bedürfnisse von vielen Organisationen und Personen berücksichtigen, insofern entwickelt Niedersachsen das Netz aus einem gewissermaßen allgemeineren Ansatz heraus.

Komplementär dazu erprobt die Berufsschule für Industriekaufleute in Hamburg die schulinterne Lehrerkooperation, d. h. sie entwickelt und erprobt örtliche Teamstrukturen im Kontext curricularer Entwicklungsprozesse. Zugleich nimmt sie die kollegiale (Selbst-)Qualifizierung in den Blick. Zur Unterstützung der curricularen und qualifizierenden Prozesse dient eine schulinterne Kooperationsplattform. In Hamburg wird in einer Art konkreter "Laborsituation" gearbeitet, da die Randbedingungen eingeschränkt und gewisse Anfangsbedingungen vorausgesetzt werden. Die konkreten Anfangsvoraussetzungen bei dem schulinternen Hamburger Projekt ermöglichen eine Analyse der Bedingungen, unter denen sich die Kooperationsplattform und Teamstrukturen implementieren lassen. Letztlich werden sich die Hamburger Ergebnisse nicht nur in der Architektur der schulübergreifenden Zusammenarbeit niederschlagen, sondern auch in konkreten Beschreibungen zur Realisierung schulinterner Plattformen. Die Ergebnisse lassen sich bei der schulübergreifenden Entwicklung einer Kooperationsplattform im Bundesland Niedersachsen berücksichtigen bzw. transferieren. Insofern werden die Entwicklungsansätze in den beiden Ländern miteinander in Bezug gesetzt.

Die wissenschaftliche Begleitung unterstützt diese Entwicklungsprozesse im Sinne eines formativen Evaluationskonzepts, ferner werden die Prozesse und Arbeitsergebnisse dokumentiert und im Hinblick auf ihre Effektivität, Verstetigung und Transferierbarkeit analysiert. Es können drei Evaluationsebenen unterschieden werden: Auf der ersten Ebene geht es um die Akzeptanz und Nutzung der Kooperationsplattform (Prozessanalyse und schriftliche Befragung), auf der zweiten Ebene werden Prozesse und Produkte der schulinternen Kooperation untersucht (Prozessanalyse, Dokumentenanalyse, Interviews) und auf der dritten Ebene stehen die Prozesse und Produkte der schulübergreifenden bzw. standortübergreifenden Kooperation im Mittelpunkt des Interesses (Fallstudien, schriftliche Befragung). Bislang liegen Daten vor, die hervorgegangen sind aus einer Erhebung der schulischen Rahmenbedingungen unter denen die Arbeit in CULIK aufgenommen wurde und Daten aus einer ersten Fragebogenerhebung, die im Dezember 2002 durchgeführt wurde. Auf einige der Ergebnisse wird in den nachfolgenden Kapiteln eingegangen. Die ausführlichen Ergebnisse wären in einem gesonderten Beitrag darzustellen. Nachfolgend wird orientiert an den CULIK-Zielsetzungen ein Einblick in den derzeitigen Stand der Modellversuchsarbeit gegeben.

2.4 Die kooperative Entwicklungsstrategie

Wie die Zielsetzungen gezeigt haben, setzt CULIK bei der Umsetzung des Lernfeldkonzepts auf das Prinzip der Kooperation. Diese basiert auf zwei Modi: den Präsenztreffen und der Kooperationsplattform, wobei sich die beiden Aspekte ergänzen. In den Präsenztreffen arbeiten die Lehrer im direkten Kontakt, d. h. von Angesicht zu Angesicht miteinander, über die Plattform findet die Zusammenarbeit virtuell statt.

