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bwp@ Ausgabe Nr. 17 | Dezember 2009
Praxisphasen in beruflichen Entwicklungsprozessen
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 17 sind Tade Tramm, H.-Hugo Kremer & Bernadette Dilger

Kompetenzmanagement und seine Bedeutung für die betriebliche Weiterbildung und das betriebliche Lernen

Beitrag von Annika MASCHWITZ (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)

Abstract

Zunehmender Wettbewerb und höherer Innovationsdruck erfordern neue Ansätze, um die individuellen personellen Ressourcen innerhalb eines Unternehmens wirkungsvoll fördern und effizient nutzen zu können. Ein Ansatz der hierzu einen Beitrag leisten kann, ist das gezielte Management von Kompetenzen, wenn es nicht nur punktuell eingesetzt wird, sondern ganzheitlich im Unternehmen Umsetzung findet. Im Gegensatz zur ‚klassischen’ betriebliche Weiterbildung verknüpft sich mit den Ansätzen des Kompetenzmanagements die Hoffnung, Handlungs- und Problemlösestrategien entwickeln zu können, die mit den sich vollziehenden Veränderungsprozessen mithalten. Dies bedeutet jedoch für den Bereich der betrieblichen Weiterbildung neben strukturellen Veränderungen vor allem eine Didaktisierung der betrieblichen Arbeitsumgebungen. Die Folge ist sowohl ein notwendiger Orientierungswandel bei zentralen betrieblichen Akteuren in Richtung einer ressourcen- und potenzialorientierten Betrachtung der Beschäftigten und ihres Leistungsvermögen als auch die Heranführung der Mitarbeiter an neue Lernkulturen. Ziel des Beitrages ist es, die Veränderungen im Bereich der Arbeits- und Lernbedingungen herauszuarbeiten und die daraus resultierenden Konsequenzen, insbesondere die neu definierte Führungsrolle der einzelnen Vorgesetzten und die Verbindung von Arbeiten und Lernen, aufzuzeigen.


Competence management and its significance for in-company further education and training and in-company learning

Increasing competition and greater pressure for innovation demand new approaches to promote the individual human resources within an enterprise effectively and to use them efficiently. One approach that can contribute in this context is the targeted management of competences, if it is used not only sporadically but rather is implemented in the enterprise in an integrated way. In contrast to ‘classic’ in-company further education and training, the approaches of competence management are associated with the hope of developing action and problem-solving strategies, which will keep up with the ongoing processes of change. However, this means structural changes for the field of in-company further education and training, but above all making the in-company working environments more didactically appropriate. The consequence is a necessary change of orientation by the central company actors towards a perception of the employees and their productivity in a resource and potential-oriented way, as well as introducing employees to new learning cultures. The aim of this paper is to show the changes in the area of working and learning conditions, and to demonstrate the ensuing consequences, in particular the newly-defined leadership role of the individual superior, and the connection between working and learning.

1 Einstieg

Die Diskussion, ‚ob’ eine Orientierung an den Kompetenzen[1] der Mitarbeiter, im Sinne einer Erweiterung der Autonomie der Beschäftigten und der Verbesserung des Lernens im Prozess der Arbeit und der persönlichen Weiterentwicklung, sinnvoll erscheint, steht nach Ansicht der meisten Kritiker nicht mehr im Vordergrund – vielmehr das ‚Wie’. Die fortschreitende Globalisierung und die damit einhergehenden notwendigen Veränderungen in der Berufsausbildung und Weiterbildung bedingen eine Orientierung am Individuum und machen den Erwerb und Ausbau von überfachlichen Kompetenzen notwendig. Dennoch mangelt es „an theoretischer Konsistenz und Begründungsreichweite der Konzepte und Instrumentarien, Qualifikationen adäquat zu beschreiben, zu erfassen und entsprechend zu entwickeln“ (FAULSTICH 1998, 77). Die Umsetzung bleibt zumeist weit hinter den Modellen zurück und scheitert vor allem an den erheblichen Diskrepanzen zwischen idealen theoretischen Vorstellungen und bestehenden, oft nicht beachteten und oft nur schwer veränderbaren Strukturen in der Praxis. Die damit verbundenen Problembereiche gilt es aufzuzeigen und nach Lösungen zu suchen, damit Kompetenzmanagement[2] in der betrieblichen Weiterbildung eine ganzheitliche und Mitarbeiter fördernde Umsetzung erfahren kann. Dies setzt voraus, dass die Bereitschaft zum ‚Lebenslangen Lernen’ und zur Entwicklung der eigenen Kompetenzen Teil der Unternehmenskultur wird und auf individueller wie auch auf organisationaler Ebene Förderung erfährt. Dabei gilt es den Spannungsbereich zwischen der Individualisierung der Personalentwicklung und der stärkeren Orientierung des Handelns am Bedarf des Unternehmens im Blickfeld zu behalten (vgl. HARDWIG 2004, 31f).

Der Mitarbeiter ist neben seiner Funktion als Leistungs- und Entgeltfaktor, auch Sinngeber- und Sinnempfänger eines Unternehmens und damit formender Teil der corporate identity, der Unternehmenskultur (vgl. MÜLLER-MEHRBACH 1991, 81f). Die Einführung eines Kompetenzmanagements erfordert demnach ein erhebliches Umdenken in den Führungsstrukturen und eine Umstrukturierung der Personalabteilungen. Für den Bereich der betrieblichen Weiterbildung bedeutet dies neben strukturellen Veränderungen vor allem eine Didaktisierung der betrieblichen Arbeitsumgebungen, welche mit der Einführung neuer Formen des Lernens und derer Umsetzung einhergeht. Die Folge ist sowohl ein notwendiger Orientierungswandel bei zentralen betrieblichen Akteuren in Richtung einer ressourcen- und potenzialorientierten Betrachtung der Beschäftigten und ihres Leistungsvermögen als auch die Heranführung der Mitarbeiter an neue Lernkulturen. Darüber hinaus gilt es bei der weiteren Betrachtung der Auswirkungen eines Kompetenzmanagementansatzes, die bestehenden oft tradierten Organisationsstrukturen im Blick zu behalten, da sie sich diese zumeist nicht, wie in der Theorie postuliert, einfach an einen Kompetenzmanagementansatz anpassen lassen. Im Folgenden geht es darum zu klären, wie sich die Einführung von Kompetenzmanagementansätzen in Unternehmen auf die Gestaltung der Personalentwicklung auswirkt. Es gilt die Veränderungen im Bereich der Arbeits- und Lernbedingungen herauszuarbeiten und die daraus resultierenden Konsequenzen, insbesondere die neu definierte Führungsrolle der einzelnen Vorgesetzten und die Verbindung von Arbeiten und Lernen, aufzuzeigen. Fraglich ist darüber hinaus, wie es um die Qualität der Bildung steht, die durch neue, arbeitsintegrierte Lernformen vermittelt wird.

