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Gewerkschafter, Pädagogen, wissenschaftlich gebildete,
geistig und materiell unabhängige Menschen, die in der
Lage und Willens sind, sich zu assoziieren, sie können
ein Bollwerk sein oder bilden, um den andauernden und zunehmenden
Kräften in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entgegenzutreten.
Diese sind offensichtlich bestrebt, Wahrheiten zu verschweigen,
Opfer der sozialökonomischen Entwicklung und ihrer sozialversicherungspolitischen
Folgen zu Tätern abzustempeln oder die Institutionen
und Erscheinungen des Systems derart bunt zu verpacken oder
anzustreichen, dass in einer Stadt wie Hamburg sehr wahrscheinlich
kaum hundert Menschen mehr durchblicken, was mit Hilfe der
Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Hochschulpolitik des
politischen Senats durchgesetzt werden soll bzw. kann. Gesetzmäßigkeit
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Die pädagogische Theoriebildung soll (drittens) über die künftige Entwicklung ihres Gegenstandes Aussagen machen. Selbstverständlich dürfen nicht die Jugendlichen selbst oder gar ihre Köpfe als der 'Gegenstand' pädagogischer Arbeit angesehen werden. Der Gegenstand pädagogischer Arbeit ist die ethisch und wissenschaftlich verantwortete Vermittlungstätigkeit zwischen den Jugendlichen, ihren psychophysischen Kräften und der sie umgebenden Natur, der gesellschaftlich geformten Umwelt, der Kultur und der Welt der Arbeit, der Produktion aller Güter und Dienstleistungen, die Menschen in ihren sozialen Beziehungen zum Leben brauchen. Damit ist diese grundlegende Bestimmung pädagogischer Arbeit durch PESTALOZZI zum dritten Mal variierend gebraucht worden. Er hat ein Bewusstsein über die inneren Zusammenhänge zwischen Sozialerziehung und Volksbildung, zwischen berufs- und behindertenpädagogischer Tätigkeit in Wissenschaft und Praxis ausgebildet.
In diesem dritten Element der Theoriebildung geht es um die
Zukunft der Personen, die den professionell tätigen Pädagogen
von den staatlichen und gesellschaftlichen Organen anvertraut
sind bzw. anvertraut werden, und deren Entwicklung sie mit
wissenschaftlich begründeten und erprobten Mitteln erforschen
und befördern sollen. Pädagogische Theorie, die
keine Prognose über die sich entwickelnden, sich bildenden,
über die zu erziehenden Menschen erstellt, erfüllt
nicht ihren wesentlichen Zweck. Das ist eine Feststellung,
die Brisanz bekommt, wenn vor allem Pädagoginnen und
Pädagogen die Augen nicht (mehr) davor verschließen,
dass viele Verantwortliche in den pädagogischen Institutionen,
in den Betrieben und in den Organen der Politik keine Antworten
mehr wissen, auf die Fragen nicht nur der Jugend nach einer
erfüllten Zukunft, nach sozialer und materieller Sicherheit,
nach sinnerfüllter Arbeit und Berufsbildung, nach Frieden
nicht nur bei uns, sondern auch im Kongo, im Irak, in Afghanistan.
Diese Länder und Menschen sind den Pädagogen keineswegs
fern. Hamburg hat die größte afghanische Gemeinde
in Deutschland zu Gast mit ca. 15 Tausend Personen, darunter
vielen Jugendlichen, die ganze Berufsschulklassen füllen.
Die drei genannten und die nun folgenden drei Qualitätskriterien
für integrationspädagogische Arbeit, die als die
wesentlichen Seiten wissenschaftlicher Denk- und Verfahrensweise
bestimmt werden können, müssen angehende Pädagogen
am Ende des Studiums beherrschen und selbst unter widrigen
Umständen anwenden können.
Viele komplizierte Darlegungen und Diskussionen im pädagogischen
Prozess und vor allem in der Lehrerbildung sind auf das dialektische
Verhältnis von individueller und gesellschaftlicher Bewegung
und Entwicklung, von Behinderung und Normalität ausgerichtet.
