bwp@ 35 - Dezember 2018

Ökonomisierung in der Bildung und ökonomische Bildung

Hrsg.: Karin Büchter, Tade Tramm & Jens Klusmeyer

Ökonomisches Handeln oder Kaufmännisches Handeln? Eine Inhaltsanalyse studentischer Essays über Kriterien des ‚Wirtschaftens’

Beitrag von Tim Thrun, Marc Casper & Nele Bauer
bwp@-Format: Forschungsbeiträge
Schlüsselwörter: Kaufmännische Bildung, Ökonomische Bildung, Inhaltsanalyse, Studium, Ausbildung

Welche Handlungsprinzipien ziehen Studierende der Wirtschaftspädagogik aus ihrem wirtschaftswissenschaftlichen Fachstudium? Wie verhalten sich diese zu den Prinzipien, die für sie in Ausbildung und Berufstätigkeit persönlich relevant waren oder sind? Wie verhalten sich also „ökonomische Kriterien“ und „kaufmännische Kriterien“ sinnvollen Wirtschaftens zueinander, in der reflexiven Auseinandersetzung und Darstellung der Studierenden? Dieser Beitrag stellt eine inhaltsanalytische Studie von 54 studentischen Kurzessays aus dem Jahr 2017 vor. Ausgehend von tradierten Kategorien Ökonomischer Bildung (in Anlehnung an May 2010) wurde in einem offenen Kodierverfahren ein erweitertes Kategoriensystem Ökonomischer und Kaufmännischer Handlungsmaxime entwickelt. Die identifizierten Kriterien werden in einem heuristischen Modell zusammengeführt. Im Ergebnis wird deutlich, dass die Nennungen „Ökonomischer Kriterien“ mit Verweis auf das wirtschaftswissenschaftliche Fachstudium und die Nennungen „Kaufmännischer Kriterien“ mit Verweis auf berufliche Erfahrungen einen geringen Deckungsgrad aufweisen und eher kritisch aufeinander bezogen werden. Der Beitrag diskutiert die Erkenntnisse aus der Studie vor dem Hintergrund der Verschränktheit von Ökonomisierung und Ökonomischer Bildung, mit einem kritischen Blick auf die handlungsleitenden Denkstile und Widersprüche der zwei Welten universitärmodellhafter Ökonomik einerseits und kaufmännisch-betrieblicher Ökonomie andererseits. Im Ausblick werden Desiderate zur Klärung des Verhältnisses der Begriffe „Ökonomische Bildung“ und „Kaufmännische Bildung“ erläutert.

Economic Action or Commercial Action? A Content Analysis of Students’ Essays on the Criteria of “Economic Activity”

English Abstract

Which principles of action do students of business education derive from specialising in economic science? How do these principles compare to those that were or are personally relevant to the students during their education and training and their professional activity? What is the relationship between “economic criteria” and “commercial criteria” of appropriate economic action in the reflexive examination and representation of the students? This paper presents a content analysis of 54 brief essays written by students in 2017. Based on the traditional categories of economic education (with reference to May 2010), an extended system of categories of economic and commercial guiding principles was developed using open coding. The identified criteria are integrated into a heuristic model. The result shows that there is a low level of congruence between citing “economic criteria” while referring to one’s economic science studies and citing “commercial criteria” while referring to one’s professional experience and that a critical view is generally taken of the relationship between the two. The paper discusses the results of this study against the background of the interconnection of economisation and economic education, taking a critical look at guiding styles of thinking and discrepancies between the two worlds of academic, model-type economics on the one hand and commercial, managerial activity on the other. It also describes the goals to be met in order to clarify the relationship between the con­cepts of “economic education” and “commercial education”.

1 Das Ökonomische als Orientierung des Kaufmännischen?

Wie handeln Ökonomen, wie Kaufleute? Wer nach spezifischen Handlungsmustern von Ökonomen und/oder Kaufleuten fragt, muss auch fragen, wie sie denken und aus welchen (Bildungs-)Erfahrungen sich dieses Denken speist. Was sind typische Grundsätze und -prinzipien, die Ökonomen und Kaufleute im Rahmen ihrer Bildungsbiographie erlernen und anwenden?

„Wer von kaufmännischer Bildung sprechen will, (darf) von ökonomischer Bildung nicht schweigen“ (Tramm zit. n. Fischer 2014, 32), aber: „Das, was aktuell im engeren Sinne unter ökonomischer Bildung diskutiert wird, ist für die betriebswirtschaftlich-kaufmännische Bildung wenig anregend“ (ebd., 34). Während sich die Kaufmännische Bildung[1] nämlich traditionell über ihre Relevanz für die kaufmännische Praxis und handlungsfähige Subjekte definiert (Reetz 1984, 84-107) verweigert sich die Ökonomische Bildung diesen beiden curricularen Relevanzkriterien größtenteils. Sie verengt sich stattdessen auf eine Wissenschaftsorientierung, die zudem in ihrem wissenschaftlichen Selbstverständnis fragwürdig ist. Zur Wahrung ihrer Domänenspezifik will sich die Ökonomie gerade „nicht über den Gegenstandsbereich Wirtschaft definieren, sondern durch die spezifisch ökonomische Perspektive“ (Retzmann et al. 2010, 34). In der Konsequenz lassen sich die komplexen Anforderungen betriebswirtschaftlich-kaufmännischer Handlungssituationen und die persönli­che Bildung angehender Kaufleute nur unzureichend „über eine einzige ökonomische Erkenntnisperspektive [...] erfassen“ (Fischer 2014, 31). Somit ist auch ein zentrales Element des aktuellen Diskurses zwischen Vertretern ökonomischer Bildung und sozio-ökonomischer Bildung markiert: An welchem Wissenschaftsverständnis und welcher Bezugswissenschaft müsste sich eine ‚wirtschaftliche‘ Bildung orientieren? Komplexe Verhältnisse legen multiperspektivische Zugänge nahe, die Frage wandelt sich zum Plural: Welche Bezugswissenschaften sind relevant?

Vertreter der sozio-ökonomischen Bildung zielen auf „eine offene, multi- und transdisziplinäre Wirtschaftsforschung" (Engartner et al. 2018, IX). Deren Ertrag für Hochschul- und Fachdidaktik steht jedoch noch am Anfang. Erste richtungsweisende Diskursbeiträge (Graupe 2018; Oeftering/Oppermann/Fischer 2018) und eine hochschuldidaktisch fokussierte Jahresta­gung 2019 der Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft geben Ausbli­cke, doch Stand heute befasst sich auch die sozioökonomische Bildung zentral mit der Frage der (hier pluraler angelegten) Wissenschaftsorientierung, nämlich damit, wie man „Befunde der zentralen Referenzdisziplinen Volkswirtschaftslehre, Soziologie, Ethik und Politikwissenschaft zueinander in Bezug setzen müsse“ (Engartner et al. 2018, IX). Dies geschieht verständlicherweise in Abgrenzung zu einer verengt wahrgenommenen, monodisziplinären ‚ökonomischen‘ Bildung. Den Fokus auf wissenschaftstheoretische Fragestellungen überwindet der Diskurs um (sozio-)ökonomische Bildung dadurch jedoch erst in Ansätzen. Für die Berufliche Bildung, mit ihren deutlicher umrissenen Handlungsfeldern und der dem Beruflichen innewohnenden Subjekt- und Situationsorientierung, ist der Ertrag jener Diskurse daher bislang überschaubar.

