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bwp@ 40 - Juli 2021
Didaktisierung des Digitalen: Zur Entwicklung berufs- und wirtschaftspädagogischer Studiengänge
Hrsg.:
, , &Digitalisierung in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung – Konzept und Umsetzung des Projektes edu 4.0 an der Universität Konstanz
Die digitale Transformation führt zu neuen Herausforderungen für die Professionalisierung von angehenden Lehrerinnen und Lehrern an beruflichen Schulen. Um sie auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Digitalen vorzubereiten, benötigt es im Rahmen der universitären Lehrerinnen- und Lehrerbildung systematische Anpassungen auf curricularer Ebene sowie einen kontinuierlichen Professionalisierungsprozess auf Seiten der Dozierenden. Das vom BMBF geförderte Projekt edu 4.0 verfolgt das Ziel, an der Universität Konstanz entsprechende Veränderungen zu initiieren und nachhaltig zu sichern. Im Beitrag werden das Konzept und die Umsetzung des Projekts vorgestellt, wobei ein besonderer Fokus auf den Implikationen für den Studiengang Wirtschaftspädagogik liegt. Abschließend wird das Projekt in Bezug auf die verschiedenen Ebenen vor dem Hintergrund bildungspolitischer Strategieempfehlungen und zukünftiger Entwicklungen diskutiert.
Digitalisation in Teacher Education – Concept and Implementation of the Project edu 4.0 at the University of Konstanz
The digital transformation is leading to new challenges for the professionalisation of future vocational teachers. To prepare them for current and future requirements, adjustments with regard to university teacher education are needed on a structural and curricular level as well as on the level of university teachers. The project edu 4.0, funded by the BMBF, has the goal to initiate these adjustments on all three levels and to foster the establishment of new structures. In this article, the concept and the implementation of the project are presented with special focus on the implications for the degree programme economics education. The project is discussed with respect to all three levels and current education policy strategy recommendations and future developments.
1 Einleitung
Die Digitalisierung verändert mit hoher Dynamik die Arbeits- und Lebenswelten von Menschen. Von den Schulen und Ausbildungseinrichtungen wird erwartet, dass sie die dafür erforderlichen Kompetenzen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vermitteln (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020). Die spätestens durch die ICIL-2013-Studie (vgl. Fraillion et al. 2014; Bos et al. 2014) in Politik, Wissenschaft, Praxis und Öffentlichkeit ausgelöste Debatte um die hinterherhinkende Digitalisierung der Schulen und entsprechende „Gegenmaßnahmen“ haben die digitale Transformation des Bildungssystems zu einem omnipräsenten Thema werden lassen. Die mit der Covid-19-Pandemie notwendig gewordenen wiederholten Schulschließungen ab dem Frühjahr 2020 haben zugleich verdeutlicht, dass die ab 2016 auf den Weg gebrachten Digitalstrategien von Bund und Ländern bei Weitem noch nicht gegriffen haben (einen Überblick dazu geben u.a. Fickermann/Edelstein 2021). An vielen Schulen fehlt es schlicht an ausreichender technischer Infrastruktur und entsprechendem Support. Die mit der voranschreitenden Digitalisierung darüber hinaus verbundenen Hoffnungen, dass digitale Werkzeuge und Technologien auch genutzt werden, um Lehr-Lernprozesse zu verbessern und Prozesse und Abläufe in den Bildungsinstitutionen einschließlich Organisationsentwicklung entscheidend voranzubringen, haben sich bisher noch nicht erfüllt. Bildungsbereichsübergreifend lässt sich feststellen, dass das innovative Potenzial digitaler Medien bislang nur unsystematisch genutzt wird (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020).
Im Sinne einer nachhaltigen Strategie drängt neben der Frage der Technik insbesondere diejenige nach der Professionalität der Lehrerinnen und Lehrer im Bereich digitaler Medien. Der Digitalpakt, der Bund-Länder-Vereinbarung zur Stärkung des Themas, sieht vor, dass der Bund die Mittel für die Technik und die Länder die Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrprofessionalität übernehmen. Damit betraten die meisten Bundesländer gewissermaßen Neuland, spielte das Thema doch bis vor gar nicht allzu langer Zeit eine nur untergeordnete und insbesondere unsystematische Rolle in der Lehreraus- und -fortbildung. Das wäre in der Öffentlichkeit in der Breite auch kaum ohne die im Frühjahr 2020 plötzlich aufgekommenen Bedarfe im Zuge der Covid-19-Pandemie bemerkt worden – doch mit einem Schlag wurde deutlich, dass die meisten Schulen an „digitalen Vorerkrankungen“ litten. Diese Symptomatik ist – um im Bilde zu bleiben - bislang nur unwesentlich abgeklungen: Im Bereich der Technik wird auf bildungspolitischer Ebene fleißig „gewerkelt“, d.h., weniger bürokratische Prozesse ins Leben gerufen und zusätzliche „Corona-Hilfen“ auf den Weg gebracht, um z.B. die Lernenden mit digitalen Endgeräten zu versorgen. Die Professionalisierung der Lehrpersonen wird sich allerdings nicht so ohne Weiteres durch zusätzliche Fördertöpfe einlösen lassen, darüber darf auch der Anstieg eines zunächst funktionalen Levels auf Seiten der Lehrenden nicht hinwegtäuschen. Jenseits der primär symptomorientierten Behandlung durch die Lehrerfortbildung bedarf es einer systematischen curricularen Integration in die erste und zweite Phase der Lehrerinnen- und Lehrerbildung (LLB).
Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (QLB) wurden in der zweiten Förderphase daher gezielt Fördermittel insbesondere für den Bereich Digitalisierung in der Lehrerbildung zur Verfügung gestellt. Insgesamt wurden in einem kompetitiven Verfahren 43 Projekte für die Förderung ausgewählt. Allerdings adressieren nur 17 der geförderten Projekte explizit den Bereich der Beruflichen Bildung.
