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bwp@ Ausgabe Nr. 19 | Dezember 2010
Berufliche Weiterbildung
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 19 sind Karin Büchter, Rita Meyer & Franz Gramlinger

Arbeitsbezogenes Lernen in der beruflich-betrieblichen Weiterbildung als Beitrag zu mehr Chancengleichheit?

Beitrag von Uwe ELSHOLZ (TU Hamburg-Harburg)

Abstract

Arbeitsbezogenen Lernformen und dem Lernen im Prozess der Arbeit werden Potenziale zur Verminderung sozialer Ungleichheit zugeschrieben. In Arbeitsprozessen erworbenes Erfahrungswissen wird stärker als in der Vergangenheit sichtbar gemacht und auch der Entwurf des Deutschen Qualifikationsrahmens sieht die Berücksichtigung informell erworbener Kompetenzen vor. Andererseits zeigt sich, dass neue und stärker selbstgesteuerte Lernformen vorrangig von denjenigen genutzt werden können, die bereits über eine hohe Formalqualifikation verfügen. Ein höheres Gewicht arbeitsbezogenen und informellen Lernens könnte somit zu einer Manifestierung oder gar Vertiefung sozialer Ungleichheit führen. Im Beitrag werden unterschiedliche empirische Forschungsbefunde und Argumentationsstränge zu den genannten Trends herausgearbeitet. Besonders die Lernförderlichkeit der konkreten Arbeitsbedingungen gerät dabei in den Blick. Es ergibt sich insgesamt ein uneinheitliches Bild hinsichtlich des Zusammenhangs informeller Weiterbildung und sozialer Ungleichheit. Vor diesem Hintergrund werden Schlussfolgerungen gezogen, die zum einen auf die Schaffung sozialer Gerechtigkeit abzielen und zum anderen Forschungsdesiderate der Berufsbildungsforschung benennen.


Work-related learning in professional in-company further education as a contribution to greater equality of opportunity?

Work-related forms of learning and learning in the process of work are credited with the potential for reducing social inequality. Knowledge and experience acquired in working processes are being made more visible than in the past, and the draft of the German Qualification Framework also provides for the consideration of informally acquired competences. On the other hand it appears that new and more self-directed forms of learning can predominantly be used by those people who already have a high level of formal qualifications. Greater emphasis on work-related and informal learning could therefore lead to a manifestation or even an intensification of social inequality. This paper brings out various different empirical research findings and strands of argumentation on the named trends. The ways in which learning can be facilitated by the concrete working conditions are examined in particular. Overall an uneven picture emerges with regard to the connection between informal further education and training and social inequality. Conclusions are drawn against this background, which aim at the creation of social justice, on the one hand and, on the other, cite gaps in the research in vocational education research.

1 Einleitung

Beruflich-betriebliche Weiterbildung wurde viele Jahrzehnte mit organisierten Formen wie Seminaren und Kursen gleichgesetzt. Dabei zeigt sich, dass formale Weiterbildung in Form von Kursen und Seminaren soziale Ungleichheiten reproduziert und verschärft (vgl. GILLEN et al. 2010). Seit Beginn der 1990er wird eine Wiederentdeckung des Lernens in der Arbeit diagnostiziert, es wurden neue, stärker arbeitsintegrierte Lernformen entwickelt (vgl. DEHNBOSTEL 2008). Zugleich wurde die Bedeutung informellen Lernens immer deutlicher und diese Lernart geriet in den Blick der Bildungspolitik (z. B. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2000; BMBF 2008) und der Weiterbildungsforschung (vgl. u. a. MOLZBERGER 2008). Während weitgehende Einigkeit über die Bedeutungszunahme dieser Lernarten und Lernformen besteht, sind die Argumente und Daten sehr uneinheitlich hinsichtlich der Frage, wie sich diese Entwicklung im Hinblick auf die Frage der sozialen Ungleichheit darstellt und welche Konsequenzen aus einer stärkeren Gewichtung informellen Lernens folgen.

Um dieser Fragestellung nachzugehen, werden nachfolgend wichtige Argumentationslinien nachgezeichnet und Daten aus empirischen Erhebungen vorgestellt, die sich mit dem Zusammenhang von informellem Lernen und sozialer Ungleichheit beschäftigen (Kap. 2). Im Weiteren wird besonders die Bedeutung der Arbeitsbedingungen und ihrer Lernförderlichkeit fokussiert, die entscheidend für die Nutzung von Lernmöglichkeiten in der Arbeit sind (Kap. 3). Schließlich werden Schlussfolgerungen und Herausforderungen aufgeführt (Kap. 4). Diese beziehen sich zum einen auf Maßnahmen und Konzepte zur Verminderung sozialer Ungleichheit und zum anderen auf offene Forschungsfragen.

