Titel:
Berufliche Bildung in den Medienberufen – Medien in der beruflichen Bildung
Beitrag von Claudia BÖRNER, Jörg NEUMANN & Thomas KÖHLER (TU Dresden)
Nach dem Web 2.0-Hype der vergangenen Jahre werden seit einiger Zeit wieder verstärkt‚ social networks’ und ’communities’ in der Öffentlichkeit diskutiert – ausgelöst durch den teilweise lockeren Umgang mit den Nutzerdaten (z. B. Facebook und StudiVZ) durch die Nutzer selbst, aber auch durch die Betreiber der Dienste. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit einer Web 2.0 Anwendung (Online-Ausbildungsnachweis), die der Stärkung der Lernortkooperation in der dualen Berufsausbildung dient und bei der soziale Netze bzw. die Verhältnisse zwischen Auszubildenden, Berufsschullehrern und Ausbildern eine wesentliche Rolle spielen. Der Online-Ausbildungsnachweis ersetzt dabei den klassischen papierbasierten Ausbildungsnachweis unter Verwendung der Potentiale und Möglichkeiten, die die neuen Informations-, Kommunikations- und Webtechnologien bieten. Durch die Verknüpfung aller an der Ausbildung beteiligten Personen wird ein besonderes soziales Netzwerk mit dem Fokus auf den individuellen Ausbildungsprozess des Auszubildenden gebildet. Der derzeit in der Erprobungsphase befindliche Online-Ausbildungsnachweis wurde im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes BLok (“Online-Berichtsheft zur Stärkung der Lernortkooperation”; www.blok-online.org) mit Förderung des BMBF konzipiert und entwickelt. Die Applikation und das Netzwerk sollen dabei durch erweiterte Funktionalitäten der Stärkung bzw. Herausbildung der Lernortkooperation dienen, aber auch zur Qualitätssicherung und -entwicklung und zur Stärkung der Reflexionsfähigkeit der Auszubildenden beitragen.
Die Nutzung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (u. a. Web 2.0) sind nicht mehr nur ein zu beobachtender Trend. Immer deutlicher lässt sich eine Durchdringung unseres Alltags mit Handys und Smartphones bzw. dem ubiquitären Zugang zum Internet gemeinsam mit einer Verstärkung der damit verbundenen Kommunikationsmöglichkeiten beobachten (vgl. BUSEMANN 2010). Besonders im Freizeitbereich wird die Kommunikation mit Freunden und Bekannten an jedem Ort und zu jeder Zeit immer wichtiger. Diese Entwicklung führt folglich zu veränderten medialen Nutzungsgewohnheiten und -präferenzen insbesondere bei den Jugendlichen.
Die aktuelle JIM Studie (vgl. JIM 2010) zeigt erneut, dass nahezu alle der 12- bis 19- Jährigen mobile Endgeräte (97%) bzw. Zugang zum Internet (98%) haben. Bereits 2007 konnten die ersten Jahrgänge beobachtet werden, die über die gesamte Schullaufbahn hinweg Zugang zum Internet hatten. Diese Gruppe bezeichnen PRENSKY und SCHULMEISTER als ’digital natives’ (vgl. SCHULMEISTER 2008). Dem entgegen werden alle die Personen, die mit Computern und Internet erst im Arbeitsleben konfrontiert wurden als ’digital immigrants’ definiert.
Die Mehrheit der Auszubildenden ist folglich der Gruppe der „digital natives“ zuzuordnen. Sie bewegen sich in ihrer Freizeit selbstverständlich in den Online-Welten, unabhängig davon ob es sich um Spiele, Video-Portale oder Communities handelt. Die Nutzung von sozialen Netzwerken in formellen Kontexten hingegen (z. B. in der beruflichen Ausbildung) spielt bisher noch keine bedeutende Rolle. Lediglich 5 % der 14 – 19 Jährigen nutzen zumindest selten Netzwerke und Communities für berufliche Zwecke, während 81 % der Jugendlichen diese für private Zwecke nutzen (vgl. BUSEMANN 2010).