2 Lernkonzepte

Es steht fest, dass Personalentwicklung sich i. S. eines Kompetenzmanagementansatzes immer weniger auf klassische Formen der betrieblichen Weiterbildung beziehen kann, wenn sie den aktuellen Anforderungen gerecht werden will. Damit verbunden sind neue Lernkonzepte, die zum einen auf einem neuen Lerninhaltsverständnis beruhen, die entinstitutionalisiertes Lernen zulassen und zum anderen neue Lernmethoden in den Mittelpunkt stellen. Dies setzt voraus, dass in den Unternehmen eine Lernkultur geschaffen wird, die dies ermöglicht und fördert. In diesem Zusammenhang werden des Öfteren Konzepte des lebenslangen oder lebensbegleitenden Lernens genannt, die in der Literatur unterschiedlich diskutiert werden (u.a. ARNOLD/ BLOH 2001, 15). Ansätze kompetenzorientierter Entwicklungsprojekte liegen u. a. im Ausbau neuer Formen arbeitsbegleitender, selbst organisierter Lernstrukturen und einer Kompetenzen aktivierenden Arbeitsgestaltung wie auch im Ausbau der Rahmenbedingungen für systematische Personal- und Organisationsentwicklung zur Sicherung der Kompetenzentwicklung (vgl. HARDWIG 2004, 17). Als unterstützende Instrumente der Personal- und Organisationsentwicklung dienen dabei das Mitarbeitergespräch, die Anlernung am Arbeitsplatz wie auch Konzepte des Projektlernens. Eingebettet in lern- und kommunikationsfördernde Strukturen der Arbeitsorganisation, im Sinne von „gruppen-  oder teambasierten Arbeitskonzepten“[3], können sie dazu führen, dass der Arbeitsplatz tatsächlich zum Lernort wird. Wird Lernen als „Voraussetzung für das Überleben eine jeden Unternehmens am Markt“ (MEYER-MENK 2002, 136f) gesehen und in diesem Sinne im Rahmen eines Kompetenzmanagements durch die Unternehmen in den Mittelpunkt gestellt, bedeutet dies erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb der Aus- und Weiterbildungsstrukturen, welche im Folgenden diskutiert werden.

2.1 Lernkultur

Zwei Schlagwörter tauchen bei der Betrachtung der geforderten Lernkultur zur Ermöglichung von Kompetenzentwicklung in der Fachliteratur immer wieder auf: der Informations- und Erfahrungsaustausch und die Fähigkeit zur Selbstorganisation (vgl. STAUDT 1997, 20ff; STAUDT et al. 2002, 220ff; MARTENS/ NACHTIGALL 2006, 125f). Beide Bereiche spielen bei der Entwicklung von Metakompetenzen, die „das Ausmaß für die Aufnahme und Integration neuer Informationen, d. h. die Fähigkeit zur Kompetenzentwicklung“ (MARTENS/ NACHTIGALL 2006, 125) elementar beeinflussen, eine wesentliche Rolle.

Nach SCHÜßLER/ WEISS ist Lernkultur „ein lernleitender, integrativer und latenter Orientierungs- bzw. Ermöglichungsrahmen, der in seinen Wirkungen alle Akteure, wie Individuen, Gruppen und Abteilungen, erfasst und Ergebnis und Prozess des Lernens beeinflusst“ (2001, 269). Dabei ist zwischen herkömmlicher Lernkultur und einer zukunftsorientierten, innovativen Lernkultur, die das individuelle und organisationale Lernen ermöglicht, zu unterscheiden (vgl. Abb. 1). Die Lernkultur eines Unternehmens baut auf den individuellen und kollektiven Bildern von Lernen und Lehren auf, so dass für eine Änderung bzw. der Implementierung einer Lernkultur beim einzelnen Mitarbeiter wie auch dem Führungspersonal (vgl. 3.2) und Weiterbildnern angesetzt werden muss. Das Lernsubjekt und der selbstorganisatorische Aneignungsprozess gerät vermehrt in den Mittelpunkt der Betrachtung, was auf eine enge Verknüpfung zu einer konstruktivistischen Lerntheorie[4] hinweist. ERPENBECK/ HEYSE sprechen an dieser Stelle, vom Lerner als „das handelnde Subjekt“ (2007, 124), das „für die Planung, Ausführung und Kontrolle von Lernprozessen (mit-)verantwortlich“ (ebd.) ist, wodurch die Überprüfung von Lernergebnissen nicht mehr über alleinige Reproduktion, sondern durch praktische Anwendung in der Arbeitssituation erfolgt.

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Abb. 1:   Merkmale zukunftsorientierter, innovativer Lernkultur
(vgl. SCHÜSSLER/ WEISS 2001, 268).

Der Mensch und seine individuellen Fähigkeiten machen somit die Lernkultur eines Unternehmens und damit seines Kompetenzmanagements aus. Dies setzt voraus, dass der Mitarbeiter in die Lernkultur mit einbezogen wird und der Bereich des „an seiner Selbstbildung arbeitenden Subjekts, seines Lernens, seiner Weiterbildung und Kompetenzentwicklung“ (ERPENBECK 2004, 8) nicht ausgeblendet wird. Dazu gehören u. a. das informelle Lernen, das selbstorganisierte Lernen wie auch Erfahrungen und Werthaltungen. Im Unterschied zur ökonomischen Sichtweise, ermöglicht hier eine pädagogische Herangehensweise die individuelle Entwicklung und vor allem die Kompetenz des selbstständigen, reflektiven Handelns und Lernens in den Vordergrund zu stellen. Lernen ist somit nicht nur eine Strategie, die zum Kompetenzerwerb führt, sondern auch Teil des individuellen Kompetenzerwerbs bzw. -aufbaus, den es gilt nachhaltig zu gestalten. Nachhaltiges Lernen und damit eine nachhaltige Kompetenzentwicklung wird dann möglich, wenn eine Lernkultur anstelle einer Lehrkultur die betriebliche Weiterbildung prägt und das Lernverhalten wie auch die Lernergebnisse (Lerntransferproblematik) auf eine nachhaltige Nutzung und Wirkung ausgerichtet sind (vgl. u. a. SCHÜSSLER 2001, 1ff; MEYER-MENK 2002, 136ff; ERPENBECK/ HEYSE 2007, 96ff.).