2 Argumentationslinien und empirische Daten

Hinsichtlich der Ausgangsfrage nach dem Zusammenhang von informellem Lernen und sozialer Gleichheit ist zunächst auf Probleme hinzuweisen, die einen Vergleich unterschiedlicher Studien erschweren. So ist eine Gegenüberstellung der verschiedenen Untersuchungen und Statistiken schwierig, da die einzelnen Quellen voneinander divergierende methodische Zugänge verfolgen und vor allem unterschiedliche Begrifflichkeiten verwenden, wie dies für das Feld des arbeitsplatznahen und informellen Lernens typisch ist (vgl. BOHLINGER/ HEIDECKE 2009, 453). Aus diesen Gründen erfolgt kein direkter Vergleich vorliegender Daten, sondern es wird in einer Zusammenschau versucht, Ansatzpunkte für die Beantwortung der Ausgangsfrage zu gewinnen.

Allen Argumentationslinien und auch Untersuchungen ist gemein, dass sie nicht zu eindeutigen Ergebnissen führen. Es zeigen sich vielmehr deutlich Ambivalenzen und je nach Deutung eine positive oder negative Einschätzung der Ausgangsfrage, ob das Lernen im Prozess der Arbeit zu mehr Chancengleichheit führt.

So betont DEHNBOSTEL in seinen Arbeiten mehrfach die Chancen, die mit einem verstärkten Lernen im Prozess der Arbeit verbunden sind. „Lernen in der Arbeit schafft Motivation, bringt Sinn und Einsicht, nimmt Erfahrungen auf, findet in einem anerkannten sozialen Raum statt, gibt Identität und Zukunft“ (DEHNBOSTEL 2009, 29). Folgerichtig hat er auch entsprechende Lernarrangements wie die Lerninsel entwickelt und gefördert. Ein solches arbeitsplatznahes Lernen kann seines Erachtens in besonderem Maße für Beschäftigte gewinnbringend sein, die über geringe formale Abschlüsse und schlechte schulische Vorerfahrungen besitzen: „Lernen am Arbeitsplatz enthält häufig Lernchancen und Lernbedingungen, die Lernen gerade für diejenigen attraktiv macht, die sich schulischem und seminaristischem Lernen verschließen, die aufgrund einschlägiger Erfahrungen mit fremdbestimmtem und erzwungenem Lernen Lernhemmungen, Lernwiderstände und Lernverweigerungen zeigen“ (ebd.). Stark organisierten Lernumgebungen wird damit die Offenheit arbeitsplatznahen und stärker selbstgesteuerten Lernens entgegengestellt.

Neben diesen Potenzialen des arbeitsnahen Lernens macht DEHNBOSTEL aber auch auf Probleme aufmerksam, indem er darauf verweist, dass die jeweiligen betrieblichen Rahmen- und Arbeitsbedingungen maßgeblich dafür verantwortlich sind, ob das Lernen in der Arbeit stattfinden kann oder nicht. „Es gilt nach wie vor, dass das Lernen am Arbeitsplatz in hohem Maße zufällig und beliebig ist, dass es von der jeweiligen Unternehmens- und Arbeitskultur abhängt, dass es einzelbetrieblichen Betriebs- und Renditezielen unterliegt und insofern zweckbestimmt ist“ (ebd., 30).

Diese Zufälligkeit und Abhängigkeit von betrieblichen Prioritäten sind für DEHNBOSTEL denn auch wesentliche Schwächen des Lernens in der Arbeit. Mit dieser Gegenüberstellung potenzieller Chancen und Gefahren arbeitsplatznahen Lernens ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, inwiefern die Teilnahmechancen an diesen Formen des Lernens ungleich verteilt sind. Maßstab für eine Bewertung ist das Ausmaß sozialer Ungleichheit hinsichtlich der Teilnahme. Definitorisch liegt soziale Ungleichheit dann vor, „…wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von den ‚wertvollen Gütern‘ einer Gesellschaft regelmäßig mehr als andere erhalten“ (HRADIL 2005, 30; vgl. auch SOLGA et al. 2009, 15). Die Untersuchung und Darstellung sozialer Ungleichheit erfolgt i.d.R. durch die Betrachtung unterschiedlicher Determinanten, die statistische Zusammenhänge aufzeigen. Für die formale Weiterbildung lässt sich so zeigen, dass bestimmte Determinanten wie Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und beruflicher Status eindeutig mit schlechteren Zugangs- und Teilnahmechancen verbunden sind (vgl. GILLEN et al. 2010). Für die informelle Weiterbildung liegen in der Hauptsache lediglich zur Determinante „beruflicher Status“ verschiedene Untersuchungen vor. Mit Einschränkungen sind auch Daten zu den Determinanten „Branchen“ und „Beschäftigtengrößenklassen von Unternehmen“ verfügbar.

Die einzelnen Untersuchungen, die Auskünfte für die Fragestellung geben, werden nun vorgestellt. Es handelt sich dabei um die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung (BRUSSIG/ LEBER 2004) sowie Daten aus dem Berichtssystem Weiterbildung (BMBF 2006) und der dritten Europäischen Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen (CVTS3) (STATISTISCHES BUNDESAMT 2008) sowie einer nationalen Zusatzerhebung hierzu (MORAAL et al. 2009).