Ohne einen historischen Abriss der Entwicklung des Internet darzulegen, muss festgestellt werden, dass der Begriff Web 2.0 letztendlich nur einen bestimmten Entwicklungsabschnitt von Webtechnologien näher beschreibt, bei dem neue Komponenten zum Einsatz kommen, die kooperative und interaktive sowie multicodierte Online-Aktivitäten zulassen. Nicht umsonst bezeichnet man Web 2.0 im allgemeinen Sprachgebrauch auch als “Mitmachnetz“. Der Nutzer sieht sich mit einer Veränderung seiner Rolle konfrontiert, aus den Konsumenten wurden Produzenten und aus statischen Webseiten wurden dynamische Portale, die sich dem Besucher individuell anpassen. Die Partizipation der Nutzer, die über das passive Rezipieren von Webinhalten hinaus geht, stellt dabei eine der wesentlichen Voraussetzung für das Funktionieren des Web 2.0 dar.
Der Terminus Soziales Netzwerk existierte bereits weit vor der Einführung des Internets. So bestimmt MITCHEL 1969 soziales Netzwerk als “a specific set of linkages among a defined set of persons with the additional property that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the social behavior of the persons involved.“(MITCHEL 1969). WASSERMANN & FAUST beschreiben das soziale Netzwerk wie folgt: ”A social network consists of a finite set or sets of actors and the relation or relations defined on them.” (WASSERMANN/ FAUST 1994). Bei beiden Definitionen wird deutlich, dass die Akteure eines sozialen Netzwerkes durch soziale Beziehungen verknüpft sind. Kommunikationstechnologien, die zur Vermittlung dienen, spielen aber an dieser Stelle keine vordergründige Rolle.
Soziale Beziehungen zwischen Akteuren können aber technisch von Web 2.0 Anwendungen unterstützt werden. Insbesondere im Kontext des Web 2.0 haben sich in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von sogenannten Online-Communities (virtuelle Gemeinschaften) gebildet, die als soziale Netzwerke bezeichnet werden.
Schaut man sich einige auf die Berufliche Bildung orientierte soziale Netzwerke an, lässt sich konstatieren, dass diese meist einzelne Teilgruppen der am Ausbildungsprozess beteiligten Akteure vernetzen. Für das Beispiel der Plattform AZUBI.NET ist dies die Gruppe der Auszubildenden (vgl. Abb. 1), die sich auf der Plattform nach erfolgter Registrierung austauschen können. Ähnliche Portale mit Vernetzungsfunktionen (wie Foren, Wikis usw.) lassen sich auch für Lehrer (z. B. www.lehrer-online.de) und Ausbilder (z. B. www.foraus.de) finden.
Abb. 1: Screenshot der Plattform AZUBI.NET
Entgegen den homogenen Gruppen (vgl. Abb. 2) in den oben beschriebenen sozialen Netzwerken, wurde mit dem Online-Ausbildungsnachweis eine Basis für ein besonderes Netzwerk geschaffen. Hier werden alle am Ausbildungsprozess beteiligten Akteure miteinander verbunden. Dabei geht jedes einzelne Netz von einem Auszubildenden aus und verbindet diesen mit den dazugehörigen Ausbildern und Berufsschullehrern. Somit entsteht eine Vielzahl von vergleichsweise kleinen Netzen in dem entwickelten System (vgl. Abb. 3).
Abb. 2: Herkömmliche Netzwerkstruktur in Online-Netzwerken
Abb. 3: Netzwerkstruktur im Online-Ausbildungsnachweis
Der Online-Ausbildungsnachweis BLok wurde im Rahmen des gleichnamigen Verbundprojektes „BLok - Online-Berichtsheft zur Stärkung der Lernortkooperation“ von der Professur für Bildungstechnologie und dem Medienzentrum der TU Dresden, der BPS Bildungsportal Sachsen GmbH sowie der HWK und IHK Dresden entwickelt. Von Mai 2009 bis April 2012 wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Kontext der Förderrichtlinie „Web 2.0 in der Beruflichen Bildung“ gefördert. Im Zentrum des Projektes steht die Weiterentwicklung eines bestehenden Instrumentes (Ausbildungsnachweis) mit Hilfe innovativer Kommunikationstechnologien. Primär wird mit dieser Entwicklung das Ziel der Stärkung der Lernortkooperation (LOK) zwischen Betrieben und Schulen durch eine einheitliche und gemeinsame Informationsbasis verfolgt.
