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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

WS29 - Hochschule
Herausgeber: Karl-Heinz Gerholz & Peter F. E. Sloane


Titel:
Übergänge in und aus Universität gestalten


Mentoring als hochschuldidaktisches Gestaltungsinstrument. Eine vergleichende Analyse

Beitrag von Juliane FUGE & Matthias SÖLL (Universität Paderborn & Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Abstract

Im Leben eines jungen Menschen stellt der Übergang von der Schule zur Hochschule eine bedeutsame Transition dar. Die Universität als neue Lern- und Arbeitswelt bringt höhere Anforderungen an das Niveau der Allgemeinbildung, die Kognition und die Selbstorganisation mit sich. Von Studienanfängern wird ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Motivation sowie Eigenverantwortung erwartet. Doch gerade am Studienbeginn besteht zwischen den Fähigkeiten der jungen Studenten und den Ansprüchen eines Hochschulstudiums häufig eine Diskrepanz. Oftmals ist die Aufnahme eines Studiums auch mit einem Auszug aus dem Elternhaus und einem Wohnortwechsel verbunden, was gleichzeitig zu Veränderungen in der sozialen Lebenswelt führt. Durch die räumliche Trennung von Familie und Freunden nimmt vorübergehend die emotionale Sicherheit und soziale Unterstützung ab. Vor diesem Hintergrund wird der Gestaltung der Studieneingangsphase eine hohe Bedeutung beigemessen. Durch die Implementierung von Mentoring-Programen soll der Übergang zur Hochschule erleichtert werden, indem man gezielt die Studierfähigkeit und den Aufbau sozialer Netzwerke fördert. In einer aktuellen Studie werden hierzu zwei unterschiedliche Mentoring-Modelle dem Ziel evaluiert und analysiert, die Auswirkungen von Mentoring-Beziehungen in der Studieneingangsphase zu beschreiben.

1 Der Studienbeginn als potentielle Krisensituation

Mit der Aufnahme eines Studiums begibt sich der junge Mensch in ein neues Sozialisationsumfeld, das ihm Freiräume und Entwicklungschancen bietet und ihn andererseits vor neue, komplexe Aufgaben und Anforderungen stellt. An die Stelle der Schule tritt die Institution Hochschule mit ihren spezifischen Erwartungen und Ansprüchen. Über diese studienbezogenen Problemstellungen und Leistungserwartungen hinaus befinden sich Studierende im Erststudium zumeist in einer Lebensphase, in der aus entwicklungspsychologischer Perspektive besondere Aufgaben, z. B. der Auszug aus dem Elternhaus und Aufbau eines eigenen sozialen Netzes, zu lösen sind (vgl. BMBF 2007, 42). Solche Übergangs- oder Transitionsphasen erfordern eine Anpassung an ein neues Umfeld, weshalb sie gleichzeitig auch potentielle Krisensituationen sind. Denn misslingt es dem Studienanfänger, sich der veränderten Situation anzupassen und neu zu orientieren, können daraus psychische und physische Beschwerden bzw. Erkrankungen folgen (vgl. HORNUNG/ FABIAN 2001, 133). Dass dies an deutschen Universitäten keine Seltenheit ist, zeigt u. a. die 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden. Danach ist die Anzahl von Studierenden mit psychischen Erkrankungen von 8 % im Jahr 2000 auf 11 % im Jahr 2006 angestiegen. Beunruhigend ist insbesondere der Befund, dass diese Beschwerden in 91% der Fälle das Lernen und Arbeiten im Studium stark beeinträchtigen (vgl. BMBF 2007, 41). Unterstrichen wird dieser Trend auch durch eine Studie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2008, in der die Verschreibung von Medikamenten an Studierende untersucht wurde. Danach sind Studierende im Durchschnitt zwar gesünder als ihre erwerbstätigen Altersgenossen, leiden jedoch unter stärkerem psychischem Druck, was sich in einem höheren Konsum von Psychopharmaka widerspiegelt (vgl. TECHNIKER KRANKENKASSE 2008, 39).

Der Studienbeginn ist auch mit einem Statuswechsel vom Schüler zum Studenten resp. Jugendlichen zum Erwachsenen verbunden. Allerdings wird diese neue Rolle oft als widersprüchlich erlebt. Aus juristischer Sicht gelten Studierende zwar ihrem Alter entsprechend als mündige Bürger, doch aus entwicklungspsychologischer Perspektive sind sie noch nicht erwachsen, sondern noch auf der Suche nach ihrer Identität, was ein hohes Maß an psychischer Kraft und geistiger Reflexion erfordert (vgl. TEUWSEN 1992, 5).