Eine angemessene Haltung und Auffassung zu diesen gesellschaftlichen
wie individuellen Entwicklungsproblemen kann folgendermaßen
zusammengefasst werden: Keine Pädagogin, kein Pädagoge
sollte sich mit Feststellungen zufrieden geben, dass 'das
Leben in der Gesellschaft sich wandelt', dass 'die gesellschaftliche
Kommunikation und Produktion revolutioniert wird', dass die
Individuen tätig sind und sich entwickeln. Mit Blick
auf das pädagogische Denken und Tun ist es unumgänglich,
dass die Praxis des gesellschaftlichen Lebens und Arbeitens,
dass die Praxis des Bildungsprozesses und des gemeinsamen
Lernens eines grundsätzlichen Wandels bedarf, damit sich
viele Menschen, Behinderte und Benachteiligte, Menschen aus
anderen Kulturkreisen, ganze Schichten der Bevölkerung
überhaupt erst entfalten können. Pädagogen
müssen auf dieser Forderung bestehen und, damit sie nicht
unglaubwürdig werden, müssen sie selbst Hand anlegen,
damit die gesellschaftlichen wie materiellen Bedingungen,
die Voraussetzungen für integrationspädagogische
Tätigkeit geschaffen bzw. verbessert werden. Wenn Berufspädagogen
der Auffassung sind, dass geistig behinderte Menschen das
Recht haben, sich in einer Berufsschule zu bilden und in einem
Betrieb zu arbeiten, dann sollten sie nicht in der Berufsschule
hoffen und warten, dass sie zu ihnen kommen. Das Soziale und
das Politische ist immer dominant in dem (integrations)pädagogischen
Denken und Handeln.
Welche Erwartungen können Pädagogen an eine integrationspädagogische
Theorie bzw. Theoriebildung haben, die ein Mittel zur Veränderung
der gesellschaftlichen Verhältnisse und vor allem das
Mittel zur Integration von Menschen in das Berufsbildungs-
und Beschäftigungssystem ist, die bislang weitgehend
ausgeschlossen sind? Mit Hilfe von drei weiteren Gedankengängen
können die Erwartungen zum Ausdruck gebracht werden.
Integrationspädagogisches Denken und Handeln ist nicht
darauf aus, (irgend) eine Seite der Entwicklung, Erziehung
und Bildung einer Persönlichkeit zu erhellen. Mit der
Analyse/Synthese möglicher Berufs- und Lebensperspektiven
Behinderter und ihrer nachdrücklichen Verwirklichung
können und wollen Pädagogen der jeweiligen Persönlichkeit
und der Logik ihres Denkens und Handelns, ihrer Gefühls-
und Lebenswelt gerecht werden. Ist das wegen ihrer unzulänglichen
Fähigkeiten oder wegen der fehlenden Mittel nicht oder
noch nicht möglich, dann können sie darauf aus sein,
Voraussetzungen zu schaffen, um Wesentliches tun zu können.
Vor allem die dezidiert pädagogische Arbeit mit sehr
schwer geschädigten bzw. behinderten Menschen ist ohnehin
immer eingebettet in das absichernde, versorgende Handeln
(vgl. HANSELMANN 1941, 52 und 61). Solange Integrationspädagogen
noch dabei sind, einen Ansatzpunkt für ihre Arbeit zu
suchen und zu finden, sind sie darauf aus, die Persönlichkeitsentwicklung
von Behinderten und Benachteiligten als Prozess und Ganzheit
differenziert und distanziert zu erfassen. Dieser Gedanke
muss herausgestellt werden, weil über einzelne Erscheinungen
des Erziehungsprozesses, z. B. über isolierende Bedingungen,
über Kindheit, über die Pubertät oder über
Wahrnehmungstätigkeit vieles bereits bekannt ist. Woran
es fehlt im Studium der Pädagogik, das ist z. B. die
Bestimmung dessen, was pädagogische Tätigkeit in
Wissenschaft und Praxis ausmacht (Gegenstandsbestimmung der
pädagogischen Arbeit). Im Theoriebildungsprozess und
auch im integrationspädagogischen Prozess fehlt es in
aller Regel am Überblickswissen und an der gedanklichen
Vorwegnahme des Weges, der professionell begehbar ist. Viele
Pädagogen behelfen sich dann damit, dass sie für
wechselnde Erscheinungen in der Praxis die ewig gleiche Erklärung
heranziehen oder alle möglichen Aufgaben im Erziehungs-
und Bildungsprozess mit den gleichen Mitteln angehen. Es ist
aber eine Binsenweisheit in der Pädagogik, dass selbst
unter gleichen Bedingungen dasselbe Mittel keineswegs sicher
zum Ziel führt (a. a. O., 175).
Pädagogen im Forschungsprozess und im integrationspädagogisch
ausgerichteten Berufsbildungsprozess müssen es berücksichtigen,
dass sie als gestaltende, als professionell tätige Subjekte
sich auch selbst bewegen und entwickeln. Sie orientieren sich
an neuen Entwicklungen und vor allem an Kolleginnen und Kollegen
in den institutionellen Arbeitszusammenhängen. Kooperation
ist nötig aber zeitraubend. Der Gegenstand pädagogischer
Arbeit in Wissenschaft und Praxis verändert sich permanent.