Insgesamt werden mit dem Online-Ausbildungsnachweis alle an der Ausbildung beteiligten Akteure verknüpft, wie es schematisch in Abbildung 4 dargestellt ist.
Abb. 4: Personengruppen die durch BLok verbunden werden
Ziel der Anwendung ist die Unterstützung der Lernortkooperation auf allen Ebenen, d.h. auf der Ebene des Informierens, Abstimmens und Zusammenwirkens (vgl. BUSCHFELD/ EULER 1994). Da diese Kooperation, vor allem dann wenn sie über ein Online-System stattfindet, auf Kommunikation basiert, wurde in der mediendidaktischen Konzeption des Projektes ein Schwerpunkt auf die Berücksichtigung adäquater Kommunikationsmöglichkeiten im System gelegt.
Dabei wird die Kommunikation zum einen zwischen den Akteuren, zum Beispiel durch Annotationen, Bemerkungen und Nachrichten, und zum anderen zwischen dem System und dem Akteur, zum Beispiel durch Systembenachrichtigungen über Neuigkeiten oder per E-Mail, realisiert. Tabelle 1 zeigt die zur Verfügung stehenden Formen der Kommunikation zwischen den Akteuren im Überblick.
Tabelle 1: Formen der Kommunikation im Online Ausbildungsnachweis
| Annotationen | Bemerkungen | Nachrichten |
Beschreibung | Direkter Inhaltsbezug z.B. Annotation am Berichtshefteintrag „Kommunikation am Problem“ | Offizielle Anmerkungen zu einer Berichtsheftwoche | vgl. E-Mail: Nachrichten an einen oder mehrere Empfänger |
Adressat | öffentlich (d.h. auf das jeweilige soziale Netz bezogen) | öffentlich (d.h. auf das jeweilige soziale Netz bezogen) | privat (Möglichkeit einem Akteur eine Nachricht zu schicken, ohne das weitere Personen Einsicht haben) |
Form | Informell | Formell (erscheint in der Druckversion des Berichtsheftes) | Informell |
Abbildung 5 zeigt exemplarisch die Umsetzung der Kommentarfunktion in der Applikation BLok. Durch diese Funktion kann der Nutzer an jeden Tag einen Kommentar anfügen, der wiederum durch den bzw. die angesprochenen Nutzer beantwortet werden kann. Durch die Möglichkeit des Anfügens von Annotationen zu den Einträgen werden Feedback-Prozesse initiiert, wodurch der fachliche Dialog zwischen Auszubildendem und Ausbilder gestärkt werden soll.
Abb. 5: Kommunikation mit der Kommentarfunktion
Insgesamt teilt sich der Online-Ausbildungsnachweis in zwei Funktionsbereiche; einerseits in den des webbasierten Online-Berichtsheftes und andererseits in den des Entwicklungsportfolios.
Das Online-Berichtsheft ist die Umsetzung der papierbasierten Form des Berichtsheftes in eine Web 2.0 Applikation, die jederzeit und unabhängig vom aktuellen Lernort des Auszubildenden genutzt werden kann. Wie bei der klassischen Form des Berichtsheftes üblich, dokumentiert der Auszubildende auch in der webbasierten Form regelmäßig den zeitlichen und sachlichen Ablauf seiner Berufsausbildung. Die Besonderheit liegt in der virtuellen Abbildung des kompletten Prozesses der Berichtsheftführung. Das heißt, nicht nur das zeit- und ortsunabhängige Führen und Lesen des Berichtsheftes wird durch den Online-Ausbildungsnachweis ermöglicht, sondern auch die (rechtsverbindliche) Abnahme des Berichtsheftes durch die Ausbilder sowie die Übergabe der Berichtshefte an die Prüfer in den entsprechenden Kammern und Innungen.
