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bwp@ Ausgabe Nr. 21 | Dezember 2011
Qualität und Qualitätsmanagement in der Berufsbildung
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 21 sind Karin Büchter, Franz Gramlinger & Karl Wilbers

Theorie-Praxisverschränkung – ein Garant für Qualität? Konzeption der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik in Graz

Beitrag von Elisabeth RIEBENBAUER & Michaela STOCK (Universität Graz)

Abstract

Qualitätssicherung und -entwicklung in der LehrerInnenbildung erfordert eine mehrperspektivische Herangehensweise. Persönlichkeit, Kompetenzen sowie Aus- und Weiterbildung – nicht zuletzt im Sinne des lebenslangen Lernens – sind zentrale Faktoren, die bei der Frage nach der Qualität in der LehrerInnenbildung bzw. ihrer wissenschaftlichen Berufsvorbildung zu beachten sind. Wissenschaftliche Berufsvorbildung bedeutet für die Grazer Wirtschaftspädagogik die Verschränkung von Theorie und Praxis, denn nur damit kann professionelles Handeln letztendlich ermöglicht werden. Generell fußt die wissenschaftliche Berufsvorbildung im Rahmen des Grazer Masterstudiums der Wirtschaftspädagogik auf den vier klassischen Säulen: Fachwissenschaft, Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und schulpraktische Ausbildung. Der Fokus des vorliegenden Beitrags liegt auf der Neugestaltung der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des neuen Mastercurriculums sowie ihrer Qualitätssicherung und -entwicklung. In einem ersten Schritt wird die curriculare Verankerung der schulpraktischen Phase dargestellt, um darauf aufbauend in einem nächsten Schritt das Grazer Konzept für die kompetenzorientierte Gestaltung und wissenschaftliche Begleitung der schulpraktischen Phase zu diskutieren. Dabei werden sowohl Grundkonzeption als auch Instrumente, die einen Beitrag zur Qualitätssicherung und -entwicklung leisten sollen, vorgestellt. Abschließend werden Ergebnisse der Pilotierung und Implementierung der neuen schulpraktischen Phase sowie geplante nächste Schritte präsentiert. Zentrale Herausforderung für eine qualitativ hochwertige LehrerInnenbildung in Bezug auf die schulpraktische Ausbildung ist nicht zuletzt die Abstimmung, Zusammenarbeit und Einbindung aller Stakeholder, d.h. aller Beteiligten an Universität, Schule und Schulbehörde.


Linking theory and practice – a guarantee for quality? A conception of school-based training in the context of the Masters’ in Vocational Education and Business Studies in Graz

Quality assurance and quality development in teacher education demand a multi-perspective approach. Personality, competences as well as initial and further education – not least in the sense of lifelong learning – are key factors which need to be considered in the question of quality in teacher education or in academic pre-professional education. Academic pre-professional education means linking theory and practice for Vocational Education and Business Studies in Graz, because only then can professional action ultimately be made possible. Generally the academic pre-professional education in the context of the Masters’ in Vocational Education and Business Studies in Graz is based on the four classical pillars: subject knowledge, educational studies, subject didactics and the school-based training. The focus of this paper is on the new design of the school-based training in the context of the new Masters’ curriculum as well as its quality assurance and quality development. In a first step the curricular foundations of the school-based phase are presented, in order to build on this in a second step to discuss the Graz concept for the competence-oriented design and the accompanying academic research of the school-based phase. Fundamental concepts are presented, as well as instruments which should contribute to quality assurance and quality development. Finally, results from the piloting and implementation of the new school-based phase, as well as the planned future steps, are presented. The key challenge for teacher education to offer high quality education with regard to the school-based training is not least the agreement, co-operation and inclusion of all the stakeholders, that is to say all the participants at university, school and the school authority.

1 Einleitung

Strukturänderungen sind auch immer ein guter Zeitpunkt für begleitende Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung. Die Umstellung des Studiums der Wirtschaftspädagogik von einem eingliedrigen Diplomstudium auf ein Bologna-konformes mehrgliedriges Bachelor-/Mastersystem ist wahrhaft als eine Strukturänderung zu werten und die dabei begleitende Implementierung eines Qualitätskonzeptes liegt somit auf der Hand. Das Hauptaugenmerk des vorliegenden Beitrags liegt auf der Neugestaltung der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des Masterstudiums der Wirtschaftspädagogik sowie dem dafür entwickelten Qualitätskonzept. Es soll einerseits diesbezüglich berichtet werden und andererseits sollen erste Umsetzungsschritte reflektiert sowie ein Ausblick auf die nächsten Maßnahmen gegeben werden. Ziel ist es somit, in einem ersten Schritt das Mastercurriculum der Wirtschaftspädagogik am Standort Graz kurz vorzustellen und insbesondere die curriculare Verankerung der schulpraktischen Phase zu diskutieren. Ebenso wird in diesem Rahmen die Grundstruktur des Qualitätskonzeptes zum neuen Schulpraktikum vorgestellt. Abgeleitet aus diesen Ausführungen wird dann in einem nächsten Schritt auf die kompetenzorientierte Gestaltung des neuen Schulpraktikums im Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik eingegangen. Aufbauend auf diesen Überlegungen werden nachfolgend Instrumente für die Kompetenzorientierung in der schulpraktischen Phase vorgestellt, die einen Beitrag zur Qualitätssicherung und -entwicklung leisten sollen. Den Abschluss des Beitrages bilden ein Resümee und ein Ausblick auf die nächsten Schritte.

