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bwp@ Ausgabe Nr. 19 | Dezember 2010
Berufliche Weiterbildung
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 19 sind Karin Büchter, Rita Meyer & Franz Gramlinger

Gestaltung von Übergängen zwischen mittlerer Qualifikationsebene und Hochschule – Überlegungen zur Entwicklung eines Weiterbildungssystems in der Gebäudeenergieberatung

Beitrag von Simon HEINEN, Martin FRENZ, Raymond DJALOEIS & Christopher SCHLICK (RWTH Aachen University)

Abstract

In der Energieberatung existiert derzeit ein vielschichtiges, zum Teil intransparentes Angebot an Fort- und Weiterbildungen. Die Teilnehmer der Fort- und Weiterbildungen besitzen sehr heterogene Aus¬gangsqualifikationen sowohl auf mittlerer Qualifikationsebene wie auch auf Hochschulebene. Der Zusammenhang zwischen ursprünglichem Beruf und dem Weiterbildungssystem zum Energieberater ist unklar. Der Beitrag berichtet aus Studien des BMBF-geförderten Forschungsprojektes „Energieberatung Systematisch Professionalisieren“ (ESysPro) und konzentriert sich auf die Gestaltung des Übergangs von einer mittleren Qualifikationsebene – Facharbeiterausbildung – in ein nach Niveaustufen differenziertes Weiterbildungssystem. Der Übergang soll aufgrund der Besonderheiten in der Domäne unter dem Fokus der Aspekte Bedarfsorientierung, Situationsorientierung und Durchlässigkeit betrachtet werden. Es werden zunächst die aktuelle Aus- und Weiterbildungssituationen in der Gebäudeenergieberatung bezogen auf die Aspekte Bedarfsorientierung, Situationsorientierung, und Durchlässigkeit dargestellt. Anschließend werden Parallelen zur Entwicklung eines Weiterbildungssystems in der IT-Branche aufgezeigt und zur Formulierung von Gestaltungsempfehlungen für das Weiterbildungssystem in der Energieberatung herangezogen. Der Aspekt der Situationsorientierung verstanden als dominantes curriculares Prinzip, um die Inhalte eines Weiterbildungssystems zu strukturieren und auch gegebenenfalls zu modularisieren, wird vor dem Hintergrund thematisiert, die Durchlässigkeit des Weiterbildungssystems bezogen auf ein durchgängiges Strukturierungsprinzip gestalten und verbessern zu können.


The design of transitions between the middle level of qualifications and higher education – reflections on the development of a system of further education and training in the field of energy consultancy for buildings

In energy consultancy there is at the moment a complex range of available further education and trai¬ning, which is less than transparent. The participants in these further education and training courses have very heterogeneous starting qualifications at the middle qualifications level as well as at higher education level. The connection between the original profession and the system of further qualification to become an energy consultant is unclear. This paper reports on studies from the research project funded by the BMBF (Ministry for Education and Research) entitled “Systematically Professionalizing Energy Consulting Services” (ESysPro) and concentrates on the design of the transition from a middle qualification level – skilled worker training – to a differentiated system of further education which is organised in various levels. Because of the particular features of this domain, the transition is examined with particular focus on the aspects of: demand orientation, situational orientation and permeability. Firstly, the current situation in initial and further education and training in the field of energy consultancy for buildings is presented with regard to the aspects of demand orientation, situational orientation and permeability. Following this, parallels to the development of a system of further education and training in the IT sector are drawn out and referred to for the formulation of recommendations for the design of the system of further education and training in the energy consultancy sector. The aspect of situational orientation, understood as a dominant curricular principle, in order to structure and possibly also to modularise the content of a system of further education and training, is thematised against the background of improving the permeability of the system of further education and training with regard to designing a consistent structuring principle.

1 Einleitung

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich in Deutschland gravierende Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur ergeben. Es vollzieht sich ein Wandel von einer Dominanz der Industrie zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Auch gewerblich-technische Berufe sind immer stärker geprägt durch eine Dienstleistungsorientierung. Die heutigen beruflichen Tätigkeiten erfordern eine hohe Dynamik und Flexibilität in den Berufen, u. a.  aufgrund sich immer schneller wandelnder technologischer, organisatorischer, rechtlicher Rahmenbedingungen und Bedarfe. Um erwerbs- und marktfähig zu bleiben, steigt der Bedarf, sich schnell an die neuen Arbeitsaufgaben anzupassen. Die Bedeutung lebenslangen, regelmäßigen Lernens in allen Bildungsbereichen steigt enorm. Damit einher geht die Forderung nach einem einfachen Zugang zu neuen oder alternativen Bildungswegen sowie nach einfachen Anknüpfungen an bereits begonnene und unterbrochene Bildungsangebote. Dazu muss die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen und -wegen erhöht werden. Für die berufliche Bildung ist die Verzahnung mit dem allgemein bildenden Bereich aber auch den Hochschulen von besonderer Bedeutung. Derzeit existieren jedoch noch viele Barrieren, insbesondere in Deutschland sind die Bildungsgänge traditionell stark voneinander abgegrenzt. Zugänge zu Bildungsangeboten sind oft eng an formale Qualifikationen gebunden.