So bleibt die Frage: Woran orientieren sich die Kaufmännische Bildung und die entsprechende Lehrerbildung, pragmatisch? Wie verhalten sie sich zum Diskurs (sozio)ökonomischer Bildung? „Es geht nicht an, dass wir [Wirtschaftspädagogen] uns für die ökonomischen Lehrinhalte als nicht zuständig erklären, und uns […] auf die Vermittlung von Elementarisierungs- und Sequenzierungstechniken von durch die Wirtschaftswissenschaften gelieferten Inhalten beschränken.“ (Reinisch 2014, 25) Wirtschaftspädagog(inn)en „als Experten für die Vermittlung einer umfassenden kaufmännisch-ökonomischen Bildung“ (ebd.) darf durch die Wirtschaftswissenschaft(en) keinesfalls die kaufmännische Praxis und berufliche Identität abhandenkommen. Doch gerade in der Lehrerbildung fehlt es an Konzepten und Gelegenhei­ten, sich in derart stilbildenden curricular-didaktischen Fragen zu üben (vgl. ebd.).

Dies bestätigt sich in den Beobachtungen unserer Lehramtsstudierenden an der Universität Hamburg. Angehende Wirtschaftspädagog(inn)en absolvieren hier ein Fach(teil)studium der Ökonomik, ohne dabei Bezüge zu ihrem zukünftigen wirtschaftspädagogischen Lehrberuf herzustellen. Sie entwickeln ein tendenziell „funktionalistisch-utilitaristisches Verhältnis“ zu ihrem späteren Unterrichtsfach (Thole/Tramm/Allgoewer 2017, 125). Darin zeigt sich die Dominanz der Ökonomik gegenüber anderen Studienanteilen[2] sowie die Ökonomisierung des Studien- und Lernverhaltens selbst: Gelernt wird, was nach unmittelbaren Anreizen Tausch­wert verspricht, wo geringer Aufwand und einfache Prüfungen locken. Im Kosten-Nutzen-Kalkül des Studiums bleibt kaum Platz für interessengesteuerte Entwicklung oder sinnstiftende Professionalisierung, selbst wenn Studierende dies ausdrücklich vermissen (vgl. Naeve-Stoß 2013, 357ff; Naeve-Stoß/Tramm 2012, 278ff; Naeve-Stoß/Tramm 2013). Es wird ‚ökonomisch‘ studiert, ohne sich fruchtbar mit Ökonomie, geschweige denn kaufmännischer Praxis, auseinanderzusetzen. Ökonomisches Denken wirkt dann als verhaltensformende Ideologie (vgl. Graupe 2013), nicht als zu ergründender Bildungsgegenstand.

Für unsere Lehramtsstudierenden in der Fachrichtung Wirtschaft und Verwaltung trifft jedoch eine entscheidende Besonderheit zu: Als Eingangsbedingung in das Studium der Wirtschaftspädagogik weisen sie Berufserfahrung, zumindest aber eine kaufmännische Ausbildung oder ein gleichwertiges Langzeitpraktikum vor. Die von uns befragten Studierenden erfuhren sowohl Ökonomische Bildung im Sinne eines universitär-wirtschaftswissenschaftlichen Kontexts als auch Kaufmännische Bildung im Sinne eines beruflichen Handlungskontexts, sofern sich diese Bildungsbegriffe überhaupt in dieser Form trennen lassen. Dies galt es, zu untersuchen: Wie verhalten sich, aus Perspektive der Studierenden, ökonomisches und kaufmännisches Denken zueinander? Sind die Orientierungen der Studierenden unter diesen Konzepten deckungsgleich? Was kennzeichnet aus studentischer Perspektive das spezifisch Kaufmännische (vgl. Casper 2017; Kaiser 2017)? Wenn die Studierenden ein fachwissenschaftliches Ökonomie(teil)studium absolvieren, zur Vorbereitung auf das Ausbilden angehender Kaufleute, können sie Bezüge zwischen diesen Konzepten herstellen – oder bleibt die Ökonomik als Bezugswissenschaft de facto ohne Bezug?

Vor diesem Fragenhorizont führten wir eine Inhaltsanalyse studentischer Texte durch, die wir in diesem Beitrag zur Diskussion stellen wollen. In Kapitel 2 wird das Forschungsdesign vorgestellt. In Kapitel 3 folgen die zentralen Ergebnisse, die in Kapitel 4 in einem heuristischen Modell zusammengeführt und anhand von Textbeispielen diskutiert werden. In Kapitel 5 führen wir die Diskussion zurück auf die Konzepte Ökonomischer und Kaufmännischer Bil­dung. Kapitel 6 schließt mit einer Zusammenfassung und einer kurzen methodologischen Einordnung.

2 Forschungsdesign

2.1 Kontext und Frage

Seit 2015 wird an der Universität Hamburg ein reflexiv angelegtes Veranstaltungskonzept entwickelt, das sich mittlerweile als integrales Pflichtmodul im Bachelorstudium der Wirtschaftspädagogik etabliert hat. Die Veranstaltung mit dem Titel ‚Wirtschaftswissenschaften als Gegenstand Ökonomischer Bildung (kurz: WiGÖB)’ ist curricular im vierten Fachsemester des wirtschaftswissenschaftlichen Teilstudiums verankert. Inhaltlich und perso­nell ist sie interdisziplinär zwischen wirtschaftspädagogischer Fachdidaktik und ökonomi­scher Fachwissenschaft angelegt und stellt damit ein Novum im sonst betriebswirtschaftlich orientierten Curriculum dar (vgl. Thole/Tramm/Allgoewer 2017, 127, siehe auch Fußnote 2). WiGÖB umfasst zwei arbeitsintensive, ganztägige Seminarblöcke mit Diskussionen in Kleingruppen, sowie vier Vorlesungsvorträge, die den Themenkomplex aus unterschiedlichen Perspektiven und größtenteils von Gastredner(inne)n beleuchten.

Die Studierenden sollen im Rahmen der Veranstaltung die fachwissenschaftlichen Studienhalte auf ihre Relevanz hin kritisch-reflexiv überdenken. Zunächst blicken sie retrospektiv auf ihre bisherige Kaufmannstätigkeit und Studienerfahrung, im Anschluss prospektiv auf die erwartete Lehrpraxis nach Abschluss des Studiums (vgl. Thole/Tramm/Allgoewer 2017, 128). Die Veranstaltung wird außerdem von einem Forschungsstrang begleitet, aus dem wir in diesem Beitrag eine Teilerhebung vorstellen.

Bereits zur Vorbereitung auf den ersten Seminarblock der Veranstaltung sollen sich die Studierenden ihrer studien- und berufsbiographischen Vergangenheit widmen. Sie erhalten folgenden Schreibauftrag:

„1. Bitte schauen Sie sich Ihre bisher im Bachelorstudium absolvierten Lehrveranstaltungen an. Arbeiten Sie heraus, welche Kriterien für ökonomisches Handeln Sie in Ihren bisherigen Lehrveranstaltungen kennengelernt haben. Welche Handlungsprinzipien, Maxime, Imperative, Grundsätze wurden vermittelt? Inwieweit decken sich diese, wo sind sie widersprüchlich?
2. Blicken Sie zurück auf Ihre Ausbildung und Berufstätigkeit. Arbeiten Sie heraus, an welchen Kriterien für kaufmännisches Handeln Sie sich orientiert haben. Welchen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, Prinzipien, Vorgaben, Vorschriften und Überzeugungen sind Sie in Ihrem beruflichen Handeln gefolgt?
Verschriftlichen Sie Ihre Überlegungen in einem Fließtext (ca. eine DIN A4-Seite)“.