2 Strukturänderung und Qualitätskriterien in der curricularen Verankerung der schulpraktischen Phase – eine Einführung

Auch nach der Umstellung der Wirtschaftspädagogik auf eine Bachelor- und Masterstruktur bleibt für die wissenschaftliche Berufsvorbildung der WirtschaftspädagogInnen eine einphasige Studienstruktur bestehen (dies gilt für die gesamte Wirtschaftspädagogik in Österreich), d.h. es wird nach wie vor dem Integrationskonzept eindeutig der Vorzug gegenüber dem Phasenkonzept gegeben. Das Studium der Wirtschaftspädagogik in Österreich ist aber kein (reines) Lehramtsstudium – charakteristisch für die Wirtschaftspädagogik ist vielmehr die polyvalente wissenschaftliche Berufsvorbildung der Studierenden. Diese gilt als eine besondere Stärke der Wirtschaftspädagogik, wobei „die LehrerInnenausbildung mit der Qualifizierung für unternehmerische und pädagogische Berufsfelder verknüpft“ (SLEPCEVIC/ STOCK 2009, 1) wird. Nach Abschluss des Studiums sind die AbsolventInnen der Wirtschaftspädagogik auch angehalten, zumindest zwei Jahre Berufserfahrung in der Wirtschaft zu sammeln bevor sie in den Schuldienst eintreten können. Dieser polyvalenten Ausrichtung des wirtschaftspädagogischen Studiums liegt ein weites Begriffsverständnis der Disziplin zugrunde (vgl. STOCK et al. 2008, 9), was durchaus für ganz Österreich Gültigkeit hat. Sind doch nicht zuletzt alle vier Standorte den sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten respektive in Wien der Wirtschaftsuniversität zugeordnet.

Dieses Grundverständnis war bedeutend für die Gestaltung des Mastercurriculums der Wirtschaftspädagogik. Ebenso beeinflusste es natürlich auch die Gestaltung der schulpraktischen Phase sowie die damit verbundenen Möglichkeiten. In der Folge wird nun einerseits das Masterstudium Wirtschaftspädagogik am Standort Graz kurz vorgestellt und andererseits die Gestaltung der schulpraktischen Phase diskutiert.

2.1 Masterstudium Wirtschaftspädagogik am Beispiel Graz

Mit dem Studienjahr 2009/10 trat das Masterstudium Wirtschaftspädagogik am Standort Graz in Kraft (vgl. STPL GRAZ 2009). In der Zwischenzeit fand eine kleine Reform statt, wobei aber keine inhaltlichen oder strukturellen Veränderungen vorgenommen wurden, sondern lediglich vorhandene Voraussetzungsketten für die Studierenden gelockert wurden (vgl. STPL GRAZ 2011). Das Masterstudium der Wirtschaftspädagogik baut auf ein wirtschaftswissenschaftliches Bachelorstudium oder vergleichbare Qualifikation auf (dies gilt für alle drei der vier Standorte der Wirtschaftspädagogik in Österreich, die auf eine Bologna-konforme mehrgliedrige Bachelor-/Masterstruktur umgestellt haben). An der Universität Graz haben somit das Masterstudium Betriebswirtschaft und das Masterstudium Wirtschaftspädagogik ein gemeinsames Bachelorstudium Betriebswirtschaft. Mit dieser Voraussetzung eines wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiums für die Zulassung zum Masterstudium Wirtschaftspädagogik wird das aus Grazer Sicht unverzichtbare grundlegende Durchdringen des Faches sichergestellt, bevor eine pädagogische Auseinandersetzung mit dem Fach beginnen kann.

Das Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik umfasst in Summe 150 ECTS-Punkte. Aufgrund der unumstrittenen Integration des Schulpraktikums dauert das Studium fünf Semester statt der obligatorischen vier Semester für Masterstudien. Die ausgeprägte Anbindung an die Betriebswirtschaft zeigt sich darin, indem im Umfang von in Summe 32 ECTS-Punkten betriebswirtschaftliche Inhalte auf Masterlevel zu absolvieren sind und es ist eine Fachprüfung im Bereich der gewählten Spezialisierung abzulegen. Die eigentliche schulpraktische Phase ist im vierten Semester vorgesehen und umfasst 16 ECTS inklusive der Begleitlehrveranstaltungen. Ein nachgelagertes Seminar im Umfang von 3 ECTS zum Thema Bildungsmanagement kann ebenso zur wissenschaftlichen Nachbereitung des Schulpraktikums und somit zu einer weiteren Theorie-Praxisverschränkung beitragen wie gegebenenfalls die Masterarbeit im Umfang von 20 ECTS. Lehrveranstaltungen mit fachdidaktischen bzw. betriebspädagogischen Inhalten mit Integration der Erziehungswissenschaft umfassen in Summe 79 ECTS-Punkte. Davon sind 61 ECTS von den Studierenden im Pflichtbereich zu absolvieren. Im Wahlpflichtbereich (10 ECTS mit den beiden Schwerpunkten Betriebspädagogik oder Schulpädagogik) und in den freien Wahlfächer (8 ECTS) können die Studierenden zudem ebenso schulbezogene Lehrveranstaltungen wählen. Das Studium schließt mit einer mündlichen Masterprüfung ab und den AbsolventInnen wird der akademische Grad Master of Science, abgekürzt MSc, verliehen (vgl. STPL GRAZ 2011).