Vor diesem Hintergrund wird seit März 2020 das vom BMBF geförderte Projekt edu 4.0 – Lehrerbildung für eine Kultur der digitalen Transformation an Gymnasien und Beruflichen Schulen an der Universität Konstanz durchgeführt, das neben dem gymnasialen Lehramt insbesondere auch die Lehrerinnen- und Lehrerbildung (LLB) für kaufmännische Schulen (Wirtschaftspädagogik) im Fokus hat (vgl. edu 4.0 2021). Das Projekt verfolgt das Ziel, das Thema der Digitalisierung in der LLB auf Ebene der Dozierenden und des Curriculums durch nachhaltige Maßnahmen und Strukturen zu verankern und dadurch die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinen und beruflichen Schulen auf die Anforderungen der Digitalisierung vorzubereiten.
Dieses Ziel wird durch verschiedene Maßnahmen verfolgt: Im Rahmen des Projektes wurde ein Modell professionellen Handelns in der digital gestützten Lehre für Hochschullehrende in der LLB entwickelt, auf dessen Basis Weiterbildungen für Dozierende durch ein Multiplikator*innenteam konzipiert und durchgeführt werden. Darüber hinaus werden das Lehren mit und über digitale Medien sowie fachspezifische Digitalisierungsthemen sowohl methodisch in der Lehre als auch in den Curricula verankert. Das Projekt verfolgt im institutionellen Rahmen der Binational School of Education (BiSE) einen bereichsübergreifenden und interdisziplinären Ansatz über Fachbereiche und verschiedene Universitätsstrukturen hinweg, der auch die Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern (Pädagogische Hochschule Thurgau, PHTG; Staatliche Studienseminare Rottweil, Weingarten, Freiburg sowie Partnerschulnetzwerk) einschließt. Dadurch soll eine systematische, organisationsübergreifende Vernetzung innerhalb der unterschiedlichen Bereiche und Phasen der LLB ermöglicht werden. Gerahmt wird das Projekt durch eine systematische Qualitätssicherung und begleitende Forschungsprojekte.
Im vorliegenden Beitrag werden die Ziele, das Konzept und die Maßnahmen des Projekts vorgestellt. Der Fokus liegt dabei auf der spezifischen Betrachtung der Wirkung dieser einzelnen Projektbausteine auf das Studium der Wirtschaftspädagogik an der Universität Konstanz und den damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für die LLB.
2 Universitäre Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der digitalen Transformation
Für die kaufmännischen Berufsfelder ist durch die digitale Transformation eine starke Veränderung des Arbeitsmarktes zu erwarten, z. B. durch die Veränderung von Berufsprofilen, dem Wegfallen von Berufen und der Entstehung neuer Berufe (z.B. Kaufmann im E-Commerce; vgl. auch Ostendorf 2017, 8). Die digitale Transformation hat damit auch Auswirkungen auf den Bereich der beruflichen Ausbildung. „Arbeitsformen, Arbeitsmethoden, Arbeitsroutinen und Arbeitsstrategien werden in der beruflichen Ausbildung zunehmend in den Mittelpunkt von kooperativen, kompetenzorientierten und eigenverantwortlichen Lehr-Lernarrangements rücken“ (Gebhardt/Grimm/Neugebauer 2015, 52). Vor diesem Hintergrund verändern sich auch die Anforderungen an die zukünftigen Berufsschullehrerinnen und -lehrer (vgl. Gebhardt/Grimm/Neugebauer 2015, 52) und damit auch an die Ausbildung zukünftiger Wirtschaftspädagoginnen und -pädagogen. Studierende der Wirtschaftspädagogik benötigen neben den entsprechenden unterrichtsmethodischen Fähigkeiten verstärkt Kompetenzen, um mit den Herausforderungen der digitalen Transformation auf Gegenstandsebene umgehen zu können (vgl. Kamsker/Slepcevic-Zach 2020, 65).
Für die Ausbildung von zukünftigen Berufsschullehrerinnen und -lehrern bedeutet dies insbesondere, dass sie die notwendigen fachlichen, fachdidaktischen und medienpädagogischen Kompetenzen erwerben sollten. Die Ergebnisse des Monitors Lehrerbildung (2018, 6ff.) zeigen jedoch, dass die Hochschulen von einer strukturierten, fächerübergreifenden Integration noch weit entfernt sind. So gibt es nur in wenigen Bundesländern landesweite einheitliche Vorgaben dazu, dass Lehrveranstaltungen zum Erwerb professioneller Kompetenzen zum Umgang mit digitalen Medien oder zum methodisch-didaktischen Einsatz digitaler Medien angeboten werden sollen. Ungefähr die Hälfte der befragten Hochschulen gab an, im Curriculum für Lehramtsstudierende verpflichtende Angebote zum Erwerb digitaler Medienkompetenz zu haben. Angebote zum Erwerb mediendidaktischer Kompetenzen waren in der Mehrheit der Hochschulen im Curriculum verankert. Zu beachten jedoch ist, dass dies zu großen Teilen nur für einzelne Lehramtsfächer galt. Hochschulen, die dies für alle Lehramtsfächer umgesetzt hatten, stellen in der Studie nur einen Bruchteil dar. Für das Berufsschullehramt waren es jeweils 6 von 49 Hochschulen (12 %). Der Monitor Lehrerbildung (2018, 15ff.) kommt in seiner Untersuchung damit u.a. zu dem Ergebnis, dass die strategische Steuerung auf Länderebene bisher unzureichend ist, digitale Medien häufig nur optional als Inhalt im Lehramtsstudium zu finden sind und eine praktische Erprobung digitaler Medien, z. B. in der Praxisphase, kaum verbindlich vorgegeben wird. Es wird deutlich, dass die Hochschulen und Studiengangsverantwortlichen die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung auf verschiedenen Ebenen weiterentwickeln müssen, damit die zukünftigen (Berufsschul-)Lehrkräfte den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnen können. Dies umfasst eine strukturelle und curriculare Ebene, sowie die Ebene der Hochschuldozierenden.
