bwp@ Spezial 7 - November 2013

Weiterentwicklung dualer Berufsausbildung: Konsekutiv, kompetenzorientiert, konnektiv. Erfahrungen und Impulse aus dem Schulversuch EARA

Hrsg.: Karin Wirth, Frank Krille, Tade Tramm & Thomas Vollmer

Schulische Begleitung der 1,5-jährigen betrieblichen Vollzeit-Ausbildungsphase der Kaufleute für Bürokommunikation im Rahmen des Schulversuchs EARA

Beitrag von Stefan Befeldt & Anne-Kathrin Rauh

1 Einleitung

Eine Besonderheit des Schulversuchs EARA ist die zeitliche Phasierung der dualen Ausbildung zum/zur Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation. In den ersten zwei Jahren findet die Ausbildung ausschließlich im Lernort Schule statt. Neben den Inhalten der Fachhochschulreife wird der komplette schulische Ausbildungsteil vermittelt. Eine Verknüpfung zur Praxis erfolgt lediglich innerhalb der acht Wochen Praktikum, die alle Schüler in ihren Ferien absolvieren müssen. Nach erfolgreichem Abschluss der ersten zwei Jahre, können die Schüler die eineinhalbjährige praktische Ausbildungsphase anschließen, um die duale Ausbildung zum/zur Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation abzuschließen. Diese Phase findet ausschließlich im Lernort Betrieb statt.

Aufgrund dieser Konstellation ergeben sich gegenüber der klassischen dualen Ausbildung veränderte Voraussetzungen und Anforderungen. Der Lernort Schule steht in den ersten zwei Jahren zunächst vor der Herausforderung, im Rahmen von Lernarrangements betriebliche Praxis zu simulieren und betriebliche Praxisphasen zu integrieren. In den sich anschließenden eineinhalb Jahren empfängt der Lernort Betrieb dann Auszubildende mit einem soliden kaufmännischen Grundverständnis und einem ersten Fundus beruflicher Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz. Zudem stehen die Auszubildenden dem Betrieb in Vollzeit zur Verfügung. Um den Ausbildungserfolg zu gewährleisten, sieht sich die Schule auch in dieser Phase der Ausbildung weiterhin in Verantwortung. Insbesondere versteht sie es als Herausforderung,

  • die Auszubildenden dabei zu unterstützen, das theoretisch erworbene Schulwissen in der Praxis anzuwenden bzw. mit praktischen Fragestellungen zu verknüpfen.
  • ihnen Hilfestellung zu geben, um aus den konkreten, alltäglichen Arbeitsprozessen heraus Verallgemeinerungen ab- und Lernprozesse einzuleiten.
  • einen überbetrieblichen, fachlichen und sozialen Austausch für die Weiterentwicklung der Auszubildenden untereinander zu realisieren.
  • die Auszubildenden ohne den Partner Schule auf die zum großen Teil auf Schulwissen basierende Abschlussprüfung der Handelskammer vorzubereiten.

Für die erfolgreiche Bewältigung der genannten Herausforderungen hat die Berufliche Schule für Büro- und Personalmanagement (BSBP) Bergedorf zur Unterstützung von Auszubildenden und Betrieben ein schulisches Begleitangebot entwickelt, das auf den folgenden Seiten ausführlich vorstellt wird. Hierzu wird zunächst das Konzept mit seinen 4 Eckpfeilern erläutert. Anschließend werden die Rückmeldungen von Auszubildenden und Betrieben sowie die Erfahrungen der beteiligten Lehrkräfte beschrieben. Daraus ergeben sich Empfehlungen und mögliche Perspektiven dieses Konzepts.

2 Das Konzept

2.1 Organisatorischer Rahmen

Das schulische Begleitband zur betrieblichen Ausbildungsphase findet regulär an einem Nachmittag im Monat für vier Zeitstunden statt. Der erste von insgesamt 16 Terminen ist circa einen Monat nach Beginn der betrieblichen Ausbildungsphase im September angesetzt. Vor der schriftlichen und praktischen Abschlussprüfung im November finden die Termine geblockt viermal hintereinander im Wochenrhythmus statt. In den verbleibenden zwei Monaten bis zur mündlichen Prüfung folgen keine weiteren Termine.

