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bwp@ 47 - Dezember 2024
Attraktivität des Lehrer:innenberufs in der Berufsbildung
Hrsg.:
, , &Parallelstrukturen in der beruflichen Lehrkräftebildung? Analyse und Diskussion der Ausgestaltung von Quer-, Seiten- und Direkteinsteigerprogrammen
Die Bundesländer bieten verschiedene Sondermaßnahmen zur Professionalisierung und Qualifizierung von Lehrkräften an, die keine grundständige Lehramtsausbildung absolviert haben. Diese Maßnahmen unterscheiden sich erheblich sowohl in den Zugangsvoraussetzungen als auch in ihrer konkreten Ausgestaltung sowie in ihrer Bezeichnung. In diesem Beitrag wird daher zunächst eine grundlegende Klärung der zentralen Begriffe sowie eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Sondermaßnahmen für das berufsbildende Lehramt in Deutschland vorgenommen. Anschließend wird eine Typologie entwickelt, um einerseits die Transparenz durch eine systematische Abbildung und Einordnung der Programme zu erhöhen und um andererseits gemeinsame Begrifflichkeiten zu definieren und eine bundeslandübergreifende Vergleichbarkeit der verschiedenen Programme zu ermöglichen. Abschließend werden die Sondermaßnahmen anhand dieser Typologie hinsichtlich ihrer landesspezifischen Ausgestaltung analysiert, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Modelle aufzuzeigen und eine Grundlage für weitere Vergleiche zu schaffen.
Parallel structures in vocational teacher training? Analysis and discussion of the design of alternative qualification measures
The federal states offer various special measures for the professionalisation and qualification of teachers who have not completed undergraduate teacher training. These programmes differ considerably in terms of the entry requirements, their specific structure and their names. In this paper, a fundamental clarification of key terms will first be provided. Following that, an overview of special measures for vocational teacher education in Germany will be presented. Based on this, a typology will be developed, aimed at systematically depicting and categorizing the programs to enhance transparency, as well as establishing common terminology and enabling cross-state comparability of the various programs. In the final step, the special measures will be analysed using the typology with regard to their state-specific implementation, in order to highlight similarities and differences between the various models and to create a basis for further comparison.
- Details
1 Einleitung
Der Lehrkräftemangel an berufsbildenden Schulen bestimmt traditionell den Diskurs in der Forschung zur beruflichen Lehrkräftebildung und stellt seit jeher eine zentrale bildungspolitische Herausforderung dar. Einhergehend mit dieser „unendlichen Geschichte“ (Reinisch, 2003, S. 43) eines Bedarfsengpasses hat es in den vergangenen Jahren neben dem universitären „Standardmodell“ (Bals et al., 2016, S. 8) eine breite Ausdifferenzierung beruflicher Lehramtsstudiengänge gegeben (siehe hierzu Trampe & Porcher, 2022). Neben diesen verschiedenen Varianten des dreiphasigen Professionalisierungsmodells scheint sich zudem seit den 90er Jahren eine „Parallelstruktur“ der Lehrkräftequalifizierung – oder vielleicht besser: der Lehrkräfterekrutierung – entwickelt zu haben, indem seitens der Kultusministerien der Bundesländer immer wieder Sondermaßnahmen zur Deckung des Lehrkräftebedarfs aufgelegt wurden, die insbesondere in gewerblich-technischen Fachrichtungen schon lange „zum Standardrepertoire“ (Faßhauer, 2012, S. 288) der Rekrutierung gehören (Diettrich & Martens, 2016).
In ihrem viel beachteten Gutachten „Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht“ hat die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) unlängst die Heterogenität dieser Sondermaßnahmen sowie die unzureichende Einhaltung von Standards im Hinblick auf eine wissenschaftsbasierte Qualifizierung, die mit diesem Modellen verbunden ist, kritisiert (SWK, 2023, 85). Denn neben der strukturellen Vielfalt der Modelle unterscheiden sich diese alternativen Qualifizierungswege der Länder sowohl im Hinblick auf die verwendeten Begrifflichkeiten, Zugangsvoraussetzungen und zu erwerbenden Abschlüsse als auch im Hinblick auf Inhalt, Umfang und Dauer der berufspädagogischen, fachdidaktischen und fachwissenschaftlichen Nachqualifizierung. Laut den Autorinnen und Autoren erschwere dies maßgeblich eine systematische Erfassung und Klassifizierung der Maßnahmen sowie die Datenerfassung (SWK, 2023, S. 85). Auch Frommberger & Lange (2018) konstatieren, dass „systematische und bundeslandübergreifende Untersuchungen“ (S. 29) zu den Sondermaßnahmen bislang noch ausstehen.
In dem Gutachten der SWK wird daher empfohlen, die befristet eingerichteten Sondermaßnahmen auslaufen zu lassen und die bislang qualifizierten Absolvent*innen entsprechend der vorher abgeleisteten Maßnahme nach- bzw. weiterzuqualifizieren. Des Weiteren solle zukünftig neben dem grundständigen Regelmodell nur noch ein „wissenschaftsbasierter, qualifizierter zweiten Weg“ (SWK, 2023, S. 89) existieren. Hiermit sind Studienmodelle, sog. konsekutive Quereinstiegsmodelle gemeint, bei denen Absolvent*innen nicht-lehramtsbezogener, fachwissenschaftlich ausgerichteter Bachelorstudiengänge in einen universitären, lehramtsbezogenen Masterstudiengang oder Staatsexamensstudiengang einsteigen und so den Zugang zum Vorbereitungsdienst erwerben (Trampe & Porcher 2022, S. 81). Der Begriff „Quereinstieg“ ist hier von demjenigen, der häufig im Kontext der Sondermaßnahmen der Bundesländer verwendet wird, zu unterscheiden: In diesem Fall ist hiermit der Quereinstieg in einen lehramtsbezogenen Studiengang gemeint, im Rahmen der Sondermaßnahmen wird der Begriff in der Regel für den direkten (Quer-)Einstieg in den Vorbereitungsdienst verwendet.
Im vorliegenden Beitrag soll daher nach einer grundlegenden Begriffsklärung zunächst eine Bestandsaufnahme der Sondermaßnahmen in Deutschland für das berufsbildende Lehramt erfolgen sowie darauf aufbauend eine Typologie entwickelt werden, um einerseits die Transparenz durch eine systematische Abbildung und Einordnung der Programme zu erhöhen und um andererseits gemeinsame Begrifflichkeiten zu definieren und eine bundeslandübergreifende Vergleichbarkeit der verschiedenen Programme zu ermöglichen.
In einem letzten Schritt werden die Sondermaßnahmen mithilfe der Typologie im Hinblick auf die jeweilige bundeslandspezifische Ausgestaltung analysiert, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen aufzuzeigen und gleichzeitig eine Basis zu schaffen für die Formulierung von Handlungsempfehlungen, entsprechend der Empfehlung der SWK, Absolvent*innen der Sondermaßnahmen entsprechend weiterzuqualifizieren.
2 Quer-, Seiten- oder Direkteinstieg? Eine Begriffsklärung
Die Bezeichnung von alternativen Zugangswegen in den Lehrerberuf ist ebenso vielfältig wie die konkreten Einstiegsmöglichkeiten und die Ausgestaltungen der verschiedenen Programme. Die Sondermaßnahmen werden mit den Begriffen „Quereinstieg“, „Seiteneinstieg“ oder „Direkteinstieg“ betitelt, jedoch werden je nach Bundesland die Begriffe zum Teil synonym verwendet oder es werden mit dem gleichen Begriff strukturell unterschiedliche Qualifizierungsmodelle bezeichnet und umgekehrt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff „Quereinstieg“ im universitären Kontext ebenso verwendet wird, allerdings mit einer anderen Bedeutung hinsichtlich des Zielortes, in den der Einstieg erfolgen soll (Vorbereitungsdienst vs. Lehramtsstudiengang).
Allen Direkt-, Seiten- und Quereinstiegs-Programmen ist gemeinsam, dass mit ihnen zugunsten einer schnellen Verwendbarkeit in der Schule auf Großteile eines lehramtsbezogenen Studiums verzichtet wird und dass die Zulassung in den Schuldienst an eine konkrete Mangelsituation in einem Fach sowie in der Regel an einen Hochschulabschluss gebunden ist (Puderbach & Gehrmann 2020, S. 386; Jersak, 2013, S. 33).
Mehrheitlich wird im wissenschaftlichen Veröffentlichungen ausschließlich zwischen dem Quereinstieg und dem Seiteneinstieg unterschieden (z. B. Lange 2023; Pätzold 2020; Trautmann, 2019). Dabei beschreibt der Quereinstieg den Zugang zum Vorbereitungsdienst ohne das Erste Staatsexamen bzw. einen lehramtsbezogenen Masterabschluss. Das abgeschlossene Lehramtsstudium wird in der Regel durch einen Studienabschluss ersetzt, dass sich auf mindestens ein Unterrichtsfach (bzw. eine berufliche Fachrichtung) bezieht.
Der Seiteneinstieg hingegen bezieht sich auf den Eintritt in den Schuldienst ohne Erstes Staatsexamen bzw. Master of Education und ohne Zweites Staatsexamen, wobei eine berufsbegleitende Nachqualifizierung erworben wird. Hiermit kann unter Umständen auch der Erwerb des Zweiten Staatsexamens oder aber eine vergleichbare Qualifikation verbunden sein (Puderbach et al., 2016, S. 10; Gehrmann, 2023, S. 40).