Auf struktureller Ebene bedarf es an den Hochschulen der Zusammenarbeit zwischen den Fachwissenschaften, den Fachdidaktiken und den Bildungswissenschaften (vgl. BMBF 2018, 59). Denn nur wenn fächer- und bereichsübergreifende, kollaborative Strukturen aufgebaut werden, kann den Herausforderungen der digitalen Transformation in der LLB konstruktiv und ganzheitlich begegnet werden.
Auf curricularer Ebene bedarf es einer stetigen Weiterentwicklung des Curriculums. Kamsker und Slepcevic-Zach (2020) setzen sich mit der Bedeutung der digitalen Transformation für die Curriculumsentwicklung auseinander. Sie argumentieren, dass bestehende Curricula mit Blick auf die digitale Transformation in den wirtschaftspädagogischen Berufsfeldern angepasst bzw. weiterentwickelt werden müssen und operieren dabei mit den drei Perspektiven „heute“, „morgen“ und „übermorgen“. Bei der Curriculumsentwicklung gehe es nicht nur darum, die Kompetenzen der Studierenden im Blick zu haben, die sie für das Studium (heute) oder direkt im Anschluss im ersten Einstieg ins Berufsleben (morgen) benötigen, sondern ihnen auch die Kompetenzen zu vermitteln, die sie benötigen, um mit den „Herausforderungen der künftigen Lebens- und Arbeitswelt“ (übermorgen) umgehen zu können (vgl. Kamsker/Slepcevic-Zach 2020, 69). Interessanterweise werden digitalisierungsbezogene Inhalte oder Kompetenzen im Basiscurriculum für das universitäre Studienfach Berufs- und Wirtschaftspädagogik (vgl. Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik 2014) nicht explizit erwähnt. In einer Überblicksstudie zum Thema Digitalisierung in der Lehrerbildung des Hochschulforums Digitalisierung (vgl. Goertz/Baeßler 2018, 14ff.) werden verschiedene „Good-Practice-Kriterien“ für das Lehramtsstudium im Kontext der Digitalisierung aufgeführt. So sollen u.a. der Erwerb von Medien- und IT-Kompetenz in den Curricula festgeschrieben werden, fachliche Kompetenzen durch den Einsatz digitaler Medien erworben werden und entsprechende Lehr-Lern-Konzepte zur Vermittlung digitaler Medienkompetenz angeboten werden.
Die digitale Transformation führt damit auch zu erweiterten Anforderungen an die Dozierenden an den Hochschulen. Um das Curriculum umzusetzen, benötigt es auf der Ebene der Lehrenden die notwendigen digitalisierungsbezogenen fachlichen und fachdidaktischen sowie medienpädagogischen Kompetenzen. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Dozierenden bereits durchgehend über diese Kompetenzen verfügen, ist es notwendig, ein entsprechendes Weiterbildungsangebot an den Hochschulen zu entwickeln (vgl. Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018, 15ff.; Goertz/Baeßler 2018, 16). Weiterhin wird die Einführung von Anreizsystemen empfohlen, um Dozierende bspw. bei der Entwicklung von innovativen Lehr-Lern-Formaten zu unterstützen (vgl. Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018, 15).
Es zeigt sich im Gesamtblick, dass die digitale Transformation hohe Anforderungen an die zukünftige Ausgestaltung der LLB an den Universitäten stellt und dabei verschiedene Ebenen betrifft. Das Projekt edu 4.0 versucht diesen Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven und auf Basis mehrerer Projektbausteine zu begegnen.
3 Das Projekt edu 4.0
Im Folgenden wird das Projekt vorgestellt sowie die zentralen Projektbausteine beschrieben, deren Auswirkungen und Reichweite insbesondere für das Studium der Wirtschaftspädagogik an der Universität Konstanz reflektiert werden.
3.1 Überblick über den Projektaufbau
Das Projekt verfolgt im Zeitraum von März 2020 bis Dezember 2023 die Projektziele im Rahmen von drei verschiedenen Handlungsfeldern (Abbildung 1). Handlungsfeld I zielt im ersten Schritt auf den Aufbau von Inhouse-Expertise durch eine grundlegende Schulung des Projekt-Teams zu zentralen Aspekten der Digitalisierung und des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien. Darauf aufbauend wird ein Weiterbildungskonzept entwickelt, auf dessen Basis Hochschuldozierenden in der LLB (insbesondere aus der Fachdidaktik, Bildungswissenschaft und Wirtschaftspädagogik) die notwendigen digitalisierungsbezogenen Kompetenzen im Rahmen von internen Fortbildungsangeboten vermittelt werden. Handlungsfeld II fokussiert die Ausbildung von angehenden Lehrerinnen und Lehrern, indem verschiedene ICT-bezogene Lehr-Lern- und Beratungsformate angeboten werden und dadurch die digitalisierungsbezogenen Kompetenzen über entsprechende curriculare Angebote an Studierenden, d.h. die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer vermittelt werden. Handlungsfeld III umfasst lehrbezogene Forschungsprojekte, die sich mit lehrbezogenen Themen im Kontext der Digitalisierung beschäftigen und dadurch wieder im direkten Bezug zur Ausbildung der angehenden Lehrerinnen und Lehrern stehen.