Die Teilnahme ist für die Auszubildenden freiwillig, für die Betriebe besteht keine Verpflichtung zur Freistellung der Auszubildenden. Um die betrieblichen Abläufe so wenig wie möglich zu stören und eine möglichst hohe Anzahl an Teilnehmern zu gewinnen, werden die Termine jeden ersten Freitagnachmittag im Monat angeboten.

Durchgeführt wird das Begleitband von den ehemaligen Klassen- und Lernfeldlehrern der Auszubildenden. Dadurch besteht bereits ein Vertrauensverhältnis und die Lehrer können das Begleitband aufgrund der Vorerfahrungen mit ihren ehemaligen Schülern gezielter vorbereiten und in der methodisch-didaktischen Ausgestaltung berücksichtigen. Zudem entfällt ein zeitintensives Kennenlernen. Die Lehrerteams sind so besetzt, dass sämtliche Prüfungsinhalte der Handelskammerprüfung durch das Team inhaltlich abgedeckt werden.

Im Allgemeinen gliedert sich jede Begleitband Sitzung in folgende Phasen:

  • Ankommen und „Befindlichkeitsrunde“ zur Situation in den Ausbildungsbetrieben
  • Inhaltliche Bearbeitung eines Schwerpunktthemas, in der Regel auf Basis von Erkundungsaufträgen oder Prüfungsvorbereitung für ein Fach
  • Pause
  • Inhaltliche Bearbeitung eines zweiten Schwerpunktthemas, i. d. R. auf Basis von Erkundungsaufträgen oder Prüfungsvorbereitung für ein Fach
  • Organisatorisches, Ausblick auf nächste Sitzung, eventuell Besprechen eines neuen Erkundungsauftrages

2.2 Inhaltliche Ausgestaltung

In Bezugnahme auf die speziellen Anforderungen an die betriebliche Ausbildungsphase dieser Schul- bzw. Ausbildungsform beinhaltet das Konzept vier Eckpfeiler:

2.2.1 Der Austausch und die Reflexion betrieblicher Erfahrungen, gegebenenfalls ergänzt um die Aufarbeitung sich daraus ergebender Fragestellungen

Die Begleitbandtermine bieten den Auszubildenden die Möglichkeit, sich mit bekannten beziehungsweise befreundeten Mitauszubildenden auszutauschen, die sich alle in der gleichen Ausbildungsphase befinden. Die eigene Situation im Betrieb kann auf diese Weise verglichen, bewertet und eingeordnet werden. Mögliche Probleme und Fragen können in dieser Gruppe gut und vertraulich thematisiert werden. Dies geschieht informell vorher, in den Pausen und hinterher sowie in einer angeleiteten Phase während des Begleitbandtermins. In der ersten Phase jeder Sitzung werden die Auszubildenden durch unterschiedliche Methoden und Fragestellungen dazu aufgefordert, sich zum Einsatzbereich und zur derzeitigen Situation im Betrieb zu äußern. Aus dieser Runde resultieren gegebenenfalls weiterführende Fragen, die im Anschluss gemeinsam oder aber in Einzelgesprächen aufgearbeitet werden können.

Darüber hinaus bietet diese Phase auch die Möglichkeit, organisatorische (Berichtsheft, Wahl der mündlichen Prüfungsthemen, …) und inhaltliche Fragen einzubringen, die bei Bedarf und innerhalb des zeitlichen Rahmens entweder sofort bearbeitet oder aber für die folgenden Sitzungen eingeplant werden. Dadurch haben die Auszubildenden die Möglichkeit, auf die inhaltliche Gestaltung der Begleitbandtermine Einfluss zu nehmen.

2.2.2 Die Verknüpfung von Theorie und Praxis durch die Bearbeitung ausgewählter theoretischer Themen und die Arbeit mit Erkundungsaufträgen

In zwei Jahren Schule haben sich die Auszubildenden mit fast allen für die Ausbildung relevanten Inhalten bereits intensiv beschäftigt. Das Ziel des schulischen Begleitbandes ist es, Anknüpfungspunkte dieser zentralen Themenbereiche zur erlebten betrieblichen Praxis zu reflektieren.