Der Beitrag konzentriert sich auf die Gestaltung des Übergangs von einer mittleren Qualifikationsebene – Facharbeiterausbildung – in das tertiäre Hochschulsystem. Dazu werden Studien aus der Branche der Energieberatung vorgestellt, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „Energieberatung Systematische Professionalisieren“ (ESysPro) erarbeitet wurden und noch fortgesetzt werden.

Der Übergang soll aufgrund der Besonderheiten in der Domäne unter dem Fokus der Aspekte Bedarfsorientierung, Situationsorientierung und Durchlässigkeit im Beitrag betrachtet werden.

Der Bedarf der Branche kann mit der Heterogenität der unter „Energieberatung“ angebotenen Dienstleistungen verdeutlicht werden. Diese Dienstleistungen reichen von Beratungen zum Nutzerverhalten, Energie-Checks, Erstberatungen ohne Ortsbegehung, Ausstellen von Gebäudeenergieausweisen, Vor-Ort-Beratung in Wohngebäuden, verschiedene durch öffent-liche Einrichtungen geförderte Beratungsprogramme für Wohngebäude oder Nichtwohngebäude bis hin zu detaillierten Analysen auf Basis von thermischen Simulationen einzelner Fragestellungen und Gewerke – vorzufinden in der Regel im Nichtwohnungsbau. Diese unterschiedlichen Aufgaben – verstanden als Querschnittsaufgaben jenseits vorherrschender Branchenstrukturen – geben einen Einblick in die Komplexität der Energieberatungsdomäne, die einer Bearbeitung aus unterschiedlichen Perspektiven auf unterschiedlichen Niveaustufen bedarf.

Erbracht werden diese Dienstleistungen von Anbietern unterschiedlicher Qualifikationen – aus dem Handwerk zum Beispiel Stuckateure, Jalousiebauer, Schornsteinfeger etc. und aus dem universitären Bereich sind es vornehmlich Architekten, Bauingenieure und Versorgungstechniker, die auf dem zur Zeit noch unstrukturierten Weiterbildungsmarkt sich qualifiziert haben und unabhängig von ihrer Ausgangsqualifikation und ihrer Weiterbildung als „Energieberater“ am Markt auftreten.

Spezifisch für die Anbieter von Energieberatungsdienstleistungen auf der mittleren Qualifikationsebene ist im Allgemeinen eine hohe Professionalität im ursprünglichen Facharbeiterberuf, welche auf einer fundierten Ausbildung bis zum Meistertitel basiert und durch ein in der Regel systematisiertes Angebot an Weiterbildungen zielgerichtet ausgebaut wurde. Im Vergleich dazu spiegeln die Energieberatungsdienstleistungen teilweise nicht das hohe Facharbeiterniveau wider, weil diese nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Ausgangsqualifikation stehen. Auf dem Markt der Energieberatungsdienstleistungen fehlen Standards, eine gesetzlich geschützte Bezeichnung „Energieberater“ und ein systematisches Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot.

Aufgrund der oben genannten Aufgabenkomplexe in der Energieberatung bedarf es verschiedener Profile von Energieberatern, die diese Aufgaben wahrnehmen.

Eine Systematisierung der Weiterbildung sollte sich an den Aufgabenkomplexen der Branche orientieren, so dass aus einem sehr anspruchsvollen Bedarf der Branche „Energieberatung“ der zweite Betrachtungsschwerpunkt „Situationsorientierung“ für die Autoren in der Argumentation unmittelbar folgt.

Der Aspekt der Situationsorientierung verstanden als dominantes curriculares Prinzip, um die Inhalte eines Weiterbildungssystems zu strukturieren und auch gegebenenfalls zu modularisieren, wird vor dem Hintergrund thematisiert, die Durchlässigkeit des Weiterbildungssystems bezogen auf ein durchgängiges Strukturierungsprinzip gestalten und verbessern zu können. Es sollen Möglichkeiten der Vernetzung der drei Bereiche Ausgangsqualifikation auf mittlerer Qualifikationsebene, Weiterbildungssystem, tertiäre Bildung in dem Beitrag für die Energieberatung aufgezeigt werden.

Es werden zunächst die aktuelle Aus- und Weiterbildungssituationen in der Gebäudeenergieberatung bezogen auf die Aspekte Bedarfsorientierung, Situationsorientierung, und Durchlässigkeit dargestellt. Anschließend werden Parallelen zur Weiterbildung in der IT-Branche beschrieben, dessen Weiterbildungssystem Mitte der 90er Jahre begonnen wurde strukturiert zu werden und welches dabei mehrere Stufen in der Strukturierung durchlaufen hat. Parallele Entwicklungen in der Energieberatung sollen aufgezeigt werden und zur Formulierung von Gestaltungsempfehlungen für das Weiterbildungssystem in der Energieberatung genutzt werden.

2 Unstrukturiertes Weiterbildungssystems in der Gebäudeenergieberatung

2.1   Bedarfsorientierung in der Gebäudeenergieberatung

Bis in die Mitte der 90er Jahre war Energieberatung im Wesentlichen Thema für Architekten, Ingenieure und Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz. Die Schwerpunkte der Energieberatung lagen im Nichtwohnungsbau und in der industriellen Produktion. Ab Mitte der 90er Jahre nahm die Energieberatung in Wohngebäuden kontinuierlich zu. Diese Aufgaben übernahmen zunehmend Facharbeiter der mittleren Qualifikationsebene. Der Markt der Gebäudeenergieberatung auf mittlerer Qualifikationsebene für Wohngebäude ist sehr jung und unstrukturiert. Er weist ein hohes Entwicklungspotential auf.