2.2 Schulpraktische Verankerung im Masterstudium und Grundkonzeption

Wie eingangs im Kapitel 2 dargestellt, ist das Integrationskonzept für die Verankerung des Schulpraktikums im Studium der Wirtschaftspädagogik in Österreich unumstritten und auch im Masterstudium Wirtschaftspädagogik wieder zu finden. Mit diesem Schulpraktikum haben die Studierenden u.a. die Möglichkeit das potenzielle zukünftige Arbeitsfeld Schule, eingebettet in ihre wissenschaftliche Berufsvorbildung, zu erleben, aktiv zu erkunden und auch schon während des Studiums die persönliche Eignung für dieses Berufsfeld zu prüfen. Sie haben damit aber auch die Chance, theoretisch Gelerntes bzw. Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen sowie ihre Einstellungen durch ihr praktisches pädagogisches Handeln in der Schule zu erproben, um daraus wieder Schlüsse auf die Theorie im Rahmen ihres Studiums zu ziehen. Die Theorie-Praxisverschränkung wird hiermit in der Professionalisierungsphase der Studierenden ermöglicht. Gerade im Sinne der Kompetenzorientierung ist die schulpraktische Phase eine sehr gute Gelegenheit für Studierende, Kompetenzen in Performance zu zeigen, d.h. den Shift von der Kompetenz zur Performance (vgl. SLEPCEVIC-ZACH/ TAFNER 2011) schon im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Berufsvorbildung unter wissenschaftlicher Begleitung und Reflexion zu erfahren.

Strukturveränderungen bieten sich für begleitende Qualitätssicherung und -entwicklung an. Dies wurde auch für die Verankerung der schulpraktischen Phase im Mastercurriculum der Wirtschaftspädagogik am Standort Graz genutzt, wobei es galt, für das Schulpraktikum folgende Teilaspekte zu berücksichtigen:

  • Neugestaltung des Schulpraktikums für das Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik
  • Qualitätssicherung und -entwicklung für das Schulpraktikum selbst und die Begleitlehrveranstaltung
  • Klare Kommunikation der Erwartungshaltung aus Sicht der Universität im Kontext des Schulpraktikums an Schulbehörde sowie Schule bzw. die BetreuungslehrerInnen
  • Neugestaltung der Aus- und Weiterbildung der BetreuungslehrerInnen
  • Qualitätsstandards für die BetreuungslehrerInnen ebenso wie ein Auswahlverfahren entwickeln und umsetzen
  • Abstimmung der Auswahl und Zuteilung der BetreuungslehrerInnen in Zusammenarbeit mit der Schulbehörde und der Schulleitung
  • Klare Vorgabe durch die Universität für die Betreuung der Studierenden im Schulpraktikum

Im vorliegenden Beitrag kann nicht auf alle oben angeführten Aspekte eingegangen werden, sodass in der Folge nun insbesondere auf die konkrete Verankerung des Schulpraktikums und dessen Zielsetzung sowie auf die organisatorischen Rahmenvorgaben, verbunden mit den Erwartungshaltungen seitens der Universität, eingegangen wird. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass alle oben angeführten Teilaspekte in enger Zusammenarbeit und guter Abstimmung mit der Schulbehörde und VertreterInnen der berufsbildenden mittleren und höheren Schule entwickelt bzw. erarbeitet wurden.

Das Schulpraktikum ist im vierten der fünf Semester des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik eingebettet. Entsprechend dem Erlass des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) läuft die schulpraktische Phase über zwölf Wochen an einer kaufmännischen bzw. humanberuflichen höheren und/oder mittleren Schule (vgl. BM:UKK 2011, 1f). Von Seiten des Ministeriums und der vier Universitätsstandorte der Wirtschaftspädagogik in Österreich sind dabei folgende Zielsetzungen richtungsweisend:

Studierende der Wirtschaftspädagogik sollen

  • erziehungswissenschaftliche, fachdidaktische und wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der realen Schulsituationen einsetzen,
  • Verhaltenssicherheit bei der Unterrichtsführung aufbauen und zeigen,
  • organisatorische Anforderungen des Schulalltags unter Berücksichtigung der schulrechtlichen Bestimmungen bewältigen,
  • eigenständigen und kompetenzorientierten Unterricht durchführen und
  • einen umfassendenden Einblick auch in die nicht unmittelbaren unterrichtsbezogenen Tätigkeiten einer Lehrkraft erhalten (vgl. BM:UKK 2011, 1).

In diesem Erlass ist auch verankert, dass die Studierende dabei bestmöglich betreut und optimal auf die Schulpraxis vorbereiten werden sollen. In Graz wurde im Zuge der Neugestaltung des Schulpraktikums neben einer guten Betreuung der Studierenden vor Ort ein besonderer Schwerpunkt auf die begleitende Reflexion und Berufsorientierung gelegt, immer in Abstimmung zwischen den BetreuungslehrerInnen aus der Schulpraxis und den verantwortlichen Lehrenden an der Universität. Entscheidend für die nötige Reflexionskompetenz ist, dass sich die Studierenden mit ihrer eigenen Lehrtätigkeit und den zusammenhängenden Handlungsfeldern wie Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren, Beraten, Bewerten sowie Organisieren und Evaluieren nachhaltig und reflexiv auseinander setzten (vgl. KLIEBISCH/ MELOEFSKI 2006, 101). Eine entsprechende, begleitete Selbstreflexion wurde in Graz folglich etabliert, da ohne Reflexion der Aufbau einer pädagogischen Professionalität respektive ein professionelles LehrerInnenhandeln nicht möglich ist (vgl. ARNOLD 2005, 19). Ausgehend von diesen Zielsetzungen erfolgte die organisatorische Gestaltung der Schulpraxis, wie in Abbildung 1 dargestellt.