Diese Übergangsprobleme von der Schule zur Hochschule sind nicht neu. Sie resultieren aus unterschiedlichen „Bildungswelten“, in denen verschiedene Arbeits- und Denkweisen vorherrschen, die sich auch auf die Lern- und Lehrorganisation auswirken (vgl. WINTER 2009, 35 f.). Gerade am Anfang des Studiums besteht aufgrund der Strukturunterschiede zwischen Schule und Universität eine Diskrepanz zwischen den Fähigkeiten der Studierenden und den Anforderungen, die an sie gestellt werden. Für ein erfolgreiches Studium ist es wichtig, dieses Missverhältnis frühzeitig zu überwinden, z. B. durch die Vermittlung adäquater Lern- und Arbeitsstrategien sowie die Entfaltung intrinsischer Motivationsformen (vgl. KOCH 2004, 155). Es existieren mittlerweile zahlreiche Maßnahmen, die entweder vor dem Studienstart (z. B. Hochschulinformationstage, Schnupperstudium) oder während des Studiums bzw. in der Studieneingangsphase (z. B. Tutorien, Einführungsveranstaltungen) angeboten werden (vgl. WINTER 2009, 36).

Im Mittelpunkt dieses Artikels steht die Darstellung von Problemfeldern des Übergangs in die Universität und wie sich diese durch Mentoring-Modelle gestalten lassen. Das Mentoring-Prinzip hat sich aufgrund seines didaktischen sowie entwicklungspsychologischen Potentials mittlerweile an vielen Universitäten als hochschuldidaktisches Gestaltungsinstrument etabliert. In diesem Zusammenhang werden auch erste Ergebnisse einer breit angelegten empirischen Studie hinsichtlich der Auswirkungen unterschiedlicher Mentoring-Modelle vorgestellt.

2 Betrachtung der Übergangsprobleme in der Studieneingangsphase

„Übergänge markieren Brüche, die es zu überbrücken gilt, sie sind das Nadelöhr für gesellschaftlichen Erfolg, aber auch Stationen des Scheiterns und Mißerfolges.“

(KUTSCHA 1991, 113)

Beim Übergang von der Schule zur Hochschule entstehen unterschiedliche Probleme, die komplex und vielschichtig sind (vgl. WEBLER 2011, S. 128; GROSSMASS/ HOFMANN 2009, 98 f.) und zu deren Betrachtung es unterschiedlicher Zugänge bedarf. Im Folgenden soll das Subjekt – der Studienanfänger – in den Mittelpunkt gestellt werden sowie die Problemfelder, die sich aufgrund des aktuellen Diskurses hierzu prägnant extrahieren lassen. Da die bereits genannten Mentoring-Konzepte in erster Linie Studienanfänger in der Einstiegsphase unterstützen sollen, wird sich den Übergangsproblemen aus einer vorrangig subjektorientierten Perspektive angenähert.  

2.1 Subjektorientierte Forschungsansätze

In Anlehnung an KUTSCHA (1991, 117) stehen im Mittelpunkt einer subjektorientierten Perspektive die übergangsbedingten Probleme der Anpassung sowie das handelnde Individuum und seine Bewältigungsstrategien. Hierzu werden im Folgenden Theorien und Ansichten der Entwicklungspsychologie und Lebensereignisforschung angeführt. Gleichzeitig werden auch die beteiligten Institutionen – die Schule und Hochschule – und deren jeweilige Lernkultur und die Sozialisationsbedingungen aus einer hochschuldidaktischen Perspektive betrachtet, was eher dem strukturellen Ansatz entspricht (vgl. KUTSCHA 1991, 117).

Entwicklungspsychologisch betrachtet, fällt der Studienbeginn in die Phase der Spätadoleszenz, die als eine Erscheinung der post-industriellen Gesellschaft interpretiert werden kann. Übergänge zwischen Jugend- und Erwachsenenalter werden heutzutage immer undeutlicher, da mehr junge Menschen auch nach dem Erreichen der Volljährigkeit noch in Verhältnissen leben, die eher für die Jugendphase typisch sind. Sie befinden sich bspw. noch im Bildungssystem, sind finanziell von den Eltern abhängig und haben noch keine eigene Familie (vgl. VASCOVICS 1997, 142). Insbesondere die Aufnahme eines Studiums bringt eine erhebliche Verlängerung von Lernphasen mit sich, wodurch Ablösungsprozesse hinausgeschoben und die Entwicklung einer eigenen Lebensperspektive erschwert werden (vgl. SCHÜLEIN 1979, 86). Gleichzeitig werden junge Erwachsene mit sehr komplexen und ernsthaften Entwicklungsaufgaben konfrontiert. Es müssen eigene Lebensentscheidungen getroffen und Lebensformen gewählt werden. Das Konzept der Entwicklungsaufgaben geht auf HAVIGHURST (1956) zurück, das bis heute allgemein anerkannt ist. Er hat für jeden Lebensabschnitt des Menschen Aufgaben definiert. Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg bei der Erledigung späterer Aufgaben, während Misserfolg zu Unglück, Missbilligung durch die Gesellschaft und Schwierigkeiten mit späteren Aufgaben nach sich ziehen kann (vgl. HAVIGHURST 1956, 215). Insbesondere seine Vorschläge für die Adoleszenzentwicklung wurden oft rezipiert. Allerdings spiegeln neuere empirische Erhebungen mittlerweile einen Wandel der Werte und Lebensbedingungen sowie der Entwicklung selbst wider. Für junge Heranwachsende stehen vor allem die Entwicklung einer Identität sowie eigenen Persönlichkeit im Sinne von Selbstständigkeit, der Aufbau einer Zukunftsperspektive sowie das Erlangen von Selbstsicherheit und -kontrolle im Vordergrund (vgl. DREHER/ DREHER 1985, 56 ff.). Innerhalb der Spätadoleszenz werden „bisherige Bindungen, Identifizierungen, Selbst- und Objektrepräsentanzen einer Prüfung, Transformation und Revision unterzogen“ (TEUWSEN 2001, 60). Dadurch entstehenden neue Erkenntnisse und Wahrnehmungsmöglichkeiten, die zu einer reifen und stabilen Persönlichkeit führen können, die wesentliche Grundlage und Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium und Erwachsenensein ist (vgl. ebd.).