2.1 Die Kerngruppenthese

Eine erste relevante Untersuchung haben BRUSSIG und LEBER (2004) vor dem Hintergrund der Fragestellung „Verringert informelle Weiterbildung bestehende Qualifikationsunterschiede?“ vorgelegt. Die Studie basiert auf einer telefonisch durchgeführten Betriebsbefragung von insgesamt 1647 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen aus dem Jahr 2002. Die Verbreitung arbeitsintegrierter Lernformen wurde in der angeführten Untersuchung für verschiedene Beschäftigtengruppen – nämlich „Hoch- und Fachhochschulabsolventen/Führungskräfte“, „Fachangestellte“, „Facharbeiter“ sowie „An- und ungelernte Mitarbeiter“ – erhoben. Neben der Teilnahme an externer und betriebsinterner formalisierter Weiterbildung wurden als Formen informeller Weiterbildung unterschieden und abgefragt: „Information/Unterweisung“, „Patenschaften“, „Qualitätszirkel“, „Job Rotation“, „Gruppenarbeit“, „Lesen von Fachliteratur“ sowie „Kongressbesuche/Messen u.ä“.

Bei einem Vergleich zwischen der Teilnahme an organisierter und informeller Weiterbildung stellen die Autoren im Ergebnis fest: „Eine Kompensation der Teilnahme an formalisierter Weiterbildung durch informelles Lernen ist für die Mitarbeitergruppen auf den unterschiedlichen Qualifikationsniveaus kaum zu beobachten" (BRUSSIG/ LEBER 2004, 55). Nennenswerte branchenspezifische Unterschiede werden dabei nicht sichtbar.

Allerdings spricht eine fehlende Kompensation formalisierter Weiterbildung nicht dafür, dass die zunehmende Bedeutung informellen Lernens keinen positiven Einfluss auf die Frage sozialer Ungleichheit besitzt. Denn zu einem differenzierten Bild gehört auch der Befund: „Die bei der formellen Weiterbildung (…) feststellbaren Unterschiede zwischen den Qualifikationsgruppen stellen sich zwar auch bei den meisten Arten der informellen Weiterbildung ein, doch sind hier die Unterschiede in der Regel geringer ausgeprägt als bei der formellen Weiterbildung“ (ebd.; Hervorhebung U. E.). Trotz dieses geringeren Ausmaßes von Ungleichheit stellen die Autoren fest: „Dennoch bleiben un- und angelernte Arbeiter auch bei den informellen Weiterbildungsaktivitäten durchgängig das Schlusslicht“ (ebd.).

Es bleibt jedoch andererseits festzustellen, dass die Annahme eines lineareren Zusammenhangs zwischen dem beruflichen Status und verstärkter Beteiligung an informeller Weiterbildung ebenfalls zu undifferenziert ist. Vielmehr formulieren BRUSSIG/ LEBER eine „Kerngruppenthese“ und führen aus: „Insgesamt ist erkennbar, dass jene Qualifikationsgruppe, die in der Branche besonders stark vertreten ist - in der Regel sind das die Fachangestellten, mitunter die Facharbeiter - verschiedene Maßnahmen informeller Weiterbildung besonders auf sich zieht“ (ebd.).

2.2 Daten des Berichtssystems Weiterbildung

Ein ähnliches Bild - ungleiche Teilnahme, jedoch in geringerem Ausmaß - ergibt sich mit Blick auf das Berichtssystem Weiterbildung. Beim Berichtssystem Weiterbildung werden jedoch keine Unternehmen befragt, sondern Einzelpersonen.

Ein erster Befund besteht darin, dass das Lernen in der Arbeit einen größeren Personenkreis erreicht als die berufliche Weiterbildung in Form von Seminaren und Kursen. Im Jahr 2003 nahmen demnach an Kursen und Lehrgängen beruflicher Weiterbildung 26 % der Befragten teil, während an „informellen Formen des beruflichen Kenntniserwerbs“ 61 % partizipiert haben (vgl. BMBF 2006, 22, 53).

Hinsichtlich des beruflichen Status lässt sich zudem die Beteiligung an formaler und an informeller Weiterbildung vergleichen. Hier zeigt sich in der Gegenüberstellung der Beschäftigtengruppen, dass nicht nur die Teilnahme an formaler Weiterbildung, sondern auch die Beteiligung am informellen beruflichen Lernen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Vergleicht man jedoch die unterschiedliche Beteiligung von formaler und informeller Weiterbildung innerhalb der Beschäftigtengruppen, so zeigt sich, dass Beschäftigte mit geringerem beruflichen Status tendenziell aufholen. Denn während nur 13 % der un- und angelernten Arbeiter an formaler Weiterbildung teilnehmen, partizipieren immerhin 43 % an informeller Weiterbildung. Für qualifizierte Angestellte etwa liegen die Werte bei 45 % für die formale und 66 % für die informelle Weiterbildung. So werden die Abstände der un- und angelernten Arbeiter zu besser qualifizierten Arbeitnehmern zwar nicht kompensiert oder ausgeglichen, aber sie verringern sich.

