bwp@ 40 - Juli 2021

Didaktisierung des Digitalen: Zur Entwicklung berufs- und wirtschaftspädagogischer Studiengänge

Hrsg.: H.-Hugo Kremer, Nicole Naeve-Stoß, Lars Windelband & Juliane Fuge

Badges, Levels, Leaderboards: Gamification zur Motivation Studierender der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in selbstgesteuerten und kollaborativen Lern-Settings

Beitrag von Sabrina Sailer
bwp@-Format: Diskussionsbeiträge
Schlüsselwörter: Gamification, Spiel-Design-Elemente, Motivation

Dieser Beitrag eruiert die Potenziale der methodischen Verwendung von Gamification im Sinne von Spiel-Design-Elementen zur motivationalen Förderung von selbstgesteuertem sowie kollaborativem Lernen von Studierenden. Damit wird auf Basis der einschlägigen Literatur eine Grundlage geschaffen, um die Diskussion in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik anzuregen und Didaktikern die Möglichkeit zu bieten, individuelle Strategien kritisch zu prüfen sowie sich (ggf. neu) zu positionieren. Thematisiert werden soll vor allem die Verknüpfung von Elementen wie Badges, Levels und Leaderboards in Verbindung mit der individuellen Motivation der Studierenden der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in unterschiedlichen Lern-Settings. Der Artikel soll einen Einstieg für den Diskurs über die sinnvolle Einbettung spielerischer Elemente in der Hochschuldidaktik bieten.

Badges, Levels, Leaderboards: Gamification to motivate students of vocational and business education in self-directed and collaborative learning settings

English Abstract

This paper highlights the potentials of the methodological use of gamification in the sense of game design elements for the motivational promotion of self-directed as well as collaborative learning of students. Based on relevant literature, a foundation is thus created to stimulate discussion in vocational and business education and to offer an opportunity to critically examine individual strategies as well as to (re)position themselves. The linking of elements such as badges, levels and leaderboards towards the individual motivation of students of vocational and business education programs in different learning settings will be discussed. The paper intends to provide an entry point for a discourse on the meaningful embedding of game-based elements in higher education didactics.

1 Die Faszination von Spielen

Spiele – in diesem Kontext das englischsprachige Game – genießen gesellschaftlich sehr vielfältige Charaktereigenschaften: Performancelisten für Mitarbeitende, um ein spielerisches Wettbewerbsgefühl zu erzeugen; Punktesysteme, um Teilnehmende im Kurs zu motivieren; high-end Gamingcomputer für die neuste Version von Minecraft. Die Vielfältigkeit erstreckt sich von privatem über beruflichen hin zum Lehr-Lern-Kontext. Betrachtet man die genannten Beispiele, so haben Sie deutliche Gemeinsamkeiten. Sie sollen den Nutzer (spezifischer den Lernenden) fördern, die Anwendung zu nutzen. Die Content-Creator bedienen sich verschiedener Elemente (das Vergeben von Punkten im Kurs, das Erreichen von Achievements oder das Sammeln von Items), um dieses Ziel zu erreichen. Gamification umfasst jedoch mehr als Elementen im Sinne von klassischen Belohnungen (Koster/Wright 2013, 12). So offeriert Gamification ein komplexes Set an Möglichkeiten – insbesondere für die Berufliche Bildung und Hochschulbildung. Da Gamification im Kontext der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) der Medienbranche zugeordnet wird (Seufert u.a. 2017) und sich darüber hinaus in digitalen Lernumgebungen als Anreicherung sowie Alternative zur klassischen Unterrichtsausgestaltung anbietet, hat diese Thematik in Zeiten vermehrten Homeschooling und Remote-Learning einen zusätzlichen Stellenwert. Es gilt, motivationale Anreize neu zu schaffen sowie Lehren und Lernen digital neu zu definieren.

Betrachtet man die Studiengänge der BWP, kommt der Thematik „Gamification zur Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen“ eine Mehrdeutigkeit zu. Zum einen können Dozierende Berufs- und Wirtschaftspädagogischer Studiengänge durch die Verwendung von Gamification die eigenen Lehrveranstaltungen gestalten, um gewünschte Effekte wie Motivationssteigerung der Studierenden zu erzielen. Zum anderen sind die Studierenden selbst zukünftige Lehr- und Fachkräfte, die sich des Wissens um Gamification bedienen und dies im eigenen Arbeitsalltag als Lehrperson nutzen können. Somit bedarf es einer methodischen wie auch inhaltlichen Vermittlung. Durch das aktive Verwenden von Gamification im Hochschulalltag können beide Ansätze realisiert werden, indem Studierende gefördert und gleichzeitig methodisch geschult werden. Das aktive Nutzen von Gamification im Lernkontext kann das Verständnis von Studierenden bezüglich der Anwendung und der Wirkung von Gamification steigern (Jakubowski 2014, 341). Kritisch zu hinterfragen ist in diesem Kontext, inwiefern sich Gamification hinsichtlich der lernmotivationsförderlichen Komponente für das Lehren und Lernen im Hochschulalltag von Beruf- und Wirtschaftspädagogen eignet.

Mit dem Fokus auf individuelles sowie kollaboratives Lernen ergibt sich die Frage hinsichtlich der Möglichkeiten von Gamification, um die Motivation Studierender zu fördern. Zur kritischen Diskussion dessen widmet sich der Artikel dem Begriff Gamification im Hochschulkontext. Hierfür findet mittels Fokussierung auf Badges, Levels und Leaderboards eine kritische Betrachtung der bisherigen Einordnung zur Motivationssteigerung mittels Gamification statt. Dies wird anschließend in den Kontext individuellen und kollektiven Lernens diskutiert, um die Wirksamkeit dieser Elemente gegenüberzustellen. Exemplarisch werden zwei Erfahrungsberichte bezüglich der Verwendung von Gamification zur Motivationssteigerung Studierender herangezogen. Der Beitrag schließt mit einer pointierten Übersicht der ausgewählten Elemente hinsichtlich deren motivationalen Mehrwert und konkreten Anknüpfungspunkten des Diskurses zur Einbindung von Gamification in berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiengängen.

2 Gamification – ein theoretisches Labyrinth?

In diesem Kapitel soll zunächst die Begrifflichkeit Gamification eingegrenzt werden, um diesen in den Hochschulkontext, insbesondere für die BWP, setzen zu können. Das Kapitel schließt mit einem kurzen Überblick bezüglich der motivationalen Wirksamkeit von Gamificationelementen im Hochschulkontext.