2.2 Lerninhalte

Mit der Beschreibung der Lernkultur wird ein Orientierungs- und Ermöglichungsrahmen für ein Kompetenzmanagement gegeben, aber nichts über die Lerninhalte und dessen Vermittlung ausgesagt. Im Folgenden gilt es, den Inhalt genauer zu definieren und Gefahren bzw. eventuelle Problembereiche aufzuzeigen. Hier stellt sich vor allem die Frage nach der Qualität. Handelt es sich wirklich um anspruchsvolle, die Persönlichkeitsentwicklung fördernde Lerninhalte oder doch eher um ökonomisch verkürztes Anpassungslernen (vgl. HARDWIG 2004, 33)? Steht der Mitarbeiter im Sinne eines die Employability fördernden Kompetenzmanagements im Fokus des Lernens und der Kompetenzentwicklung oder gilt es eher den Mitarbeiter an das Unternehmen anzupassen und für seinen Bereich zu spezialisieren? Kompetenzmanagement kann schnell Gefahr laufen, statt einer ganzheitlichen Entwicklung den Mitarbeiter durch eine unternehmensspezifische Kompetenzentwicklung in seiner Employability einzuengen. Darüber hinaus kann ‚Anlernen’ durch Kompetenzentwicklung, statt einer entwickelnden und ganzheitlichen Weiterbildung, dazu führen, dass Grundqualifikationen fehlen, die für eine interne und vor allem eine externe Employability notwendig sind. Nur „in Verbindung mit einer entsprechenden Lernkultur lässt sich die Zielsetzung der modernen Kompetenzdiskussion in Richtung einer Selbstorganisationsdisposition“ (HENNECKE 2008, 109) verwirklichen. Im diesem Sinne gilt es, Kompetenzmanagement derart in die Personalentwicklung zu integrieren, dass eine alle Kompetenzbereiche umfassende Kompetenzentwicklung möglich wird und die Lerninhalte dementsprechend ausgerichtet sind. Insbesondere der Ansatz des erfahrungsorientierten Lernens, welcher auf eine konstruktivistische Lern- und Lehrkultur verweist, gewinnt nun auch im betrieblichen Aus- und Weiterbildungsbereich an Bedeutung (vgl. MEYER-MENK 2002, 141ff) und stellt das individuelle Lernen in den Vordergrund. Hierfür bedarf es vor allem neuer Methoden in der betrieblichen Weiterbildung und einer eloquenten Schulung der Führungskräfte und Meister, um gemeinsam mit den Beschäftigten und Auszubildenden ihre Kompetenzen im fachlichen und überfachlichen Bereich zu erfassen, zu schulen, zu erweitern und auszubauen. Wesentlich ist dabei, dass die integrierten Lernsysteme und Kompetenzentwicklungsmethoden nicht nur im ‚Nachahmen’ bestehen, sondern ein nachhaltiges Lernen ermöglichen. Dabei bezieht sich nachhaltiges Lernen nicht nur auf den persönlichen Nutzen (Impact), sondern auch auf den gesellschaftlichen und den unternehmerischen Nutzen (Outcome) (vgl. SCHÜSSLER 2001, 21). Als Lerninhalte des Kompetenzmanagements können, ausgehend von einem erweiterten Lernbegriff im Sinne von Kompetenzen, neben Erkenntnissen, Informationen und Fertigkeiten ebenso wertorientierte Informationen und Handlungsweisen definiert werden (vgl. ders., 7).

2.3 Lernorte

Eine Integration der Lerninhalte in ein Kompetenzmanagementsystem ist maßgeblich von der Nähe bzw. der Distanz zwischen Arbeitsaufgabe und Ort der Maßnahme abhängig. Unterschieden wird dabei in der Literatur nach der ‚...-the job Systematik’ zwischen on-, near- und off-the-job Maßnahmen (vgl. STEPHAN/ ZIEGLER 2002, 414f)[5]. Darüber hinaus sind weitere Differenzierungen, wie z. B. into-the-job und out-of-the-job, zu verzeichnen. Allgemein lässt sich sagen, dass „je näher eine Maßnahme mit dem Arbeitsplatz verbunden ist, desto realer sind die Lernbedingungen und desto leichter fällt dem Teilnehmer in der Regel der Lerntransfer“ (ders., 415).

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Abb. 2:     Lernorte

On-the-job Maßnahmen ermöglichen dem Lernenden unter realen Lernbedingungen und damit unter erleichterten Lerntransfer, die eigenen Kompetenzen zu erweitern. Allerdings dominieren die heutige betriebliche Weiterbildung weitgehend off-the-job Maßnahmen, was zum einen dazu führt, dass ein Großteil des Gelernten nicht am eigentlichen Arbeitsplatz angewandt werden kann (fehlender Lerntransfer) und zum anderen Lernen im Sinne einer ganzheitlichen Kompetenzentwicklung schwierig wird. Durch institutionalisierte Instruktion lässt sich vor allem explizites Wissen vermitteln, welches nur ein Teil der Kompetenzen einer Person ausmacht. Implizites Wissen und Fertigkeiten können nur über Beobachtung/ Erfahrung und insbesondere durch aktive Handlung gelernt werden (ders., 422f). Hier liegt eine der elementaren Problematiken der heutigen betrieblichen Weiterbildung und kann als einer der Gründe für den Trend zum arbeitsplatznahen Lernen aufgeführt werden. BOSCH führt hier insgesamt acht Gründe auf, wobei m. E. insbesondere die Suche nach nachhaltigen Organisationsformen und die Weitergabe von noch nicht kodifizierten Wissen im Arbeitsprozess eine wesentliche Rolle spielen (vgl. 2002, S. 262ff). Darüber hinaus gilt Lernen im Prozess der Arbeit „als entscheidendes Medium, um […] die Arbeitswelt mitzugestalten“ (REUTHER/ WEISS 2003, 92), wird aber in den wenigsten Fällen umgesetzt. Denn dies bedeutet eine notwendige Änderung des bisherigen Lernverständnisses: Von einer Fremd- bzw. Trainersteuerung hin „zu einem selbst- und eigenverantwortlichen Qualifizierungs- und Entwicklungsansatz, der für den Umgang mit Komplexität und Dynamik in den beruflichen Anforderungen fit macht“ (FENINGER 2004, 25). Die Bedeutung der Führungskräfte (hier auch i. S. von Meistern) wurde bereits angerissen und wird im Punkt 4.2 vertiefend behandelt. Zudem gewinnen der Arbeitsplatz und die realen Geschäftsprozesse, als Grundlage für die Vermittlung von Inhalten, vermehrt an Bedeutung, um einen Lerntransfer zu erleichtern.

