bwp@ 37 - Dezember 2019

Berufs- und Wirtschaftspädagogik und ihr fachwissenschaftlicher Bezug

Hrsg.: Tade Tramm, Martin Fischer, H.-Hugo Kremer & Lars Windelband

Didaktisierung der Berufsfelder – Eine Aufgabe auch für Berufswissenschaft und Berufsbildungswissenschaft

Beitrag von Jörg-Peter Pahl
Schlüsselwörter: Berufsfelddidaktik, Berufswissenschaft, Berufsbildungswissenschaft

Durch eine didaktische Ausrichtung auf Berufsfelder ergeben sich spezifische Möglichkeiten für die beruflichen Didaktiken. Berufsfelddidaktiken auf berufs- und berufsbildungswissenschaftlicher Basis eröffnen Wege, auf denen die eng fachliche Qualifizierung auf einzelne Berufe überwunden werden kann. Darüber hinaus können die Entberuflichungsprobleme wegen der Ersetzbarkeit von Tätigkeiten durch digitalisierte Maschinen gemindert und die Flexibilität und Selbstständigkeit beim Lernen und Arbeiten gefördert werden.

Didactisation of occupational fields - a task even for occupational and vocational training science

English Abstract

A didactic orientation towards occupational fields results in specific possibilities for vocational didactics. Vocational field didactics on the basis of vocational- and vocational-training-science open up ways of overcoming the narrow technical qualification for individual occupations. In addition, the problems associated with the loss of professional qualification can be reduced because activities can be replaced by digitised machines and flexibility and independence in learning and working can be promoted.

1 Ausrichtung auf ein Berufsfeld

1.1 Begrenzung der beruflichen Didaktiken

Durch die in der beruf1ichen Bildung vorfindbaren Didaktiken werden die verschiedenen und von unterschiedlichen Interessenlagen ausgehenden Bemühungen erfasst, Theorie und Praxis beruflichen Lehrens und Lernens zu durchdringen und zielorientiert zu gestalten. Werden dabei „berufliche Tüchtigkeit“ und „berufliche Mündigkeit“ als die beiden wesentlichen Ziele der Berufsbildung (Lipsmeier 1978, 123) akzeptiert, haben es Didaktiker mit Zielkonkurrenzen zu tun. Das stellt eine erhebliche Herausforderung dar, denn die besonderen Schwierigkeiten der Didaktiken beruflicher Bildung liegen insbesondere darin, „daß die Berufsbildung im besonderen Maße mit den Strukturen und Problemen des Arbeitslebens zusammenhängt“ (Lipsmeier 1980, 49).

Die traditionellen fachdidaktischen Ansätze und Fachdidaktiken sollten heute nur noch für allgemeinbildende Fächer der beruflichen Schulen Bedeutung haben. Der Besonderheit der Berufsbildung wird mit einem didaktischen Ansatz, der sich auf ein Fach und die zugehörige Fachwissenschaft ausrichtet, nicht entsprochen. Für das berufliche Lehren und Lernen richten sich berufliche Didaktiken insbesondere auf die Berufswelt, die Berufsfelder, Berufsfeldbereiche und die Berufe. Eine Ausrichtung auf ein Berufsfeld stellt eine Begrenzung der beruflichen Didaktiken dar. Damit zeigt sich auch ein arbeitsökonomisches Argument für die Entwicklung von diesen besonderen beruflichen Didaktiken.

Schon Grüner hatte 1975 mit einem Kommentar über den desolaten Zustand der Fachdidaktiken, darauf aufmerksam gemacht, dass bei der geringen Zahl der Personen, die sich mit didaktischen Fragen im Bereich der Berufsbildung befasst, eine fast unlösbare und kaum zu bewältigende Aufgabe darin besteht, Didaktiken zu den einzelnen Berufen zu entwickeln.

Für den Bereich der Berufsausbildung wurde von Gustav Grüner (1981, 543 f.) u. a. eine „Didaktik der Berufsfelder“ vorgeschlagen. Dabei sollte die Didaktik eines Berufsfeldes „die Gemeinsamkeiten der einem Berufsfeld zugeordneten Ausbildungsberufe ermitteln“ (ebd.).

Die didaktische Bearbeitung von Berufsfeldern erschien als langfristiges Projekt leistbar. Inzwischen schält sich immer mehr heraus, dass der Bezugspunkt beruflicher Bildung „weniger das Fach, sondern vielmehr ein Berufsfeld“ (Schubiger/Rosen 2013) oder ein Beruf sein sollte.

1.2 Konzeptansätze beruflichen Lernens – Beruf oder Berufsfeld als Ausgangsbasis

Eine ständig aktuelle Frage ist, wie künftig eine angemessene Berufsbildung erfolgen sollte, die dem ständigen und immer schnelleren soziotechnischen Wandel gerecht wird. Häufig werden, um den gegenwärtigen Anforderungen zu entsprechen, eher die für einen spezifischen Beruf relevanten Fähigkeiten und Lerninhalte gesehen. Sollen auch zukünftige Anforderungen berücksichtigt werden, so verlieren enge berufsspezifische Fähigkeiten, firmenspezifische Inhalte und solche an Relevanz, die im Rahmen der Digitalisierung eventuell substituiert werden können. Katharina Dengler und Britta Matthes (2015, 6) haben bei einer Reihe von Berufen die „gegenwärtigen Substituierbarkeitspotenzialen“ untersucht. Sie bestimmten „das Substituierbarkeitspotenzial eines Berufes über den Anteil der in diesem Beruf typischerweise zu erledigenden Aufgaben, die bereits heute durch Computer erledigt werden könnten“ (ebd.). Das berufswissenschaftliche Ergebnis eines teilweise hohen Substituierungsgrad von Tätigkeiten bei vielen Berufen ist erschreckend. Allerdings ist die Entscheidung darüber, ob die indizierten Tätigkeiten im Beschäftigungssystem ersetzt werden, eine unternehmerische und hängt keinesfalls allein von der technologischen Machbarkeit ab.

Unter dieser Perspektive ergeben sich bildungspolitische, berufswissenschaftliche und didaktische Problem- und Aufgabenstellungen, die u. a. in die Frage münden, ob eine entspezialisierte Berufsausbildung sinnvoller ist als eine solche, die auf einen sehr engen Beruf zielt.

Stellt man die Berufsfelder in den Mittelpunkt der Überlegungen, so kann Fokussierung auf die Belange des einzelnen Berufes später immer noch erfolgen. Deshalb sollten Lösungsversuche in einem größeren Zusammenhang gestellt werden. Vorerst erscheint – nicht zuletzt auch deshalb, weil die speziellen Didaktiken der Berufe bislang unzureichend elaboriert sind – der Bezug auf ein ganzes Berufsfeld und nicht zwangsläufig auf einen einzelnen Beruf, durchaus als sinnvoll.

Durch den Berufsfeldansatz können sich Möglichkeiten eröffnen, die auf einzelne Berufe gerichteten bisherigen Konzepte beruflichen Lehrens und Lernens zu erweitern. Das kann in der Folge auch dazu führen, festgeschriebene Berufsbilder zu dynamisieren und die Anzahl der spezialisierten oder durch die Digitalisierung gefährdeten Berufe zu reduzieren. Zugleich käme man damit der Forderung nach einer offenen, dynamischen Beruflichkeit (vgl. Heidegger/Rauner 1997) nach. Charakteristisch für dieses Konzept ist, dass eine Begrenzung auf wenige Berufe pro Berufsfeld erfolgt und darüber hinaus bestehende Berufsfeldzuschnitte in Frage stellt. Die damit entstehende tendenzielle Entspezialisierung, Flexibilisierung und Mobilisierung der Berufe wäre nicht nur aus Sicht des Beschäftigungssystems von Interesse.