Aus Perspektive der Lebensereignisforschung kann der Studienbeginn als ein kritisches Lebensereignis interpretiert werden. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden oft nur unerwünschte oder einschneidende Ereignisse als kritische Lebensereignisse bezeichnet. Doch in der Wissenschaft werden auch positive oder neutrale Erlebnisse als kritisch charakterisiert. Der Eintritt eines solchen Lebensereignisses bringt in der Regel bedeutsame Veränderungen der (sozialen) Lebenssituation mit sich, die eine Anpassung des aktuellen Lebensmusters erfordern oder darauf hindeuten (vgl. ROSCH INGLEHART 1988, 14). Anpassungsleistungen verlangen von einer Person die Unterbrechung alltäglicher Handlungsabläufe sowie den Abbau oder die Veränderung gewohnter Verhaltensmuster, wodurch sie als belastend empfunden werden (vgl. FILIPP 1995, 23 f.). Dementsprechend ist die Aufnahme eines Studiums durchaus ein kritisches Lebensereignis. Die Vielzahl neuer Anforderungen am Studienanfang kann das Passungsgefüge zwischen den Fähigkeiten einer Person und der Umwelt plötzlich stören und eine Neuorganisation des Person-Umwelt-Gefüges verlangen.

Aus hochschuldidaktischer Perspektive umfasst ein Studium verschiedene Phasen. Danach wird vor allem der Studienanfang von Orientierungslosigkeit und Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung begleitet. Die Lernumgebung an der Hochschule unterscheidet sich erheblich von der in der Schule. Die Schwierigkeiten innerhalb der Hochschulausbildung werden vor allem dem Massenbetrieb an den Universitäten und den damit verbundenen Folgen, wie Anonymität und Kontaktarmut, Konkurrenz- und Dominanzdenken sowie fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten zugeschrieben. Gleichzeitig erschwert diese Situation die genauso wichtige Förderung sozialer und psychischer Lernprozesse innerhalb des Fachstudiums (vgl. HUBER 1999, 130). Wenngleich die klassischen Veranstaltungsformen, wie Vorlesungen, Übungen oder Seminare, vor dem Hintergrund steigender Studierendenzahlen nicht aufgegeben werden können, versucht die Hochschuldidaktik die negativen Folgen des Massenbetriebs durch die Implementierung komplementärer Veranstaltungsformen zu reduzieren. Hierzu bedient sie sich verschiedener sozialpsychologischer und pädagogischer Konzepte, bspw. Kleingruppenarbeit, Verhaltens- und Kommunikationstrainings. In jüngster Zeit werden auch Instrumente der modernen Personalentwicklung, u. a. Mentoring-Programme, mit dem Ziel adaptiert, die Kommunikations- und Kooperationsstrukturen in der Universität zu verbessern und gleichzeitig die Studierfähigkeit zu fördern.

2.2 Mangelnde Studierfähigkeit

Der Begriff Studierfähigkeit wurde bereits 1787 vom preußischen Oberschulkollegium im Rahmen der ersten deutschen Maturitätsverhandlungen geprägt (vgl. KONEGEN-GRENIER/ KUHLMANN/ MAIER 2002, 24). Er umfasst nach HELDMANN (1984) die für jedes Studium grundlegenden allgemeinen Leistungskriterien und fachspezifisch notwendigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Trotz zahlreicher Versuche der Bildungspolitik und Bildungsforschung, diese zu identifizieren und konkretisieren, existiert bisher wenig empirisch gesichertes Wissen darüber. Aus Sicht der Studierenden sind insbesondere die Vermittlung allgmeiner Fähigkeiten wie Selbstorganisation, Selbstmotivation, allgemeine wissenschaftliche Arbeitstechniken, soziale Kompetenzen und der Umgang mit dem Computer wichtig. Doch gerade diese überfachlichen Fähigkeiten werden in der Schule schlecht bzw. gar nicht vermittelt (vgl. SCHILLO zit. nach HUBER 2009, 84). Die Einschätzung der Studierenden entspricht auch den Forderungen der Hochschullehrer, die neben einer vertieften Allgemeinbildung sowohl Lern- und Leistungsbereitschaft, Selbstständigkeit, Motivation, kommunikative Fähigkeiten und Belastbarkeit (vgl. HELDMANN 1984) als auch inhaltliches Interesse, Genauigkeit, Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit, Eigeninitiative und Selbstreflexion verlangen (vgl. KONEGEN-GRENIER/ KUHLMANN/ MAIER 2002). Zu diesem Ergebnis kommt auch die KMK (1995), die soziale Kompetenz, Selbststeuerung des Lernens und Eigenverantwortung als wesentliche Elemente von Studierfähigkeit ansieht. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Befragungen von Hochschullehrern, Gymnasiallehrern und Studierenden eine Verschiebung von fachlichen zu formalen bzw. personalen Kompetenzen offenbaren (vgl. hierzu auch KAZEMZADEH/ MINKS/ NIGMANN 1987 sowie KONEGEN-GRENIER/ KUHLMANN/ MAIER 2002).