Alle drei Handlungsfelder werden durch eine kontinuierliche Qualitätssicherung begleitet, welche durch die Abteilung Qualitätsmanagement der Universität Konstanz durchgeführt wird. Das Projekt ist in die Digitalstrategie der Universität eingebettet und wird gerahmt durch die Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Thurgau, mit dem Kooperationsnetzwerk Partnerschulen mit 23 Partnerschulen in der Bodenseeregion aus Deutschland und der Schweiz sowie der Kooperation mit den Staatlichen Seminaren für LLB. Eine Besonderheit des Projektes ist der bereichsübergreifende und interdisziplinäre Ansatz über verschiedene Fachbereiche (z. B. Informatik, Physik, Linguistik, Geschichte/Soziologie, Wirtschaftswissenschaften) und Universitätsstrukturen (z. B. Binational School of Education (BiSE), Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM), Academic Staff Development (ASD), Qualitätsmanagement (QM)) hinweg.
Das Projekt ist darauf ausgelegt, nachhaltige Strukturen zu etablieren, die über den Projektzeitraum hinauswirken. Dies wird u.a. durch die bereichsübergreifende Vernetzung, den Aufbau der Inhouse-Expertise auf Seiten der Hochschuldozierenden und durch die Verankerung in den Curricula erwirkt. Weiterhin werden Materialien aus dem Weiterbildungsangebot als Open Educational Resources (OER) aufbereitet und Interessierten in der LLB zur Verfügung gestellt. Insgesamt baut das Projekt damit Strukturen auf, die im Sinne einer selbstlernenden Organisation langanhaltende Impulse für einen nachhaltigen Kulturwandel geben, um auch den zukünftigen Anforderungen der digitalen Transformation begegnen zu können.
Im Folgenden werden die drei Handlungsfelder und ihre Projektkomponenten vorgestellt und die Bezüge zum Studium der Wirtschaftspädagogik im Besonderen aufgezeigt.
3.2 Handlungsfeld I: Aufbau von Inhouse-Expertise
Mit dem Ziel, den Dozierenden in der LLB an der Universität Konstanz die notwendigen Kompetenzen zu vermitteln, um die angehenden Lehrerinnen und Lehrer auf ihre zukünftige Tätigkeit in einer zunehmend digitalisierten Welt vorzubereiten, wurde im Rahmen des Projektes ein umfassendes Weiterbildungs- und Beratungsangebot für die digitale und digital-gestützte Lehre ausgearbeitet. Hierdurch sollen die Dozierenden dabei unterstützt werden, ihre Lehre mit Blick auf die aktuellen und zukünftig zu erwartenden Digitalisierungsprozesse weiterzuentwickeln und digitalisierungsbezogene Inhalte und Methoden in ihren Lehrveranstaltungen zielgerichtet und reflektiert zu integrieren.
Ein zentraler Bestandteil des Aufbaus der Inhouse-Expertise wird durch ein Multiplikator*innen-Team durchgeführt, das in seiner Zusammensetzung den fächerübergreifenden und interdisziplinären Charakter des Projektes widerspiegelt. Die Multiplikator*innen sind jeweils für einen fachlichen Bereich zuständig: Bildungswissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften, Sprachwissenschaft, Naturwissenschaften und Wirtschaftspädagogik. Im Projektverlauf haben die Multiplikator*innen ein Weiterbildungs- und Beratungsangebot entwickelt, das auf dem im Projekt entwickelten Modell professionellen Handelns in der digital gestützten Lehre von Hochschuldozierenden in der LLB basiert. Das Modell und das Weiterbildungs- und Beratungsangebot werden im Folgenden näher vorgestellt.
3.2.1 Modell professionellen Handelns in der digital gestützten Lehre von Hochschuldozierenden in der LLB
Das Modell professionellen Handelns in der digital gestützten Lehre von Hochschuldozierenden in der LLB bildet den konzeptuellen Rahmen für die Projektmaßnahmen, insbesondere für die Weiterbildung der Dozierenden. Es basiert auf der einschlägigen Literatur zum professionellen Handeln von Lehrenden (vgl. z. B. Baumert/Kunter 2006) und grundlegenden Modellen medienpädagogischer Kompetenz (vgl. z. B. Baacke 1996; Blömeke 2000; Koehler/Mishra 2006). Darüber hinaus wurden insbesondere aktuelle Modelle und Kompetenzrahmen hinzugezogen, die sich auf die medienbezogenen bzw. digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Lehrender im Kontext Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung beziehen. Hierzu gehören u.a. der Europäische Rahmen für die digitale Kompetenz von Lehrenden (DigCompEdu, Europäische Kommission 2017), der Kompetenzrahmen der Kultusministerkonferenz (KMK 2016), der darauf aufbauende Medienkompetenzrahmen des Landes Nordrhein-Westfalen (Medienberatung NRW 2019), das Rahmenkonzept für digitale Kompetenzen von Lehrpersonen in der kaufmännischen Domäne (vgl. Seufert et al. 2019) sowie das auf den Kontext Hochschule bezogene Kompetenzmodell von Eichhorn (2019) und das Modell medienpädagogischer Kompetenz von Erwachsenenbildner*innen (vgl. Rohs et al. 2017).
Das Modell beschreibt die zentralen Komponenten, die Hochschuldozierende für ihr professionelles Handeln in der digital gestützten Lehre in der LLB benötigen. Hierzu gehören verschiedene Wissens- und Fertigkeitsbereiche sowie der Bereich Einstellungen, Überzeugungen, Motivation und Selbststeuerung (Abbildung 2). Diese drei Komponenten sind eingebettet in die entsprechenden Grundlagen in den Bereichen Kommunikation und Medien, informatische Kenntnisse, Reflexionsfähigkeit sowie Gesellschaft und Digitalisierung.