2 Berufsfelder

2.1 Zum Begriff ,Berufsfeld' im Berufsbildungsbereich

Mit dem Feldbegriff werden Arbeitsgebiete umschrieben, in denen man sich auskennt und die man geistig oder auch materiell beherrscht. Mit Feld sind aber auch die natürlichen Lebenssituationen von Menschen und Gruppen gemeint oder auch Einwirkungsbereiche von Phänomenen. Hervorzuheben ist, dass es sich dabei nicht um zufällige und singuläre Situationen, Ereignisse und Erscheinungen handelt, sondern um für eine bestimmte Zeit dauerhafte oder sich wiederholende bzw. wiederholbare komplexe Konstellationen.

Im Berufsbildungsbereich wird der Begriff unter der Chiffre Lernfeld und Berufsfeld verwendet. Im Sinne: der Sozialforschung verweist die Verwendung des Wortes „Berufsfeld“ darauf: dass „das ‚Tätigkeitsfeld des Berufs’ als Konstellation komplexer Wechselbeziehungen von Arbeitsplatz, Abteilung, Betrieb sowie von dessen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Umfeldern ausgelegt wird“ (Lisop 1999, 28).

Wenn diese Ausführungen auch im Zusammenhang mit der Diskussion um das Konstrukt des Lernfeldes entwickelt wurden, lassen sie sich ebenso auf das Berufsfeld übertragen. Nicht nur für das Lernfeld, sondern auch für das Berufsfeld deutet der Feldbegriff „darauf hin, dass der Bildungsauftrag der beruflichen Schulen keinesfalls auf eine enge berufsfachliche, lediglich berufliche Qualifikation oder gar auf dinglich konkrete Operationen beschränkt werden darf“ (ebd., 28). Das gilt heute mehr denn je, da vor allem enge funktionale Qualifikationen und Tätigkeiten bei vielen Berufen durch digitalisierte Maschinen zu einem hohen Anteil übernommen werden können (Job-Futuromat 2019).

Es werden aber über das Berufsfeld nicht nur sachgebietstypische Tätigkeits- und Handlungsstrukturen thematisiert, sondern zugleich auch soziale, gesellschaftliche und subjektbezogene Aspekte, praktisches Können sowie Wissensbereiche der Arbeit sowie der Arbeits- und Geschäftsprozesse. Das heißt: Ein Berufsfeld stellt die Gesamtheit der in ihm vereinigten Berufe dar, wobei es durch die involvierten und in diesem Bereich arbeitenden Personen mit ihren Fähigkeiten über die erforderlichen alltäglichen und sachgebietstypischen Tätigkeiten bzw. anderweitigen Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstände und -methoden nichttechnischer Art repräsentiert wird. Dem Berufsfeldgedanken liegt die Notwendigkeit einer optimalen und schlüssigen Zusammenfassung und Systematisierung der vorhandenen Berufe zugrunde, die in einen größeren Zusammenhang, das Berufsbildungssystem, eingehen.

2.2 Zur Entstehung und Entwicklung der Berufsfelder

Die funktionale Differenzierung der Gesellschaft bedingt, dass sich im Beschäftigungssystem einzelne Tätigkeiten herausbilden, die jeweils eine bestimmte Aufgabe für das Gesamtsystem erfüllen. Die Notwendigkeit der beruflichen Spezialisierung entstand im geschichtlichen Prozess durch die Entwicklung von Wirtschaft und Technik. So akzentuierten sich Tätigkeiten und bildeten eigenständige Berufe. Der schon frühzeitig erkennbare Trend der immer weiteren Differenzierung und Spezialisierung der beruflichen Arbeit sowie des Entstehens neuer Wirtschaftsstrukturen und Berufe stellte ständig neue Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Tätigkeitsmerkmale und Berufsbilder. Die immer weiter und differenziert erfolgte Spezialisierung führte nicht zuletzt, z. B. bei der Berufswahl oder der Besetzung einer Arbeitsstelle, zu einer zunehmend größeren Unübersichtlichkeit. Unter anderem aus diesem Grunde wurden eine systematische Einteilung und eine Reduzierung der Anzahl der Berufe gefordert.

Die sich auf größere Einheiten beziehende Einteilungssystematik nach Berufsgruppen bzw. Berufsfeldern ist eine Möglichkeit, dem Anspruch nach eher weiterreichenden Qualifikationen und Kompetenzen gerecht zu werden. Derartige Einteilungsversuche sind nicht so neu. So ist in einem Verwaltungsbericht des preußischen Landesgewerbeamtes (1908, 76 f.) z. B. bereits die Rede von drei Gruppen, „für die die Anforderungen im Zeichnen nahezu gleich oder wenigstens verwandt sind“:

Gruppe I: Baugewerbe und verwandte Gewerbe;

Gruppe II: Metalltechnische und maschinentechnische Gewerbe;

Gruppe III: Verzierende Gewerbe (das Kunstgewerbe).

Schon diese Art der Berufsgruppenbildung stellte eine Bündelung von Berufen dar. Die Zusammenfassung und Ordnung verwandter Berufe führte zu relativ homogenen Organisationsformen (z. B. Metallgewerbe, Baugewerbe usw.), wodurch dann etwa 1920 die „Gewerblichtechnische Berufsschule“ ihr Profil gewann. 1925 kam es als Folge einer Berufszählung zu einer Umordnung der Berufsgruppeneinteilung.

Auf Grundlage der daraufhin erarbeiteten Berufsberatungsstatistik wurden die damals bestehenden und anerkannten Berufe nicht mehr alphabetisch, sondern entsprechend den „inneren Zusammenhängen“ in 31 Berufsgruppen eingeteilt.[1]

Auch durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erfolgte später die Zusammenfassung der Berufe in Berufsgruppen. Nach dem Berufsbildungsförderungsgesetz hat das BIBB u. a. die Aufgabe, „das Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe zu führen und zu veröffentlichen“ (BerBiFG 1983 §6, Absatz 2.4). Die staatlich anerkannten Ausbildungsberufe sind dabei in Berufsgruppen zusammengefasst und geordnet.

Im Gegensatz zur betrieblichen Verwendung setzte sich der Begriff „Berufsgruppe“ im Bereich der Berufsschulausbildung in den folgenden Jahrzehnten nicht durch. Vielmehr wurde für die Berufsbündelungen zunehmend das Wort „Berufsfeld“ verwendet. Schon 1964 wird in den „Vorbemerkungen zu den Lehrplänen für gewerblich-technische Berufsschulen“ (in: Grüner 1983, 352) für Nordrhein-Westfalen im Kontext mit der Neuorientierung der beruflichen Bildungsarbeit von „Berufsfeldern“ gesprochen, ohne weiter auf den Begriff einzugehen. Danach waren „die Lehrpläne im ersten Schuljahr für alle Berufe so angelegt, daß die Schüler desselben Berufsfeldes nach ihnen unterrichtet werden können“ (ebd., 363). Weiter heißt es: „Durch den gleichen Grundlehrplan steht auch in diesem Fall das Berufsfeld im Mittelpunkt des Unterrichts“ (ebd., 364).