Häufig wird Gamification in der Bildung bestimmte Eigenschaften zugeschrieben: Es sei neu, es würde sich nur um Anreizmöglichkeiten handeln oder es würde das richtige Lernen untergraben. Hierbei handelt es sich nach Kapp (2012, 12ff.) um Fehlannahmen: Weder ist Gamification neu (die Historie von Spielen und deren Übertragung in andere Kontexte geht bis ins 7. Jahrhundert zurück), noch ist es ausschließlich durch Incentives geprägt. Zudem wird durch den methodischen Schwerpunkt von Gamification der Lernprozess nicht untergraben, sondern vielmehr bereichert. Gamification im Lernkontext hat das Ziel, das Engagement, die Motivation wie auch das Lernen und Problemlösen zu fördern (Sailer 2016). Konkret werden Aspekte wie Teamfähigkeit (Engagement) und Motivation(-sförderung) impliziert und im weiteren Sinne eine Förderung der Problemlösefähigkeit (Selbstständigkeit) adressiert. Somit stellen die Selbststeuerung, die Kollaboration wie auch die Motivation fundamentale Eckpfeiler von Gamification dar. Hinsichtlich der spielerischen Verwendung unterscheiden Deterding u.a. (2011, 2ff.) in Gamification, Serious Games und Playful Interaction. Alle drei Ansätze ähneln sich in der Struktur und Zielsetzung. Diese umfassen das Nutzen von spielerischen Komponenten unterschiedlicher Abstraktionsgraden in nicht-spielerischem Kontext, um diese unterhaltsam, motivierend und einnehmend zu gestalten (Deterding u.a. 2011, 2). Die übergeordnete Zielsetzung ist somit das immersive Nutzen der Anwendung durch den Spieler, um Wissen in unterschiedlicher Intensität zu vermitteln. Aus einer didaktischen Perspektive ist die Steuerung durch die Elemente der Design-Komponente von Relevanz. Die Design-Komponente, definiert die Ausgestaltung der gamifizierten Anwendung aus einer administrativen Perspektive und legt den Grad an abstrahiertem Gamification fest. Während interface design patterns sich durch ihre vereinfachte Handhabung im Sinne des Hinzufügens von niederschwelligen Elementen auszeichnen, sind vor allem auf Ebene der game design methods umfangreiche Tests und zeitaufwendige Prozesse wie playtesting notwendig (Deterding u.a. 2011, 3). Durch die vergleichsweise simple Handhabung sind daher interface design patterns einem breiteren Publikum zugänglich, womit diese zu der meistgenutzten Form von Gamification zählt (Hamari 2017, 476f.). Elemente im Sinne des interface design patterns sind beispielsweise Badges, Levels und Bestenliste (Deterding 2011, 3), welche Spiel-Design-Elemente darstellen. Unter Spiel-Design-Elementen werden Belohnungen und Anreize definiert, welche ein gewünschtes Verhalten des Spielenden bzw. Lernenden indizieren sollen (Nicholson 2015, 2). Eine Untergliederung dieser Spiel-Design-Elemente in Game Mechanics und Game Dynamics wird nach Urh u.a. (2015, 392) vorgenommen: Unter Game Mechanics werden vor allem die bereits genannten Punktesysteme wie Badges, Levels, Herausforderungen, virtuelle Güter, Leaderboards und Geschenke verstanden. Game Dynamics umfassen Belohnungen im Sinne von Rewards, Status, Achievements, Self-expressions, Competition und Altruism (Urh u.a. 2015, 392). Durch die niedrigen Zugangsbarrieren für die Nutzung von Game Mechanics im Sinne der interface design pattern und mit Fokus auf der Anreicherung von universitären Hochschulkursen fokussiert der Artikel die genannten Beispiele für Anreizsysteme wie Badges, Levels und Leaderboards.

Badges, Levels und Leaderboards sind Spiel-Design-Elemente, die das Verhalten des Spielers belohnen. Sofern der Lernende ein Kapitel, eine Lektion oder ähnliches erfolgreich abgeschlossen hat, erhält er eine Auszeichnung zum Beispiel in Form eines Abzeichens (Badges) (Jakubowski 2014, 341). Abzeichen gehen mit der Zielsetzungsfunktion einher, alle sichtbaren (und ggf. unsichtbaren) Ziele zu erreichen, um Auszeichnungen zu erhalten. Somit setzen Abzeichen Ziele, steuern Verhaltensweisen und bestärken den Nutzer in seinem Verhalten (Sailer 2016, 32ff.). Im spielerischen Kontext gibt es unterschiedliche Handhabungsweisen zur Sichtbarkeit der Badges, von einsehbar über Hidden-Achievements bis hin zu negativen Badges. Hidden-Achievements sind Badges, die erst bei Erfüllung der Bedingungen sichtbar werden. Der Spieler weiß somit nicht um deren Vorhandensein. Negative Badges sind Auszeichnungen für negatives oder unerwünschtes Verhalten, beispielsweise wenn der Spieler besonders häufig schlecht abgeschnitten oder mehrere Konditionen versäumt hat. Bei allen drei Formen weiß der Lernende nicht, inwiefern er sich dem Abzeichen näher, sondern wird nur über dessen Erhalt bei Vervollständigung der Bedingungen informiert. Etwas transparenter ist das Modell von Levels. Bei Level erhält der Lernende Punkte, die sich kumulieren und das Erreichen verschiedener Levelstufen möglich macht. Die Schwierigkeitsstufen steigen mit zunehmendem Level und sind parallel häufig in unterschiedlichen Modi (Anfänger, Profi, etc.) wählbar (Kapp 2012, 37f.). Die Level geben dem Lernenden eine Rückmeldung, wie weit dieser im Kurs oder Spiel fortgeschritten ist. Auch hier bietet es sich an, die einzelnen Stufen dem Lernenden bzw. Spielenden transparent zu signalisieren. Damit einhergehend ist die Thematik ist des sogenannte Levelcap – das Maximallevel. Dies hängt von der maximal möglichen Punktzahl ab, die häufig im Rahmen eines Lehr-Lern-Arrangements bereits definiert ist. Dem entgegen stellt sich die Frage nach dem lebenslangen Lernen – bei dem ein Maximallevel nicht realisiert werden kann. Folglich ist die Frage nach dem Maximallevel kontrovers. Das dritte Spiel-Design-Element, dessen sich häufig bedient wird, ist das Leaderboard (Bestenliste). Beim Leaderboard handelt es sich um eine Fortschrittsanzeige, welche eine nummerische Wertung der Spielenden nach Fortschritt oder Punkten vornimmt. Der Spielende mit der besten Leistung führt die Liste an, wodurch der Wettbewerbsgedanke zwischen Lernenden(gruppen) aufgegriffen wird (Jakubowski 2014, 341). Zudem kann das Leaderboard klare Ziele vorgeben und als Feedback genutzt werden (Sailer 2016, 37). Das Board ist meist dynamisch und passt sich den Veränderungen des Fortschritts der Spieler an.

Es wird deutlich, dass diese Spiel-Design-Elemente diverse Möglichkeiten bieten, um die Lernende zu fördern, jedoch auch mit Herausforderungen einhergehen können. Betrachtet man den komplexen Zusammenhang der Wirkungsweise von Spiel-Design-Elemente, so lässt sich ein undifferenzierter Effekt auf verschiedene Variablen identifizieren. Zu nennen sind an dieser Stelle Motivation, Engagement, Satisfaction, Effectiveness, Efficiency, Experience, Knowledge Acquisition und das Flow-Erleben (Urh u.a. 2015, 392). Besonders relevant werden diese im Kontext von E-Learning und den damit verringerten Barrieren der Implementierung von Gamification. Die Begrifflichkeiten E-Learning und Digital Game Based Learning sind jedoch voneinander abzugrenzen. E-Learning umfasst das technologiebasierte Lernen beispielsweise mittels Computer, web-basiert, virtuelle Lernumgebungen und digitale Kollaboration (Olafsen & Cetindamar 2005, 325). Es handelt sich somit um eine Verschiebung analoger Lerninhalte ins Digitale. Digital Game Based Learning (DGBL) legt darauf aufbauend einen Schwerpunkt auf die spielerische Ausgestaltung eines digitalen Lehr-Lern-Arrangements und stellt somit eine hybride Form zwischen E-Learning und Gamification dar. Digital Game Based Learning wird seit einigen Jahren erfolgreich in diversen Lehrarrangements verwendet. Insbesondere die neuen technischen Möglichkeiten und die Verfügbarkeit durch den technologischen Fortschritt sowie die Implementierung in den Alltag ermöglichen völlig neue Perspektiven und niedrige Zugangsbarrieren für Zielgruppen durch flächendeckende Verfügbarkeit von digitalen Endgeräten wie etwa dem Smartphone (Sailer 2016, 6). Die Nutzbarkeit von DGBL hat sich stark vereinfacht und erstreckt sich von simplen Badget-Systemen (Belohnungen durch das Absolvieren von Lerneinheiten und einem Competitive Mode, wie beispielsweise in der Sprachlernapp Duolingo) bis hin zu vollständigen spielerischen Settings (massively multiplayer online role-playing games, kurz MMORPG, bei dem Lernende in eine vollkommen gamifizierte Welt eintauchen, siehe hierzu Liu u.a. 2018).