In der ersten Begleitbandsitzung beschäftigen sich die Auszubildenden beispielsweise mit ihren Rechten und Pflichten als Auszubildende und anderen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausbildung. Weitere Themen werden durch Erkundungsaufträge bearbeitet. Diese Erkundungsaufträge stellen einen wesentlichen Bestandteil des Begleitbandes dar. Sie dienen als Grundlage, um Erfahrungen und Erkenntnisse aus der betrieblichen Praxis zu reflektieren und systematisch zu bearbeiten. Dabei erhalten die Auszubildenden den Auftrag, von einem Begleitbandtermin zum nächsten bestimmte Abläufe und Strukturen ihres Ausbildungsbetriebes unter die Lupe zu nehmen. Über die 16 Begleitbandtermine hinweg erhalten die Auszubildenden insgesamt fünf Erkundungsaufträge zu den Themen:

  • Organisation des Ausbildungsbetriebes (Ablauf-/Aufbauorganisation, Vollmachten)
  • Registratur (Ablageverfahren, Archivierung, Dokumentenmanagement)
  • Beschaffung (Zuständigkeiten, Ablauf des Prozesses)
  • Absatz (Kundengewinnung/-pflege, Absatzwege, Werbung, Produktpolitik)
  • Personal (Ablauf Bewerbungsverfahren, Entscheidungsfindung)

Die Auszubildenden erhalten durch die Erkundungsaufträge die Möglichkeit, sich über zentrale Prozesse in ihrem Ausbildungsbetrieb einen Überblick zu verschaffen und diese mit ihrem theoretischen Vorwissen in Verbindung zu bringen. Dies ist besonders hilfreich, wenn die Auszubildenden im Rahmen ihrer Ausbildung nicht in all diesen Bereichen eingesetzt werden und deshalb ansonsten nicht ausreichend Gelegenheit bekommen, sich einen Einblick zu verschaffen.

Die Erkundungsaufträge werden in den darauffolgenden Sitzungen ausgewertet. Die Auszubildenden stellen ihre recherchierten Ergebnisse vor und arbeiten mit ihren Ergebnissen im Rahmen vorgegebener Aufgabenstellungen weiter. Eine wesentliche Erkenntnis dieser Phasen ist in der Regel, dass Dinge in jedem Ausbildungsbetrieb anders laufen, sich aber hinter allen Abläufen gemeinsame rechtliche und fachliche Grundkonstrukte wiederfinden. Dies ermöglicht eine ideale Verknüpfung von Theorie und Praxis.

Alternativ zu den Erkundungsaufträgen gibt es teilweise auch weniger umfangreiche Aufgabenstellungen, zum Beispiel das Mitbringen eines Geschäftsbriefes, um diesen hinsichtlich der Einhaltung von DIN-Regeln zu untersuchen und damit einen Einstieg in die Prüfungsvorbereitung Informationsverarbeitung zu ermöglichen.

2.2.3 Die Vorbereitung auf die schriftliche und praktische Handelskammerprüfung

Die Auszubildenden müssen am Ende der betrieblichen Ausbildungsphase die vollständige Abschlussprüfung der Handelskammer absolvieren. Die Inhalte werden zwar alle in der zweijährigen Schulphase vermittelt, es liegen jedoch knappe eineinhalb Jahre zwischen dem letzten Schulbesuch und der Prüfung. Deshalb ist die Prüfungsvorbereitung ein wesentlicher Bestandteil des schulischen Begleitbandes. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit und unter Berücksichtigung der anderen Bestandteile des Begleitbandes ist es jedoch nicht möglich, eine alle Bereiche umfassende Prüfungsvorbereitung anzubieten.

Die Prüfung zum/zur Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation beinhaltet folgende Einzelprüfungen:

  • Schriftliche Prüfung:
    • Bürowirtschaft
    • Wirtschaft und Soziales
    • Betriebslehre
  • Praktische Prüfung:
    • Informationsverarbeitung
    • Mündliche Prüfung

Schwerpunkt der Prüfungsvorbereitung bilden einerseits die Themenfelder, die den Auszubildenden erfahrungsgemäß am meisten Probleme bereiten und andererseits die Themenfelder, für die in vielen Betrieben nicht oder nur unzureichend praktische Einblicke gewährt werden (können). Es handelt sich um die Prüfungsbereiche „Betriebslehre“ (vor allem Rechnungswesen) und „Informationsverarbeitung“. Diese beiden Bereiche werden in Teilthemen unterteilt und über die gesamte Laufzeit des Begleitbandes immer wieder aufgegriffen. Bearbeitet werden die Themen anhand von kurzen Wiederholungen/Einstiegen, übersichtlichen Zusammenfassungen und Aufgaben, die die Fragestellungen in der Prüfung realistisch nachbilden.

