Beitrag von Kathrin AMME, Annemarie DENNLER & Andreas DIETTRICH (Universität Jena, Jenaer Institut für Berufsbildungsforschung &-beratung e.V. & Universität Rostock)
Der Beitrag geht von der These aus, dass für Beschäftigte das Vorhandensein internationaler, insbesondere interkultureller, Kompetenzen eine zentrale Voraussetzung dafür darstellt, die durch neue Strukturkonzepte des Bildungssystems geschaffenen Möglichkeiten für transnationale Durchlässigkeit und Mobilität (EQR bzw. DQR, ECVET bzw. DECVET) tatsächlich für sich nutzen zu können. Somit stellt sich die Frage, wo und wie diese Kompetenzen und entsprechende Zertifikate im Rahmen von Aus- und insbesondere Weiterbildung erwerben können. Eine vom Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik der Universität Jena in Kooperation mit dem BIBB durchgeführte Untersuchung bei 20 Weiterbildungsträgern und Betrieben mit entsprechender Expertise in der Weiterbildung (Literaturrecherche, Dokumentenanalyse sowie 20 Experteninterviews und Auswertung über qualitative Inhaltsanalyse) zeigt, dass diese Anbieter sowohl zur Weiterbildungsselektivität (Angebote für Führungskräfte und Management) als auch zur Kompensation von Bildungsnachteilen bzw. der Förderung von Chancengleichheit (Angebote als Zusatzqualifikation bzw. für Beschäftigte mittleren Qualifikationsniveaus) beitragen können. Gleichzeitig etablieren sich diese Bildungseinrichtungen als zentrale Lernorte/ Institutionen in der dualen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung – ohne jedoch bisher konzeptionell, zum Beispiel über zertifizierte und anrechenbare Module, in die formale Struktur des Bildungssystems bzw. die neuen Transparenzinstrumente integriert zu sein. Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag empirische Befunde der Untersuchung und Interpretationen vor und entwickelt erste Handlungsempfehlungen auf struktureller und individueller Ebene.
Intercultural competence as a pre-requisite for permeability and mobility – on the function of (further) training providers between polarisation and compensation
This paper is based on the assumption that for employees the presence of international, particularly intercultural, competences represents a central pre-requisite for actually being able to benefit from new possibilities created by new structural concepts of the educational system (EQR or DQR, ECVET or DECVET). The question then arises of where and how these competences and the corresponding certificates in the context of training and, in particular, further training, can be gained. An investigation carried out by the Department for Vocational Education and Business Studies at the University of Jena, in co-operation with the BIBB (Federal Institute for Vocational Education and Training) at 20 providers of further training and companies with relevant expertise in further training (literature search, documentary analysis as well as 20 expert interviews and analysis using qualitative content analysis) shows that these providers can contribute to both further training selectivity (courses on offer for executives and management) and also to the compensation of educational deficits or the promotion of equal opportunities (courses on offer as additional qualifications for employees with mid-level qualifications). At the same time these educational providers are establishing themselves as central places of learning/institutions in the dual system of vocational training and in professional further education – however, as yet without being conceptually integrated into the formal structure of the education system or the new transparency instruments, for example through certified modules for which credits can be awarded. Against this background the paper presents empirical findings and interpretations of the investigation and develops initial recommendations for action at structural and individual level.
Im Zuge der fortschreitenden Internationalisierung und Globalisierung stellt für die Beschäftigten das Vorhandensein internationaler, insbesondere interkultureller Kompetenzen eine zentrale Voraussetzung dafür dar, die durch neue Strukturkonzepte des Bildungssystems geschaffenen Möglichkeiten für transnationale Durchlässigkeit und Mobilität (EQR bzw. DQR, ECVET bzw. DECVET, Mobilitätsprogramme) tatsächlich für sich nutzen zu können. Qualifikationsrahmen (z. B. SLOANE 2008) und Leistungspunktsysteme (z. B. BMBF 2008) bilden auf nationaler und europäischer Ebene einen formalen Rahmen, um Bildungswege anschlussfähig bzw. durchlässig zu gestalten und die nationale, speziell transnationale Mobilität zu erhöhen, vorzugsweise auch mit der Zielsetzung, im Ausland erworbene Kompetenzen und Qualifikationen auf Bildungsgänge im Heimatland anrechnen zu können. Allerdings stellt sich auf Subjektebene die Frage nach der Motivation, der Kompetenz und den individuellen Rahmenbedingungen für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten – erste Erfahrungen zeigen, dass das Angebot formaler Strukturkonzepte des Bildungssystems keineswegs per se zu mehr Durchlässigkeit und Mobilität beiträgt.
Neben dieser bildungspolitischen Argumentation ist die betriebs- bzw. personalwirtschaftliche Diskussion für unsere Fragestellung von Relevanz: Vielfach wird konstatiert, dass mit der zunehmenden Internationalisierung von Unternehmenstätigkeit und grenzüberschreitender Arbeitsteilung besondere Qualifikationserfordernisse entstehen (vgl. DIEKMANN et al. 2010; HALL 2007; WEBER et al. 2002), die inzwischen auch zu umfassenden Arbeitsmarkteffekten führen. Allerdings scheinen jedoch insbesondere öffentliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen auf nationaler Ebene mit dem schnellen Wandel der Qualifikationsanforderungen an Arbeitskräfte offensichtlich nicht Schritt halten zu können, denn nur selten sind z. B. internationale Qualifikationselemente wie interkulturelle Kompetenz in die allgemeinen und beruflichen Curricula integriert. Als unmittelbare Folge dieser Paradoxie zwischen Anspruch und Realität sind in der beruflichen Bildung zwei Strategien zu beobachten: Einerseits versuchen viele Unternehmen, in der Regel Großbetriebe, den angedeuteten Defiziten entgegenzuwirken, indem sie ihre Mitarbeiter durch eigene betriebliche Bildungsmaßnahmen aus- und weiterbilden (vgl. GÖTZ et al. 2006, 11). Andererseits hat sich insbesondere bezüglich des Erwerbs interkultureller Kompetenz mittlerweile eine ins Unübersichtliche ausufernde thematische Vielfältigkeit interkultureller Lernangebote diverser Bildungsträger etabliert (vgl. BOLTEN 2002, 48), die in der Regel auf berufliche Weiterbildung bzw. Erwachsenenbildung fokussieren.
Als Ausgangsthese dieses Beitrags gehen wir davon aus, dass das Vorhandensein interkultureller Kompetenzen zumindest eine notwendige Bedingung für die tatsächliche Nutzung von Aus- und insbesondere Weiterbildungsangeboten im Ausland darstellt und somit individuelle Voraussetzung für transnationale Mobilität, die Entwicklung internationalisierter Berufsbiographien und -karrieren und die Nutzung bildungspolitischer Instrumente für Anrechnung und Durchlässigkeit, d. h. für die berufliche Weiterentwicklung und Beschäftigungssicherung, darstellt. Allerdings ist aus der Perspektive der Berufsbildungsforschung zum einen ungeklärt, wo und wie, welche interkulturellen Kompetenzen und entsprechende Zertifikate im Rahmen von Aus- und insbesondere Weiterbildung erworben werden können. Zum anderen stellt sich die Frage, von welchen Personengruppen diese Kompetenzen erworben werden (können) und inwieweit die auf Ebene des Bildungssystems, z. B. im Kontext DQR und DEQVET, immer wieder formulierte Forderung nach Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit tatsächlich praktisch umsetzbar wird.