Auch Mertens, der Leiter des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, verwies darauf, dass durch die historisch entstandenen Gliederung der Gesellschaft in Berufsgruppen die „innere Verwandtschaft von Tätigkeiten nach den erforderlichen Qualifikationen arbeitshierarchischer Funktionen und der an die Arbeitskräfte gestellten Anforderungen (…) durch diese Gliederung nicht angemessen wiedergegeben" (Mertens 1974, 211) wird.

In Folge der Empfehlung der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates (1970), dass das „erste Jahr jeder Berufsbildung ein obligatorisches Berufsbildungsjahr (sein sollte), in dem eine von der Produktion getrennte, systematische Grundbildung in einem breiten Berufsfeld stattfindet", wurden elf Berufsfelder definiert und diesen 244 der damals noch rund 600 anerkannten Ausbildungsberufe zugeordnet. So erfolgte auf der Basis der traditionell gewachsenen Berufsgruppen zwar kaum bemerkbar eine über die Schulverwaltungen initiierte Umbenennung dieser in „Berufsfelder“ , aber es entstanden – wie schon Lipsmeier (1995, 230) beklagt – keine curricularen oder didaktischen Gemeinsamkeiten zwischen diesen Berufsfeldern. In den Empfehlungen der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates „Zur Neuordnung der Sekundarstufe II“ (1974, 63) wurde festgelegt, dass für alle Lernenden in der Sekundarstufe II, die eine Berufsausbildung anstreben, eine berufliche Grundbildung vorzusehen ist. Damit verbesserte die berufliche Grundbildung als erste Phase der beruflichen Ausbildung die Möglichkeiten der Mobilität und Flexibilität der Auszubildenden, da die verschiedenen Spezialisierungsmöglichkeiten offenblieben, aber die Wahl für die darauffolgende Fachbildung dennoch vorbereitet wurde. Nun galt die Ausbildung in einem Berufsfeld als Vorbereitung auf eine sich daran anschließende berufliche Fachbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.

Mit Wirkung vom 15. Januar 1987 erfolgte eine Neuordnung der besonders großen Anzahl der industriellen Berufe, beispielsweise bei den Metallberufen auf Grundlage der „Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Metallberufen“ (IndMetAusbV).

In den Folgejahren wurden auch die Berufe anderer Berufsfelder verändert. Aber auch viele dieser Neuordnungen genügten inzwischen schon nicht mehr den sich verändernden Anforderungen des Beschäftigungssystems, sodass im Laufe der 1990er Jahre unter anderem auch neue Berufsfelder und – der technischen Entwicklung folgend – beispielsweise so genannte „informationstechnische Berufe“ entstanden. Darüber hinaus wurden seit Mitte der 1990er Jahre viele Neuordnungsverfahren auf den Weg gebracht

Die Besetzung der Berufsfelder mit Ausbildungsberufen war seinerzeit noch sehr unterschiedlich und erfasste nicht alle anerkannten Ausbildungsberufe. Deren Zuordnung zu Schwerpunkten innerhalb eines Berufsfeldes erwies sich angesichts der dynamischen Entwicklung von Berufsbildern, -zielen und -inhalten als ein schwieriger und permanenter Prozess.

Berufsfelder haben trotz aller Widersprüche und Defizite grundsätzlich ihre Berechtigung und sind u. a. auch sinnvoll, da

  • sich keine eigenständige Ausbildung der Lehrkräfte für das Lehramt an beruflichen Schulen für jeden Ausbildungsberuf realisieren lässt.
  • Schulorganisation und Lehrereinsatz nach Berufsfeldern ausgerichtet sind.
  • zur organisatorischen Strukturierung der Schulformen innerhalb der berufsbildenden Schulen (z. B. Technik, Wirtschaft und Verwaltung) genutzt werden.

Allerdings müssen konstitutionelle Merkmale – wie inhaltliche Abgrenzungen und die darin aufgenommenen Berufe – ständig auf ihren Sinngehalt hin überprüft werden.

Berufsfelder gewannen über die Ausbildungsberufe hinaus umgangssprachliche Bedeutung. In diesem Zusammenhang stellten sie die Bezeichnung für eine Gruppe inhaltlich oder funktional verwandter akademischer und nicht-akademischer Berufe dar. Für die Jugendlichen oder jungen Menschen, die sich bei der Berufswahl einen Überblick verschaffen wollen, welche Berufe ihren Interessen entsprechen, wurde der Begriff selbsterklärend. Im Laufe der Zeit hat der Begriff „Berufsfeld“ sich so eingebürgert und etabliert, dass er nicht nur in der Berufsbildung sondern auch in der Psychologie, Soziologie u. a. Bereichen verwendet wird.

2.3 Berufsfelder – Defizite des bestehenden Konzeptes

Wie der kurze geschichtliche Überblick zeigt, stellen alle bisherigen Ordnungsstrukturen der Berufe in Deutschland Bündelungen von Berufen in Berufsgruppen bzw. Berufsfelder dar. Eine grundsätzlich andere Systematik ist allerdings auch denkbar, denn oft erscheint die vorhandene Struktur derartiger Bündelungen eher tradiert und zufällig. Denkbar sind deshalb auch ganz andere Ordnungsansätze.

Das Berufsfeld im Bereich der Berufsausbildung als ein veränderbares System aufzufassen, erscheint derzeit problematisch, da weder durch die Ständige Konferenz der Kultusminister und -senatoren der Länder die Hinweise dazu stattgefunden haben, noch eine begrifflich-theoretische Diskussion erfolgt ist. Inhaltlich ist das „Berufsfeld'“ noch nicht exakt eingeordnet und abgegrenzt, denn

  • eine Definition ist noch nicht vorhanden, die Systemgrenzen sind noch nicht bestimmt (ausgenommen die KMK-Vorgaben) und generell nur temporär bestimmbar;
  • Aussagen zur Differenz von System und Umgebung liegen kaum vor;
  • Systemfunktionen und eine Systemdifferenzierung sind nicht ausreichend expliziert (die Intentionen einer berufsfeldbreiten Grundbildung sind nicht eingelöst);
  • die Rationalität des Systems hinsichtlich Steuerungsproblemen und Wertorientierungen tritt nicht deutlich sichtbar hervor.

Weniger problematisch ist es, Berufsfelder als ordnungspolitische Bündelungen und Zuordnungsmöglichkeiten für Berufe zu begreifen. Aber auch in den von der KMK (1978 bzw. 1995) aufgestellten Ordnungskriterien lässt sich teilweise kein schlüssiges System erkennen.

Vielmehr stellen sich die Beschlüsse nicht mehr als notwendige „Verwaltungsakte“ dar. So wird deutlich, dass traditionelle Entwicklungen und zufällige Gegebenheiten die unterschiedlichen Einteilungskriterien beeinflusst haben, beispielsweise nach

  • Tätigkeiten in Wirtschaft, Verwaltung, Büro und Handel, primär verwendeten Werkstoffen in den Berufsfeldern Holz-, Metall-, Textil- und Farbtechnik;
  • der Zuordnung zur Ingenieur- oder Naturwissenschaft (z. B. Berufsfelder Elektrotechnik, Bautechnik bzw. Chemie, Physik, Biologie);
  • Tätigkeiten im Gesundheitswesen, im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und Hauswirtschaft sowie der Agrar- und Forstwirtschaft.