Unter der Bezeichnung „Energieberatung“ werden derzeit zahlreiche unterschiedliche Dienstleistungen angeboten. Sie reichen von Beratungen zum Nutzerverhalten, Energie-Checks, Ausstellen von Gebäudeenergieausweisen, Vor-Ort-Beratung in Wohngebäuden bis hin zu detaillierten Analysen auf Basis von thermischen Simulationen, etc. (s. o.). Die heute geltenden Gesetze und Verordnungen geben, von der Erstellung von Energieausweisen abgesehen, keinen Aufschluss über die Qualifikation von Energieberatern oder die Inhalte der Dienstleistungen. Bis heute fehlen verbindliche Definitionen für Energieberatungsleistungen. Durch Fördermittelgeber wie die KfW oder die BAFA werden lediglich einzelne Energieberatungsleistungen definiert. In den Förderrichtlinien der Programme werden die Voraussetzungen für die Förderung von Energieberatungen festgelegt. Die Energieberatungsbranche ist sehr schnelllebig. Z. B. Energiegesetze (Energieeinsparverordnung EnEV) und Förderprogramme ändern sich schnell und häufig. Auch bei technologischen Entwicklungen gibt es viele Neuerungen, die einen systematischen und strukturierten Zugang zu lebenslangem Lernen und kontinuierlicher Weiterbildung erfordern.

Steigende Energiepreise und die novellierte Energieeinsparverordnung (EnEV), zu der auch der inzwischen zur Pflicht gewordene Energieausweis gehört, haben den Bedarf an Energieberatung in Deutschland enorm wachsen lassen. Das bedeutet aber nicht, dass Energieberatung auch tatsächlich zu Energieeinsparungen führt. Der Grund liegt unter anderem in einem unzureichenden Verständnis, welche Leistungen erfolgreiche Energieberatung eigentlich umfassen muss. Im Forschungsprojekt „ESysPro – Energieberatung Systematisch Professionalisieren“ werden die Aufgaben und Prozesse definiert, die für wirksame Energieeffizienzprojekte im Gebäudebereich notwendig sind. Eine der wesentlichen Erkenntnisse im Projekt ist, dass Energieberatung heute in der Regel zu früh aufhört. D. h. mit der Abgabe und Erläuterung des Beratungsberichts ist die Energieberatung meistens beendet. Eine Überwachung der Ausführung und eine Kontrolle der Ergebnisse erfolgt meistens nicht. Sowohl bei Energieberatern als auch bei Kunden herrscht Unklarheit über die angebotenen Leistungen.

Zurzeit haben die Teilnehmer von Fort- und Weiterbildungskursen durch die heterogene Vorqualifizierung einen sehr unterschiedlichen Kenntnisstand. Dieser wird durch die Bildungsanbieter nicht erhoben. Es folgt ein standardisierter Kurs, der zu Unzufriedenheit bei vielen Teilnehmern durch Unter- oder Überforderung führen kann. Eine Systematisierung von Fort- und Weiterbildungen im Bereich der Energieberatung ist noch nicht entwickelt worden. Der Zusammenhang zwischen bestimmten Ausgangsberufen auf mittlerer Qualifikationsebene und angebotenen Fort- und Weiterbildungsangeboten im Bereich der Energieberatung ist häufig unklar. Ebenso existiert keine klare Abgrenzung, wie ein ggf. fachbezogener Hochschulzugang für Energieberater aus der mittleren Qualifikationsebene aussehen könnte. Energieberatungsleistungen sind nicht klar abgegrenzt, ob für deren Erbringung ein Hochschulzugang notwendig ist, oder ob eine Weiterbildung auf der mittleren Qualifikationsebene die Anforderungen erfüllt.

 

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Abb. 1: Klassifizierung der Kompetenzen von Energieberatern

 

Energieberater können abhängig von Breite und Niveau/Tiefe ihrer Kompetenzen als Energieberater entweder Spezialisten, Generalisten oder Systemanbieter sein (Abb.1). Für diese unterschiedlichen Aufgaben sind auch unterschiedliche Kompetenzen notwendig. Es existieren jedoch heute keine verbindlichen Standards auf mittlerer Qualifizierungsebene sowie im tertiären Bildungssystem, die die einzelnen Leistungsangebote entsprechend eindeutig klassifizieren.