Zu Beginn der gemeinsamen Arbeit im Modellversuch haben sich Lehrer und Referendare zu Teams zusammengefunden. Das Bilden kooperativer Gruppen hängt stets von den Erfahrungen und Einstellungen der Gruppenmitglieder und von den Rahmenbedingungen ab, in die die Gruppe eingebettet ist (vgl. JOHNSON/JOHNSON 1998 ). Um einen Einblick in die Rahmenbedingungen zu erhalten, unter denen die Teambildung vollzogen wurde, sind sie in CULIK für die einzelnen Standorte erfragt und einander gegenübergestellt worden. Mit den Teams hat es eine gemeinsame Kick-Off-Veranstaltung gegeben, in der die Arbeit in CULIK mit allen Beteiligten abgestimmt und initiiert worden ist. Die zu konkretisierenden Eckpunkte der Veranstaltung lagen insbesondere darin, ein einheitliches Grundverständnis hinsichtlich des Arbeitsvorhabens in CULIK zu erzielen, die Organisation der Zusammenarbeit abzustimmen, Kriterien für die inhaltliche Arbeit zu definieren und eine Kooperationsplattform für CULIK-Zwecke auszuwählen. Darüber hinaus dienen die Präsenztreffen der Vertrauensbildung. Studien zeigen, dass Gruppen effektiver arbeiten, wenn das Vertrauen in der Gruppe größer ist (vgl. die Darstellung der Studien in JOHNSON/JOHNSON 1998). Gruppenmitglieder müssen zu Beginn der gemeinsamen Arbeit lernen, den andern Gruppenmitgliedern zu vertrauen und diese zu akzeptieren. Sie sollten miteinander in einer angemessenen Weise kommunizieren und Konflikte konstruktiv lösen können. Vertrauen ist hierbei von zentraler Bedeutung.

Auf den Präsenztreffen sind die arbeitsteilig erarbeiteten Ergebnisse (Makrosequenzen und konkrete Lernsituationen) der CULIK-Gesamtgruppe vorgestellt und diskutiert worden. Insbesondere die Herangehensweise an die Lernfelder wurde offengelegt und reflektiert. JOHNSON und JOHNSON bezeichnen dies als ein gegenseitiges Fördern und Helfen. Um das gemeinsame Gruppenziel erreichen zu können, sind der Austausch von Informationen, gegenseitiges Feedback und aktives Einholen von Urteilen zum eigenen Handeln wesentliche Voraussetzungen (vgl. JOHNSON/JOHNSON 1998). Zum Teil sind die Materialien auf Basis dieser Reflexionen modifiziert oder ergänzt worden. Zur Zeit wird an weiteren, ausgewählten Lernfeldern gearbeitet. Zeitgleich werden die bereits vorliegenden Entwürfe erprobt, reflektiert und fortgeschrieben. Mittlerweile hat sich die Arbeit in den Teams etabliert. Laut der Fragebogenerhebung wird die Zusammenarbeit in den schulinternen und schulübergreifenden Teams (Schule und Studienseminar) ausgesprochen positiv bewertet. Die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit in den Teams wird von allen Befragten mit "sehr zufriedenstellend" oder "zufriedenstellend" beantwortet. 25 von 32 der Befragten gaben an, dass ihre Arbeit in ihrem Team Akzeptanz und Wertschätzung erfährt, während 30 Teilnehmer ihre Teamarbeit als effektiv bezeichnen. Die Befragung bestätigt die Wichtigkeit der Präsenztreffen: 30 von 32 Befragten geben an, dass die Treffen für die Zusammenarbeit "sehr wichtig" oder "wichtig" sind.

Das zweite Standbein der Kooperation ist die internetgestützte Kommunikations- und Kooperationsplattform. Die Zusammenarbeit läuft hier virtuell über einen BSCW-Server (Basic Support for Cooperative Work). Es handelt sich um eine Software, die auf Internetservern läuft, um die Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen zu unterstützen. Das Programm ermöglicht den CULIK-Teams, miteinander in so genannten Arbeitsbereichen zusammenzuarbeiten. Sie können Informationen austauschen, Dokumente ablegen und bearbeiten sowie Diskussionen darüber führen. Im Rahmen von CULIK wurden insgesamt vier große Arbeitsbereiche auf der Plattform eingerichtet, die der Abbildung 2 zu entnehmen sind und nachfolgend kurz erläutert werden.