Diesen Forschungsfragen widmet sich eine vom Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik der Universität Jena in Kooperation mit dem BIBB durchgeführte qualitative Untersuchung bei 20 Weiterbildungsanbietern und Betrieben mit entsprechender fachlicher Expertise in der Weiterbildung bzw. interkulturellen (Berufs-)Bildung. Die hier vorgestellte Teilauswertung der Ergebnisse fokussiert auf bekannte Phänomene und Zielsetzungen der Erwachsenenbildung, d. h. einer Verstärkung von Weiterbildungsselektivität (z. B. Angebote für Führungskräfte und Management), aber auch einer Kompensation von Bildungsnachteilen bzw. der Förderung von Chancengleichheit (z. B. Angebote als Zusatzqualifikation bzw. für Beschäftigte mittleren Qualifikationsniveaus). Vor dem Hintergrund dieses Spannungsfeldes etablieren sich gerade in der interkulturellen (Berufs-)Bildung z. T. neue Bildungseinrichtungen als zentrale Lernorte in der Dualen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung – ohne jedoch bisher strukturell, zum Beispiel über zertifizierte und anrechenbare Module, in die Architektur des Bildungssystems bzw. die neuen Transparenzinstrumente integriert zu sein.
Der Beitrag stellt nach einer Auseinandersetzung mit den Hintergründen und Anforderungen (2) das Untersuchungskonzept vor (3), anschließend werden ausgewählte empirische Befunde und ihre Interpretation diskutiert (4). Schlussendlich werden im Ausblick erste Handlungsempfehlungen auf struktureller und individueller Ebene formuliert (5).
Bereits seit mehreren Jahren sind zwei grundlegende Annahmen wesentliche Diskussionsschwerpunkte im Themenfeld. Zum einen ist „Internationalisierung von (beruflicher) Bildung […] die politische Antwort auf ökonomische Prozesse der Globalisierung.“ Zum anderen sind „Strategien der Internationalisierung […] an zwei Zielen ausgerichtet: „Qualifizierung der Beschäftigten eines Landes für die globalisierte Ökonomie“ und „Weltweite Vermarktung von Bildungsangeboten“ (HANF 2003, 1).
Unbestritten ist dabei, dass kleinere Länder in Europa bereits seit geraumer Zeit sehr viel intensiver Initiativen zur internationalen Ausrichtung ihres Berufsbildungssystems vorangetrieben haben. Beispielsweise haben Dänemark und die Niederlande bereits Anfang der 90er Jahre Paragraphen in die nationale Gesetzgebung eingeführt, die eine Internationalisierung der Berufsbildung sicherstellen. Beide Länder bestätigen, dass Internationalisierung der Berufsbildung jedoch faktisch nur erzielt werden kann, wenn eine Balance zwischen Top-down-Strategien und Ansätzen zur Dezentralisierung in Bottom-up-Verfahren geschaffen wird (vgl. DYBOWSKI 2003, 1; BRANDSMA et al. 2010, 45ff.).
Gleichzeitig werden in Deutschland Herausforderungen auf mindestens drei Ebenen national anerkannt (vgl. DYBOWSKI 2003, 2) und zwischenzeitlich in unterschiedlicher Intensität vorangetrieben:
(1) Entwicklung von Rahmenbedingungen im Berufsbildungssystem,
(2) Verbesserung der internationalen Transparenz des deutschen Berufsbildungssystems,
(3) Entwicklung eines Konzepts internationaler Berufskompetenz.
In Bezug auf die Rahmenbedingungen im Berufsbildungssystem und der Herstellung einer verbesserten internationalen Transparenz stellt insbesondere die Veröffentlichung des Diskussionsvorschlages des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR), neben dessen Binnenwirkung in der nationalen Perspektive zur Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen den Teilbereichen des Bildungssystems, eine entscheidende Wegmarke in der Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) dar. Europäische Bildungspolitik hat sich somit im Laufe der Jahre immer stärker mit dem Ziel der Herstellung eines europäischen Arbeitsmarktes verwoben (vgl. STEPHAN 2010, 145). Mit dem EQR wird dabei zum einen das Ziel der besseren Transparenz, Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit angestrebt, zum anderen Chancengleichheit, lebenslanges Lernen und die weitere Integration des europäischen Arbeitsmarktes gefördert sowie Beschäftigungsfähigkeit, Mobilität und soziale Integration von Arbeitskräften und Lernenden erhöht (vgl. AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN UNION 2008, 2f.). In Auseinandersetzung mit Mobilitäts- und Transparenzinstrumenten und ihrer internationalen Ausrichtung wird an dieser Stelle deutlich, dass internationale und interkulturelle Kenntnisse und Fähigkeiten aus Sicht der EU integrale Bestandteile von Beschäftigungsfähigkeit darstellen (vgl. DIETTRICH et al. 2010, 35). Somit muss ein nationales Berufsbildungssystem gewährleisten, dass in Aus-, Fort- und Weiterbildung entsprechende Kompetenzen erworben werden (können), wobei auch angrenzende Bildungsbereiche wie Allgemein- und Hochschulbildung entsprechend strukturell zu berücksichtigen sind.
Der Bedeutungsakzent des Begriffs „Durchlässigkeit“ liegt FROMMBERGER folgend „in der Zu- und Übergangsmöglichkeit zwischen verschiedenen Bildungsgängen und Bildungsstufen, und zwar innerhalb des nationalen Bildungssystems und der verschiedenen Bildungsteilbereiche sowie in internationaler Hinsicht zwischen unterschiedlichen Bildungssystemen. Das Ziel „durchlässiger“ Bildungsstrukturen und Ausbildungswege liegt in der Förderung der Möglichkeit individueller Bildungsmobilität“ (FROMMBERGER 2009, 1).
Auch wenn verschiedene Spannungsfelder im Rahmen der Diskussion von konkreten Anrechnungsmodellen entstanden sind (vgl. REGLIN et al. 2010, 107f.), ist doch unumstritten, dass das Thema in den letzten Jahren entscheidenden Auftrieb erlangt hat und durchaus beachtliche Anstrengungen und erste Resultate für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für transnationale Mobilität und Austausch vorzuweisen sind.
Während auf den Ebenen der Rahmenbedingungen und Transparenz entscheidende Schritte getan wurden bzw. werden und eine allseitige Präsenz des Themas in der Berufsbildungsforschung und -politik konstatiert werden kann, sind auf der Ebene der Entwicklung eines Konzeptes internationaler Berufskompetenz weiterhin kaum mehr als die Verankerung von Einzelwerken und Insellösungen zu verzeichnen (vgl. exemplarisch: BOLTEN 2010; HALM et al. 2005; SETTELMEYER et al. 2009; FENINGER 2009; OVER et al. 2006; BARMEYER et al. 2009; WEBER 2000).