Darüber hinaus werden im Rahmen der Auswertung der Erkundungsaufträge zum Thema passende Prüfungsaufgaben bearbeitet, wodurch auch Teile der Prüfungsbereiche „Wirtschaft und Soziales“ sowie „Bürowirtschaft“ abgedeckt werden.

Eine letzte intensive Prüfungsvorbereitung erfolgt in den Sitzungen direkt vor der Abschlussprüfung. Die Auszubildenden bearbeiten vorab zuhause/im Betrieb in jedem schriftlichen Prüfungsfach eine alte Prüfung. Diese wird dann in den folgenden Begleitbandsitzungen ausführlich besprochen. Zudem wird eine komplette Informationsverarbeitungsprüfung simuliert, besprochen und realistisch bewertet.

In der letzten Sitzung der Begleitbandreihe werden mündliche Prüfungssituationen durchgespielt.

2.2.4 Die regelmäßige Kommunikation mit den Ausbildungsbetrieben im Sinne der Lernortkooperation

Die besondere Form der Ausbildung macht es notwendig und bietet gleichzeitig die Chance, im Sinne der Lernortkooperation eine intensive Kommunikation mit den Ausbildungsbetrieben zu pflegen. Aufgrund der Freiwilligkeit des Angebots wird bereits vor dem Start der Kontakt zu den Ausbildungsbetrieben gesucht, um sie und die Auszubildenden für die Teilnahme an dem schulischen Begleitband zu gewinnen. Alle Ausbildungsbetriebe und Ausbilder werden in einer Adressliste erfasst und erhalten zu jeder Begleitbandsitzung E-Mails mit organisatorischen Hinweisen, Foto- bzw. Ergebnisprotokollen der Sitzungen sowie gegebenenfalls neuen Erkundungsaufträgen. Die Betriebe sind so jederzeit umfassend über das schulische Begleitband informiert und können ihre Auszubildenden unter anderem bei der Bearbeitung der Erkundungsaufträge unterstützen.

Neben den Ausbildern erhalten auch die Auszubildenden nach jeder Sitzung eine E-Mail mit den gleichen Inhalten sowie Aufgaben oder Lösungen aus der entsprechenden Begleitbandsitzung.

3 Rückmeldungen und Erfahrungen

Die Rückmeldungen und Erfahrungen beziehen sich auf den ersten Durchgang des schulischen Begleitbandes. Mit den Teilnehmern wurden zur Halbzeit sowie am letzten Termin Evaluationen beziehungsweise Feedbackgespräche durchgeführt, deren wesentliche Ergebnisse nachfolgend skizziert werden sollen.

Insgesamt wird das Begleitband von den Teilnehmern als sehr positiv wahrgenommen. Insbesondere der Austausch sowie die Reflexion betrieblicher Erfahrungen (formell in der „Befindlichkeitsrunde“, informell vor und nach dem Begleitband und in den Pausen) werden von den Auszubildenden dabei hervorgehoben. Die Möglichkeit, in vertraulicher Runde gleichermaßen über Erfolgserlebnisse und Unsicherheiten beziehungsweise Probleme sprechen zu können, kombiniert mit den regelmäßigen Berichten aus den Betrieben, die die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Ausbildung deutlich machen, wird von den Auszubildenden sehr geschätzt.

Im Rahmen der Prüfungsvorbereitung schätzen die Auszubildenden vor allem die Arbeit mit Prüfungsaufgaben sowie die als Lernhilfen und Zusammenfassungen entwickelten Handouts und Mindmaps. Dass aufgrund des zeitlichen Rahmens des Begleitbandes nur eine akzentuierte Prüfungsvorbereitung möglich ist, können die Teilnehmer nachvollziehen, bewerten es aber gleichzeitig als suboptimal.