Im Durchgang 2017 untersuchten wir die studentischen Texte zu dieser Aufgabe inhaltsanalytisch. 54 Texte wurden uns mit Einwilligung zur Analyse zur Verfügung gestellt. Wie die Aufgabe nahelegt, interessierte uns insbesondere, woher, d. h. aus welcher der beiden skizzierten Erfahrungs- und Lernwelten welche Kriterien stammen und inwieweit die Studierenden die Konzepte „ökonomisch“ und „kaufmännisch“ differenzieren.

Unsere Forschungsfragen lauteten demnach: Was verstehen die Studierenden unter ökonomischem und kaufmännischem Denken und Handeln? Wie sind diese Denk- und Handlungsstile jeweils ausgeformt? Und letztlich: Wie verhalten sich Ökonomisches und Kaufmännisches aus studentischer Sicht zueinander?

2.2 Methodisches Vorgehen

Der Forschungsprozess gliederte sich rückblickend in vier Phasen:

  1. Eine Erprobungsphase zur Findung eines geeigneten Textzugangs,
  2. eine Code-Findungsphase zur induktiven Entwicklung neuer Kategorien,
  3. eine Hauptkodierphase zur Kodierung des gesamten Materials und
  4. eine Finalisierungsphase zur diskursiven Validierung und Sicherstellung der Intercoderreliabilität (vgl. Mayring 2010, 51).

Die Erprobungsphase begann mit drei Textzugängen:

  1. Semantisch-technischer Zugang: Hier wurden zur Schaffung eines ersten thematischen Überblicks zunächst Worthäufigkeiten sowie bereinigte Wort- und Themenlisten mithilfe der Software MAXQDA (2011) erstellt.
  2. Deduktiv-hermeneutischer Zugang (vgl. Kuckartz 2016, 64-72): Hier erfolgte die sinnabschnittsweise Kodierung der Texte nach den fachwissenschaftlichen Kategorien der „Didaktik der ökonomischen Bildung“ von May (2007).
  3. Induktiv-hermeneutischer Zugang (vgl. Kuckartz 2016, 72f): Hier erfolgte die Entwicklung eigener Kategorien direkt aus dem Material (vgl. Mayring 2010, 83). Dazu wurden die Texte nach subjektiver Interpretation sinnabschnittsweise offen kodiert (vgl. Mayring 2010, 84; vgl. Strauss/Corbin 1996, 43-55).

Von Mays „Kategorien des wirtschaftlichen Handelns“ (2007, 8) erhofften wir uns einen konzeptionellen Rahmen für die fachwissenschaftlich-ökonomisch geprägten Argumentationslinien in den Essays. Mays Kategorien bewährten sich im Verlauf der Analyse aber nicht nur durch ihre verifizierende und sensibilisierende Funktion (vgl. Strauss 1987, 12; Strauss/Corbin 1996, 25-30). Gleichzeitig erschien uns May als besonders geeignet für die kritische Kontrastierung ökonomischer und kaufmännischer Argumentationsmuster. In Mays „fachwissenschaftlichen“ Kategorien wird exemplarisch deutlich, was im eingangs erwähnten Diskurs zwischen ökonomischer und sozio-ökonomischer Bildung als monodisziplinäre Verkürzung und gar Ideologie kritisiert wird: Eine aus neoliberalem Disziplinverständnis abgeleitete Folge von Lehrbuchaussagen, die ohne empirische Belege oder Kontextualisierungen bleibt (zur Kritik an May vgl. Hedtke 2002; Weber 2001).

Der Analyseprozess folgte damit bereits in der Erprobungsphase der Hypothese: Die fachwissenschaftlich orientierten May-Kategorien reichen nicht aus, um alle handlungsleitenden Ideen der Studierenden abzubilden. Die Erprobung wurde von unserem Autorenteam an je einem Teil der Texte durchgeführt, bis wir uns schließlich auf ein hermeneutisches Mischverfahren einigten (vgl. Kuckartz 2016, 95f.): Mays wirtschaftliche Kategorien wurden zunächst als Codes gesetzt. In der Code-Findungsphase wurden an je einem Drittel des Materials weitere Codes induktiv erschlossen. Hierzu legten wir folgende Kodierregeln fest:

  1. Als Kodier- bzw. Analyseeinheit gilt ein in sich sinnstiftender Textabschnitt (vgl. Kuckartz 2016, 43). Minimum für einen Sinnabschnitt ist ein vollständiger Satz, eine Höchstbegrenzung wird nicht vorgeschrieben.
  2. Mehrfachcodierungen sind zulässig und sollten dort, wo es der Erschließung des vollständigen Sinnzusammenhangs dient, eingesetzt werden.
  3. Inhaltliche Argumentationslinien werden ausdifferenziert kodiert, um Leerformeln zu identifizieren.
  4. Es wird unterschieden, ob Aspekte als eigenständige Prinzipien genannt werden, oder ob sie als Kontrollmechanismen, Nebenbedingungen, Restriktionen verstanden werden (Bsp. May-Kategorie 6: Das Gewinnmotiv zwingt Wirtschaftende dazu, Bedürfnisse der Allgemeinheit zu berücksichtigen; Orientierung am Allgemeinwohl wird hier nicht als eigene Zielkategorie verstanden)
  5. Der komplette Text ist zu kodieren.
    1. Wenn ein Absatz einen neuen Aspekt enthält, der aber kein eigenes Kriterium wirtschaftlichen Handelns anspricht, wird er zusammen mit der nächsten Nennung eines Kriteriums für ökonomisches/kaufmännisches Handeln kodiert.
    2. Sinnabschnitte, die mit einer Kategorie von May oder einem anderen existierenden Code beschrieben werden können, werden entsprechend kodiert.
    3. Nicht zuzuordnende Textelemente werden entweder mit einem neuen Codevor­schlag nach dem Muster „Wirtschaftliches Handeln ist/bedeutet/…“ oder dem Code „???“ versehen. Wenn ein neuer Codevorschlag angelegt wird, ist dieser mit einem erläuternden Memo zu versehen.
  6. Kategorien nach May werden mit dem Farbcode „grau“ kodiert, eigene/induktive Kategorien werden mit dem Farbcode „rot“ kodiert, diskussionswürdige Passagen („???“) werden mit dem Farbcode „gelb“ kodiert.
  7. May-Kategorien werden numerisch fortlaufend kodiert (Nummerierung analog zu May).
  8. Eigene Kategorien werden alphabetisch fortlaufend kodiert.

Wie in 5.c angesprochen, wurden während des gesamten Prozesses diverse Memos angelegt und überarbeitet (vgl. Strauss/Corbin 1996, 169-192). Memos enthalten eine kurze Erläuterung zum Code, ggf. einschlägige Zitate und Hinweise zur Abgrenzung von anderen Katego­rien, um ein trennscharfes Kodieren und ein einheitliches, möglichst objektives Begriffs- und Kategorienverständnis zu gewährleisten (vgl. Kuckartz 2012, 39f.; 67).