Als Schlüsselbegriffe für die Integration von realen Geschäftsprozessen in die Weiterbildung sind die Kompetenzorientierung, die Ganzheitlichkeit und die Selbststeuerung zu nennen (vgl. FENINGER 2004, 25). Dies soll und darf nicht bedeuten, dass Weiterbildung und Kompetenzentwicklung alleine in den Verantwortungsbereich des Lerners im Sinne von Selbstorganisation fallen, sondern vielmehr unter modernen didaktischen Bedingungen in den Arbeitsprozess mit eingebaut werden müssen, um ein nachhaltiges und kompetenzerweiterndes Lernen zu fördern. Dies setzt voraus, dass das Lernfeld mit dem Anwendungsfeld übereinstimmt und damit der Transferproblematik entgegengewirkt wird (vgl. FAULSTICH 1998, 193ff; MÜNCH 1995, 142ff). Auch hier zeigt sich die neue Verantwortung der Führungskräfte, die es in das Kompetenzmanagement zu integrieren gilt.

2.4 Instrumente und Methoden

In Verbindung mit den Veränderungen der Lerninhalte und Lernorte (vgl. 2.2 und 2.3) geht die Entwicklung und Einführung neuer Methoden im Personalmanagement einher. Dabei ist zu verzeichnen, dass eine Vielzahl der Methoden aus anderen Fachrichtungen übernommen werden (Outdoortrainings aus der Erlebnispädagogik, Musiktherapie, Organisationsaufstellungen aus der Familienberatung etc.) oder auch auf spezielle Vorlieben der Trainer zurückzuführen sind (z. B. Kampfsporttechniken) und oft nichts substanziell Neues aufweisen bzw. grundlegende technische Erneuerungen fordern (E-Learning, virtuelles Lernen) (vgl. REGNET 2002, 189ff). Deshalb gilt es, gerade neue Methoden unter dem Aspekt der Akzeptanz und Wirksamkeit wie auch der eigentlichen Intention zu prüfen und in einer sinnvollen Kosten-Nutzen-Relation zu betrachten. Einen Überblick über die Instrumente der Kompetenzentwicklung und ihre Anwendungsgebiete bieten REGNET (2002), LICHARZ (2006) und WEGERICH (2007).

Bei der Vielzahl der Angebote und Methoden[6] ist vor allem die an die Lernkultur des  Unternehmens angepasste Auswahl entscheidend, damit es sich nicht um zusammen gewürfelte Methoden handelt, die willkürlichen Trends folgen, sondern um sinnvoll kombinierte, auf die Lernenden und die Strukturen abgestimmte Methodenvariationen, die den Anforderungen gerecht werden. In diesem Sinne darf es nicht sein, dass Unternehmen von den Mitarbeitern erwarten, „dass sie diese Anforderungen angemessen erfüllen, ohne jedoch eine systematische und methodische Unterstützung bereitzustellen“ (ODENTHAL et al. 2007, 585). Auch bei der ständigen Betonung der Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeiter sind die Unternehmen in ihrer Rolle als betriebliche Weiterbildner weiterhin bzw. erst recht gefordert, um eine individuelle Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Dies betrifft die Formulierung klarer Anforderungsprofile und die systematische Erfassung benötigter Kompetenzen aus der Arbeitssituation, um sich bedarfsorientiert weiterbilden zu können, wie auch die professionelle inhaltliche Beratung und Motivation durch geschultes Personal, die Unternehmensanforderungen und individuelle Bedürfnisse zusammenbringen. FRANK et al. nennen zwei wesentliche Punkte, die erfüllt sein müssen, damit benötigte und vorhandene Kompetenzen zusammengebracht werden können: Zum einen müssen die Strukturen und die inneren Vernetzungen von Prozessen und Subsystemen wie auch deren Elemente im Arbeitssystem hinreichend erkannt und analysiert werden und zum anderen die vorhanden Kompetenzen erfassbar, messbar und abbildbar transparent sein, um auf diesen aufbauen zu können (vgl. FRANK et al. 2007, 833). Zudem müssen durch die gewählten Maßnahmen der Transfer und die Nachhaltigkeit der Wissensvermittlung, wie auch die Vermittlung effizienter Lernstrategien und -inhalte, die an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Lernenden angepasst sind, gesichert sein. Der Lerntransfer muss dabei das „Kernstück der Kompetenzerweiterung“ (WEGERICH 2007, 223) darstellen und das Ziel aller Lern- und Lehrmaßnahmen sein, wenn Kompetenzmanagement erfolgreich implementiert werden soll. Abschließend lässt sich sagen, dass es sich nicht um gänzlich neue Methoden handeln muss, sondern um ein neues Verständnis von Lernkonzepten, die arbeitsplatzintegriert stattfinden und bei denen „die Reflexion des eigenen Handelns und das daraus abgeleitete veränderte Vorgehen in der Umsetzung der Arbeitsaufgabe“ (ders., 221) im Vordergrund stehen.