Die Frage, inwiefern sich diese Settings in abstrakter Ausarbeitung auf die Realität der Beruflichen Bildung und der Hochschulbildung transferieren lassen, ist berechtigt. Schlagkräftige Argumente wie etwa die vermehrten Möglichkeiten der Binnendifferenzierung bei stark heterogenen Wissenslevel wie auch die erhöhte Motivation (vgl. Liu/Huang/Zhang 2018, 104) sprechen ganz deutlich für den Einsatz von DGBL. So stellt sich die Frage nach der konkreten Anwendung in der universitären Bildung von Berufs- und Wirtschaftspädagogen, den beruflichen Lehrkräften von morgen.

2.1 Gamification für Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Die Verwendung von Gamification im Bildungskontext wird als Nutzung von Elementen in formalen und informalen Settings zu Bildungszwecken beschrieben (Seaborn/Fels 2015, 30). Diverse Ansätze bezüglich Gamification zur Förderung der Motivation und Lerneffekte sind im berufspraktischen Alltag von ausgebildeten Berufsschullehrkräften bereits seit einigen Jahren fest verankert. Diese erstrecken sich von der Nutzung spielerischer Elemente im Schulalltag (z.B. Kahoot zur Wissensabfrage, vgl. Kriyakova u.a. 2014) über digitalisierte Apps für kaufmännische Berufe (Kreuzer u.a. 2017) bis hin zu Simulationsspielen zur Vermittlung finanzieller Kompetenzen (Bucher-Koenen & Knebel 2021). Gamification ist in der Berufliche Ausbildung somit fest verankert. Diese Tendenz wird durch die Verwendung von Gamification im Wirtschaftskontext unterstrichen, welche sich von der Wettbewerbssituation am Markt bis hin zu unternehmensspezifischen Maßnahmen erstreckt. Das Wirtschaftssystem zeichnet sich im Vergleich zu anderen Disziplinen durch einen hohen Wettbewerbsdruck und sich schnell verändernden Anforderungen an Unternehmen aus. Parallel zu gamifizierten Settings greifen am Markt Mechanismen wie Konkurrenzdruck, Anreize und soziale Interaktionen sowohl kollaborativ als auch kompetitiv (vgl. Annen 2012, 183). Dieses Wissen über Marktmechanismen und deren Wirkungsweisen gilt es Auszubildenden zu vermitteln. Gamification bietet darüber hinaus auch aus unternehmerischer Perspektive Vorteile. Betrachtet man den Rahmenlehrplan des Kaufmannes für E-Commerce, so liegt ein Schwerpunkt auf der Steuerung von Online-Marketing und Servicekommunikation. Gamification bietet diesbezüglich ein umfangreiches Potential im Sinne von Anreizsystemen, um beispielsweise Kunden für das Unternehmen zu gewinnen. Um das Wissen wie auch die Wirkungsmechanismen von Gamification an Auszubildende beruflicher Schulen zu transferieren, bedarf es Lehrende mit ebendiesen Wissensbeständen. Daraus resultiert die Frage nach der methodischen Vermittlung dieser Inhalte in der universitären Ausbildung von Studierenden der BWP. Betrachtet man das Basiscurriculum der BWP, so sind neben der Vermittlung von Wissen auch die Weitergabe von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie der Einstellung essenzielle Dispositionspunkte, die sowohl nach einer methodischen als auch inhaltlichen Aktualität der universitären Kurse verlangen (Faßhauer u.a. 2014, 9). Das Vermitteln der Inhalte bezüglich der Nutzbarkeit von Gamification sollte deutlich in der universitären Bildung verankert sein, um Studierende ein noch breiteres Spektrum an methodischen Handlungsmöglichkeiten zu bieten. Diese Vermittlung der Möglichkeiten kann, wie anfangs erwähnt, vor allem durch die Anwendung in universitären Lehr-Lern-Arrangements an die Studierenden weitergegeben werden, um diese für die Wirksamkeit zu sensibilisieren. Gleichzeitig kann durch Gamification das tendenzielle Problem der geringeren Motivation Lernender im hochschulischen Kontext von berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiengängen adressiert werden. Studierende beruflicher Bildung zeichnen sich vor allem durch ein hohes Berufsethos (Ziegler/Goller 2021), jedoch vergleichsweise durch eine geringere Studienmotivation im Vergleich zu anderen Lehramtsstudierenden aus (Berger/Ziegler 2020, 214), welche sich durch die Fokussierung auf das berufliche Ziel Lehramt an Beruflichen Schulen erklären lässt. Dieser Problematik kann durch die Verwendung von Gamification entgegengewirkt werden, indem die Motivation durch die Maßnahme selbst wie auch durch die Vermittlung relevanter praktischer Elemente für den späteren beruflichen Alltag vermittelt werden. Diab u.a. (2020, 180ff.) identifizieren ein vielfältiges Entwicklungspotential der Verwendungsmöglichkeiten von Gamification im hochschulischen Lernkontext. Ein Grund für die lückenhafte Verwendung von Gamification in der Hochschulbildung liegt in standardisierten und lehrerzentrierten Formaten, welche die Implementierung neuer Formate erschwert. Hochschulbildung zeichnet sich nach wie vor durch starke Frontalphasen im Sinne einer Vorlesung aus (Diab u.a. 2020, 180). Die Einbettung von Spiel-Design-Elementen wie Badges, die ein bestimmtes Verhalten belohnen sollen, ist in einer klassischen Präsenzvorlesung nur bedingt möglich. Um Gamification im Hochschullalltag zu verankern bedarf es einer Loslösung von lehrerzentrierten Arrangements hin zu lernerzentrierten Handlungssituationen. Ein Ansatzpunkt, um Lernende in den Fokus zur rücken, stellt dabei das bereits beschriebene DGBL dar, um die Motivation von Studierenden zu adressieren.