Puderbach et al. (2016, S. 10) unterscheiden vom Quer- und Seiteneinstieg zusätzlich den Direkteinstieg sowie den qualifizierten Quereinstieg. Mit dem Direkteinstieg wird der Eintritt in den Schuldienst ohne Absolvierung von Lehramtstudium und Vorbereitungsdienst bezeichnet sowie ohne Möglichkeit des nachträglichen Erwerbs des Zweiten Staatsexamens oder einer vergleichbaren Qualifikation. Somit ist der Direkteinstieg auch nicht zwangsläufig mit einer systematischen Nachqualifizierungsmaßnahme verbunden (Puderbach et al., 2016, S.40; Puderbach & Gehrmann 2020, S. 355).
Eine weitere Differenzierung, die die vorgenannten Autoren vornehmen, ist in Anlehnung an Schellack (2009) die Unterscheidung von klassischem und qualifiziertem Quereinstieg (Puderbach et al., 2016, S. 40). Dies betrifft die oben beschriebene Unterscheidung hinsichtlich der Einmündung in den Vorbereitungsdienst bzw. in einen universitären Lehramtsstudiengang. Auch die SWK unterscheidet diesbezüglich, nennt den qualifizierten Quereinstieg allerdings „wissenschaftsbasierten Quereinstieg“ (SWK, 2023, S. 80). Im Folgenden wird allerdings ausschließlich der sog. klassische Quereinstieg (in den Vorbereitungsdienst) betrachtet, da es sich bei dem qualifizierten oder wissenschaftsbasierten Quereinstieg aus Sicht der Autorin nicht (mehr) um eine Sondermaßnahme, sondern (mittlerweile) um ein reguläres Studienmodell handelt, welches zudem noch weiter ausdifferenziert werden kann (Trampe & Porcher, 2022).
Abschließend sei noch auf die Begriffsverwendung der KMK hingewiesen. Im Beschluss der Kultusministerkonferenz zur „Gestaltung von Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften zur Unterrichtsversorgung“ (KMK, 2013a) werden die Begriffe Quer-, Seiten und Direkteinstieg nicht verwendet. Hier werden nur Mindestanforderungen für die Qualifizierungsprogramme formuliert, mit denen eine Unterscheidung hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen getroffen wird, Die Programme werden allgemein unter dem Begriff „Sondermaßnahmen“ zusammengefasst. Eine Definition des Terminus „Seiteneinstieg“ findet sich jedoch in den von der KMK veröffentlichten Statistiken zur Einstellung von Lehrkräften erstmals im Jahr 2001: „Als Seiteneinsteiger werden Lehrkräfte bezeichnet, die über einen Hochschulabschluss außer der ersten Lehramtsprüfung verfügen und ohne das Absolvieren des eigentlichen Vorbereitungsdienstes in den Schuldienst eingestellt werden“ (KMK, 2002, S. 26). Eine Abgrenzung zu dem Begriff Quereinstieg unternimmt die KMK in den Statistiken jedoch nicht. Diese Personengruppe im oben definierten Sinne wird erstmals 2020 erfasst, jedoch unter der Kategorie „Einstellungen in den Vorbereitungsdienst mit nicht-lehramtsbezogenen Studienabschluss“ gefasst (KMK, 2021a, S. 61). Ebenfalls im Jahr 2020 wird dann auch von der Kommission für Statistik der KMK beschlossen, den Begriff Seiteneinstieg „aufgrund der unterschiedlichen Begriffsverwendung in den Ländern“ (KMK, 2021a, S. 37) nicht mehr zu nutzen und deren Anteil stattdessen unter der Kategorie „sonstige (unbefristete) Lehrkräfte“ zu erfassen.
3 Bestandsaufnahme und Typologisierung
Die Deckung des Bedarfs an Lehrkräften für berufsbildende Schulen, insbesondere im gewerblich-technischen Bereich, wurde schon immer durch Seiteneinsteiger*innen und entsprechend aufgelegte Sondermaßnahmen der Länder unterstützt, die daraus entstandene Vielfalt dieser Maßnahmen hinsichtlich der Begrifflichkeiten, Zugangswege und Art der Nachqualifizierung auch immer schon kritisiert (Tenberg, 2015, 485). Bereits vor über 20 Jahren warnte die Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vor einer Auflösung des etablierten, universitären Qualifizierungsmodells, indem die periodisch aufgelegten Sondermaßnahmen der Bundesländer allmählich zur Normalität im Ausbildungsweg zukünftiger Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen würden (Reinisch, 2003, S. 34).
Um den bunten „Flickenteppich“ (Lange, 2023, S. 17) von Sondermaßnahmen zu vereinheitlichen, wurde im Jahr 2013 ein Beschluss der KMK verabschiedet, nach dem bei entsprechenden Bedarfen „landesspezifische Sondermaßnahmen für die Gewinnung von Lehrkräften eingerichtet werden [können], … [die] sich grundsätzlich an der jeweils gültigen Fassung der von der KMK verabschiedeten Standards und ländergemeinsamen Vereinbarungen zur Lehrerausbildung [orientieren]“ (KMK, 2013a, S. 2). Tenberg (2015, S. 486) kritisiert jedoch dessen „Unverbindlichkeit“, da in dem Beschluss zwar zunächst Mindestanforderungen für die Qualifizierungsmaßnahmen formuliert werden, diese jedoch im Folgeabsatz sofort konterkariert werden, wenn es heißt: „Den Ländern steht es darüber hinaus frei, weitere landesspezifische Sondermaßnahmen zu ergreifen“ (KMK, 2013a, 3). Entsprechend dieser Einschränkung – bzw. eher – Öffnung ist damit zu rechnen, dass sich die einzelnen Sondermaßnahmen durch vielfältige Varianten und Nuancen unterscheiden, die eine Typologisierung erschweren.
Bestandsaufnahmen von Quer- und Seiteneinsteigerprogrammen hat es in der Vergangenheit bereits sowohl für das allgemeinbildende Lehramt (Driesner & Arndt, 2020; Melzer et al., 2014) als auch für das berufsbildende Lehramt gegeben (z. B. Schmeer, 2003; Arndt, 2020), auch eine Typologisierung für das berufliche Lehramt erfolgte ebenso bereits bei Arndt (2020, S. 37). Hier erfolgte allerdings nur eine Unterscheidung zwischen Quer- und Seiteneinstieg. Eine weitere Ausdifferenzierung zwischen Seiteneinstieg und Direkteinstieg hinsichtlich einer dem 2. Staatsexamen gleichgestellten Qualifikation ist jedoch aus Sicht der Autorin notwendig, um die einzelnen Maßnahmen hinsichtlich der Ausgestaltung besser miteinander vergleichen zu können und auch um fundierte Einschätzungen über die Notwendigkeit von Weiterqualifizierungen treffen zu können.
3.1 Typologisierung von Sondermaßnahmen
In der Sozial- und Bildungsforschung wird die Entwicklung von Typologien genutzt, um empirische Daten theoretisch zu strukturieren. Diese Typologien dienen sowohl dem Erkenntnisgewinn als auch der Ableitung von Handlungsstrategien (Schmitt-Hertha & Tippelt, 2011, S. 23). In der Berufs- und Wirtschaftspädagogik werden Typologien häufig in der international vergleichenden Berufsbildungsforschung eingesetzt, um die Bildungssysteme verschiedener Länder zu klassifizieren und miteinander zu vergleichen (Pilz, 2017).
Aus methodischer Sicht entstehen Typologien durch Gruppierungsprozesse auf Basis bestimmter Merkmale. Dabei weisen die einzelnen Typen innerhalb einer Typologie eine möglichst hohe innere Homogenität sowie eine große äußere Heterogenität auf. Das bedeutet, dass die Elemente innerhalb eines Typs einander möglichst ähnlich sind, während sich die Typen untereinander deutlich voneinander unterscheiden (vgl. Kelle & Kluge, 2010, S. 85). Um diese Ähnlichkeiten (innere Homogenität) und Unterschiede (äußere Heterogenität) präzise zu identifizieren und die Typen zu charakterisieren, ist es notwendig, spezifische Merkmale und Kriterien in die Analyse einzubeziehen (vgl. Kelle & Kluge, 2010, S. 93).
Für die Typologisierung von Quer- und Seiteneinstiegsprogrammen erfolgte zunächst eine Differenzierung hinsichtlich des Merkmals „Zugang Qualifikationsniveau“, also des Bildungsabschlusses, welcher den Zugang zu den Sondermaßnahmen ermöglicht. Hier erfolgte eine Differenzierung zwischen dem Zugang mit Bildungsabschlüssen auf Masterniveau, dem Zugang mit Bildungsabschlüssen auf Bachelorniveau und dem Zugang, bei dem kein abgeschlossenes Studium vorausgesetzt wird. Hiermit sind in einigen Bundesländern verschiedene beamtenrechtliche Laufbahnen verbunden (höherer, gehobener Dienst).
In einem zweiten Schritt wurde das Merkmal „Ort der Einmündung“ angelegt. Damit ergab sich bei den Sondermaßnahmen, die einen Masterabschluss voraussetzen eine Ausdifferenzierung in Maßnahmen, die in den Vorbereitungsdienst einmünden und solche, die einen direkten Zugang zum Schuldienst ermöglichen. Bei den Maßnahmen, die einen Bachelorabschluss bzw. kein Studium voraussetzen, erfolgte keine weitere Ausdifferenzierung, hier ist jeweils nur der Einstieg in den Schuldienst möglich.