Der interne Bereich ‚Kooperationspartner' ist ausschließlich den Mitgliedern des CULIK-Teams vorbehalten und kennzeichnet die standortübergreifende Kooperation zwischen den Teams. Ergebnisse der einzelnen Teams werden hier veröffentlicht und im CULIK-Kreis diskutiert. Es handelt sich um einen geschützten Raum, in dem Neues ausprobiert werden kann, ohne die entstehenden Ergebnisse gleich einer öffentlichen Bewertung Preis zu geben. Dieses Vorgehen wird als wichtig erachtet, um sich zunächst an die interinstitutionelle Zusammenarbeit zu gewöhnen und innovativen Ideen Raum zu geben. Es dient u. a. dem Aufbau einer für die Zusammenarbeit wichtigen Vertrauensbasis. Für die standortbezogene Kooperation gibt es jeweils noch einmal gesonderte Bereiche, die nur den Mitgliedern der jeweiligen Standorte zugänglich sind. So gibt es z. B. einen Bereich für das Studienseminar in Oldenburg, zu dem nur Mitglieder des Studienseminars selbst Zugang besitzen. Diese Bereiche können die Mitglieder nutzen, ohne die Sorge haben zu müssen, dass jemand außerhalb der Standortgruppe in diesen Bereich hineinsehen kann. In diesem Arbeitsbereich koordinieren die Standorte ihre intrainstitutionelle Zusammenarbeit. So können dort z.B. Entwürfe erarbeitet und diskutiert werden, die dann später dem gesamten CULIK-Team vorgestellt werden.

Abb. 3: Die CULIK-Plattform

Neben dem internen Bereich gibt es den so genannten erweiterten Benutzerkreis, der auch als ‚Kommunikationsbereich' bezeichnet wird. Dieser Bereich ist ein durch Passwort geschützter Bereich, zu dem interessierte externe Personen Zugang erhalten. Gegen Angabe von E-Mail-Adresse und Namen bekommen diese Personen das Passwort zugesandt. Über eine Mailingliste hat das CULIK-Team die Möglichkeit mit diesen Personen in Kontakt zu treten. In diesem Teil der Plattform werden erste Ergebnisse und Entwürfe des CULIK-Teams der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Anregungen und Diskussionen über diese Dokumente sind hier ausdrücklich erwünscht. Erste Erfahrungen zeigen aber, dass zwar reges Interesse am Zugang zu diesem Bereich besteht, die erwünschten und für CULIK sehr hilfreichen Rückmeldungen aber weitestgehend ausbleiben.

Der dritte Bereich, das ‚Schaufenster' ist ohne Passwort zu erreichen. Jeder Internet-User kann sich die dort eingestellten Dokumente anschauen. Derzeit befindet sich dort nur eine Auswahl der gesamten Arbeitsergebnisse, die Auswahl wird aber sukzessiv erweitert. Das Schaufenster ist eng mit der Homepage www.culik.de  verknüpft. Man erhält von der CULIK-Homepage aus direkten Zugriff auf das Schaufenster. Beide zusammen genommen dienen der Außendarstellung des Modellversuchs und übernehmen hinsichtlich des Transfers gemeinsam mit dem Bereich ‚Kommunikationspartner' eine wichtige Rolle. Die CULIK-Homepage ist u. a. auch das Einstiegsportal für die passwortgeschützten Bereiche des BSCW-Servers.

Aus der Befragung geht hervor, dass die Plattform weitestgehend akzeptiert wird. 29 von 32 sind "sehr zufrieden" oder "eher zufrieden" mit der BSCW-Plattform. Ähnliche Ergebnisse liegen vor im Hinblick auf die Gestaltung der Homepage und der technischen Unterstützung. 8 von 32 haben das Gefühl, nicht sehr gut mit dem BSCW umgehen zu können - hier besteht Handlungsbedarf. Handlungsbedarf besteht darüber hinaus auch im Bereich der standortübergreifenden Kooperation im Netz. Während die Zusammenarbeit in den Teams je Standort ausgesprochen positiv beurteilt und im Zusammenhang damit auch die Plattform für wichtig erachtet wird, weisen die Ergebnisse im Bereich der netzbasierten standortübergreifenden Kooperation in die andere Richtung. Darauf soll reagiert werden, indem die gezielte Moderation ausgeweitet wird. Untersuchungen zum Einsatz von CSCW- (Computer Supported Cooperative Working) und CSCL-Systemen (Computer Supported Cooperative Learning) haben gezeigt, dass die Qualität der Moderation im virtuellen Raum entscheidend zum Erfolg der netzbasierten Zusammenarbeit beiträgt (vgl. ELSENER 2002, 304; SALMON 2000, 3ff.). In CULIK konzentriert sich die Moderation im Netz bislang auf die technische Unterstützung und gibt nur vereinzelt und zugegebenermaßen unsystematische Anstöße zur Diskussion, indem beispielsweise per Newsletter vereinzelt auf neue Beiträge verwiesen wird. Über so genannte Lernfeldkampagnen sollen nun Feedbackprozesse über das Netz in systematischer Form angeregt werden. Jeden Monat wird ein bereits konkretisiertes Lernfeld zum "Lernfeld des Monats" ernannt. Mit Fragen an dieses Lernfeld sollen Impulse für eine Diskussion gegeben werden. Im Zuge der Umsetzung dieser Kampagnen ist zu erheben, welche Auswirkungen diese Maßnahme auf die Kooperation im Netz hat. Als weitere Maßnahmen zur Intensivierung der Kommunikation und Kooperation über das Netz, wird weiter an der gemeinsamen Kommunikation- und Vertrauenskultur für die virtuelle Zusammenarbeit gearbeitet.