Zwar nennen sich viele Personen Energieberater, der Begriff ist jedoch weder gesetzlich geschützt noch in den einschlägigen Verzeichnissen eingetragen. Bei der Agentur für Arbeit ist „Energieberater“ lediglich als eine berufliche Weiterbildung nach der Handwerksordnung (HwO) bzw. dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) gelistet (BAG 2010). Bildungseinrichtungen der Handwerkskammern bieten z. B. Vorbereitungskurse für die Prüfung zum Gebäudeenergieberater an. Für was steht die Bezeichnung Energieberater? Durch welche Institutionen und Leistungen ist der Begriff der Energieberatung geprägt? Der Gesetzgeber formuliert im § 21 der Energieeinsparverordnung umfänglich, welche Ausbildungen und welche weiteren Qualifizierungsmaßnahmen zur Ausstellung von Energieausweisen berechtigen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) formuliert ebenfalls Voraussetzungen zur Berechtigung, Anträge im Rahmen der Vor-Ort-Beratung zu stellen. Wieder andere Standards werden für die Antragsberechtigung für die KfW-Energieeffizienzberatung in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) gesetzt. Auch die dena verlangt von Energieberatern, die Gebäude als dena-Effizienzhäuser planen und modernisieren wollen, bestimmte Zugangsvoraussetzungen. Der einzelne Energieberater kann dabei aufgrund seiner Ausbildung, seiner absolvierten Fortbildung(en) und dem beruflichen Werdegang nur zu einzelnen oder zu allen genannten Leistungen berechtigt sein (HEINEN et al. 2010).

Die Energieberatung als neue Branche ist geprägt durch Unstrukturiertheit und Heterogenität. Die Weiterbildung zum Gebäudeenergieberater auf mittlerer Qualifikationsebene (Techniker, Handwerksmeister) zeichnet sich durch eine sehr heterogene Teilnehmerstruktur aus unterschiedlichen Altersklassen und durch eine Grundausbildung in verschiedenen Gewerken des Handwerks aus. Typischerweise arbeiten Energieberater selbstständig und in Teilzeit, sie sind häufig zusätzlich in ihrem ursprünglichen Gewerk tätig. Die Vielzahl unterschiedlicher Ausgangsberufe und das große Spektrum an Tätigkeiten eines Energieberaters (vgl. auch Umfrageergebnisse „typischer Energieberater“, GROSSMANN 2009) führen auch zu einer teilweise geringen Identifikation der Energieberater mit ihrer Profession.

2.2 Situationsorientierung

Für eine umfassende Analyse der heutigen beruflichen Strukturen bietet eine ordnungsmittelbezogene Qualifikationsforschung einen guten Zugang (RAUNER 2005). Um systematisch die Curriculumstrukturen der Ausgangsberufe und des Weiterbildungswesens eines Energieberaters zu analysieren, wurde im Rahmen des Forschungsprojektes ESysPro ein Instrument der curricularen Berufsbildungsforschung entwickelt (HEINEN/ FRENZ 2009) und die Ordnungsmittel der Energieberatung und von Ausgangsberufen auf mittlerer Qualifikationsebene untersucht. Unter anderem wurden dabei die curricularen Gestaltungsprinzipien charakterisiert. Curricula sind von drei Grundprinzipien geprägt, deren jeweils unterschiedlich starke Ausprägungen in einem Spannungsdreieck zusammenspielen: Wissenschaftsprinzip (Orientierung an „Schulfächern“), Situationsprinzip (Orientierung an beruflichen Handlungen) und Persönlichkeitsprinzip (persönliche Entwicklung des Beraters). Diese drei Prinzipien stehen untereinander in Interdependenz (HUISINGA 2005; REETZ/ SEYD 2006). Das so entstehende Spannungsfeld wurde dargelegt und untersucht.

Die Ergebnisse der Untersuchungen ermöglichen Aussagen zum Aspekt der Situationsorientierung verstanden als dominantes curriculares Prinzip, um die Inhalte eines Weiterbildungssystems zu strukturieren und auch gegebenenfalls zu modularisieren. Damit soll die Durchlässigkeit des Weiterbildungssystems bezogen auf ein durchgängiges Strukturierungsprinzip gestaltet und verbessert werden.

Die Ordnungsmittel der Fortbildung zum Gebäudeenergieberater sind hauptsächlich fachsystematisch strukturiert und folgen damit überwiegend dem Wissenschaftsprinzip. Die Ordnungsmittel der untersuchten Fortbildung umfassten im Wesentlichen eine Auflistung von fachlichen Inhaltsgebieten und Inhalten. Dabei steht die Vermittlung von reinem Fachwissen im Vordergrund, ein Bezug zu konkreten Arbeitsaufgaben gibt es nur marginal. Der Fokus liegt also eindeutig auf Sachkundigkeit in bestimmten Domänen (Wissenschaftsorientierung), weniger auf einer kompetenten Umsetzung in Beratungssituationen mit Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse. Bei diesen Inhalten ist zudem zweifelhaft, ob diese tatsächlich die Kerntätigkeiten eines Gebäudeenergieberaters widerspiegeln und sie sich mit dessen tatsächlichen beruflichen Handlungsfeldern decken. Die gesamte Fortbildung und die Fortbildungsprüfung zielen primär auf fundierte Fachkenntnisse und die Sachkundigkeit eines Energieberaters ab. Eine kompetente Umsetzung der Kenntnisse in konkreten Beratungen wird nur unzureichend fokussiert. Eine Orientierung an beruflichen Handlungsfeldern ist nur ansatzweise zu erkennen.