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Abb. 1:   Gestaltung des Schulpraktikums der Wirtschaftspädagogik in Graz

Das Schulpraktikum umfasst in der Regel vier Unterrichtsfächer: Betriebswirtschaft, Rechnungswesen, Wirtschaftsinformatik und ein persönlichkeits- bzw. kompetenzbildendes Fach (wie z.B. Businesstraining, Projektmanagement oder Übungsfirma). Die Studierenden beginnen ihre zwölfwöchige Schulpraxis mit einer Beobachtungsphase, in der sie analysieren, wie ihre BetreuungslehrerInnen unterrichten und wie sich das Soziogramm der Klasse gestaltet. Danach folgt eine Art Übungsphase, in der die Studierenden durch Erproben bei der Gestaltung einzelner Unterrichtsstunden bzw. -sequenzen ihre Unterrichtsführung und Verhaltenssicherheit aufbauen bzw. weiterentwickeln. Den Hauptteil des Schulpraktikums bildet die eigentliche Unterrichtsphase, in der die Studierenden über einen längeren Zeitraum eigenständigen Unterricht planen, allein bzw. unter Beobachtung umsetzen und Leistungsfortschritte beurteilen. Begleitet werden die Studierenden dabei von erfahrenen BetreuungslehrerInnen, die neben einer bestimmten Berufserfahrung auch einen dreisemestrigen Ausbildungslehrgang sowie laufende Weiterbildungsseminare als BetreuungslehrerIn absolvieren müssen. Die Studierenden erhalten in wöchentlichen Betreuungsstunden Feedback zu ihrem konkreten Unterrichtshandeln (knowing how) und besprechen im Rahmen eines reflexiven Praxisgesprächs Planungsideen sowie Hintergrundwissen (knowing that) mit ihren BetreuungslehrerInnen. Diese Struktur entspricht der ersten und zweiten Ebene des Mentoringkonzeptes nach Niggli (vgl. NIGGLI 2001, 245ff; NIGGLI 2004, 3ff). Bei diesen Feedbackrunden kommt auch der Raster zur Kompetenzentwicklung zum Einsatz. Neben ihrer eigentlichen Unterrichtstätigkeit erhalten die Studierenden die Gelegenheit, auch am täglichen Schulleben – entsprechend ihrer Rolle als HosptitantIn – teilzunehmen und sich z.B. bei Kooperationen mit anderen KollegInnen oder bei Schulveranstaltungen einzubringen.

Während des Schulpraktikumssemesters besuchen die Studierenden noch die universitäre Begleitlehrveranstaltung zum Schulpraktikum, die im Teamteaching von zwei erfahrenen Lehrenden des Institutes abgehalten wird. Dort erfolgen anhand verschiedener Instrumente das wissenschaftliche Monitoring, die begleitende Reflexion und die Unterstützung bei der individuellen Berufsorientierung. Dabei werden theoretische Modelle mit praktischen Anforderungen verknüpft, persönliche Erfahrungen in Reflexionsworkshops ausgetauscht und Probleme erörtert. Mit externen ExpertInnen aus dem schul- oder schulnahen Bereich werden zweimal im Semester aktuelle Herausforderungen diskutiert, wie z.B. Umsetzung des schulischen Qualitätsmanagementsystems, Zukunft des Lehrberufs, Gewalt unter Jugendlichen oder die Rolle der Lehrenden bei Cybermobbing und Internetsicherheit. Ein von der Universität organisierter Round-Table mit BetreuungslehrerInnen, Universitätslehrenden und Studierenden trägt auch zu einem besseren Transfer zwischen Theorie und Praxis sowie zur Qualitätssicherung bzw. -entwicklung bei.

Bevor nun die zentralen Instrumente der schulpraktischen Phase an der Wirtschaftspädagogik in Graz vorgestellt werden, soll exemplarisch auf das bei der Neugestaltung eingesetzte Qualitätsmanagement am Beispiel der Entwicklung des Rasters zur Kompetenzentwicklung eingegangen werden.

3 Qualitätsmanagement bei der Entwicklung des Rasters zur Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum

Basis für jedes Qualitätsmanagement ist grundsätzlich Evaluierung – aber nicht nur. Jedes Qualitätsmanagement braucht auch Entwicklung und, um vergleichbare Ergebnisse bei der Evaluierung zu erhalten, bedarf auch eines gewissen Maßes an Standardisierung. „Qualitätsmanagement ist beides: Evaluation und Entwicklung.“ (ROLFF 2011, 1) Dieser Zugang war richtungsweisend für die Entwicklung eines standardisierten Instruments in Form des Rasters zu Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum.

Eine Anforderung an die Neugestaltung der schulpraktischen Phase war die Sicherstellung der optimalen Betreuung der Studierenden im Schulalltag. Die Zuteilung der Studierenden an die Hospitationsschulen nimmt die Landesschulbehörde vor, anschließend teilen die jeweiligen Schulleitungen bzw. von ihnen eingesetzte Hospitationsverantwortliche geeignete BetreuungslehrerInnen zu. Um jedoch das Mentoring im Rahmen der wöchentlichen Betreuung zu unterstützen bzw. so zu steuern, dass es über ein Feedback zur konkreten Unterrichtstätigkeit hinaus geht, entwickelte ein Team am Institut für Wirtschaftspädagogik einen Raster zur Kompetenzentwicklung. Erklärtes Ziel dieses Rasters ist es, ein standardisiertes Instrument zur Unterstützung der Kompetenzentwicklung der Studierenden im Schulpraktikum zur Verfügung zu stellen, bestehend aus einer Kombination von Eigen- und Fremdeinschätzung. Basierend auf dieser Zielsetzung und in Abstimmung mit der zuständigen Landesschulinspektorin für die kaufmännischen Schulen wurde anhand eines Meilensteinplans die Entwicklung, Pilotierung und der endgültige Einsatz im Rahmen der schulpraktischen Phase geplant, durchgeführt und evaluiert.

