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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT13 - Medientechnik
Herausgeber: Sönke Knutzen, Ulrich Heinen & Alexandra Eder

Titel:
Berufliche Bildung in den Medienberufen – Medien in der beruflichen Bildung


Technologische und wirtschaftliche Entwicklungen in den gewerblich-technischen Medienberufen: Anforderungen an die betriebliche und schulische Berufsausbildung

Beitrag von Sönke KNUTZEN (TU Hamburg-Harburg)

Abstract

Die Medienberufe stehen wie kaum eine andere Berufsgruppe unter einem besonders starken Anpassungsdruck. In Folge der kurzen Innovationszyklen der Informations- und Medientechnik verändern sich die Arbeits- und Geschäftsprozesse und mit ihnen auch die Ordnungsmittel und Bildungsprozesse schnell und zum Teil sehr fundamental. In dem vorliegenden Beitrag werden die Vorträge und Diskussionen des ersten Schwerpunkts der Fachtagung Medientechnik mit dem Titel „Medientechnik und berufliche Bildung“ zusammengefasst. Es werden das berufliche Aufgabenspektrum im Medienbereich sowie die wichtigsten gewerblich-technischen Medienberufe skizziert und aufbauend die besonderen Herausforderungen im Bereich der Medientechnik aus berufspädagogischer Sicht dargestellt.

1 Einleitung

Aufgrund der außergewöhnlich kurzen Innovationszyklen in der IT- und Medienbranche hat sich die berufliche Arbeit im Medienbereich grundlegend geändert. In Folge der zunehmenden Informatisierung und Digitalisierung der letzten 10 bis 15 Jahre sind neue Werkzeuge, Arbeitsmittel, Gegenstände und Produkte entstanden, welche der Medienbranche ein neues Gesicht gegeben haben. So sind in sehr kurzer Zeit neue und lukrative  Geschäftsfelder entstanden, als Beispiel sei hier der Smart-Phone-Bereich mit seinen vielfältigen Anwendungsfeldern genannt. Zum Teil haben sich aber auch die beruflichen Tätigkeiten in klassischen Bereichen der Medientechnik, wie z.B. der Audio- und Videotechnik, der Drucktechnik oder der Druckvorstufe durch die Digitalisierung und weitere Innovationen im Medienbereich nachhaltig gewandelt. Aus diesen Veränderungen resultieren neuartige Anforderungen an die schulische und betriebliche Berufsausbildung.

Der erste Schwerpunkt Fachtagung Medientechnik mit dem Titel „Medientechnik und berufliche Bildung“ befasste sich mit den technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und den daraus erwachsenden Anforderungen an die schulische und betriebliche Berufsausbildung in den Bereichen der audiovisuellen Medien, der Veranstaltungstechnik, der computergenerierten Digitalmedien sowie der Druckmedien. Als Referenten waren Experten aus Wissenschaft und Ausbildungspraxis geladen:

GERALD MECHNICH vom NDR beschrieb in seinem Vortrag die veränderten Produktionsabläufe und Arbeitsprozesse für die Mediengestalter Bild und Ton, die sich durch die zunehmende Vernetzung von Informationen und deren weltweite Verfügbarkeit ergeben. Zentrales Element hierbei sind sogenannte serverbasierte Schnittsysteme mit verteilten Datenbankarchiven. Durch diese technologische Entwicklung werden auf allen Ebenen des Produktionsprozesses (Erstellung der Beiträge, Archivierung, Weiterbearbeitung, Redaktion, Schnitt, Distribution) weitreichende IT-Kompetenzen benötigt, was wiederum weitreichende Folgen für die Ausbildung in dem Beruf hat.

BARBARA KNAUF und SUSANNE HOECK von der Technischen Universität Hamburg-Harburg skizzierten in ihrem Vortrag aktuelle Entwicklungen im Bereich der computergenerieten Digitaltechnik an den Beispielen „Mobile Tagging“ und „Augmented Reality“. Durch diese Technologien ändern sich ganz grundsätzlich Werbestrategien, da die Grenzen zwischen Print- und Webprodukten aufgelöst werden. Diese crossmedialen Verbindungen haben weitreichende Folgen für die Arbeits- und Geschäftsprozesse und somit auch für die Berufsausbildung der Mediengestalter Digital und Print, da die Beschränkung auf eine Medienart (Video, Print, Web) zukünftigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Zusätzlich wird auch in diesem Feld zunehmend eine umfassende IT-Kompetenz benötigt.

