Beitrag von André BLOEMEN & Jane PORATH (Universität Oldenburg)
Bedingt durch den technisch-ökonomischen Wandel werden auch in den Arbeitsmärkten der erneuerbaren Energien durchweg positive drastische Beschäftigungsdynamiken prognostiziert. Um jedoch zukünftige Fachkräfte bedarfsgerecht aus- und weiterzubilden, benötigt man qualifiziertes Lehrpersonal. Nachhaltigkeitsaspekte sowie deren Umsetzung im beruflichen Alltag fanden, nicht zuletzt aufgrund der thematischen Aktualität und Dynamik, in der bisherigen Lehrerausbildung kaum Berücksichtigung. Daher hat die Lehrer/innen-Fortbildung die verstärkte Aufgabe, das Lehrpersonal hinsichtlich der Themenfelder nachhaltiger Entwicklung zu qualifizieren. So kann die berufliche Integration, die individuelle Anpassung an sich wandelnde Anforderungen und der Ein- und Aufstieg im Beschäftigungssystem nicht nur für Lehrkräfte sondern auch für Jugendliche als zukünftige Fachkräfte gelingen. Unabhängig von dieser fachlich-methodischen Qualifizierung des Lehrpersonals als Multiplikator in Fragen der Energiebildung gilt auch, dass Lehrende wie Lernende dazu befähigt werden, die verantwortungsbewusste Ressourcennutzung tatsächlich zu leben und Menschen in ihrem sozialen Umfeld durch wissensbasierte Argumentation von der Bedeutung entsprechenden Verhaltens zu überzeugen. Wie dies gelingen kann, will das innovative Energiebildungskonzept „ekonas“ verdeutlichen. Mit diesem Pilotprojekt wird eine Lehrer/innen-Fortbildungsmaßnahme vorgestellt, in der nicht nur für Energiethematiken sensibilisiert wird, sondern auch konkrete Unterrichtsmaterialien zur Energiebildung sowie ein praxistaugliches Set an energiebezogenen Schulmanagementinstrumenten gemeinsam mit Lehrenden in vier Modulen entwickelt und erprobt werden. Die Beschreibung dieser Fortbildung ist Bestandteil des vorliegenden Artikels.
The promotion of energy educational competences for a sustainable training culture through professional further education of teachers
As a result of technical and economic change, positive drastic employment dynamics are being consistently forecast for the labour markets of sustainable energies. However, in order to offer future skilled workers initial and further training that fulfil the demands, well-qualified teaching staff are required. There has not yet been much consideration of aspects of sustainability as well as its implementation in daily working life in teacher training up till now, not least because of the fact that the area is so topical and dynamic. Therefore, teacher further training has the intensified task of qualifying the teaching staff with regard to the thematic areas of sustainable development. In this way, professional integration, individual adjustment to changing demands, and entering into and progressing in the world of work can take place successfully, not just for teachers, but also for young people as future skilled workers. Independent of this subject-specific methodological qualification of the teaching staff as multipliers in questions of energy education, it is also important that teachers as well as learners are enabled to genuinely live the responsible use of resources and to convince people in their social context, through knowledge-based argumentation, of the importance of the relevant behaviour. The innovative energy education concept, ‘ekonas’, aims to illustrate how this can succeed. In this pilot project a further education measure is presented to teachers which not only deals with the specific energy-related issues in a comprehensive way, but in addition concrete teaching materials on energy education as well as a set of energy-related school management instruments that can be used in practice are developed and tested in four modules together with the teachers. The description of this further training forms the main part of this article.
Um dem technisch-ökonomischen und demographischen Wandel, der sich auch im Beschäftigungsmarkt der nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung widerspiegelt, begegnen zu können, gilt es auch, Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen beruflich weiterzubilden. Diese sollen befähigt werden, zukünftige Fachkräfte für verantwortungsvolle alltägliche und berufliche Anforderungen kompetent auszubilden. Dadurch wird sowohl auf Seiten der Lehrkräfte als auch auf Seiten der Auszubildenden und Schüler/innen die Chance der beruflichen und sozialen Integration, der individuellen Anpassung und des Aufstiegs im Bildungs- und Beschäftigungssystem erhöht.
Veränderte sachliche und personelle Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt stellen immer neue Herausforderungen an zukünftige Fachkräfte. Berufsbildende Schulen müssen diese Entwicklungen zukünftig sehr viel schneller und flexibler aufgreifen und in der unterrichtlichen Umsetzung berücksichtigen. Den Lehrkräften an berufsbildenden Schulen kommt hierbei im Rahmen der Unterrichtsentwicklung und als Multiplikator(inn)en eine Schlüsselrolle zu. Ihnen sind Angebote zur Lehreraus- und -fortbildung zu unterbreiten, um die Implementierung innovativer und hochaktueller Entwicklungen und Diskussionen voranzutreiben (vgl. BUSIAN/ PÄTZOLD 2004, 2). Dabei gilt es, diese neuen Ideen im eigenen Verhalten zu berücksichtigen und den Schüler(inne)n beispielhaft vorzuleben. Damit Lehrkräfte über die dafür notwendigen Kompetenzen verfügen, sind Lehrer/innen-Fortbildungen so zu konzipieren, dass sie selbst in einem hohen Maße den veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen (vgl. GNAHS 2002, 100). Gilt es also, bei den Schüler(inne)n beispielsweise bestimmte methodische oder gestalterische Kompetenzen zu befördern sowie die Prinzipien des selbstgesteuerten Lernens oder die Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung, so sind auch die Fortbildungsstrukturen entsprechend dieser Prinzipien zu gestalten (vgl. HOIDN 2005, 15).
Im folgenden Artikel wird eine Lehrer/innen-Fortbildung, konzipiert und durchgeführt durch das Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, vorgestellt, die die aktuellen Herausforderungen des Fachkräftemangels in Berufsfeldern der erneuerbaren Energien fokussiert und zum Ziel hat, bereits heute geforderte Kompetenzen bei Lehrkräften zu befördern.