2.5 Die curricularen Entwicklungsarbeiten

Damit an den Standorten im Hinblick auf die Ausrichtung auf ein definiertes Ziel arbeitsteilig an den Lernfeldern gearbeitet werden kann, muss es einen Orientierungsrahmen für die gemeinsame Arbeit geben, an dem Entscheidungen ausgerichtet werden. Dieser Rahmen wird in CULIK durch die Gestaltungskriterien und eine gemeinsam erarbeitete und reflektierte Makrosequenz abgesteckt. Im Rahmen der Kick-Off-Veranstaltung sind erste Grundüberlegungen für die Entwicklung von Lernsituationen angestellt worden. Dabei herausgekommen sind 22 Gestaltungskriterien. Es handelt sich hierbei um Kriterien, die grundlegende Eckpunkte für die CULIK-Arbeit markieren. Die Kriterien beziehen sich auf das Lernkonzept, die Modellierung der Inhalte, die Lernprozessgestaltung, die didaktische und thematische Komplexitätsbewältigung, den Aufbau der Methodenkompetenz und die Lernerfolgsbeurteilung. In ungeordneter Form sind die Kriterien nachzulesen unter http://www.culik.de/Materialien/22_Gestaltungskriterien.pdf , in thematisch gebündelter Form unter: http://www.culik.de/Materialien/CULIK_Flyer_A4.pdf . Die Gestaltungskriterien markieren den Rahmen für die Curriculumentwicklung der Standorte und stellen einen selbstauferlegten und bei der Erarbeitung von Lernsituationen anzustrebenden Qualitätsstandard dar. Die Kriterien können als Grundlage für den gemeinsamen Diskurs genutzt werden. Die Auseinandersetzung mit diesen Kriterien bietet den Standorten eine fundierte Annäherung an die Umsetzung der Lernfelder in handlungsorientierte Lehr-Lern-Arrangements. Sie müssen sich vor Ort über die einzubindenden Kriterien verständigen. Ist eine Lernsituation erarbeitet worden, so können die Kriterien als Evaluationskriterien fungieren. In diesem Zusammenhang bieten sie eine Reflexionshilfe, indem die erarbeiteten Entwürfe kritisch auf die Umsetzung der Kriterien befragt werden. Die Liste erscheint auf den ersten Blick sehr umfangreich und markiert bereits ein hohen Anspruch an die Curriculumarbeit - und dennoch kann sie noch nicht als abgeschlossen gelten. Beispielsweise wäre eine weitere Ausdifferenzierung in Bezug auf orientierende (z. B. Lernfeld 1) und prozessorientierte Lernfelder (z. B. Lernfeld 6) sowie in Bezug auf Human- und Sozialkompetenzen hilfreich. Zudem könnten die Kriterien im Hinblick auf unterschiedliche Ausprägungen der Handlungsorientierung gestaffelt werden. Die Kriterien berücksichtigen ebenfalls noch nicht, wie die Lernenden in die Planung und Auswertung von Lehr-Lern-Arrangements einbezogen werden können. Dennoch stellen die Gestaltungskriterien bereits jetzt ein Instrument dar, das die gemeinsame Arbeit anleitet. In der Befragung ist angegeben worden, dass 26 von 32 die Kriterien bei der Erarbeitung von Lehr-Lern-Arrangements berücksichtigen und 27 meinen, die Kriterien würden sich in ihren Ergebnissen wiederfinden. Noch besser ist die Zustimmung zur Frage, ob die Kriterien insgesamt hilfreich sind. Hier hat es nur eine einzige Rückmeldung von 32 gegeben, die "stimmt eher nicht" angekreuzt hat.