Ein Beispiel zur Illustration: Memos der May-Kategorien wurden i. d. R. mit einem erläuternden Zitat versehen, z. B. die Kategorie 2 ‚Die Knappheit der Güter zwingt den Menschen zu wirtschaftlichem Handeln’ mit der Textstelle „"[...] Anstrengungen, die [...] Diskrepanz zwischen unbegrenzten Bedürfnissen und knappen Mitteln zu mildern" (May 2007, 13). Grundsätzlich wurde die Logik von Mays Kategorien einbehalten, bei dieser zweiten Kategorie jedoch ergänzten wir die zusätzliche Kategorie 2a ‚Ökonomische Prinzipien’. Diese Subkategorie wurde u. E. nötig, da diverse Texte sich auf „Ökonomische Prinzipien“ bezogen, ohne sie wie bei May auf das Knappheitstheorem und das Bedürfnis-Ressourcen-Problem zurückzuführen. Das Memo dieser Kategorie lautet entsprechend: „Min- und Max-Prinzip, ggf. Extremum (gesondert codiert, um eine Argumentation ohne expliziten Bezug auf Knappheit/Ressourcen-Problem beschreiben zu können)“.

Zum Ende der Code-Findungsphase wurden die entwickelten Codes und Memos diskursiv abgeglichen. Wir einigten uns auf einen vorläufigen Codebaum, mit dem nun das gesamte Material erneut kodiert wurde. Durch variierende Zuteilungen in den unterschiedlichen Phasen wurde sichergestellt, dass jeder Text von allen Kodierenden mindestens einmal bearbeitet wurde. In der Finalisierungsphase wurden die Einschätzungen der Kodierer schließlich abschließend diskutiert und theoriebezogen „rücküberprüft“ (Mayring 2010, 59), bis ein einheitliches Bild für das gesamte Material erreicht war. Eine neutrale Dokumentation[3] dieser Validierung intendierte, dass die Diskurse objektiv und rational verlaufen. Die finalen Kategorien und ihre Häufigkeiten werden im folgenden Kapitel vorgestellt.

3 Ergebnisse

In Tabelle 1 sind zunächst die aus May (2007) entlehnten Kategorien gelistet, absteigend nach ihrer absoluten Häufigkeit sowie ihrer Häufigkeit in Relation zur Gesamtcodezahl über alle Texte, jeweils von einem Textbeispiel begleitet. Es fällt auf, dass abweichend von May insgesamt 18 statt 14 Kategorien gelistet sind. Zu den 14 originären May-Kategorien sind die drei Subkategorien (a-c) der neunten Kategorie Mays entsprechend ihres eigenen Aussagegehalts sowie die unsererseits ergänzte und oben erläuterte Subkategorie 2a) hinzugekommen.

Tabelle 1:       Ökonomisch-Fachwissenschaftliche Kategorien (nach der Häufigkeit des Auftretens: Absolute Häufigkeit (= Abs. H.) und relative Häufigkeit (= Rel. H.))

Tabelle 1

Die Textbeispiele zeigen, wie nah die Formulierungen der Studierenden in vielen Fällen an einem neoliberalen Lehrbuchstil liegen. Einige Studierende stellen ihre Ökonomiekriterien auch in einen Zusammenhang, der der Argumentationslogik Mays gleicht. Ein Beispiel hierfür:

„In unseren bisherigen wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen wurde uns gelehrt, dass der Auslöser für ökonomisches Handeln die Bedürfnisse der Menschen sind. Dabei entsteht das Problem, die Bedürfnisse durch knapp bemessene Güter und Dienstleistungen zu befriedigen. Das ökonomische Prinzip ist hierfür das Grundprinzip des wirtschaftlichen Handelns und besteht aus drei alternativen Ausprägungen. Das Ziel jeder Unternehmung sollte es sein, einen größtmöglichen Gewinn bzw. Ertrag zu generieren, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben.“

Die logische Linie Bedürfnisse – Knappheit – Ökonomisches Handeln – Gewinnmaximierung ist hier nahezu identisch zu May (2007, 8-16). Diese Form der Linearität greifen wir in den folgenden Kapiteln vertiefend auf. Insgesamt bestätigt sich mit der Häufung in den Kategorien der Gewinnmaximierung und Ökonomischen Prinzipien ein dominantes Ökonomieverständnis.

Trotz dieser Dominanz mangelt es jedoch nicht an Kategorien differenzierterer, alternativer Denk- und Handlungsmuster. Tabelle 2 illustriert die Vielfalt und Verteilung der induktiv ergänzten Kategorien, die durch May-Codes nicht abgedeckt werden konnten:

Tabelle 2: Kaufmännisch-pragmatische Kategorien (nach der Häufigkeit des Auftre­tens: Absolute Häufigkeit (= Abs. H.) und relative Häufigkeit (= Rel. H.))

Tabelle 2

Diese induktiv erhobenen Codes orientieren sich an der Sprache der Studierenden und sind teilweise aus Zitaten der Studierenden gewonnene „In-Vivo-Codes“ (Kuckartz 2016, 35; Strauss 1987, 33). Wir überführten deskriptive Nennungen lediglich in die standardisierte Form ‚Wirtschaftliches Handeln...’. Einige Texte verhandelten darüber hinaus komplexere Erfahrungsberichte. Diese narrativen Elemente galt es, in Überbegriffen zu deuten, um wiederkehrende „analytische Kategorien“ zu formulieren (Kuckartz 2016, 34). Ein Beispiel hierfür ist Kategorie g): Der analytische Begriff der „psychosozialen Anreize“ wurde so nicht von Studierenden genutzt, Erzählungen nach diesem Schema waren jedoch mehrfach vertreten.

Neben der Entwicklung der Kategorien liegt ein zentrales Ergebnis unserer Erhebung in der Verteilung der Kategorien in Bezug auf die Teilfragen, die gestellt wurden. Während die May-Kategorien auffällig häufiger in der Beantwortung der ersten Teilfrage kodiert werden, wird der zweite Aufgabenteil zur Ausbildung und Berufstätigkeit auffällig häufiger mit den induktiv erhobenen Kategorien kodiert. Über das gesamte Datenmaterial dominieren also „Ökonomisch-fachwissenschaftliche Kategorien“ die erste Teilfrage zum Studium und „Kaufmännisch-pragmatische Kategorien“ die zweite Teilfrage zur beruflichen Erfahrung, jeweils im durchschnittlichen Verhältnis 2 zu 1. Da wir die Codes farblich unterschiedlich markierten, ergibt sich in MAXQDA ein klares Bild von grauen und roten Zonen, die sich nur in Ansätzen miteinander vermengen.

Das ‚Ökonomische’ und das ‚Kaufmännische’ werden von den Studierenden recht eindeutig auf ihre jeweiligen Plätze verwiesen. Ökonomische und kaufmännische Kriterien des Denkens und Handelns werden in der Regel getrennten Erfahrungsräumen zugeschrieben. Die Formulierung kaufmännischer Kriterien erschließt sich hingegen oft gerade aus einer ganz ausdrücklichen Kritik und Abkehr von ökonomischen Kriterien, wie einige „Nicht x, sondern y“-Formulierungen in Tabelle 2 illustrieren. Die induktiv erhobenen „kaufmännisch-pragmatischen Kategorien“ sind damit nicht nur Ergänzung, sondern zum Teil direkter Gegensatz zu den „fachwissenschaftlich-ökonomischen Kategorien“. Um diese Spannungsfelder begreiflich zu machen, zeigen wir im folgenden Kapitel ein heuristisches Modell.

4 Modellierung und Diskussion der Spannungsverhältnisse

In Tabelle 3 zeigen wir ein heuristisches Modell ausgewählter Spannungsverhältnisse, die sich für uns aus den erhobenen Kategorien abzeichnen. Diese Zusammenstellung wird im Folgenden an Textbeispielen aus dem Material erläutert.