Zu den derzeit wohl größten globalen Herausforderungen gehört die Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung und -nutzung. Pressemeldungen erinnern uns täglich daran, dass der gewohnte Umgang mit Energie und die Ausbeutung nicht-regenerativer Ressourcen langfristig nicht mehr tragfähig sind. Entsprechende Energielösungen, wie die Errichtung von Offshore-Windparks in der Nordsee oder großflächiger Solarprojekte in der Sahara, gelten als Vorzeigeprojekte einer nachhaltigen Energieversorgung. Ebenso werden Entwürfe entwickelt, wie ein zukunftsfähiger Umgang mit Energie und Ressourcen möglich ist – vor allem in den Lebensbereichen Mobilität, Wohnen und Konsum. Zukünftig wird uns daher in allen privaten wie beruflichen Bereichen ein verantwortungsvoller, zukunftsfähiger Umgang mit den Energieressourcen abverlangt (vgl. BLOEMEN et al. 2010, 4). Solange die Energie- und Ressourcenproblematik nicht tief in das Bewusstsein der Menschen eindringt, wird von einer von vielen Seiten geforderten klimafreundlichen Energiewende vermutlich nicht viel zu spüren sein. Gerade für die Handlungsbereiche Arbeit und Beruf ergeben sich an dieser Stelle ganz besondere Herausforderungen. Der in aktuellen Prognosen vorausgesagte immense Anstieg der Beschäftigungszahlen lässt den vielerorts beschworenen Fachkräftemangel realistisch erscheinen. So sollen sich die 235.000 Arbeitsplätze im Arbeitsmarkt der erneuerbaren Energien aus dem Jahr 2006 bis zum Jahr 2030 verdreifachen (vgl. BÜHLER et al. 2007, 7). Die Branchen Windenergie und Photovoltaik benötigen dabei derzeit das meiste Personal (vgl. O`SULLIVAN et al. 2009, 6). Dies betrifft gewerblich-technische Berufsfelder ebenso wie kaufmännisch-verwaltende Tätigkeitsbereiche, hier vor allem in Domänen wie Vertrieb, Handel und Logistik. Aber auch in der Planung, Projektierung und Finanzierung sowie in Forschung und Entwicklung werden enorme Stellenzuwächse vorausgesagt (vgl. BÜHLER et al. 2007, 12). Aufgrund unzureichender Absolvent(inn)en-Zahlen und einer mangelnden Vermittlung erforderlicher Kompetenzen wird prognostiziert, dass diese Stellen nicht mit adäquatem Personal besetzt werden können. So wird von knapp der Hälfte der befragten Unternehmen gefordert, die gegenwärtige berufliche Aus- und Weiterbildung neu zu akzentuieren. Der beruflichen Bildung kann also ganz offensichtlich hierbei eine Schlüsselrolle zugeschrieben werden. In den letzten Jahren wird daher an verschiedenen Stellschrauben der beruflichen Bildung gedreht, um vor allem in energierelevanten Berufsdomänen Themen einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung zu integrieren. Bestehende Rahmenrichtlinien und Ausbildungsordnungen müssen im Zuge dieser Entwicklung restrukturiert und deutlichere Bezüge zum Energiethema herausgestellt werden.
Daneben gilt es, schulisches und betriebliches Ausbildungspersonal auch in Energiefragen zu qualifizieren, um schlussendlich eine energierelevante Berufsorientierung bei den Schüler(inne)n zu ermöglichen. Gerade die umweltbezogene Fortbildung erhöht die Bereitschaft der Lehrenden, entsprechende Lerninhalte in erhöhtem Maße in den Unterricht einfließen zu lassen (vgl. BLOEMEN et al. 2010, 5). Innerhalb solcher Fortbildungen werden die Lehrenden dazu angeleitet, nachhaltigkeitsorientierte Lernsituationen zu entwickeln und systematisch in das alltägliche Unterrichtsgeschehen einzubinden. Auch werden ihnen Kompetenzen vermittelt, Fragen der Energieerzeugung, -nutzung und -effizienz auch auf schulorganisatorischer Ebene programmatisch und profilbildend zu integrieren. Dazu gehört an berufsbildenden Schulen die didaktische Aufbereitung der Re-Strukturierung von Arbeits- und Geschäftsprozessen hin zu energie- und ressourcensparenden Arbeitsabläufen verbunden mit Elementen einer Entrepreneurship-Education hinsichtlich der Erschließung innovativer Geschäftsfelder und der Vermarktung erneuerbarer Energielösungen.
Das Gesamtprojekt „Energiebildung für eine nachhaltige Energieversorgung und Energienutzung“ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, gefördert von der Stiftung Zukunfts- und Innovationsfonds Niedersachsen, leistet den Transfer des Energiethemas in die Schulen und in die Lehrer/innen-Bildung. Über eine Laufzeit von drei Jahren werden systematisch unterrichtliche Lehr-Lernangebote zu energierelevanten Themen zusammen mit Schulen entwickelt und erprobt. Beteiligt sind die Didaktiken der Fächer Sachunterricht, Physik, Biologie, Chemie, Ökonomische Bildung, Informatik und Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Dabei spielen Lehrer/innen-Fortbildungen innerhalb der einzelnen Didaktiken dieses Vorhabens eine gewichtige Rolle. Geprägt ist das Gesamtprojekt von einem hohen Maß an Interdisziplinarität. Stets greifen naturwissenschaftliche, ökonomische und informationstechnologische Aspekte ineinander. So wird ein fächerübergreifendes Verständnis der Energiethematik notwendig. Darüber hinaus werden im Gesamtprojekt besonders relevante Themenfelder, wie z. B. Berufsorientierung, schulform- und fächerübergreifend diskutiert und im Rahmen von Berufsinformationsmessen und Podiumsdiskussionen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Flankierend zu den schulbezogenen Aktivitäten werden die entwickelten Konzepte in die universitäre Ausbildung im Rahmen der Bachelor- und Masterprogramme der Lehramtsausbildung sowie in die Programme zur Lehrer/innen-Weiterbildung integriert. Überdies sollen auch die Fachstudiengänge der Universität Oldenburg Berücksichtigung finden und im Sinne einer gesamtuniversitären „Leitlinie Energiebildung“ in diesen Professionalisierungsprozess einbezogen werden. Die Abbildung 1 zeigt schematisch die einzelnen fachdidaktischen Teilprojekte sowie die Koordinations- und Verwertungsaktivitäten.
Abb. 1: Das Projekt „Bildung für eine nachhaltige Energieversorgung und -nutzung“ an der Universität Oldenburg
Im Folgenden werden die Aktivitäten des Teilprojekts Berufs- und Wirtschaftspädagogik genauer betrachtet, welches sich mit der unterrichtlichen und schulorganisatorischen Umsetzung von Energiebildung an berufsbildenden Schulen beschäftigt und die angesprochene Interdisziplinarität des Energiethemas durch die Berücksichtung der gewerblich-technischen und der kaufmännisch-verwaltenden Fachrichtungen aufnimmt.
Im Teilprojekt „Energiebildungskompetenzen für eine nachhaltige Schulkultur (ekonas)“ wird der eingangs gestellten Forderung, Lehrenden als Multiplikator(inn)en Angebote zu eröffnen, sich konstruktiv an der aktuellen Diskussion der Energieeffizienz und -effektivität zu beteiligen, begegnet. Hierzu wurde ein innovatives Fortbildungskonzept konzipiert, in dem zwölf Lehrkräfte berufsbildender Schulen der Weser-Ems-Region – sowohl aus den kaufmännisch-verwaltenden als auch aus den gewerblich-technischen Fachrichtungen – die unterrichtliche sowie schulorganisatorische Integration des Energiethemas diskutieren und konzeptualisieren. Das Fortbildungskonzept setzt sich aus vier Modulen, von denen bereits zwei Module durchgeführt wurden, zusammen und ist folgendermaßen aufgebaut (vgl. BLOEMEN et al. 2010, 7 f.):
In einem ersten Modul werden die Lehrer/innen zunächst für eine nachhaltigkeitsorientierte Energiebildung sensibilisiert. Dafür werden die Ziele und deren Nutzen sowie Orientierungspunkte für das unterrichtliche und schulorganisatorische Handeln ausgehandelt. Darüber hinaus analysieren die Lehrkräfte Ordnungsmittel in Hinblick auf curriculare Anknüpfungsmöglichkeiten zur Verankerung von Energiebildungsthemen. Im Rahmen einer Stärken-Schwächen-Analyse wird außerdem nach Möglichkeiten der Integration von Energiebildung in Schulentwicklungsprozesse gesucht. Im zweiten Modul modellieren die Lehrkräfte Arbeits- und Geschäftsprozesse ausgewählter Modellunternehmen. Dabei werden diese zunächst anhand aussagekräftiger Kategorien beschrieben, bevor eine Analyse der Wertschöpfungsprozesse und ihre nachhaltigkeitsorientierte Umgestaltung erfolgen. Anschließend identifizieren die Lehrkräfte Schlüsselstellen für Lernprozesse hinsichtlich einer nachhaltigkeitsorientierten Energiebildung und re-modellieren diese nach gemeinsam ausgehandelten Lernförderlichkeitskriterien. Im dritten Modul wird es darum gehen, Lehr-Lernarrangements an diesen Schlüsselstellen auf ihre Anwendbarkeit in den berufsbildenden Schulen im Rahmen ausgewählter Berufsausbildungen zu diskutieren und konstruieren. Dazu gehören z. B. Arbeits- und Lernaufgaben, Projektleitfäden oder Leitfäden zu Betriebserkundungen. Anschließend werden die erarbeiteten Materialien in das im Modul 1 identifizierte Netz an Möglichkeiten zur Verankerung von Energiebildung auf schulorganisatorischer Ebene eingebunden. Hier wird an die bereits vorhandenen Schulentwicklungsprozesse der niedersächsischen berufsbildenden Schulen angeknüpft. Somit werden in diesem Modul die individuelle und organisationale Kompetenzentwicklung miteinander verzahnt. Als Produkte entspringen diesem Projekt schließlich kompetenzförderliche Unterrichtsmaterialien zur Energiebildung und ein praxistaugliches Set an energiebezogenen Schulmanagementinstrumenten. Das vierte Modul wird schließlich die Implementierung und Verstetigung der ermittelten Energiebildungsinstrumente auf unterrichtlicher und schulorganisatorischer Ebene umfassen. Dazu gehört auch, dass diese Instrumente erprobt werden, um Rückschlüsse für weitere Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der Energiebildung zu ziehen. Die Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Fortbildungskonzeption, die beteiligten Akteure und Akteurinnen aus Schule und Wirtschaft sowie die zu erwartenden Produkte.