3 Auswirkung auf die Struktur und tradierte Rollenbilder

Neben der Bedeutung von Kompetenzen für das Unternehmen und die Mitarbeiter und die damit einhergehende Lernkultur ist insbesondere die Verortung des Kompetenzmanagements im Unternehmen wesentlich. Eine nachhaltige Integration in die Unternehmensstrukturen und vor allem in die Unternehmenskultur ist unumgänglich, wenn Kompetenzmanagement nicht allein Fassade bleiben soll. Dezentralisierung der betrieblichen Weiterbildung stellt dabei eine Möglichkeit dar, abteilungsübergreifend Kompetenzmanagement umzusetzen. Dies hat jedoch zur Folge, dass Kompetenzentwicklung nicht mehr allein Aufgabe der Personalentwickler sein kann und zur ‚Chefsache’ wird, was wiederum einen Wandel in der Führungskräfterolle bedingt. Es ist allerdings an dieser Stelle zu bedenken, dass es nicht zu einer Idealisierung des ‚learning on the job‘ kommen darf, welches sich in der Praxis, betrachtet man die notwendigen Rollen- und Strukturwandel, oft nur schwer umsetzen lässt

3.1 Nachhaltige Integration der Kompetenzentwicklung

Kompetenzentwicklung, als ein individueller, bedarfsbezogener und selbstorganisierter Ausbau von Kompetenzen, kann aus dem Blickwinkel des Unternehmens mit den organisationalen Interessen korrelieren, wenn die individuelle Entwicklung des Mitarbeiters nicht eng an die des Unternehmens gebunden ist. ARNOLD/ BLOH gehen davon aus, dass „ökonomische und pädagogische Perspektiven bzw. (konkreter) betriebliche Qualifikationsanforderungen (mit entsprechenden Investitionen in die Humanressourcen) und Subjekt- oder Persönlichkeitsbildung (Kompetenzentwicklung und entsprechende Verantwortlichkeit) sich nicht prinzipiell ausschließen (müssen)“ (2001, 11). Dies setzt allerdings voraus, dass „Kompetenzmanagement als integriertes, dynamisches System [...] eine kontinuierliche Anpassung von Aufgaben durch[führt] und [...] strategische und organisatorische Veränderungen“ (UEPPING 2005,307) berücksichtigt. Integriertes Personalmanagement beinhaltet somit alle Ziele, Strategien und Instrumente, die das Verhalten der Mitarbeiter und der Führungskräfte beeinflussen und darüber hinaus die Verknüpfung der verschiedenen Bereiche des Personalmanagements (Gewinnung und Freisetzung, Beurteilung, Honorierung und Entwicklung) anstreben (vgl. KRES 2007, 131). Es geht somit über die von ARNOLD postulierte „Einführung integrativer Personalstrategien“ (1996, 89) hinaus, die vor allem die Integration der Mitarbeiter in die Handlungsabläufe der Personalentwicklung beschreibt, und muss abteilungsübergreifend wirksam werden. Um dies zu gewährleisten, kann es sinnvoll sein, betriebliche Weiterbildung dezentralisiert aufzubauen.

Eine Dezentralisierung der betrieblichen Weiterbildung bedeutet dabei nicht, das auf Personalentwicklungsabteilungen gänzlich verzichtet werden soll, sondern vielmehr, dass sich das Selbstverständnis der Abteilungen ändert. Im Kontext einer Dezentralisierung der betrieblichen Weiterbildung müssen Personalentwicklungsabteilungen als Serviceeinrichtungen[7] verstanden werden, welche die Fachabteilungen bei der Durchführung eines Kompetenzmanagementansatzes beraten und unterstützen. Dies bedingt eine Umorientierung bezüglich der Planung, Gestaltung und Kontrolle des betrieblichen Weiterbildungsgeschehens, da eine Erweiterung des Weiterbildungsprogramms in Form einer selbstorganisierten Kompetenzaneignung dazu führt, dass letztendlich jeder Mitarbeiter Organisationsentwicklung betreibt (vgl. STAUDT et al. 2002, 94f).

Nachhaltig gesichert kann Kompetenzmanagement somit nur dann Erfolg bringen, wenn es im Unternehmen und in den Köpfen der Mitarbeiter und Führungskräfte verankert ist und dezentral gesteuert wird. Kompetenzentwicklung funktioniert nur unter der Prämisse, dass auf der einen Seite die Bereitschaft zur Umsetzung vorhanden ist und es auf der anderen Seite vor Ort, also in den einzelnen Abteilungen und Bereichen, durch die Mitarbeiter und Führungskräfte gelebt und vorgelebt wird. Dies macht eine durch die Personalentwicklungsabteilungen unterstützte Dezentralisierung unumgänglich und beinhaltet eine zunehmende Verknüpfung von Personal- und Organisationsentwicklung, um die Nachhaltigkeit eines Kompetenzmanagementsystems zu sichern (vgl. HEYSE/ ERPENBECK 1997, 101ff; THIEM/ FISCHER 2007, 247). Aufgabe der Personal- und der Organisationsentwicklung ist es, „individuelle und organisationale Lernprozesse zu begleiten“ (THIEM/ FISCHER 2007, 247) und partizipativ zu gestalten, um damit eine nachhaltig ausgerichtete, individuelle und organisationale Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Dafür ist es notwendig, dass die Führungskräfte vermehrt in die Gestaltung und Optimierung der Arbeitsprozesse und in die Kompetenzentwicklung mit einbezogen werden und dafür auch Verantwortung tragen.

3.2 „Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?“[8]

Was in kleineren mittelständischen, vor allem handwerklichen Betrieben meist zur Unternehmenskultur gehört, ist in größeren mittelständischen Unternehmen und internationalen Konzernen oft verlorengegangen. Führungskräfte – Unternehmer, Meister und Manager - benehmen sich oft so, als ob sie allein das Unternehmen bzw. ihre Abteilung darstellen und vergessen dabei dessen wichtigste Ressource: die Mitarbeiter.