ANETTE JACOB vom Zentralfachausschuss Berufsbildung Druck und Medien stellte in ihrem Vortrag die sich verändernden technologischen Prozesse der Druckbranche dar und erläuterte die Neuordnung der Druckberufe. Die fortschreitende Digitalisierung und Informatisierung schlägt sich auch in den Berufsbezeichnungen nieder, die seit 2011 als Medientechnologe /-in Druck, Siebdruck und Druckverarbeitung einen deutlich technikbezogeneren Akzent setzen.

Im Folgenden werden die zentralen Elemente der Vorträge und Diskussionen zusammengefasst, indem zunächst das berufliche Aufgabenspektrum im Medienbereich sowie die wichtigsten gewerblich-technischen Medienberufe skizziert werden. Darauf aufbauend werden die besonderen Herausforderungen im Bereich der Medientechnik aus berufspädagogischer Sicht dargestellt.

2 Berufliche Arbeit im Medienbereich

Das berufliche Aufgabenspektrum im Medienbereich gliedert sich in vier Hauptbereiche:

  • Produktion und Design: Eine der Hauptaufgaben im Medienbereich ist die technische und gestalterische Produktion von Medienprodukten. Die Produkte können dabei je nach Medienbranche sehr unterschiedlich ausfallen. So geht es um die Produktion von Audio- und Videodokumenten, Druckerzeugnissen, Webseiten, Animationen oder Veranstaltungen einschließlich der Ausleuchtung und tontechnischen Abmischung.
  • Content: Die technische und gestalterische Produktion von Medienprodukten korrespondiert eng mit der Erstellung, Verwaltung und Strukturierung von Medieninhalten (Content). Die Aufgabenbereiche können im konzeptionellen Bereich (Drehbuchentwicklung, Storyboarderstellung, Entwicklung von Navigationsstrukturen, etc.), im Authoring-Bereich (Erstellung der Inhalte von Print-, Web-, Offline-, Video- oder Audiodokumenten) oder im redaktionellen Bereich (Verwaltung der einzelnen Inhalte) liegen.
  • Management: Den beiden Bereichen übergeordnet sind die Aufgaben des  Managements, wobei es um konkretes Projektmanagement einschließlich der Personal- und Sachsteuerung geht, aber auch um Fragen des Marketings und Vertriebs sowie der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit und der Positionierung des jeweiligen Unternehmens.
  • IT-Dienstleistung: Allen Bereichen zugeordnet sind die Dienstleistungen aus der Informationstechnik, wie die technische Verwaltung der Inhalte (Aufbau und Verwaltung von Content-Management-Systemen), die Bereitstellung der technischen Infrastruktur (Aufbau und Pflege von Netzwerken, System-administration, etc.) oder die Programmierung und Webseitenerstellung.

 

 

Abb. 1:   Aufgabenbereiche im Multimediabereich (Grafik in Anlehnung an MICHEL 2002, 498)

In der beruflichen Praxis sind diese vier Hauptbereiche allerdings selten klar voneinander getrennt. Je nach Größe des Medienunternehmens verschmelzen die Bereiche, wobei in kleineren Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern in größerem Umfang "Allrounder" gefragt sind, wogegen die Spezialisierung in größeren Unternehmen stärker ausgeprägt ist.

Sieht die Arbeitsorganisation eines Unternehmens eine Spezialisierung vor, werden die Aufgabenbereiche des Managements sowie der Contenterstellung und -verwaltung in erster Linie mit akademischen Berufen abgedeckt, wohingegen die Bereiche IT sowie Produktion und Design überwiegend durch gewerblich-technische Ausbildungsberufe abgedeckt werden.