Moderne Curricula folgen jedoch üblicherweise einer Situationsorientierung. Mithilfe einer Situationsorientierung kann die Transferleistung, also das oft schwierige Umsetzen der abstrakten Theorie in die Praxis, für den Lernenden erleichtert werden. Es wird direkt an konkreten beruflichen Handlungen und Tätigkeiten gelernt. In den Ausgangsberufen des Handwerks wurde bereits mit der Neuordnung der Berufe (siehe KMK 1999) der curriculare Perspektivenwechsel von der Fächersystematik zur Situationsorientierung vollzogen. In der Energieberatung ist dies noch nicht der Fall.

Aussagen zu inhaltlichen Überschneidungen bzw. Schnittmengen in den Handlungsfeldern lassen sich damit nur mit Schwierigkeiten treffen. In der Regel beziehen sich die Handlungsfelder der Ausgangsberufe nicht direkt auf sachliche Inhalte der Energieberatung und lassen daher nur bedingt vergleichende Aussagen zu Überschneidungen und vorhandenen Potentialen aus den Ausgangsqualifikationen zu.

Es standen sich bei den Ordnungsmitteln (Rahmenlehrpläne, Prüfungsordnungen, etc.) der Fortbildung mit einer fast reinen fachsystematischen Darstellung sowie denen der Ausgangsberufe mit einer durch das Situationsprinzip geprägten Darstellung zwei grundsätzlich unterschiedliche Gestaltungsprinzipien gegenüber.

Diese Erkenntnisse bekräftigen die Notwendigkeit einer wissenschaftlich fundierten Erhebung eines handlungsfeldorientierten Leistungsportfolios von Gebäudeenergieberatern. Nur mit dem aussagekräftigen Profil eines Gebäudeenergieberaters lassen sich exakt die Schnittstellen und Unterschiede der handwerklichen Ausgangsberufe mit den Tätigkeiten eines Energieberaters ermitteln. Eine durchgängige Situationsorientierung ist dafür notwendig.

2.3  Durchlässigkeit in der Energieberatung - heute

Bislang ist der Beruf als Gebäudeenergieberater ein Weiterbildungsberuf, er schließt auf mittlerer Qualifikationsebene an eine vorherige Ausbildung zum Handwerksmeister oder Techniker an. Auch im tertiären System erfolgt eine Qualifizierung zum Energieberater üblicherweise im Anschluss an ein vorheriges Studium. 

 

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Abb. 2: Heutige Weiterbildungsstrukturen in der Gebäudeenergieberatung

 

Es gibt jedoch keine Anknüpfung an ein bestimmtes Gewerk im Handwerk zu bestimmten Leistungen in der Energieberatung. Ebenfalls fehlt die klare Zuordnung von bestimmten Studienleistungen zu Angeboten in der Energieberatung. Auf dem Markt gibt es sehr unterschiedliche Energieberatungsdienstleistungen. Einen Ausbildungsberuf zum Energieberater gibt es nicht. Gleiche Leistungen werden häufig sowohl von Energieberatern mit Qualifikationen auf mittlerer Qualifizierungsebene als auch von Energieberatern mit (Fach-)Hochschulabschluss angeboten. Studien im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojektes „ESysPro – Energieberatung Systematisch Professionalisieren“ zeigten, dass das Spektrum der beruflichen Ausgangsqualifikationen von Stuckateuren und Tischlern über Schornsteinfeger und Anlagenmechaniker SHK und Bauberufe bis hin zu Architekten und Bauingenieuren reicht. Die Fortbildung zum Gebäudeenergieberater der Handwerkskammern bietet beispielsweise eine Liste von 22 zugelassenen Meisterberufen, einige Angebote sind auf mehrere Gewerke spezialisiert, häufig setzen Weiterbildungsangebote jedoch lediglich einen Techniker- oder Meisterabschluss bzw. ein abgeschlossenes Studium voraus.

Eine Analyse der vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gelisteten 101 bislang anerkannten Weiterbildungsmaßnahmen für das Förderprogramm der "Vor-Ort-Beratung" (BAFA 2010) ergab, dass nur ein kleiner Teil der Fortbildungen ausschließlich für die mittlere Qualifizierungsebene angeboten wird. Etwa 1/3 wird für Ingenieure, Handwerker und Techniker gemeinsam angeboten, knapp 2/3 ausschließlich für Akademiker.

Abbildung 2 verdeutlicht die heute möglichen Qualifizierungswege. Die von der BAFA gelisteten Fortbildungen besitzen größtenteils unterschiedliche Bezeichnungen, auch wenn die skizzierten Inhalte ähnlich sind. Die Dauer der Weiterbildungen schwankt erheblich, durchschnittlich beträgt sie etwa 300 Unterrichtseinheiten, wobei jedoch sehr viele Angebote bei 100 bis 250 Unterrichtseinheiten liegen, andere jedoch deutlich umfangreicher als die durchschnittliche Dauer sind, das Maximum liegt bei 1850 Unterrichtseinheiten.

Auffällig ist, dass die angebotenen Weiterbildungen sich hauptsächlich mit der Diagnose und Analyse eines Status Quo beschäftigen und mit der Erstellung von Modernisierungsplanungen und Energiekonzepten enden. Weitere Analysen von Stellenanzeigen in einschlägigen Fachzeitschriften bestätigen diese Heterogenität. Auch aufgrund der verliehenen Abschlüsse ergeben sich etliche Unklarheiten. Die angebotenen Leistungen und Bezeichnungen sind oft undurchsichtig. Wofür ist beispielsweise ein Energie-Fachberater zuständig? Welches Zertifikat wird benötigt, damit eine BAFA-geförderte Vor-Ort-Beratung durchgeführt werden kann? Welche Qualifikationen muss der Energieberater nachweisen, damit er seinen Kunden die Förderung der KfW-Energieeffizienzberatung in KMU anbieten kann?