Abbildung 6 zeigt einen Screenshot des Berichtsheftes in der Wochenansicht. Neben dem einzelnen Wochentag besteht die Möglichkeit den Ausbildungsort und die Form der Anwesenheit (z. B. auch Urlaub oder Krankheit) auszuwählen. Zudem kann der Auszubildende unbegrenzt viel Inhalt in sein Berichtsheft einfügen. Somit können Dokumentationen bei Bedarf umfangreicher gestaltet werden.
Abb. 6: Umsetzung des Berichtsheftes im Online-Ausbildungsnachweis
Das Entwicklungsportfolio geht über den Funktionsumfang des klassischen Berichtsheftes hinaus und stellt in Folge dessen eine Weiterentwicklung dar. Die Notwendigkeit der (optionalen) Erweiterung des Berichtsheftes um ein Entwicklungsportfolio liegt darin begründet, dass es bisher nur eingeschränkt möglich war, sich unkompliziert und kurzfristig einen Überblick über bereits erreichte Qualifikationen und zu behebende Defizite im Ausbildungsprozess des Auszubildenden zu verschaffen und entsprechenden Handlungsbedarf abzuleiten. Eine Besonderheit des hier umgesetzten Portfoliokonzeptes für die berufliche Ausbildung liegt in der Ergänzung des allgemein gebräuchlichen Ansatzes des Portfoliokonzeptes über die Sammlung von Artefakten und die Darstellung des Lernweges und -zieles (vgl. HILZENSAUER/ HORNUNG-PRÄHAUSER, 2006) hinaus. So liegt ein Schwerpunkt auf der Kontrolle des Ausbildungsverlaufes und der Möglichkeit, jederzeit mithilfe einer Soll-Ist-Stand-Analyse Defizite zu erkennen und entsprechenden Handlungsbedarf ableiten zu können. Mit Hilfe des E-Portfolios kann daher das Erreichen des Ausbildungszieles und somit die Erlangung der erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit kontrolliert und unterstützt werden.
Das Entwicklungsportfolio verfügt über drei wesentliche Elemente, wobei auch hier verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten eingebunden sind:
1. Erfassung und Darstellung der Fachkompetenz im Kontext beruflicher Handlungs-kompetenz
Der Auszubildende ordnet zunächst den einzelnen Berichtshefteinträgen Qualifikationen zu (Berufsbildpositionen aus den Ausbildungsordnungen), die je nach Ausbildungsberuf in ihrer zeitlichen und sachlichen Gliederung im System hinterlegt sind. Diese Zuordnung erfordert eine aktive Reflexion der bearbeiteten Ausbildungsinhalte durch die Auszubildenden und kann dadurch deren Reflexionsfähigkeit stärken.
Durch die Kumulation der im Berichtsheft erfassten und den Berufsbildpositionen zugeordneten Arbeits- bzw. Lernstunden im jeweiligen Bereich kann der entsprechende Ist-Stand dargestellt werden, den der Auszubildende erreicht hat. Dies erfolgt durch eine übersichtliche Darstellung des Soll-Ist-Stand-Vergleiches für die einzelnen Berufsbildpositionen für einen beliebig festzulegenden Zeitpunkt. Durch die Soll/Ist-Stand-Anzeige können die Auszubildenden und Ausbilder überprüfen, ob der Auszubildende alle, laut Ausbildungsordnung/Lehrplan zu dem jeweiligen Zeitpunkt, erforderlichen Tätigkeiten in ausreichendem Maße bearbeitet hat. Durch die entstehende Transparenz können folglich Differenzen vom Auszubildenden einfacher erkannt und selbstbestimmt behoben werden.
Abbildung 7 zeigt einen Screenshot des Entwicklungsportfolios, bei dem zum einen die Zuordnung der Berufsbildposition zur Tätigkeit dargestellt (hinterer Bereich) und zum anderen der Soll-Ist-Stand-Vergleich angezeigt wird (vorderer Bereich).