Die Differenzierung hinsichtlich des Merkmals „Grad der Formalisierung“ bildete die dritte Stufe der Typologie. Hiermit ist sowohl die Formalisierung der Maßnahme gemeint als auch die Formalisierung des (möglicherweise) zu erwerbenden Abschlusses. Kriterium hierfür war im Fall der Formalisierung der Maßnahme, ob es sich beim Zugang zum Vorbereitungsdienst um den regulären Vorbereitungsdienst handelt, den auch grundständig ausgebildete Teilnehmer*innen absolvieren oder ob es sich bei dem Vorbereitungsdienst um eine speziell für diese Zielgruppe konzipierte Ausbildungsmaßnahme handelt. Hiermit ist auch das Kriterium verbunden, ob mit der Maßnahme eine Verbeamtung auf Widerruf erfolgt oder ob der Vorbereitungsdienst in einem Angestelltenverhältnis erfolgt. Kriterium für den Grad der Formalisierung des Abschlusses, ist die Unterscheidung zwischen einer staatlichen Anerkennung des Abschluss, so dass zumindest innerhalb des jeweiligen Bundeslandes eine Gleichstellung mit dem Abschluss grundständig ausgebildeter Lehrkräfte vorgenommen wurde.
Weitere strukturierende Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Maßnahmen wie z. B. Dauer der Maßnahme, Berufserfahrung oder berufspraktische Tätigkeiten als Zulassungsvoraussetzung oder die notwendige Anzahl der ableitbaren Fächer konnte in der Typologie nicht berücksichtigt werden, da die Referenzpunkte dieser Merkmale in bundeslandspezifischen, grundlegenden Bestimmungen zur Lehramtsausbildung geregelt sind und sich diese voneinander unterscheiden (z. B. Dauer des regulären Vorbereitungsdienstes als Referenzpunkt). Diese Merkmale werden aber in den Beschreibungen zur länderspezifischen Ausgestaltung (Kapitel 4) aufgeführt, sofern diese jeweils angegeben wurden.
3.2 Typen von Sondermaßnahmen des beruflichen Lehramtes
Der Ablauf der Typologisierung sowie die Differenzierung in die verschiedenen Typen nach den definierten Merkmalen und Kriterien ist Abbildung 1 zu entnehmen:
Insgesamt wurden acht verschiedene Typen von Sondermaßnahmen des beruflichen Lehramtes identifiziert:
Typ 1 – regulärer Quereinstieg
Beim regulären Quereinstieg wird Absolvent*innen universitärer Masterstudiengänge und gleichgestellter Abschlüsse der Zugang zum regulären Vorbereitungsdienst ermöglicht, den auch grundständig qualifizierte Lehramtsanwärter*innen absolvieren. Dabei wird der Studienabschluss in der Regel mit einem lehramtsbezogenen Abschluss gleichgestellt bzw. als solcher anerkannt.
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg
Beim berufsbegleitenden Quereinstieg wird ebenfalls Absolvent*innen universitärer Masterstudiengänge und gleichgestellter Abschlüsse der Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht, allerdings ist dieser Vorbereitungsdienst ein speziell für die Zielgruppe eingerichtete Qualifizierungsmaßnahme. Der Vorbereitungsdienst wird berufsbegleitend parallel zu einer Tätigkeit im Schuldienst absolviert, die Teilnehmer*innen sind im Unterschied zu Typ 1 dementsprechend im Angestelltenverhältnis beschäftigt, eine Verbeamtung auf Widerruf erfolgt nicht.
Typ 3: qualifizierter Seiteneinstieg
Beim qualifizierten Seiteneinstieg werden Absolvent*innen universitärer Masterstudiengänge und gleichgestellter Abschlüsse in den Schuldienst eingestellt und werden entsprechend ihrer Vorqualifikation in pädagogischen, bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Themenbereichen und ggf. in einem zweiten Fach nachqualifiziert. Die Nachqualifizierung endet mit einer staatlichen Prüfung, die eine Lehrbefähigung erteilt bzw. dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
Typ 4: Direkteinstieg
Beim Direkteinstieg werden Absolvent*innen universitärer Masterstudiengänge und gleichgestellter Abschlüsse in den Schuldienst eingestellt und ebenfalls nachqualifiziert. Die Nachqualifizierung endet jedoch nicht mit einer Prüfung oder nicht mit einer Prüfung, die dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
Typ 5: qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor
Beim qualifizierten Seiteneinstieg mit Bachelor werden Absolvent*innen von Bachelorstudiengängen oder Diplomstudiengängen von Fachhochschulen in den Schuldienst eingestellt und entsprechend ihrer Vorqualifikation in pädagogischen, bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Themenbereichen und ggf. in einem zweiten Fach nachqualifiziert. Die Nachqualifizierung endet mit einer staatlichen Prüfung, die eine Lehrbefähigung erteilt bzw. dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
Typ 6: Direkteinstieg mit Bachelor
Beim Direkteinstieg mit Bachelor werden Absolvent*innen von Bachelorstudiengängen oder Diplomstudiengängen von Fachhochschulen in den Schuldienst eingestellt und nachqualifiziert. Die Nachqualifizierung endet jedoch nicht mit einer Prüfung oder sie endet nicht mit einer Prüfung, die dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
Typ 7: qualifizierter Seiteneinstieg ohne Studium
Beim qualifizierten Seiteneinstieg ohne Studium muss kein abgeschlossenes Studium für die Einstellung in den Schuldienst nachgewiesen werden. Entsprechend der Vorqualifikation werden die angestellten Lehrkräfte in pädagogischen, bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Themenbereichen und ggf. in einem zweiten Fach nachqualifiziert. Die Nachqualifizierung endet mit einer staatlichen Prüfung, die eine Lehrbefähigung erteilt bzw. dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
Typ 8: Direkteinstieg ohne Studium
Beim Direkteinstieg ohne Studium muss kein abgeschlossenes Studium für die Einstellung in den Schuldienst nachgewiesen werden. Die Lehrkräfte erhalten eine Nachqualifizierung. Die Nachqualifizierung endet jedoch nicht mit einer Prüfung oder sie endet nicht mit einer Prüfung, die dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist.
4 Länderspezifische Ausgestaltung
Der folgenden Tabelle 1 ist eine Übersicht über das Vorkommen der verschiedenen Typen in den einzelnen Bundesländern zu entnehmen sowie die jeweiligen bundeslandspezifischen Bezeichnungen der einzelnen Sondermaßnahmen. Dabei ist festzuhalten, dass es sich bei der Zuordnung der Maßnahmen zu den einzelnen Typen nur um eine Momentaufnahme handeln kann, da diese Entwicklungen eine hohe Dynamik aufweisen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den Stand von Oktober 2024.
Tabelle 1: Typen von Sondermaßnahmen in den einzelnen Bundesländern
BL |
Typ |
Länderspezifische Bezeichnung |
BW |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Seiteneinstieg |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Direkteinstieg höherer Dienst |
|
Typ 5 – qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor |
Direkteinstieg gehobener Dienst |
|
BY |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg |
BE |
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg |
Quereinstieg |
BB |
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg |
Seiteneinstieg |
Typ 6 – Direkteinstieg mit Bachelor |
Seiteneinstieg |
|
Typ 8 – Direkteinstieg ohne Studium |
Seiteneinstieg |
|
HB |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Seiteneinstieg A |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg B |
|
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg U |
|
HH |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg |
Typ 6 – Direkteinstieg mit Bachelor |
Seiten- oder Direkteinstieg mit qualifiziertem Seiteneinstieg |
|
HE |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Quereinstieg in den Schuldienst |
|
MV |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg |
Seiteneinstieg in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst |
|
Typ 5 – qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor |
Seiteneinstiegsqualifizierung |
|
Typ 7 – qualifizierter Seiteneinstieg ohne Studium |
Seiteneinstiegsqualifizierung |
|
NI |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 4 – Direkteinstieg |
Direkter Quereinstieg |
|
Typ 5 – qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor |
Sondermaßnahme an berufsbildenden Schulen |
|
NW |
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg |
Seiteneinstieg OBAS) |
Typ 4 – Direkteinstieg |
Seiteneinstieg (PE) |
|
RP |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg in den Schuldienst |
|
SH |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg |
|
Typ 5 – qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor |
Direkteinstieg |
|
SL |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg |
SN |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Seiteneinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg Studienrat |
|
Typ 5 – qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor |
Seiteneinstieg Bildungsamtsrat |
|
ST |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst |
Typ 2 – berufsbegleitender Quereinstieg |
Seiteneinstieg in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst |
|
Typ 6 – Direkteinstieg mit Bachelor |
Seiteneinstieg |
|
TH |
Typ 1 – regulärer Quereinstieg |
Quereinstieg in den Schuldienst |
Typ 3 – qualifizierter Seiteneinstieg |
Seiteneinstieg in den Schuldienst |
Entsprechend der Vorgaben der KMK (2013a) zur „Gestaltung von Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften zur Unterrichtsversorgung“ wird darauf hingewiesen, dass sich die Sondermaßnahmen „grundsätzlich an der jeweils gültigen Fassung der von der KMK verabschiedeten Standards und ländergemeinsamen Vereinbarungen zur Lehrerausbildung“ (S. 2) zu orientieren hätten. Zusätzlich werden Mindestanforderungen bezüglich der Zugangsvoraussetzungen sowie der Ausgestaltung formuliert. Die folgende Analyse orientiert sich demnach an diesen Mindestanforderungen sowie an den „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften (KMK, 2022) und den „Ländergemeinsamen Anforderungen für die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes und die abschließende Staatsprüfung“ (KMK, 2012), in denen Vorgaben zur strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung definiert sind. Aufgrund der besseren Vergleichbarkeit der einzelnen Bundesländer wurden zusätzlich die von der KMK genutzten Analysekategorien zu Themenbereichen der Ausbildung in der zweiten Phase aus dem „Sachstand Lehrerbildung“ bei der inhaltlichen Ausgestaltung genutzt (KMK, 2021b, 80ff.). Das daraus entstandene Kategoriensystem, anhand dessen die vorhandenen Dokumente analysiert wurden, ist Tabelle 2 zu entnehmen.