Daran anschließend wünschen sie sich den organisatorischen Rahmen betreffend weitere Anpassungen. Insbesondere wünschen sich die Teilnehmer einen anderen Termin als den Freitagnachmittag für die Durchführung des Begleitbandes - idealerweise einen Tag in der Wochenmitte und ohne die Verpflichtung, vorher noch in den Ausbildungsbetrieb zu müssen. Zudem werden vereinzelt vor der Prüfung ganztägige Intensivkurse sowie allgemein eine kürze Taktung der Termine (2x im Monat) angeregt. Als förderlich empfunden wird die Vereinbarung, die Taktung zumindest unmittelbar vor der Prüfung auf einmal pro Woche zu erhöhen, auch wenn dies zu Lasten der Termine nach der schriftlichen Prüfung geschieht.

Allgemein wird von den Teilnehmern moniert, dass das Absolvieren der kompletten Abschlussprüfung am Ende der fast rein betrieblichen Phase problematisch ist und zumindest Teile (vergleichbar zu Durchgang D08) ans Ende der schulischen Phase vorgezogen werden sollten. Das Begleitband reiche in der zeitlichen Taktung beziehungsweise Intensität nicht aus, um das erforderliche Fachwissen in einer prüfungsrelevanten Form präsent zu haben. Das praktische Erfahrungswissen, das in den eineinhalb Jahren im Ausbildungsbetrieb erworben wird, fokussiere zudem andere Kompetenzbereiche als die schriftlichen Prüfungsaufgaben.

Alles in Allem lässt sich nicht nur aus den Evaluationsergebnissen der Teilnehmerbefragungen, sondern auch aus den punktuellen Rückmeldungen der Ausbildungsbetriebe entnehmen, dass das schulische Begleitband als eine sinnvolle und hilfreiche Maßnahme empfunden wird. Gelobt wird von deren Seite vor allem die gute und regelmäßige Kommunikation via E-Mail. Alle Ausbildungsbetriebe fühlen sich über den Stand und die Inhalte des Begleitbandes gut informiert.

Die Rückmeldungen der Auszubildenden und Betriebe decken sich zum großen Teil mit den Erfahrungen der unterrichtenden Lehrer. Grundsätzlich begrüßt man, dass die Einrichtung eines Begleitbandes seitens der Schulleitung beziehungsweise seitens des Projektträgers Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) überhaupt ermöglicht wird. Der zur Verfügung gestellte zeitliche Rahmen reicht allerdings bezüglich des Bausteins „Prüfungsvorbereitung“ nur bedingt aus, zumal die Abschlussprüfung vollständig nach eineinhalb Jahren ohne Schulbesuch absolviert werden muss. Da die Abschlussprüfung viele Inhalte enthält, die berufsschulisches Wissen fokussieren, wäre ein Vorziehen von Teilen der Prüfung, zumindest aber eine zeitlich intensivere Prüfungsvorbereitung wünschenswert. Ausgenommen der Prüfungsvorbereitung scheint die monatliche Taktung der Begleitbandtermine zweifelsohne sinnvoll und ausreichend. Als suboptimal hat sich der Freitagnachmittag als Begleitbandtermin herausgestellt. Die Auszubildenden haben eine lange Woche sowie einen arbeitsreichen Vormittag hinter sich und deshalb Mühe, sich über die vier Zeitstunden zu konzentrieren. Ein effektiveres Arbeiten wäre an einem anderen Wochentag, idealerweise vormittags, möglich. Hier ließe sich gegebenenfalls in Absprache mit den Ausbildungsbetrieben eine lernförderliche Regelung finden.

Der Austausch und die Reflexion betrieblicher Erfahrungen im Rahmen einer moderierten und methodisch begleiteten Befindlichkeitsrunde werden als äußerst bedeutsam wahrgenommen. Die Auszubildenden bekommen einen Einblick in die Betriebe und Situation der Anderen und können ihre eigenen Erfahrungen besser einordnen und in Relation setzen. Sie sehen, dass bestimmte Themen und Probleme nicht nur sie, sondern auch andere betreffen. Die Auszubildenden sind alle in der gleichen Situation und können sich gegenseitig Tipps und Hilfestellungen geben. Um es in den Worten eines Teilnehmers zu formulieren: „häufig hilft auch schon das einfache Darüber-Reden, um sich besser zu fühlen“. Zudem ergeben sich aus diesen Runden Impulse für die weitere Planung der aktuellen oder nächsten Begleitbandtermine.