An entsprechenden Konzepten mangelt es in der Literatur nicht, wobei bezugnehmend auf die Debatte um das Vervollständigen beruflicher Bildungsgänge durch internationale Qualifikationen, verankert auf Ebene der Lerninhalte bzw. -gegenstände, immer wieder die Dimensionen berufsbezogene Fremdsprachenkompetenz, berufsspezifische interkulturelle Kompetenz, internationale Fachkompetenz (vgl. BUSSE et al. 1997) und deren Erweiterung um die Netzkompetenz (vgl. WORDELMANN 2000; BORCH et al. 2003) in den Mittelpunkt gestellt werden („internationale berufliche Handlungskompetenz“). Darauf bezugnehmend konstatieren BORCH et al. 2003, dass dieses Konstrukt internationaler Bildungselemente generell Berücksichtigung auf Ebene der Ordnungsmittel von Regelausbildung und -fortbildung finden sollte (vgl. BORCH et al. 2003, 53). Gleichzeitig stellt die Autorengruppe allerdings auch fest, dass von 49 untersuchten modernisierten Ausbildungsberufsbildern nur 17 internationale Fachkompetenz bzw. interkulturelle Kompetenzinhalte aufweisen, wobei die Fachkenntnisse den größten Teil der untersuchten Dimension ausmachen (vgl. BORCH et al. 2003, 71). Im Rahmen einer sich an diese Studie anschließenden Untersuchung wird aktuell die zunehmende Bedeutung an internationalen Kompetenzen in den Ausbildungsordnungen konstatiert (vgl. WORDELMANN 2010, 13). Interkulturelle Kompetenzen in einem engen Sinne (durch Verwendung der Begriffe wie Kultur, Ausland, o. ä.) sind allerdings auch bis heute nur in wenigen Ausbildungsordnungen zu finden und selbst wenn sie Gegenstand sind, wie beispielsweise in den Ausbildungsordnungen Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel und den Reiseverkehrskaufleuten (vgl. WORDELMANN 2010, 15), sind diese wenig aussagekräftig formuliert und lassen eine umfangreiche Operationalisierung im Zuge des gegenwärtig diskutierten Ansatzes kompetenzorientierter Ausbildungsordnungen notwendig erscheinen. Die Sichtung von Fortbildungsverordnungen offenbart dabei ein ähnliches Bild. Nicht zuletzt dieser Befund rechtfertigt durchaus vielschichtige Bottom-up-Betrachtungen in dem Themenfeld, z. B. die Analyse individueller Strategien zum Erwerb internationaler Qualifikationen oder die Untersuchung von Aus- und insbesondere Weiterbildungsangeboten im nicht-öffentlich geregelten Bereich.
Da in diesem Beitrag insbesondere der Teilbereich der interkulturellen Kompetenz aufgegriffen und als Voraussetzung für Durchlässigkeit und Mobilität in unterschiedlichen Vermittlungskontexten betrachtet wird, steht an dieser Stelle noch aus, diesen Kompetenzbereich genauer zu definieren. Interkulturelle Kompetenz spezifiziert als Handlungskompetenz den allgemeinen Kompetenzbegriff zunächst auf die Handlungskontexte, an denen Personen unterschiedlicher Herkunft beteiligt sind (vgl. BOLTEN 2002, 46). THOMAS definiert in diesem Sinne: „Interkulturelle Kompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Urteilen, Empfinden und Handeln bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen im Sinne einer wechselseitigen Anpassung, von Toleranz gegenüber Inkompatibilitäten und einer Entwicklung hin zu synergieträchtigen Formen der Zusammenarbeit, des Zusammenlebens und handlungswirksamer Orientierungsmuster in Bezug auf Weltinterpretation und Weltgestaltung“ (THOMAS 2003, 143). Es wird deutlich, dass interkulturelle Kompetenz, nicht wie verschiedentlich angenommen, eine weitere Teilkompetenz im Kompetenzgefüge allgemeiner Zielsetzungen (Sach-, Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz) darstellt, sondern vielmehr als eine Bezugsdimension, als Kombination aus allgemeinen Dispositionen und spezifischen Einstellungen auszulegen ist (vgl. DIETTRICH et al. 2010, 37). Gleichzeitig wird damit bereits definitorisch die Basis gelegt, Kompetenzentwicklung in diesem Sinne als biografische Entwicklungsaufgabe zu begreifen und das Konstrukt letztlich als integralen Bestandteil jedes beruflichen Bildungsganges mit Differenzierungen im Hinblick auf Umfang und Niveau in Anhängigkeit von den funktionalen Erfordernissen zu implementieren (vgl. DIETTRICH et al. 2010, 38). Interkulturelle Kompetenz ist somit notwendig, um in internationalisierten Lern- und Arbeitskontexten erfolgreich agieren zu können, gleichsam entsteht sie in diesem Prozess bzw. differenziert sich auf dem Weg zur individuellen Professionalisierung häufig durch eher informelles und erfahrungsorientiertes Lernen weiter aus.
Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die übergeordnete Frage, wo und wie, welche interkulturellen Kompetenzen aus Sicht und auf Ebene von Unternehmen und unternehmensnahen Bildungsanbieter, von welchen Personengruppen erworben werden können. Ziel der durchgeführten Sekundär- und Primärdatenanalyse ist es einzuschätzen, welche „Rolle“ bzw. Funktion den Institutionen beruflicher Aus- und Weiterbildung, die schwerpunktmäßig Angebote zur interkulturellen Kompetenz unterbreiten, zukommt und inwieweit eher Polarisierungs- und Selektionseffekte oder Kompensationseffekte zu beobachten sind, wobei sich Kompensationseffekte sowohl hinsichtlich individueller Bildungschancen, aber auch hinsichtlich defizitärer Angebote im öffentlich-rechtlichen Bildungssystem zeigen können. Somit ist insbesondere die Weiterbildung von entscheidender Relevanz.
Für den ersten Untersuchungsschritt (Dokumentenanalyse) wurden zunächst mittels einer Datenbankrecherche (Weiterbildungsinformationssystem WIS, Deutscher Bildungsserver, KursNet, Emagister) 80 Seminarausschreibungen einschlägiger Anbieter der Grundgesamtheit gefiltert. Die Analyseeinheit „Seminarausschreibungen“ wurde anschließend inhaltsanalytisch für folgende Dimensionen untersucht: Anbieterstruktur, Arten der Lernangebote, Ziele, Zielgruppen und Dauer.
Für eine umfassendere Einschätzung der Qualifizierungsmaßnahmen zur Entwicklung interkultureller Kompetenz als Voraussetzung für Durchlässigkeit und Mobilität bedurfte es einer erweiterten Methodik, um komplexere Analysen realisieren zu können. Im zweiten Untersuchungsschritt wurden 20 leitfadengestützte Experteninterviews geführt. Die Auswahl der Interviewpartner auf Seiten der Anbieter erfolgte dabei nach Selektion derjenigen Leistungsbeschreibungen, deren Zieldefinitionen eine klar über die kognitive, reine Wissensvermittlung hinausgehende Ebene aufwies. Weiterhin wurden nur Anbieter ausgewählt, deren Maßnahmen mindestens einen Tag umfassten. Darüber hinaus wurden einschlägige unternehmensnahe Referenzen in die Auswahl einbezogen. Die befragten Unternehmen wurden durch veröffentlichte Expertisen in dem Bereich ausgewählt (vgl. BACHMANN et al. 2009; BIBB 2003; FENINGER 2009). Die Interviews wurden mittels eines deduktiven Vorgehens inhaltsanalytisch ausgewertet, wobei innerhalb der Auswertung das auf Basis theoretischer Grundlagen und aus dem ersten Analyseschritt entwickelte Kategoriensystem induktiv ergänzt bzw. ausdifferenziert wurde (vgl. MAYRING 2000; MAYRING 2008).