 

Abb. 2:   Verschmelzung der Aufgabenbereiche im Multimediabereich (Grafik in Anlehnung an MICHEL 2002, 498)

3 Gewerblich-technische Medienberufe

Es gibt eine große Zahl gewerblich-technischer Medienberufe, wie z.B. Fotografen, Druckvorlagenersteller, Videoeditoren, Videolaboranten, Fotolaboranten, Schriftsetzer, etc., die aber relativ geringe Ausbildungszahlen aufweisen. Die ausbildungsstärksten gewerblich-technischen Medienberufe sind:

  • Mediengestalter/-in Digital und Print mit ca. 3.800 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr (BIBB2010): Sie sind in erster Linie zuständig für die Konzeption und Gestaltung von digitalen oder gedruckten Informationsmitteln. Nach einer gemeinsamen Ausbildung von etwa 1,5 Jahren können sich die Auszubildenden in drei Fachrichtungen spezialisieren: Beratung und Planung (Schwerpunkt sind organisatorische und kaufmännische Tätigkeiten), Gestaltung und Technik (Schwerpunkt ist die Planung und Durchführung von Produktionsabläufen für digitale und gedruckte Produkte), Konzeption und Visualisierung (Schwerpunkt ist die Entwicklung von Medienkonzeptionen) (KWB 2009,168).
  • Die Gruppe der Druckberufe mit ca. 1200 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr (BIBB 2010) ist in 2011 neu geordnet worden und wird jetzt in den Ausbildungsberufen Medientechnologe /-in Druck, Medientechnologe /-in Siebdruck und Medientechnologe /-in Druckverarbeitung angeboten (BUNDESANZEIGER 2011).
  • Fachkraft für Veranstaltungstechnik mit ca. 1100 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr (BIBB 2010): Dieser Beruf hat neben den medientechnischen und -gestalterischen Inhalten deutliche Bezüge zur Elektro-, Metall- und Medientechnik. Fachkräfte für Veranstaltungstechnik planen den Einsatz bühnen- und szenentechnischer Einrichtungen, wie Beleuchtungs-, Projektions- und Beschallungsanlagen, bauen sie auf und bedienen diese (KWB 2009,137).
  • Mediengestalter/-in Bild und Ton mit ca. 700 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr (BIBB 2010): Neben der Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen gehört die Vorbereitung der technischen Komponenten einer Medienproduktion, wie z.B. Kameras, Mikrophone, Mischer, Beleuchtungsanlagen etc. zu den wesentlichen Aufgaben der Mediengestalter/-innen Bild und Ton. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Bearbeitung der Bild- und Tonaufzeichnungen am Schnittplatz, wo die Aufnahmen überprüft, Format- und Normwandlungen durchgeführt, Zusatzmaterialien, wie z.B. Einzelgeräusche oder Musikaufnahmen, eingemischt werden. Letztlich werden Bild und Ton in Zusammenarbeit mit der Regie bearbeitet und geschnitten. Unter Umständen kann es notwendig sein, Bildmischungen nicht nur im Studio, sondern auch bei Außen- bzw. Liveaufzeichnungen herzustellen (KWB 2009,165).

Daneben spielen noch die Medienkaufleute in den unterschiedlichen Fachrichtungen mit ca. 2500 neuen Ausbildungsverträgen pro Jahr eine größere Rolle (BIBB 2009).

Zu beachten ist, dass trotz der bundesweit überschaubaren Zahlen die Bedeutung der einzelnen Berufe in Ballungsräumen und hier insbesondere in den Medienmetropolen wie Hamburg, Berlin, München oder Köln eine sehr große Bedeutung haben können.

4 Besonderheiten und Entwicklungen der Medienbranche

Betrachtet man die technologische, wirtschaftliche und arbeitsorganisatorische Entwicklung in der Medienbranche, so zeigen sich Bedingungen und Herausforderungen, die im Vergleich zu anderen Berufsfeldern sehr viel stärker ausgeprägt sind:

4.1 Hohe technologische Innovationsgeschwindigkeit und deren Auswirkung auf die Arbeitsorganisation

Typisch für die oben genannten Medienberufe ist die extrem hohe Innovationsgeschwindigkeit mit permanenten technischen Innovationssprüngen und entsprechend veränderten und neuen Qualifikationsanforderungen. Diese resultieren sowohl aus den technischen Entwicklungen als auch aus den damit einhergehenden Veränderungen von Arbeitsabläufen, bei denen z.T. ganze Berufe in kurzer Zeit verschwinden, sich grundlegend wandeln oder bei denen ehemals getrennte Tätigkeiten und Berufe zusammenwachsen.