Den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Rasters bildete das österreichische Schulunterrichtsgesetz (vgl. SchUG 1986). Aus dem § 17 zur Unterrichtsarbeit und zur Beurteilung von SchülerInnen, dem § 18 zur Leistungsbeurteilung sowie dem § 51 zur Funktion von LehrerInnen wurde eine Art Anforderungskatalog abgeleitet, sozusagen eine Zieldefinition, welche Kompetenzen die Studierenden für eine spätere Tätigkeit im Lehrberuf mitbringen sollten. Dieser Erstentwurf des Rasters wurde im Sommersemester 2010 zweimal in einer Runde von ExpertInnen aus den Bereichen Universität, Landesschulbehörde, Pädagogische Hochschule und Schule diskutiert sowie überarbeitet, sodass er im darauffolgenden Semester einem Pretest unterzogen wurde, an dem sechs BetreuungslehrerInnen und 22 Studierende in zwei Feedbackrunden teilgenommen haben. Aufgrund der ausgewerteten Ergebnisse aus dem Pretest kam es z.B. zu einer Adaptierung der inhaltlichen Bereiche insbesondere deren klarer Formulierung sowie zu einer Optimierung der formalen Gestaltung des Rasters. Außerdem wurde die Forderung nach Indikatoren laut, d.h. sowohl die Studierenden als auch die BetreuungslehrerInnen waren teilweise unsicher, wie sie erkennen, ob sie eine bestimmte Kompetenz bereits entwickelt haben. In der Folge wurde eine Studierendengruppe aus der Lehrveranstaltung Bildungsmanagement beauftragt, Indikatoren für den Kompetenzerwerb in Form eines Handbuchs zu sammeln. Nach weiteren Diskussionsrunden mit den Stakeholdern fand der erstmalige Einsatz des Rasters im Vollbetrieb im Sommersemester 2011 statt und wurde noch als Pilotphase konzipiert, bei der insbesondere das Prozedere und der Nutzen des Rasters bei einer weiteren Dienstbesprechung und mit Feedbackbögen am Ende des Praktikums evaluiert wurden. Auch diese Evaluation brachte wertvolle Erkenntnisse für eine weitere Qualitätsentwicklung dieses Instruments, insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Zwischeneinschätzung der Studierenden und der Gestaltung eines eigenen Rasters für Methodenfächer[1] wie der Übungsfirma oder im Projektmanagement. Der Nutzen des Rasters wurde sowohl von den Studierenden als auch von den BetreuungslehrerInnen als durchwegs positiv bewertet, da er alle Bereiche des Schulpraktikums abdeckt, von Beginn an als Orientierung für die Besprechungen gut geeignet ist, die Kompetenzentwicklung im Praktikum erkennbar wird und er eine gute Basis für weitere schriftliche Rückmeldungen bildet. Klar wurde jedoch auch, dass beide Personengruppen eine generelle Bereitschaft zu Evaluation und Reflexion mitbringen müssen.

Nach Abschluss der Entwicklungsphase für das Raster zur Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum wird deutlich, dass ohne die von Anfang an enge Kooperation zwischen den Stakeholdern eine erfolgreiche Implementierung dieses Instruments nicht möglich gewesen wäre. Erst durch die laufende Einbeziehung aller am Schulpraktikum beteiligten Lehrkräfte und Organisationen entstand die nötige Akzeptanz und Identifikation mit dem Raster. Für eine Qualitätsentwicklung der Betreuung der Studierenden im Schulpraktikum ist folglich eine laufende Abstimmung respektive eine enge und gute Zusammenarbeit aller an der Hospitation Beteiligten an Schule, Universität und Schulbehörde eine unabdingbare Voraussetzung. Ebenso ist eine Evaluation nach dem einjährigen Volleinsatz in diesem Zusammenhang unverzichtbar.

4 Instrumente für die Kompetenzorientierung

Nach der Darstellung der Entstehung des standardisierten Rasters zur Kompetenzentwicklung sollen nun die wichtigsten Instrumente für die Begleitung der Studierenden in der schulpraktischen Phase beschrieben werden. Dabei werden Ziele, Prozess, Rollenverteilung und erwarteter Nutzen für die Instrumente Raster zur Kompetenzentwicklung, Lerntagebuch und ePortfolio vorgestellt. Allen drei Formen ist gemein, dass sie die Beschäftigung mit dem eigenen Lernen und Handeln fordern und fördern. Die Studierenden führen im Zuge ihrer Selbstreflexion eine Art inneren Dialog sowie hinterfragen ihren Lernprozess und bewerten ihren eigenen Lernfortschritt. Natürlich sind im Schulpraktikum auch die klassischen Formen der Leistungsbewertung Prognose (z.B. Note am Ende des Praktikums als assessment of learning) und Diagnose (z.B. Feedback von BetreuungslehrerInnen als assessment for learing) vorgesehen. Diese drei Instrumente zielen jedoch in erster Linie auf die Metakognition als assessment as learning ab, d.h. dass sich die SchulpraktikantInnen bei dieser Art der Leistungsbewertung aktiv und kritisch selbst bewerten und durch Selbstreflexion befähigt werden, ihre eigenen Lernprozesse so zu steuern, dass sie ihre individuellen Lernziele erreichen (vgl. EARL 2003, 21f). Selbstverständlich werden die SchulpraktikantInnen dabei durch gezielte Förderung ihrer Reflexionskompetenz entsprechend begleitet und unterstützt.