Die Arbeit mit Erkundungsaufträgen wird ebenfalls als gelungen und sinnvoll angesehen. Die Erkundungsaufträge werden auf Basis der in der Schule behandelten Themen konzipiert. Die Auszubildenden setzen sich in ihren Ausbildungsbetrieben mit den Aufgaben auseinander und bilden die unternehmensspezifischen Prozesse und Strukturen ab. Bei der Auswertung der Erkundungsaufträge kann nun eine sinnvolle Verknüpfung zwischen den unternehmensspezifischen Prozessen und Strukturen und der bereits in Schule behandelten Theorie erfolgen. Darüber hinaus bieten die Erkundungsaufträge den Auszubildenden die Möglichkeit, sich gezielt und vertiefend mit verschiedenen Prozessen/Strukturen im Unternehmen zu beschäftigen, die sie aus eigener Initiative vielleicht gar nicht kennenlernen würden. Recht unterschiedlich wurde die Unterstützung seitens der Betriebe bei der Bearbeitung der Erkundungsaufträge empfunden, was sich wiederum auf die Intensität der Bearbeitung ausgewirkt hat.

Im Rahmen der zeitlichen Vorgaben sehen die Begleitbandlehrer die Prüfungsvorbereitung bestmöglich umgesetzt. Die Schwerpunktsetzung erweist sich als sinnvoll, da so die aus den dualen Berufsschulklassen erfahrungsgemäß schwierigsten Prüfungsbereiche relativ umfassend und strukturiert bearbeitet werden können. Durch die Verknüpfung der Auswertung von Erkundungsaufträgen mit dem Bearbeiten zum Thema passender Prüfungsaufgaben werden zudem einige wichtige Bereiche aus anderen Prüfungsteilen abgedeckt. Die zeitliche und inhaltliche Intensivierung der Prüfungsvorbereitung mit dem Näherkommen des Prüfungstermins erscheint ebenfalls sinnvoll und ermöglicht die Bearbeitung und Auswertung von Prüfungsaufgaben aus sämtlichen vier Prüfungsteilen.

4 Empfehlungen und Perspektiven

Die spezielle Konstellation der sich an die schulische Ausbildung anschließenden eineinhalbjährigen, betrieblichen Ausbildungsphase bietet die Möglichkeit, eine längerfristige und intensive schulische Begleitung von Praxisphasen gezielt zu erproben. Daraus lassen sich für die Begleitung betrieblicher Phasen in anderen Bildungsgängen (beispielsweise Höhere Handelsschule neu, Ausbildungsvorbereitung dual) interessante Impulse gewinnen. Dabei scheinen die gesammelten Erfahrungen grundsätzlich für alle Bildungsgänge aufschlussreich, in denen Praxisphasen, beispielsweise in Form von Praktika, vorkommen. Die vier Eckpfeiler des hier erprobten Begleitbandes sind sodann je nach Anlage und Länge dieser Praxisphase gegebenenfalls mit leichten Anpassungen übertragbar.

Der Austausch und die Reflexion betrieblicher Erfahrungen im Sinne der beschriebenen Befindlichkeitsrunden ist zweifelsfrei ein sinnvolles und wichtiges Element in der Begleitung und Nachbereitung von Praxisphasen. Hierbei hängt es stark von der Länge der Praxisphase ab, ob dies an einem oder mehreren Terminen während der Praxisphase oder im Anschluss an die Praxisphase stattfindet. Im Rahmen einer mehrmonatigen Praxisphase ist es empfehlenswert, die Auszubildenden/Praktikanten währenddessen zusammen zu holen, um über die Erfahrungen und Probleme in den jeweiligen Betrieben zu sprechen und gegebenenfalls Hilfestellung beziehungsweise Maßnahmen anzubieten, um eine Situation im Betrieb zu analysieren und Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Dies macht natürlich nur Sinn, wenn die Teilnehmer vor dem Begleitbandtermin genügend Zeit haben, sich im Betrieb einzufinden, Erfahrungen zu sammeln und sie im Anschluss ebenfalls noch genug Zeit finden, besprochene Lösungsstrategien anzuwenden.

Bei eher kurzen Praxisphasen sind der nachträgliche Austausch und die Reflexion der betrieblichen Phase vermutlich sinnvoller, hier vor allem mit dem Fokus, die eigenen Erfahrungen in Relation zu anderen zu bringen sowie gegebenenfalls für spätere, weitere Praxisphasen Strategien zu entwickeln.