Über diese Ordnungskriterien definierte die KMK in ihrem Beschluss vom 19. Mai 1978 schon 13 Berufsfelder, in denen seitdem der berufsbildende Unterricht im theoretischen und fachpraktischen Lernbereich durchgeführt wird. Es entwickelte sich für die Ausbildung der Lehrkräfte an den Universitäten das Konstrukt der beruflichen Fachrichtungen (vgl. Grottker 2010, 15 ff.) Durch die „Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung für ein Lehramt der Sekundarstufe II (berufliche Fächer) oder für die beruflichen Schulen" (KMK 1995) wurde der schulische Bereich umstrukturiert. Momentan wird von 16 beruflichen Fachrichtungen gesprochen, die sich grundsätzlich an den Berufsfeldern orientieren sollen, wobei die Länder diese um weitere Fachrichtungen ergänzen können, wenn sich diese ebenfalls an Berufsfeldern orientieren. Auch Verbindungen von Fachrichtungen sind dabei möglich.

Generell erscheint eine Zuordnung der Berufe zu Berufsfeldern richtig, zumal in dieser Ordnungsstruktur einige Berufsfelder eine schwerpunktmäßige Unterteilung erfahren. Allerdings ist die auf dem Verordnungswege eingeführte Systematik nicht hinreichend, da sowohl die Ordnungsprinzipien in sich nicht immer evident sind, als auch die Berufsfeldabgrenzungen nicht unbedingt den Gegebenheiten im Beschäftigungssystem entsprechen. Eine Zusammenfassung spezieller Berufe zu übergeordneten Berufen durch Hervorhebung gemeinsamer Grundlagen - etwa im Sinne der „KMK-Basisberufe“ (283. Plenarsitzung vom 23.10.1998) hat somit neben der grundsätzlichen Zustimmung auch heftige Kritik hervorgerufen (siehe z. B. KMK zur beruflichen Bildung 1998). Probleme ergeben sich für das Berufsfeldkonzept besonders auch dadurch, dass es für neue Berufe zu einer Berufsfeldüberschneidung kommt und solche Fälle mit dem Zusammenfügen und Neuentstehen weiterer Berufe vermutlich zunehmen werden. So kann der Beruf „Mechatroniker/-in“ weder eindeutig dem Berufsfeld „Metalltechnik“ noch dem Berufsfeld „Elektrotechnik“ zugeordnet werden. Gerade bei diesen beiden Berufsfeldern zeigt sich deutlich, dass sich die Tätigkeitsbereiche teilweise überschneiden. Eine entsprechende Problematik ergibt sich auch für den Beruf „Mikrotechnologe/Mikrotechnologin“. Dieser Beruf liegt im Schnittfeld von Elektrotechnik und Chemietechnik.

Allein an diesen Beispielen wird deutlich, dass gerade bei den neu entstehenden Berufen Verortungsprobleme auftreten. Eine Einordnung vieler Ausbildungsberufe auf der Basis der Systematik der Kultusministerkonferenz ist zwar formal möglich, inhaltlich aber nicht immer eindeutig leistbar und sinnvoll. An den dargestellten Beispielen zur Berufsfeldüberschneidung, die durch umfassende Arbeitsprozesse bedingt sind, lässt sich erkennen, dass die Grenzen zwischen den Berufsfeldern auf der Basis der KMK-Vorgaben nicht, oder nicht  mehr eindeutig sind. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Berufsfeldschneidungen nicht das einzige Problem darstellen. So weisen z. B. versorgungstechnische Berufe des Handwerks in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK), die dem Metallbereich zugeordnet sind, Anforderungen auf, die elektrotechnische und bautechnische Tätigkeitsfelder ebenso betreffen.

Die Berufsfelder in ihrer jetzigen Systematik sind teilweise sehr unterschiedlich konstruiert, weil beispielsweise ein Teil der Berufsfelder entsprechend korrespondierender Fachwissenschaften gebildet wurde, so z B. das Berufsfeld „Elektrotechnik“, oder die Problematik neuer berufsfeldübergreifender Berufe (z. B. Mechatroniker/-in) keine angemessene Berücksichtigung findet.

Nicht nur solche Probleme innerhalb der Thematik „Berufsfeld“ werfen die Frage auf, ob eine andere, schlüssigere und in sich konsistentere Systematisierung der Berufe in Berufsfelder möglich und sinnvoll ist. Hier zeigt sich eine bedeutsame Aufgabe für die Berufswissenschaft.

2.4 Überlegungen zur Systematisierung der Berufsfelder

Durch Digitalisierung und Globalisierung verändert sich die Arbeitswelt ständig und immer rasanter. Bei vielen Berufen lässt sich inzwischen ein Großteil oder wesentliche Tätigkeiten durch rechnergestützte Apparate ersetzen (Dengler/Matthes 2015; Job-Futuromat 2019). Die Diskussionen über die Berufsausbildung richten sich deshalb schon seit einiger Zeit darauf, das vorhandene Berufs- bzw. Berufsfeldkonzept durch Aktualisierung, Flexibilisierung und Individualisierung zu modernisieren.

Beispielsweise ist eine Systematisierung der Berufe unter den Gesichtspunkten der Technikgebiete und Branchen nach verschiedenen Ordnungskriterien möglich, u. a. nach

  • Aufgaben und Tätigkeitsmerkmalen,
  • Branchen,
  • Arbeits- und Technikbereichen,
  • Berufszweigen,
  • Berufsgruppen sowie
  • Berufsfeldern.

Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Einteilung nach gesellschaftlichen Situationsfeldern der beruflichen Tätigkeiten, wie sie von Dibbern/Kaiser/Kell (1974, 77 und 137) vorgenommen wurde. Das sind:

  • Betriebliche Arbeitsplätze,
  • Berufe,
  • Berufsfelder,
  • Wirtschaftsregionen und Wirtschaftszweige,
  • Wirtschaftssektoren.

Diese Einordnung erscheint zumindest diskussionsbedürftig, da hier beispielsweise nach beruflichen Tätigkeiten (Berufe, Berufsfelder) gegliedert und gleichzeitig eine Verortung vorgenommen wurde (Betrieb, Wirtschaftsregion). Auch wurde der Gedanke verfolgt, über detaillierte Untersuchungen des „inhaltlichen Verwandtschaftsgrades“ von Berufen Schlussfolgerungen zur Systematik zu ziehen.

In diese Richtung gingen insbesondere schon Überlegungen Gustav Grüners (1978, 132) mit der Aussage, dass Berufe, die miteinander verwandt sind, ein Berufsfeld bilden sollten. Diese Überlegungen sind zwar noch heute aktuell, Kriterien für „verwandte Berufe“ bedürfen jedoch einer den heutigen Verhältnisse im Beschäftigungssystem angepassten Überarbeitung. Durch die Verwendung des Berufsbegriffs bei der Einführung der beruflichen Grundausbildung sind diese Varianten und Möglichkeiten vermutlich jedoch nicht weiter reflektiert und diskutiert worden.

Eine weitere Art der Systematisierung bietet sich durch den Bezug auf Tätigkeits- und Anforderungskriterien an. Ansätze dazu können sich beispielsweise durch eine Ordnung nach fachlichen, sprachlichen, logischen, ethischen, sozialen, ökologischen, ökonomischen technischen Kriterien ergeben.

2.5 Möglichkeiten und Hemmnisse für einen Berufsfeldansatz durch Berufs- und Berufsbildungswissenschaft

Die Notwendigkeit, einen didaktisch differenziert ausgeformten Berufsfeldansatz zu verfolgen, kann u. a. aus Ergebnissen abgeleitet werden, die bereits bei entsprechenden Forschungszusammenhängen zwischen Berufs- und Berufsbildungswissenschaften gewonnen wurden.