Die Ergebnisse der beiden Erhebungsschritte sollen im Folgenden in drei für die Fragestellung relevante Bereiche geclustert und dargestellt werden[1]: Der erste Komplex beschäftigt sich mit dem immer wieder diskutierten Strukturmerkmal der beruflichen Weiterbildung „Tendenz zur Selektion“. So eröffnet berufliche Weiterbildung zwar unbestritten Chancen zur beruflichen und sozialen Integration, gleichzeitig ist die Teilnahmewahrscheinlichkeit an entsprechenden Maßnahmen von der beruflichen Vorbildung und dem beruflichen Status abhängig (BIBB 2010, 282ff.). In Bezug auf internationale Kompetenzen resümiert WORDELMANN wie folgt: „Insgesamt entwickeln sich die Bedarfe an internationalen Kompetenzen zunehmend dynamisch. Sie sind auch für einen großen Teil der Fachkräfte unabdingbar, nachdem diese noch in den 90iger Jahren weitgehend nur für Führungskräfte mit universitärer Ausbildung für nötig erachtet wurden“ (WORDELMANN 2010, 12). Bei der Betrachtung der tatsächlich vorhandenen Qualifikationen wird allerdings zugleich konstatiert, dass viele Maßnahmen zur Förderung des interkulturellen Lernens z. T. nur ausgewählten Personen zugänglich zu sein scheinen (vgl. WEBER 2002, 55). Diesen vermeintlichen Gegensätzen widmet sich der erste Auswertungsschritt der Untersuchung, in dem Zielgruppen und zielgruppenspezifische Ausgestaltung von Maßnahmen betrachtet werden, um so zu prüfen, inwiefern bei diesem Themenfeld der Weiterbildung Selektion stattfindet bzw. verstärkt wird.
Eine Befragung von Unternehmen im Raum Bayern mit dem Schwerpunkt auf Internationalisierung der beruflichen Bildung (in Bezug auf Ausbildung) bestätigt, dass Voraussetzung von Mobilitätsmaßnahmen ist, dass die Unternehmen selbst internationale Qualifikationen ihrer Mitarbeiter entwickeln wollen. Dazu zählen nach Auskunft der Unternehmen neben Fremdsprachenkenntnissen und internationalen fachlichen Kompetenzen ebenso interkulturelle Kompetenzen. 41 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie interkulturelle Kompetenzen als „sehr wichtig“ erachten (vgl. WEBER 2010, 138). Weiterhin belegt beispielsweise SCHÖPF die Notwendigkeit, nationale Ausbildungsgänge um europäische Elemente zu ergänzen durch die Schilderung von Branchen- und Inhousestandards sowie der (langsam) zunehmenden Mobilität in der Erstausbildung (vgl. SCHÖPF 2010, 34f.). Darüber hinaus stellt er fest, dass international ausgerichteter Qualifikationsbedarf gegenwärtig im Wesentlichen situativ durch unternehmerische Eigeninitiative vorrangig unsystematisch, punktuell gedeckt wird (vgl. SCHÖPF 2010, 36). Vor diesem Hintergrund interessiert im zweiten Auswertungskomplex insbesondere die kompensatorische Funktion der einzelnen Maßnahmen („Tendenz zur Kompensation“). Dafür wird insbesondere untersucht, ob die Angebote Inhalte vermitteln, die häufig in der beruflichen Sozialisation im Rahmen geregelter Aus- und Fortbildungen und universitärer Bildungsgänge vernachlässigt werden und nun an unterschiedlichen Stellen im Beschäftigungssystem kompensiert werden müssen und damit den Subjekten auch die Kompensation erfahrener Bildungsbenachteiligungen ermöglichen.
Der dritte Auswertungskomplex befasst sich mit resultierenden infrastrukturellen Konsequenzen auf der Angebotsseite: Während Unternehmen Fremdsprachenkenntnisse häufig durch klassische Lehrgangsangebote vermitteln können, umfassen die interkulturellen Kompetenzen vielfältige und in hohem Maße persönlichkeitsgebundene Verhaltensdispositionen, die schwerer zu vermitteln und aufzubauen sind (vgl. BUSSE et al. 1997, 223f.). BORCH et al. sehen es als zweckmäßig an, lernortübergreifende Konzepte zu entwickeln, die u. U. eine Intensivierung der Kooperation zwischen den Lernorten bzw. eine neue Aufgabenverteilung bestimmen (vgl. BORCH et al. 2003, 174). Unternehmen sehen sich häufig nicht selbst in der Lage, entsprechende Kompetenzen zu vermitteln und nehmen daher verstärkt die Angebote weiterer Lernorte in Anspruch (vgl. BOLTEN 2002, 48). Dies sind zum einen im Bereich der Dualen Ausbildung überbetriebliche Bildungseinrichtungen und Bildungsdienstleister, im Bereich der Fort- und Weiterbildung Bildungsdienstleister, Weiterbildungsträger und weitere Institutionen der Weiter- und Erwachsenenbildung. Der abschließende Teil der Ergebnisauswertung wird sich demnach insbesondere der möglichen Etablierung dieser dritten Lernorte widmen, wofür insbesondere die Etablierung der befragten Bildungsanbieter am Markt und deren Spezialisierung eine Rolle spielen wird („Etablierung weiterer Lernorte“).
4.1 Tendenz zur Selektion
Bei der Auswertung des erhobenen Datenmaterials zeigt sich hinsichtlich der Teilnehmerzielgruppen ein deutliches Bild. Bereits im Rahmen der Dokumentenanalyse bestätigt sich die von WEBER getätigte Äußerung, dass sich der Teilnehmerkreis von Maßnahmen zur Förderung interkulturellen Lernens i. d. R. nur durch ausgewählte Personen zusammensetzt (vgl. WEBER et al. 2002, 3).
85 %[2] der mittels Datenbankrecherche gefilterten Seminarausschreibungen enthalten einen Verweis auf die Zielgruppe Fach- und Führungskräfte – 48,75 % der angebotenen Maßnahmen sind explizit nur für diese Hierarchiestufen ausgeschrieben. Der Anteil an Angeboten für Schüler, Auszubildende und Studenten beläuft sich auf 16,25 %, wobei 6,25 % der anbietenden Bildungsunternehmen ausschließlich diesen Personenkreis bedient. Weitere Offerten finden sich unter anderem für Jugendliche, Asylbewerber, Teilnehmer mit Migrationshintergründen, Familienangehörige bei Auslandsentsendungen sowie sonstige Angestelltengruppen (38,75 %).
Die Auswertung der Interviews im Hinblick auf die Teilnehmerzielgruppen stützt die aus der Dokumentenanalyse gewonnen Erkenntnisse. Insbesondere geben 85,8 % der befragten Unternehmen an, dass für Fach- und Führungskräfte Schulungen im interkulturellen Bereich vorgesehen sind, lediglich 14,2 % sehen die Notwendigkeit zum Einbeziehen von Auszubildenden in diese Maßnahmen.[3] Bei den interviewten externen Bildungsanbietern spiegelt sich dieser Trend ebenfalls wieder, wenn auch nicht ganz so deutlich. Die gewonnenen Erkenntnisse sind in der nebenstehenden Grafik zusammengefasst.[4]
Abb. 1: Teilnehmerzielgruppen der externen Bildungsanbieter
Auch hinsichtlich der für die Bildungsträger auftraggebenden Unternehmen zeigt sich eine eher selektive Tendenz. Keines der befragten externen Bildungsunternehmen gab an, dass es Mitarbeiter aus dem Bereich der Landwirtschaft oder des Handwerks schult. 76,9 % der Auftraggeber ist der Branche Industrie und Handel zuzuordnen, 61,5 % sehen ihren Kundenkreis im Bereich der öffentlichen Einrichtungen (Schulen, Universitäten und dergleichen) und des öffentlichen Dienstes. Weitere 35,7 % der Klienten entstammen dem Dienstleistungssektor.[1] 66,6 % der in die Interviewreihe einbezogenen Unternehmen sind dienstleistungsorientiert, die verbleibenden 33,3 % sind in den Branchen Industrie und Handel zu finden.