Ein ehrlich umgesetztes Kompetenzmanagement, das nicht allein aus Reputationsgründen eingeführt wird, versucht, diesem entgegenzutreten und stellt den Mitarbeiter und seine Kompetenzen in den Mittelpunkt. Dies setzt allerdings voraus, dass ein Umdenken der Führungskräfte stattfindet, damit eine nachhaltige Integration in die Unternehmensstrukturen und -kulturen erfolgen kann. Eine nachhaltige Integration von Kompetenzentwicklung wird erst dann möglich, wenn sich das Verhalten und das Qualifikationsprofil der Führungskräfte wesentlich ändern. Solange in alten Rollen verblieben wird, ist die Einführung eines Kompetenzmanagementansatzes allenfalls Fassade und Kompetenzentwicklung kann in Unternehmen nur oberflächlich oder gar nicht stattfinden. Fraglich, ob sich dies in althergebrachte Organisationsstrukturen einbringen und verankern lässt oder ob es theoretisches Wunschdenken bleibt. Kompetenzmanagement setzt voraus, dass Führungskräfte aktiv in den Personalentwicklungsprozess mit eingebunden sind (vgl. Punkt 3.1) und dort zugleich die Rolle des Lernenden und des Lehrenden übernehmen (vgl. MÜNCH 1995, 127). Lehrender im Sinne einer direkten Ansprechperson für seine Mitarbeiter wie auch mit Unterstützung der Personalentwicklungsabteilung als Verantwortlicher für deren Kompetenzentwicklung und Lernender in dem Sinne, dass er die dafür notwendigen Kompetenzen sich erst selbst aneignen bzw. gelehrt bekommen muss. Führungskräfte stehen als Vorbilder und als Impulsgeber im Mittelpunkt ihrer Abteilungen bzw. ihrer Unternehmen und sind damit ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des arbeitsplatznahen Lernens. Dies bedingt ein ganz neues Qualifikationsprofil, dass sowohl kooperative und kollegiale Führungskompetenzen wie auch edukative Fähigkeiten beinhalten muss (vgl. MÜNCH 1995, 128 Abb. 41). Insbesondere bei Innovations- und Veränderungsprozessen zeigt sich bereits, dass Mitarbeiter vermehrt beteiligt werden, wobei hierbei das „strukturierende Prinzip nicht “Lernen“ im Sinne des Erwerbs neuer Kenntnisse, sondern eher Strukturierung und Restrukturierung von Kooperationsbeziehungen“ (HARDWIG 2004, 22) und Weitergabe von nicht kodifizierten Wissen ist.

Welche konkreten Verpflichtungen lassen sich dadurch für Führungskräfte ableiten?

Wenn Führungskräfte neben der Ermöglichung und Förderung kooperativer Selbstqualifikation für die rechtzeitige Teilnahme an gegenwärtigen und künftigen Bedarf orientierten Weiterbildungsmaßnahmen (on- und off-the-job) zuständig sind, dann kommt ihnen neben den Aufgaben ihrer traditionellen Rolle als Führungskraft auch eine maßgebliche Beteiligung im Prozess der Bedarfsermittlung und der Transfersicherung zu.

„Kompetenzentwicklung bedeutet in diesem Fall das Kennenlernen und Ausprobieren individueller und kollektiver Lern- und Handlungsstrategien, aber ebenso Aufspüren und Experimentieren mit organisational verankerten Lern- und Handlungsmodi.“ (NOVAK 2002, 175.)

Dies bedeutet, dass Führungskräfte, wenn sie ihre Mitarbeiter für das Neue, die Veränderung begeistern sollen, sich in ihrer Arbeit nicht auf ihre Kontrolle verlassen, sondern Vertrauen erwecken müssen (vgl. BAILOM et al. 2005, 241), um neue Lernmethoden einführen zu können. Dabei ist zu beachten, dass Führungskräfte neben Team- und Sozialkompetenzen auch weiterhin die Rollen des Verantwortlichen und Entscheidungsträgers innehaben, die zusammen mit den sozialen Kompetenzen ein homogenes und authentisches Bild ergeben müssen. Eine auf Vertrauen basierende Führungsfunktion beinhaltet immer auch das Risiko, auf eine ‚kumpelhafte’ Ebene abzugleiten, die das eigene Führungsverhalten und Durchsetzungsvermögen in Frage stellt. Hier gilt es innerhalb klarer Strukturen Ansprechpartner und Kompetenzentwickler für die Mitarbeiter zu sein und dabei die Rolle der Führungskraft nicht zu vernachlässigen. In vielen Unternehmen besteht immer noch das implizite Bild, dass eine Führungskraft durch klare hierarchische Strukturen vom Mitarbeiter getrennt sein muss, um ein effizientes Arbeitsklima gewährleisten zu können. Dies bedingt, dass Führungskräfte, die die Belange und Interessen ihrer Mitarbeiter ernsthaft in den Mittelpunkt stellen und damit die Grundlagen für die Umsetzung eines Kompetenzmanagementansatzes schaffen, des Öfteren für ihr Verhalten bestraft werden und eine „Diskriminierung zum Sozial-Romantiker“ (BUNGARD 2007, 70) nicht unüblich ist. Ein solches implizites und z. T. auch explizites Entgegenwirken der Etablierung einer Mitarbeiterförderung kann jedoch durch flankierende Maßnahmen der Unternehmensleitung eingeschränkt werden. Hierzu zählt u. a. die Einstufung der Mitarbeiterorientierung als ein relevantes Auswahl- bzw. Beförderungskriterium, die Übernahme des Mitarbeiterbildes in das Leitbild des Unternehmens, Zielvereinbarungen über mitarbeiterbezogene Kennzahlen und die Förderung von Team- und Sozialkompetenzen der Führungskräfte (u. a. ebd.). Dies macht erneut die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Integrierung in die Unternehmensstruktur und -kultur und die damit einhergehenden Schwierigkeiten deutlich.