Unter diesem Gesichtspunkte ist durchaus zu bedenken, ob sich nicht besser den wesentlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten, die im gesamten Berufsfeld benötigt werden, zugewandt werden sollte. Dieses kann auf der Basis der dem Futuromat (2019) zugrunde liegenden wesentlichen Tätigkeiten bei Berufen geschehen.

Mit einem derartigen Berufsfeldansatz auf berufswissenschaftlicher Basis ist die Frage nach utilitären konkreten  Inhalten und Fähigkeiten nicht aufgehoben, nur muss die Nützlichkeit nicht mehr allein von einem ungesicherten, vermeintlichen und eventuell nur kurzfristigen Bedarf eines Berufes des Beschäftigungssystems her bestimmt werden. Es geht vielmehr eher um berufsüberübergreifende Kompetenzen.

Mit einer solchen Sichtweise objektivieren sich die Bedingungen des Beschäftigungssystems und der Berufspraxis. Zusätzlich stellt sich die Frage, welche praktischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Berufsausbildung als Handlungskompetenz zu vermitteln sind, die es ermöglichen, die offenen und immanenten Möglichkeiten des Berufsfeldes auszuschöpfen. Es muss also die Berufspraxis im Hinblick auf curriculare Konsequenzen berufs- und berufsbildungswissenschaftlich analysiert werden. Die Wissenschaften sehen das bislang nicht als Aufgabe an und sind unter den gegebenen Bedingungen selbst kaum in der Lage, konkrete und abgrenzbare Tätigkeitsanforderungen für das Berufsbildungssystem eindeutig festzulegen. Das Auftreten von spezifischen Fähigkeitsdefiziten kann durch die besondere Berücksichtigung extrafunktionaler Qualifikationen und eventuell durch die Erhöhung des Bildungsniveaus abgefedert werden.

Das Berufsfeld stellt, wenn es sich nach sinnvollen Kategorien aufbaut, eine Möglichkeit für gewandelte didaktische Ansätze beruflichen Lernens dar. Bei dem momentanen Stand der Diskussion sind allerdings für das Berufsfeld und die berufs- und berufsbildungswissenschaftliche Forschung durch fehlende Ressourcen Defizite, Widersprüche und offene Fragen erkennbar.

Handlungsbedarf besteht für eine Auflösung oder Verminderung von Dilemmata, wie sie auch in anderen Zusammenhängen von Berufswissenschaft und Berufsbildungswissenschaft schon seit längerem festgestellt werden:

  • Es gibt kaum systematische Untersuchungen zur Angemessenheit von Berufsschneidungen und zum Zusammenhang von Berufsfeldern und Ausbildungsplanungen, obwohl das Berufsfeld für den Berufsbildungsbereich ein wichtiges Ordnungskriterium darstellt.
  • Die Forderung nach Berufsbezogenheit der Ausbildungsgänge wird immer wieder aufgestellt, jedoch fehlen Überlegungen darüber, wie Ansätze und Methoden der Berufsforschung zur die Planung der Curricula genutzt werden können.
  • Es ist bekannt, dass Berufsforschung und Berufsbildungsforschung kaum aufeinander abgestimmt sind, und noch immer ist ungeklärt, in welcher Weise dieses geschehen kann.
  • Zwar wird die Notwendigkeit einer vertieften Berufsforschung zum Berufsfeld generell nicht angezweifelt, dennoch zeigt es sich als noch völlig offen, wie diese unter dem besonderen Aspekt der Berufsbildung gestaltet werden soll.
  • Es ist erkennbar, dass die bestehenden Berufsfeldschneidungen für viele Berufe nicht mehr angemessen sind. Ungeachtet dessen wird an der festgeschriebenen Ordnung der Berufsfelder kaum etwas geändert.

Diese seit langem bestehenden Möglichkeiten, Hemmnisse, Defizite und Widersprüche im Bereich des Berufsfeldes und damit der Berufs- und Berufsbildungsforschung erfordern eine vertiefte Reflexion der Thematik mit dem Ziel, schlüssigere und im Zeitalter von Digitalisierung  sowie Globalisierung besser angepasste Konzepte beruf1ichen Lernens zu erreichen.

Durch Berufsfeldkonzepte besteht allerdings die Möglichkeit einer beruflichen Unschärfe, da es mehr um übergeordnete Ziele und exemplarische Inhalte geht. Wenn nötig, können die Besonderheiten und Spezifika der einzelnen Berufe des Berufsfeldes durch zusätzliche Bildungsangebote zum umfassenderen Kompetenzerwerb bedient werden. Berufs- und Berufsbildungsforschung sollte sich nicht nur auf Fragen wie diejenigen nach der Bündelung der Berufe nach Tätigkeitsfeldern und Berufsschneidungen, sondern auch auf Ansprüche der Lernenden nach einer Berufsbildung sui generis richten.

3 Berufswissenschaft, Berufsbildungswissenschaft und Berufsfelddidaktik

3.1 Berufsfelddidaktik

3.1.1 Zum Begriff „Berufsfelddidaktik“

Der Terminus „Berufsfelddidaktik“ ist relativ neu. Er wird in der Berufsbildung noch nicht durchgängig verwendet und auch teilweise kontrovers diskutiert. Dabei stellt diese Didaktik quasi eine Bereichsdidaktik dar. Obwohl in traditionellen fachdidaktischen Diskussionen oftmals der Begriffsumfang von Berufsfelddidaktik gemeint ist, wird dennoch der herkömmliche Begriff von Fachdidaktik verwendet.[2]

Die Berufsfelddidaktik lässt sich in Anlehnung an Förner (1976, 25) in eine Berufsfelddidaktik im weiteren sowie eine im engeren Sinne differenzieren. Danach ist Berufsfelddidaktik im weiteren Sinn die Theorie des beruflichen Lehrens und Lernens in einem bestimmten Bereich. Argumentiert man auf der Grundlage der bildungstheoretischen Didaktik, so fragt auch die Berufsfelddidaktik im engeren Sinne nach dem „Wozu“, „Wofür“ und „Was“. Die Berufsfelddidaktik ist also die Wissenschaft vom Lehren und Lernen sowie von den Zielen und Inhalten eines bestimmten Ausbildungs- und Unterrichtsbereichs. Im Gegensatz dazu betrachtet die Methodik des Berufsfeldes das „Wie“ und das „Womit“, also insbesondere die Ausbildungs- und Unterrichtsmethoden und -verfahren sowie die Medien (vgl. ebd.). Sie kann demnach als die Wissenschaft der Verfahren, Prozesse und Mittel eines bestimmten Lernbereiches charakterisiert werden.

Berufsfelddidaktik und Methodik des Berufsfeldes stehen – auch wenn sie aus wissenschaftlichen bzw. analytischen Gründen einzeln zu betrachten sind – letztlich für Planer/-innen von Ausbildungs- und Unterrichtsprozessen in enger Verbindung zueinander und können nur in ihren interdependenten Zusammenhängen, d. h. nicht unabhängig voreinander gesehen werden.