Die Arbeit mit Erkundungsaufträgen kann in jede Praxisphase integriert werden, wenn die Praxisphase für die Auszubildenden/Praktikanten einen thematischen/inhaltlichen Schwerpunkt beinhalten soll. Im Anschluss an die Praxisphase wird anhand des Erkundungsauftrags eine systematische Auswertung der Praxisphase erleichtert. Wichtig ist hierbei, dass alle Auszubildenden/Praktikanten in ihrer Praxisphase die Möglichkeit haben, den Erkundungsauftrag zu bearbeiten und dass die Betriebe die Bearbeitung der Erkundungsaufträge ermöglichen beziehungsweise diese unterstützen. Zudem sollten die Praxisphasen möglichst zum gleichen Zeitpunkt stattfinden.

Dies führt direkt zum Thema der Kommunikation mit Betrieben. Die positiven Erfahrungen zeigen, dass sich Betriebe eine regelmäßige Information über die jeweiligen schulischen Lerninhalte und eine bedarfsgerechte Kommunikation wünschen. In EARA begann diese Kommunikation bereits im Zuge der Praktika während des schulischen Ausbildungsabschnittes. In vielen Fällen entstand aus diesem Erstkontakt ein Ausbildungsvertrag. Die gegenüber dem Dualen System wahrgenommene Intensivierung der Zusammenarbeit erwies sich so für alle Beteiligten als vorteilhaft und hilft vor allem den Schülern nachhaltig beim Übergang Schule-Beruf: Die Unternehmen haben die Möglichkeit, potentielle Auszubildende im Rahmen von „unverbindlichen“ Praktika kennenzulernen, die Schule kann den Schülern aufgrund der Erfahrungen aus den Praktikumsberichten Betriebe empfehlen, die eine qualitativ hochwertige und interessante Ausbildung anbieten. Dadurch dass Schule und Betriebe sich kennen, lassen sich die Praxisphasen – bei EARA leider erst im Rahmen des Begleitbandes – thematisch/inhaltlich unter anderem durch die Arbeit mit Erkundungsaufträge strukturieren und planen, so dass die Qualität der Praxisphasen verbessert werden kann. Bei Schwierigkeiten können sich die Lernortpartner Schule und Betrieb gegenseitig beraten beziehungsweise kooperieren und damit schlimmstenfalls Ausbildungsabbrüche verhindern.

Die beschriebene Form der Zusammenarbeit erfordert einen regelmäßigen Austausch und gegenseitiges Vertrauen und funktioniert nur solange beide Seiten darin Vorteile sehen. Das bedeutet beispielsweise für die Schule, bei der Auswahl der Schüler beziehungsweise bei der Empfehlung/Vermittlung an Betriebe sorgsam zu sein und auf eine Passung zu achten.

Der letzte Baustein der Prüfungsvorbereitung ist der speziellen Form der Ausbildung im Rahmen des Schulversuchs EARA geschuldet und vermutlich nicht ohne Weiteres auf andere Schulformen übertragbar, da an eine Praxisphase in der Regel keine Prüfung anschließt.

Resümierend lässt sich feststellen, dass sinnvoll strukturierte und kommunikativ begleitete Praxisphasen die Schüler darin unterstützen, den Übergang von Schule in Beruf erfolgreich zu meistern. Die vorgestellten vier Bausteine liefern hierfür einen wesentlichen Beitrag und sollten über den Schulversuch hinaus auch in anderen Bildungsgängen erprobt werden.

(Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.)

 

Zitieren des Beitrags

BEFELDT, S./ RAUH, A.-K. (2013): Schulische Begleitung der 1,5-jährigen betrieblichen Vollzeit-Ausbildungsphase der Kaufleute für Bürokommunikation im Rahmen des Schulversuchs EARA. In: bwp@ Spezial 7 – Weiterentwicklung dualer Berufsausbildung: Konsekutiv, kompetenzorientiert, konnektiv. Erfahrungen und Impulse aus dem Schulversuch EARA, hrsg. v. WIRTH, K./ KRILLE, F./ TRAMM, T./ VOLLMER, T., 1-10. Online: http://www.bwpat.de/spezial7/befeldt_rauh_eara2013.pdf (19-11-2013).