3  Weiterbildungssystem in der IT-Branche

Die IT-Branche weist in ihren Anfängen in den 90er Jahren und der Entstehung ihres heutigen Weiterbildungssystems einige Parallelen zu Entwicklungen in der Gebäudeenergieberatung auf. Um für die Energieberatung aus der Entwicklungsgeschichte der IT-Aus- und Weiterbildung zu lernen, wird die IT-Branche aus Sicht der Energieberatung beschrieben.

Die IT-Branche ist geprägt durch eine starke Dynamik der technologischen Entwicklungen, welche eine enorme Breitenwirkung auf dem Markt hatten und haben (DÜCKER/ SCHAPFEL-KAISER 2006). Charakteristisch für die IT-Branche ist ihre Eigenschaft als „Querschnittsbranche“. IT-Fachkräfte finden oftmals auch Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Branchen als ihrer ursprünglich gelernten (DOSTAL 2002). Dabei war eine systematische Aus- und Fortbildung für den IT-Arbeitsmarkt bis Mitte der 90er Jahre kein Thema. So waren 80 % der IT-Fachkräfte Seiteneinsteiger ohne einschlägige Vorbildung mit jedoch sehr heterogenen Vorqualifikationen. Auf Facharbeiterebene gab es lediglich die Ausbildungsberufe Datenverarbeitungskaufmann/-frau und mathematisch-technische/r Assistent/in sowie Kommunikationselektroniker/-in und Fernmeldeanlagenelektroniker/-in. Beschäftigte in der IT-Branche absolvierten Weiterbildungsangebote mit häufig unscharf definierten Qualifizierungszielen und Inhalten. Die Branche war geprägt von zahlreichen hersteller- und produktbezogenen Zertifikatsweiterbildungen ohne verbindliche Standards. Mit diesen konnten die im Beschäftigungssystem erforderlichen Qualifikationen nur begrenzt erworben werden (BOSCH 2000). Daher verfügt die IT-Branche über keine Ausbildungstradition wie im Handwerk und zumeist auch in der Industrie, deren berufliche Strukturen historisch gewachsen sind. Weiterhin ist die Branche geprägt von vielen temporären Arbeitsverhältnissen (EHRKE/ HESSE 2002).

Auf dem Markt existierten über 300 Fortbildungsabschlüsse, bei den Industrie- und Handelskammern gab es 45 Abschlüsse, die dort geprüft wurden. Dabei ergab sich sowohl für Betriebe als auch für Absolventen das Problem, dass identische Bezeichnungen unterschiedliche Schwerpunkte und Inhalte darstellten. Viele der Qualifizierungen waren am Markt gar nicht nachgefragt (WEISSMANN 2008). Ähnlich unübersichtlich sieht die Energieberatung heute aus, wie in Kapitel 2 bereits dargestellt wurde. Ebenfalls gibt es unternehmensspezifische Angebote in der Energieberatung wie z. B. den Energieberater im Baufachhandel, der von einem großen Baustoffhersteller ausgebildet wird.

Die schnell wechselnden Anforderungen stellen auch an das System der Berufsbildung besondere Herausforderungen. Die Ausbildungsmöglichkeiten müssen einerseits vereinfacht und möglichst flexibel gestaltet werden, andererseits aber auch klare Inhalte aufweisen.

Mitte der 90er wurden vom Bundesinstitut für Berufsbildung gemeinsam mit den Sozialpartnern und der KMK vier neue IT-Berufe entwickelt und 1997 bzw. 1999 nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannt: Fachinformatiker, Informations- und Telekommunikationselektroniker, Informations- und Telekommunikationssystemkaufmann (1997) und Informationselektroniker (1999).  

 

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Abb. 3: Nach der Rechtsverordnung von 2002 aufgestelltes IT-Weiterbildungssystem (nach BORCH et al. 2006)

 

Die Profile repräsentierten eine Mischung aus technischen, betriebswirtschaftlichen und kundenorientierten Qualifikationen. Zugleich kam es in diesem Zusammenhang zu einer Überschneidung der dualen Ausbildung mit Tätigkeitsfeldern vieler akademischer Berufe (DÜCKER 2006). 

Durch die Rechtsverordnung des Bundes vom 3.5.2002 [Bundesgesetzblatt I S. 1547] wurde ein IT-Weiterbildungssystem in drei aufeinander aufbauenden Ebenen konstituiert:

-          Berufliche Qualifizierung zu den zertifizierten Spezialisten

-          Aufstiegsfortbildung zu den operativen Professionals

-          Aufstiegsfortbildung zu den strategischen Professionals.

Damit ist ein horizontal und vertikal gegliedertes Weiterbildungssystem entstanden. Die einzelnen Abschlüsse sind miteinander verknüpft. Die Curricula sind dabei arbeitsprozessorientiert gestaltet. Sie greifen berufliche Arbeitssituationen auf und zumeist wird in aktuellen, realen Projekten gelernt. Die Arbeitsprozesse wurden für die Curricula so geordnet, dass Sie für die einzelnen Funktionsgruppen Referenzprozesse beschreiben und charakteristische Tätigkeitsabläufe darstellen (ROGALLA 2004).