Angesichts dieser Einschätzungen resp. Forderungen stellt sich für die Hochschule die Frage, wie sich diese allgemeinen Fähigkeiten stärken sowie die Einarbeitungs- und Orientierungsprobleme überwinden lassen. Die Vermittlung auf einer sprachlich-kognitiven Ebene ist nicht ausreichend, da man sie nur weiterentwickeln kann, wenn man sich aktiv mit ihnen auseinandersetzt oder es Situationen gibt, in denen man sie anwenden muss. Dementsprechend müssen also Lernsituationen gestaltet werden, in denen diese überfachlichen Fähigkeiten an konkreten Inhalten trainiert werden können (vgl. HUBER 2009, 91).

2.3 Veränderungen der sozialen Ressourcen

Mit der Aufnahme eines Studiums ist oftmals auch ein Auszug aus dem Elternhaus verbunden, was zu einer (räumlichen) Trennung von der Familie und anderen wichtigen Bezugspersonen führt. Für den Studienanfänger ist die Universität zunächst ein unbekanntes Milieu, dessen Regeln und Selbstverständlichkeiten erst erlernt werden müssen. Sich in dieser neuen Umgebung zurechtzufinden, kostet Kraft und wird oft von Einsamkeit und Zweifeln an der eigenen Leistungsfähigkeit begleitet (vgl. GROSSMASS/ HOFMANN 2009, 99 f.). In solchen Situationen können dem Studienanfänger vertrauensvolle Beziehungen und die damit verbundene soziale Unterstützung helfen, sich an die neue Situation anzupassen.

Nach LAZARUS (1995, 204) erlebt eine Person eine Situation als belastend, wenn sie das Gefühl hat, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichen, um die neuen Anforderungen zu bewältigen. Entsprechend seiner Theorie ist psychischer Stress immer das Ergebnis einer subjektiven Bewertung. Ob eine Situation als bedrohlich oder herausfordernd eingeschätzt wird, ist nicht nur von den eignen Fähigkeiten abhängig, sondern auch vor dem Hintergrund der wahrgenommen sozialen Unterstützung, die das Umfeld bietet und die für eine angemessene Auseinandersetzung mit der Situation genutzt werden kann. Soziale Ressourcen können gewissermaßen mangelhafte personale Ressourcen wie bspw. eine eingeschränkte Problemlösefähigkeit oder fehlende Informationen ausgleichen (vgl. AYMANNS 1995, 25).

Soziale Unterstützung ist ein mehrdimensionales Konstrukt. Es umfasst zum einen die persönlich bedeutsamen Bezugspersonen, wie z. B. Freunde, Kommilitonen, Dozenten oder Mentoren. Zum anderen beinhaltet es alle Austauschprozesse, die diese Personen einleiten, „um das Wohlbefinden des Empfängers angesichts einer erkennbaren Problemlage zu verbessern“ (AYMANNS 1995, 25). Dazu zählen nach HOUSE (1981, 23) emotionale Zuwendung, materielle Hilfe und Unterstützung bei der Problemlösung sowie Wertschätzung zwischen verschiedenen Personen. Die Wirkung sozialer Unterstützung wird in der Literatur mit zwei Effekten beschrieben: Nach der Puffereffekt-These mildert soziale Unterstützung die gesundheitsgefährdenden Wirkungen vieler Arten von Umweltstress, indem sie den Einfluss des Stress auslösenden Ereignisses und der Stressreaktion verändert. Dies wirkt sich in der Folge positiv auf die Befindlichkeit aus. Demgegenüber besagt die Direkteffekt-These, dass soziale Unterstützung generell, unabhängig von einer spezifisch stressreichen Situation den Gesundheitszustand positiv beeinflusst (vgl. u. a. HOUSE 1981; RÖHRLE 1994). Diese Effekte lassen sich anhand des individuellen Bewältigungsprozesses erklären. Ob eine Person eine Situation als bedrohlich erlebt, wird von ihren Kontroll- und Kompetenzerwartungen beeinflusst. In einer belastenden Situation sieht eine Person oft keinen Weg mehr, auf Ereignisse aktiv einwirken zu können. Gleichzeitig ist die Handlungsfähigkeit aufgrund unzureichender oder fehlender Informationen oder einer unangemessenen Beurteilung der Situation oftmals eingeschränkt. Zudem treten starke negative Emotionen, wie Unruhe, Angst oder Hoffnungslosigkeit, auf. Die Angehörigen des sozialen Unterstützungssystems können in solchen Belastungssituationen die betroffenen Personen mit Informationen versorgen und ihnen zeigen, wie sie das Ereignis beeinflussen können. Zudem erleichtert die emotionale Zuwendung in Form von Trost und Zuspruch auch den Umgang mit aversiven Emotionen (vgl. AYMANNS 1995, 27 ff.).