 

Tabelle 1: Beteiligung Erwerbstätiger an formaler beruflicher Weiterbildung und informellem beruflichen Lernen nach beruflicher Stellung (Quelle: BMBF 2006, 84, 194; eigene Darstellung)

 

Berufliche Stellung

(Formale) Berufliche Weiterbildung

Informelles berufliches Lernen

in %

Un-, angelernte Arbeiter

13

43

Facharbeiter

35

56

Ausführende Angestellte

20

47

Qualifizierte Angestellte

45

66

Leitende Angestellte

47

79

Beamte/Beamtinnen (einfacher, mittlerer, gehobener Dienst)

59

73

Beamte/Beamtinnen (höherer Dienst)

59

60

Selbstständige

34

68

 

2.3 Daten der Haupt- und Zusatzerhebung CVTS III

Weitere Daten liefert die dritte Europäische Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen (Continuing Vocational Training Survey, CVTS3) und insbesondere die nationale Zusatzerhebung. Im CVTS werden Daten zum Angebot und zur Nutzung der verschiedenen Formen betrieblicher Weiterbildung, zu Teilnehmer/-innen, Teilnahmestunden und Kosten erhoben. Die CVTS3-Haupterhebung aus dem Jahr 2006 mit dem Referenzjahr 2005 umfasst in Deutschland 2188 weiterbildende Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten aus unterschiedlichen Branchen. Eine nationale Zusatzerhebung in Deutschland mit dem Referenzjahr 2007 wurde 2008 durchgeführt. Im Rahmen der CVTS3-Haupt- und Zusatzerhebung umfasst betriebliche Weiterbildung definitorisch sowohl Lehrgänge, Kurse und Seminare (Weiterbildung im engeren Sinne) als auch andere Formen der betrieblichen Weiterbildung (z. B. Informationsveranstaltungen, arbeitsplatznahe Formen und selbstgesteuertes Lernen) (vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT 2008; MORAAL et al. 2009).

Die CVTS-3 Haupterhebung hat in erster Linie den Befund zu Tage gefördert, dass die Weiterbildungsteilnahme in Deutschland stagniert (vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT 2008). Die Verteilung der Angebote organisierter und informeller Weiterbildung folgen bezogen auf die unterschiedlichen Branchen weitgehend den gleichen Determinanten mit umfangreichen Weiterbildungsangeboten etwa im Kredit- und Versicherungsgewerbe und vergleichsweise geringen Werten in der Baubranche.

Eine Ausnahme von diesen weitgehend erwartbaren Ergebnissen bildet die Teilnahme nach Beschäftigtengrößenklassen. Hier zeigen sich zwischen den Teilnahmequoten an „anderen Formen der betrieblichen Weiterbildung“ im Vergleich zur Teilnahme an formalisierten Lehrveranstaltungen differenzierte Befunde.

 

Tabelle 2: Teilnahmequoten an anderen Formen der betrieblichen Weiterbildung und Teilnahmequoten an Lehrveranstaltungen 2005 nach Beschäftigtengrößenklassen im Vergleich (Quelle: STATISTISCHES BUNDESAMT 2008, 30 u. 32; eigene Darstellung)

Unternehmen mit

Andere Formen der betrieblichen Weiterbildung

Lehrveran-staltungen

geplante Phasen der Weiterbildung am Arbeitsplatz

Job-Rotation, Austausch-programme, Abordnungen, Studienbesuche

Lern- und Qualitätszirkel

Selbstge-steuertes Lernen

Informati-onsveran-staltungen

10 - 19 Beschäftigten

18,3

1,4

4,2

5,0

16,7

24,2

20 - 49 Beschäftigten

19,9

1,1

3,6

4,9

12,4

24,8

50 - 249 Beschäftigten

25,8

1,1

4,3

3,1

12,1

27,4

250 - 499 Beschäftigten

18,4

0,9

4,1

2,3

10,8

31,6

500 - 999 Beschäftigten

22,0

1,1

3,7

6,9

10,8

30,4

1000 und mehr Beschäftigten

30,8

2,0

5,6

23,6

8,0

33,8

Insgesamt

25,8

1,5

4,7

12,5

10,4

30,3

 

Es zeigt sich, dass Beschäftigte mittelständischer Betriebe von 50 - 249 Beschäftigten überproportional häufig Phasen der Weiterbildung am Arbeitsplatz haben. Bei Kleinbetrieben von 10 - 19 Beschäftigten sind Informationsveranstaltungen im Verhältnis zu anderen Betriebsgrößen häufiger anzutreffen. Somit wird deutlich, dass einige informelle Lernformen in manchen Betriebsgrößenklassen überproportional häufig anzutreffen sind. Die Annahme, dass sich mit Zunahme der Betriebsgröße auch die Teilnahmechance an Weiterbildung erhöht, trifft damit für den Bereich der informellen Weiterbildung nicht ungebrochen zu. Das Gesamtbild erweist sich somit als uneinheitlich.