4.1 Raster zur Kompetenzentwicklung

Mit dem Raster zur Kompetenzentwicklung wurde ein standardisiertes Instrument erarbeitet, mit dem der Erwerb respektive die Weiterentwicklung der Kompetenzen der Studierenden im Laufe des Schulpraktikums dokumentiert und analysiert werden soll. Der Raster umfasst inhaltlich alle wesentlichen Themen- und Kompetenzbereiche des Lehrberufs, was aber nicht bedeutet, dass alle Bereiche auch in der schulpraktischen Phase in vollem Umfang vorkommen müssen respektive gleich wichtig sind. Der Raster ist sehr breit gehalten, sodass er grundsätzlich für alle Fächer einsetzbar ist. Sein inhaltlicher Aufbau gestaltet sich wie folgt:

  • Unterrichtsarbeit

    • Unterrichtsbeobachtung
    • Unterrichtsvorbereitung
    • Unterrichtsdurchführung mit fachdidaktischer Vorgangsweise und SchülerInnen-Orientierung
    • Leistungsbeobachtung und Leistungsbeurteilung
  • Einbringung ins Schulleben

    • Kooperation mit anderen
    • Mitwirkung am Schulleben
  • LehrerInnen-Persönlichkeit

    • Verhalten
    • Reflexion und Entwicklungsbereitschaft


Der Raster zur Kompetenzentwicklung soll insbesondere in Kombination mit dem neu erarbeiteten Indikatorenhandbuch vor allem in den Betreuungsstunden als Unterstützung bei der Reflexion dienen. Das Prozedere sieht eine Zwischen- und Endevaluierung vor, d.h. es kommt ca. zur Mitte und am Ende des Semesters zu einem Vergleich von Eigenbild (Studierende/r) und Fremdbild (BetreuungslehrerIn). Dabei werden im Rahmen eines Reflexionsgesprächs eventuelle Abweichungen bei Eigen- und Fremdeinschätzung erörtert, Fortschritte bei der Kompetenzentwicklung diskutiert sowie Stärken und Schwächen herausgefiltert. Pro Unterrichtsfach und pro Studierendem/r wird ein Formular ausgefüllt, wobei das Fremdbild am Ende des Semesters den Studierenden zur Unterstützung der Orientierung übergeben wird. Diese Erfahrungen mit dem Raster werden im Rahmen von Orientierungsgesprächen in der universitären Begleitlehrveranstaltung aufgearbeitet, sodass auch die dritte Ebene des Mentoringkonzepts nach NIGGLI zur Entwicklung des professionellen Selbst abgedeckt wird (vgl. NIGGLI 2001, 248; NIGGLI 2004, 5). Mit dem Einsatz des standardisierten Rasters gemäß dem vorgegebenen Prozedere soll ein wichtiger Beitrag zur Qualitätssicherung und -entwicklung durch eine Steuerung der Betreuung der Studierenden geleistet werden.

4.2 Lerntagebuch

Wie bereits angeführt, absolvieren die Studierenden während ihres Praktikumsemesters eine Begleitlehrveranstaltung an der Universität, die neben den Präsenzphasen auch über ein begleitendes Lerntagebuch erfolgt. Ein Lerntagebuch dient der Reflexion des Lernprozesses und der erbrachten Leistungen, wobei Beobachtungen, Erfahrungen, Gedanken aber auch Gefühle zum Lern- bzw. Unterrichtsprozess schriftlich festgehalten werden (vgl. WINTER 2008, 254). Der mehrjährige Einsatz von Lerntagebüchern und Reflexionsberichten in der universitären Übungsfirma in Graz zeigt, dass Reflektieren also ein Über-sich-selbst-Nachdenken unter Bezugnahme der eigenen Umwelt für viele Studierenden schwierig und insbesondere die Verschriftlichung dessen eine große Herausforderung ist (vgl. STOCK 2010, 129). Da Lerntagebücher in betrieblichen und auch schulischen Praktikumphasen bereits erfolgreich eingesetzt werden (vgl. dazu z.B. FRACKMANN/ TÄRRE 2009, 139f), fand dieses Instrument auch bei der Neugestaltung des Schulpraktikums in Graz Berücksichtigung.

Ziel dieses Lerntagebuch ist es, die Selbstreflexionskompetenz der Studierenden auf- bzw. auszubauen und den Erkenntnisgewinn für die Berufsorientierung systematisch zu erhöhen. Das Lerntagebuch wird seit dem Sommersemester 2011 kontinuierlich über die ganze Zeitspanne des Schulpraktikums geführt. Die Studierenden erfassen ihre Einträge in ganzen Sätzen zumindest sechsmal im Semester über die Lernplattform Moodle, geschützt durch persönliche Zugangsdaten. Die inhaltliche Gestaltung orientiert sich einerseits an den drei Phasen im Praktikum – Beobachtung, Unterrichtssequenzen und eigenständiger Unterricht – sowie andererseits am Aufbau des Rasters zur Kompetenzentwicklung. Unterstützt werden die Studierenden bei ihren Einträgen mit einigen Satzanfängen zu den jeweiligen Themen, die beispielsweise wie folgt lauten:

  • Persönliche Lernziele und Erwartungen (z.B. das möchte ich lernen ...)
  • Erste Eindrücke an der Schule (z.B. meine ersten Erfahrungen mit Gruppenprozessen in Schulklassen ...)
  • Eigene Unterrichtsvorbereitung (z.B. so werde ich die SchülerInnen aktivieren ...)
  • Eigene Unterrichtsdurchführung (z.B. diese Unterrichtsmethoden setze ich in dieser Weise um ...)
  • Erfahrungen mit Leistungsbeurteilung und Schulalltag (z.B. so gehe ich bei der Leistungsbeurteilung vor ...)
  • LehrerInnen-Persönlichkeit (z.B. ich kann mir den Lehrberuf für mich (nicht) vorstellen, weil ...)