2.4 Zwischenfazit

Der Studienbeginn stellt eine bedeutende Transitionsphase im Leben eines jungen Menschen dar, da er sowohl in seiner privaten resp. persönlichen Lebenssituation als auch im akademischen Umfeld eine Vielzahl komplexer und zum Teil auch weitreichender Entscheidungen und Herausforderungen bewältigen muss. Dementsprechend lassen sich gerade im Jugendalter und frühen Erwachsenenalter eine Häufung transitionaler Ereignisse beobachten (vgl. FILIPP/ AYMANN 2010, 356). Vor diesem Hintergrund lassen sich für die Gestaltung der Studieneingangsphase vor allem drei Ansatzpunkte identifizieren: Unterstützung bei der Identitätssuche und Persönlichkeitsentwicklung, Förderung der Studierfähigkeit und Stärkung der sozialen Unterstützung. Ein hochschuldidaktisches Instrument hierfür stellt die Implementierung von Mentoring-Programmen dar, da sie sowohl pädagogisches als auch entwicklungspsychologisches Potential besitzen.

3 Mentoring als hochschuldidaktisches Instrument

3.1 Theoretische Fundierung

Die Effektivität von Mentoring wurde lange Zeit anhand eindrucksvoller Fallbeispiele belegt. Exemplarisch seien hierfür die Leistungen des Atomphysikers Ernest Rutherford genannt, der 1908 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Elf seiner Schüler und Teammitglieder wurden später ebenfalls mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, was dafür spricht, dass er als Mentor ein ausgezeichnetes Rollenmodell war.

Eine klassische Mentoring-Beziehung lässt sich in Anlehnung an das antike Vorbild[1] als eine zeitlich relativ stabile Beziehung zwischen einer erfahrenen älteren Person (Mentor) und einer noch unerfahrenen, jüngeren Person (Mentee) beschreiben. Sie ist durch gegenseitiges Vertrauen und Hilfsbereitschaft geprägt, mit dem Ziel die berufliche und persönliche Entwicklung des Mentees zu fördern (vgl. ZIEGLER 2009, 11). SEGERMAN-PECK (1991), Schirmherrin des Forums Mentoring e.V., beschreibt das Wesen eines Mentors folgendermaßen:

Your mentor is your guardian angel. Someone who is knowledgeable, helpful, wise, […], take you by the hand to help you puddles in the road, catch you when you fall, and eventually give you wings to fly alone.”

(SEGERMAN-PECK 1991, o. S.)

Etwas weniger poetisch hat es in den 1980er Jahren KRAM (1985) in ihrer Dissertation formuliert, in der sie informelle Mentoring-Beziehungen am Arbeitspatz untersuchte. Nach KRAM (1983, 1985) übernehmen Mentoren im Unternehmen sowohl karrierebezogene als auch psychosoziale Aufgaben. Erstere dienen dem beruflichen Fortkommen des Mentees. Der Mentor agiert als Gönner, Förderer und Beschützer. Er erwähnt seinen Schützling bei attraktiven Versetzungen oder anstehenden Beförderungen wohlwollend und macht gegenüber einflussreichen Personen in Schlüsselpositionen auf seine Leistungen und Potentiale aufmerksam (vgl. KRAM 1985, 24 ff.). Neben diesen beruflichen Aspekten, die stark vom Status und den Einflussmöglichkeiten des Mentors abhängig sind, basiert Mentoring zudem auf einer zwischenmenschlichen Beziehung als Grundlage der psychosozialen Funktionen. Der Mentor als Ratgeber und Vertrauensperson leistet sowohl bei beruflichen als auch seelischen Sorgen oder Konflikten Unterstützung, Bestätigung und Ermutigung, was oftmals auch über den beruflichen Kontext hinausgeht und auf einer freundschaftlichen Ebene erfolgt. Gleichzeitig löst der Mentor als Rollenmodell einen Identifikationsprozess aus, durch den Denkansätze, Herangehensweisen, Einstellungen und Werthaltungen des erfahrenen Mentors vom Mentee übernommen oder auch abgelehnt werden (vgl. KRAM 1985, 35 ff.).