Bemerkenswert ist, dass die Spezialistenprofile nicht in der Verordnung genannt werden, sondern durch eine von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossene „Vereinbarung über die Spezialistenprofile im Rahmen des Verfahrens zur Ordnung der IT-Weiterbildung“ vom 14.02.2002 nach privatrechtlichen Regeln konstituiert wurden. Es erfolgte eine privatwirtschaftliche Personalzertifizierung durch akkreditierte Zertifizierungsstellen. Das IT-Weiterbildungssystem wurde als Ergänzung zum Hochschulstudium geschaffen. Weiterhin können nach Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bis zu 50 % der Studienleistungen durch in der Berufspraxis erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten anerkannt werden, sofern diese nach Inhalt und Niveau gleichwertig sind. Im Weiterbildungssystem entspricht der Bachelor einem operativen Professional, der Master einem strategischen Professional.

Ein Quereinstieg ist zu den Spezialistenfortbildungen und zur Bachelorebene (operative Professionals) möglich. (WEISSMANN 2008). Abbildung 3 gibt einen Überblick über das IT-Weiterbildungssystem von 2002. Im Jahre 2009 wurden die Spezialistenprofile noch einmal überarbeitet und aufgrund der tatsächlichen Bedarfe des Marktes zusammengefasst. Dieser Wandel verdeutlicht die Dynamik der Systeme in der IT-Domäne und einer Anpassungsfähigkeit an die Marktbedürfnisse. Das IT-Weiterbildungssystem bietet somit einen guten Ansatz für die Schaffung von mehr Durchlässigkeit in Berufsbildungssystemen und einem möglichen Anschluss an die Hochschulausbildung.

4    Studien und Gestaltungsempfehlungen für ein Weiterbildungssystem in der Energieberatung

4.1         Bedarfsorientierung

In der IT-Branche erfolgte eine Ausarbeitung verschiedener Spezialistenprofile und eine spätere Neuordnung dieser (vgl. Kap.3). Um Klarheit in die angebotenen Leistungen in der Energieberatung zu bringen, bietet es sich auch in der Energieberatung an, die einzelnen Aufgabenkomplexe/Handlungsfelder als berufliche Leistungsprofile zu beschreiben und zu bündeln. Ein ähnliches Vorgehen bieten auch BRETSCHNEIDER/ GRUNWALD/ ZINKE (2010a) zur Strukturierung von Berufsgruppen. Mittels dieses Verfahrens können dann auch für bestimmte Leistungsprofile ähnliche Voraussetzungen mitbringende Berufe zusammengefasst werden und zielgerichtet Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Entlang der Wertschöpfungskette für Energieberatungsdienstleistungen und über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden muss ein Gebäudeenergieberater verschiedene berufliche Arbeitsaufgaben erfüllen. Diese sind als Aufgabenkomplexe in den beruflichen Handlungsfeldern der Energieberatung vollständig dargestellt (siehe Abb.4).

4.2         Situationsorientierung

Die bisherigen Untersuchungen legen weiterhin eine Modularisierung und Umgestaltung zu einer Situationsorientierung der bisher eher fachtheoretischen Ausbildung mit einzelnen Qualifizierungsbausteinen nahe. Bisher existiert keine Systematik der beruflichen Handlungsfelder von Energieberatern, um entsprechende Module in Leistungsprofilen an diesen auszurichten. Die Vielzahl unterschiedlicher Qualifizierungswege mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen könnten in einem einheitlichen, situations- und handlungsorientierten Qualifizierungsrahmen strukturiert werden.

Moderne Fort- und Weiterbildungen besitzen eine handlungsorientierte Struktur und sind durch einen konkreten Bezug zu typischen, beruflichen Arbeitssituationen geprägt. Solche Strukturen weisen zwar bislang einschlägige Ausgangsberufe für eine Fortbildung zum Energieberater auf, die Fortbildung zum Energieberater selbst folgt derzeit jedoch überwiegend einer Fächersystematik (Bauphysik, Anlagen- und Gerätetechnik etc.).

Für professionelle Strukturen im gesamten Erwerbssystem Energieberatung stellt ein einheitlicher Qualifizierungsrahmen eine notwendige Grundlage dar. Als Kernstück für moderne, handlungsorientierte Fort- und Weiterbildungsstrukturen wurden die beruflichen Handlungsfelder auf Grundlage eines Aufgabenmodells von Energieberatern erhoben. Diese Systematik von beruflichen Handlungsfeldern in der Gebäudeenergieberatung, welche sich auf die gesamte Leistungskette beziehen, wurde durch Expertenworkshops validiert. 

 

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Abb. 4: Berufliche Handlungsfelder in der Energieberatung entlang der Wertschöpfungskette

 

Die Erkenntnis, dass Energieberatung heutzutage mit der Konzepterstellung häufig zu früh aufhört und viele potentielle Leistungsangebote nicht berücksichtigt werden sowie die durch eine vollständige Abdeckung entstehenden zusätzlichen Arbeitsaufgaben implizieren eine Ergänzung des heutigen Fort- und Weiterbildungsangebotes, um den Anforderungen des Marktes gerecht werden zu können.