Tabelle 3:     Spannungsverhältnisse ausgewählter Kategorien (eigene Darstellung)

Tabelle 3

Das augenscheinlichste Spannungsverhältnis besteht zwischen den kaufmännischen Kategorien a) und b). Dort wird diskutiert, ob wirtschaftliches Handeln entweder den eigenen moralischen Ansprüchen genügen oder diese entgegensetzt vernachlässigen muss. Manche Probanden berichteten sowohl von moralischem als auch amoralischem wirtschaftlichen Handeln. So erinnerte sich eine gelernte Immobilienkauffrau an ihre Erleichterung, dass ihr Ausbildungsbetrieb sie

„nie dazu angehalten [habe,] etwaige Mängel oder Nachteile einer Wohnung zu verheimlichen“,

da ihr dies schwergefallen wäre. Von Auszubildenden aus anderen Unternehmen wusste sie jedoch, dass dort auch Arbeitsweisen an den Tag gelegt wurden,

„die der menschlichen Moral [...] absolut widersprechen.“

Inwieweit sich in diesem Spannungsfeld der Ethik mehr dem eigenen inneren Kompass gefolgt wird oder dieser dem ökonomisch-institutionalisierten Druck zum Opfer fällt,

„wird [...] von jedem selbst festgesetzt.“

Dieses Spannungsfeld zwischen Individualethik und Institutionenethik resoniert mit klassischen Diskursen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik wie der Beck-Zabeck-Kontroverse (vgl. Tafner 2015, 233-42), der integrativen Wirtschaftsethik Ulrichs (2008) oder der Institutionenethik Homanns (1992).

Das zweite Spannungsverhältnis betrifft die Kategorien e) und f). Beide kennzeichnen ‚Han­del‘ als einen kommunikativen Akt, setzen dabei aber unterschiedliche Akzente. Während e) das assertive Vertreten von Standpunkten akzentuiert, mit der Absicht, das Gegenüber kommunikativ zu überzeugen, betont f) ein ‚Sich-aufeinander-einlassen’ und ‚Am-anderen-interessiert-sein’ im Gespräch. Mit e) sind insbesondere Berichte von Vertriebsaktivitäten kodiert, in denen das individuelle ökonomische Kalkül dominiert, in dem das Gegenüber zum Instrument der eigenen Zweckerfüllung verkommt, ihm etwas

„aufgequatscht“

wird. Unter f) wurden Textstellen aufgenommen, in denen die wechselseitige Verständigung mit dem Handels- und Gesprächspartner im Vordergrund steht. Während es bei e) also darum geht, den anderen durch rhetorische Fähigkeiten zu steuern, geht es bei f) darum sich

„abzusprechen und eine zufriedenstellende Lösung für alle zu finden.“

‚Kommunikativem Überreden/Überzeugen’ liegt insgeheim die Einseitigkeit des Interesses am eigenen Profit als Grundprinzip zugrunde, das Grundprinzip von Wertschätzung und Konsenswillen ist Gegenseitigkeit. Dieses Spannungsfeld findet Anschluss an Kommunikationsthe­orien wie die Sprechakttheorie (Austin 2010) oder Habermas‘ „Kritik der funktionalistischen Vernunft“ (2016).

Ein weiteres Spannungsfeld behandelt die Normorientierung des eigenen wirtschaftlichen Handelns. Ein Großteil der Studierenden schildert kaufmännisch-wirtschaftliches Handeln als regelgeleitetes Folgeleisten. Die Studierenden unterstreichen, wie sehr ihr Handeln durch Gesetze und Regeln eingeschränkt und vorherbestimmt wird. Neben den Vorschriften und Einschränkungen durch den Gesetzgeber wurden oft innerbetriebliche Anweisungen, Grunds­ätze und Standardisierungen herausgestellt.

„Alles in allem muss ich sagen, dass ich während meiner Ausbildung wenig in betriebliche Entscheidungen involviert war und meine Haupttätigkeit darauf beschränkt war, viele Dinge nach Anleitung zu verrichten.“

Aussagen wie diese verweisen auf eine bürokratischen Rationalität (vgl. Tramm 2014, 104), die sich an Konventionen orientiert, also kulturell bedingt und ‚menschengemacht’ ist.

Als ‚gesetzmäßig’ werden daneben auch die im Studium behandelten Inhalte empfunden. Die Wirtschaftswissenschaft strebe mathematische Ansätze, Instrumente und Beweisführungen an. Eine solch mathematisch-mechanistische Ökonomik (vgl. Graupe 2016, 341) erhebt ihre Kennzahlen, Kurven und Modellkonzeptionen zu Normen wirtschaftlichen Handelns (vgl. z. B. das „Gesetz“ vom abnehmenden Grenznutzen). Sie beansprucht damit eine Deutungshoheit über das ‚richtige’ Wirtschaften bei gleichzeitiger Betonung einer Wertfreiheit im ethischen Sinne. Tafner (2012, 37f.) sieht gerade in dieser Distanzierung von ethischen Urteilen die ausgeprägte Normativität wirtschaftswissenschaftlicher Implikationen.

Während die wirtschaftswissenschaftlichen Normen also einen quasi-naturwissenschaftlichen Geltungsanspruch erheben, sind die im praktischen Wirtschaftsbetrieb wahrgenommenen geschriebenen und ungeschriebenen Normen kulturellen Ursprungs. Während erstere einen naturgesetzlichen Wirklichkeitsanspruch stellen, sind letztere zwar herrschend bzw. vorherrschend, aber verhandel-/veränderbar.

Hinter der Idee, den Menschen Zähl- und Rechenmethoden an die Hand zu geben, steht der Wunsch, ihr vernetztes Handeln in berechenbaren Bahnen zu halten. Wirtschaftliches Handeln gilt es zu koordinieren und als „einziges wirksames Koordinationsinstrument“ identifiziert May den Markt (2007, 17). Die Wirtschaft als Zahlenwelt ist hier eine modellierte Marktwirtschaft. Nach dieser Auffassung ist der Markt selbst die einzige Größe, der Ver­trauen entgegengebracht wird. Vertrauen ist hier „herabrationalisiert“ (Casper 2017, 10). Ver­trauen schenken sich in dieser Vorstellung nicht die Menschen untereinander, sondern wird allein dem Mechanismus des Marktes entgegengebracht – eine Vorstellung, mit der die Studierenden fremdeln. In ihren Äußerungen zu Kategorie d) wird vielmehr das Vertrauen in sich selbst und in andere deutlich. Sie wünschen sich einen vertrauensvollen Umgang mit anderen Wirtschaftssubjekten und handeln dementsprechend.

Wem Vertrauen entgegengebracht wird, der muss dieses nach Aussagen der Studierenden durch eine Übernahme von Verantwortung zurückzuzahlen. Somit war den Studierenden im Rahmen ihrer kaufmännischen Tätigkeit neben dem Vertrauen auch die Verantwortung gegenüber anderen wichtig. Verantwortung für andere ist in einer marktzentrierten Auffassung hingegen keine notwendige Kategorie. Der Interessensausgleich der Wirtschaftssubjekte wird durch den Markt gewährleistet (Kategorie 9) (May 2007, 16), „jeder ist sein eigener Unternehmer“ (Kategorie 13) (May 2007, 21ff.), jeder trägt nur Verantwortung für sich selbst. Jedoch: In lediglich einem der analysierten Essays deutet sich eine solche Vorstellung im erinnerten wirtschaftlichen Handeln an. Die überwiegende Mehrheit der Studierenden unterstreicht hingegen die Idee eines wirtschaftlichen Miteinanders,

„bei dem jeder ein bisschen Verantwortung für den Rest der Gesellschaft mitträgt“.