Das Ausmaß der beschriebenen Funktionen verändert sich in Abhängigkeit von der Beziehungsqualität und -struktur sowie dem Kontext. Mentoring-Beziehungen im akademischen Umfeld unterscheiden sich somit in einigen Aspekten deutlich von denen im Unternehmen. Mentoring-Modelle zur Gestaltung der Studieneingangsphase dienen der sozialen Unterstützung in Übergangssituationen, der organisationalen Sozialisation in der Hochschule sowie der didaktischen Gestaltung der Hochschullehre. Im Mittelpunkt dieser Mentoring-Programme stehen somit die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Studienanfängern und ihrem Mentor. Sie sind die Grundlage der psychosozialen Funktionen, die eine Form der sozialen Unterstützung darstellen. In Anlehnung daran bietet der erfahrene Mentor am Anfang Orientierung und Sicherheit. Durch gemeinsame Treffen und Aktivitäten wird der Aufbau sozialer Netze und Kooperationsstrukturen gefördert und beschleunigt. In einer idealtypischen, auf Vertrauen basierenden Mentoring-Beziehung gelingt es Mentoren, das Selbstvertrauen ihrer Schützlinge durch Zuspruch und Lob zu stärken und Mentees in emotional belastenden Situationen zu unterstützen. Gleichzeitig dient Mentoring auch der organisationalen Sozialisation, d. h. dem Erwerb organisationsspezifischer Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen. Der Mentor gewährt Einblick in wichtige Regeln und Werte der Fachkultur und macht die Studierenden mit der wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweise vertraut. Gleichzeitig kann er aufgrund seines sozialen oder hierarchischen Status innerhalb der Universität von Studierenden als Rollenmodell wahrgenommen werden, was die Studienmotivation sowie die Einstellung und das Verhalten im Studium ebenfalls beeinflusst. In der Hochschule werden somit die klassischen Mentoring-Funktionen an die Bedürfnisse der Studienanfänger angepasst und teilweise auch modifiziert.

Ausgehend von der theoretischen Fundierung des Mentoring-Konzeptes wird davon ausgegangen, dass sich die soziale Unterstützung der Mentoren insgesamt positiv auf das Wohlbefinden und den Umgang mit Studienanforderungen auswirkt. Wie Studien zeigen, hängt der Erfolg eines Mentoring-Programms u. a. davon ab, welche Personen als Mentoren eingesetzt werden. Generell handelt es sich bei einem Mentor um eine höherrangige Person, die in der Hierarchie über dem Mentee steht. ENSHER et. al. (2001) differenzieren hier noch zwischen dem Traditional Mentor, der über sehr viel Erfahrung verfügt und gegenüber dem Mentee in der Hierarchie weit fortgeschritten ist, und einem Step-Ahead Mentor, dessen Erfahrungs- und Wissensvorsprung dagegen etwas geringer ausfällt. Eine Alternative hierzu ist das Peer-Mentoring (vgl. ENSHER/ THOMAS/ MURPHEY 2001). Ein Peer-Mentor befindet sich auf der gleichen Ebene wie der Mentee bzw. der Student. Diese Beziehungen sind oftmals leichter zugänglich und der Kontakt kann viel intensiver ausfallen (vgl. SCHNEIDER 2009, 334). In der Forschung finden sich Hinweise, dass vor allem zur Verfolgung psychosozialer Ziele Peer-Mentoren besser geeignet sind als Step-Ahead bzw. Traditional Mentoren (vgl. u. a. ENSHER/ THOMAS/ MURPHEY 2001 und HAASEN 2001, 178). Im Rahmen der Studie werden neben dem sozialen Status noch weitere Personen- und Programmmerkmale erforscht, die einen Einfluss auf den Erfolg der Mentoring-Beziehung als Entwicklungsbeziehung haben

Als hochschuldidaktisches Instrument stellen Mentoring-Programme komplementäre Veranstaltungsformate zu den Massenvorlesungen dar, in denen in Kleingruppen gelernt wird. Aus entwicklungspsychologischer Perspektive unterstützt Mentoring Studierende bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben. Vor dem Hintergrund dieser Aufgaben gehört der Mentor zum sozialen Unterstützungssystem des Studierenden. Inwieweit diese Art der Unterstützung zum Wohlbefinden der Erstsemester und zur Entwicklung der Studierfähigkeit beiträgt, muss noch näher untersucht werden. Gegenwärtig wird hierzu am Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik der Universität Paderborn eine Untersuchung zu zwei unterschiedlichen Mentoring-Konzepten vorgenommen, welche im Folgenden näher vorgestellt wird.

3.2 Durchführung einer vergleichenden Analyse

3.2.1 Forschungsmethodisches Design

Im Mittelpunkt stehen die Mentoring-Modelle der Universität Paderborn und des Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU Jena). In der Vergangenheit wurden beide Mentoring-Modelle bereits separat voneinander wissenschaftlich untersucht (vgl. für Paderborn: BURDA/ KREMER/ PFERDT 2007 / für Jena: JAHN/ FUGE/ SÖLL 2010). Dabei zeigte sich in beiden Fällen, dass die Zufriedenheit der Studierenden mit dem jeweiligen Programm hoch ist und sie zur Motivation und schnelleren Orientierung im neuen Lern- und Lebensumfeld beitragen. Stellt man die Programme einander gegenüber, unterscheiden sie sich insbesondere hinsichtlich des sozialen Status des Mentors und der curricularen Verankerung (vgl. Tabelle 1). Im Rahmen der vergleichenden Analyse wird untersucht, inwieweit das jeweilige Mentoring-Programm zur Gestaltung der in Kapitel zwei angeführten Problemfelder beiträgt.