3.1.2 Aufgabenbereiche der Berufsfelddidaktik beruflicher Fachrichtungen

Es geht bei der Berufsfelddidaktik darum, solche spezifischen didaktischen und methodischen Ansätze zu entwickeln, die in besonderer Weise für das jeweilige Berufsfeld typisch sind. Demnach gilt es, Aufgabenbereiche der Berufsfelddidaktik im engeren Sinne sowie die damit im Zusammenhang stehende Methodik des Berufsfeldes zu bestimmen. Die Berufsfelddidaktik im engeren Sinne wird eine wissenschaftliche Aussage daraufhin untersuchen müssen, inwieweit sie Hilfen für die Aufbereitung von Inhalten und das Aufstellen von Zielen gibt, die für die Berufe des Berufsfeldes relevant sind. Die methodische Hauptaufgabe besteht in der bestmöglichen Aufbereitung und Vermittlung der ausgewählten Bildungsinhalte eines bestimmten Ausbildungs- bzw. Unterrichtsbereiches beruflichen Lehrens und Lernens. Dabei dürfen nicht nur die durch die allgemeine Methodik bereitgestellten Vorschläge und Möglichkeiten in Bezug auf einen Beruf eingesetzt, es müssen insbesondere auch die Besonderheiten der Methodik der Berufe eines Berufsfeldes reflektiert und vermittelt werden. Bei der Ausformung der Berufsfelddidaktik muss nicht völlig neu angesetzt werden, da didaktische und methodische Konzepte beruflichen Lehrens und Lernens und ansatzweise sogar zur Berufsfelddidaktik (vgl. Ertl-Schmuck/Fichtemüller 2009; Schubiger/Rosen 2013) bestehen.

Des Weiteren ergeben sich durch die Berücksichtigung der Beziehungen zwischen bildungswissenschaftlicher Aussagen der Allgemeinen Didaktik, Berufsfelddidaktik und Berufswissenschaft einerseits sowie Arbeit, Sachgebiet und Bildung andererseits neue Aspekte für die bereits bestehenden didaktischen Ansätze. Gelingt es, diese Abhängigkeiten zu pädagogisch sinnvollen Modellen und Theorien zu nutzen, dann können Defizite, wie sie bislang beim beruflichen Lehren und Lernen auftreten, verringert und Konzepte in einen geschlossenen ganzheitlichen Zusammenhang von Berufsbildung gebracht werden. In diesem Bezugsrahmen kann sich eine eigenständige Berufsfelddidaktik entwickeln.

Ein eigenständiger berufsfelddidaktischer Ansatz sollte auf der Ziel-, Inhalts- und Methodenebene u. a.

  • die Voraussetzungen der Lernenden für einen umfassenden Kompetenzerwerb in den Vordergrund stellen;
  • Eigenverantwortlichkeit, Flexibilität und Mobilität der Lernenden entwickeln und Offenheit hinsichtlich der Interessen der Lernenden gewährleisten;
  • individuelle und gesellschaftliche Ansprüche abwägen;
  • Analyse und Handlungsfähigkeit an technischen Systemen, Arbeits- und Lebensbedingungen fördern;
  • Möglichkeiten der Gestaltbarkeit von Arbeit und Sachgebiet im Berufsfeld aufzeigen;
  • Berufs-, Berufsfeld- und Lebensorientierungen ermöglichen;
  • Berufsarbeit, Methoden, Prozesse und Verfahren im Berufsfeld thematisieren;
  • eine über den einzelnen Beruf hinausgehende Handlungskompetenz vermitteln;
  • zum selbstständigen Arbeiten und Lernen befähigen.

3.2 Verortung und Gegenstand der Berufsfelddidaktik

Eine berufliche Didaktik mit der Ausrichtung auf ein Berufsfeld erfordert als Basis zunächst eine grundlegende Klärung der Beziehungen zwischen den drei Bereichen Berufswissenschaft, Bildungswissenschaft mit dem Schwerpunkt „Allgemeine Didaktik“ und der Berufsfelddidaktik.

Es gibt generell drei Möglichkeiten der Verortung der Berufsfelddidaktik. Diese und die engen Zusammenhänge zwischen den drei Bereichen lassen sich in Anlehnung an Kuhlmeier/Uhe (1992) in drei Varianten darstellen:

  • Berufsfelddidaktik als Bestandteil der allgemeinen Didaktik, die neben einer eigenständigen Berufswissenschaft steht;
  • Berufsfelddidaktik als Bestandteil der Berufswissenschaft und unabhängig von der allgemeinen Didaktik;
  • Berufsfelddidaktik ist neben der Bildungswissenschaft als Allgemeiner Didaktik und der Berufswissenschaft als unabhängige Wissenschaftsdisziplin.

Die Diskussion darüber, wie die Berufsfelddidaktik am zweckmäßigsten zu verorten ist, kann noch nicht als abgeschlossen gelten und wird von den Ausbildungs- und Unterrichtspraktikern als akademisch und nicht relevant eingestuft. Zumindest ist noch unsicher, ob Variante 2 oder Variante 3 zu favorisieren ist.

Unabhängig von dieser noch zu klärenden Entscheidung haben sich aus der Diskussion schon seit längerem vier aufeinander bezogene und miteinander verschränkte Gegenstände der Forschung herauskristallisiert. Dabei geht es um

  • Genese und Entwicklung der Inhalte und Formen berufsförmiger Arbeit, die Tätigkeitsanforderungen sowie der darauf bezogenen Berufe und Berufsfelder;
  • Lehrinhalte beruflicher Bildung als Dimension der Analyse, Gestaltung und Evaluation spezifischer Bildungs-, Qualifizierungs- und Sozialisationsprozesse;
  • Analyse und Gestaltung von lernfördernder Arbeit: Methoden, Werkzeuge und Organisation sowie die Anforderungen, die an diese gestellt werden;
  • berufsspezifische Technik, die es zu begreifen und zu handhaben gilt (vgl. Rauner 1998, 15).

3.3 Berufsdidaktik zwischen Berufswissenschaft und Berufsbildungswissenschaft

3.3.1 Berufswissenschaft

Gegenwärtig zeigen sich die Möglichkeiten der Berufswissenschaft für die beruflichen Didaktiken und insbesondere der Berufsfelddidaktiken, da mit ihnen vor allem die jeweilige Arbeit und das Sachgebiet in einem spezifischen Berufsfeld mit einem besonderen methodischen Instrumentarium analysiert und untersucht werden kann. Mit berufswissenschaftlicher Forschung sollten die zu leistende berufsförmige Arbeit, die Kompetenzanforderungen und das Sachgebiet von je spezifischen Berufsfeldern ausgeleuchtet werden. Überlegungen zur Bedeutung berufswissenschaftlichen Forschung im berufspädagogischen Bereich sind allerdings keinesfalls neu.[3]

Grundsätzlich wird unter Berufswissenschaft die „Theorie der Berufe bzw. der entsprechenden berufsförmigen Arbeit“ verstanden. Wie die bisherige Diskussion zeigt, wird darüber hinaus eine Differenzierung in eine allgemeine Berufswissenschaft sowie eine spezifische Berufswissenschaft in einem weiteren und einem engeren Sinne vorgenommen. Die allgemeine Berufswissenschaft versteht sich entsprechend obiger Arbeitsdefinition als übergeordnete Theorie zu den Konstrukten „Beruf“ sowie „Berufsfeld“ und umfasst das gesamte generalisierende und allgemeine Wissen, das Berufsbildungsverantwortliche sowie Lehrkräfte an den Lernorten beruflicher Bildung für ihre Profession benötigen.