2.2 Lernmotivation durch Gamification

Innerhalb der Studie von Barata u.a. (2013, 10 ff.) wurden Studierende mit einer solchen multimedialen Lernumgebung im Sinne des DGBL konfrontiert, welche sich durch diverse interface design pattern wie Badges, Quests und Punkte auszeichnete. Die Studie verdeutlichte, dass das Gamifizieren von Hochschulkursen mit konkreten Vorteilen wie einem gesteigerten Interesse und Motivation seitens der Studierenden einhergehen kann. Die Anwesenheitsquote wie auch die Aufmerksamkeit und Teilnahme innerhalb des universitären Kurses war deutlich höher. Wenn auch die Noten von diesem gesteigerten Interesse nicht beeinflusst wurden, zeigt sich ein deutlicher Effekt von Gamification auf die Komponente der Motivation, die besonders häufig mit Gamification in Verbindung gebracht wird. Die Literatur bietet einen breiten Zugang von Motivation durch Gamification, welche sich über theoretische Konzepte der Bedürfnisbefriedigung bis hin zu konkreten motivationalen Zuständen erstrecken (Urh u.a. 2015, 392; Sailer 2016, 97ff.; Stieglitz 2017, 5). Im Zentrum dieser Zugänge ist die Unterstützung des individuellen Lernens durch Förderung der Motivation. Besonders herausstechend ist die Selbstbestimmungstheorie nach Deci/Ryan (1993), unter deren Zuhilfenahme die Förderung intrinsischer Motivation mittels Gamification erörtert werden soll. Hier wird in autonome und kontrollierte Motivation sowie Amotivation unterschieden. Autonome Motivation umfasst die intrinsische, integrierte und indizierte Motivation, wohingegen die kontrollierte Motivation sich über Introjizion und externale Formen erstreckt. Amotivation bezeichnet dagegen die nicht-intentionale Verhaltensweise ohne erkennbare Zielintention (Deci & Ryan 1993). Auf den gamifizierten Kontext übertragen ergibt sich ein breiter Handlungsspielraum von Gamification, um kontrollierte Motivation zu fördern und Amotivaiton zu reduzieren. Auch Sailer (2016) führt die nachweislich motivationsförderliche Wirkung der Selbstbestimmungstheorie zu. Dies liegt an der Interaktion zwischen Person (Lernendem) mit der Umgebung (Spiel) als zentrale Rolle für die Selbstbestimmungstheorie der Motivation. Durch die Modifikation der Umgebung mittels Gamification werden die vier Annahmen verstärkt, indem sich der Mensch als proaktives Lebewesen (Spieler) selbstständig mit der Umwelt (dem Spiel) auseinandersetzen möchte, nach Weiterentwicklung (z.B. höheres Level, bessere Leistung) strebt, Rahmenbedingungen zum Wachstum (spielerische Herausforderungen) gesetzt werden und das Handeln beeinflussbar (durch etwa Anreize oder Belohnungen) ist (Sailer 2016, 100ff.). Hamari/Koivisto/Sarsa (2014, 3031) identifizieren deutliche Chancen von Gamification bezüglich der Förderung intrinsischer Motivation. Ist von motivationalen Förderungsmaßnahmen mittels Gamification in Lehr-Lern-Arrangements die Rede, wird die Aufmerksamkeit häufig auf Spiel-Design-Elementen gelenkt. Die Ursache liegt darin, dass besonders den Spielelementen eine motivationsförderliche Wirkung zugeschrieben wird (Sailer 2016, 6). Dies widerspricht zu einem gewissen Grad der Theorie von Deci/Ryan (1993, 226), die einen Gewöhnungseffekt bei der Verwendung von Belohnungen unterstellen, welcher die intrinsische Motivation zu einer extrinsischen transformieren kann. Jedoch wird durch Gamification eine Verhaltensveränderung etabliert, indem intrinsisch motivierte Lernende die Lernspielumgebung nutzen, um Spaß zu haben und Autonomieerleben zu erfahren. Dem entgegen werden extrinsisch motivierte Lernende durch Belohnungen oder der Vermeidung von Negativerfahrungen in die spielerische Lernumgebung gelockt. Beide Ansätze erzielen somit den gleichen Effekt, dass das Individuum motiviert wird, am Lernspiel teilzunehmen (Kapp 2012, 52). Bei den verwendeten Spiel-Design-Elementen handelt es sich häufig um Belohnungssysteme, welche sich auf einer fundamentalen Ebene Skinners Theorie der Kondition durch Belohnungen und Bestrafung zuordnen lassen (Nicholson 2015, 2; Kapp 2012, 59ff.). Auf spielerische Weise werden Belohnungen im Sinne von Auszeichnungen (Badges) und Aufstiegsmöglichkeiten (z.B. Level oder auch konkurrierende Systeme) als Motivationsanreize verwendet, um gewünschtes Verhalten zu indizieren (Nicholson 2015, 2). Betrachtet man die Übersicht von Seufert u.a. (2017, 7), in welcher verschiedene empirische Studien zur Messung von Effekten zusammengetragen wurden, wird das anfangs vorgezeichnete Bild von Kapp (2012) bestätigt: Gamification spiegelt sich in den Aspekten Motivation und Engagement wieder.

Neben den motivationsförderlichen Aspekten ist ein kritischer Punkt hervorzuheben: Ab dem Moment, wenn Anreize verloren gehen, erlischt auch die extrinsische Motivation (Nicholson 2015, 2). Gamification bietet somit nicht nur Potentiale, sondern auch Herausforderungen, abhängig von der bereits vorherrschenden Art der Motivation. Parallel dazu stellt auch Mazarakis (2017, 4) die Nutzung extrinsischer Spiel-Design-Elemente zur Förderung intrinsischer Motivation in Frage. Ein Zugang ist die Förderung intrinsischer Motivation durch die Setzung anfänglicher extrinsischer Reize, um die Motivation dauerhaft zu erhalten. Doch auch diese Herangehensweise ist mehr als fraglich. Betrachtet man die Theorie nach Mitchell (1993) im Sinne des Catch- und Hold-Prinzip stellt sich aus dieser theoretischen Herangehensweise die Frage, wie lange eine Person bei Interesse gehalten werden soll und kann. Je nach Zeitspanne, in der Lernende für einen Gegenstand interessiert werden sollen, definiert sich die Intensität der Maßnahme und deren Wirkungsdauer. Die Zielgruppe Studierender ist meist mit halbjährigen Kursen im Sinne eines Semesters konfrontiert. Inwiefern kann innerhalb eines halben Jahres gewährleistet werden, das Interesse gegenüber der Methodik Gamification bei Lehramtsanwärtern zu erhalten, ohne dass diese Motivation nur episodisch auftritt (Werbach/Hunter 2012)? Das Ziel ist folglich durch gamifizierte Inhalte innerhalb des Kurses zu motivieren sowie die Motivation der Studierenden anzustoßen, Wirkungsweisen verstehen und das didaktische Design als zukünftige Lehrkraft nutzen zu wollen (Jakubowski 2014, 341). Dabei ist das Spieldesign essenziell für die sinnvolle Verankerung von Spielen zur Förderung von Lehr-Lernprozessen (Challco/Isotani 2019) und geht mit einer generellen Bereitschaft der Lernenden einher, die Anwendungen zu nutzen. Es kommt zu einer wechselseitigen Bedingung von spielerischen Elementen und Motivation. Diese können auch durch die Konstellation der Lernenden beeinfluss werden. Bei der Verwendung von Elementen wie Leaderboards wird eine Peergroup zum Vergleich benötigt, da diese ihre Wirkung ohne Vergleichskomponente verfehlen. Inwiefern sich die Verwendung von Spiel-Design-Elementen auf das individuelle sowie kollektive Lernen unter dem Aspekt der Lernmotivation auswirkt, soll im nachfolgenden Kapitel diskutiert werden.