Unter Berücksichtigung der Qualitätsstandards empirischer Forschung wird hierzu ein Prä-Post-Design mit zwei Erhebungszeitpunkten (WS 2010 und SS 2011) gewählt. Die Experimentalgruppe umfasst die Studienanfänger, die an einem formellen Mentoring-Programm der Fakultät bzw. des Lehrstuhls teilnehmen. An der FSU Jena betrifft das bisher nur die Studierenden, die sich für das wirtschaftspädagogische Studienprofil entschieden haben; an der Universität Paderborn dagegen alle Studierenden eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs. Die Kontrollgruppe umfasst die Studienanfänger der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der Universitäten Rostock, Konstanz und Jena, die bislang von keinem Mentor während der Studieneingangsphase betreut werden (vgl. Tabelle 2).

Zur Datenerhebung wurde jeweils ein Fragebogen entwickelt, der vorrangig bereits validierte Instrumente und Skalen enthält. In der ersten Befragung wurden die Studierenden u. a. nach Belastungen am Studienanfang gefragt. Zudem sollten sie ihr Verhalten und Erleben gegenüber den Studienanforderungen auf einer fünfstufigen Skala einschätzen. Hierzu wurde das AVEM (Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster) von FISCHER und SCHAARSCHMIDT (2008) adaptiert. Zur Bewertung der sozialen Unterstützung wurden die Skalen nach HOUSE (1984) verwendet. Auf einer vierstufigen Skala sollten die Studierenden verschiedene Bezugspersonen, insbesondere die Mentoren, bezüglich ihrer Unterstützungsleistungen bewerten.

Tabelle 1:   Gegenüberstellung der Mentoring-Programme

 

Mentoring Modell Paderborn

(MeMoPad)

Jenaer Mentoring in Gruppen

(JenMiG)

Ziele

·    Orientierung und soziale Unterstützung beim Übergang in die Hochschule als neue Lebens- und Lernwelt

·    Befriedigung des Affiliationsbedürfnisses

·    Aufbau sozialer Netzwerke

·    Unterstützung im Umgang mit Stress und Prüfungs-/Versagensangst

·    Einführung die wirtschaftswissenschaftliche Fachkultur und wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise

·    Etablierung einer Lernkultur an der Hochschule

·    Weitergabe von Erfahrungswissen

·    Lernen am Modell

Betreuungs-verhältnis

1:n

Team-Mentoring

Initiative

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften

Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik

Formelles Mentoring

Status der Mentoren

Wissenschaftliche Mitarbeiter/ Professoren


Step-Ahead Mentoring

Erfahrene Studenten höherer Semester


Peer Mentoring

Dauer

zwei Semester

ein Semester

Curriculare Verankerung

Studienordnung (2 ECTS)

Integrativer Modulbestandteil

Didaktische Gestaltung

Charakter einer Lehrveranstaltung

Informelle Treffen

Teilnahme

verpflichtend

teilweise freiwillig


In der zweiten Befragung stand die Evaluation des Mentoring-Programms im Vordergrund, wofür u. a. eine deutsche, adaptierte Form des Mentoring Role Instruments (MRI) nach RAGINS und McFARLIN (1990) verwendet wurde. Es gehört zu den etabliertesten Erhebungsinstrumenten zur Erfassung der Mentoring-Funktionen (vgl. SCHNEIDER 2009, 35). Zur Einschätzung der Persönlichkeit des Mentors wurde den Mentees auch die deutsche Version des NEO-Fünf-Faktoren-Inventars nach COSTA und McCRAE (vgl. BORKENAU/ OSTENDORF 2008) vorgelegt. Zur Feststellung von Veränderungen im Bewältigungsverhalten der Studierenden enthielt der zweite Fragebogen ebenfalls wieder die Skalen des AVEM.

Tabelle 2:   Zusammensetzung der Stichprobe

Experimentalgruppe

N = 527

Kontrollgruppe

N = 585

FSU Jena

(Wipäd)

 

Universität PB

(Wiwi)

Universität

Jena

(Wiwi)

Universität Konstanz

( Wiwi)

Universität Rostock

(Wiwi)

n = 48

n = 479

n = 285

n = 136

n = 164

3.2.2 Erste Ergebnisse

An dieser Stelle sollen erste Ergebnisse hinsichtlich der Wirkung der eingesetzten Mentoren zu den in Abschnitt zwei dargestellten Übergangsproblemen aufgezeigt werden. Dabei werden zunächst der soziale Status des Mentors sowie sein Einfluss auf unterschiedliche Verhaltens- und Erlebensaspekte am Studienanfang sowie die wahrgenommene soziale Unterstützung fokussiert.

Erste statistische Auswertungen zeigen Tendenzen, dass die Peer-Mentoren bezüglich der wahrgenommenen sozialen Unterstützung (M = 3.05; SE = 0.60) tatsächlich besser bewertet werden als die Step-Ahead-Mentoren (M = 3.20; SE = 0.20), t(521) = 4.23, p < .01, r = .18. Dementsprechend bewerten Studierende, die von einem Peer-Mentor betreut wurden, auch die Affiliation in ihrem Studiengang (M = 3.48; SE = 0.08) positiver als Studierende, die von einem Step-ahead Mentor bzw. wissenschaftlichen Mitarbeiter oder Professor betreut wurden (M = 3.24; SE = 0.03), t(523) = 2.85, p < .01, r = .12.