So hat sich im Bereich Bild und Ton die Produktion beispielsweise einer Fernsehsendung unter anderem durch die Möglichkeiten der Digitaltechnik grundlegend geändert. Während das Bedienpersonal in den 1960er Jahren in der Bedienung der Analogfilm- oder SW-Röhren-Kameras in erster Linie ein umfangreiches technisches, mathematisches und physikalisches Wissen benötigte, muss ein Mediengestalter Bild und Ton für die Bedienung aktueller CCD-Kameras neben technischen Kompetenzen in sehr großem Umfang auch über gestalterische Kompetenzen und betriebswirtschaftliches Wissen verfügen. Bezüglich der Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse im Bereich der Videoproduktion hat sich aufgrund der technischen Möglichkeiten und wirtschaftlichen Erfordernisse eine Verschmelzung der technischen, gestalterischen und zum Teil organisatorischen Tätigkeiten ergeben, was unter anderem dazu geführt hat, dass weit weniger Personen in die Prozesse eingebunden werden. Ein extremes Beispiel hierfür ist die Zusammenfassung technologischer, gestalterischer und redaktioneller Kompetenzen in das Tätigkeitsprofil des "Videojournalisten" (STUDER 2004).

Eine ähnlich weit reichende Veränderung hat sich durch die Einführung der PC- und Informationstechnik im Bereich der Drucktechnik und hier insbesondere bei der Druckvorstufe ergeben. Während bis Anfang der 1990er Jahre die Druckvorlagenerstellung in einem handwerklich und gestalterisch sehr aufwendigen Verfahren erledigt wurde, wird die Layouterstellung in der Druckvorbereitung seit 1992 fast ausschließlich am PC gemacht (Desktop Publishing, DTP). Mediengestalter müssen über die gestalterischen und technischen Kompetenzen verfügen, um Daten (z.B. PDF-Dateien) zu erzeugen, die dann an den jeweiligen Druckprozess weitergeben werden. Wie auch im oben stehenden Beispiel aus dem Videobereich wird es durch die technologische Weiterentwicklung möglich, verschiedene Arbeitsprozesse und Aufgabenbereiche zusammenzufassen, um Wertschöpfungsketten einfacher und effizienter zu machen. Eine Fortführung dieser Tendenz stellt das Job Definition Format (JDF) dar, womit der direkte Datenaustausch zwischen dem Bereich der Medienerstellung und den dahinter liegenden Maschinen für Druck und Weiterverarbeitung ermöglicht wird (KÜHN/ GRELL 2004).    

4.2 Re-Taylorisierung der Arbeiten

Während, wie oben gezeigt, die Weiterentwicklung der Medientechnik oft dazu führt, dass die Bedienung einzelner technischer Geräte ( z.B. Videokameras) einfacher wird und sich in der Folge die Tätigkeitsbereiche einzelner Berufe deutlich ausweiten, führt die Komplexität insbesondere einzelner Softwarewerkzeuge der Medientechnik vereinzelt dazu, dass innerhalb der Unternehmensorganisation Bereiche mit einer "Re-Taylorisierung" von Arbeit zu verzeichnen ist. Das bedeutet, dass einzelne Fachkräfte in einem zwar anspruchsvollen, aber doch nur sehr kleinen Ausschnitt des Arbeits- und Geschäftsprozesses tätig werden.

So werden durch die Möglichkeiten der digitalen Nachbearbeitung von Filmen Arbeitsplätze geschaffen, die sich nur mit bestimmten Videoeffekten beschäftigen, wie z.B. der Simulation von Lichtspiegelung auf fahrenden Autos für Werbeproduktionen. Im Bereich Digital- und Print liegt das Betätigungsfeld einzelner Mediengestalter beispielsweise nur im Freistellen von Bildern, um komplexe Bildmontagen vorzubereiten.