Der Dokumentenkorpus setzte sich aus Erlassen der Ministerien, länderspezifischen Verordnungen, Curricula oder Merkblättern der für die Lehrerbildung verantwortlichen Ministerien oder Institutionen zusammen, aber auch aus online verfügbaren Informationen für Interessenten.
Tabelle 2: Analysekategorien
Oberkategorien |
Unterkategorien |
Formale Ausgestaltung |
Voraussetzung: universitärer Masterabschluss oder ein diesem gleichgestellter Hochschulabschluss[1] |
Voraussetzung: zwei lehramtsbezogene Fächer ableitbar oder ein Fach, wenn das zweite Fach durch berufsbegleitende Studien ergänzt wird |
|
(Zweite) Staatsprüfung oder eine gleichwertige staatlich zertifizierte Qualifikation |
|
Vorbereitungsdienst oder vergleichbare Ausbildung (siehe strukturelle und inhaltliche Ausgestaltung) |
|
Strukturelle Ausgestaltung |
Einführungsveranstaltungen |
Hospitation |
|
begleiteter Unterricht |
|
selbstständiger Unterricht |
|
Ausbildung in seminaristischen Veranstaltungsformen |
|
Inhaltliche Ausgestaltung |
Didaktik der Unterrichtsfächer |
Pädagogik |
|
Psychologie |
|
Schulrecht/Schulkunde |
|
Sonstige |
4.1 Baden-Württemberg (BW) – Typ 1, Typ 3, Typ 5
In Baden-Württemberg wird zwischen Seiten- und Direkteinstieg unterschieden. Beide Wege sind nur für bestimmte Fachrichtungen und Fächer möglich. Beim sog. Seiteneinstieg wird mit einem universitären Diplom- oder Masterabschluss, aus dem sich zwei berufsschulische Fächer ableiten lassen, der Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht. Dieser Weg ist nur für bestimmte Fachrichtungen und Fächer möglich.
Beim sog. Direkteinstieg, d. h. dem direkten Einstieg in den Schuldienst wird hinsichtlich der Zugangsvoraussetzung zwischen dem Zugang zum gehobenen und zum höheren Dienst unterschieden. Während Lehrkräfte im höheren Dienst in allen Schularten der beruflichen Schulen unterrichten dürfen und hier ein universitärer Diplom- oder Masterabschluss oder Fachhochschulabschluss eines akkreditierten Masterstudienganges vorausgesetzt wird, ist bei Lehrkräften im gehobenen Dienst die Unterrichtstätigkeit auf die Berufsschule, die Berufsfachschule, das Berufsvorbereitungsjahr sowie das Berufseinstiegsjahr begrenzt und wird auch mit einem universitären Bachelor-Abschluss oder den Abschlüssen einer Fachhochschule oder der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (Diplom, Bachelor) ermöglicht. Auch beim Direkteinstieg müssen sich zwei Fächer ableiten lassen. Der Direkteinstieg ist im Gegensatz zum Seiteneinstieg allerdings nur bei einer schulbezogenen Stellenausschreibung möglich. Zudem wird eine mehrjährige, einschlägige und auf aktuellem Stand befindliche Berufserfahrung, die im Anschluss an das Studium erworben wurde, vorausgesetzt. Der Direkteinstieg wird durch eine pädagogische Qualifizierung begleitet, die an den Studienseminaren stattfindet und sowohl strukturell als auch inhaltlich große Ähnlichkeiten zum regulären Vorbereitungsdienst aufweist, im Gegensatz zum Vorbereitungsdienst allerdings 24 Monate anstatt 18 Monate dauert. In dieser Phase erfolgen betreute Hospitationen, angeleiteter sowie selbstständiger Unterricht sowie begleitende Lehrveranstaltungen an einem der Staatlichen Seminare für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte (Berufliche Schulen) in den Fächern Pädagogik/Pädagogische Psychologie, Allgemeine Didaktik, Fachdidaktik der beiden Fächer, Schulrecht/Schulorganisation. Am Ende der Ausbildung erfolgt eine benotete Lehrprobe sowie eine mündliche Prüfung. Nach einer anschließenden einjährigen Bewährungsphase ist die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgesehen.
4.2 Bayern (BY) – Typ 1
In Bayern gibt es nur die Möglichkeit des Quereinstiegs in den Vorbereitungsdienst. Hier wird zwischen der „zentralen Sondermaßnahme sowie der „schulbezogenen Sondermaßnahme“ unterschieden“. Während die zentrale Sondermaßnahme für die Fachrichtungen Bautechnik, Elektro- und Informationstechnik sowie Metalltechnik standortübergreifend angeboten wird, ist die schulbezogene Sondermaßnahme in weiteren beruflichen Fachrichtungen wie bspw. Sozialpädagogik oder Agrarwirtschaft nur an einzelnen Schulen möglich, die ihren Bedarf im Vorhinein dem Land mitgeteilt haben. In beiden Fällen gilt ein universitäres Diplom oder ein Masterabschluss einer Universität oder einer Hochschule für angewandte Wissenschaften als Zulassungsvoraussetzung, wobei die Studieninhalte überwiegend der genannten Fachrichtung zugeordnet werden müssen und der Studienabschluss zu Beginn des Vorbereitungsdienstes nicht länger als sieben Jahre zurückliegen sollte. Zudem gibt es ein Auswahlverfahren, bei dem ein Bewerbungsgespräch (zentrale Sondermaßnahme) bzw. ein Bewerbungsgespräch und ein Lehrversuch (schulbezogene Sondermaßnahme) stattfindet.
4.3 Berlin (BE) – Typ 2
In Berlin gibt es ebenfalls nur die Möglichkeit des sog. Quereinstiegs in den Vorbereitungsdienst. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um den regulären Vorbereitungsdienst, den auch Personen mit einem lehramtsbezogenen Abschluss absolvieren, sondern um den sog. berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst. Im Unterschied zum herkömmlichen Vorbereitungsdienst, mit dem eine Verbeamtung auf Widerruf verbunden ist, erfolgt der berufsbegleitende Vorbereitungsdienst in einem Angestelltenverhältnis. Der Quereinstieg ist jedoch nur bei schulbezogenen Stellenausschreibungen für bestimmte Fachrichtungen möglich, wenn mindestens ein Diplom-, Master- oder Magisterabschluss einer Universität oder Fachhochschule vorliegt, aus dem sich zwei Fächer der Berliner Schule ableiten lassen. Wenn kein zweites Fach im erforderlichen Umfang abzuleiten ist, dann können berufsbegleitende Studien in ausgewählten Fächern nachgeholt werden. Für diese Personengruppe wurde zudem ein umfangreiches, mehrphasiges Programm entwickelt, das sog. „QuerBer“, bei dem verschiedene Begleitformate zum Einsatz kommen. Nach erfolgreicher Absolvierung der berufsbegleitenden Studien sowie des Begleitprogramms erfolgt die Aufnahme in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst.
4.4 Brandenburg (BB) – Typ 2, Typ 6, Typ 8
In Brandenburg existieren vielfältige Wege des Einstiegs in den Schuldienst und der Nachqualifizierung, die alle unter dem Begriff Seiteneinstieg gefasst werden. Für alle Personengruppen ohne lehramtsbezogenem Hochschulabschluss erfolgt nach der Einstellung in den Schuldienst eine berufsbegleitende, pädagogische Grundqualifizierung im Umfang von 500 Stunden mit pädagogischen, methodischen und fachdidaktischen Bestandteilen sowie schul- und dienstrechtlichen Inhalten. Der Arbeitsvertrag ist zunächst auf 13 Monate befristet, nach einer anschließenden positiven Bewährungsfeststellung wird das Arbeitsverhältnis entfristet. Dies gilt grundsätzlich für alle Seiteneinsteiger*innen, die je nach Qualifikationsniveau in anschließend verschiedene Maßnahmen absolvieren.
Lehrkräfte ohne Hochschulabschluss erhalten daraufhin eine berufsbegleitende, vertiefte fachdidaktische Qualifizierung im Umfang von 80 Stunden, die Möglichkeit zum Erwerb einer Lehramtsbefähigung besteht nicht.
Für Lehrkräfte mit einem Bachelorabschluss besteht hingegen die Möglichkeit der Verbeamtung durch eine Anerkennung als „Bildungsamtfrau/Bildungsamtmann“, wenn kein Unterrichtsfach abgeleitet werden kann oder als „Bildungsamtsrätin/Bildungsamtsrat“, wenn ein Unterrichtsfach. abgeleitet werden kann. Bildungsamtfrauen und -männer unterrichten ein Fach, Bildungsamtsrätinnen und -räte unterrichten zwei Fächer. Eine vorhergehende 18-monatige Zertifikatsqualifizierung mit anschließender Prüfung scheint dabei die Unterrichtsbefähigung für das jeweilige „fehlende“ Fach auszugleichen.
Zusätzlich ist für Lehrkräfte mit einem Master-, Magister- oder Diplomabschluss einer Hochschule der Seiteneinstieg in den sog. berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst, mit dem ähnlich wie in Berlin ebenfalls keine Verbeamtung auf Widerruf erfolgt, möglich, sofern dieser Hochschulabschluss den schulischen Einsatz in mindestens zwei Unterrichtsfächern bzw. Fachrichtungen erlaubt und bereits eine Beschäftigung an einer brandenburgischen Schule vorliegt. Lässt sich aus dem bisherigen Hochschulabschluss nur ein Fach bzw. eine Fachrichtung ableiten, so besteht die Möglichkeit, in einem berufsbegleitenden Zertifikatsstudium ein weiteres Fach zu studieren.