Für die Studierenden der Wirtschaftspädagogik ist das Verfassen dieses Lerntagebuchs verpflichtend, allerdings fließen die Qualität und Quantität der Einträge keinesfalls in die Leistungsbeurteilung der Studierenden in der Begleitlehrveranstaltung ein, was auch von Anfang an transparent gemacht wird. Die Tagebucheinträge sind grundsätzlich anonym, d.h. die Studierenden können auf andere Beiträge nicht zugreifen. Jedoch ist es eine Besonderheit in Graz, dass das Lerntagebuch in zweifacher Weise (doppelter Rückmeldeprozess) begleitet und betreut wird. Zum einen unterstützt ein externer Coach die Studierenden, der nicht dem Institut angehört, sondern dessen Leistungen von der Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer der Karl-Franzens-Universität Graz zugekauft werden. Der Coach gibt z.B. Rückmeldungen zur Reflexionskompetenz, hinterfragt Begründungen oder stellt zusätzliche Reflexionsfragen. Zum anderen wertet eine der beiden LehrveranstaltungsleiterInnen die gesammelten Einträge aller Studierenden anonym aus, analysiert die Ergebnisse im Begleitseminar und diskutiert bzw. reflektiert bedeutende Ereignisse gemeinsam mit den Studierenden. Eine weitere Besonderheit ist in diesem Kontext, dass die Studierenden nicht nur Rückmeldung zu ihrem Lerntagebuch erhalten, sondern auch angehalten werden, das Lerntagebuch zu überarbeiten. Der doppelte Rückmeldeprozess beginnt dann erneut zu laufen.

Die Ergebnisse der Evaluierung der 13 Studierenden des Sommersemesters zeigen, dass diese mit dem Lerntagebucheinsatz sehr zufrieden bis zufrieden waren. Die Studierenden schätzen den unkomplizierten Umgang, das zeitliche und inhaltliche Prozedere sowie die hilfreichen Rückmeldungen. Weiteres geben sie an, dass sie wichtige Denkanstöße bei ihrer Reflexion erhalten und einen großen persönlichen Nutzen daraus ziehen, vorausgesetzt die jeweilige Person ist generell bereit zu lernen. Um den individuellen Vorteil der Studierenden noch weiter zu erhöhen, werden die verschriftlichten Erfahrungen zum Kompetenzerwerb während der schulpraktischen Phase übergeleitet bzw. eingebettet in ein studienbegleitendes ePortfolio, das nachfolgend erläutert wird.

4.3 ePortfolio

Das Masterstudium Wirtschaftspädagogik ist das erste Curriculum an der Karl-Franzens-Universität Graz, in dem die Kompetenzentwicklung der Studierenden durch eine ePortfolio-Begleitung über den ganzen Studienverlauf unterstützt wird. Mit der Arbeit an ihren persönlichen Kompetenzentwicklungsportfolios (einer Mischform von Reflexions- und Entwicklungsportfolio) sollen die Studierenden ihre Lernprozesse und -ergebnisse erkennen, den Verlauf des eigenen Kompetenzerwerbs während des Studiums visualisieren und über ihre Lernfortschritte reflektieren. Das fix verankerte ePortfolio zielt durch die nachhaltige Nutzung darauf ab, die unterschiedlichen Schnittstellen im Studium (z.B. Wechsel vom Studium in die schulpraktische Phase und zurück) sowie den Übergang von der Universität in das Berufsleben zu erleichtern und lebenslanges Lernen zu fördern. Die eigentliche ePortfolio-Arbeit der Studierenden ist so konzipiert, dass in drei ausgewählten Lehrveranstaltungen Zeit und Raum für sogenannte ePortfolio-Einheiten geschaffen wird. Dabei führt ein externer Coach in das Thema ein, sodass sich die Studierenden danach in PartnerInnengesprächen mit ihrer Kompetenzentwicklung auseinandersetzen und in Einzelarbeit ihr ePortfolio erstellen bzw. weiterführen. Der Coach begleitet sie dabei individuell durch Feedback und Verbesserungsvorschläge. Die betreute ePortfolio-Arbeit erfolgt in drei Phasen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: in der ersten Phase (zu Beginn des Studiums) Sozial- und Selbstkompetenz, in der zweiten Phase (in der Mitte des Studiums) Fach- und Methodenkompetenz und in der dritten Phase (am Ende des Studiums) Reflexion der ganzheitlichen Entwicklung von Handlungskompetenz (vgl. dazu im Detail STOCK/ RIEBENBAUER 2011). Auch hier gilt, wie schon beim Lerntagebuch beschrieben, dass die Studierenden nicht nur eine Rückmeldung zu ihrem Kompetenzentwicklungsportfolio erhalten, sondern dass sie auch hier angehalten sind, das ePortfolio bei Bedarf zu überarbeiten. Die ePortfolio-Arbeit findet zwar im Rahmen von spezifischen Lehrveranstaltungen statt; die Erstellung, Bearbeitung respektive Überarbeitung ist verpflichtend, fließt jedoch nicht in die Leistungsbeurteilung ein.