Um Kompetenzmanagement in die betriebliche Weiterbildung zu verankern, ist es unumgänglich den Mitarbeiter und seine individuelle Kompetenzentwicklung in den Fokus der Unternehmen zu bringen und damit verbunden das Verhalten wie auch das Qualifikationsprofil der Führungskräfte darauf auszurichten. Unterstützt wird der Wandel der Rolle der Führungskräfte zudem durch die Forderung der Mitarbeiter nach individuellen Weiterbildungsmaßnahmen zur Kompetenzerweiterung, um ihre interne und externe Employability zu erhalten und den steigenden Anforderungen gerecht werden zu können. Da solche Maßnahmen vor allem am direkten Arbeitsplatz angesiedelt sind, kommt es zu einer Verschiebung von off-the-job Maßnahmen hin zu vermehrten on-the-job Maßnahmen (vgl. Punkt 2.3), wodurch Führungskräften eine Expertenfunktion im Bereich der Weiterbildung seiner Mitarbeiter zukommt, die nur sie in Absprache mit der jeweiligen Personalentwicklungsabteilung ausführen können. Neben der Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern kommt den Führungskräften somit auch die Aufgabe zu, die eigenen Kompetenzen dahin zu entwickeln, dass sie den neuen Anforderungen an ihre Rolle gerecht werden können.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Im Gegensatz zur ‚klassischen’ betriebliche Weiterbildung verknüpft sich mit den Ansätzen des Kompetenzmanagements die Hoffnung, Handlungs- und Problemlösestrategien entwickeln zu können, die mit den sich vollziehenden Veränderungsprozessen mithalten können. Eine Personalentwicklung, die sich Kompetenzentwicklung zu Eigen macht, kann mit dafür Sorge tragen, dass ein Unternehmen durch die Entwicklung der individuellen Kompetenzen der Mitarbeiter, der Führungskräfte und der Unternehmensleitung innovationsfähig bleibt und damit die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit sichert. Dies bringt im Bereich der betrieblichen Weiterbildung Veränderungen und dementsprechend Problemfelder mit sich, die im Folgenden zusammenfassend dargestellt werden.

Die Einführung eines Kompetenzmanagements hat einen Orientierungswandel bei zentralen betrieblichen Akteuren in Richtung auf eine ressourcen- und potenzialorientierte Betrachtung der Beschäftigten und ihres Leistungsvermögens zur Folge. Damit verbunden geht eine Aufwertung partizipativer Führungsstile, informeller wie auch institutionalisierte Formen der Kommunikation sowie Bereiche übergreifender Kooperationsbeziehungen einher. Die nachhaltige Integration bisher auf Teilbereiche konzentrierter Aktivitäten der Personalentwicklung und Organisationsgestaltung in ein gesamtbetriebliches System und damit die Verknüpfung von Unternehmensstrategie und Kompetenzentwicklung bedingt eine neue Aufstellung der betrieblichen Weiterbildung wie auch abteilungsübergreifend eine neue Rolle der Führungskräfte (vgl. Punkt 3). Qualifikationsprofile müssen angepasst und aufgrund der neuen Aufgabenbereiche eine Vertrauensbasis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern geschaffen werden. Eine ganzheitliche Umsetzung, die von der Unternehmensleitung bis zum Mitarbeiter gelebt wird, scheint dabei unumgänglich. Problematisch wird es, wenn die Bedeutung von Kompetenzen durch die Mitarbeiter und das Unternehmen bzw. die Unternehmensleitung unterschiedlich wahrgenommen werden. Hier gilt vor allem zu beachten, dass die Entwicklung individueller Kompetenz eng mit den persönlichen Eigenschaften der Mitarbeiter verwoben ist und gleichzeitig ein Instrument zur Verfolgung übergeordneter personalpolitischer Interessen, wie zum Beispiel der Öffentlichkeitswirksamkeit und Reputation, darstellen kann.

Eine notwendige top-down-Umsetzung von Kompetenzmanagementansätzen, wie sie u. a. in den Ansätzen von HEYSE/ ERPENBECK (1977) postuliert wird, erfüllt erst dann seinen Zweck, wenn der Sinn der Kompetenzentwicklung im gesamten Unternehmen erkannt wird und auch umgesetzt werden kann. Dies schließt jeglichen oktroyierenden Charakter aus und setzt voraus, dass jeder Mensch – Mitarbeiter und Führungskraft – und seine individuellen Kompetenzen ernst genommen werden, damit das gesamte Unternehmen davon profitiert. Wesentlich ist auch, dass die Unternehmensleitung hinter dem einzuführenden Ansatz steht und dem gesamten Führungspersonal deutlich machen kann, dass nur durch die Stärkung der individuellen Kompetenzen die organisationale Kompetenz des Unternehmens wachsen kann. Damit fällt zugleich den Führungskräften die Aufgabe zu, dies an ihre Mitarbeiter zu vermitteln, um Blockadehaltungen bzw. fehlendes Engagement auszuschließen und zu selbstorganisierten und individuellen Lernen zu motivieren. Die Vermittlung von Handlungskompetenzen liegt damit zu einem großen Teil in den Händen der Führungskräfte. Dass diese, die selten für die didaktische Umsetzung geschult sind, nicht (allein) dafür verantwortlich sein können, scheint klar. Fraglich ist, wer für die Moderation von Handlungskompetenz, die als Voraussetzung für weitere Kompetenzentwicklung gesehen werden müssen, zuständig ist und wie dies im Speziellen ablaufen kann. Hier steht insbesondere die didaktische Schulung der Vorgesetzten und Trainer im Mittelpunkt, wobei die Schwerpunkte vor allem auf einer Learning-Outcome Orientierung und aktivierender Lernmethoden wie auch auf dem Umgang mit Lernplattformen und internetgestützten Lehr- und Lernmethoden liegen. Die Verbindung von Arbeiten und Lernen rücken in den Mittelpunkt der Betrachtung und könnte im Rahmen eines dezentralisierten Kompetenzmanagements Umsetzung erfahren.

Personalentwicklungsabteilungen kommt vermehrt die Aufgabe einer Service- und Dienstleistungsabteilung zu, die für die Verfügbarkeit und die Organisation der benötigten Maßnahmen zuständig ist und als Rücksprachepartner für die Führungskräfte fungiert, welche zum umfassenden, direkten Ansprechpartner für ihre Mitarbeiter werden. Gerade dadurch kann eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern erreicht werden, da „Kompetenzmanagement ein möglichst umfassendes Wissen über bestehende bzw. anzustrebende Kompetenzen voraus[setzt]“ (SCHRÖDER 2007, 281). Der Funktionswandel und die Restrukturierung der Personalabteilung weg von einer verwaltenden Personalfunktion mit einer angeschlossenen betrieblichen Weiterbildung, hin zu einer prozessorientierten, integrierten Personalbetreuung und -förderung, die Veränderungsprozesse in den operativen Bereichen unterstützt und laufend begleitet, kann somit die individuelle, an dem Menschen ansetzende Kompetenzentwicklung unterstützen und die Problematik des Lerntransfers erheblich vermindern.