Zur weiteren Orientierung für die Curriculumarbeit wurde ein einheitliches curriculares Format definiert. Alle Standorte haben zum Lernfeld 2 eine Makrosequenz erarbeitet, die im Rahmen eines Präsenztreffens diskutiert wurden. Am Ende der Diskussion hat sich die Gruppe auf ein Format für die Erstellung von Makrosequenzen geeinigt. Gemäß des vereinbarten Formats sind konkrete Lehr-Lern-Arrangements auf Basis der Gestaltungskriterien entwickelt worden. Diese sind wie oben dargestellt zum Teil bereits einsehbar (vgl. http://134.100.199.152/pub/bscw.cgi/0/5234  ). Vor dem Hintergrund des kooperativen Lernens erscheint es wesentlich, dass die vorliegenden Lehr-Lern-Arrangements einer praktischen Erprobung unterzogen werden und einer ergänzenden theoretisch-reflexiven Beobachtung. Die Implementationserfahrungen und die Ergebnisse sind dann im Rahmen eines Reflexionsprozesses an die Teams zurückzumelden. Hierbei wird die Lernfeldkampagne eine bedeutende Rolle spielen, da hierüber Feedback-Schlaufen zu den Lernsituationen und Gestaltungskriterien aufgebaut werden können.

Als weiteres Arbeitsvorhaben steht die Erarbeitung eines Gesamtcurriculums Industriekaufmann/-kauffrau auf dem Plan. Dabei soll geklärt werden, wie lernfeldübergreifend Kompetenzen bzw. Lernziele definiert und entsprechend eines Spiralcurriculums den einzelnen Lernfeldern zugewiesen werden können.

 

2.6 Das kooperative Qualifizierungskonzept

Die Eckpunkte des Qualifizierungskonzepts werden durch lerntheoretische Überlegungen markiert, insbesondere zum situierten Lernen bzw. der situierten Kognition und die daraus hervorgegangenen Ansätze der Community of Practice und Community of Learners. Bei der Communities of Practice verfolgt eine Gruppe von Menschen gemeinsame Ziele und Interessen. Sie entwickeln eine gemeinsame Art und Weise zu arbeiten bzw. Probleme zu lösen, verwenden die gleichen Tools und haben oft eine eigene Sprache (vgl. LAVE/WENIGER 1991). Communities of Learners haben zum Ziel, die gemeinsame Wissensbasis zu erhöhen, indem das Wissen des Einzelnen zunimmt. Es gibt eine Lernkultur, die darauf abstellt, dass jeder dazu beiträgt, gemeinsames Verständnis und Wissen zu entwickeln. (vgl. BIELACZYC/COLLINS 1999). So werden z. B. Referendare von den Lehrern über die Zusammenarbeit in CULIK in die Community of Practice der Schule eingeführt, verändern diese aber auch gleichzeitig durch eigene Impulssetzungen. Für weitere Bezugspunkte sei verwiesen auf den Überblick von GÜTERSLOH (2003, 27ff.).