4.3 Wachsende Bedeutung der Informationstechnologie als Querschnittstechnologie

In den letzten 15 Jahren hat sich die eingesetzte Medientechnologie durch die Digitalisierung und Informatisierung in fast allen Medienprodukionsprozessen grundsätzlich gewandelt. Hierfür finden sich vielfältige Beispiele. So hat sich die händische Druckvorlagenerstellung zum Desktop-Publishing entwickelt. Druckverfahren können digital erfolgen, wodurch kleinste Auflagen ermöglicht werden. Druckprozesse werden durch Dateiformate unterstützt, die den gesamten Workflow abbilden und steuern. In der Veranstaltungstechnik werden Licht-, Sound-, Projektionseffekte computergesteuert eingesetzt. Smartphones beinhalten Webbrowser, Spielkonsolen, Mediaplayer, deren Inhalte von Mediengestaltern Digital Print erstellt werden. Die Grenzen zwischen Print- und Webmedien verschwimmen zunehmend, indem sie durch Verfahren wie „Mobile Tagging“ und „Augmented Reality“ miteinander verschränkt werden. Videoaufnahmen werden als Datenformate auf Webservern abgelegt und online weiterbearbeitet.

4.4 Größenunterschiede der Medienunternehmen

Ein typisches Merkmal der Medienbranche ist der oftmals extreme Größenunterschied zwischen den (Ausbildungs-)betrieben, die vom Kleinstunternehmer bis zum internationalen Medienkonzern reichen. Damit gehen oftmals höchst unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der erstellten Produkte und Dienstleistungen sowie der Qualifikationsanforderungen einher.

Im Bereich Digital und Print treten sowohl kleine Internetfirmen, als auch große, oftmals international agierende Werbeagenturen mit einem umfassenden Produktportfolio von Internetdienstleistungen, Print-, TV- und Kinowerbung als Ausbildungsbetriebe auf.

Noch extremer sind die Unterschiede bei den Ausbildungsbetrieben in der Veranstaltungstechnik. Auf der einen Seite finden sich hier Weltmarkt führende Unternehmen wie PROCON / PRG, die z.B. das Finale des Eurovision Song Contest  in Athen, Oslo und Hannover oder die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von Sydney organisiert und abgewickelt haben. Auf der anderen Seite stehen Kleinstfirmen, die Ton- und Beleuchtungsanlagen verleihen und aufbauen, die auf Dorffesten eingesetzt werden.

4.5 Sehr hohe Zahl an Selbstständigen

Eine weitere Besonderheit der Branche, die sich ebenfalls direkt auf die Berufsausbildung auswirkt, ist der sehr hohe Anteil von Selbstständigen in der Medienbranche. Am extremsten gilt dies für den Bereich der Veranstaltungstechnik, in der es selbst bei international tätigen Marktführern nur wenige fest angestellte Fachkräfte für Veranstaltungstechnik gibt, sondern größtenteils freie Mitarbeiter. Dies führt zu der Forderung der Auszubildenden sowohl nach einer umfassenden, breit angelegten beruflichen Handlungskompetenz einschließlich betriebswirtschaftlicher Elemente, um direkt nach der Ausbildung selbstständig arbeiten zu können, als auch nach einem sehr tief greifenden Spezialwissen, um konkurrenzfähig gegenüber den Mitbewerbern am Markt zu sein.  Für die berufliche Bildung stellt das eine besondere Herausforderung dar, da die berufliche Bildung in der Regel die Ausbildung eines Arbeitnehmers zum Ziel hat. Während auf soziologischer Ebene Fragen nach dem Leittypus des "Arbeitskraft-Unternehmers" diskutiert werden (vgl. u.a. PONGRATZ/ VOß 2003), bleibt die berufliche Bildung diesbezüglich Antworten noch weitgehend schuldig (vgl. ELSTER 2007).

5 Entwicklungen und Trends in der Berufsausbildung der Medienberufe

Obwohl die Medienbranche in der Regel nur über eine geringe Ausbildungstradition verfügt (viele der Medienberufe sind in den letzten zehn Jahren neu geschaffen oder grundlegend neu geordnet worden) ist zu konstatieren, dass sich die duale Ausbildung in diesem Sektor zunehmend etabliert hat. Indizien dafür sind die mittlerweile stabile Zahl von Ausbildungsverhältnissen, relativ gut entwickelte Lernortkooperationen sowie die Bildung von Ausbildernetzwerken. Zudem verweisen Evaluationsergebnisse für den Mediengestalter Digital und Print darauf, dass die in den Ordnungsmitteln festgelegten Zuschnitte, Strukturen und Inhalte weitgehend die Bedarfe der Betriebe und Auszubildenden treffen (KRÄMER 2004, 27, f.).