4.5 Bremen (HB) – Typ 1, Typ 3
In Bremen werden insgesamt drei Einstiegswege unterschieden, die allesamt mit dem Begriff Seiteneinstieg bezeichnet werden (Seiteneinstieg A, B und U). Der Seiteneinstieg A bezeichnet den Einstieg in den regulären Vorbereitungsdienst, wenn ein wissenschaftliches Hochschulstudium für ein ausgewiesenes Mangelfach absolviert wurde. Von Fachhochschulen werden nur Master-Abschlüsse, die an akkreditierten, konsekutiven Studiengängen (BA/MA) erworben wurden, anerkannt. Aus diesem Abschluss müssen zwei Fächer abgeleitet werden können.
Dies gilt ebenso für den Seiteneinstieg B, hierbei handelt es sich jedoch um eine berufsbegleitende Qualifizierung, die auch nicht für ausgewiesene Mangelfächer, sondern nur für standortbezogene Bedarfe gilt. Die Einstellung erfolgt auf die Bewerbung von konkreten schulbezogenen Stellenausschreibungen „als Lehrkraft in Ausbildung“. Zusätzlich müssen mindestens drei Jahre Berufserfahrung im studierten Berufsfeld und eine pädagogische Eignung nachgewiesen werden. Die 24monatige Ausbildung erfolgt auch an der für den Vorbereitungsdienst verantwortlichen Institution in Bremen, dem Landesinstitut für Schule, und schließt mit einer staatlichen Prüfung ab, die in Bremen dem Zweiten Staatsexamen gleichgestellt ist.
Und schließlich handelt es sich bei dem Seiteneinstieg U um eine Kombination aus der berufsbegleitenden Qualifizierung wie in Seiteneinstieg B sowie einem Studium eines zweiten Faches im Umfang von 90 CP an der Universität Bremen, wenn aus dem bisherigem Hochschulabschluss nur ein Fach bzw. eine Fachrichtung ableitbar ist. Im Unterschied zum Seiteneinstieg B ist neben der pädagogischen Eignung jedoch nur ein Jahr Berufserfahrung im studierten Berufsfeld nachzuweisen. Die berufsbegleitende Ausbildung im Rahmen des Seiteneinstiegs U dauert 36 Monate.
Strukturell sowie inhaltlich sind bei den Qualifizierungen im Rahmen der Seiteneinstiege B und U viele Parallelen zum Vorbereitungsdienst gegeben. So sind in der berufsbegleitenden Lehramtsausbildungsverordnung des Landes Bremen die Teilnahme an einem Einführungsprogramm, Ausbildungsplanungs- und Ausbildungsstandgespräche, Hospitationen sowie die Teilnahme an den Seminaren des Landesinstituts für Schule in den Bildungswissenschaften und den Unterrichtsfächern vorgesehen, die sich nach den Vorgaben für den Vorbereitungsdienst richtet (Brem. GBl., 2011, S. 64).
4.6 Hamburg (HH) – Typ 1, Typ 6
In Hamburg wird zwischen dem Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst, dem qualifizierten Seiteneinstieg sowie dem Seiten- oder Direkteinstieg unterschieden, wobei letzterer zwingend in einen qualifizierten Seiteneinstieg mündet.
Der Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst ist für Absolventinnen und Absolventen von Universitäten und gleichgestellten Hochschulen möglich, sofern diese über ein einschlägiges Studium (mit einem Diplom- (Universität), Magister- oder Masterabschluss in einem definierten Mangelfach verfügen, aus dem eine berufliche Fachrichtung und ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableitbar sind. Zusätzlich erfolgt eine Überprüfung der persönlichen Voraussetzungen im Rahmen einer Hospitationswoche an einer beruflichen Schule in Hamburg.
Der Seiten- oder Direkteinstieg ist dagegen auch für Master- oder Bachelorabsolventen von Ingenieurstudiengängen an Fachhochschulen oder gleichgestellten Hochschulen mit mindestens 5-jähriger einschlägiger Berufserfahrung möglich, bspw. für Fächer, für die es kein reguläres Lehramtsstudium gibt und oder auch bei spezifischen Bedarfssituationen in den Schulen. Die Einstellung erfolgt direkt in den Schuldienst. Nach einer ein- bis zweijährigen befristeten Tätigkeit im Hamburger Schuldienst muss an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen werden, dem sog. qualifizierten Seiteneinstieg. Mit der Teilnahme an der Qualifizierung ist eine Festeinstellung verbunden, die Qualifizierung umfasst 100 Stunden in einem Jahr. Die einzelnen Teilnahmebescheinigungen werden für einen Qualifizierungsnachweis in einem Portfolio gesammelt, eine Prüfung erfolgt nicht. Im ersten halben Jahr erfolgt eine allgemeindidaktische Basisqualifikation im Umfang von 57 Stunden mit den Themen bildungswissenschaftliche Grundlagen, Diagnostik, Unterrichtsvorbereitung, -durchführung und -reflexion in heterogenen Lerngruppen, didaktischer Umgang mit Unterrichtsstörungen sowie rechtliche Grundlagen didaktischen Handelns. Im zweiten halben Jahr erfolgt dann eine fachdidaktische und allgemeinpädagogische Schulung im Umfang von 43 Stunden. Zusätzlich erfolgt eine Begleitung an der jeweiligen Schule. Zu weiteren Maßnahmen der strukturellen Ausgestaltung wie begleitetem Unterricht oder Hospitationen finden sich keine Informationen.
4.7 Hessen (HE) – Typ 1, Typ 3
In Hessen wird zwischen dem Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst und dem Quereinstieg in den Schuldienst unterschieden. Der Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst ist mit einem universitären Abschluss (mindestens 8-semestriges Studium, z. B. Diplom, Diplom II, Master, Magistra/Magister Artium oder vergleichbarer Abschluss), der kein Bachelorabschluss ist oder einem akkreditierten Masterabschluss, der mindestens mit der Gesamtnote „befriedigend“ bewertet wurde, möglich, sofern dieser für eine ausgewiesene Mangelfachrichtung anerkannt werden kann und sich zusätzlich ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lässt. Eine Bewerbung ist sowohl zentral bei der Hessischen Lehrkräfteakademie als auch auf schulbezogene Stellenausschreibungen möglich. Nach der positiven Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen folgt ein Eignungsprüfungsverfahren im Rahmen eines Gespräches mit Ausbildungskräften von Studienseminaren sowie ggf. bei schulbezogener Bewerbung mit einem Mitglied der Schulleitung.
Der Quereinstieg in den hessischen Schuldienst ist ebenfalls mit einem universitären Abschluss, der kein Bachelorabschluss ist, oder einem akkreditierten Masterabschluss möglich, eine Begrenzung bezüglich der Abschlussnote besteht hier jedoch nicht. Ebenso müssen eine berufliche Fachrichtung sowie ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableitbar sein. Beim Quereinstieg in den Schuldienst erfolgt eine berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahme, die je nach Voraussetzung des Quereinsteigenden bis zu dreieinhalb Jahre dauern kann und die mit einer staatlichen Prüfung bestehend aus einer unterrichtspraktischen Prüfung und einer mündlichen Prüfung, die dem 2. Staatsexamen in Hessen gleichgestellt ist, endet. Damit weist diese Qualifizierungsmaßnahme sowohl formal und strukturell als auch inhaltlich große Ähnlichkeiten zum Vorbereitungsdienst auf, indem im Rahmen von Einzelfallprüfungen auf der Grundlage der von KMK für die Lehrkräftebildung beschlossenen Standards insbesondere in den Themenbereichen fach- und sachgerechte Unterrichtsplanung und -durchführung, Wahrnehmung von Erziehungs- und Beratungsaufgaben und Wahrnehmung von Diagnose-, Förder- und Beurteilungsaufgaben eine individueller Qualifizierungsbedarf festgelegt wird (HLbGDV).
4.8 Mecklenburg-Vorpommern (MV) – Typ 1, Typ 2, Typ 5, Typ 7
In Mecklenburg-Vorpommern wird zwischen dem Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst, dem Seiteneinstieg in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst und der Seiteneinstiegsqualifizierung unterschieden.
Voraussetzung für den Quereinstieg in den regulären Vorbereitungsdienst ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Masterstudium oder ein Diplom-Abschluss einer Universität), aus dem sich eine berufliche Fachrichtung sowie eine zweite berufliche Fachrichtung oder ein allgemeinbildendes Fach ableiten lassen. Des Weiteren muss ein besonderer Bedarf seitens des Landes Mecklenburg-Vorpommern festgestellt worden sein, entweder ein landesweiter Bedarf in einer beruflichen Fachrichtung oder in Form einer konkreten schulbezogenen Stellenausschreibung.