Wenig verwunderlich sind daher auch die Ergebnisse in Bezug auf die bei den Auftraggebern dominierenden Unternehmensgrößen. Unter allen interviewten externen Bildungsanbietern geben 65,4 % an, dass die Teilnehmer Arbeitnehmer mittlerer Unternehmen und Großunternehmen sind. Lediglich 19,23 % der Nennungen entfallen auf Klein- und Kleinstunternehmen. Bei den verbleibenden 15,4 % handelt es sich um Universitäten und Schulen. Die befragten Unternehmen sind ausschließlich Großunternehmen (analog des Schwellenwerts Mitarbeiterzahl der KMU-Definition der Europäischen Kommission).
Neben den offensichtlichen Unterschieden hinsichtlich Zielgruppen, Branchenzugehörigkeit und Größe des auftraggebenden Unternehmens interessieren aber insbesondere auch mögliche Differenzierungen in der Ausgestaltung der Lernangebote. Für die durchgeführte Analyse, in die ausschließlich die Aussagen aller befragten Experten einfließen, erfolgt eine Beschränkung auf die Dimensionen Zielgruppe und zeitlicher Umfang bzw. Inhalt der Schulungsmaßnahmen.
Bezüglich des Zusammenhangs von Zielgruppe und der Dauer von Qualifizierungsmaßnahmen zeigen sich zunächst einige überraschende Ergebnisse. So ist die Quote bei einer Dauer von mehr als 2 Tagen im Zusammenhang mit einem einmaligen Lernangebot bei den befragten Unternehmen für Auszubildende, insofern diese bei der Personalentwicklungsmaßnahme als Teilnehmer vorgesehen sind, mit einem Anteil von 33,3 % am höchsten. Schulungen von weniger als einem Tag kommen hier überhaupt nicht vor, währenddessen dies bei Fach- und Führungskräften, insbesondere vor einer Entsendung, möglich ist (Anteil von 14,3 %). Grundlegende Unterschiede zeigen sich dagegen bei der Gegenüberstellung im Bereich der interviewten externen Bildungsanbieter. Sind Auszubildende als Zielgruppe genannt, hat keine der Maßnahmen eine Dauer von über 2 Tagen, bei den Führungskräften beläuft sich der Anteil für den benannten Zeitraum auf nur 10,5 % bzw. auf 12,5 % bei den Fachkräften. Spitzenreiter sind hier die Schüler mit 25 % der Maßnahmen, bei den Studenten ergibt sich ein Anteil von 20 %.
Abb. 2: Anteile bei einmaligen Lernangeboten je Zielgruppe und Dauer
Bezieht man in diese Betrachtung jedoch zusätzlich den jeweiligen Anteil der einzelnen Zielgruppen am gesamten Lernangebot ein, relativieren sich die Aussagen drastisch, wie die vorstehende Grafik verdeutlicht. Allerdings könnte die kurze Dauer der Maßnahmen ein Indiz dafür sein, dass die Teilnehmer über umfassende Vorkenntnisse und Erfahrungen verfügen, z. B. durch Basisqualifikationen aus der Allgemein- und Hochschulbildung. Erste Anhaltspunkte zur Selektion lassen sich somit bereits an dieser Stelle vermuten.
Langfristige und prozessorientierte interkulturelle Bildungsarbeit führen lediglich 35,7 % der befragten Anbieter durch.
„(…) wir bieten das Training wirklich ziemlich ausgedehnt an. Halten aber auch nur das für sinnvoll und orientieren darauf, dass die Leute […] die Zeit halt sich nehmen sollen […]. Man kann diese komplexen Dinge nicht in zwei Schulungen oder so vermitteln.“ (Interview I13, Z. 232-236).
„(…) wir empfehlen das über ein halbes Jahr laufen zu lassen und einmal die Woche eine Doppelstunde.“ (Interview I10, Z. 301-302).
Beschränkt man sich dabei ausschließlich auf die Zielgruppe der Fach- und Führungskräfte sowie der Auszubildenden, geht der Anteil der auf längere Dauer angelegten interkulturellen Personalentwicklungsmaßnahmen auf 25 % zurück.
Es ist somit festzustellen, dass es sich zum einen vorwiegend um einmalige, punktuell ansetzende Lernangebote handelt. Desweitern zeigt sich, dass die erwarteten Vorteile für Fach- und Führungskräfte im Bereich der interkulturellen Lernangebote über alle Zeiträume sowie alle Gruppen von Unternehmensangehörigen hinweg auftreten und diese auch im Vergleich zu Studenten und Schülern bestehen.
85,3 % der alle drei Zielbereiche umfassenden Bildungsmaßnahmen schließen Fach- und Führungskräfte ein, wobei 53,4 % davon ausschließlich auf diesen Personenkreis fokussiert. Die verbleibenden 46,6 % schulen daneben auch Auszubildende, Schüler, Studenten sowie anderen Zielgruppen angehörende Teilnehmer. Bezieht man nunmehr die Antworten aller befragten Experten ein, die unisono zu 100 % angeben, dass ein Lernen auf den benannten Ziel- und Inhaltsdimensionen unerlässlich sei, lässt sich für diesen Auswertungsschritt festzuhalten, dass ein Lernen über die Verbindung der drei genannten Zieldimensionen klar dominiert und über alle Bildungsstufen hinweg nahezu gleichverteilt ein derartiger Aufbau interkultureller Kompetenz erfolgt.
„Wir haben alles mit drin. Also Kopf, Herz, Hand sagt man ja am besten. Also das sind drei unterschiedliche Ebenen von Lernzielen und die sollten alle drei in den Trainings mit enthalten sein.“ (Interview I11, Z. 160-162).
Folglich ist zu konstatieren, dass zwar die Struktur der angebotenen Bildungsmaßnahmen, ihre Inhalte und Zielsetzungen weitgehend unabhängig von der jeweiligen Zielgruppe ist, jedoch bei der Zusammensetzung der Teilnehmergruppen durchaus Fach- und Führungskräfte aus Großunternehmen, insbesondere aus der Industrie, des Handels und des öffentlichen Dienstes privilegiert zu sein scheinen. Somit unterscheidet sich Weiterbildungsangebot und Weiterbildungsverhalten bezüglich des Erwerbs interkultureller Kompetenzen kaum von anderen Weiterbildungssegmenten. Weiterbildung verstärkt Selektion und Polarisierung, so dass die privilegierten Personengruppen auch verbesserte Chancen erhalten, transnationale Mobilität zu entwickeln und zunehmend durchlässig werdende Strukturen im Bildungssystem für die eigene Profilierung und Karriereentwicklung zu nutzen. Interkulturelle (Berufs-) Bildung im nicht-öffentlichen Bereich wirkt somit eher selektierend und verbessert die Chancengleichheit nicht.