Es kristallisieren sich ständig neue Sichtweisen auf
die Arbeit, auf die Vermittlungstätigkeit zwischen den
Jugendlichen und Erwachsenen, auf ihre Welt der Arbeit und
der Berufsbildung heraus. Wenn die Jugendlichen und Erwachsenen
sich, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, dann
kann das von Pädagogen gedanklich vorweggenommen, es
kann auch 'zufällig' sein. Oft ist es gar nicht so sicher
oder bekannt, welcher Person der Erfolg zugerechnet werden
kann. Die Entwicklungsrichtung ist oft nicht eindeutig. Was
mit vereinten Kräften z. B. in den Werkstätten und
Betrieben entsteht, wird an anderen Orten, nicht selten von
Angehörigen, in der Familie konterkariert. Eine Studentin,
die während eines Praktikums in einer Tagesbildungsstätte
für geistig behinderte Menschen stolz berichtete, sie
hätte es erfolgreich geschafft, eine geistig behinderte,
erwachsene Person zum selbstständigen Toilettengang zu
erziehen, bekam von einer dort dauerhaft tätigen Kollegin
die zynische oder fatalistische Antwort: 'Warten Sie ab, bis
wir mit ihr hier allein sind, dann beginnt die Person mit
uns das Spiel von neuem!'
Mit diesem Beispiel kann verdeutlicht werden, wie Integrationspädagogen
sich in den Widersprüchen ihrer Denk- und Verfahrensweisen
verfangen können. Sie können es schaffen, die inneren
Widersprüche ihrer Vermittlungstätigkeit zwischen
den Personen und ihren Lebenswelten zu erkennen. Alleine sind
sie in aller Regel verloren. Wer in einem Kollegium wenigstens
eine professionell tätige Person des Vertrauens hat,
die eine Wahrheit sagen kann und deren Aussagen und Tätigkeiten
zusammenpassen, der kann sich glücklich schätzen.
Es kommt nicht selten vor, dass Integrationspädagogen
mit ihren Überzeugungen und Bestrebungen selbst in einem
großen Kollegium alleine dastehen, kämpfen und
an das bekannte Wort denken: Nur tote Fische schwimmen mit
dem Strom. Die Widersprüche (z. B.) im Prozess der Aneignung
eines Arbeitsprozesses durch eine Person, die angeleitet wird,
sind oft unentwirrbar. Die geistige Aneignung einer 'gemeinsamen
dritten Sache' ist kompliziert und langwierig vor allem dort,
wo den Beteiligten als Mittel der Kommunikation nicht die
entfaltete Sprache bzw. die Schriftsprachlichkeit zur Verfügung
steht.
Die Beachtung, die Erforschung, die Erkenntnis der inneren
Widersprüchlichkeit des Gegenstandes pädagogischer
Arbeit ermöglicht den Pädagogen selbst im Falle
des Misserfolgs den einen oder anderen Gedanken über
die Antriebskräfte oder gar über mögliche andere
Entwicklungsrichtungen, die eingeschlagen werden können.
In dem Bühnenstück von Carl Zuckmeyer muss der Oberst
sich mehrfach die Mahnung von Jakobowsky anhören: 'Es
gibt selbst in ausweglos erscheinenden Situationen immer wenigstens
zwei Handlungsmöglichkeiten!'
DUISMANN, G. H. (2003): Vorlesung über berufsvorbereitenden
Unterricht im integrationspädagogischen Seminar am 18.
Juni 2003 im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität
Hamburg.
HAARMANN, E. M. und SPIESS, I. (2002): Verbindungen schaffen
zwischen behinderten-, berufs- und sozialpädagogischer
Arbeit: Begleitende Hilfen im Arbeitsleben, in: BAABE/HAARMANN/SPIESS
(Hrsg.): Für das Leben stärken - Zukunft gestalten.
Behindertenpädagogische, vorberufliche und berufliche
Bildung - Verbindungen schaffen zwischen Gestern, Heute und
Morgen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Klaus Struve. Paderborn:
Eusl, 74-95.
HANSELMANN, H. (1941): Grundlinien zu einer Theorie der Sondererziehung
(Heilpädagogik). Erlenbach-Zürich: Rotapfel-Verlag.
KOROLJOW, F. F. und GMURMAN W. J. (Hrsg.) (1972): Allgemeine
Grundlagen der Pädagogik. Berlin: Volk und Wissen.
PESTALOZZI, J. H. (1966): Über den Aufenthalt in Stanz,
in: BUCHENAU/SPRANGER/STETTBACHER (Hrsg.): Pestalozzi, Sämtliche
Werke, Band 3, Berlin, Leipzig: Walter de Gruyter & Co.,
3-32.