Wie aus den oben skizzierten Entwicklungstrends der Medienbranche ersichtlich wird, steht die betriebliche und schulische Berufsausbildung in den Medienberufen aber vor besonderen Herausforderungen (KNUTZEN 2009, 46, f.):

5.1 Exemplarisches und situiertes Lernen statt fachsystematischer Ausbildung

In Anbetracht der hohen technologischen Innovationsgeschwindigkeit müssen in der Ausbildung neben der Vermittlung aktueller Technologie vor allem fachlich-methodische Kompetenzen gefördert werden, die die Auszubildenden befähigen, sich weitgehend selbstständig neue Technologien erschließen zu können.  Zusätzlich wird es zunehmend wichtig, die medientechnischen Aspekte der Ausbildung mit gestalterischen Aspekten zu verbinden, da sich die Zuschnitte der beruflichen Arbeit in diese Richtung verschieben.

Während die Ausrichtung auf die Förderung einer beruflichen Handlungskompetenz in der Vergangenheit eher typisch für die betriebliche Ausbildung war, ist mit dem Lernfeldansatz der KMK der rechtliche Rahmen gegeben, um auch in der schulischen Berufsausbildung die fachsystematische Strukturierung der Unterrichtsinhalte zu Gunsten einer subjekt- und arbeitsprozessorientierten Struktur zu verändern, und somit stärker die berufliche Handlungskompetenz der Auszubildenden zu fördern. Zentrale Intention des Lernfeldansatzes ist es, die curriculare Grundlage für handlungsorientierte, an der beruflichen Arbeit ausgerichtete Bildungsangebote der Berufsschulen zu schaffen, die Lernende vor dem Hintergrund des Wandels von Arbeit und Technik zu einer umfassenden beruflichen Handlungsfähigkeit führen (KMK 2000, 14).

Die Umsetzung des Lernfeldkonzepts stellt die Berufsschulen im Mediensektor allerdings zum Teil noch vor eine große Herausforderung. So stehen die Berufsschulen vor dem finanziellen Problem, die technische Ausstattung der Schulen auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten. Zusätzlich benötigen Berufsschullehrer Unterstützung, um die aktuelle Ausprägung der Medientechnik angesichts der hohen Innovationsgeschwindigkeit für den Unterricht aufzubereiten.

5.2 Geschäfts- und Arbeitsprozesse in der beruflichen Bildung

Um neben der hohen technologischen auch der wirtschaftlichen Dynamik in der Ausbildung gerecht werden zu können, ist es notwendig, dass neben der Beherrschung aktueller Technik zunehmend auch das Wissen über den gesamten Workflow einschließlich aller Geschäfts- und Arbeitsprozesse thematisiert werden muss. Dieses Vorgehen soll es den Fachkräften ermöglichen, ihre Arbeit im Kontext des übergeordneten Geschäftsprozesses zu sehen, um gegebenenfalls das eigene Tätigkeitsspektrum zu erweitern oder zu modifizieren.

Während - wie oben skizziert - mit dem Lernfeldansatz die Möglichkeit gegeben ist, den Unterricht an den Berufsschulen arbeits- und geschäftsprozessorientiert zu strukturieren, gilt es in der Folge, die Abstimmung der Ausbildungsinhalte zwischen Betrieben, Berufsschulen und überbetrieblichen Bildungseinrichtungen aufeinander abzustimmen.

5.3 Lernortkooperation

In Anbetracht der genannten Herausforderungen wird deutlich, dass der Ausbildungserfolg auch erheblich über das abgestimmte Zusammenwirken von Berufsschule und Ausbildungsbetrieb erreicht wird. Während der Betrieb vorrangig für die Entwicklung einer beruflichen Identität, die Ausbildung handwerklichen Geschicks sowie die fachgerechte Beherrschung der eingesetzten Technologien verantwortlich ist, steht die Berufsschule vor der Aufgabe, die betriebliche Ausbildung durch fachliche Vertiefung und Reflexion sowie die Förderung fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen zu erweitern und zu vervollständigen. Beide Lernorte beziehen sich dabei auf die berufsbestimmenden Arbeits- und Geschäftsprozesse, wobei Schule und Betrieb jeweils unterschiedliche Stärken einbringen können.