4.2 Tendenz zur Kompensation
Der Trend zur Europäisierung und Internationalisierung mit entsprechend veränderten Arbeits(platz)anforderungen zeichnet sich auch in den hier generierten Erkenntnissen auf Basis der durchgeführten Interviews ab. Alle befragten Experten der einbezogenen Unternehmen gaben an, dass sie die Notwendigkeit für die Ausbildung interkultureller Kompetenzen aufgrund einer internationalen Strategieausrichtung ihrer Unternehmen sehen. Die Erschließung internationaler Märkte sowie der Ausbau der bestehenden internationalen Marktanteile führen unweigerlich dazu, dass auch Mitarbeiter in ihrem Arbeitsumfeld grenzübergreifend tätig sind. Hier treten häufig massive Schwierigkeiten im Umgang mit Teamkollegen, Geschäftspartnern oder im Kundenkontakt auf.
„Also wir sind sehr, sehr stark im Kooperationsbereich. Dass heißt, der gängige Auslöser sind massive Schwierigkeiten der Kunden im Umgang mit Partnern aus einer Region.“ (Interview I14, Z. 117-119.).
Dass zur Bewältigung dieser Herausforderungen ein auf internationale Qualifizierung ausgerichteter Schulungsbedarf besteht, wird meist sehr spät erkannt; die Anbieter nennen hier Vorlaufzeiten von einer Woche bis zwei Monaten. Der Schwerpunkt der interkulturellen Maßnahmen liegt im Wesentlichen auf der Vorbereitung von Auslandsentsendungen mit einem Anteil von 30 % und auf der Verbesserung der internationalen Teamarbeit und Optimierung von Kooperationen über nationale und kulturelle Grenzen hinweg (20 %).
Auch Re-Integrationsmaßnahmen werden seitens der Unternehmen häufig nachgefragt (20 %). 10 % der Seminare finden im Zusammenhang mit Problemen, die auf Migrationshintergründen basieren, statt. Ausländische Kundenkontakte und das Agieren auf internationalen Märkten (8 %), Zweigunternehmen im Ausland (6 %), mögliche Fusionen, Einbettung interkultureller Inhalte in Studienpläne sowie eine Teilnahme aus Eigeninitiative stellen weitere Nachfrageschwerpunkte dar, wobei die zuletzt genannten mit 2 % aber einen wesentlich geringeren Anteil einnehmen.[6] Aus den einzelnen genannten Weiterbildungsbedarfen können diverse und bisweilen auch spezifische inhaltliche Anforderungen resultieren, die seitens der Nachfrager an die Anbieter herangetragen werden.
Hier zeigt sich, dass die Schwerpunktsetzung der Auftraggeber über den vorrangigen Wunsch nach Vermittlung kulturspezifischen Wissens, im Sinne von „Do’s and Dont’s“ und Kulturstandards hinausgeht. So werden spezielle Schwerpunkte gefordert, wobei der Fokus u. a. auf kommunikativen Aspekten, Mitarbeiter- und Gesprächsführung, Konfliktmanagement und auf dem Verhalten in Verhandlungen liegt. Neben diesen über alle Weiterbildungsanlässe dominierenden Anforderungen hinweg, stellt der Wunsch nach einer Ausrichtung des Angebots auf Verständigungsprobleme zwischen verschieden geprägten kulturellen Gruppen ausschließlich auf den „Anlass aus Migrationsgründen“ ab. „Business-Etikette“ wird dagegen nur thematisiert, wenn sich die Teilnehmerzielgruppe aus Unternehmensmitarbeitern zusammensetzt. Genannte Anlässe für entsprechende interkulturelle Maßnahmen und geforderte Inhalte sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Abb. 3: Übersicht der inhaltlichen Anforderungen und unterschiedliche Anlässe der Unternehmen
Die Zielsetzung der in diese Studie einbezogenen Qualifizierungsmaßnahmen liegt auf der Ausbildung interkultureller Kompetenzen, die dazu beitragen sollen, die auf kulturellen Unterschieden basierten Missverständnisse, fehlerhaften Kommunikationen und Effizienzverluste zu minimieren oder gar zu beheben.
„Also die Ziele meistens sind - weil ja dann doch schon Einige unten waren oder in Indien gearbeitet haben, dass sie dann sagen, wir haben dann halt doch Reibungsverluste – Missverständnisse, Misskommunikation […] sollen halt minimiert werden.“ (Interview I17, Z. 90-93.).
Dies ist aber nicht durch einen alleinigen Zuwachs an kulturellem Wissen umsetzbar, so dass sich die Seminaranbieter bei der Gestaltung der Maßnahmen in erster Linie auf die Ebenen der Affektion und Konation fokussieren, was sich auch darin wiederspiegelt, dass die reinen interkulturellen Kompetenzentwicklungsmaßnahmen zu 90 % erfahrungsorientiert ausgerichtet sind. Für eine Auswertung der Ziel- und Inhaltsdimension wurden die Seminarausschreibungen hinsichtlich der Beschreibung kognitiver, affektiver und konativer Lernelemente analysiert. 85 % der untersuchten Seminarangebote umfassen den Bereich der kognitiven, affektiven und konativen Ziele, bei 10 % dominieren kognitive und affektive Elemente.[1]
Diese Aussagen verdeutlichen, dass zum einen keineswegs nur Verhaltensroutinen für einen schnellen Managementerfolg eingeübt werden sollen, sondern dass insbesondere Einstellungen, Werthaltungen und die Motivation der Weiterbildungsteilnehmer im Fokus stehen. Das könnte darauf hindeuten, dass einerseits eine Kompensation von Defiziten vorgelagerter Bildungseinrichtungen z. B. der Allgemeinbildung erfolgt bzw. erfolgen muss, insbesondere wenn konative und volitionale Aspekte in den Vordergrund rücken. Die benannte Praxis- und Erfahrungsorientierung neben kognitiv wirkenden Elementen ermöglicht es zum anderen, dass Teilnehmer mit unterschiedlichem formalen Bildungsstand an Bildungsmaßnahmen zum Erwerb interkultureller Kompetenzen erfolgreich teilnehmen – immerhin benötigten bereits im Jahr 2000 ca. ¼ der Beschäftigten internationale Qualifikationen (insbesondere interkulturelle Kompetenzen) an ihrem Arbeitsplatz (vgl. LENSKE et al. 2000). Somit führt sowohl die Struktur der Weiterbildungsmaßnahmen als auch der von der Arbeitssituation ausgehende Qualifizierungsdruck dazu, dass auch weniger privilegierte Gruppen von Beschäftigten eine Chance zur Kompetenzentwicklung erhalten und somit interkulturelle (Berufs-)Bildung auch kompensatorische Effekte bezüglich vorgelagerter Bildungsbereiche und Teilnehmergruppen aufweist. Allerdings wäre diesbezüglich in der Mobilitätsforschung zu prüfen, ob das Vorhandensein interkultureller Kompetenz nicht nur eine notwendige, sondern auch eine hinreichende Bedingung für die Partizipation an transnationaler Mobilität, Anrechnung und Durchlässigkeit und somit für individuelle Profilierung und Karriereentwicklung darstellt.
Eine weitere Tatsache, die durchaus für die Übernahme bestimmter kompensatorischer Funktionen und damit für Durchlässigkeiten im formalen Bildungssystem spricht, ist die modulare Gestaltung einzelner Lernangebote, die durch 35 % der Anbieter beispielsweise wie folgt beschrieben wird:
„Wobei das Training lohnt sich für uns ökonomisch nur, wenn wir das in gewisser Weise standardisiert haben. Das heißt, wie haben so eine Art Baukastensystem." (Interview I4, Z. 19-20).