Voraussetzung für die Zulassung zum sog. berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst ist ein nicht lehramtsbezogener Hochschulabschluss (Master, Magister, universitäres Diplom), aus dem sich eine berufliche Fachrichtung sowie eine zweite berufliche Fachrichtung oder ein allgemeinbildendes Fach ableiten lassen. Die Qualifizierung wird ebenso wie der reguläre Vorbereitungsdienst vom Kompetenzzentrum für Berufliche Schulen (KBS) durchgeführt und gliedert sich in zwei Phasen. In den ersten sechs Monaten erfolgt eine pädagogische Qualifizierung, die auch einen einwöchigen Einführungskurs sowie einen wöchentlichen Seminartag zu „Grundlagen der Erziehungswissenschaften“ mit zugehöriger Abschlussprüfung umfasst. Im Anschluss erfolgt der 18monatige Vorbereitungsdienst. Der berufsbegleitende Vorbereitungsdienst schließt damit nach insgesamt 24 Monaten mit der 2. Staatsprüfung ab. Ein weiterer Unterschied ist, dass mit dem berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst keine Verbeamtung auf Widerruf erfolgt, sondern eine Anstellung im Angestelltenverhältnis. Lässt sich aus dem bisherigen Hochschulabschluss nur ein Fach bzw. eine Fachrichtung ableiten, so besteht die Möglichkeit, berufsbegleitend ein weiteres Fach zu studieren.
Im Unterschied zu den beiden vorgenannten Wegen ist die sog. Seiteneinstiegsqualifizierung auch für Absolventinnen und Absolventen von universitären Bachelorstudiengängen sowie für Personen mit einer abgeschlossener Berufsausbildung inklusive einer insgesamt dreijährigen hauptberuflichen Tätigkeit möglich. Die Seiteneinstiegsqualifizierung umfasst die sog. Grundlegende Pädagogische Qualifizierung (GPQ) im Umfang von 15 Monaten und die Modularisierte Qualifizierungsreihe (MQR) im Umfang von drei Jahren. In diesem Rahmen finden Vorlesungen, Präsenzseminare, E-Learning- Module, Unterrichtshospitationen und gezielte Unterstützungsformate statt: Die Qualifizierung endet mit der Beurteilung von zwei erteilten Unterrichtsstunden sowie einem anschließenden 60minütigen Kolloquium. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Qualifizierung sowie dem Nachweis einer hauptberuflichen Lehrtätigkeit mit einem Umfang von fünf Jahren bei Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen bzw. sieben Jahren bei Absolventinnen und Absolventen einer beruflichen Ausbildung sind die Voraussetzungen für den Erwerb einer dem Lehramt gleichgestellten Qualifikation in Mecklenburg-Vorpommern in Form einer Lehrbefähigungsanerkennung erfüllt.
4.9 Niedersachsen (NI) – Typ 1, Typ 4, Typ 5
In Niedersachsen wird zwischen dem Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst, dem sog. direkten Quereinstieg sowie der Sondermaßnahme an berufsbildenden Schulen unterschieden. Beim Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst wird ein universitärer Masterabschluss oder ein gleichwertiger Hochschulabschluss vorausgesetzt, aus dem sich eine berufliche Fachrichtung sowie ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lässt. Beim direkten Quereinstieg in den Schuldienst wird ebenfalls ein universitärer Masterabschluss oder ein gleichwertiger Hochschulabschluss vorausgesetzt, allerdings ist dies auch möglich, wenn sich aus dem Abschluss nur eine berufliche Fachrichtung oder nur ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lässt. Ein direkter Quereinstieg in den Schuldienst ist nur auf schulbezogene Stellenausschreibungen möglich, eine Nachqualifizierung erfolgt hier nicht. Und schließlich ist die Teilnahme an der Sondermaßnahme für berufsbildende Schulen auch für Absolventinnen und Absolventen von Bachelorstudiengängen sowie Diplomstudiengängen (FH) möglich, wenn eine berufliche Fachrichtung ableitbar ist. Zusätzlich werden Qualifizierungsauflagen in Form berufsbegleitender Studien von 70 Leistungspunkten in einem allgemeinbildenden Unterrichtsfach und 30 Leistungspunkten in Berufs- und Wirtschaftspädagogik erteilt. Die Wahl des Studienortes und des Unterrichtsfaches sind freigestellt. Zusätzlich erfolgt eine pädagogisch-didaktische Qualifizierung an einem Studienseminar für die Dauer von 18 Monaten. Des Weiteren erfolgen schulinterne Maßnahmen zur Einführung in die schulpraktische Arbeit, wie Hospitationen im Unterricht erfahrener Lehrkräfte sowie Unterrichtsbesuche und Beratungsgespräche. Die Absolventinnen und Absolventen erhalten damit die Lehrbefähigung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Niedersachsen und eine unbefristete Beschäftigung. Zusätzlich kann im Anschluss der Vorbereitungsdienst absolviert werden, der aufgrund der vorangegangen pädagogisch-didaktische Qualifizierung am Studienseminar nur noch 6 Monate dauert und die 2. Staatsprüfung abgelegt werden (SchulSEVO M-V).
4.10 Nordrhein-Westfalen (NW) – Typ 2, Typ 4
In Nordrhein-Westfalen werden mit dem Begriff Seiteneinstieg drei Wege in den Schuldienst bezeichnet. Zum einen ist ein Seiteneinstieg im Rahmen eines berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes (OBAS) für Absolventinnen und Absolventen nicht lehramtsbezogener universitärer Hochschulabschlüsse mit einer Regelstudienzeit von mindestens 7 Semestern oder einem Masterabschluss einer Fachhochschule möglich. Zusätzlich muss eine zweijährige Berufstätigkeit nach dem Studium oder eine mindestens zweijährige Betreuung eines minderjährigen Kindes nachgewiesen werden sowie eine positive Prognose über die erfolgreiche Ausbildung in zwei Fächern erfolgen. Mit dem zweijährigen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst ist eine Staatsprüfung verbunden, so dass eine Gleichstellung mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften erfolgt.
Zum anderen wird der Seiteneinstieg im Rahmen einer Pädagogischen Einführung (PE) einem universitären Master-; Diplom oder Magisterabschluss sowie einem Masterabschluss einer Fachhochschule ermöglicht. Mit der 12monatigen Pädagogischen Einführung wird eine Unterrichtserlaubnis für das der Einstellung zu Grunde liegende Fach, jedoch keine Lehramtsbefähigung erworben.
Bei dem dritten Weg, der als Seiteneinstieg bezeichnet wird, handelt es sich um ein duales Lehramtsstudium, bei dem Bachelorabsolventinnen und -absolventen bei gleichzeitiger Anstellung an der Schule einen Master of Education erwerben können. Da es sich hier aus Sicht der Autorin nicht um einen Seiteneinstieg im Rahmen einer Sondermaßnahme, sondern um einen Studiengang im Sinne eines wissenschaftsbasierten bzw. qualifizierten Quereinstiegs (siehe Kapitel 2) handelt, wird dieses Modell an dieser Stelle nicht in die Analyse einbezogen.
4.11 Rheinland-Pfalz (RP) – Typ 1, Typ 3
In Rheinland-Pfalz wird zwischen dem Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst und dem Seiteneinstieg in den Schuldienst unterschieden. Für beide Wege ist ein Hochschulabschluss in einem schulischen Bedarfsfach notwendig sowie ein Zweitfach abzuleiten. Beim Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst erfolgt die Zulassung in den regulären Vorbereitungsdienst, mit dem eine Verbeamtung auf Widerruf verbunden ist. Der Seiteneinstieg in den Schuldienst erfolgt dagegen im Angestelltenverhältnis und endet nicht mit der 2. Staatsprüfung, sondern mit einem Zeugnis über die Prüfung von Lehrkräften im Seiteneinstieg, das die Befähigung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in zwei Fächern darstellt. Die 24monatige Zusatzausbildung im Rahmen des Seiteneinstiegs weist demnach sowohl strukturell als auch inhaltlich große Parallelen zum regulären Vorbereitungsdienst auf. Nach einer dreimonatigen Intensivausbildung ohne Unterrichtsverpflichtung zu Beginn erfolgt die Teilnahme an 40 Veranstaltungen des Studienseminars, eine mündliche Prüfung über bildungswissenschaftliche Grundlagen nach dem erstem Ausbildungsjahr, zwei Beratungsgespräche sowie jeweils fünf Unterrichtsbesuche in jedem Fach.
4.12 Schleswig-Holstein (SH) – Typ 1, Typ 3, Typ 5
In Schleswig-Holstein wird zwischen dem Quereinstieg, dem Seiteneinstieg und dem Direkteinstieg unterschieden. Beim Quereinstieg wird für Absolvent*innen von universitären Diplom-, Master- oder Magisterstudiengängen oder Masterstudiengängen von Fachhochschulen in einem dringend benötigten Unterrichtsfach oder in einer dringend benötigten Fachrichtung der Zugang zum regulären 18monatigen Vorbereitungsdienst eröffnet. Aus dem Abschluss müssen sich eine berufliche Fachrichtung und ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lassen.
Beim Seiteneinstieg erfolgt für Absolvent*innen von universitären Diplom-, Master- oder Magisterstudiengängen oder akkreditierten Masterstudiengängen von Fachhochschulen, aus dem sich eine berufliche Fachrichtung und ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lassen muss, der Zugang zu einer berufsbegleitenden Qualifizierungsmaßnahme. Zusätzlich muss eine zweijährige, praktische Berufserfahrung nachgewiesen werden. Die Qualifizierungsmaßnahme erfolgt in einem auf zwei Jahre befristeten Beschäftigungsverhältnis berufsbegleitend, eine unbefristete Weiterbeschäftigung, auch im Beamtenverhältnis, ist bei erfolgreicher Prüfung vorgesehen. Dementsprechend weist die Qualifizierungsmaßnahme sowohl strukturell als auch inhaltlich große Ähnlichkeiten zum regulären Vorbereitungsdienst auf. So finden Hospitationen bzw. Unterricht unter Anleitung und eigenverantwortlicher Unterricht statt sowie Seminarveranstaltungen zu fachlichen, didaktischen und pädagogischen Themen. Die Qualifizierungsmaßnahme endet mit einer Prüfung, die eine dienstliche Beurteilung, eine Unterrichtsstunde je Fachrichtung oder Fach sowie ein Prüfungsgespräch umfasst.