Der Problembereich Verantwortungsbewusstsein mündet in das letzte und wohl drängendste Spannungsverhältnis, das hier diskutiert werden soll. Die wesentliche Zielorientierung in den fachwissenschaftlichen Kategorien ist die der ‚Nutzen- respektive Gewinnorientierung’ in Kategorie 6. Laut May sollte dieses „recht nüchterne Ergebnis“ nicht durch „ethische (das sind in der Regel soziale) Forderungen [getrübt werden], die das ökonomische Streben des Menschen niemals impliziert“ (May 2007, 15). Der Imperativ des Maximierens bleibt hier Zieldimension des wirtschaftenden Menschen.

Doch diese Vorstellung wird von den Studierenden relativiert. Wenngleich sie dieses Prinzip prominent kennengelernt haben und dominant wiedergeben, es bleibt nicht ohne Kritik und ausdrücklich nicht das einzige. Sie fügen Alternativmotive und -ziele des Wirtschaftens an, die in den kaufmännischen Kategorien c), h), k) und l) zusammengefasst sind.

Im Vergleich zu May verstehen die Studierenden humanistische, gesellschaftliche, ökologische und qualitative Ansprüche nicht als Rahmenbedingen des Wirtschaftens, sondern als ebenbürtige, auszuhandelnde Zielgrößen. Unter gesellschaftliche Ziele fallen hier z. B. solche, die eine versorgende oder solidarische Handlungsabsicht erkennen lassen. Unter Ökologie fallen an der Mitwelt ausgerichtete Handlungsprinzipien, die nicht rein anthropozentrisch sind (Umwelt, Ressourcen, andere Lebewesen, etc.).

Die Studierenden betonen deutlich eine Konfliktprägung von ‚Ökonomie’, ‚Ökologie’ und ‚Sozialem’, die sich im Diskurs der Beruflichen Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BBNE) verorten lässt (vgl. Vollmer/Kuhlmeier 2014, 209). Einige der gelernten Kaufleute zeigen eine hohe „Umweltsensibilität“ (ebd., 212) und thematisieren die Herausforderung der „Bewältigung moralischer Entscheidungsdilemmata“ (ebd., 216), was wiederum den Kreis zu unserem ersten Spannungsfeld schließt.

Während die Gleichwertigkeit ökonomischer, gesellschaftlicher und ökologischer Ziele stark betont wird, bleiben die Formulierungen zum Verhältnis von Gewinnstreben und Orientierung am Menschen oft unklar und undifferenziert (Kategorien c) und 6)). Ein wiederkehrendes Phänomen ist die Vermengung der Handlungsmaxime ‚Gewinnmaximierung‘ und ‚Kundenzufriedenheit‘. In einigen Fällen wird Kundenorientierung so maßgeblich als ökonomisches Mittel besprochen:

„Der Kunde ist ‚König’ und muss kompetent und kundenorientiert beraten werden. Nur dann fühlt er sich wohl, was wiederum bedeutet, dass er bereit ist, Geld auszugeben.“

„...wenn es den Kunden gut geht und [sie] wieder bei uns einkaufen [...], wird es uns auf Dauer auch gut gehen.“

Hier wird die Orientierung am Kunden letztendlich zur Gewinnerzielungsabsicht instrumentalisiert. Schlagworte wie

„faire Beratung, faire Produkte, der Kunde soll sich wohlfühlen, Freundlichkeit, Aufmerksamkeit etc. [...] fallen [...] eher unter die Überschrift ‚Deckmantel’“,

den Deckmantel bzw. das Primat einer linearökonomischen Logik. Für diese liefert bspw. der Customer Centricity-Ansatz mit seinen Erwartungswertrechnungsmethoden eines ‚Customer-Lifetime-Values (CLV)’ die entsprechende mathematische Legitimation (vgl. Lee et. al. 2015; vgl. Kumar et. al. 2009).

Doch wo liegt die Trennlinie zwischen mittelbarer Gewinnorientierung und einer unmittelba­ren Orientierung am Wohlergehen des Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiters? Entscheidend ist hier, welche der Handlungsmaxime als vorrangig, nach May als normgebende Zielgröße eingeführt wird. Eine gelernte Sport- und Fitnesskauffrau berichtet z. B. vom täglichen Kundenkontakt. Die Kunden mit ihren

„Anliegen, Wünschen und Kritiken [...] ernst zu nehmen und für ihre Zufriedenstellung zu sorgen“

sei besonders für Geschäftsbereiche des Dienstleistungssektors essenziell. Dienstleister, so stellte es eine gelernte Steuerfachangestellte heraus, stünden nämlich im Sinne ihrer Bezeichnung im Dienste ihres Kunden. Im Falle der Steuerberatung war sie sogar gesetzlich verpflichtet, ihrem Mandanten keinen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Ihr kaufmännisches Handeln richtete sich nicht nach dem Wert, den sie ihren Kunden entzog, sondern dem Wert, den sie für ihre Kunden schaffte. Wertschöpfung wird hier nicht als Abschöpfen verstanden, sondern als Schaffen neuer Werte. Der Mensch ist dem Verständnis der Kategorie c) nach nicht nur Treiber der Wirtschaft, sondern auch seine primäre Zielkategorie.

Wie in Tabelle 3 beschrieben, sehen wir in diesem Spannungsfeld einen Unterschied zwischen eindimensionalen, formalen Zielorientierungen einer- und mehrdimensionalen, sachlichen Zielorientierungen andererseits. Einigen Studierenden gelingt es, dieses Spannungsfeld in ihren Texten gebündelt zum Ausdruck zu bringen. Sie erfassen ihre eigenen „Handlungssituationen [...] ganzheitlich, mehrdimensional und mehrperspektivisch statt analytisch-reduktionistisch [...]. Statt linearer Modelle mit wenigen Einflussfaktoren werden komplexe Wechselwirkungen, Rückkopplungen, Fern- und Nebenwirkungen, indirekte und zeitlich versetzte Effekte berücksichtigt“ (Tramm 2014, 105). Diese Merkmale einer systemisch-ökonomischen Rationalität stehen im Kontrast zu einer im Ökonomiestudium vornehmlich wahrgenommenen linear-ökonomischen Rationalität und der auf betriebliches Folgeleisten beschränkten bürokratischen Rationalität (vgl. ebd.).

Im folgenden Kapitel erörtern wir Konsequenzen und Desiderate, die aus solchen Spannungen ökonomischer und kaufmännischer Rationalitäten für die damit verbundenen Referenzsysteme Ökonomischer Bildung und Kaufmännischer Bildung erwachsen.

5 Das Kaufmännische als Orientierung des Ökonomischen?

Wir werfen zunächst einen Blick zurück auf die fachwissenschaftlichen ökonomischen Kategorien nach May. In unserer Darstellung sind diese nach der Häufigkeit ihrer Kodierung sortiert (Tabelle 1), bei May aber haben sie eine narratologisch-sinnhafte und entsprechend fortschreitend nummerierte Gliederung (vgl. May 2007, 8-31).