6 Fazit

Die Berufsausbildung im Medienbereich stellt sich einerseits den traditionellen Herausforderungen der beruflichen Bildung, wie die Organisation von Lernortkooperationen, die Ausgestaltung des Lernfeldkonzepts und die damit verbundenen Fragen des situierten und exemplarischen Lernens. Andererseits zeigen sich Problemlagen, die als spezifisch für die Medienbranche angesehen werden können. Beispiele hierfür sind die extreme Heterogenität der Betriebe und damit verbunden auch die Heterogenität der Qualifikationsanforderungen auf Facharbeiterebene, die hohe Zahl an Selbstständigen in der Medienbranche und damit verbunden die Frage nach Struktur und Inhalten der Berufsbildung sowie die hohe Innovationsgeschwindigkeit in der Medienbranche.

In Anbetracht dieser Herausforderungen stellt die geringe Ausbildungstradition der Medienbranche ein besonderes Problem dar, wobei einzig der Beruf des Druckers eine Ausnahme darstellt. Lehrer und Lehrerinnen an den beruflichen Schulen verfügen in aller Regel über kein medientechnisches Lehramtsstudium, sondern müssen sich als fachfremde Berufsschullehrer in die medientechnischen Bereiche einarbeiten oder treten als Quereinsteiger, denen oft die pädagogische und didaktische Erfahrung fehlt, in den Schuldienst ein. Für diese Lehrkräfte müssen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität Fortbildungsangebote erstellt werden, die sich vor allem darauf beziehen, wie sich systematisch die sich ständig verändernden Arbeitsprozesse auf der Facharbeiterebene erschließen und für den Unterricht fruchtbar machen lassen.

Literatur

BIBB (2010): Neue Ausbildungsabschlüsse 2010. Online:    http://www.bibb.de/dokumente/pdf/naa309_2010_tab67_0bund.pdf  (13.12.2010).

BUNDESANZEIGER (2006): Verordnung über die Berufsausbildung zum Medienkaufmann Digital und Print/zur Medienkauffrau Digital und Print. Bundesgesetzblatt 2006.

BUNDESANZEIGER (2011): Verordnung über die Berufsausbildung zum Medientechnologen / zur Medientechnologin Druck, zum Medientechnologen / zur Medientechnologin Siebdruck, zum Medientechnologen / zur Medientechnologin Druckverarbeitung, Bundesgesetzblatt 2011.

BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (2011): Berufe.net. Online: http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  (17.08.2011).

ELSTER, F. (2007): Der Arbeitskraftunternehmer und seine Bildung. Bielefeld.

ISSING, L./ KLIMSA, P. (2002): Information und Lernen mit Multimedia und Internet. 3. Aufl. Weinheim.

KMK (2000) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Handreichung für die Erarbeitung von Lehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe. (Stand 15.09.2000). Berlin.

KNUTZEN, S. (2009) Berufliche Arbeit und Berufliche Bildung - Qualität in der schulischen und betrieblichen Ausbildung. In: BAHLS, T. / HEGMANN, K. / WILBERS, K. (Hrsg.): Qualität in Schule und Betrieb. Aachen, 44-52.

KRÄMER, H. (2004): Evaluation Mediengestalter/Mediengestalterin für Digital- und Printmedien. Bonn.

KÜHN, W./ GRELL, M. (2004): JDF: Prozessintegration, Technologie, Produktdarstellung. Berlin.

MICHEL, L. (2002): Ausbildung und Berufe im Multimediabereich. In: ISSING, L./ KLIMSA, P.: Information und Lernen mit Multimedia und Internet. 3. Aufl. Weinheim, 495-505.

PONGRATZ, H.-J./ VOß, G. G. (2003): Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen. 2. Aufl. Berlin.

STUDER, R. (2004) Videojournalisten – Alleskönner für das Fernsehen? Die VideojournalistInnen beim Privatfernsehen in der Schweiz. gazette Medientexte.


Zitieren dieses Beitrages

KNUTZEN, S. (2011): Technologische und wirtschaftliche Entwicklungen in den gewerblich-technischen Medienberufen: Anforderungen an die betriebliche und schulische Berufsausbildung. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 13, hrsg. v. KNUTZEN, S./ HEINEN, U./ EDER, A., 1-11. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft13/knutzen_ft13-ht2011.pdf (26-09-2011).



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