Abb. 2: Fortbildungskonzept „ekonas“ (BLOEMEN et al. 2010, 7)
Das erste Modul der Fortbildung zielt auf die Annäherung an den Nachhaltigkeitsdiskurs und eine erste Bestandsaufnahme bestehender und bereits genutzter Anknüpfungspunkte sowie weiterer Möglichkeiten zur Verankerung von Energiethemen auf curricularer und schulorganisatorischer Ebene. Das Modul gliedert sich daher in drei Aktionsfelder:
Sensibilisierung und Motivation
Zunächst gilt es, in einer ersten Phase der Sensibilisierung und Motivation in die Problematik des Klimawandels sowie die Themen der Nachhaltigkeit und der Nutzung regenerativer Energien einzuführen. Dies erfolgte mittels eines Presseblitzlichtes bestehend aus einer Mischung von Schlagzeilen aus Zeitungsartikeln und Zeitschriften, Fotografien zum Wandel der Erde durch menschliche Beeinflussung, Videoclips, Klimaszenarien und Statistiken zu Zukunftsprognosen der Nutzung fossiler und erneuerbarer Energien sowie der damit verbundenen Arbeitsplatzeffekte und Fachkräftebedarfe. Für die nachwachsenden Generationen ergeben sich aus der Bewältigung dieser Problematik vielfältige Zukunftsaufgaben. In diesem Zusammenhang sollte auch den Lehrkräften ihre besondere Rolle bei der Beförderung von Kompetenzen für diesen anstehenden Problemlöseprozess verdeutlicht werden. Sie haben zum einen den Jugendlichen eine allgemeine Wertorientierung im Sinne einer verantwortungsbewussten Nutzung von Ressourcen und Energie zu vermitteln sowie zum anderen eine innovative Fachkräfteausbildung für den Bereich der Energiewirtschaft zu leisten (vgl. PORATH et al. 2009, 54). Diese Phase der Motivation und Sensibilisierung aktiviert zudem die Erfahrungen zu Energiethemen auf unterrichtlicher und schulorganisatorischer Ebene.
Bestandsanalyse zur Energiebildung auf schulorganisatorischer Ebene
Im Vorfeld der intensiven Auseinandersetzung der Lehrkräfte mit den gegebenen Bedingungen auf curricularer und organisatorischer Ebene hinsichtlich der Verankerung von Energiethemen galt es zunächst, den teilnehmenden Lehrkräften zu ermöglichen, die gemachten Erfahrungen zur beschriebenen Problematik zu re-aktivieren. Dies erfolgte methodisch nach dem Vorbild eines Speed-Datings.
Zur Aktivierung der Vorerfahrungen für die schulorganisatorische Ebene wurden folgende vier Fragen diskutiert:
So wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass in allen Phasen eines Lernprozesses der Bezug auf die Erfahrungswelt von entscheidender Bedeutung ist. Diese Erfahrungen müssen zunächst aktiviert werden, um sie anschließend mit aktuellen Wahrnehmungen zu verknüpfen und sie in der handelnden, kommunikativen Auseinandersetzung zu einer erweiterten oder veränderten Wissensbasis auszugestalten (vgl. REBMANN/ TENFELDE 2008).
Um in der hier vorgestellten Fortbildung konkrete Lernprozesse bezogen auf die Umsetzung von Energiebildung auf schulorganisatorischer Ebene zu initiieren, bedurfte es der Ermittlung des Status quo.
Dabei wurde auf die Methode der SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) zurückgegriffen. Bei diesem Verfahren werden die internen Fähigkeiten und Ressourcen einer Institution sowie deren externe Umweltfaktoren zu einer bestimmten Thematik betrachtet, um aus den gewonnenen Erkenntnissen geeignete strategische Lösungsansätze zur Zielerreichung der Organisation abzuleiten. In der Fortbildung wurden so die Stärken und Schwächen der eigenen Schule sowie die Chancen und Risiken einer Implementierung von Energiefragen in die Schulentwicklung und Schulkultur überprüft. Auf einem Arbeitsblatt wurden die vier Bereiche mittels folgender Leitfragen spezifiziert, was der Fixierung der Überlegungen zum Status quo an der eigenen Schule diente (Abbildung 3):
S – Strengths – Stärken | W – Weaknesses – Schwächen |
Leitfragen: Auf welche Ursachen sind vergangene Erfolge hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung zurückzuführen? Welche Erfahrungen bezüglich einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung liegen auf schulorganisatorischer Ebene vor, die mit neuen Strategien besser genutzt werden und Synergieeffekte erzeugen können? | Leitfragen: Welche Schwachpunkte hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung und Energienutzung gilt es künftig zu vermeiden? Welcher Bereich der schulorganisatorischen Arbeit ist hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung besonders schwach? |
O – Opportunities – Chancen | T – Threats – Risiken |
Leitfragen: Welche Möglichkeiten einer Integration des Energiethemas in Schulorganisation und Schulentwicklung stehen offen? Welche Trends gilt es dabei zu verfolgen? Welche Aktionen anderer Schulen in diesem Bereich sind auf die eigene Schule transferierbar? | Leitfragen: Welche Schwierigkeiten bei der Verfolgung von Energiezielen liegen hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen sowie der rechtlichen Situation vor? Welche innerschulischen Schwierigkeiten liegen hier vor? |
Abb. 3: Leitfragen zur SWOT-Analyse
Als Stärken wurden von den Lehrkräften mehrfach das Engagement bestimmter Lehrkräfte im Kollegium, aber auch der Schüler/innen sowie die Rückendeckung durch die Schulleitung genannt. Ebenfalls positiv zu bewerten sind das gute Equipment einiger Schulen mit Demonstrationsanlagen und Messkoffern, Neubaumaßnahmen und die Erneuerung der technischen Ausstattung, die Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien eröffnen. In mehreren der vertretenen berufsbildenden Schulen finden bereits umfangreiche Projektwochen zum Themenfeld Energie statt. Die regionalen Möglichkeiten zu Betriebs- und Anlagenerkundungen werden regelmäßig genutzt. Auch ein bereits etabliertes Mülltrennungssystem wird wiederholt als Stärke genannt. Zwei Schulen profitierten in der Vergangenheit vom so genannten 50/50-Programm, welches finanzielle Unterstützung für die Hälfte der Investitionskosten von energetischen Umbaumaßnahmen übernimmt. Darüber hinaus wurde der Einsatz von energieeinsparenden Clients im Lernbüro als Stärke identifiziert. An einer Schule wurde bereits im Schulleitbild die Thematik der nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung verankert.