Durch die Dezentralisierung der betrieblichen Weiterbildung, als eine Möglichkeit der nachhaltigen Integration des Kompetenzmanagements, ergeben sich darüber hinaus neue Lernformen und Weiterbildungsmethoden, wie das Lernen am Arbeitsplatz, die anforderungsorientierte Kompetenzentwicklung möglich machen. Voraussetzung dafür ist, dass eine entsprechende Lernkultur aufgebaut wird, die ein selbstorganisiertes Lernen fördert, welches sich an den individuellen Bedürfnissen, die sowohl an notwendigen berufsbezogenen Kompetenzen wie auch an eigenen individuellen Anforderungen anknüpfen, orientiert. Erst durch eine ganzheitliche Sicht des Menschen und dessen Bedürfnisse kann eine Kompetenzentwicklung stattfinden, die ein anforderungsgerechtes, nachhaltiges Lernen ermöglicht und reines Nachahmen ausschließt. Ein Teil der Prozesse, die momentan vor allem über informelles Lernen abgedeckt werden, müssen dafür systematisiert und eine gezielte Strategie im Unternehmen aufgebaut werden. Methoden, die sich bei off-the-job Maßnahmen bewährt haben, könnten dabei als Orientierung für die Weiterbildung an den neuen Lernorten, wie dem Arbeitsplatz, dienen und in Form eines Managementprozesses, der u. a. die Wahl der Lernorte und die Lernsteuerung regelt, umgesetzt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass Kompetenzentwicklung nicht dazu eingesetzt wird, fehlende Grundqualifikationen der Mitarbeiter durch Anlernen mit Hilfe von Kompetenzentwicklungsansätzen zu ersetzen, sondern sich tatsächlich – und dies nicht nur bei der Entwicklung von Kompetenzen der Führungskräfte – mit den individuellen Anforderungen über die bestehende Qualifikation hinaus befasst. Personalentwicklung geht damit über eine rein fachlich-technische Qualifikation hinaus, darf sie jedoch nicht vernachlässigen, um auf anderen Ebenen und Bereichen überfachliche Qualifikationen (z. B. Sozial- und Methodenkompetenzen) entwickeln zu können.

Hier zeigen sich in der Praxis erhebliche Defizite und eine klare hierarchisch differenzierende Umsetzung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen, die zum Teil fast Züge einer Re-Taylorisierung tragen, denen in Zukunft nur durch ein personalorientiertes Management und die Integrierung eines dementsprechenden Menschenbildes in die Unternehmensstruktur und -kultur entgegengewirkt werden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen die beschriebenen notwendigen Voraussetzungen in vielen Unternehmen noch nicht hinreichend gegeben, so dass durch die Implementierung von Kompetenzmanagementansätzen hauptsächlich Fassaden aufgebaut werden. In diesem Sinne gilt es in den Unternehmen eine Kultur des Lernens und der individuellen Kompetenzerweiterung aufzubauen, die im Wesentlichen unterstützt durch die Leitung und die Personalentwicklung von den Führungskräften gesteuert werden und auf den bestehenden Strukturen basieren muss.


[1]   Dem hier verwandten Kompetenzbegriff wird der Erklärungsansatz von ERPENBECK/ HEYSE zugerunde gelegt: „Kompetenzen sind [...] Fähigkeiten zu selbstorganisiertem Handeln, also Selbstorganisationsdispositionen“, wobei es sich um die Kennzeichnung „nicht biologisch, sondern in der biographischen Entwicklung [...] angelegten Dispositionen“ handelt (2008, 71).

[2]   Vertiefende Literatur zum Thema Kompetenzmanagement finden Sie u. a. in: ERPENBECK/ HEYSE (2008); GNAHS (2007); HABICH (2006); HEYSE/ ERPENBECK (2007); NORTH/ REINHARDT (2005); PROBST ET AL. (2000); SCHRÖDER (2007). Hier wird explizit nicht ein bestimmter Ansatz fokussiert, sondern es soll vielmehr die Bedeutung für die betriebliche Weiterbildung und damit einhergehenden Lehr- und Lernprozesse dargestellt werden.

[3]   Dazu zählen u. a. die systematische Einbeziehung von Mitarbeitern in hierarchieübergreifende Arbeitsbesprechungen und damit der Aufbau von Strukturen, die Gruppenarbeit ermöglichen, die Verbesserung der Möglichkeiten informellen Lernens und des Lernens in Gruppenarbeit (Gruppengespräche) wie auch die Einführung von Prozessbegleitern (vgl. HARDWIG 2004, 21f).

[4]   Nach der konstruktivistischen Lerntheorie beruht Wissen allein auf Sinneswahrnehmung und Denken (Kognition) und wird einzig im Gehirn des Subjekts erstellt. Somit ist Wissen nicht vermittelbar, sondern nur durch das Subjekt erfahr- und konstruierbar. Durch die konstruktivistische Sicht wird der Bildungsbegriff individualisiert und ‚entschult’ und verlegt sich mehr auf Bildungserfahrungen, die nachhaltige, verantwortliche Einsichten in die politische, ökonomische, soziale, technische Realität in allen Lebenslagen ermöglichen kann. Bildung schließt dabei den Umgang mit Unsicherheit und Ungewissheit ein (vgl. SIEBERT 1999, 191; SCHÜSSLER 2001, 14f; BERGMANN/ DAUB 2006, 93).

[5]  Eine ähnliche Gliederung nehmen HEYSE/ ERPENBECK vor (vgl. 1997, 216ff).

[6]   REGNET nennt hier allein rund 25 neue Weiterbildungsmethoden, welche aktuell in der Fachliteratur diskutiert werden (vgl. REGENT 2002, 188).

[7]   MÜNCH spricht hier vom Charakter einer Stabstelle, die insbesondere beratende, moderierende, initiierende, steuernde und unterstützende Funktionen übernehmen (vgl. 1995, 128).

[8]   Aus „Fragen eines lesenden Arbeiters“ (BRECHT 1981, 51).


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Zitieren dieses Beitrages

MASCHWITZ A. (2009): Kompetenzmanagement und seine Bedeutung für die betriebliche Weiterbildung und das betriebliche Lernen. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 17, 1-18. Online: www.bwpat.de/ausgabe17/maschwitz_bwpat17.pdf (17-12-2009).

 

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