"Genau. Also wie gesagt, das ist zwar ein Baukastensystem. Aber dadurch, dass wir eben verschiedenste Teile haben und die verschieden aufbauen, ist es wirklich kundenspezifisch ausgelegt." (Interview I7, Z. 159-161).
4.3 Etablierung weiterer Lernorte
Welchen Stellenwert die interkulturelle Thematik im Zusammenhang mit der zunehmenden weltweiten Verflechtung vieler Bereiche des täglichen Lebens hinweg für die Nachfrager als auch Anbieter interkultureller Schulungsmaßnahmen in den letzten Jahren gewonnen hat, zeigt sich, wenn im Folgenden die Angaben der Anbieter zu ihrem Bildungsprogramm betrachtet werden. Allerdings zeigen bisherige Forschungsergebnisse, dass der Fokus interkultureller Studien in der Regel auf der Subjektperspektive liegt: Anbieterstrukturen, Ordnungskonzepte und größere Organisationseinheiten auf institutioneller Ebene werden nur selten wissenschaftlich diskutiert und analysiert (vgl. THOMAS 2003, 142).
50 % der befragten Seminaranbieter sind seit weniger als fünf Jahren auf dem Bildungsmarkt tätig, weitet man den Zeitraum auf zehn Jahre aus, so erhöht sich der Anteil auf nahezu 75 %. Der Anteil der interkulturellen Schulungen am gesamten Qualifizierungsprogramm liegt bei weit mehr als der Hälfte der anbietenden Schulungsunternehmen bei über 50 %, d. h. es handelt sich um ein spezialisiertes Weiterbildungsangebot mit relativ geringer Tradition in den Weiterbildungseinrichtungen. Für die befragten Unternehmen zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab: 66,6 % haben interkulturelle Schulungsprogramme seit weniger als fünf Jahren in die Personalentwicklung integriert, 33,3 % der Unternehmen bindet diese Maßnahmen seit einem Zeitraum über fünf Jahren ein, wobei alle Unternehmen für die Umsetzung mit externen Bildungsanbietern zusammenarbeiten. Diese Ergebnisse deuten die zunehmende Bedeutung des Themengebiets an, verdeutlichen aber auch, dass etablierte Lernorte in der Berufs- und Weiterbildung diesbezüglich nur über geringe Tradition und Erfahrung verfügen.
Auf Grund der zielgerichteten Gestaltung der Maßnahmen auf einstellungs- und handlungsbezogene Komponenten stehen Verhaltensdispositionen im Vordergrund, die in einem hohen Maße persönlichkeitsgebunden und somit nur schwer „vermittelbar“, für den Aufbau interkultureller Kompetenz aber unverzichtbar sind. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die interkulturellen Kompetenzdimensionen Empathie, Konfliktkompetenz, kommunikative Fähigkeiten und eigenes Kulturbewusstsein, des Weiteren werden Flexibilität und Ambiguitätstoleranz als wesentliche Elemente betrachtet. Zur Ausbildung dieser Persönlichkeitsmerkmale bedarf es eines spezifischen Methodeneinsatzes, wobei den interkulturellen Kompetenztrainern vielfältige Lehr-Lern-Methoden zur Verfügung stehen, die auf den affektiven und kognitiven Lernzielbereich fokussieren.
Für die hier untersuchten Lernangebote trifft dies auf nahezu 70 % der Maßnahmen zu, wobei es sich dabei mit den am häufigsten angewendeten Methoden Rollenspiel (Einsatz in 88,24 % aller Maßnahmen[2]), Selbstreflexionsübungen und Diskussionen (Einsatz jeweils in 82,35 %) sowie Situationsübungen (70,59 %) im wesentlichen um affektiv-konativ ausgerichtete Lernaktivitäten handelt. Die Ergebnisse im Rahmen der Dokumentenanalyse bestätigen die aus den Experteninterviews gewonnenen Erkenntnisse. In mehr als 80 % der einbezogenen Seminarausschreibungen sind in den Ausführungen zur methodischen Vorgehensweise Rollenspiele, Selbstreflexionsübungen und Diskussionen enthalten.
Neben der zielgerichteten Auswahl der spezifischen Lernaktivitäten ist es für alle befragten Experten im höchsten Maße wichtig, Kundenspezifika in die Schulungen einzubeziehen. Diese setzen Sie um, indem sie bei der Gestaltung der Inhalte das betriebliche Umfeld der Teilnehmer einbinden und, wenn vorhanden, konkrete auftraggeberspezifische Problemstellungen innerhalb der Schulungen thematisieren. Dies verdeutlicht den lernenden Personen zum einen die Relevanz der interkulturellen Thematik für ihre tägliche Arbeit, zum anderen erleichtert die Praxisorientierung einen Transfer in das Arbeitsumfeld.
Dass dieser durchaus gelingt, bestätigen Bildungsanbieter, bei denen kontinuierliche Nachevaluierungen stattfinden. Es zeigt sich nach Angabe der Experten in einem generell stärkeren Bewusstsein und Verständnis für interkulturelle Problemsituationen. Dies kann nach einhelliger Meinung z. B. auch zu einem Rückgang der Fremdenfeindlichkeit bei Teilnehmern, deren Schulungsanlass in der Migrationsproblematik liegt, führen.
„(…) das halten wir eigentlich für […] den Kern der Qualitätssicherung, dass wir da rausgefunden haben, dass eben die Fremdenfeindlichkeit abgenommen hat, dass die soziale Kompetenz deutlich zugenommen hat.“ (Interview I10, Z. 373-375).
Zum anderen wird beabsichtigt, dass die erworbenen Kompetenzen im Bereich des betrieblichen Umfeldes eine Veränderung des Arbeitsstils und damit zusammenhängend eine verbesserte und effizientere Zusammenarbeit mit Personen anderer nationaler und religiöser Kulturkreise bewirken.
„Und seitdem ist […] die Zusammenarbeit sehr viel besser geworden, effizienter geworden und das kriegen wir natürlich auch in unseren Nachevaluierungen raus.“ (Interview I4, Z. 337-340).
Vor diesem Hintergrund stellen sich die Fragen nach den geeigneten Lernorten und Lernortkooperationen für interkulturelle (Berufs-)Bildung und die Frage nach dem geeigneten Bildungspersonal. Die Untersuchungsergebnisse belegen die hohe Bedeutung von Bildungsdienstleistern und Bildungsanbietern, häufig auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen oder im Rahmen der Erstausbildung mit beruflichen Schulen und sozialpädagogischen Einrichtungen (vgl. JAHN et al. 2010). Interkulturelle Kompetenzen werden an sehr unterschiedlichen Lernorten erfolgreich erworben, wobei einerseits die Umsetzung von Netzwerkkonzepten sich als erfolgversprechender Ansatz bewährt hat (vgl. DIETTRICH 2010), die insbesondere auf kooperative Elemente setzen und insbesondere hinsichtlich interkultureller (Berufs-)Bildung tradierte Grenzen und Abschottungen zwischen etablierten Lernorten außer Kraft setzen. Andererseits tritt das Berufsbildungspersonal häufig als fördernder oder hemmender Faktor für die Entwicklung internationaler Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung auf (vgl. AMME et al. 2010), da keine entsprechenden formalisierten, hier thematisch spezialisierten Qualifizierungsmöglichkeiten für diese Personengruppe bestehen, auch wenn neue Qualifizierungsangebote (z. B. Geprüfte/r Berufspädagoge/-in IHK) einen Professionalisierungsschub bringen könnten.