Eine Vielzahl der oben genannten Stärken wurde durch andere Lehrkräfte jedoch eher als Schwäche identifiziert. So findet an zwei Schulen Mülltrennung trotz eines eingerichteten Mülltrennungssystems nicht statt. Auch existiert an zwei der vertretenen berufsbildenden Schulen zwar ein Umweltausschuss, dieser tagt jedoch nicht. Ebenfalls als Schwachpunkte benannt wurden bauliche Mängel, ein fehlendes Gebäudemanagement und das Fehlen finanzieller Anreize zur Sanierung der Gebäude und Durchführung gesonderter Projekte mit dem Themenschwerpunkt Energie. Finden Projektwochen statt, ist dies häufig nur auf die Aktivität vereinzelter Lehrkräfte zurückzuführen, ein Großteil des Kollegiums hält sich jedoch tendenziell zurück. Dies hat nicht selten zur Folge, dass Ideen nicht weiter verfolgt werden, ein Umdenken nicht stattfindet und nicht zuletzt der Austausch zwischen einzelnen Standorten, Schulformen und Fachbereichen sowie die unterrichtliche Einbindung der Thematik erschwert oder ganz verhindert werden. Speziell die proaktiven Lehrkräfte sehen sich darüber hinaus mit einem zeitlichen Problem konfrontiert, weil ihr Engagement nicht im Rahmen der regulären Unterrichtszeit stattfinden kann und eine Unterrichtsfreistellung nicht gewährt wird. Ebenso könnte ein Leitbild, welches sich einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung verschreibt, die Bedeutung der Thematik stützen. Dieses ist an einer Vielzahl der Schulen nicht vorhanden.
Die Erstellung eines Schulprogrammes und die Verpflichtung zur Maßnahmenplanung und -durchführung durch die niedersächsische Schulinspektion als eine verpflichtende Säule im Qualitätsmanagementprozess der eigenverantwortlichen Schule kann jedoch als Chance zur Verankerung der Energiethematik in die Schulentwicklung gesehen werden. Schüler/innen sollten in diesen Implementierungsprozess aktiv einbezogen werden, um so die Identifikation mit der Schule voranzutreiben. Weiterhin werden Kooperationen zu Unternehmen (z. B. durch Energiesparcontracting) als Chance für den Implementierungsprozess angesehen, möglicherweise auch die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Fachbereichen und Schulformen, aber ebenso gesamter Schulen. Im Rahmen von Projektwochen und Einzelprojekten, die idealerweise Nachhaltigkeitsansprüchen genügen und Fortführungscharakter besitzen, sollte nach Meinung der Lehrkräfte das Thema der erneuerbaren Energien und des Energiesparens stärkere Berücksichtigung finden. Eine Chance sehen die an der Fortbildung teilnehmenden Lehrkräfte auch in der Anwendung von Modellunternehmen, da sich hier Aspekte einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung direkt in das Leitbild und die Geschäftsprozesse des betrachteten Modellunternehmens integrieren lassen.
Als Risiken werden die mangelnde Anzahl an Kooperationspartner(inne)n, die teilweise noch mangelnde Betroffenheit seitens der Schüler/innen und die eher langsame, teils stagnierende Bewusstseinsbildung bei der Mehrheit der Lehrkräfte identifiziert. Proaktive Lehrkräfte sind – wie oben beschrieben – im Kollegium nicht selten in der Minderheit. Wenn sie auch zukünftig keine Entlastung über ihre Lehrer/innen-Stunden erhalten, besteht die Gefahr, dass auch sie ihre Aktivitäten einstellen. Nicht zuletzt wirkt laut Meinung einzelner Lehrkräfte das unangemessene politische Handeln von Vorbildern destruktiv. Als bedeutendstes Risiko und größtes Hemmnis wird jedoch einstimmig die fehlende finanzielle Unterstützung für Schulmaßnahmen hervorgehoben.
Somit ergibt sich aus der Analyse ein recht zwiespältiges Bild für die vertretenen berufsbildenden Schulen. Was ein Teil der Lehrkräfte bereits als Stärken identifiziert, wurde bei einem anderen Teil der Lehrkräfte eher negativ für die eigene Schule bewertet. Hinsichtlich der Chancen und Risiken für die Implementierung der Energiethematik auf schulorganisatorischer Ebene lässt sich hingegen von einer homogenen Meinung sprechen.
Bestandsanalyse zur Energiebildung auf schulorganisatorischer Ebene
Zur Analyse der curricularen Vorgaben einzelner Schulformen und Ausbildungsberufe auf Anknüpfungspunkte für eine nachhaltigkeitsorientierte Energiebildung wurde vom Projektteam die so genannte Points of Interest-Methode entwickelt, welche neben der theoretischen Analyse zugleich die tatsächliche unterrichtliche Umsetzung fokussiert. Der Ablauf dieser Methode gestaltete sich im Rahmen unseres ersten Fortbildungsmoduls wie folgt:
Zunächst wurden die teilnehmenden Lehrkräfte nach der jeweiligen Fachrichtung (kaufmännisch-verwaltend bzw. gewerblich-technisch) in zwei Gruppen aufgeteilt. Für beide Gruppen wurden vier so genannte Working Points errichtet. Am ersten Working Point waren die Lehrkräfte aufgefordert, sich mit der Berufsfachschule Wirtschaft bzw. Technik auseinanderzusetzen. Der zweite Working Point thematisierte das Fachgymnasium der jeweiligen Fachrichtung. Am dritten und vierten Working Point hatten die Lehrkräfte die Möglichkeit, sich aus vier Ausbildungsberufen jeweils für einen Ausbildungsberuf zu entscheiden, bei dem sie sich am ehesten als Experte bzw. Expertin sahen.
Die nachstehende Abbildung 4 zeigt, mit welchen Schulformen und Ausbildungsberufen die teilnehmenden Lehrkräfte sich auseinander setzten.
Kaufmännisch-verwaltend | Gewerblich-technisch |
Berufsfachschule Wirtschaft Fachgymnasium Wirtschaft Industriekaufmann/-frau Bürokaufmann/-frau Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel Bankkaufmann/-frau | Berufsfachschule Technik Fachgymnasium Technik Elektroniker/in Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Industriemechaniker/in Mechatroniker/in |
Abb. 4: Analysierte Schulformen und Ausbildungsberufe
Für die einzelnen Working Points wurden vorab konkrete Arbeitsaufträge sowie Auszüge aus den entsprechenden Curricula vorbereitet. In einer Analyse im Vorfeld des ersten Fortbildungsmoduls wurden die Curricula der zu analysierenden Schulformen bzw. Ausbildungsberufe auf Anknüpfungspunkte zum Thema der nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung untersucht und hierzu Aufgabenstellungen in Bezug auf die konkrete unterrichtliche, didaktisch-methodische Umsetzung formuliert.