3 Wirkungsmechanismen von interface design pattern

Durch die stark heterogenen Anforderungen an Lerninhalten und Lernmethoden der Individuen ist eine spielerische Umgebung nicht für jeden Lernenden geeignet (Niedermeier/Müller 2016, 190). Dem entgegen bietet Gamification eine Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten, um verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden. Auf einer Metaebene bezüglich der Größe von Lerngruppen und der Verwendung von Spiel-Design-Elementen kann in individuelles/selbstgesteuertes und kollaboratives/kollektives Lernen unterschieden werden. Gamification bietet so neben der Förderung der Motivation auch die Möglichkeit des Kompetenzerlebens, des Autonomieerlebens und der sozialen Eingebundenheit (Seufert u.a. 2017). Diese Möglichkeiten werden maßgeblich durch die Faktoren der Peergroup beeinflusst. Die in Kapitel 2 erläuterten Spiel-Design-Elemente sollen im Folgenden kritisch bezüglich ihrer Wirksamkeit hinsichtlich der Zielgruppen diskutiert werden.

Unter individuellem Lernen im Kontext Gamification kann das eigenständige Handeln eines Individuums in spielerischen Settings verstanden werden. Klassische Single-Player-Games zählen ebenso darunter wie das individuelle Verfolgen eines Ziels und des Messens mit anderen Spielern, beispielsweise durch Leaderboards. Beim selbstgesteuerten, individuellen Lernen steht der Lernende im Fokus und handelt autonom. Ziel aus didaktischer Perspektive ist die Förderung des einzelnen Lernenden, beispielsweise durch Anreizsetzung und Belohnung von gewünschtem Verhalten. Dem entgegen steht das kollaborative Lernen, welches das gemeinsame Lernen von Lerngruppen, Teams o.ä. adressiert. Aus einer motivationalen Perspektive kann nach Challco/Isotani (2019, 988) ein positiver Effekt durch kollaboratives Lernen mittels Gamification festgestellt werden. Neben der Steigerung der Motivation im Vergleich zu klassischen Lehr-Lern-Arrangements wird die intrinsische Motivation und der Wissenszuwachs adressiert. So bietet das Gamifizieren von Lehr-Lern-Arrangements in Gruppen die Chance, durch Gruppendynamiken Motivationsproblemen entgegenzuwirken und Wissensbestände auszubauen (Challco/Isotani 2019, 989). Tragend ist in diesem Kontext die Ausgestaltung der Lehr-Lern-Umgebung. In kollaborativen Lernsettings ist die Teamzusammensetzung von Relevanz, welche maßgeblich den Erfolg des Teams zeichnet. Da sich diese meist von selbst selektieren, sofern die Gruppenteilnehmer nicht zugelost werden, entwickeln sich hier verschiedene Dynamiken (Challco u.a. 2014, 199ff.), die jedoch an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden.

Beide Ansätze haben das Ziel, die Partizipation im Sinne der Motivation und somit indirekt den Learning Outcome zu steigern (Azmi/Iahad/Ahmad 2015, 18087f.). Die Effekte sind bezüglich der Lerngruppengröße (individuell versus kollektiv) wie auch hinsichtlich der verwendeten Spiel-Design-Elemente unterschiedlich zu bewerten. Im Folgenden sollen die in Kapitel 2 dargestellten Spiel-Design-Elemente hinsichtlich ihrer Wirkungsweisen im Single-Player versus Team-Modus kritisch betrachtet werden.

3.1 Badge

Badges, oder auch Auszeichnungen, sind ein Mittel, um das Individuum zu fördern. Besonders geeignet ist dieses Spiel-Design-Element für Einzelspieler, um die individuelle Leistung zu prämieren und so einen Anreiz zu schaffen, um die Motivation des Individuums zu fördern (Mazarakis 2017, 11). Konkret werden Badges mit einer Zielsetzungsfunktion in Verbindung gebracht, sofern das Ziel klar definiert und dem Lernenden transparent kommuniziert ist (Sailer 2016, 32). Badges haben einen mehrdimensionalen Wert. Sie bestärken den Spielenden durch positives Empfinden und erhöhen folglich seine Selbstwirksamkeit, sie können durch das Erreichen von Auszeichnungen ein Hochgefühl im Sinne der Flow-Theorie auslösen (Hamari 2017, 476) und sie können Anreize schaffen, die eigene Performanz offenzulegen, um sich mit anderen Nutzern hinsichtlich des Erreichens der Badges auszutauschen (Sailer 2016, 33). Somit haben Badges auch einen sozialen Wert, da bei Sichtbarkeit der Badges für andere Nutzer ein Vergleich mit anderen Lernenden und den Austausch untereinander ermöglicht wird (Hamari 2017, 476). Bezüglich des Austausches können die Lernenden sich vor allem in kollektiven Lerngruppen gegenseitig unterstützen, um ein gemeinsames Ziel im Sinne eines Achievements zu erlangen (vgl. Azmi/Iahad/Ahmad 2015, 18090). Gleichzeitig können Badges als Statussymbol dienen und Gruppenidentifikation begünstigen (Sailer 2016, 34). Badges im universitären Kontext können Belohnungen oder Auszeichnungen für besonders aktives Verhalten in Seminarsitzungen oder der regelmäßigen Abgabe von Übungsmaterialien sein, um die Partizipation von Studierenden zu fördern.

Ein wichtiger Aspekt der Badges ist dabei, dass diese zwar motivationsförderlich sein können, jedoch gewissen Voraussetzungen vorhanden sein müssen. So muss beim Nutzer eine grundlegende Motivation vorliegen, um diese Ziele zu erreichen (Hamari 2017, 477). Auch besteht die Gefahr, dass Badges in der Lernumgebung für einen Wettbewerbsdruck sorgen, wenn diese vergleichend dargestellt werden. Negative Badges, wie sie im Gaming-Kontext existieren, können zu einer negativen Wahrnehmung der Elemente und einer sinkenden Motivation führen, weshalb von der Nutzung negativer Badges abgeraten wird (Iosup/Epema 2014, 31). Stattdessen bieten sich Abzeichen als nicht-kontrollierendes, positives Feedback an, welches sowohl individuelle Spieler als auch Gruppen adressieren kann (Sailer 2016, 34). Die soziale Interaktion, um gemeinsam Ziele zu erreichen, unabhängig davon wie andere Teams abschneiden, hat einen wichtigen Einfluss auf das Lernerleben sowie die Motivation (Iosup/Epema 2014, 31). Gleichzeitig erhöht sich mit steigender Gruppengröße die Gefahr von negativen Effekten wie Trittbrettfahrern oder ungewollten Gruppendynamiken bis hin zum Druck durch Gruppenmitglieder. Auch die Auflage, gemeinsam als Team ein Badge erreichen zu müssen, kann für den einzelnen hemmend sein, sowohl im Lernfortschritt als auch motivational. Die Intransparenz der Kriterien, um ein Badge zu erhalten, ist ein weiterer Kritikpunkt, welchen es zu adressieren gilt.