Alle fünf Fertigkeitsbereiche (Digitale Lehre, Informationstechnologie und Medien, digital Produzieren, Kommunizieren und Kollaborieren sowie Medienanalyse und Medienkritik) wurden in unterschiedliche Teilaspekte untergliedert (Abbildung 3) und detailliert ausformuliert. Diese Ausformulierungen bilden die Grundlage für die im Projekt entwickelten Weiterbildungsmaßnahmen.
3.2.2 Weiterbildungsmaßnahmen und Beratungsangebote
Das primäre Ziel der Weiterbildungsmaßnahmen ist es, die digitalisierungsbezogenen Kompetenzen der Dozierenden in der LLB zu fördern und auf diesem Weg in die Lehre hineinzuwirken. Über die von den Dozierenden durchgeführte Lehre sollen im Sinne eines Multiplikatoren-Systems die digitalisierungsbezogenen Kompetenzen der Lehramtsstudierenden und letztendlich auch die Kompetenzen der späteren Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Es handelt sich dabei um ein offenes, nicht verpflichtendes Angebot an die Dozierenden.
Das Weiterbildungsangebot basiert auf dem oben beschriebenen Modell professionellen Handeln in der digital gestützten Lehre und setzt sich aus drei Modulen zusammen. Grundsätzlich werden in allen drei Modulen alle fünf Fertigkeitsbereiche angesprochen, jedoch gibt es eine jeweilige inhaltliche Schwerpunktsetzung. Modul 1 umfasst das vorwiegend synchrone Weiterbildungsangebot Lehre und Unterricht 4.0 sowie eine fachspezifische Vertiefung. In diesem Modul stehen vor allem die Förderung der Fertigkeitsbereiche Digitale Lehre, Kommunizieren und Kollaborieren sowie Digital produzieren im Fokus. Modul 2 widmet sich vorrangig dem Bereich Medienkritik & Medienanalyse und Modul 3 wird entsprechende Inhalte zur Förderung des Fertigkeitsbereichs Informationstechnologie und Medien enthalten. Modul 1 wird gerade durchgeführt, Modul 2 und 3 befinden sich in der Vorbereitung.
Die Weiterbildung Lehre und Unterricht 4.0 in Modul 1 besteht aus drei inhaltlichen Blöcken: (1) eine digitale Lehrveranstaltung planen, (2) eine digitale Lehrveranstaltung durchführen sowie (3) Leistungsmessung und Evaluation. Insgesamt umfasst die Weiterbildung fünf Termine à drei Stunden an fünf aufeinander folgenden Wochen, wobei Block 2 mit drei Terminen der Umfangreichste ist. An den drei Terminen geht es um die Wissensvermittlung in der digitalen Lehre (2.1), Kollaboration und Kooperation (2.2.) sowie die Themenbereiche Umfragen / Quizze, Diskussionen und Präsentationen (2.3). Um das Angebot möglichst niedrigschwellig zu gestalten, ist der Besuch einzelner Termine möglich, auch wenn die Teilnahme an der gesamten Weiterbildung empfohlen wird, was die meisten Dozierenden auch in Anspruch nehmen. Inhaltlich wird neben der digitalen Lehre im Hochschulkontext auch immer wieder Bezug zum digitalen und digital gestützten Unterricht an der Schule und deren Besonderheiten genommen. Gebhardt und Kollegen (2015, 52) betonen, dass bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern auch die Möglichkeit zur Selbsterfahrung im Sinne eines „pädagogischen Doppeldeckers“ (Wahl 2006, 66) mit einbezogen werden sollte. Dies wird durch ausreichend Raum für praktische Erfahrungen und zahlreiche Gelegenheiten zur Reflexion umgesetzt.
Zusätzlich zu den oben beschriebenen fachübergreifenden Einheiten wird im Modul 1 eine fachspezifische Vertiefung angeboten, in der die Multiplikator*innen für ihren jeweiligen Schwerpunkt auf die Möglichkeiten der fachspezifischen Nutzung digitaler Medien in dem jeweiligen Fach bzw. den jeweiligen Fachbereichen eingehen. Hierzu gehören im Bereich Wirtschaftspädagogik bspw. die Verwendung spezifischer Software im Unterricht (z. B. ERP-Software), der Einsatz von wirtschaftsspezifischen Simulationen, Planspielen und Serious Games sowie die Behandlung weiterer digital gestützter Unterrichtsbausteine, die für den Wirtschaftsunterricht verfügbar sind.
Die Weiterbildung wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Da die Weiterbildung aktuell gerade durchgeführt wird, liegen noch keine Evaluationsergebnisse vor. Insgesamt wurde das Angebot jedoch sehr gut von den Dozierenden angenommen.
Die Multiplikator*innen bieten zusätzlich zu dem Weiterbildungsangebot eine individuelle Beratung in ihrem jeweiligen fachlichen Schwerpunkt an. Dabei können allgemeine Anliegen im Bereich der digital gestützten Lehre besprochen oder auch eine spezifische, fachbezogene Beratung für die eigene Lehrveranstaltung in Anspruch genommen werden. Dieses Angebot wurde bereits auch schon zu Beginn der Corona-Pandemie umgesetzt. Beispielsweise wurde durch die Multiplikatorin im Bereich Wirtschaftspädagogik Unterstützung bei der Ad-hoc-Umstellung von Präsenz- auf Online-Lehre gegeben und die Vernetzung und der Austausch der Lehrenden im Sinne einer kollegialen Beratung untereinander gefördert.