In den gemeinsamen ePortfolio-Einheiten erfolgt mit dem Coach außerdem eine spezielle Vor- bzw. Nachbereitung hinsichtlich des Theorie-Praxis-Übergangs bei der schulpraktischen Phase. In der zweiten Phase (in der Mitte des Studiums) beschäftigen sich die Studierenden hierbei mit ihren Zielen und Erwartungen an das Schulpraktikum sowie werden in die Arbeit mit dem Lerntagebuch eingeführt. In der dritten Phase (am Ende des Studiums) verarbeiten sie ihre Erfahrungen aus dem Schulpraktikum, die sie laufend im Lerntagebuch dokumentiert haben, evaluieren ihre Kompetenzentwicklung und leiten diese Ergebnisse in ihr persönliches ePortfolio über.

Die Resultate aus der bisherigen Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit zeigen, dass die Studierenden mit der strukturellen Umsetzung zufrieden sind und sich die Selbstwahrnehmung ihre eigenen Kompetenzen stark erhöht hat. Rund 80% der Studierenden in der zweiten Phase (Mitte des Studiums) erachten die ePortfolio-Arbeit im Masterprogramm für sinnvoll und über 60% wollen ihr ePortfolio weiterführen. Deutlich wurde auch, dass das externe Coaching und die komplette Trennung von der Leistungsbeurteilung für das Vertrauen der Studierenden besonders wichtig sind und diese somit unverzichtbare Elemente dieser ePortfolio-Arbeit bleiben müssen. Das ePortfolio stellte sich als gut geeignetes Instrument für Reflexion und die Begleitung von lebenslangem Lernen dar; herausfordernd dabei ist und bleibt die Erhaltung der Motivation zu einer nachhaltigen Nutzung des ePortfolios (vgl. STOCK/ RIEBENBAUER 2011, 11f).

5 Resümee und Ausblick

Der vorliegende Beitrag hat einen Einblick in die Neugestaltung der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des Mastercurriculums Wirtschaftspädagogik am Standort Graz gegeben und anhand von Beispielen gezeigt, wie Qualitätssicherung und -entwicklung in diesem Kontext erfolgen kann. In einem ersten Schritt wurde die curriculare Verankerung der schulpraktischen Phase dargestellt, darauf aufbauend erfolgte die Beschreibung des Grazer Konzepts für die kompetenzorientierte Gestaltung und wissenschaftliche Begleitung der schulpraktischen Phase, wobei auch ausgewählte Instrumente dafür vorgestellt wurden. Ebenso wurden die Ergebnisse der Pilotierung und Implementierung der neuen schulpraktischen Phase beschrieben. Nun gilt es, an dieser Stelle den Blick in die Zukunft zu wagen – was sind die nächsten Schritte? Mit dem kommenden Wintersemester 2011/12 erfolgt eine flächendeckende Umsetzung der neuen Konzeption des Schulpraktikums inklusive verpflichtendem Einsatz der standardisierten Instrumente. Ebenso beginnen im Herbst des laufenden Jahres die Weiterbildung sowie ein Lehrgang für die Ausbildung der BetreuungslehrerInnen – beide sind völlig neu konzipiert und für bestehende sowie zukünftige BetreuungslehrerInnen verpflichtend. Die Zusammenarbeit zwischen Universität, Schulbehörde und Schule soll weiter intensiviert werden, denn sie ist nicht zuletzt ein zentrales Element für eine qualitativ hochwertige LehrerInnenbildung in Bezug auf die schulpraktische Ausbildung. Ebenso gilt es in einem nächsten Schritt ein Gesamtkonzept zur Evaluation der neu gestalteten schulpraktischen Phase zu erarbeiten. Begleitend zur praktischen Umsetzung der neuen schulpraktischen Phase am Standort Graz ist ein Forschungsprojekt mit KollegInnen der Wirtschaftspädagogik aus Deutschland (Hamburg und Nürnberg) im anlaufen, wobei es beispielsweise um Fragen der Integration von Praxisphasen (Integrationskonzept) in die universitäre LehrerInnenbildung unter besonderer Berücksichtigung der Portfolio- bzw. ePortfolioarbeit und darauf bezogener Kompetenzfeststellungen, um Fragen der Evaluation innovativer Konzepte im Kontext praxisintegrierender Studienphasen oder um Fragen zur Evaluation und Messung von LehrerInnenkompetenzen im Professionalisierungsprozess geht. Ein voneinander lernen ebenso wie ein miteinander forschen steht hierbei im Mittelpunkt.

Literatur

ARNOLD, R. (2005): Didaktik der Lehrerbildung. Das Konzept der reflexiven pädagogischen Professionalisierung. In: GEW-Zeitung Rheinland-Pfalz, Ausgabe 5. Online: http://www.uni-kl.de/paedagogik/Texte/gew05_5.pdf  (19-09-2011).

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[1]     Methodenfächer sind generell eine Besonderheit in schulischen Lehrplänen in Österreich. In der Regel werden die Fächer nach inhaltlichen Gesichtspunkten ausgerichtet.


Zitieren dieses Beitrages

RIEBENBAUER, E./ STOCK, M. (2011): Theorie-Praxisverschränkung – ein Garant für Qualität? Konzeption der schulpraktischen Ausbildung im Rahmen des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik in Graz. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 21, 1-15. Online:  http://www.bwpat.de/ausgabe21/riebenbauer_stock_bwpat21.pdf  (20-12-2011).


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