Abb. 7: Umsetzung des Entwicklungsportfolios im Online-Ausbildungsnachweis
2. Erfassung und Darstellung der Personalen Kompetenz
Die Personale Kompetenz der Auszubildenden wird mittels eines 360-Grad-Feedbacks erfasst. Dabei werden die Selbsteinschätzungen der Auszubildenden mit den Einschätzungen der Ausbilder (Fremdeinschätzung) zu vorher bestimmten Schlüsselqualifikationen (z. B. Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit) verglichen und dargestellt. Die Darstellung der Ergebnisse aller Beurteilenden mit Hilfe eines Netzdiagramms erlaubt einen übersichtlichen Vergleich aller Positionen und ein schnelles Identifizieren von Differenzen und kann somit als Basis für Entwicklungsgespräche zwischen dem Ausbilder und dem Auszubildenden genutzt werden (vgl. Abb. 8).
3. Sammlung von Artefakten
Dem ursprünglichen Portfolio-Gedanken folgend bietet das Entwicklungsportfolio auch die Möglichkeit, ausbildungsbezogene Berichte und Dokumente (z. B. Arbeitsergebnisse) durch eine Dokumentenablage zu sammeln, zu erstellen und von den Ausbildern zu kommentieren oder bewerten zu lassen. Zusätzlich können die abgelegten Dokumente mit den entsprechenden Berichtshefteinträgen verknüpft werden.
Abb. 8: 360 Grad Feedback im Online-Ausbildungsnachweis
Da die bisher auf dem Markt befindliche Software für Berichtshefte bzw. E-Portfolios nicht die gewünschten Funktionen für die berufliche Ausbildung unterstützen, wurde im Rahmen des Projektes BLok zunächst ein mediendidaktisches Konzept entwickelt, das den Anforderungen entsprechend technisch umgesetzt und implementiert wurde.
Seit 2010 befindet sich der Online-Ausbildungsnachweis (www.online-ausbildungsnachweis.de) in der Erprobungsphase und zählt derzeit 275 Auszubildende aus 37 Ausbildungsberufen, 157 Ausbilder und 54 Berufsschullehrer, die das Online-Berichtsheft mit integriertem Entwicklungsportfolio aktiv nutzen.
Insgesamt findet der Online-Ausbildungsnachweis sehr positive Resonanz bei den Akteuren der dualen Berufsausbildung, auch der durch die Konzeption intendierte Mehrwert des Entwicklungsportfolios erschließt sich den Auszubildenden, wie das folgende Zitat eines Auszubildenden zeigt: “Also ich fand es eigentlich praktisch, weil man wirklich mal irgendwann einen Überblick hat, was hat man jetzt eigentlich schon gemacht in der Ausbildung, was nicht. Also da kann man dann auch mal sagen, also ich saß zwar ein Vierteljahr in der Vorstufe hab dort aber nicht wirklich das gemacht, was wir dort eigentlich machen könnten, sollten.”
Für die positive Akzeptanz gegenüber dem Online-Ausbildungsnachweis und dem Bedarf an einem Lösungsansatz für die webbasierte Dokumentation in der Berufsausbildung sprechen auch die zahlreichen überregionalen Anfragen von Bildungsträgern, Unternehmen und Kammern, die das Projekt bisher erreichten.
In den Gesprächen mit den Auszubildenden zeigte sich aber auch, dass die Grundlagen für die Nutzung des Online-Ausbildungsnachweises in den Betrieben oder in den Berufsschulen nur teilweise gegeben sind. 65 % der im Rahmen der wissenschaftlichen Begleituntersuchung befragten Auszubildenden geben an, am Arbeitsplatz einen Computer mit Internetzugang nutzen zu können, in der Berufsschule sind es nur 56 %. Fast alle Auszubildenden verfügen hingegen zu Hause über einen Computer (96 %). Da 9 % aller Aktivitäten der Auszubildenden auf der Applikation am Wochenende stattfinden, ist davon auszugehen, dass sich die Berichtsheftführung bzw. -kontrolle durch den Einsatz einer Online-Applikation teilweise in die Freizeit verlagert.