Für jede Schulform bzw. für jeden Ausbildungsberuf wurde ein Plakat vorbereitet, auf dem die Lehrkräfte die Antworten zu den in den Arbeitsaufträgen gestellten Fragen festhalten konnten. Anschließend wurde in einem gemeinsamen Rundgang ein Auszug aus den wichtigen Arbeitsergebnissen im Plenum diskutiert.
Im Folgenden werden beispielhaft anhand des Ausbildungsberufs Industriekaufmann/-frau die Arbeitsaufträge sowie die Erarbeitungen der Lehrkräfte vorgestellt (Abbildung 5).
Points of Interest Wir haben bereits Anknüpfungspunkte zur Energiethematik im Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf „Industriekaufmann/-frau“ identifiziert und die Fundstellen gekennzeichnet (siehe Anlage). Frage 1: Durch welche Unterrichtsmethoden werden Zielkonflikte zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Unternehmenszielen (Lernfeld 2) vermittelt? Frage 2: Durch welche didaktisch-methodischen Entscheidungen kann die Berücksichtigung einer ressourcenschonenden Verwendung von Materialien und Energie (Lernfeld 5) erfolgen? Frage 3: Im Lernfeld 6 geht es um die Planung, Steuerung und Kontrolle des Beschaffungsprozesses. Durch welche didaktisch-methodischen Entscheidungen kann die Berücksichtigung ökologischer Aspekte im Beschaffungsprozess, speziell des Faktors „Energieeffizienz“ als Kriterium der Lieferantenauswahl, erfolgen? Frage 4: Welche Rolle können Fragen des Energiethemas im Lernfeld 11 „Investitions- und Finanzierungsprozesse planen“ spielen? |
Abb. 5: Arbeitsauftrag Working Point: Industriekaufmann/-frau
Für diesen Ausbildungsberuf ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, den Bezug zur Energiethematik herzustellen. Dies zeigt sich deutlich in den curricularen Vorgaben. Im Lernfeld 2 „Marktorientierte Geschäftsprozesse eines Industriebetriebes erfassen“ beschäftigen die Auszubildenden sich mit Unternehmensphilosophien und -strategien und beschreiben ökonomische, soziale und ökologische Ziele (vgl. KULTUSMINISTERKONFERENZ 2002, 10). Die an der Fortbildung teilnehmenden Lehrkräfte schlugen zur unterrichtlichen Umsetzung dieses Aspekts vor, Unternehmensleitbilder der jeweiligen Ausbildungsbetriebe in den Unterricht mit einzubeziehen, um sehr nah an der Lebenswelt der Auszubildenden zu bleiben. Für jeden Ausbildungsbetrieb könnten die unternehmerischen Zielsetzungen erfasst sowie Zielkonflikte ermittelt und diskutiert werden.
Im Lernfeld 5 „Leistungserstellungsprozesse planen, steuern und kontrollieren“ sollen die Auszubildenden Fertigungs- oder Leistungserstellungsverfahren so planen, dass Materialien und Energie ressourcenschonend eingesetzt werden. Um einen reflexiven Denkprozess bei den Auszubildenden auszulösen, schlugen die Lehrkräfte vor, die Kopfstand-Methode zu nutzen. Fragestellungen würden gemäß dieser Methode nicht auf die Vermeidung von Energie- und Materialverbrauch abzielen, sondern umgedreht z. B. lauten: „Wie kann im Arbeitsprozess besonders viel Energie verschwendet werden?“
Im Lernfeld 6 „Beschaffungsprozesse planen, steuern und kontrollieren“ werden die Auszubildenden angeleitet, den Aspekt der Nachhaltigkeit im Beschaffungs- und Logistikprozess – auch im Rahmen eines Beschaffungscontrolling – zu berücksichtigen. Die Lehrkräfte betonten, einen qualitativen Angebotsvergleich unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten durchführen zu lassen. Ebenso kann die Energie- und Ressourcenschonung bei Berechnungen zu den Transportkosten einbezogen und bei der Wahl des Verpackungsmaterials thematisiert werden (vgl. KULTUSMINISTERKONFERENZ 2002, 14).
Im Lernfeld 11 „Investitions- und Finanzierungsprozesse planen“ führen die Auszubildenden für ein langfristiges Vorhaben einfache Investitionsrechnungen durch, beurteilen Alternativen, treffen eine Finanzierungsentscheidung und erstellen ein geeignetes Finanzierungskonzept (vgl. KULTUSMINISTERKONFERENZ 2002, 19). Die Fallsituationen, mit denen sich die Auszubildenden beschäftigen, könnten gemäß den auf den Plakaten verschriftlichten Antworten der teilnehmenden Lehrkräfte idealerweise Investitionen in die Energieversorgung und Energienutzung beschreiben. So könnten die Auszubildenden Finanzierungen zur Installation einer Photovoltaikanlage durchführen. Die eher mathematisch-analytische Aufgabe, einen Investitionsplan zu entwerfen, würde so mit nachhaltigkeitsorientierten Themenfeldern verknüpft.
Während in diesem ersten Fortbildungsmodul noch die Sensibilisierung der Lehrkräfte für das Energiethema sowie die Bestandsanalyse der unterrichtlichen und schulorganisatorischen Umsetzung des Energiethemas fokussiert wurden, geht es im weiteren Fortbildungsverlauf um die konzeptionelle Entwicklung von Lernmaterialien und Managementinstrumenten, um den verstärkten Einbezug des Energiethemas in Unterricht und Schulorganisation voranzutreiben.
Im zweiten Modul der Lehrer/innen-Fortbildung erfolgt eine Zuspitzung auf die betriebliche, aber auch unterrichtliche Relevanz von Themen einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung, indem konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung adäquater Lehr-Lernsituationen entwickelt wurden, basierend auf der in der Berufsbildung als durchgängiges Prinzip verstandenen Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung.
Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung
Bereits in den 1980er Jahren wurde in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion eine Abkehr von einer funktionsorientierten Sichtweise angeregt und eine Orientierung an den betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen vielfach gefordert (vgl. CORSTEN 1997, 11). Doch erst in den 1990er Jahren wurde die Prozessperspektive stärker fokussiert und – auch unter Schlagwörtern wie Business Process Reengineering oder Continous Process Improvement – mit der prozessorientierten Umgestaltung betrieblicher Organisationsstrukturen ebenfalls die kundenorientierte Optimierung von Betrieben in den Blick genommen (vgl. GAITANIDES/ ACKERMANN 2007). Diese Entwicklung führte auch in der Berufsbildung durch die Entwicklung des Lernfeldkonzepts zu einer kompletten Neuausrichtung. Von der KULTUSMINISTERKONFERENZ (2007, 17) wurden Lernfelder beschrieben als „durch Ziel, Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert sind und den Arbeits- und Geschäftsprozess reflektieren“. Der Begriff Geschäftsprozess kann wie folgt definiert werden: „Allgemein ist ein Geschäftsprozess eine zusammengehörende Abfolge von Unternehmensverrichtungen zum Zweck einer Leistungserstellung“ (SCHEER 2002, 3). Dagegen steht nach TRAMM (2004, 136) bei einem Arbeitsprozess „die Herstellung eines konkreten Produktes in einem Prozess, der die Phasen der Planung, Ausführung und Kontrolle umfasst“ im Vordergrund.