Beim Direkteinstieg können Personen, die über ein Fachhochschuldiplom oder einen Bachelorabschluss einer Universität oder Fachhochschule und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung verfügen, die oben beschriebene berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahme in einer beruflichen Fachrichtung und in einem Unterrichtsfach oder nur in einer beruflichen Fachrichtung absolvieren. Im Unterschied zum Seiteneinstieg erfolgt beim Direkteinstieg nach der zweijährigen Qualifizierungsphase jedoch noch eine einjährige Bewährungsphase, innerhalb derer die erworbenen Kenntnisse durch die praktische Unterrichtstätigkeit erweitert und vertieft werden sollen. Danach ist ebenfalls eine unbefristete Weiterbeschäftigung, gegebenenfalls auch im Beamtenverhältnis, vorgesehen.
4.13 Saarland (SL) – Typ 1
Im Saarland gibt es nur die Möglichkeit des Quereinstiegs in den Vorbereitungsdienst. Hierfür muss ein universitärer Masterabschluss oder ein universitäres Diplom oder ein Masterabschluss in einem akkreditierten Studiengang an Fachhochschulen nachgewiesen werden, der dem Studium einer der beruflichen Fachrichtungen entspricht. Für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst kann von dem Erfordernis eines allgemeinbildenden Unterrichtsfachs der beruflichen Schulen (abgesehen werden, es erfolgt eine entsprechende Nachqualifizierung während der Zeit des Vorbereitungsdienstes.
4.14 Sachsen (SN) – Typ 1, Typ 3, Typ 5
In Sachsen werden mit dem Begriff Seiteneinstieg zum einen der sog. Seiteneinstieg in den Vorbereitungsdienst zum anderen ein Seiteneinstieg in den Schuldienst bezeichnet. Beim Seiteneinstieg in den Vorbereitungsdienst wird für Absolvent*innen von Masterstudiengängen einer Universität oder Fachhochschule sowie von Studiengängen mit einem Mastergrad oder einem gleichwertigen Hochschulabschluss der Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht, sofern sich dieser Ausbildung mindestens zwei Fächern odereiner beruflichen Fachrichtung und einem Fach oder zwei beruflichen Fachrichtungen oder einer beruflichen Fachrichtung mit zwei Vertiefungsrichtungen zugeordnet werden kann.
Beim Seiteneinstieg in den Schuldienst und der hiermit verbundenen Qualifizierungsmaßnahme wird zusätzlich zwischen zwei Laufbahnebenen unterschieden. Ein Seiteneinstieg für die Laufbahn Studienrätin/Studienrat ist für Absolvent*innen von Master- und Magisterstudiengängen sowie universitären Diplomstudiengängen möglich, während der Seiteneinstieg für die Laufbahn Bildungsamtsrätin/Bildungsamtsrat einen universitären Bachelorabschluss oder einen Diplomabschluss einer Fachhochschule vorsieht. Seiteneinsteiger*innen werden zunächst befristet auf zwei Jahre eingestellt und erhalten zu Beginn eine dreimonatige Einstiegsfortbildung, bei der erste Grundfertigkeiten vermittelt werden und eine Einführung in die schulische Tätigkeit erfolgt. Umgesetzt wird dies durch Fortbildungstage in Präsenz- und Onlineseminaren, Hospitationstagen an der Einsatzschule sowie Selbststudientage. Die Einstiegsfortbildung schließt mit einer Bewährungsfeststellung ab. Der weitere Qualifizierungsweg erfolgt erst nach einer Entfristung und ist abhängig von der Anzahl der vom zugrundeliegenden Abschluss ableitbaren Fachrichtungen bzw. Fächern. Können aus dem Abschluss zwei Fächer bzw. Fachrichtungen abgeleitet werden, erfolgt eine sog. schulpraktische Ausbildung, vergleichbar mit der des Vorbereitungsdienstes, die berufsbegleitend an einem Tag pro Woche in der Lehrerausbildungsstätte stattfindet und insgesamt zwölf Monate dauert. Können aus dem Abschluss nur ein oder gar kein Fach abgeleitet werden, muss in einem berufsbegleitenden, viersemestrigen Universitätsstudium die Ausbildung eines Faches nachgeholt werden. Im Anschluss folgt die schulpraktische Ausbildung an der Lehrerausbildungsstätte und, falls zu Beginn kein Fach ableitbar war, das berufsbegleitende Studium eines zweiten Unterrichtsfachs. Die Qualifizierungsmaßnahme ist erst abgeschlossen, wenn zwei Lehrbefähigungen erworben wurden.
4.15 Sachsen-Anhalt (ST) – Typ 2, Typ 6
In Sachsen-Anhalt werden drei Varianten der Qualifizierung von Personen ohne lehramtsbezogenes Studium vorgehalten. Zum einen wird der sog. Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst vom sog. Seiteneinstieg in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst unterschieden. Die verwendeten Begriffe suggerieren, das wie in anderen Bundesländern auch, beim Quereinstieg ein Eintritt in den regulären Vorbereitungsdienst erfolgt und beim Seiteneinstieg ein spezieller, auf die Zielgruppe ausgerichteter Vorbereitungsdienst angeboten wird. Bei beiden Varianten handelt es sich jedoch um einen Eintritt in den regulären Vorbereitungsdienst nach einer speziellen, für diese Zielgruppe ausgerichteten und vorgeschalteten „Hinführungsphase“ im Umfang von acht Monaten. Ein Unterschied zwischen den beiden Varianten ist die Anzahl der Fachableitungen: Beim Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst ist der Zugang mit einem universitären Masterabschluss oder ein diesem gleichgestellten Hochschulabschluss möglich, aus dem sich mindestens zwei lehramtsbezogene Fächer ableiten lassen, während der Zugang über den Seiteneinstieg in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst zunächst auch mit nur einem lehramtsbezogenen Fach möglich ist, wenn das fehlende lehramtsbezogene Fach durch berufsbegleitende Studien ausgeglichen wird. Ein weiterer Unterschied ist die tarifliche Eingruppierung. Seiteneinstiegende sind entsprechend ihrer Einstellung weiterhin Tarifbeschäftigte, während Quereinsteigende zwar ein Entgelt in Höhe der Anwärterbezüge erhalten, hier jedoch keine Verbeamtung auf Widerruf erfolgt.
Die dritte Variante ist der Seiteneinstieg in den Schuldienst, der in Sachsen-Anhalt für Absolvent*innen mit einem Master-, Diplom- oder Magisterstudium einer Universität, Fachhochschule oder gleichwertigen Hochschule sowie ebenfalls mit einem Bachelor-Abschluss einer Universität, Fachhochschule oder Berufsakademie möglich ist, eine Fachableitung ist nicht zwingend erforderlich. Beim Seiteneinstieg werden die Lehrkräfte zunächst befristet für die Dauer eines Erprobungsjahres eingestellt, in dem berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt durchgeführt werden. Diese bestehen aus einem zweitägigem Willkommenskurs, einen vierwöchigen Grundlagenkurs und einer begleiteten Professionalisierungsphase. Der vierwöchige Grundlagenkurs umfasst ca. 100 Stunden und beinhaltet Themen wie Rolle, Aufgaben und Kompetenzen einer Lehrkraft, Grundlagen der Unterrichtsplanung und Gestaltung von Unterricht. Die anschließende begleitende Professionalisierungsphase im Umfang von 100 Stunden besteht aus fachdidaktischen Fortbildungen, schulformspezifischen Netzwerken und Fortbildungen zu pädagogisch-psychologischen Themen. Zudem erfolgen eine individuelle Begleitung und Beratung der Seiteneinsteigenden sowie systembezogene Fortbildungen in der Schule. Neun Monate nach Beginn der Einstellung wird von der Schulleitung eine Bewährungsfeststellung auf der Grundlage von Unterrichtsbesuchen und der Einschätzung zu den Persönlichkeitsmerkmalen und der Arbeitsweise vorgenommen, die zusammen mit dem Nachweis der Teilnahme die Grundlage für eine Entfristung bildet.
4.16 Thüringen (TH) – Typ 1, Typ 3
In Thüringen unterscheidet man den Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst vom Seiteneinstieg in den Schuldienst. Die Zugangsvoraussetzungen werden in Thüringen nicht entsprechend bestimmter akademischer Grade definiert, sondern zum Quer- und Seiteneinstieg werden Absolvent*innen von nicht lehramtsbezogenen in- und ausländischen Hochschulabschlüssen einer Universität oder gleichgestellten Hochschule zugelassen, bei denen sich eine berufliche Fachrichtung oder ein eine berufliche Fachrichtung und ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach ableiten lassen, auch wenn „im Vergleich zu einer Lehramtsausbildung in Thüringen wesentliche pädagogische, bildungswissenschaftliche oder fachdidaktische Unterschiede“ (§22 (2) ThürLbG) bestehen. Beim Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst müssen in den ersten beiden Ausbildungshalbjahren deshalb pädagogische Grundkenntnisse nachgeholt werden, die im dritten Ausbildungshalbjahr im Rahmen eines Kolloquiums nachgewiesen werden müssen (§11 ThürAZStPLVO).