3.2 Level

Levels wirken dieser ebengenannten Schwäche der intransparenten Kriterien von Badges entgegen, indem die Konditionen für das Erreichen der nächsten Stufe offengelegt werden. Durch das Setzen von Meilensteinen im Sinne der Levels werden Anreize für den Lernenden geschaffen und die Art und Weise definiert, inwiefern ein Spieler das Setting betritt und sich in diesem bewegt (Kapp 2012, 38). Der Literaturreview von Scepanovic u.a. (2015, 2 ff.) verdeutlicht die verschiedenen Effekte von Levels. Durch die hohe Transparenz von Levels und dem dauerhaft verfügbaren Status des Levelstandes, verbunden mit den bereits erhaltenen Punkten und den noch fehlenden Punkten zum nächsten Level, erhalten Lernende eine Rückmeldung bezüglich des Kursfortschrittes. Dies kann sowohl motivationsförderlich für Individuen sein, um die noch fehlenden Punkte aufzuholen um das nächste Level zu meistern (vgl. hierzu auch Kapp 2012, 39). Hervorzuheben ist das Autonomieerleben der Lernenden durch die selbstständige Steuerung und dem eigenen nachweisbaren Mitwirken am Kurserfolg via Levels (Manzano-León u.a. 2021, 3). Andererseits kann dies auch stark demotivierend sein, falls Lernende sich zu Beginn eines neuen Levels befinden. Mit steigendem Schwierigkeitsgrad innerhalb des Kurses sind Lernende stetig mit neuen Herausforderungen konfrontiert (Raichle 2016, 228). Gleichzeitig bieten Levels Anreize, diese Herausforderungen zu meistern, ohne Lernende in ihren Freiheitsgraden einzuschränken (Kapp 2012, 38). Eine Möglichkeit, Lernende in dieser Wahl zu unterstützen, ist die selbstständige Wahl von Schwierigkeitsstufen, welche sich meist in Anfänger, Fortgeschritten und Profi unterteilen. Diese Form der Selbstselektion Lernender bezüglich verschiedener Wissensstände ermöglicht eine individuelle Förderung, ohne Lernende zu über- oder unterfordern. Gleichzeitig werden so Anreize geschaffen, den Inhalt in einem höheren Level zu wiederholen und so Wissen zu festigen (Kapp 2012, 39f.). Gerade bei Studierenden der BWP kann dieses Konzept der unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen die Bildungsheterogenität adressieren und binnendifferenzierte Lernarrangements schaffen. Ein weiterer Vorteil von Level ist das automatische Feedback auf Handlungen. Um die Transparenz zu erhöhen, werden Levels häufig mit Punktesystemen kombiniert, um die Unterteilung in Levels zu vereinfachen und fehlende bzw. bereits erreichte Meilensteine transparent zu kommunizieren. Verbunden mit Level sind häufig Badges (vgl. Kelly 2020, 12) in Form einer Levelbezeichnung oder als zusätzliche Auszeichnung. Levels bieten sich zudem an, um die Funktionsweise der Fortschrittsanzeige oder auch dem Levelstand transparent für Lernende zu kommunizieren und diese mit Leaderboards zu kombinieren.

3.3 Leaderboard

Leaderboards besitzen einen starken Wettbewerbsgedanken, indem Leistungen von Nutzer für die Gemeinschaft einsehbar und vergleichbar gemacht werden. Nicht nur wegen der stark kompetitiven wie auch überwachenden Komponente sind Leaderboards stark diskussionswürdig (Sailer 2016, 35). Durch das Indizieren, dass ausschließlich bessere, schnellere, begabtere Lernende das Ziel (den 1. Platz) erreichen (Kapp 2012, 32), kann vor allem für leistungsschwächere Spielende das Leaderboard stark demotivierend wirken (Werbach/Hunter 2012). Durch den sozialen Vergleich mit anderen Lernenden, der eigenen Wahrnehmung der vergleichsweise schlechteren Performanz und der damit einhergehenden Angst vor Fehlern werden negative Effekte verstärkt und Motivation gegenüber der Anwendung abgebaut. Bräuer und Mazarakis (2019, 238) kommen in ihrer Betrachtung zu dem Schluss, dass vor allem Leaderboards bei Einzelspielern einen negativen Einfluss auf die Zusammengehörigkeit und der individuellen Wahrnehmung von Kompetenzgewinnung hat. Begründen lässt sich dies durch den Konkurrenzdruck, der das soziale Interagieren mit anderen Peers untergräbt. Andererseits können genau diese Effekte auch Motivation fördern, indem die eigene Leistung im Sinne von Feedback evaluiert und eingeordnet wird, um eine konstruktive Form des Wettbewerbes auszulösen (Sailer 2016, 36). Zur Reduktion der negativen Effekte auf das Individuum bieten Leaderboards insbesondere für kollaborative Teams einen motivationsförderlichen Ansatzpunkt, da die individuell-kompetitive Note entkräftet wird (Bräuer/Mazarakis 2019, 238). Leaderboards sind somit vorrangig für Lerngruppen zu empfehlen. Die Verwendung von Leaderboards weist in diesem Setting keinen pauschalen Mehrwert für alle Gruppen auf, sondern adressiert vielmehr den sozialen Aspekt und die Teamzusammensetzung. Azmi/Iahad/Ahmad (2015) identifizierten in ihrer Studie bezüglich kollaborativen Lernteams und Leaderboards verschiedene Rollenmuster, welche Studierende einnahmen. Diese Rollen, die zum Teil vordefiniert waren, spiegelten sich dann in der Teamleistung und der Motivation wider. Diese Rollendynamik einzelner Lernenden, die sich in Teams gegenseitig unterstützen, bestätigten auch Challco/Isotani (2019). Je nach Typ waren die Lernenden stärker am Teamachievement im Sinne der Fokussierung auf das Ziel, oder an der kollaborativen Interaktion und folglich den zwischenmenschlichen Austausch interessiert (Challco/Isotani 2019, 987). Die Wettbewerbskomponente der Leaderboards unterstrich so das Teambuilding und die gemeinsame Zusammenarbeit. Auch dieser Effekt eröffnet im universitären Kontext der BWP Möglichkeit, um soziale Interaktion und Vernetzung in ausschließlich digitalen Lehrformaten und den Herausforderungen dessen (Schurig u.a. 2021) zu adressieren und so die Motivation zu fördern.

3.4 Rahmenbedingungen und Reflexive Gedanken zwischen Motivation, Individualität, Kollaboration und Spiel-Design-Elemente

Es wird deutlich, dass Gamification im Sinne von Spiel-Design-Elemente durchaus die Motivation fördern kann – sofern Rahmenbedingungen definiert und kommuniziert sind. Nur wenn Lernende mit den Elementen bekannt sind, können Sie diese sinnstiftend wahrnehmen und nutzen. Somit bedarf es einer Einweisung der Studierenden, damit diese die Elemente für sich nutzbar machen können (Iosup/Epema 2014, 31). Findet dies nicht statt, führt das zu eventuellen falschen Anwendung und zur Frustration, der Mehrwert von Gamificationelementen wäre somit verfehlt (Sillaots 2014, 106ff.). Zudem ist ein grundsätzliches Interesse gegenüber Gamificationelementen notwendig, um Lernende zur Nutzung von Gamification zu bewegen (vgl. Hamari 2017, 476). Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die individuelle Einstellung des Lernenden gegenüber der Lernmaßnahme. Je nachdem, welches Ziel der Lernende sich im Zuge des Lernprozesses setzt, spiegelt sich dies in seiner Performanz, der Partizipation und dem Umgang mit anderen Spielern wider. Maßgeblich dafür sind unter anderem psychologische Bedürfnisse nach Autonomie, Verbundenheit, Kompetenzen und dem Motivationszustand, aufgeschlüsselt in intrinsisch, extrinsisch und a-motiviert (Challco u.a. 2014, 197ff.). Sind diese Voraussetzung erfüllt, und sei es nur aus Neugierde gegenüber der Methode, kann Gamification durchaus einen Effekt auf das Lernen haben, sowohl im individuellen als auch kollaborativen Kontext. Bei geringer Motivation des Lernenden hingegen kann ein Gamification-Element noch hemmender wirken. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die verschiedenen Möglichkeiten an Spiel-Design-Elementen sich ebenfalls unterschiedlich auf die Lernenden auswirken können, abhängig davon, ob sich diese individuell in der Lernumgebung befinden oder als kollektiv teilnehmen.