Für Untersuchungen zur Berufsfelddidaktik kann insbesondere die spezifische Berufswissenschaft im weiten Sinne von Nutzen sein. Sie richtet sich im Wesentlichen nur auf die Theorie und Praxis der beruflichen Inhalte und die damit verbundene Arbeit sowie bzw. das Sachgebiet eines jeweils zu betrachtenden Berufes oder Berufsfeldes. Sie umfasst insbesondere die Inhalte und die damit verbundene berufliche Arbeit sowie die erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen

Die Berufswissenschaft und Berufsforschung hat in den letzten Jahren erheblich an Profil gewonnen (vgl. u. a. Becker/Spöttl 2008) und erhält zusätzlich an Bedeutung bei didaktischen Entscheidungen.

Die bisherigen berufswissenschaftlichen Analysen und Untersuchungen zu Jobs, Berufen und Professionen richten sich auf verschiedene berufsförmige Tätigkeiten. Dabei können auch die Thematiken und Phänomene, die insbesondere im Zusammenhang von sozio-technischen Veränderungen – wie sie durch Globalisierung und Digitalisierung – in der Berufswelt auftreten, betrachtet und erforscht werden. Dazu gehören die gewandelten Berufs- und Tätigkeitsinhalte, das notwendige Berufswissen sowie die erforderliche Qualifikation und die Kompetenz der Berufstätigen im sich rasant verändernden Beschäftigungssystem (vgl. Dengler/Matthes 2015).

In der gegenwärtigen Situation bieten sich insbesondere konkrete Untersuchungen an, um die Inhalte und Aussagen zum Beruf und zur Berufsarbeit für einen bestimmten Problembereich systematisch zu erfassen. Sie stellen zugleich Anregungen und Grundlagen für berufsfelddidaktische Arbeiten dar.

Die gewonnenen berufswissenschaftlichen – genauer sogar – berufsfeldwissenschaftlichen Forschungsergebnisse sollten kritisch-konstruktiv in ihrer Bedeutung für berufsfelddidaktische Konzepte reflektiert werden. Damit werden spezielle Aussagenbereiche der Berufswissenschaft relevant, die für das Berufsfeld und damit für die Berufsdidaktik bedeutsam sind. Es gibt eine Vielzahl von Berufsfeldbereichen und damit auch viele Forschungsfeldern. Auf eine in sich geschlossene Berufswissenschaft, die die Berufsfelder schwerpunktmäßig bearbeitet, kann noch nicht rekurriert werden. Aber die Berufsforschung entwickelt sich in diesem Schwerpunktbereich weiter und zwar hauptsächlich durch die Thematisierung von Arbeit, Arbeits- und Geschäftsprozessen, die damit verbundenen Sachgebiete und durch die Entfaltung konkreter Ziele sowie Aufgaben, Gegenstände, Inhalte, Kompetenzen, Methoden und Resultate mit deren Wechselwirkungen. Berufswissenschaft hat hierbei für didaktische Ansätze eine hervorragende Bedeutung. Falls nicht genügende berufswissenschaftliche Aussagen zu einem Berufsfeld vorliegen, so ist ersatzweise ein Konglomerat von relevanten Aussagen verschiedener Wissenschaftsbereiche als Bezugswissenschaft  für die didaktischen Überlegungen zusammenzutragen.

Fragen zu den Berufen in den Berufsfeldern für berufliches Lehren und Lernen bedürfen einer eingehenden Untersuchung unter Bildungsgesichtspunkten. Es ist deshalb eine Ausrichtung der Berufswissenschaft gefordert, die Bildungsfragen einschließt und mit der das noch immer bestehende Bezugswissenschaftsproblem gemindert oder sogar gelöst werden kann.

Dadurch könnte auch der von Berufspädagoginnen und Berufspädagogen erhobene Vorwurf der unreflektierten Übernahme einer korrespondierenden Fachwissenschaft und die damit verbundene Kritik des „undurchschauten wissenschaftstheoretischen Reduktionismus“ als entkräftet und die Befürchtung, „daß sich die Berufspädagogik als überflüssige Disziplin herausstellt“ (Müllges 1975, 10), zerstreut werden. Heute wird vorausgesetzt, dass die Berufswissenschaft neben der Berufsbildungswissenschaft erforderlich ist.

3.3.2 Berufsbildungswissenschaft

Die Ergebnisse der Berufsbildungswissenschaft und die der Bildungswissenschaft in Form der „Allgemeinen Didaktik“ sind auch für die Berufsfelddidaktik mit der Aufbereitung von Zielen und Inhalten, mit den zu erwerbenden Kompetenzen sowie der Gestaltung von Methoden und Medien, die in dem Feld der zugehörigen Berufe relevant sind, bedeutsam. Berufsbildungswissenschaft und -forschung ist erst in den letzten zwei Jahrzehnten verstärkt gefordert und thematisiert worden (vgl. Rauner/Grollmann 2018).

Eine genauere Beschreibung dessen, worauf sich die Berufsbildung richten soll, findet man beispielsweise im Berufsbildungsgesetz. Im Berufsbildungsgesetz (BBiG) von 1969 i. d. F. vom 23. März 2005 wird die Berufsbildungsforschung durch einen Zielkatalog beschrieben, aus dem eine erstaunliche Weitsichtigkeit über neue Entwicklungen im Beschäftigungssystem herauszulesen ist (vgl. BBiG 2005, § 84).

Diese Forschungsaufgaben sollten insbesondere auch unter didaktischer Perspektive in den Blick genommen werden. Das gilt auch für Ziele der Berufsbildungsplanung mit der „Grundlagen für eine abgestimmte und den technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen entsprechende Entwicklung der beruflichen Bildung zu schaffen“ (BBiG 2005, § 85) sind. Zum Ende des Jahres 2019 ist ein novelliertes Berufsbildungsgesetz beschlossen wurden.

Berufsbildungswissenschaftliche Untersuchungen sollten sich auf Fragen des gesellschaftlichen Bedarfes an Bildung im sich wandelnden Beschäftigungs- und Gesellschaftssystems und dabei auch auf das makrodidaktisch wichtige Verhältnis von Berufs- und Allgemeinbildung richten.

Die systematisierten Ergebnisse von berufs- und allgemeinbildenden Aussagen bilden die Basis für die Aufbereitung von umfassenderen Lerninhalten im Vorfeld berufsfelddidaktisch-methodischer Entscheidungen. Insbesondere sollten dabei schon berufsbildungswissenschaftlich bedeutsame Fragen auch für die Didaktik der Berufsfeldbereiche erarbeitet werden.

Berufsbildungswissenschaftliche Untersuchungen zur Didaktik der Berufsfelder und zu curricularen und unterrichtlichen Konzeptionen müssen die Bedingungen und Möglichkeiten der Lernorganisation an den Institutionen und Einrichtungen der Ausbildung berücksichtigen. Es handelt sich bei berufsbildungswissenschaftlichen Fragen zu neuen sozio-technischen Entwicklungen zumeist um einen bildungstheoretischen, bildungsphilosophischen und bildungspolitischen kaum ausgeleuchteten Hintergrund, vor dem das Curriculum, die Lehrplanung und letztlich die didaktisch-methodischen Planung der einzelnen Lerneinheiten betrachtet werden muss.

Diese übergeordneten wissenschaftsorientierten, aber eher normativen Vorstellungen werden sich in den grundsätzlichen Zielen von Berufsbildung und in der Folge auch der Berufsfelddidaktiken herauskristallisieren, wenn berufliches Lehren und Lernen in der globalisierten und digitalisierten Berufs- und Lebenswelt thematisiert wird.