Zum Seiteneinstieg in den Schuldienst können dagegen auch Bewerber*innen zugelassen werden, denen neben den pädagogischen, bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Kenntnissen auch fachwissenschaftliche Studien- und Prüfungsleistungen in einem Fach fehlen. Hier erfolgt eine Nachqualifizierung, die je nach Vorqualifikation zwischen 12 und 24 Monaten dauert und mit einer staatlichen Prüfung endet. Die Nachqualifizierung besteht ähnlich wie der Vorbereitungsdienst in Thüringen aus einer pädagogisch-didaktischen Ausbildung am Studienseminar, benoteten Lehrproben sowie spezielle bildungswissenschaftlicher und fachdidaktischer Seminarveranstaltungen, die zusätzlich mit einem Kolloquium abgeschlossen werden. Die abschließende staatliche Prüfung besteht aus ein oder zwei Prüfungslehrproben je nach zugelassener Anzahl der Fächer sowie einer mündlichen Prüfung.
5 Zusammenfassung
Deutschlandweit werden in allen Bundesländern Sondermaßnahmen in Form eines Quereinstiegs in den Vorbereitungsdienst angeboten. 13 Bundesländer ermöglichen dabei den Zugang in den regulären Vorbereitungsdienst, fünf Bundesländer bieten einen speziellen, berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst an. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind beide Varianten möglich. Damit wird von allen Bundesländern ein alternativer Qualifizierungsweg angeboten, der nicht nur eine formale Gleichstellung mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften ermöglicht, sondern auch eine Gleichstellung in Bezug auf die strukturelle und inhaltliche Ausgestaltung, zumindest hinsichtlich der zweiten Phase der Lehrkräftebildung, bietet.
Der qualifizierte Seiteneinstieg, bei dem mit dem Eintritt in den Schuldienst und zusätzlicher abgeschlossener Qualifikationsphase eine Lehrbefähigung erteilt wird, die dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundesland gleichgestellt ist, wird dagegen nur in neun Bundesländern angeboten. In Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen wird für den Eintritt in den Schuldienst mit zusätzlicher Qualifikationsphase ein Studienabschluss auf Masterniveau vorausgesetzt. Dagegen gibt es in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen auch Modelle, die einen Bachelorabschluss voraussetzen und in Mecklenburg-Vorpommern ist der qualifizierte Seiteneinstieg auch ohne Studium möglich. In allen Bundesländern scheinen die Qualifizierungsmaßnahmen sowohl strukturell als auch inhaltlich große Ähnlichkeiten zu den Vorbereitungsdiensten in den Ländern aufzuweisen. In dieser Phase erfolgen in den Einsatzschulen betreute Hospitationen, angeleiteter sowie selbstständiger Unterricht sowie begleitende Lehrveranstaltungen an den auch für den Vorbereitungsdienst zuständigen staatlichen Studienseminaren in pädagogischen, bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Themen. Am Ende der Qualifizierungsmaßnahmen erfolgen benotete Lehrproben sowie mündliche Prüfungen, eine Gleichstellung mit dem 2. Staatsexamen in dem jeweiligen Bundeslang erfolgt jedoch unter Umständen erst nach mehrjähriger Unterrichtstätigkeit.
Der Direkteinstieg als Einstellung in den Schuldienst ohne lehramtsbezogenes Studium und ohne nachqualifizierende Maßnahme, deren Abschluss mit einer in dem Bundeslang geltenden Lehrbefähigung verbunden ist, wird in fünf Bundesländern angeboten. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wird dabei für den Eintritt in den Schuldienst ein Studienabschluss auf Masterniveau vorausgesetzt. In Brandenburg, Hamburg und Sachsen-Anhalt ist dies auch mit einem Bachelorabschluss und in Brandenburg auch ohne Studium möglich.
6 Handlungsempfehlungen
Grundsätzlich bewegt sich der Diskurs über Sondermaßnahmen immer im Spannungsverhältnis zwischen dem Festhalten an Qualitätsprinzipien und Pragmatismus. Denn auch Quer- und Seiteneinsteiger*innen haben kein bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Studium absolviert. Eine professionelle Kompetenz, bei der das eigene praktische Handeln und die gewonnenen Erfahrungen in pädagogischen Prozessen reflektiert werden, kann sich ohne wissenschaftlich fundierte, theoretische Kenntnisse nicht entwickeln (Pätzold, 2020, 480). Häufig wird dann argumentiert, dass man aus diesem Grund zwar grundsätzlich an der altbewährten grundständigen Ausbildung festhalten müsse, aber dass die Sondermaßnahmen – der Name verrät es bereits – ja auch lediglich als Kompensation für kurzfristige Bedarfskrisen dienen würden. Dass es sich bei dem Lehrkräftemangel in der beruflichen Bildung insbesondere in gewerblich technischen Fachrichtungen nicht nur um eine kurzfristige oder gar plötzlich auftretende Bedarfskrise handelt, muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Und dass sich der Lehrkräftebedarf aber auch nicht mithilfe des grundständigen, dreiphasigen Ausbildungsweges decken lässt, sollte ebenfalls keiner weiteren Begründung bedürfen. Insofern ist es unerlässlich, über alternative Ausbildungswege nachzudenken und auch hierfür Standards zu formulieren bzw. diese Sondermaßnahmen an bestehenden Standards auszurichten.
Nach der detaillierten Betrachtung der einzelnen Sondermaßnahmen, der anschließenden Typologisierung und Analyse der landespezifischen Vorgaben und Regelungen im Hinblick auf die formale, strukturelle und inhaltliche Ausgestaltung sollen im folgenden Handlungsempfehlungen formuliert werden. Der Empfehlung, der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK), die befristet eingerichteten Sondermaßnahmen auslaufen zu lassen und deren Absolvent*innen weiterzuqualifizieren, wird dabei nur in Teilen entsprochen:
- Die Angebote für die Sondermaßnahmen Typ 1 und Typ 2 (regulärer Quereinstieg und berufsbegleitender Quereinstieg) sollten aufrechterhalten werden, ohne dass eine Weiterqualifizierung erfolgt. Die Absolvent*innen haben das 2. Staatsexamen sowie einen universitären Masterabschluss oder einen diesem gleichgestellten Abschluss erworben, aus dem sich zwei Fächer ableiten lassen. Das Fehlen der bildungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Anteile ist aus Gründen des oben angesprochenen Pragmatismus zu vernachlässigen, da auch in den Studienseminaren entsprechendes Fachwissen bei den pädagogischen und fachlichen Leitungen vorhanden ist und dieses Fachwissen gleichzeitig auch von diesen vorausgesetzt wird, so dass davon auszugehen ist, dass sich die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst dies notwendigerweise eigenständig aneignen.
- Das Angebot für die Sondermaßnahmen Typ 3 (qualifizierter Seiteneinstieg) sollte ebenfalls ohne eine Weiterqualifizierung beibehalten werden, sofern sich aus dem Masterabschluss ein zweites Fach ableiten lässt.[2] Da die Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen des qualifizierten Seiteneinstiegs in allen Bundesländern sowohl strukturell als auch inhaltlich große Ähnlichkeiten zu den Vorbereitungsdiensten in den Ländern aufweisen, spricht aus Sicht der Autorin nichts dagegen, die Sondermaßnahme weiterhin anzubieten. Denn die Absolvent*innen verfügen über einen universitären Masterabschluss oder einen diesem gleichgestellten Abschluss und haben die Lehrbefähigung für das jeweilige Bundesland erworben. Es wäre zudem wünschenswert, wenn die Bundesländer diese Gleichstellung des Abschlusses gegenseitig anerkennen würden und ihre jeweiligen landesrechtlichen Regelungen entsprechend anpassen würden.[3]
- Die Angebote für die Sondermaßnahmen der Typen 4, 5, 6, 7 und 8 sind grundsätzlich sehr kritisch zu betrachten. Bei den Angeboten des Typs 4, des Typs 6 und des Typs 8 (Direkteinstieg, Direkteinstieg mit Bachelor und Direkteinstieg ohne Studium) erfolgt keine systematische Nachqualifizierungsmaßnahme, die in einer Lehramtsbefähigung mündet. Zusätzlich wird bei den Angeboten für Typ 6 und Typ 8 kein Abschluss vorausgesetzt, aus dem zwei Fächer abzuleiten sind. Bei den Angeboten des Typs 5 und 7 (qualifizierter Seiteneinstieg mit Bachelor, qualifizierter Seiteneinstieg ohne Studium) erfolgt zwar eine systematische Nachqualifizierungsmaßnahme, aber auch hier wird kein Abschluss vorausgesetzt, aus dem sich zwei Fächer ableiten lassen. Eine Weiterqualifizierung kann an dieser Stelle nur für die Typen 5 und 7 in Form von nachträglich zu erbringenden Studienanteilen in einem weiteren Fach bzw. zwei Fächern empfohlen werden. Aussagen zur Weiterqualifizierung der Personengruppen, die Angebote der Typen 4, 6 und 8 durchlaufen haben, können an dieser Stelle jedoch leider nicht getroffen werden, da sich die Informationen über Struktur und Inhalt der Maßnahmen sowohl in der Breite als auch in der Tiefe stark voneinander unterschieden.
Literatur
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[1] Laufbahnrechtlich ist der Maßstab der Untersuchung dementsprechend das Lehramt im höheren Dienst.
[2] Dies gilt für Baden-Würtemberg, Bremen (Seiteneinstieg U), Hessen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, in Thüringen ist der Erwerb der Lehramtsbefähigung dagegen auch in nur einem Fach möglich.
[3] Dies ist grundsätzlich bereits in den „Regelungen und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften“ vorgesehen (KMK, 2013b, S. 4).
Zitieren des Beitrags
Trampe, K. (2024). Parallelstrukturen in der beruflichen Lehrkräftebildung? Analyse und Diskussion der Ausgestaltung von Quer-, Seiten- und Direkteinsteigerprogrammen. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, 47, 1–26. https://www.bwpat.de/ausgabe47/trampe_bwpat47.pdf