Um die Potentiale des Online-Ausbildungsnachweises in vollem Umfang nutzen zu können, ist es wesentlich, dass sowohl das Unternehmen als auch die Berufsschule des jeweiligen Auszubildenden für die Nutzung des Systems gewonnen werden. Nur dann ist es auch möglich, dass die Ausbilder und Berufsschullehrer die Vorteile der gemeinsamen Informationsbasis nutzen und die Lerninhalte kurzfristig aufeinander abstimmen bzw. auch virtuell in Kontakt treten können (Lernortkooperation). Auch die frühzeitige Einbindung der Kammern erwies sich im Projektverlauf als sehr hilfreich. Durch die Befürwortung der webbasierten Form der Berichtsheftführung bei den Kammern in Dresden ist es möglich komplett auf den Ausdruck des Berichtsheftes zu verzichten. Die Berichtshefte der Auszubildenden werden in diesem Fall im Vorfeld der Prüfungen digital an die Kammern übermittelt und in dieser Form durch diese akzeptiert.
Das vorgestellte soziale Netzwerk, welches mittels Web 2.0 Technologien unterstützt wird, stellt aufgrund der Heterogenität der zusammengeführten Personen (Auszubildende, Ausbilder, Lehrer) eine Besonderheit gegenüber den originären Netzwerken dar. Darüber hinaus könnten jedoch zukünftig die auf das Individuum bezogenen heterogenen Strukturen im Online-Ausbildungsnachweis hin zu originären Netzwerken (wie in Kap. 2.2 beschrieben) aufgebrochen werden. Insbesondere Auszubildende wünschen sich den Kontakt zu anderen Auszubildenden. Bisher ist die Kontaktaufnahme nur über die Nachrichtenfunktion und, aufgrund des Datenschutzes, auch nur zu Auszubildenden im gleichen Unternehmen möglich. Auszubildende im Klassenverband haben demzufolge bisher keine Möglichkeit sich beispielsweise zu berufsschulbezogenen Themen über die Applikation auszutauschen.
Die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projekt zeigen, dass mit dem Ansatz ein innovatives Werkzeug entwickelt wurde, dessen Nutzung zudem nach §43 BBiG (Zulassungsvoraussetzung zur Abschlussprüfung) gesetzliche Anerkennung genießt und Ausbildern sowie Auszubildenden Hilfestellung im Ausbildungsprozess geben kann.
Bei Interesse kann der jeweils aktuelle Stand zu den Entwicklungen des Online-Ausbildungsnachweises jederzeit in der Demoversion des Systems eingesehen werden (http://demo.online-ausbildungsnachweis.de).
BUSCHFELD, D./ EULER, D. (1994): Antworten, die eigentlich Fragen sind – Überlegungen zur Kooperation der Lernorte. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, Heft 2.
Busemann, K./ Gscheidle, K. (2010): Web 2.0: Nutzung steigt - Interesse an aktiver Teilhabe sinkt. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2010. In: Media Perspektiven, Heft 7-8, 2010. Online: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/07-08-2010_Busemann.pdf (20-05-2011).
HILZENSAUER, W./ HORNUNG-PRÄHAUSER, V. (2006): ePortfolio - Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen. Salzburg Research Forschungsgesellschaft m.b.H. - EduMedia. Online: http://edumedia.salzburgresearch.at/images/stories/EduMedia/Inhalte/eportfolio_srfg.pdf (20-05-2011).
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2010): JIM Studie 2010. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Online: http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf10/JIM2010.pdf (20-05-2011).
MITCHELL, J. C. (1969): The Concept and Use of Social Networks. In: MITCHELL, J. Clyde (ed.): Social Networks in Urban Situations. Analyses of Social Relationships in Central African Towns. Manchester.
SCHULMEISTER, R. (2008): Gibt es eine »Net Generation«? Online:. http://www.zhw.uni-hamburg.de/uploads/schulmeister-net-generation_v2.pdf (20-05-2011).
WASSERMANN, S./ FAUST, K. (1994): Social Network Analysis: Methods and Applications. In Structural M Granovetter (ed), Analysis in the Social Sciences no. 8. Cambridge.
BÖRNER, C./ NEUMANN, J./ KÖHLER, T. (2011): Soziale Netze in der dualen Berufsausbildung. Unterstützung der Lernortkooperation durch den Online-Ausbildungsnachweis. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 13, hrsg. v. KNUTZEN, S./ HEINEN, U./ EDER, A., 1-12. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft13/boerner_etal_ft13-ht2011.pdf (26-09-2011).