3.3 Handlungsfeld II: Ausbildung von angehenden Lehrerinnen und Lehrern
3.3.1 Verankerung in den Curricula
Das Projekt verfolgt mit Blick auf den Bereich Wirtschaftspädagogik das Ziel, den Studierenden die notwendigen digitalisierungsbezogenen Kompetenzen für die verschiedenen wirtschafspädagogischen Berufsfelder wie Schule und Betrieb zu vermitteln. Dies geschieht auf der Gegenstandsebene und auf der Methodenebene. Die Studierenden der Wirtschaftspädagogik sollen im Bereich der fachlichen Kompetenz (Gegenstandsebene) in der Lage sein, sich kritisch und reflektiert mit dem Thema der Digitalisierung in den verschiedenen wirtschaftspädagogischen Berufsfeldern (insbesondere in der beruflichen Schule) auseinanderzusetzen. Zum Erwerb der methodischen Kompetenzen gehört u.a. der Erwerb medienpädagogischer Kompetenzen für den Einsatz von digitalen Medien in den verschiedenen wirtschaftspädagogischen Handlungsfeldern. Diese Ziele sollen erreicht werden, indem die dafür notwendigen Strukturen und Inhalte systematisch und nachhaltig in den Curricula der Wirtschaftspädagogik verankert werden. Dies wird auf einer inhaltlichen und auf einer methodischen Ebene erreicht.
Die inhaltliche Verankerung erfolgt über die Integration des Themas in bestehende Veranstaltungen sowie über die Schaffung neuer Veranstaltungen. Zum einen werden auf der Ebene der Studiengänge die Modulhandbücher überarbeitet und zum anderen werden auf Ebene der Lehrveranstaltungen entsprechende Inhalte integriert. Hierfür werden bei der Überarbeitung der Modulhandbücher die Qualifikationsziele und die Lehrinhalte entsprechend erweitert oder ergänzt. Dies geschieht für die Modulhandbücher der Studiengänge Wirtschaftspädagogik in einem gemeinsamen Überarbeitungsprozess mit allen Lehrenden. Auf der Ebene der Lehrveranstaltung werden entweder gesamte Lehrveranstaltungen zum Thema Digitalisierung angeboten oder einzelne Sitzungen oder Teilthemen inhaltlich entsprechend ausgerichtet. So gibt es bereits regelmäßig Veranstaltungen, die sich im Kern mit dem Thema der Digitalisierung wirtschaftspädagogischen Handlungsfeldern auseinandersetzen, wie bspw. Digitale Medien in der betrieblichen Ausbildung, Berufsbildung 4.0 oder Lehren und Lernen mit Neuen Medien. Darüber hinaus werden entsprechende Inhalte gezielt als Teilkomponenten integriert, wie bspw. eine Sitzung zu den Grundlagen der Medienpsychologie in der Vorlesung zur Pädagogischen Psychologie, oder wenn im Seminars Fachdidaktik Wirtschaftslehre als ein Themenbereich der Einsatz digitaler Medien im Wirtschaftsunterricht besprochen wird.
Die methodische Verankerung erfolgt durch einen zielgerichteten, reflektierten Einsatz digitaler Medien in der Lehre durch die Hochschuldozierenden, wobei hier explizit nicht nur die durch Covid-19 bedingte Online-Lehre gemeint ist, sondern auch eine digital gestützte Präsenzlehre. Neben der Teilnehmendenperspektive sollen Studierende aber auch die Möglichkeit haben, digitale Medien im Lehr-Lern-Kontext selbst einzusetzen und zu reflektieren, z. B. durch die Gestaltung digital-gestützter Leistungsnachweise und Lernprodukte, wie bspw. der Erstellung von Erklärvideos oder dem Einsatz digitaler Medien bei Präsentationen. Die methodische Verankerung setzt natürlich das entsprechende Wissen und die Fertigkeiten bei den Dozierenden der Wirtschaftspädagogik voraus. Dies wird erreicht durch die in Abschnitt 3.2 beschriebenen Maßnahmen.
Die inhaltliche und methodische Verankerung wird zudem durch das im Rahmen des Projektes universitätsweit ausgeschriebene Anreiz- und Kompensationsprogramm „Freiräume für die digitale Lehrerbildung“ gefördert. Im Programm werden Projekte gefördert, die die Konzeption und Umsetzung innovativer digitalisierungsbezogener Lehrveranstaltungen gerade im fachwissenschaftlichen Bereich zum Ziel haben. Dies können z. B. die Weiterentwicklungen digital gestützter Lehrmethoden und -konzepte in den für die LLB relevanten Lehrveranstaltungen sein, oder auch Maßnahmen zur Entwicklung innovativer Prüfungsformate oder digitalisierungsbezogener Lehrprojekte in Kooperation mit Schulen und anderen außeruniversitären Partnern. Das Programm fördert die Umsetzung der Vorhaben durch die Möglichkeit einer Deputatsreduktion und der zur Verfügungsstellung von Hilfskraftmitteln. Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften wird in Kooperation mit der Wirtschaftspädagogik bspw. das Lehrprojekt #FinancialInnovations in the #DigitalAge gefördert, in dem in einer virtuellen Arbeits-, Lehr- und Lernumgebung fachwissenschaftliche Themen von Finanzinnovationen im digitalen Zeitalter (u.a. Kryptowährungen, Tokenization) aufgearbeitet werden und, darauf aufbauend, fachdidaktisch begründete Unterrichtsentwürfe für den Wirtschaftsunterricht der gymnasialen Oberstufe bzw. des Wirtschaftsgymnasiums entwickelt werden.
Um eine Verknüpfung der verschiedenen Phasen der LLB zu erreichen, sollen die curricularen Verankerungen ebenfalls mit den Staatlichen Seminaren in Weingarten, Rottweil und Freiburg abgestimmt werden.