CULIK verfolgt das Ziel individuelle und kooperative Lernprozesse anzuregen, die vor dem Hintergrund der Lernfeldumsetzung von Bedeutung sind (vgl. 1.2). Das Bindeglied zwischen individuellem und kooperativem Wissen und Lernen stellt die Kommunikation dar, da erst durch sie individuelles Wissens der Gruppe zugänglich gemacht werden kann (DROSTEN 1996, 28). Die grundlegende Idee des Konzepts zur Qualifizierung in CULIK besteht aus diesem Grunde darin, einen Diskurs zwischen Lehrern, Referendaren, Fachseminarleitern, Wissenschaftlern und anderen Experten zu führen. In einem gegenseitigen Austausch werden Positionen bezogen, kommentiert, reflektiert und ggf. modifiziert. Erfahrungen, Ergebnisse und Erkenntnisse, die im Rahmen der curricularen Entwicklungsarbeiten gesammelt werden, sollen über den Diskurs abgewogen werden und in Bezug auf innere Klarheit oder äußere Kriterien, z. B. der Gestaltungskriterien bewertet werden. Damit ein Diskurs geführt werden kann, müssen die Lernenden bereits über ein breites Wissens und Können verfügen (vgl. zum Diskurs PÄTZOLD/LANG 1999). Bei den benannten Beteiligten kann das weitestgehend vorausgesetzt werden. Ansatzpunkte des Diskurses bilden die Teams. Das Lernen in diesen Kleingruppen, die gemeinsame Erarbeitung der curricularen Aufgaben, die gemeinsame Lösung auftretender Probleme sind wichtige Lehr- und Erfahrungsformen. Das auf einzelne Personen verteilte Wissen und Können wird in den Teams zusammengeführt und nutzbar gemacht. Zugleich können Qualifikationen wie Kooperationsfähigkeit und Teamfähigkeit entwickelt werden. Aus der Befragung der CULIK-Teilnehmer ist hervorgegangen, dass 31 von 32 den fachlichen Austausch mit den Kollegen, den Erhalt von Rückmeldungen auf die eigenen Arbeiten (30 von 32) und die gemeinsame Erarbeitung von Lernsituationen (alle 32 Befragten antworteten hier positiv) als qualifizierend erleben.

Der Austausch in den Teams soll ergänzt werden, um den teamübergreifenden Austausch. Einen besonderen Status genießt dabei eine Gruppe von Experten. Personen mit einer spezifischen Expertise bzw. Sachkenntnis und einem Interesse am Projekt sind an dem teamübergreifenden Austausch beteiligt. Diese Gruppe kann ihr Expertentum über qualifizierte Rückmeldungen und Beiträge einbringen. Dahinter steht zum einen das Bemühen, durch Kommunikation und Kooperation den Entwicklungs- und Gestaltungsprozess zu fördern, zum anderen steht dahinter aber auch die Absicht von und mit diesen Experten zu lernen. Der Austausch erfolgt nachfrageorientiert, das bedeutet, die Experten und auch die anderen Beteiligten bieten ihr Wissen nicht auf Vorrat an, sondern reagieren quasi auf Anfragen, die aus bestimmten Problemsituationen heraus an sie gestellt werden. In der bisherigen Arbeit in CULIK hat sich abgezeichnet, dass dieser Austausch durch eine Moderation unterstützt werden sollte. Im Fragebogen plädieren 19 von 32 für eine stärkere inhaltliche Moderation. Zusätzlich zu der lernfeldbezogenen Moderation wie sie unter 2.4 vorgestellt wurde, ist deshalb ein Konzept zur lernfeldübergreifenden Moderation in Planung. Es handelt sich um ein Konzept zur Nutzung des bereits vorhandenen Wissens zur gemeinsamen Qualifizierung und zum Miteinander und Voneinander Lernen - den Kompetenzforen. Es ist angedacht, den Diskurs im Rahmen von Kompetenzforen anzustoßen und inhaltlich zu strukturieren. In den Kompetenzforen sollen lernfeldübergreifende Themenbereiche aufgegriffen werden, die sich im Kontext der Lernfeldumsetzung als bedeutend und zugleich schwierig herausgestellt haben. Laut Fragebogenerhebung sind dies insbesondere Fragen der Prozessorientierung (22 von 32) und der Entwicklung komplexer Lehr-Lern-Arrangements (24 von 32). Derzeit stehen vier Themenkomplexe zur Debatte, von denen zwei ganz konkret angegangen werden sollen. Es handelt sich hierbei um ein Forum, das sich mit der Gestaltung von Modellunternehmen - Strukturen, Prozesssimulation und der Einbeziehung komplexer kaufmännischer Anwendungs- und Prozesssteuerungssoftware beschäftigt. Das zweite wird sich aller Voraussicht nach mit den Abschlussprüfungen befassen. Da die derzeitige Form der Abschlussprüfung gegen das Lernfeldkonzept arbeitet, soll ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation entwickelt werden. Die Verantwortung für die Foren wird in die Hände der Studienseminare gelegt, um darüber eine Stärkung der Studienseminare als Kompetenzzentren zu erreichen. Die Studienseminare treten damit als Koordinatoren des jeweiligen Themas auf. In den Foren geht ist nicht darum, alle Fragen zum Themenkreis zu beantworten, sondern vielmehr darum über Fragen, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Thema gestellt haben und ggf. offen geblieben sind, einen Austausch anzuregen. Neben den zu führenden Diskussionen sollen aber auch themenrelevante Literaturhinweise ggf. auch Online-Texte und eine Linksammlung bereit gestellt werden.