Abbildung 1: Gegenüberstellung motivationaler Vor- und Nachteile ausgewählter Spiel-Design-Elemente hinsichtlich individuellen und kollektiven LernensAbbildung 1: Gegenüberstellung motivationaler Vor- und Nachteile ausgewählter Spiel-Design-Elemente hinsichtlich individuellen und kollektiven Lernens

Betrachtet man pointiert die Spiel-Design-Elemente hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile (Abbildung 1), ergeben sich deutliche Unterschiede. Vor allem Badges und Levels können für individuelle Lernenden mit einem motivationsförderlichen Effekt einhergehen, der sich durch die individuelle Anreizsetzung und dem gesteigertem Autonomieempfinden erklären lässt. Beide Elemente können jedoch eine demotivierende Komponente aufweisen, wenn Badges oder Levels eine vergleichende Komponente mit Peers enthalten. Dieses Bild spiegelt sich auch in Leaderboards wider, welche für die Motivationssteigerung von individuellen Lernenden vermehrt kritisch zu betrachten ist, wie bereits dargestellt wurde. Dem entgegen sind Leaderboards vor allem für kollektives Lernen, beispielsweise in Gruppen, mit vermehrten positiven motivationalen Effekten konnotiert, da die Wettbewerbskomponente und der Druck auf den Einzelnen reduziert werden (Kapp 2012, 40) und einer Verringerung der Selbstwirksamkeit durch die wahrgenommene individuelle Minderleistung entgegengewirkt wird (Bräuer/Mazarakis 2019 238). Badges und Levels sind für Gruppen hingegen nur bedingt geeignet. So können durch Badges und Levels in Gruppen soziale Komponenten wie etwa das gegenseitige Fördern und der Austausch als motivierende Faktoren fördern, jedoch entfalten diese Elemente vorrangig bei individuellen Lernenden ihr volles Potential. Somit wird deutlich, dass die Wirksamkeit der Spiel-Design-Elemente auf die individuelle Einstellung und Präferenzen der Lernenden zurückzuführen ist. Dieses Bild bestätigt sich bei der Betrachtung der Nutzer-Rollen nach Marczewski (2018), welche ebenfalls hinsichtlich Nutzertypen und Anreizmöglichkeiten differenzieren. Um den individuellen Anforderungen gerecht zu werden, bietet sich eine komplette virtuelle Umgebung beispielsweise im Sinne eines MMORPG an. Bei MMORPGs, handelt es sich um offene Welten, bei denen Spielende verschiedene Rollen einnehmen können, um alleine oder im Team voranzuschreiten. Aus einer Spiel-Design-Perspektive können bei MMORPG verschiedene Formen und Elemente von Gamification genutzt werden. Dies umschließt game mechanics wie Levels, Badges und Leaderboards (grundständige Elemente) ebenso wie game dynamics im Sinne von Competitions und Quests. Jedoch stehen MMORPGs hart in der Kritik. Aus motivationaler Perspektive sind diese hochförderlich, da sie das kollaborative Arbeiten verschiedener Spieler fördert – jedoch gleichzeitig eine hohe Abhängigkeit auslöst (Azmi/Iahad/Ahmad 2015, 18089f.). Diese Abhängigkeit im Sinne der immersiven Auseinandersetzung mit Inhalten ist aus lernförderlicher Perspektive im ersten Moment wünschenswert, aber moralisch sowie gesundheitlich höchst fragwürdig, sofern das soziale Leben und die Gesundheit darunter leiden. Diese Gefahr der Abhängigkeit wird etwa durch das kollaborative Spielen verstärkt, da es zum sozialen Druck durch die Mitspielenden kommen kann. Die Verwendung von interface design pattern sind dem entgegen eine Alternative, welche sich von komplett gamifizierten Settings und deren Gefahren distanzieren und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, spielerische Anreize zu schaffen und Motivation auf einem niedrigschwelligen Level zu fördern. Für die Verwendung im Kontext Berufs- und wirtschaftspädagogischer Studiengänge ermöglichst sich wie in Abbildung 1 dargestellt ein breites Spektrum. Auf Basis der vorausgegangenen theoretischen Betrachtungen bieten sich Badges und Levels zur Förderung individueller Lernender an. Badges sollten insbesondere zur Aktivierung und Belohnung von besonders positivem Verhalten verwendet werden, um der negativen Komponente wie Vergleichsdruck oder intransparenter Kommunikation entgegenzuwirken. Auch Levels können zur Autonomieförderung beitragen und insbesondere der Bildungsheterogenität durch individuelle Förderung der Lernenden beitragen. So können kontinuierliche Begleitungen in Form von Gamification etabliert werden, die den Lernenden unterstützen. Leaderboards sind hingegen vor allem in kollaborativen Kursen zu empfehlen, um von Effekten der Gruppendynamik zu profitieren, ohne leistungsschwächere Lernende zu verlieren. An dieser Stelle sei nochmals darauf verwiesen, dass es einer Steuerung der Maßnahmen bedarf, sodass diese ihr Potential entfalten und negative Effekte vermieden werden können. Eine solche exemplarische Betrachtung sowohl positiver als auch negativer Erfahrungen von Spiel-Design-Elementen im Hochschulkontext soll im folgenden Kapitel erörtert werden.

4 Gamification im Hochschulkontext – exemplarische Erfahrungsberichte

Insbesondere die neuen technischen Möglichkeiten, die Verfügbarkeit durch den technologischen Fortschritt und die Implementierung in den Alltag ermöglichen völlig neue Perspektiven und Zugang für noch mehr Zielgruppen (Sailer 2016, 6). Auch an den Hochschulen werden vermehrt digitale Plattformen zum Austausch von Lernmaterial und E-Learningkurse verwendet, die didaktische Palette zu bereichern. Durch die digitale Vielfältigkeit ergibt sich auch die Möglichkeit zur digitalen Implementation von Spiel-Design-Elementen, welche in der reinen Präsenzlehre nur bedingt umsetzbar wären. Hinweise bezüglich einer Adaption von Gamification in der Hochschulbildung, welche ebenfalls für den Bereich der Berufs- und Wirtschaftspädagogischen anwendbar ist, soll im Folgenden aufgeführt werden. Die Kurse beziehen im Curriculum verankerte Module wie Forschungsmethoden und grundlegende Kenntnisse der Betriebswirtschaft (Enterprise Resource Planing Systems, kurz ERP), weshalb Parallelen möglich sind.