3.3.2 Grundlagenkurs Informatische Kompetenz für Lehramtsstudierende
Um digitale Medien in der Lehre kompetent einsetzen und kritisch reflektieren zu können, ist es für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer ebenfalls von Vorteil, über ein Grundlagenwissen im Bereich der Informatik zu verfügen. Im Fachbereich Informatik wurde daher im Rahmen des Projektes der Informatik-Grundlagenkurs Pixel, Byte & Co: Informatik-Grundlagen für das Lehren mit digitalen Medien entwickelt (vgl. Pixel, Byte und Co 2021). Im Kurs werden u.a. Grundlagen zu den Themen Rechneraufbau, Codierung, Datenschutz und Datensicherheit, Rechnernetze, Spuren im Netz und sicheres Surfen sowie Algorithmik und Programmierung praxisnah vermittelt. Dabei wird immer wieder der Bezug zum Anwendungsbereich in der Schule diskutiert, z. B. wie Lehrkräfte Schülerinnen- und Schülerdaten schützen können oder welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler hat. Der Kurs wird seit dem Wintersemester 2020/21 jedes Semester angeboten und adressiert zukünftige Lehrkräfte aller Fächer, wobei die Studierenden der Wirtschaftspädagogik das Angebot sehr gut annehmen. Das Lehrangebot ist zudem anrechenbar für das Studienprogramm Advanced Data and Information Literacy (vgl. ADILT 2021), das Studierenden aller Fächer an der Universität Konstanz ein studienbegleitendes Programm zum Erwerb von Daten- und Informationskompetenz bietet.
3.3.3 Digital Lab MINT+
Das an der Binational School of Education (BiSE) angesiedelte multimediale Unterrichtslabor (vgl. Unterrichtslabor 2021) wird im Projektverlauf zu einem Digital Lab MINT+ weiterentwickelt. Das Angebot Media4Teachers bietet Studierenden und Lehrenden die Möglichkeit, digital unterstützte Lehr-Lern-Arrangements zu entwickeln und zu erproben. Darüber hinaus gibt es im Zuge des Formats Digi2Go die Möglichkeit, dass Mitarbeitende des Unterrichtslabors in Veranstaltungen der Fachdidaktiken oder der Bildungswissenschaften eingeladen werden können, um Einblicke in verschiedene Felder der digitalen Lehre zu geben. Die Angebote des Unterrichtslabors sind mittlerweile sehr gut etabliert. In den Fachdidaktikveranstaltungen des Wirtschaftspädagogik-Studiums wurde die Teilnahme der Studierenden am Angebot von Media4Teachers bereits in das Curriculum integriert.
3.4 Handlungsfeld III: Lehrbezogene Forschungsprojekte
Das Handlungsfeld III beinhaltet zwei Forschungsprojekte, die sich mit lehrbezogenen Themen im Bereich der Digitalisierung auseinandersetzen. Im Forschungsprojekt Virtuelle Lehr-Lernwelten steht die Konzeption, Erprobung und Evaluation virtueller Lehr- und Lernumgebungen auf der Basis von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) Technologien im Zentrum. Ziel des Vorhabens ist es, kooperative und kollaborative Lehr-Lernsettings im virtuellen Raum zu konzipieren und diese hinsichtlich lernbezogener Kriterien (u.a. Emotionales Erleben, Lernerfolg) mit wissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Hierbei werden Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen (u.a. Wirtschaftspädagogik) in die didaktisch-methodische Planung und Realisierung von VR- und AR-basierten Lehr-Lernszenarien miteinbezogen, so dass diese - im Sinne des forschenden Lernens - grundlegende Kompetenzen zu diesem Themenfeld erwerben, auf die sie im Rahmen ihrer späteren Lehrtätigkeit in Schule und Unterricht zurückgreifen können.
Das Forschungsprojekt Digitale Medien in der Lernortkooperation von Lehrkräften der beruflichen Bildung bearbeitet die Entwicklung von Lehr-Lern-Konzepten mit digitalen Medien im Kontext der beruflichen Ausbildung. Auch hier wird durch begleitende Lehrveranstaltungen im Master Wirtschaftspädagogik den Studierenden die Möglichkeit gegeben, in Kooperation mit Praxispartnern digital gestützte Lehr-Lern-Konzepte für den Ausbildungskontext zu entwickeln und zu reflektieren und dadurch die medienpädagogischen Kompetenzen für die zukünftige pädagogische Arbeit in Schule und Ausbildungsbetrieb zu erhalten.
Wie auch das Handlungsfeld I mit dem Aufbau von Inhouse-Expertise, wirken die lehrbezogenen Forschungs- und Entwicklungsprojekte in die Lehre und damit in die Ausbildung der angehenden Lehrerinnen und Lehrer (Handlungsfeld II) hinein (Abbildung 1).
4 Diskussion
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die digitale Transformation mit neuen Herausforderungen für die LLB einhergeht. Von der Bildungspolitik wurde im Strategiepapier Bildung in der digitalen Welt der Kultusministerkonferenz (vgl. KMK 2016) eine klare Vision für die LLB formuliert, die jedoch noch nicht flächendeckend in der Praxis angekommen ist. An dieser Stelle setzt das Projekt edu 4.0 an, um die angehenden Lehrerinnen und Lehrer im gymnasialen und beruflichen Lehramt auf diese Herausforderungen durch verschiedene Maßnahmenpakete vorzubereiten. Die besondere Stärke des Projektes liegt in seinem ganzheitlichen, systematischen Ansatz, der direkten Bezug auf die Empfehlungen verschiedener Expert*innengruppen nimmt (vgl. BMBF 2018, Monitor Lehrerbildung 2018, Goertz/Baeßler 2018, Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018). Das Projekt begegnet den Herausforderungen der digitalen Transformation auf struktureller und curricularer Ebene sowie auf der Ebene der Dozierenden.