Für die Determinante „beruflicher Status“ liefert zudem die nationale CVTS-3 Zusatzerhebung neuere Daten aus dem Jahr 2007 zur Teilnahme an unterschiedlichen formellen und informellen Lernformen. Unterschieden wurden dabei die Beschäftigtengruppen „An- und ungelernte Kräfte“, „Fachkräfte“, „Führungskräfte untere/mittlere Ebene“ und „Führungskräfte höhere Ebene“.

 

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Abb. 1: Teilnahme der einzelnen Beschäftigtengruppen an unterschiedlichen Lernformen (MORAAL et al. 2009, 8)

Bei einem Vergleich der Teilnahmegrade zwischen den einzelnen Beschäftigtengruppen zeigt sich, dass Un- und Angelernte an fast allen Lernformen in weitaus geringem Maße partizipieren als die anderen Beschäftigtengruppen. Eine Ausnahme bilden Maßnahmen zur Unterweisung und Einarbeitung, die von Führungskräften seltener in Anspruch genommen werden. Besonders ausgeprägt ist die Marginalisierung der Un- und Angelernten bei Lern- und Qualitätszirkeln wie auch beim selbstgesteuerten Lernen. Die oben angeführte Kerngruppenthese von BRUSSIG/ LEBER (2004) bestätigt sich in dieser Untersuchung nur in geringem Maße. Bei allen informellen Lernformen gibt es neben den Fachkräften andere Beschäftigtengruppen, die mindestens in ähnlichem Ausmaß daran teilnehmen.

Vergleicht man die Teilnahmezahlen zwischen externen und internen Lehrveranstaltungen, so zeigt sich wieder ein ähnliches Bild wie in den zuvor aufgeführten Untersuchungen. So nehmen die An- und ungelernten Kräfte an internen Lehrveranstaltungen ebenfalls in geringerem Ausmaß teil als die anderen Beschäftigtengruppen, doch ist auch hier die Diskrepanz im Vergleich zur Teilnahme an externen Lehrveranstaltungen geringer.

2.4 Zwischenfazit

In der Zusammenschau der dargestellten Daten zeigt sich ein differenziertes und uneinheitliches Bild. Die einfache Annahme, das zunehmende Gewicht informellen Lernens würde Ungleichheiten hinsichtlich der Teilnahme an formaler Weiterbildung in gewisser Weise kompensieren, trifft mit Blick auf die vorliegenden Studien nicht zu. In der Mehrzahl der Untersuchungen deutet sich vielmehr an, dass im Bezug auf arbeitsplatznahe Weiterbildung ähnliche Muster und Determinanten wirksam sind wie dies bezogen auf die Teilnahme an formaler Weiterbildung der Fall ist. Allerdings gilt eben auch der Umkehrschluss nicht, dass informelle Weiterbildung zwangsläufig soziale Ungleichheiten weiter verstärkt. Vielmehr lässt sich insgesamt feststellen, dass die Unterschiede hinsichtlich der Teilhabechancen zwar weitgehend bestehen bleiben, sich aber verringern.

BRUSSIG und LEBER kommen im Rahmen einer Auswertung unterschiedlicher Determinanten, die auf betrieblicher Ebene auf die formelle und informelle Weiterbildung einwirken, ebenfalls zu dem Schluss, dass fast alle der von ihnen betrachteten Faktoren, die einen signifikanten Einfluss auf formelle betriebliche Weiterbildung haben, einen ebensolchen Einfluss auf informelle Weiterbildung ausüben. Eine Ausnahme sind den Autoren zufolge jedoch Merkmale der Arbeitsorganisation, die oft mit informellen Lernformen, aber nicht mit formellen Lernformen zusammenhängen (vgl. BRUSSIG/ LEBER 2005, 6).

3 Zur Bedeutung der konkreten Arbeitsbedingungen

Aus diesen Gründen ist mit Blick auf mögliche Konsequenzen aus den dargestellten Befunden eine weitere Untersuchung von hoher Relevanz, in der BAETHGE/ BAETHGE-KINSKY (2002; 2004) insbesondere die Auswirkungen lernförderlicher Arbeitsorganisation auf die Beschäftigten untersucht haben. Sie zeigen, dass es bei entsprechenden lernförderlichen Arbeitsbedingungen sehr wohl zu einer gewissen Kompensation von Vorerfahrungen und schulischen Abschlüssen im Hinblick auf die Entwicklung individueller Lernkompetenzen kommen kann.

Die Autoren haben in einer Repräsentativerhebung der Erwerbsbevölkerung in Deutschland im Jahr 2001 das Weiterbildungsbewusstsein und -verhalten erfragt. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Zusammenhang von Arbeitserfahrungen und Lernkompetenzen. Vor allem die Abhängigkeit der individuellen Lernkompetenz von den konkreten Arbeitsbedingungen der Befragten wird in der Darstellung der Ergebnisse hervorgehoben. „Unsere Analyse des Zusammenhangs von Arbeitsorganisation und Lernkompetenzen zeigt die starke und durchgängige Bedeutung der Arbeitserfahrung für die Entwicklung und Stabilisierung von Kompetenzen für lebenslanges Lernen auf...“ (BAETHGE/ BAETHGE-KINSKY 2002, 135).