Negativ fällt dagegen auf, dass Studierende, die von einem Peer-Mentor betreut wurden einen stärkeren Leistungsdruck (M = 3.50; SE = 0.07) wahrnehmen als Studierende, die von einem Step-Ahead-Mentor unterstützt wurden (M = 3.20; SE = 0.02) t (524) = 4.28, p < .01, r = .18. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür könnte in der Distanz zum Studienbeginn liegen. Bei Peer-Mentoren liegt die Studieneingangsphase noch nicht so lange zurück, während die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Professoren schon einen wesentlich größeren zeitlichen wie emotionalen Abstand zu dieser Zeit haben. Ein ähnlicher Effekt wird für die Distanzierungsfähigkeit festgestellt. Studierende, die einen Peer-Mentor hatten, fällt es schwerer vom Studium „abzuschalten“ (M = 2.80; SE = 0.10) als Studierenden, die einen Step-Ahead Mentor hatten (M = 3.03; SE = 0.03), t (525) = -2.08, r = .12.

Wenngleich sich die Gruppen in allen untersuchten Aspekten signifikant voneinander unterscheiden, weist die Effektgröße r nur auf eine geringe praktische Bedeutsamkeit hin. Dieses Ergebnis zeigt, dass neben dem Status des Mentors vermutlich noch weitere Einflussfaktoren existieren, welche die wahrgenommene soziale Unterstützung sowie Aspekte der Stressbewältigung beeinflussen. Diese können jedoch erst nach Abschluss der zweiten Erhebung identifiziert werden.

4 Fazit und Ausblick

Der Übergang von der Schule zu Hochschule ist in der Übergangsforschung durchaus ein wichtiges Ereignis, das sowohl mit einem Rollen- als auch Kulturwechsel verbunden ist. Insbesondere am Anfang ist es möglich, dass die jungen Erwachsenen noch nicht alle Fähigkeiten besitzen, die für ein erfolgreiches Studium notwendig sind, was die Passung zwischen Person und Umwelt stören und somit zu Stress führen kann. Soziale Unterstützung kann fehlende personale Ressourcen ausgleichen und Stress lindern. Mentoring stellt aufgrund seines didaktischen und entwicklungs- sowie sozialpsychologischen Potentials, insbesondere in der Studieneingangsphase, ein geeignetes Instrument zur Gestaltung dieser Übergangsprobleme dar. Aus sozialpsychologischer Perspektive erfüllen Mentoren viele Facetten sozialer Unterstützung, was sich hilfreich auf die Bewältigung studienspezifischer Anforderungen sowie das Stresserleben auswirkt. Hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung übernehmen Mentoren eine Vorbildfunktion, an der sich Studierende auf der Suche nach ihrer eignen Identität orientieren können. Inwieweit Mentoren diesen Funktionen tatsächlich gerecht werden können, hängt sowohl von der Programmimplementierung als auch vom sozialen Status und Persönlichkeitsmerkmalen des Mentors ab. Erste Ergebnisse lassen Tendenzen erkennen, als würden sich Peer-Mentoren tatsächlich in der Studieneingangsphase besser eignen als Step-Ahead-Mentoren. Allerdings bedarf es angesichts noch relativ geringer Effektstärken der Erforschung weiterer Wirkmechanismen, die einen Einfluss auf die Mentoring-Beziehung sowie das Bewältigungsverhalten der Studienanfänger haben.

Literatur

AYMANNAS, P. (1995): Soziale Netzwerke und kritische Lebensereignisse. In: NINGEL, R. (Hrsg.): Soziale Netze in der Praxis. Göttingen.

BORKENAU, P./ OSTENDORF, F. (2008): NEO-Fünf-Faktoren-Inventar nach Costa und McCrae. Manual. Göttingen u. a.

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG (Hrsg.) (2007): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland. 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Bonn. Online: http://www.studentenwerke.de/pdf/Kurzfassung18SE.pdf  (29.05.2011).

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[1]     Der Ursprung des Mentoring-Konzeptes liegt in der griechischen Mythologie. Als Odysseus seine Heimat verließ, um in den Krieg gegen Troja zu ziehen, beauftragte er seinen Freund Mentor mit der Erziehung seines Sohnes Telemachos. Mentor war jedoch mehr als ein einfacher Erzieher, weshalb sein Name zum Inbegriff für einen väterlichen Freund, klugen Ratgeber und aufmerksamen Beschützer wurde.


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FUGE, J./ SÖLL, M. (2011): Mentoring als hochschuldidaktisches Gestaltungsinstrument. Eine vergleichende Analyse. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Workshop 29, hrsg. v. GERHOLZ, K.-H./ SLOANE, P.F.E, 1-15. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ws29/fuge_soell_ws29-ht2011.pdf (26-09-2011).



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