Auf struktureller Ebene bringt das Projekt die Fachwissenschaften, die Fachdidaktiken und die Bildungswissenschaften zusammen (vgl. BMBF 2018, 59) und baut fächer- und bereichsübergreifende, kollaborative Netzwerke auf. Besonders hervorzuheben ist dabei die Zusammenarbeit über verschiedene universitäre Bereiche hinweg als auch mit externen Kooperationspartnern. Das BMBF (2018, 59) betont, dass es eine horizontale (Fachwissenschaften, Fachdidaktiken, Bildungswissenschaften) als auch eine vertikale (drei Phasen der LLB) Zusammenarbeit benötigt, um die LLB kohärent zu gestalten. Während die horizontale Ebene im Projekt edu 4.0 bereits intensiv umgesetzt wird, ist die vertikale Ebene mit einer stärkeren Verknüpfung der drei Phasen noch weiter ausbaufähig.
Auf der curricularen Ebene setzen gleich mehrere Projektbausteine an. Durch die Maßnahmen der Handlungsfelder II und III werden für die Studierenden Lerngelegenheiten geschaffen, um sich auf inhaltlicher als auch methodischer Ebene mit der Digitalisierung und dem Lehren und Lernen mit digitalen Medien auseinander zu setzen. Durch die curricularen Verankerungen als auch durch das Digital Lab Mint+, die Angebote zum Erwerb informatischer Grundkompetenz und den lehrbezogenen Forschungsprojekten gibt es vielfältige Möglichkeiten für die Studierenden, digitalisierungsbezogene Kompetenzen zu erwerben. Zusätzlich werden diese Strukturen durch das Anreizprogramm „Freiräume für die digitale Lehrerbildung“ gefördert (vgl. Monitor Lehrerbildung 2018, 18). Allerdings gibt es noch keine flächendeckenden, verpflichtenden Veranstaltungen dazu im Lehramtsstudium bzw. im Studium der Wirtschaftspädagogik, wie es der Monitor Lehrerbildung (2018, 20) empfiehlt. Hinzu kommt, dass sich die Anforderungen an zeitgemäße Curricula zunehmend schneller ändern werden. Die Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 (2018, 21) antizipiert bereits die hohe Geschwindigkeit der Veränderungsprozesse in der digitalen Transformation und fordern ein agiles Mindset bei der iterativen curricularen Anpassung. Dem stehen jedoch häufig die starren Strukturen bspw. der Rahmenbedingungen bei Akkreditierungszyklen entgegen (ebd.).
Auf der Ebene der Dozierenden stehen vor allem die Maßnahmen des Handlungsfeldes I im Zentrum. Auf Grundlage des Modells professionellen Handelns in der digital gestützten Lehre von Hochschuldozierenden in der LLB wurde ein systematisches, umfassendes Weiterbildungs- und Beratungsangebot aufgebaut. Die Weiterbildung der Hochschullehrenden wird häufig als Maßnahme gefordert (vgl. Monitor Lehrerbildung 2018, 18; Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018, 38; Goertz/Baeßler 2018, 16) und stellt einen wichtigen Baustein im Gesamtprojekt dar. Dennoch ist auch hier davon auszugehen, dass trotz des niedrigschwelligen Angebotes und des Multiplikator*innen-Systems nicht alle Dozierenden in der LLB erreicht werden können. Allerdings kann angenommen werden, dass durch die Erfahrungen mit digitalen Medien in der Corona-bedingten Online-Lehre die Schwelle für viele Dozierenden bereits niedriger ist, sich weiter mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Für das Studium der Wirtschaftspädagogik zeigt sich bereits nach dem ersten Projektjahr, dass die einzelnen Projektbausteine ihre Wirkung auf der Ebene der Strukturen, der Ebene der Curricula und der Ebene der Dozierenden entfalten und damit die Weichen gestellt werden, um die angehenden Berufsschullehrerinnen und -lehrer auf die zukünftigen Herausforderungen vorzubereiten. Die größte Herausforderung wird es sein, den begonnenen Entwicklungen eine Nachhaltigkeit zu verleihen, die über den Projektzeitraum hinauswirkt und im Sinne einer selbstlernenden Organisation eine eigene Dynamik erhält, die sich langfristig selbst verstärkt.
Damit die bereits beschriebenen Maßnahmen für die Lehrer*innbildung an der Universität Konstanz Erfolg haben, sind jedoch weitere Faktoren mit zu bedenken. Hierzu zählt vor allem im Gesamtblick die Unwägbarkeit der Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung. Es ist nur schwer möglich zu antizipieren, unter welchen Bedingungen und unter welchen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen die heutigen Lehramtsstudierenden in Zukunft lehren werden. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass das Projekt edu 4.0 zwar wichtige Strukturen schaffen und Impulse geben kann, dass jedoch der Gesamterfolg von weiteren Faktoren abhängt. Um die Lehrenden und die Studierenden auf die Herausforderungen von heute, morgen und übermorgen (vgl. Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018) vorzubereiten, benötigt es einen institutionenübergreifenden Rahmen und umfassende Konzepte (vgl. z. B. Empfehlungen Monitor Lehrerbildung 2018; Arbeitsgruppe Curriculum 4.0 2018; Goertz/Baeßler 2018). Das edu 4.0 Projekt kann ein Beispiel dafür sein, wie die Digitalisierung in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf verschiedenen Ebenen in einer Universität verankert werden kann.
Literatur
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Zitieren des Beitrags
Bonnes, C./Schumann, S. (2021): Digitalisierung in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung – Konzept und Umsetzung des Projektes edu 4.0 an der Universität Konstanz. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 40, 1-17. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe40/bonnes_schumann_bwpat40.pdf (09.07.2021).