Eine Modellierung von Arbeits- und Geschäftsprozessen wird durchgeführt, um die Betriebsabläufe zu dokumentieren, Verbesserungen und Optimierungen zu entwickeln oder zu simulieren, betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu berechnen oder auch zur Erforschung und Entwicklung von IT-Infrastrukturen beizutragen. Für die teilnehmenden Lehrkräfte ist dies nicht nur aus unterrichtlicher Perspektive interessant. Viele Schulorganisationen dokumentieren und überarbeiten ihre eigenen Schulprozesse, um so neuen Kolleg(inn)en eine reibungslose Einarbeitung in die schulinternen Prozesse zu gewährleisten oder um schulorganisatorische Abläufe zu optimieren. Hierbei können zwei Modelltypen unterschieden werden: das Wertschöpfungskettendiagramm (WKD) und die ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK). Das Wertschöpfungskettendiagramm bildet als grobe Geschäftsprozessbeschreibung oder auch Prozesslandkarte den Einstieg in die Prozessmodellierung und ermöglicht, große Zusammenhänge auf einen Blick zu erfassen (vgl. HARMS 2008, 25), wenngleich komplexe berufliche Handlungen der Mitarbeiter/innen noch nicht umfassend genug abgebildet werden können (vgl. SCHLÖMER 2009, 57).
Es ist also eine detailliertere Aufgliederung einzelner Prozesse notwendig. Hierfür wird die Methode der ereignisgesteuerten Prozesskette (EPK-Methode) genutzt. Die EPK-Methode baut auf der Annahme auf, dass logische und zeitliche Abfolgen von Prozessen sich grafisch als Folge von Ereignissen und Funktionen darstellen lassen, denen wiederum Ereignisse und Funktionen folgen. Die Ereignisse und Funktionen werden durch so genannte logische Verknüpfungsoperatoren miteinander verbunden. Sie repräsentieren Entscheidungen, die im Verlaufe des jeweiligen Geschäftsprozesses getroffen werden müssen (vgl. GADATSCH 2001, 131ff.; SCHLÖMER 2009, 59). Weitere Symbole kennzeichnen z. B. die zuständige Organisationseinheit und prozessrelevante Informationsobjekte. Mit diesem Symbolvorrat wurden die Fortbildungsteilnehmer/innen zunächst vertraut gemacht, um anschließend an den Beispielen „Brief angekommen“ und „Bedarfsmeldung liegt vor“ eine erste softwaregestützte Prozessmodellierung vorzunehmen.
Auf dieser Basis galt es, in einem nächsten Schritt die Darstellung von Prozessen von Unternehmensmodellen mit der Identifikation von energierelevanten Schlüsselstellen sowie die Ermittlung von Lernsituationen an diesen Schlüsselstellen zu fokussieren. Dafür wurden den Teilnehmer(inne)n zunächst drei Unternehmensmodelle anhand aussagekräftiger Kategorien (Sitz des Unternehmens und Gesellschaftsform, Eckdaten, Marktsegmente und Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot, Kunden, Ausbildungsberufe und Wertschöpfungsketten) beschrieben. Zwei dieser Unternehmensmodelle (BüRo Comfort GmbH und A & S GmbH) wurden bereits in der schulischen Praxis erprobt, eines (LiMo KG) von den Projektverantwortlichen selbst entwickelt.
Schlüsselstellen und Lehr-Lernarrangements einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung
Zur Annäherung an die erfolgskritischen Schlüsselstellen für das Gelingen einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung entwickelten die Teilnehmer/innen ereignisgesteuerte Prozessketten für die beschriebenen Modellunternehmen. In 3er-Gruppen erhielten sie den Arbeitsauftrag, jeweils ein Element aus der Wertschöpfungskette des Unternehmens auszuwählen. Für dieses sollten sie kommunikativ die hierin stattfindenden Prozesse erfassen. Ausgehend von einem dieser Prozesse erstellten die Teilnehmer/innen dann eine ereignisgesteuerte Prozesskette für den ausgewählten Geschäftsprozess, um daraufhin Schlüsselstellen für nachhaltiges Wirtschaften sowie potentielle Umsetzungsmaßnahmen an dieser Schlüsselstelle zu ermitteln.
Nach der Identifizierung dieser Schlüsselstellen für nachhaltiges, energiesparendes Wirtschaften in den beispielhaften, ereignisgesteuerten Prozessketten, wurden von den Lehrkräften Lehr-Lernarrangements bestimmt, mit denen im Unterricht die besondere Relevanz dieser Prozessschritte lernförderlich erarbeitet werden könnte. In der Abbildung 6 sind diese Lehr-Lernarrangements direkt an den Schlüsselstellen innerhalb der ereignisgesteuerten Prozesskette am Beispiel der BüRo Comfort GmbH gekennzeichnet.
Für den Prozess „Auftragsabwicklung Handelswaren“ der BüRo Comfort GmbH wurde zunächst allgemein angemerkt, dass bezogen auf die Lagerbestandsprüfung Kalkulationen veranschaulichen könnten, für welche Vorratsmengen eine Lagerhaltung – auch aus energetischen Gründen – überhaupt sinnvoll ist. Unterstützend könnten hier Betriebserkundungen, Expert(inn)en-Gespräche oder auch Videofilme zum Einsatz kommen, um die Aspekte Ressourcenschonung und Energieeffizienz für den Lagerbereich zu beleuchten. Bei der Auswahl eines neuen Lieferanten sollte das Optimierungspotential im Bereich der Ressourcenschonung erarbeitet werden. Hier könnten die Schüler/innen einen Kriterienkatalog entwerfen, der insbesondere auch Nachhaltigkeitsaspekte beinhaltet (z. B. Standort des Lieferanten, Zertifizierung, Produktionsverfahren oder Transportmittel). Die Schüler/innen könnten dabei die Lieferantenauswahl durch die Entwicklung eines Leitfadens optimieren. In Bezug auf die Besprechungen mit Stammlieferanten könnten nach Aussage der Teilnehmer/innen Pro-Contra-Debatten oder Rollenspiele zum Einsatz kommen, in denen Konferenzen, Meetings und Besprechungen mit den Lieferanten simuliert werden und vor allem der Wunsch nach einer nachhaltigkeitsorientierten Produktion und Lieferung kommuniziert wird. Dies würde den komplexen Anforderungen der heutigen Arbeitswelt entsprechen, in der es in solchen Situationen eines hohen Maßes an Überzeugungskraft und Sozialkompetenz bedarf. Noch komplexer könnte diese Thematik mit Planspielen angegangen werden: Ausgehend von einem Planspielszenario, dass z. B. darauf abzielt, energieeffiziente, aber rentable Handelsaktivitäten durchzuführen, könnten von den Schüler(inne)n selbstgesteuert Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens eruiert und angewandt werden.
Abb. 6: Lernsituationen an den Schlüsselstellen im Prozess „Auftragsabwicklung Handelswaren“ der BüRo Comfort GmbH
Gestaltungskriterien lern- und kompetenzförderlicher Lernaufgaben
Sowohl beim betrieblichen als auch beim schulischen Lernen eignen sich insbesondere Lernaufgaben, um die identifizierten Schlüsselstellen nachhaltigen bzw. energieeffizienten beruflichen Handelns lernförderlich auszugestalten. Lernaufgaben stellen Kernstücke der didaktischen Planung dar. Sie dienen im Allgemeinen dazu, Leistungen zu kontrollieren, Inhalte zu vertiefen und zu wiederholen, neue Inhalte einzuführen und bestimmte Verfahren sowie Methodiken einzuüben (vgl. GÖCKEDE 2007, 208).