Vor dem Hintergrund der Frage, ob und inwieweit Lernen im Prozess der Arbeit zum Ausgleich sozialer Ungleichheit beitragen kann, ist vor allem der Befund von Bedeutung, dass positive Arbeitsbedingungen durchaus kompensatorisch wirken können. „Nicht die Tatsache selbst, dass es diese Zusammenhänge zwischen der Form der Erwerbsarbeit und Lernkompetenzen gibt, ist das eigentliche Interessante (...) Vielmehr ist es der (…) Nachweis, dass diese Zusammenhänge offensichtlich auch unabhängig von früheren Sozialisationserfahrungen wirksam sind...“ (ebd.).

Zumindest für den Aspekt der Lernkompetenz der Befragten erweisen sich damit die Arbeitserfahrungen von größerer Bedeutung als etwaige schulische Abschlüsse oder Vorerfahrungen aus formalen Qualifizierungen. Allerdings birgt dieser Befund nicht nur Chancen, sondern kann bei ungünstigen Bedingungen eben auch negative Auswirkungen haben: „...es deutet sich an, wie viel eine lernförderliche Arbeitsorganisation zu diesen Kompetenzen beitragen kann, entweder indem sie frühere Einflüsse verstärkt oder – in welchem Ausmaß auch immer – korrigiert oder konterkariert (was auch möglich ist)“ (ebd.). Wenig lernförderliche Arbeitsbedingungen können also ebenso zu einer Dequalifizierung führen wie umgedreht informelles Lernen in der Arbeit auch kompensatorisch wirken kann.

BAETHGE und BAETHGE-KINSKY schlussfolgern aus ihrer Untersuchung, dass Arbeit als „zweite Chance“ dienen kann, nicht formal vorhandene Abschlüsse zu ersetzen und weiterbildungsferne Gruppen zu erreichen. „Die Chance liegt darin, dass eine lernförderliche Arbeitsorganisation die latenten Potenziale "informeller Lernkontexte" im Bereich des arbeitsintegrierten Lernens besser wirksam werden lassen könnte als in der Vergangenheit, bis zu einem gewissen Grad kompensatorisch gegenüber Versäumnissen in Kindheit und Jugend wirken und damit auch formale Weiterbildung für Gruppen stützen könnte, die ihr heute fern stehen“ (ebd.).

Allerdings sehen die Autoren durchaus Gefahren, dass eben nicht die Gruppen mit formal geringer Qualifikation entsprechende Arbeitsbedingungen und damit die Chance zur Kompensation erhalten. Vielmehr betonen sie auch die Möglichkeit, dass stärker lernförderliche Arbeitsplätze eher mit Absolventen höherer Bildungsgänge besetzt werden und somit die Arbeitsbedingungen verstärkend statt kompensierend im Bezug auf soziale Ungleichheit wirken können. „Es könnte zu einer doppelten Privilegierung der Gruppen mit guter Ausbildung und lernförderlichen Arbeitsplätzen und einer doppelten Depravierung derjenigen kommen, die auf der Basis schlechter Ausbildung und wenig lernförderlicher Arbeitsumgebung die notwenigen Kompetenzen für lebenslanges Lernen nicht entwickeln bzw. nachholen können“ (ebd., 136).

Neuere industriesoziologische Studien deuten zudem an, dass sich die Chancen zum Lernen in der Arbeit in den letzten Jahren eher verschlechtert haben. Zumindest für die Autoindustrie ist zu konstatieren, dass verstärkt die Arbeitsprinzipien des Taylorismus wieder in die Fabriken zurückgekehrt sind. Kennzeichen hierfür sind verkürzte Taktzeiten in der Massenproduktion am Band, stärker ausgeprägte Hierarchien und weniger abwechslungsreiche Arbeitsanforderungen. Vorhandene Ansätze für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Gruppen- oder Teamarbeit sowie Job Rotation wurden hingegen oft wieder zurückgedrängt (vgl. KUHLMANN 2009).

4 Schlussfolgerungen und Perspektiven zur Verbesserung sozialer Gerechtigkeit im Bezug auf informelles Lernen

Mehr Chancengleichheit durch das Lernen am Arbeitsplatz? – die Befundlage dazu ergibt ein klares „Jein“. Eine Bewertung des Konzepts des Lernens in der Arbeit entzieht sich eindeutiger Zuschreibungen und bleibt ambivalent. So bietet das Lernen in der Arbeit einerseits Potenziale für die individuelle Entwicklung von Beschäftigten und auch aus gesellschaftspolitischer Perspektive kann lernförderliche Arbeit eine „zweite Chance“ für Bildungsbenachteiligte sein. Eine stärkere Betonung informellen Lernens kann jedoch auch bestehende Ungleichverteilungen hinsichtlich des Zugangs zu Weiterbildungsmaßnahmen manifestieren und bestimmte Gruppen (z. B. Leiharbeiter und Erwerbslose) dauerhaft ausgrenzen und damit die soziale Spaltung der Gesellschaft weiter vertiefen.