Das erste konkretes Beispiel für den Nutzen wie auch die Herausforderungen, welche mit der Implementierung von Spiel-Design-Elementen einhergehen, bietet der Erfahrungsbericht von Sillaots (2014, 106ff.) bezüglich eines komplett gamifizierten Settings eines Hochschulkurses. Der Kurs umfasst inhaltlich die Grundzüge wissenschaftlichen Arbeitens und Forschungsmethoden, ein auch für Berufs- und Wirtschaftspädagogen relevantes und im Basiscurriculum verankertes Modul. Verwendete Spiel-Design-Elemente waren unter anderem Level, Wettbewerbe und Teamaktivitäten (Sillaots 2014, 107f.). Im Zuge der Gamifizierung des Kurses zeigte sich, dass Gamification (in diesem Falle Spiel-Design-Elemente) ein zweischneidiges Schwert ist. Zwar werden die stark aktivierenden Aktionen als eher positiv wahrgenommen, dennoch zeigt sich die Tendenz zu verschiedenen Wahrnehmungen, sowohl positiv als auch negativ. Ein Teil der Studierenden wünschte sich noch mehr spielerische Settings, während andere den Sinn der gamifizierten Inhalte als nicht transparent einstuften. Die individuellen Eindrücke zeichneten sich durch starke Heterogenität aus, welche sich auf die individuellen Anforderungen Lernender zurückführen lassen. Ein sehr positiveres Bild zeichnete sich hingegen bei kollaborativen Lernteams ab: Die gamifizierten kollaborativen Teamarbeiten förderten den Austausch der Studierenden, was als positiv seitens der Studierenden kommuniziert wurde (Sillaots 2014, 114f.). Auch weniger motivierte Studierende wurden so zur Teilnahme angeregt und die Motivation im Allgemeinen gefördert. Und so traf vor allem ein Zitat den Kern der Intention von Gamification, welcher hier aufgegriffen werden soll:

This was the most exiting course with the most boring content
– ein Lernender über den gamifizierten Kurs (Sillaots 2014, 115)

Ein weiteres Beispiel aus der Praxis bietet der Kurs bezüglich ERP-Systemen im Verbundprojekt der vhb (Gerholz u.a. im Druck), ein Kurs der grundlegende Inhalte der Ressourcenwirtschaft für Studierende der Wirtschaftsinformatik wie auch der Betriebswirtschaft vermittelt. Durch den konsekutiven Aufbau des Masters Wirtschaftspädagogik auf dem Bachelor BWL mit Vertiefung Wirtschaftspädagogik, wie beispielsweise an der Universität Bamberg, ist auch dieser Kurs von Relevanz. Innerhalb des Kurses wurden die Studierenden mit Spiel-Design-Elementen wie Levels und Leaderboards konfrontiert. Die Studierenden durchliefen individuell den Kurs, Gruppenphasen waren nicht geplant. Durch den Abschluss einzelner Lektionen konnten Punkte verdient werden, die wiederum zu Levels führten. Die Levelstufen wurden in Form eines Leaderboards dargestellt, damit sich die Studierenden miteinander vergleichen konnten. Der Effekt der spielerischen Elemente auf die Motivation der Teilnehmenden war auch hier stark schwankend, wie die Persona-Analyse nach Gerholz u.a. (im Druck) verdeutlichte. Während vor allem autonomie-sensible Lernende die spielerischen Elemente als motivationsförderlich wahrnahmen, waren intrinsisch motivierte Studierende den Spiel-Design-Elementen gegenüber indifferent. In diesem Kontext war vor allem die Rückmeldung durch das System und der soziale Vergleich mit den Peers für Lernende mit Streben nach Autonomieempfinden ein motivierender Faktor. Lernende, die sich auf den Kursinhalt konzentrierten, empfanden die spielerischen Elemente hingegen als störend oder blendeten diese bewusst aus, um sich vom Wettbewerb zu distanzieren. Level-Up Nachrichten wurden als positiv wahrgenommen, das Leaderboard hingegen als tendenziell neutral-negativ. Diese Momentaufnahme spiegelt ebenfalls die in Kapitel 3 aufgeworfene Problematik, dass hinsichtlich der unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Lernenden an die Lernumgebung die Elemente verschiedene Wirkungsmechanismen entfalten können. Auch die Wirksamkeit der Elemente hinsichtlich der Nutzung in individuellen und kollaborativen Settings scheinen hier identisch. Es handelt sich in beiden Erfahrungsberichten jedoch vordergründig um subjektive Theorien, die mittels qualitativer Interviewverfahren von den Studierenden erfasst wurden und folglich nur bedingt Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Dennoch bieten diese exemplarischen Betrachtungsweisen einen ersten Hinweis auf die Wirksamkeit von Gamification in der universitären Ausbildung von Berufs- und Wirtschaftspädagogen.

5 Goal Achieved – oder bereits Game Over?

Der Beitrag hat in Kürze umrissen, welche motivationalen Potentiale Gamification für individuelles versus kollaboratives Lernen bietet. Badges, Levels und Leaderboards sind somit nicht für jede Art von Lernkonstellationen geeignet. Die exemplarischen Betrachtungsweisen von Spiel-Design-Elementen im Kontext berufs- und wirtschaftspädagogischer Studiengänge verstärken die Annahme, dass vor kollaboratives Arbeiten in gamifizierten Settings in Verbindung mit Wettbewerben die Motivation von Studierenden unterstützen kann – wohingegen Wettbewerbe auf individueller Ebene zu Frustration und Desinteresse führen können. Badges und Levels hingegen können das Individuum stärker motivieren, indem Sie Anreize schaffen und Feedback bieten, die bei kollektiven Gruppen ihren Impuls verfehlen. Die Wirkungsweise ist jedoch stark von dem Design abhängig ist. Folglich sollte angepasst an das Lernangebot ein passendes Format an Gamification genutzt werden. Die differenzierte Betrachtung der motivationalen Effekten und die Diskussion deren Wirksamkeit in der Hochschulbildung kann einen Ansatz bieten, um Lernangebote kritisch zu reflektieren und auszubauen. Um auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen, sowohl im Einzelnen als auch im Kollektiv, bedarf es im Weiteren einer differenzierten Betrachtung der Lerntypen unter dem Aspekt Gamification. Eine konkrete Frage ist unter anderem, welche Lernspieltypen sich bei Studierenden der BWP identifizieren lassen, um auf diese motivationsförderlich einwirken zu können. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern verschiedene Gamificationelementen miteinander harmonisieren und Synergien schaffen (Mazarakis 2017, 3). Welche wechselseitigen Effekte haben beispielsweise Badges und Leaderboards in Studienseminare auf die motivationale Bereitschaft und Partizipation studierender? Weitere Fragen in diesem Zuge sind, inwiefern negative Effekte durch Intervention des Lehrenden vermieden werden können. Unter diesem Aspekt bietet das Forschungsfeld ein umfassendes Potential, das durch die hohe noch ungenutzte Datenmenge im Bereich Gamification unterstrichen wird (Seufert u.a. 2017, 4f.). Datamining und die Auswertung von Nutzerdaten digitaler Lernumgebungen sind nur als ein kleines Beispiel zu nennen, die im Digitalen einen weiteren Ansatzpunkt für Forschung bieten. Ob es sich bei Gamification um einen Trend handelt, oder um das präferierte methodische Lehrformat der Zukunft, bleibt dabei offen und bedarf sowohl einer umfassenden wissenschaftlichen Betrachtungsweise wie auch praktischer Erfahrungswerte.

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Zitieren des Beitrags

Sailer, S. (2021): Badges, Levels, Leaderboards: Gamification zur Motivation Studierender der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in selbstgesteuerten und kollaborativen Lern-Settings. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 40, 1-20. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe40/sailer_bwpat40.pdf (19.11.2021).