Mit der Berufsbildungsforschung geht es im Einzelnen und mit Blick auf eine Berufsfelddidaktik insbesondere um Fragen der

  • Bildungstheorie und Organisationstheorie beruflicher Bildung,
  • Konzepte der Beruflichkeit und der damit verbundenen Lehr- und Lernkonzepte unter den allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen technologischen Wandels,
  • Entwicklungen beim Lernen und Lehren in den beruflichen Lernorten.

Insgesamt sollten diese und weitere Aufgabenbereiche der Berufsbildung unter berufsfelddidaktischer Perspektive erforscht, hinterfragt und durchleuchtet werden.

3.3.3 Berufswissenschaft und Berufsbildungswissenschaft - Arbeiten im Vorfeld der Berufsfelddidaktik

Bei einer ersten vertieften Analyse dessen, was die Berufsforschung und Berufsbildungsforschung konkret für die Berufsfelddidaktik leisten soll, stößt man auf thematische Elemente, die sich einerseits mehr auf die Berufsbildung richten sowie andererseits auf Aussagen beziehen, die die Genese sowie die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung der Berufe mit der dabei zu verrichtenden Arbeit und den zugehörigen Sachgebieten thematisieren.

Wie ein berufsfelddidaktisch relevantes Thema gefunden wird, wie es sich entwickelt und wie es variiert werden kann, ist auch von den berufs- und berufsbildungswissenschaftlichen Ergebnissen oder Zuarbeiten abhängig. So kann eine Akzentuierung stärker auf den Beruf und das Berufsfeld, eine andere vertieft auf den Schwerpunkt „Berufsbildung“ erfolgen. Haben sich auf den Beruf oder die Berufsbildung bezogene berufsfelddidaktisch relevante Themen für die Praxis oder Theoriebildung als bedeutsam herausgestellt, so sollten sie aufgegriffen oder bearbeitet werden.

Aus analytischen Gründen erscheint eine Trennung in eine berufsbildungswissenschaftliche auf der einen und eine berufswissenschaftliche Untersuchung auf der anderen Seite sowie eine entsprechende Thematisierung unter berufsfelddidaktischer Perspektive für viele Inhalte durchaus diskutierbar.

Das Verhältnis dieser beiden Disziplinen ist aber auch durch thematische Überlappungsbereiche gekennzeichnet. Dieses kann insbesondere unter der berufsfelddidaktischen Perspektive in besonderer Weise produktiv werden, da mit der Berufswissenschaft die Inhalte, Themen, Arbeitsprozesse und Verfahren der Berufswelt und einzelner Berufe ausgeleuchtet werden können und diese Ergebnisse auch von der Berufsbildungswissenschaft als Grundlage für die didaktische Aufbereitung der Gegenstände berufliches Lehrens und Lernens genutzt werden. Das Spannungsfeld, in dem die Berufsfelddidaktik zwischen der Berufswissenschaft und der Berufsbildungswissenschaft wirkt, kann zu Synergieeffekten führen.

4 Ausblicke und Optionen auf zukünftiges wissenschaftliches und berufsfelddidaktisches Wirken

Mit der Berufsdidaktik können das Gemeinsame, Wesentliche und Exemplarische der Berufsarbeit in einem Berufsfeld und das zugehörige Berufswissen stärker in den Vordergrund gerückt werden. Erste Befragungen zur Berufsarbeit und dem Sachgebiet haben Erkenntnisse über spezifische Arbeitsvollzüge und -strategien als wesentliche Bestandteile der Berufsfelddidaktik erbracht, die sich auf die Besonderheiten, das Exemplarische und Fundamentale der Berufe sowie der Berufsfelder richten und über das enge spezifische Berufswissen hinausweisen. Damit wird der Blick für Gemeinsames der Berufe des Berufsfeldes geweitet sowie zu Überlegungen zur Verringerung der Anzahl der Berufe angeregt.

Festzustellen ist, dass es bisher zwar einige Antworten aber noch sehr viele offene Fragen bezüglich eines Gesamtkonzeptes für eigenständige Berufsfelddidaktiken gibt, die auf Zuarbeiten von Berufswissenschaften und Berufsbildungswissenschaften basieren. Für die weitere Forschung auf diesem Gebiet geht es nun darum, bisherige Ansätze der Didaktiken beruflichen Lehrens und Lernens zu sichern und systemisch sowie handlungskritisch zu einem Gesamtkonzept einer Berufsfelddidaktik zusammenzufügen.

Es sollte langfristig an Theoriekonstrukten sowohl der verschiedenen Berufsfelddidaktiken, als auch zugehörigen Berufs- und Berufsbildungswissenschaft gearbeitet werden, um den ständigen Veränderungen der beruflichen Inhalte durch Digitalisierung und Globalisierung Rechnung tragen zu können.

Entsprechende Theoriekonstrukte setzen u. a. voraus, dass im Rahmen einer Gesamtschau auf spezifische Berufsfelddidaktiken und die zugehörigen Berufs- und Berufsbildungswissenschaften Ergebnisse zusammengetragen werden aus

  • Tätigkeitskeitsanalysen über die Arbeit sowie das Arbeitshandeln in den verwandten Berufen,
  • Betrachtungen über die Entstehung sowie künftige Entwicklung von Arbeit und Sachgebiet,
  • Untersuchungen über das Sachgebietsverständnis und die Möglichkeiten der Arbeits- und Sachgebietsgestaltung von Berufstätigen,
  • Forschungen über das Verhältnis von Arbeit, Sachgebiet und Bildung.

Angestrebt wird damit, dass die Didaktiken beruflichen Lehrens und  Lernens, die bislang Restriktionen unterworfen waren, oder stagnierten, neue Impulse erhalten und langfristig zu fundierten Berufsdidaktik werden können.

Durch Berufsfelddidaktiken können – gemeinsam oder im Wechselspiel mit Berufwissenschaft, die das Berufsfeld zu einem Forschungsschwerpunkt machen, sowie Berufsbildungswissenschaften, die die Ergebnisse der „Allgemeinen Didaktiken“ einbringen – interdisziplinäre Vorhaben vorangetrieben und ausgeformt werden.

Im Zusammenwirken von Berufsbildungswissenschaft, Berufswissenschaft und Berufsfelddidaktik können Defizite – wie sie bislang beim beruflichen Lehren und Lernen auftreten – verringert werden und für die tägliche Planung und Realisierung von Lernprozessen angemessene Konzeptionen entstehen, die eher das Interesse der Lernenden finden. Auf der Basis sich so generierender Berufsfelddidaktiken könnten in der Folge für die einzelnen Berufe des jeweiligen Berufsfeldes spezifische berufliche Didaktiken erarbeitet werden.

Literatur

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[1]    Dazu gehörten die erstmals 1920 vom Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt, Abteilung Landesberufsamt, bearbeiteten und herausgegebenen „Berufskundlichen Unterlagen für die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung“.

[2]    Das geschieht u. a. unter anderem auch deshalb, weil vermeintlich die Klärung einer didaktischen Position zur Berufsbildung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik erleichtert wird (Bonz 1998, 270).

[3]    Schon Schlieper (1963, 14), Abel (1963, 4), Müllges (1975, 811) und Stratmann (1975, 341) haben das Problem berufswissenschaftlicher Forschung angesprochen.

Zitieren des Beitrags

Pahl, J.-P. (2019): Didaktisierung der Berufsfelder – Eine Aufgabe auch für Berufswissenschaft und Berufsbildungswissenschaft. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 37, 1-20. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe37/pahl_bwpat37.pdf (17.12.2019).