Die konkrete Entwicklung von Lehr-Lernarrangements sollte auf der Folie eines konstruktivistisch-kognitionstheoretischen Verständnisses von Lernen erfolgen (vgl. BLOEMEN 2010, 3ff.; PORATH 2010, 269f.; REBMANN 2001, 75; REBMANN/ TENFELDE 2008, 35f.; SCHLÖMER 2009, 74). Demnach ist Lernen erstens ein individueller, aktiver Konstruktionsprozess des Wahrnehmens, des Erfahrung-Machens, des Erwerbs und der Strukturierung von Wissen und des Handelns. Er kann nicht von außen determiniert werden. Individuen konstruieren sich ihre je eigene Erlebniswelt. Lernen ist zweitens ein grundlegend interaktiver Prozess. Sprachliche Interaktionen und Kommunikationen mit Anderen gewinnen große Relevanz, indem Bedeutungen ausgehandelt und geteiltes Wissen erzeugt werden. Nur so tritt die individuelle Erlebniswelt aus der Beliebigkeit und konsensuelles, intersubjektives Wissen entsteht.
Damit Lehr-Lernarrangements also besonders lern- und kompetenzförderlich sind, sollten sie folgenden Gestaltungskriterien entsprechen (vgl. z. B. BLOEMEN et al. 2010; DEHNBOSTEL 2007, 57ff.; FRIELING et al. 2006, 44ff.; GERDSMEIER/ KÖLLER 2008, 26f.):
Lernaufgaben sollen die Selbstständigkeit und Selbststeuerung der Lernenden unterstützen. Denn nachhaltige Energieversorgung und -nutzung kann nur dann gelingen, wenn Mitgestaltungsmöglichkeiten und Freiheitsgrade durch den Einzelnen erkannt und genutzt werden. Um auf die vielschichtigen beruflichen Anforderungen vorzubereiten, sind Lernenden darüber hinaus Problem- und Komplexitätserfahrungen sowie eine variable Anforderungsvielfalt zu eröffnen. Dabei ist für den Lernprozess entscheidend, dass sowohl Inhalte als auch Methodik der Lernaufgaben durch den Arbeits- und Lebensweltbezug für die Lernenden eine authentische Situiertheit aufweisen. Auch sollten Lernaufgaben die soziale Interaktion, Kommunikation und Kooperation fördern, was z. B. in Kundenberatungsgesprächen von enormer Bedeutung ist. Grundsätzlich bedarf es ganzheitlicher und vollständiger Lernaufgaben, die insgesamt alle Teilprozesse beruflichen Handelns – im Sinne von Planung, Ausführung und Kontrolle – berücksichtigen. Wichtig ist also, den Lernenden eine umfassende Betrachtung der Prozessschritte zu ermöglichen. Lernende benötigen schließlich auch ausreichende Informationen und Feedback, um ihre Handlungen reflektieren und für nachfolgende Handlungen gegebenenfalls verändern zu können.
Diese Gestaltungskriterien wurden gemeinsam mit den Fortbildungsteilnehmer(inne)n mittels der so genannten Placemat-Methode erarbeitet (vgl. SLIWKA 2004, 131f.). Hierbei handelt es sich um eine Form des kooperativen Lernens, bei dem die Teilnehmer/innen zunächst zu einer bestimmten Fragestellung eigene Gedanken entwickeln, um anschließend in eine schriftliche Diskussion mit den anderen Teilnehmer(inne)n zu treten. Dazu wird ein Bogen Papier entsprechend der Anzahl der Diskutierenden in gleich große Teile geteilt. In der Mitte des Papiers wird Platz gelassen für die abschließend konsensuell ermittelte Antwort der gesamten Gruppe auf die eingangs gestellte Frage. Pro Feld nimmt je eine Person Platz und schreibt in einer vorgegebenen Zeit ihre Gedanken zu einer vorgegebenen Fragestellung auf. Anschließend wird das Blatt im Uhrzeigersinn gedreht und jede/r Teilnehmer/in kommentiert, ergänzt und erweitert die bereits festgehaltenen Ausführungen in einer vorgegebenen Zeit. Dies wird so oft wiederholt, bis jede Person ihr ursprüngliches Feld erneut vor sich hat. Nachdem alle Teilnehmer/innen sämtliche Eintragungen gelesen haben, einigen sie sich auf die ein bis zwei zentralen Antworten auf die gestellte Frage. In einem Plenumsgespräch ermittelten die Teilnehmer/innen die oben aufgeführten lernförderlichen Gestaltungskriterien.
Mit diesem Vorgehen im zweiten bereits durchgeführten Fortbildungsmodul haben die Teilnehmer/innen erstens einen Eindruck davon gewonnen, mit welcher Systematik der Zusammenhang zwischen Geschäftsprozessorientierung/-modellierung sowie energie- und nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten verdeutlicht werden kann. Zweitens wurden bereits konkrete Pfade zur weiteren lernförderlichen, unterrichtlichen Gestaltung von Energiebildung an berufsbildenden Schulen geebnet, um im dritten Modul Lehr-Lernarrangements auf ihre Anwendbarkeit in berufsbildenden Schulformen zu diskutieren und zu konstruieren.
Bevor die Lehrkräfte im dritten Modul konkrete Lernaufgaben für ausgewählte Ausbildungsberufe konstruieren, wird ihnen zunächst ein kurzer Rückblick auf die Modellunternehmen aus dem zweiten Fortbildungsmodul gegeben. Insbesondere die selbsterarbeiteten ereignisgesteuerten Prozessketten für beispielhafte Prozesse in den Modellunternehmen, die darin identifizierten Schlüsselstellen für eine nachhaltige Energieversorgung und -nutzung und die potentiellen Lehr-Lernarrangements zu deren Umsetzung sowie die Kriterien zur lern- und kompetenzförderlichen Ausgestaltung der Lernaufgaben an den Schlüsselstellen sind in diesem Zusammenhang zunächst noch einmal zu verinnerlichen.
Anschließend gilt es für die Lehrkräfte, in Partnerarbeit konkrete Lernaufgaben unter Berücksichtigung der Lernförderlichkeitskriterien (siehe dazu auch Abschnitt 2.3.3) zu entwickeln. Anknüpfungspunkt hierfür sind Auszüge aus den Rahmenlehrplänen für die Ausbildungsberufe zum/zur Anlagenmechaniker/in Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Mechatroniker/in, Elektroniker/in, Industriekaufmann/-frau, Groß- und Außenhandelskaufmann/-frau sowie Bürokaufmann/-frau. Zusätzlich stehen Materialien zu den im zweiten Fortbildungsmodul identifizierten möglichen Lehr-Lernarrangements und der sie steuernden Methoden bereit. Somit liegt am Ende dieser Konstruktionsphase ein Pool an Materialien für den unterrichtlichen Einsatz vor, welcher allen Teilnehmer(inne)n des Fortbildungskonzeptes präsentiert und gemeinsam reflektiert wird unter Rückbezug auf die Erfüllung der lern- und kompetenzförderlichen Gestaltungskriterien.