Vor dem Hintergrund dieser Ambivalenzen wird die Thematik abschließend aus zwei Perspektiven betrachtet. Zum einen werden Schlussfolgerungen gezogen, die auf die konkrete Verminderung sozialer Ungleichheit abzielen. Darüber hinaus werden offene Forschungsfragen angezeigt.

4.1 Maßnahmen und Konzepte

Sofern das Ziel der Verminderung sozialer Ungleichheit verfolgt wird, liefert die Orientierung am Begriff sozialer Gerechtigkeit einen Maßstab, mit dem soziale Ungleichheit beurteilt werden kann. Soziale Gerechtigkeit bezieht sich begrifflich zum einen auf die Gleichverteilung des Zugangs zu den notwendigen Grundgütern für die Entfaltung von Lebenschancen. Zum anderen umfasst sie die Stärkung der individuellen Fähigkeiten, um die persönliche Autonomie, Entscheidungsfreiheit und Optionsvielfalt zu schützen und zu erweitern (vgl. MERKEL/ KRÜCK 2003). Bezogen auf die in diesem Beitrag fokussierte Fragestellung geht es damit einerseits um die Schaffung von Zugängen zu informeller Weiterbildung sowie andererseits um die Befähigung der Individuen, diese Zugänge auch wahrzunehmen und die eigenen Bildungsbiografien zu gestalten.

Eine wesentliche Voraussetzung für den Zugang zu vielen Formen informeller Weiterbildung besteht in der Schaffung lernförderlicher Arbeitsbedingungen. Damit Lernen in der Arbeit in den Betrieben sinnvoll genutzt wird, ist zudem eine pädagogische Unterstützung notwendig, die Reflexion, theoretische Anbindungen und Vertiefungen erlauben, um der Zufälligkeit dieser Lernart entgegenzuwirken. Er bedarf Formen der Unterstützung personeller Art (z. B. Lernprozessbegleitung, Coaching) und struktureller Art (z. B. ausgewiesene Zeiten zum Lernen). In diesem Zusammenhang gilt es Konzepte zu entwickeln, die auf der Ebene der Beschäftigten ansetzen und informelle Lernchancen zum Ausgangspunkt des Lernens nehmen. Hierzu liegen bereits erste Überlegungen und Ansätze vor (z. B. HERZ/ JÄGER 2001; BOLTE/ PORSCHEN 2006; BAUER et al. 2007). In solchen Konzepten sollten zunächst die Lernchancen in der Arbeit gesucht und darauf aufbauend formale Weiterbildung in den Blick genommen werden. Das Lernen wäre danach so nah an der Arbeit zu organisieren, wie dies möglich ist. Formale Weiterbildung wird dabei gegenüber informellen Weiterbildungsformen subsidiär aufgefasst (vgl. PROSS/ ELSHOLZ 2007).

Gefordert sind darüber hinaus die Gewerkschaften sowie die Betriebs- und Personalräte auf betrieblicher Ebene, um das Thema lernförderliche Arbeit aufzugreifen und im Interesse der Arbeitnehmer zu gestalten (vgl. EHRKE et al. 2007, 280f). Die Gestaltung von lernförderlicher Arbeit bleibt eine Kernaufgabe betrieblicher Arbeitspolitik (vgl. HENDRICH 1999, 28). Eine zunehmende Anzahl von Tarifverträgen zu den Themen Weiterbildung und Qualifizierung, wie sie in der chemischen Industrie und der Metall- und Elektroindustrie abgeschlossen wurden, ermöglicht es, auf betrieblicher Ebene Weiterbildung und das Lernen in der Arbeit zu thematisieren. Allerdings bleiben die Wirkungen der Tarifverträge bisher sehr begrenzt und insbesondere hinsichtlich der angestrebten Verminderung sozialer Selektivität unbefriedigend (vgl. BAHNMÜLLER/ FISCHBACH 2006, 216f.).

Ein wichtiges Moment zur Stärkung der individuellen Fähigkeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten auch wahrzunehmen, ist die Form der Beratung. Beratungsangebote müssen unter gesellschaftspoltischen Aspekten für alle Beschäftigten angeboten werden, denn eine bloße Fokussierung auf Selbststeuerung und Eigenverantwortung führt zu einer Verstärkung sozialer Ungleichheit (vgl. SCHIERSMANN 2007, 86). Weiterbildungsberatung sollte im Sinne der hier behandelten Thematik in vermehrtem Maße neben formaler Weiterbildung auch die verschiedenen Formen informeller Weiterbildung umfassen. Bestehende Beratungskonzepte, die sich vorrangig auf organisierte Weiterbildung beziehen, bedürfen daher der Erweiterung. Unternehmensexterne Weiterbildungsberater in Beratungsstellen – die etwa mit dem Profilpass arbeiten – geraten bei dieser Anforderung an Grenzen. Gefordert sind hier Akteure, die mit den betrieblichen Arbeitsbedingungen und Geschäftsprozessen vertraut sind. Dies können insbesondere betriebliche Weiterbildner sein oder arbeitnehmerorientierte Berater, die betriebsnah in und mit den Unternehmen arbeiten.