4.3 Konzeptionelle Überlegungen für ein Weiterbildungssystem in der Energieberatung

Die zuvor dargelegten Aspekte der Bedarfsorientierung und Situationsorientierung berücksichtigend, wird in den Abbildungen 5 und 6 ein durchlässiges System für die Weiterbildung in der Energieberatung vorgeschlagen. Ziel war es, die drei Bereiche Ausgangsqualifikationen auf mittlerer Qualifikationsebene, Weiterbildungssystem und tertiäre Bildung miteinander zu vernetzen. In Abbildung 5 wird ein Überblick über das Weiterbildungssystem gegeben. Abbildung 6 zeigt unterschiedliche individuelle Bildungswege zum gleichen Leistungsprofil in der Energieberatung auf.

 

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Abb. 5: Ansatz zur Gruppierung der Ausgangsberufe zur Qualifizierung für mögliche Leistungsprofile

 

Für die Fortentwicklung eines Weiterbildungssystems in der Energieberatung müssen die beruflichen Handlungsfelder (siehe Abb.4) als allgemeine Handlungsbeschreibungen durch konkrete Energieberatungsleistungen (siehe Abb.5, L1 bis L5) konkretisiert werden. Durch eine Bündelung der erhobenen Leistungen von Energieberatern lassen sich verschiedene Leistungsprofile erstellen (vgl. BRETSCHNEIDER et al. 2010b). Mittels einer Erhebung und Darstellung der notwendigen Kompetenzen für die einzelnen Leistungsprofile lassen sich die konkreten Qualifizierungsanforderungen ableiten. Über eine Deckungsanalyse der Ausgangsberufe mit den Leistungsprofilen ergeben sich Aussagen, welche Ausgangsberufe für welche Leistungsprofile aufgrund bereits vorhandener Kompetenzen besonders geeignet sind. Neben den formalen Qualifikationen sollen aber auch die tatsächlichen Kompetenzen der (angehenden) Energieberater berücksichtigt werden. Eine Orientierung bei einer möglichen Einstufung geben die Niveaustufen und Deskriptoren des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmens. Werden die Aufgabenkomplexe in den Handlungsfeldern nach diesen ausgestaltet, ist eine qualifikationsabhängige Einstufung möglich, die nicht ausschließlich auf Abschlüssen basiert. Ein weiterer Schritt könnte die Gruppierung von ähnlichen Profilen der Ausgangsberufe sein.

Abhängig von den jeweiligen Ausgangsqualifikationen der Berufe für die Leistungsprofile können mögliche Qualifizierungswege weiter differenziert werden. Abbildung 6 zeigt mögliche zukünftige berufliche Strukturen in der Gebäudeenergieberatung bezogen auf die Vorqualifikationen verschiedener Ausgangsberufe für ein ausgewähltes Leistungsprofil. Naheliegende Strukturmodelle der Ausbildungsordnungsforschung sind u. a. „Ausgangsberuf mit systematisierter/modularisierter Fort- und Weiterbildung“, „Stufenberuf“ und integrative Modelle nach RAUNER (2005). 

 

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Abb. 6: Mögliche berufliche Wege in der Energieberatung auf mittlerer Qualifikationsebene zur Qualifizierung für ein bestimmtes Leistungsprofil


Literatur

BUNDESAMT FÜR AUSFUHR- UND WIRTSCHAFTSKONTROLLE (BAFA) (Hrsg.) (2010): Bislang anerkannte Weiterbildungsmaßnahmen für das Förderprogramm der "Vor-Ort-Beratung". Online: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/energiesparberatung/publikationen/energie_vob_aus_weiterbildungsmassnahmen.pdf  (01-09-2010).

BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (BAG) (Hrsg.) (2010): Berufenet: Steckbrief Energieberater/in. Online: http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  (05-09-2010).

BORCH, H./ WEISSMANN, H./ WORDELMANN, P. (2006): Internationale Aspekte des IT-Weiterbildungssystems. In: BWP, H. 5, 23-25.

BOSCH, G. (2000): Neue Lernkulturen und Arbeitnehmerinteressen. In: ABWF/QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000: Lernen im Wandel – Wandel durch Lernen. Münster u.a., 227-270.

BRETSCHNEIDER, M./ GRUNDWALD, J./ ZINKE, G. (2010a): Wie entwickelt man eine Berufsgruppe – ein mögliches Strukturkonzept. In: BWP, H. 4, 12-15.

BRETSCHNEIDER, M./ GRUNDWALD, J./ ZINKE, G. (2010b):. Abschlussbericht des Entwicklungsprojektes 4.0.895. In: BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG (Hrsg.): Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft-Nr. 113, Bonn.

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Zitieren dieses Beitrages

HEINEN, S. et al. (2010): Gestaltung von Übergängen zwischen mittlerer Qualifikationsebene und Hochschule – Überlegungen zur Entwicklung eines Weiterbildungssystems in der Gebäudeenergieberatung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 19, 1-17. Online:  http://www.bwpat.de/ausgabe19/heinen_etal_bwpat19.pdf  (20-12-2010).

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