Die hohe Bedeutung von Lernorten und Institutionen wie den Trägern der Weiter- und Erwachsenbildung ermöglicht zumindest von der infrastrukturellen Seite her (z. B. passgenauen und anrechenbaren Modulen) die Erschließung von weiteren Teilnehmergruppen für die interkulturelle (Berufs-)Bildung, sofern Einstiegsbarrieren z. B. für arbeitssuchende Personengruppen gering sind, entsprechende Fördermöglichkeiten existieren und interkulturelle Bildungsmaßnahmen in berufliche Curricula eingebunden sind. Positive Erfahrungen mit interkultureller Bildung für benachteiligte Jugendliche zeigen bereits vereinzelt mögliche Kompensationseffekte auf und können Chancengleichheit im Bildungssystem verbessern helfen.
Die vorliegenden Befunde bestätigen auch im hier gewählten fachlichen Kontext die aus der Weiterbildung bekannten Tendenzen im Bereich der Selektion und Polarisierung und machen deutlich, dass eine Kompensation von Bildungsnachteilen und damit Sicherung einer Chancengleichheit aller Beschäftigten nicht strukturell erfolgt, sondern eher zufällig und individuell zustande kommt. Der Einbezug von Gruppen, die bisher wenig an Weiterbildung teilnehmen, erfolgt i. d. R. nur dann, wenn die Arbeitsplätze dieser Gruppen internationale berufliche Handlungskompetenz erfordern, d. h. bei funktionaler Notwendigkeit. Dieses Defizit kann bisher trotz der immer wieder erhobenen Forderung nach stärkerer Berücksichtigung dieses Lernbereichs (z. B. BORCH et al. 2003) in den formalisierten Bildungsstufen weder im Rahmen der beruflichen Bildung vorgelagerten Bildungsgänge noch in Rahmen nachgelagerter Fort- und Weiterbildung kompensiert werden. Andererseits zeigt jedoch die starke Berücksichtigung von volitionalen und konativen Aspekten von Bildungsmaßnahmen, ihre erfahrungsorientierte Ausrichtung und ihre persönlichkeitsbildende Wirkung, verbunden mit vergleichsweise hoher Teilnehmermotivation, grundsätzliche Möglichkeiten dafür auf, auch eher wenig von Weiterbildung profitierende Zielgruppen für das Themenfeld zu erschließen und letztlich auf Motivations- und auch Bildungsziele abzuzielen. Somit könnten zukünftig auch kompensatorische Effekte stärker ermöglicht werden, die dem Subjekt weitere Anschluss- und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen.
Diese Effekte reichen jedoch derzeit nach unserer Einschätzung keineswegs aus, dass Beschäftigte in die Lage versetzt werden, aufgrund ihrer interkulturellen Kompetenz die neuen Möglichkeiten des Bildungssystems hinsichtlich (transnationaler) Mobilität, Anrechnung von Lernergebnissen und damit von Anrechnung und Durchlässigkeit aktiv und im Sinne der Gestaltung der eigenen beruflichen Biographie erfolgreich zu nutzen und somit erfahrene Bildungsbenachteiligungen auch durch formal anerkannte und zu Berechtigungen führende Lernleistungen zu kompensieren. Dies umfasst insbesondere auch den motivationalen Aspekt, d. h. die Kompetenz und den Willen, die neu geschaffenen Möglichkeiten zum einen überhaupt wahrnehmen zu wollen und zum anderen für sich nutzen zu können.
Auf struktureller Ebene sollten deshalb einerseits die Voraussetzungen, die seitens der systemischen Verankerungen interkultureller Kompetenzen in den Curricula (Allgemeinbildung, Berufsaus- und Fortbildung, Ausbildungsvorbereitung) gegeben sein müssen, verbessert werden. Dies erfordert auch eine bessere Kopplung sowohl zwischen den einzelnen Bildungsbereichen (Anschlussfähigkeit) als auch zwischen den bildungspolitischen Instrumenten für Mobilität und Durchlässigkeit und den tatsächlichen Handlungsoptionen der Subjekte. Allerdings ist diese Kopplung nicht nur aus strukturell-funktionalistischer Sicht, sondern aus Sicht individueller Lern- und Berufsbiographien zu gestalten, bspw. analog zu Konzepten, die derzeit in der Benachteiligtenförderung diskutiert werden („Bildungsketten“), d. h. die individuelle Perspektive muss mehr in den Vordergrund treten.
Ein positives Signal ist aus unserer Sicht die angedeutete Etablierung weiterer Lernorte, die zunehmend fachliche Expertise im Feld interkultureller (Berufs-)Bildung aufbauen und damit Betriebe (und bezüglich Erstausbildung auch Berufliche Schulen) entlasten bzw. alternative Zielgruppen bedienen können. Es wird sich erst in Zukunft zeigen, an welchem Lernort bzw. mit welcher Lernortkooperation Weiterbildungsthemen, die neben beruflichen auch stark persönlichkeitsentwickelnde und allgemeinbildende Aspekte verbinden, erfolgreich verortet werden können und welche methodisch-didaktischen Konzepte für die unterschiedlichen Zielgruppen tragfähig sind. Auch in dieser Hinsicht sollten die hier vorgestellten Untersuchungsergebnisse weiter ausgewertet und ergänzt werden.
Eine bessere Anschlussfähigkeit an das Bildungs- und Beschäftigungssystem im Sinne einer internationalen Mobilität wird schlussendlich nur gegeben sein, wenn es gelingt, das Konzept internationaler beruflicher Handlungskompetenz stabil im Bildungssystem zu verankern, wobei der Handlungsdruck auf Unternehmen, die Weiterbildungspraxis und die Bildungspolitik nicht zuletzt auch durch zunehmend heterogene und internationalisierte Belegschaften in den Betrieben steigen wird. Somit wird der Erwerb internationaler beruflicher Handlungskompetenz sowohl für nationale Arbeitskontexte als auch für die Nutzung von Mobilitäts- und Durchlässigkeitsinstrumenten weiter an Bedeutung gewinnen – die derzeitige Datenlage lässt allerdings keine eindeutige Aussage zu, ob dies eher Selektion verstärkt bzw. Polarisierung fördert oder ob eher Kompensation von Bildungsnachteilen ermöglicht wird.
[1] Die im folgenden dargestellten Zahlenwerte, insbesondere die Prozentangaben, sollen dem Leser eine Orientierungsperspektive im Sinne einer verhältnismäßigen „Gewichtung“ geben, erheben aufgrund der qualitativen Vorgehensweise und der begrenzten Untersuchungspopulation aber in keinster Weise den Anspruch der Repräsentativität.
[2] Mehrfachnennungen sind möglich.
[3] Mehrfachnennungen sind möglich.
[4] Mehrfachnennungen sind möglich.
[5] Mehrfachnennungen sind möglich.
[6] Mehrfachnennungen sind möglich.
[7] Eine in die Dokumentenanalyse einbezogene Seminarbeschreibung lässt keine Rückschlüsse auf Bildungsinhalt respektive -ziele zu.
[8] Mehrfachnennungen sind möglich.
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