4.2 Offene Fragen und Forschungsdesiderate

Neben der angezeigten Entwicklung von Konzepten gibt es weitere Forschungsdesiderate für die die Berufsbildungsforschung. In diesem Zusammenhang ist zunächst ist die unzureichende Datenlage zur Beteiligung an informellen Lernprozessen zu monieren, die lediglich zu vereinzelten Determinanten Aussagen erlaubt. Für die in der organisierten Weiterbildung ebenfalls maßgeblichen Determinanten Geschlecht, Alter und Migrationshintergrund liegen keine aussagekräftigen Daten vor. Zudem sind die verfügbaren Untersuchungen – mit Ausnahme der Daten der CVTS3-Studie – bereits über fünf Jahre alt. Diesbezüglich könnten die Erhebungen im Rahmen des nationalen Bildungspanels Abhilfe schaffen, die vermehrt auch informelle Lernprozesse abzubilden versuchen (vgl. KLEINERT/ MATTHES 2010, 56).

Auf inhaltlicher Ebene ist der Zusammenhang von lernförderlicher Arbeit, arbeitsplatznahen Lernformen und formaler Weiterbildung weitgehend ungeklärt. Es ist durchaus offen, ob und wie lernförderliche Arbeit auch die Teilnahme an formeller Weiterbildung erhöht oder aber als Ersatz für organisierte Weiterbildung dient.

Weiterhin ist offen, welche Instrumente rechtlicher Rahmensetzungen (u. a. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen) es geben kann, damit sie wirksam sozialer Selektivität bei der Teilnahme an formeller und informeller Weiterbildung entgegenwirken. Notwendig wären daher prozessbegleitende Evaluationen vorhandener Instrumente und die Beratung der Akteure, wie wirksame formale Regelungen gestaltet werden können.

Abschließend ist auf den Entwurf der Deutschen Qualifikationsrahmens hinzuweisen, der die Anerkennung informellen Lernens vorsieht (vgl. AK DQR 2009). Die Form und das Verfahren zur Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen ist dabei mit offenen Fragen in wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hinsicht verbunden (vgl. DEHNBOSTEL et al. 2010; ELSHOLZ 2010). Unter der Perspektive der Schaffung sozialer Gerechtigkeit besteht hier die Chance, über die Gestaltung des Verfahrens zur Anerkennung informellen Lernens zur Verminderung sozialer Ungleichheit beizutragen. Konkrete Vorschläge dazu sind jedoch erst zu entwickeln.


Literatur

AK DQR (2009): Diskussionsvorschlag eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen. Erarbeitet vom „Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen“. Online: http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/SITEFORUM?t=/documentManager/sfdoc.file.supply&e=UTF-8&i=1215181395066&l=1&fileID=1238069671761 (30-09-2010).

BAETHGE, M./ BAETHGE-KINSKY, V. (2002): Arbeit – die zweite Chance. Zum Verhältnis von Arbeitserfahrungen und lebenslangem Lernen. In: AG QUALIFIKATIONS-ENTWICKLUNGS-MANAGEMENT (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2002: Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur. Münster. 69-140.

BAETHGE, M./ BAETHGE-KINSKY, V. (2004): Der ungleiche Kampf um das lebenslange Lernen. Münster.

BAHNMÜLLER, R./ FISCHBACH, S. (2006): Qualifizierung und Tarifvertrag. Hamburg.

BAUER, H. G. et al. (2007): Lernen im Arbeitsalltag. Wie sich informelle Lernprozesse organisieren lassen. Bielefeld.

BMBF (2006): Berichtssystem Weiterbildung IX. Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Weiterbildungssituation in Deutschland. Bonn, Berlin.

BMBF (2008): Stand der Anerkennung non-formalen und informellen Lernens in Deutschland im Rahmen der OECD Aktivität „Recognition of non-formal and informal Learning“. Bonn, Berlin. Online: http://www.bmbf.de/pub/non-formales_u_informelles_lernen_ind_deutschland.pdf (30-09-2010).

BOHLINGER, S./ HEIDECKE, L. (2009): Pluralisierung von Lernorten und Lernformen in der betrieblichen Weiterbildung. In: ZBW - Zeitschrift für Berufs- und Wirtschafspädagogik 105, H. 3, 452-459.

BOLTE, A./ PORSCHEN, S. (2006): Die Organisation des Informellen. Modelle zur Organisation von Kooperation im Arbeitsalltag. Wiesbaden.

BRUSSIG, M./ LEBER, U. (2004): Verringert informelle Weiterbildung bestehende Qualifikationsunterschiede? Aktuelle Ergebnisse einer Betriebsbefragung. In: WSI-Mitteilungen, Jg. 57, H. 1, 49-55.

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Zitieren dieses Beitrages

ELSHOLZ, U. (2010): Arbeitsbezogenes Lernen in der beruflich-betrieblichen Weiterbildung als Beitrag zu mehr Chancengleichheit? In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 19, 1-15. Online:  http://www.bwpat.de/ausgabe19/elsholz_bwpat19.pdf  (20-12-2010).


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