Ausgehend von der conditio humana der Bedürfnisbefriedigung unter Güterknappheit und dem daraus resultierenden Zwang zum wirtschaftlichen Handeln, folgen die weiteren Kategorien in einer fortlaufenden Logik, die, wie oben erwähnt, jedoch ohne empirische Befunde oder Konkretisierungen verbleibt. Jede seiner fachwissenschaftlichen Kategorien erwächst scheinbar zwingend und logisch aus der vorherigen. In der Aneinanderreihung von Schlussfolgerungen betreibt May eine deduktive Ableitung, eine Reihe von Syllogismen.[4] Mays fachwissenschaftliches Kategoriensystem steht damit exemplarisch für eine lineare Denk- und Ordnungslogik Ökonomischer Bildung.

In Abbildung 2 ist die Art und Weise veranschaulicht, wie das „Stoffallgemeine“ (May 2007, 7) in einem solch linearen Verständnis von Ökonomischer Bildung aus der Fachwissenschaft abgeleitet wird. Die Bezugswissenschaft ist der Ausgangspunkt der wesentlichen und exemplarischen Lerngegenstände, die unter der Nebenbedingung eines gewissen Bildungsverständnisses selektiert werden.

Im Gegensatz dazu ist die Kaufmännisch-Berufliche Bildung traditionell gekennzeichnet durch ein Zusammenspiel der curricularen Relevanzkriterien Wissenschafts-, Situations- bzw. Praxis- und Subjektorientierung (vgl. Reetz 1984, 84-107). Die gewonnenen Lerngegenstände sollen den theoretischen Anforderungen der Wissenschaft, den situativen Anforderungen im praktischen Feld und den bildungsideellen Ansprüchen der Lernsubjekte gleichermaßen genü­gen. Das ‚Bildende‘ ist hier nicht allein ‚Stoffallgemeines‘. Es wird aus ökonomisch-kaufmännisch geprägten Situationen und damit tendenziell induktiv gewonnen (vgl. Fischer 2014, 36).

Abbildung 2: Referenzsysteme Ökonomischer und Kaufmännischer Bildung (eigene Darstellung)Abbildung 2: Referenzsysteme Ökonomischer und Kaufmännischer Bildung (eigene Darstellung)

Gegenwärtig weisen diese Referenzsysteme Ökonomischer und Kaufmännischer Bildung weder konzeptionell noch ideell tragfähige Berührungspunkte auf. Vor diesem Hintergrund erscheinen die vorgestellten Ergebnisse eines konträren kaufmännischen und ökonomischen Denkens noch einmal in einem anderen Licht: Wo Ökonomische und Kaufmännische Bildung in ihren pädagogischen Zielvorstellungen und Konzepten divergieren, ist es wenig verwunderlich, dass sie ein konträres Denken und Handeln zur Folge haben.

Die Linearität Ökonomischer Bildung wird an dem Punkt bedauerlich, wo ein geleitetes Denken entsteht. Es werden Wissens- und Erkenntnistechniken entwickelt und lediglich prinzipientreu angewendet (vgl. Klafki 2007, 31). Ökonomisch ‚Gebildete‘ werden dann darauf getrimmt, ‚rein‘ ökonomisch zu denken. Sie bewegen sich in einem kongruenten, in sich geschlossenen Gedankensystem, was schon lange und ausführlich ideologiekritisch diskutiert wird. So zeigt z. B. Tafner (2015, 478ff.), wie die lineare Logik der Ökonomik zur selbstreferenziellen Reifikation neigt: Sie schafft sich selbst die ‚Fakten‘, die sie zu erklären vermag. Ökonomische Bildung aber wäre gefragt, Zirkelschlüsse durch Bezüge auf weitere wissenschaftliche Disziplinen zu durchbrechen, damit insbesondere das Modellhafte der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie bewusst gemacht wird. Schließlich müssen sich wissenschaftliche Modelle empirisch-praktisch – das heißt hier: für konkrete Subjekte in konkreten Situationen – bewähren.

Kaufmännische Bildung scheint dementgegen konzeptionell besser gewappnet vor Zirkelschlüssen, durch ihre beruflich immanente Subjekt- und Praxisorientierung. Die aufgezeigten Kaufmannskategorien zeugen von alternativen und gegensätzlichen Handlungskriterien, die in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit den unterschiedlichen inneren Überzeugungen und Haltungen der Befragten und ihrer vielfältigen Praxis gerecht werden. Sie fordern in Spannungsfeldern zum Diskurs heraus, anstatt sich mit positivistischen Setzungen und dem Etikett des Gesetzmäßigen zu immunisieren.

Die aufgeworfenen Spannungsfelder bergen ein bildendes Potential, da sie Schranken und Möglichkeiten des eigenen Denkens und Handelns markieren. Sie fordern zu einer individuellen Positionierung auf und schaffen so Gelegenheit, sich die Involviertheit der eigenen Person in ein Problem begreifbar zu machen. Gleichzeitig bieten sie Begriffe für eine sprachlich-analytische Distanz, die Reflexion, Diskurs und gemeinschaftliche Problemlösung ermöglicht. Die Thematisierung von Spannungsfeldern schult so die Urteilskraft, „den vermittelnden Begriff“ (Kant 1974, 108) zwischen der instrumentellen Rationalität des Verstandes und der Vernunft als „reflexiven Modus“ (Klafki 2007, 31) jener Rationalität. Die Anwendung verstandesmäßiger Handlungsprinzipien ökonomischer und kaufmännischer Rationalität for­dert schließlich stets vernunftsmäßig erschlossene (vgl. ebd.). Vereinfacht: Jedes „Wie?“ braucht ein „Wozu?“ und „Warum?“.

Ökonomische Bildung nach dem bislang diskutierten Verständnis fordert ein solches Fragen nur unzureichend heraus. Im linearen Ableiten ökonomischer Lerngegenstände wird der Fokus auf Situation und Subjekt (und damit auf Handlungs- und Urteilsfähigkeit) vernachlässigt. Der Lernende soll ökonomisch denken und handeln, sich ‚seines Verstandes bedienen’, ohne seine Vernunft zu formen. Projiziert sich dann noch die ökonomische Rationalität als alleinige „Erkenntnisperspektive“ (Fischer 2014, 31) linear auf den Lerngegenstand selbst, sei er ökonomischen oder nicht-ökonomischen Ursprungs, wird die Vernachlässigung gar ideolo­gisch (vgl. Graupe 2013). Eine ‚Ökonomistische Bildung’ verhindert den kritischen Blick auf die ökonomische Rationalität, ihr selbstdefinierendes Prinzip. Hierin sehen wir den zentralen Moment der Verschränkung von Ökonomisierung in der Bildung und ökonomischer Bildung, die in dieser Ausgabe von bwp@ thematisiert wird. 

Die Destillation exemplarischer Lerngegenstände aus den Spannungen der gleichrangigen (!) curricularen Relevanzkriterien Wissenschafts-, Situations- und Subjektorientierung hingegen eröffnet einen kritisch-reflexiven Blick auf das, was die Ökonomie (und andere Bezugswissenschaften) an Strukturen und Kategorien bereit hält. Dies gilt auch für unsere Studierenden: In ihren Essays gelang es ihnen, im Rückblick auf ihre kaufmännischen Handlungsfelder, Zusammenhänge und Konflikte zwischen Praxis, subjektiven Überzeugungen und fachwissenschaftlicher Theorie herzuleiten und in Spannungen zu verbalisieren. Ein verstärkter (Rück-)Bezug ‚wirtschaftlicher’ Bildung auf diese Tradition Kaufmännisch-Beruflicher Bildung könnte einen Beitrag dazu leisten, im Sinne Reinischs Gelegenheiten für die Professions- und Stil-Bildung angehender Wirtschaftspädagog(inn)en zu schaffen.