Einen weiteren Aspekt des Qualifizierungskonzepts bilden die Kodifizierungen. Sie haben die Aufgabe, die Resultate des Austausches festzuhalten und für den Transferprozess bereitzustellen. Ferner bieten sie die Möglichkeit zur Reflexion der eigenen Entwicklungsarbeiten. Mit Kodifizierungen sind z. B. schriftlich fixierte Entwicklungsstufen, formulierte Standards oder Erfahrungsberichte gemeint. Im Hinblick auf die Qualifizierung Dritter, d. h. von Lehrerkollegen der eigenen und anderer Schulen wird in Ergänzung zu dem Netzwerk an einem Transferworkshop gearbeitet, der die grundlegenden Arbeitsweisen in CULIK offen legt und in das Kollegium hinein trägt.

Hinsichtlich der Qualifizierungsprozesse sind die Effekte der Teamentwicklung in den unterschiedlichen Gruppen und ihre Auswirkungen auf die organisationale Entwicklung an Schulen zu untersuchen. Wollen Organisationen den durch unterschiedliche Faktoren bestimmten Wandel mitgestalten, sind sie darauf angewiesen, individuelles und kooperatives Lernen durch Lernbrücken zu organisationalem Lernen werden zu lassen. Ausgangspunkt individueller Lernprozesse ist das Individuum, das in der Lage ist, neues Wissen zu generieren, in Handlungen umzusetzen und daraus Erfahrungen zu sammeln. Was die einzelnen Mitarbeiter in den unterschiedlichen Zusammenhängen gelernt und erarbeitet haben, muss in die Organisation einfließen, strukturell abgesichert und so Bestandteil einer organisationalen Wissens- und Handlungsbasis werden. Hierfür sind strukturelle und kulturelle Rahmenbedingungen notwendig, die hierarchieübergreifende Kommunikation ermöglichen (SONNTAG 1996, 67). Im Rahmen von CULIK wird erhoben, welchen Anforderungen die Schule genügen muss, um Lernprozesse im Kollegium zu fördern und zu stützen, und nach entsprechenden Ansatzpunkten für konkrete Maßnahmen gesucht.

2.7 Zusammenfassung

Die curriculare Modernisierung ‚Lernfeldkonzept' und der Einsatz von neuen Technologien sind im Zusammenhang mit dem Modellversuch CULIK thematisiert worden. Es hat sich gezeigt, dass das Lernfeldkonzept einen Komplex von Veränderungen mit sich bringt. Aus diesem Grunde kann die Umsetzung des Lernfeldkonzepts nur gelingen, wenn der Zusammenhang curricularer Entwicklungsarbeiten mit Qualifizierungsprozessen und Maßnahmen der Organisationsentwicklung Berücksichtigung findet. CULIK versucht dies über den Ansatz der Kooperation bzw. den Aufbau eines Qualifizierungsnetzwerkes zu realisieren. Das Arbeiten in Teams und die Kooperationsplattform spielen dabei eine wesentliche Rolle, wobei ersteres gleichermaßen Qualifizierungsmethode und Qualifizierungsziel ist: Qualifizierungsmethode im Hinblick auf die curricularen Entwicklungsarbeiten und damit einhergehender individueller Lernprozesse als auch im Hinblick auf organisationale Lernprozesse; Qualifizierungsziel insofern, als dass die Lehrer für die Teamarbeit befähigt werden. In der verbleibenden Laufzeit des Modellversuches wird der hier dargestellte Ansatz weiterhin einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.

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