6 Zusammenfassung und methodologische Einordnung

Die vorgestellte Erhebung zeigt unter Lehramtsstudierenden wirtschaftsberuflicher Fachrichtung eine Dominanz einiger weniger zentraler ökonomischer Denkmuster, die einem monodisziplinären Ökonomieverständnis entsprechen. Über dies hinaus formulieren die Studierenden jedoch eine Vielzahl alternativer Muster aus dem Erfahrungsraum kaufmännischer Praxis, nicht selten aus der direkten Kritik der ‚ökonomischen‘ Kriterien heraus. Das spezifisch kaufmännische Denken zeichnet sich im Vergleich zum ökonomischen durch ein häufig komplexeres, widersprüchlicheres und damit, in der Wahrnehmung der Befragten, wirklichkeitsnäheres Verständnis aus.

Letztendlich müssen die hier vorgestellten Ergebnisse jedoch vor dem Hintergrund typischer Limitationen qualitativer Forschung verstanden werden. Wir stellen das Ergebnis einer explorativen Erhebung unter Menschen mit spezifischer Bildungs- und Berufserfahrung vor. Die Studierenden nehmen schriftlich reflexive, d.h. biographische Deutungen ausgewählter Erlebnisse vor (vgl. Hahn 1988; Nassehi 1994) Mit den untersuchten Kurzessays wird also keineswegs eine objektive Wirklichkeit erfasst, sondern es werden subjektive Analysen und Interpretationen von subjektiv rekonstruierten Lebensauszügen dargestellt (vgl. Charmaz 2005, 510). Die vorgestellten Kategorien sind ‚grounded’, im Material verwurzelt und begründet – aber nicht gesetzmäßig ‚validiert‘ (vgl. Dey 2011, 174).

Ein der Grounded Theory zugewandtes Selbstverständnis zeigt sich auch im pragmatistischen Stil unserer Forschung. Unserem epistemologischen Grundverständnis nach lassen sich Ideen, Erkenntnisse, Einstellungen usw. eines Menschen auf sein Handeln beziehen, bzw.: Sie vollziehen sich im Handeln (vgl. Equit/Hohage 2016, 15). Besonders im zweiten Abschnitt des Schreibimpulses wird diese Idee des Pragmatismus erkennbar. Die Studierenden sollten die Verknüpfung aus Handlung und Theorie selbst herstellen, indem sie jene Orientierungen hervorbringen, denen sie in ihrem „beruflichen Handeln gefolgt“ sind. Sie reflektieren damit in ihren Essays die Gebundenheit ökonomisch-kaufmännischer Theorie und beruflich-kaufmännischer Praxis. Das Verständnis von Lernen ist bei uns an die Bewährung in einer sozialen Lebenssituation geknüpft – im Fall der Studierenden bezogen auf ihren studien- und kaufmannspraktischen Kontext (vgl. Equit/Hohage 2016, 15; vgl. Bryant 2009, 14f.). Ganz in diesem Sinne ist unser Erkenntnisinteresse unserem eigenen Handlungsraum geschuldet und primär auf diesen zu beziehen: Unserem Gestaltungsinteresse an besserer Ökonomischer und Kaufmännischer Bildung.

Für den weiteren Diskurs und die Gestaltung Ökonomischer (Allgemein-)Bildung und Kaufmännischer (Berufs-)Bildung lassen sich aus diesem Beitrag schließlich zwei Desiderate zusammenfassen, die wir uns als reflexive Bewegungen vorstellen:

  1. Weg vom Primat der Wissenschaftsorientierung – hin zu einer gleichrangigen Orientierung an den curricularen Relevanzkriterien Wissenschaft, Situation und Subjekt (betrifft die Frage: Was ist ‚Kaufmännisch-Ökonomische Bildung‘?); und
  2. weg von einem kanonischen Bildungsverständnis mit positivistischen Setzungen als Lerngegenständen – hin zu einem kritisch-kommunikativen Bildungsverständnis, das Spannungsfelder zu den zentralen Lerngegenständen ernennt (betrifft die Frage: Was ist ‚Kaufmännisch-Ökonomische Bildung‘?).

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[1] Wir schreiben „Kaufmännische Bildung“ und „Ökonomische Bildung“ bewusst groß, mit der Begründung von Casper 2017, 4: Wir wollen „nicht ausdrücken […], wie diese Form von Bildung ist, also kaufmännisch oder ökonomisch im Sinne eines echten Adjektivs. Sie kann und darf nur in dem Sinne substantiviert Kaufmännisch sein, als dass es sich um die Bildung handelt, die entweder ein Kaufmann hat (als Subjekt, als Handelnder), oder die in einem bestimmten Ausschnitt der Lebenswelt entsteht, also in der Auseinandersetzung mit einem Gegenstand, der sich als Kaufmännisches (als Objekt, als Medium) beschreiben ließe. Sonst würden wir dem Begriff ‚Bildung‘ kaum gerecht.“

[2] Der wirtschaftswissenschaftliche Anteil nimmt an der Universität Hamburg 90 Leistungspunkte des in insge­samt 180 Leistungspunkten strukturierten Bachelorstudiums ein. Auf erziehungswissenschaftliche Module fal­len 35 Leistungspunkte, der Rest auf ein zweites Unterrichtsfach. Die Gewichtung der Teilstudiengänge begründet sich in der polyvalenten Ausrichtung des Grundstudiums. Neben der Vorbereitung auf den Schul­dienst qualifiziert es auch für Beschäftigungen in der Privatwirtschaft. Aufgrund der höher gewichteten Fachwissenschaft wird es mit dem Titel ‚Bachelor of Science’ abgeschlossen. Der konsekutive Studiengang zum ‚Master of Education’ hat in diesem Sinne eine stärkere erziehungswissenschaftliche Prägung.

[3] Unser Dank gilt Liv Leber, die uns in allen Arbeitsschritten organisatorisch unterstützt und unsere Diskurse dokumentiert hat.

[4] Genau genommen handelt es sich im Aristotelischen Sinne um ethymemische Schlüsse, bei denen die typische dreiteilige Struktur syllogistischer Figuren nicht explizit genannt werden („A ist B“, „B ist C“, „Dann ist A auch C“). Wie die von Aristoteles beispielhaft hervorgebrachten Enthymeme (vgl. 2002, II 23, 1397a11f; I 2, 1357b11-19) liest sich auch Mays Argumentationskette als lineare Folge von ‚Wenn A, dann B’-Konstruktionen. Unabhängig vom terminologischen Streitpunkt stellen Ethymeme für Aristoteles trotz ihrer (im Vergleich zu Syllogismen) verkürzten Form keineswegs einen defizitären Modus des logischen Schließens dar. Sowohl syllogistische als auch ethymemische Schlussfolgerungen können „den Grund von etwas [...], sein Warum“ (Hetzel 2011, 165) angeben. Eine Begründung ist jedoch kein Gesetz.

Zitieren des Beitrags

Thrun, T./Casper, M./Bauer, N. (2018): Ökonomisches Handeln oder Kaufmännisches Handeln? Eine Inhaltsanalyse studentischer Essays über Kriterien des ‚Wirtschaftens’. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 35, 1-23. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe35/thrun_etal_bwpat35.pdf (13.12.2018).