Anschließend wird im Rahmen des dritten Moduls die unterrichtliche Ebene verlassen und der Fokus auf die schulorganisatorische Ebene gelenkt. Zunächst werden die zusammengetragenen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken aus der SWOT-Analyse des ersten Moduls erinnert. Um nun aus dieser Übersicht zum Ist-Zustand der teilnehmenden berufsbildenden Schulen konkrete Maßnahmenpläne zur Integration von Themen der nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung in die Schulkultur und das Schulleben zu entwickeln, wird der Orientierungsrahmen Schulqualität in Niedersachsen zugrunde gelegt, der den Schulen Merkmale „guter Schule“ aufzeigt (vgl. NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2006, 7). Unter Berücksichtigung existenter Qualitätskonzepte der Wirtschaft, wie dem Modell der European Foundation for Quality Management (kurz EFQM) als einem Qualitätsmanagement-System des Total-Quality-Managements, bietet der Orientierungsrahmen Unterstützung bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Qualität bei Schüler(inne)n, Lehrkräften, Schulleitungen, Eltern, Schulträgern, aber auch Betrieben (vgl. NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2006, 7). Der Orientierungsrahmen unterscheidet in die folgenden sechs Qualitätsbereiche: 1. Ergebnisse und Erfolge, 2. Lernen und Lehren, 3. Schulkultur, 4. Schulmanagement, 5. Lehrerprofessionalität und 6. Ziele und Strategien der Schulentwicklung (vgl. NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2006, 9).
Innerhalb dieser Struktur identifizieren die Lehrkräfte zunächst die für eine Verankerung von Nachhaltigkeitsthemen relevanten Qualitätsmerkmale. Anschließend erarbeiten sie in Gruppen zu vier Personen konkrete Handlungspläne nach der SMART-Methode (diese wird bereits in der Schulprogrammarbeit im Bundesland Berlin eingesetzt). Nach diesem Vorgehen sollen entwickelte Maßnahmen spezifisch (Ist das Ziel ergebnisbezogen und klar formuliert?), messbar (Ist objektiv erkennbar, dass das Ziel erreicht wurde?), akzeptiert bzw. aktiv beeinflussbar (Stellt das Ziel einen Konsens dar und kann die Zielerreichung von allen Projektmitgliedern aktiv beeinflusst werden?), realistisch (Ist das Ziel anspruchsvoll genug, aber auch auf der Basis vorhandener Mittel erreichbar?) und terminiert (Sind Termine und Meilensteine klar definiert?) sein (vgl. HEMMRICH/ HARRANT 2007, 14). Die so erarbeiteten Maßnahmenpläne sollen im Rahmen des vierten Fortbildungsmoduls als Grundlage für die weitere Arbeit der Lehrkräfte an ihrer eigenen Schule nach Abschluss der Fortbildung, aber auch für die Evaluation hinsichtlich der Transferierbarkeit auf andere berufsbildende, aber auch allgemein bildende Schulen dienen.
Das vierte Modul des Fortbildungskonzepts wird anders als die Module 1-3 nicht in einer Präsenzveranstaltung durchgeführt. Vielmehr geht es hier um die Implementierung, Erprobung und Verstetigung der erarbeiteten Konzepte, sowohl auf unterrichtlicher als auch auf schulorganisatorischer Ebene.
Die Implementation und Erprobung der in der Fortbildung entwickelten Unterrichtsmaterialien erfolgt erstens durch die beteiligten Lehrkräfte. Die Tatsache, dass sich unter den beteiligten Lehrkräften ebenso Fachseminarleiter/innen der Studienseminare befinden, begünstigt zweitens eine Implementation und Erprobung der Unterrichtsmaterialien durch Referendare und Referendarinnen. Drittens werden Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Universität Oldenburg eingebunden, indem sie in Studienmodulen zur Berufsbildungsforschung die erstellten Unterrichtsmaterialien nach wissenschaftlichen Kriterien erproben und evaluieren. Der konkrete Einsatz der Unterrichtmaterialien erfolgt im Zuge des Fachpraktikums an berufsbildenden Schulen.
Um auch die betriebliche Praxis in die Evaluation einzubeziehen, werden der gesamte Prozess der Lernmaterialienerstellung sowie die Arbeitsergebnisse, wie Lern- und Arbeitsaufgaben etc., durch Unternehmensvertreter/innen auf ihre Authentizität und Praxisrelevanz hin überprüft. So wird insgesamt evaluiert, ob die erstellten Unterrichtsmaterialien einen kompetenzförderlichen Beitrag zur Energiebildung leisten, ob die unterrichtliche Umsetzbarkeit positiv reflektiert wird und ob die Ergebnisse inhaltlich den Anforderungen tatsächlicher Geschäftsprozesse entsprechen.
Auf schulorganisationaler Ebene werden die in Modul 3 erarbeiteten Strategien zur Integration von Energiebildung auf allen Systemebenen der Schule seitens Schulleiter/innen, Schulsteuerungsgruppen und Lehrkräften evaluiert. Diese Machbarkeitsstudie soll zu einer Verbesserung der konstruierten Managementinstrumente führen und die Anknüpfbarkeit an bestehende schulorganisatorische Maßnahmen gewährleisten.
Nach der erstmaligen Durchführung der Fortbildung bieten sich weitere Implementations- sowie Forschungs- und Entwicklungsperspektiven an. So wird das nachhaltige – auch überregionale – Angebot dieser Lehrer/innen-Fortbildung in Zentren der Lehrerbildung angestrebt, um eine möglichst große Verbreitung zu erzielen. Zudem gilt es, eine Erweiterung des Pools an Lernmaterialien zur Energiebildung auch nach der Projektphase in allen drei Phasen der Lehrer/innen-Bildung zu fokussieren. Dies könnte sich ebenso auf die Neukonzeption von Modellunternehmen für Lernbüros, Wirtschaft-live-Projekte und Schulbücher beziehen. Das beschriebene Fortbildungskonzept könnte – um eine möglichst große Verbreitung zu erlangen – zu einem Blended-Learning-Konzept weiterentwickelt werden, in dem sich Präsenz- mit Online-Lernphasen abwechseln. Idealerweise werden dabei Lerntandems gebildet, d. h. zwei Lehrkräfte nehmen jeweils abwechselnd an den Präsenzphasen teil und sind Multiplikator(inn)en für eine größere Adressat(inn)en-Gruppe im Kollegium. Dies ermöglicht, dass in den Online-Phasen eine größere Gruppe, z. B. in Projektarbeit, an Fragen einer nachhaltigen Energieversorgung und -nutzung gemeinsam arbeiten.
Darüber hinaus gilt es, den Einsatz der entwickelten Schulmanagementmaßnahmen, die sich auf den Orientierungsrahmen für Schulqualität beziehen, in einer langfristigen Perspektive zu evaluieren und zu begleiten, um auch die nachhaltigen Wirkungseffekte zu bestimmen und Modifikationen zu entwickeln.
Neben dieser langfristigen Verstetigung im Lernort Schule sollten – unter einer systemischen Betrachtung von Energiebildung – nicht zuletzt auch die ausbildenden Betriebe in ihren Aus- und Weiterbildungsprozessen zur Energiebildung unterstützt werden. Dafür sollte es zur Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von erfahrungsbasierten betrieblichen Qualifizierungskonzepten für die Leitmärkte erneuerbarer Energien kommen. Im Sinne des Gedankens der Lernortkooperation könnten in ähnlich konzipierten Fortbildungsgängen betriebliche Ausbilder/innen und Lehrkräfte berufsbildender Schulen an lernortübergreifenden Konzepten der Energiebildung arbeiten.
Die hier beschriebenen Erfahrungen bei der Fortbildungsentwicklung könnten zur Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von (z. B. nach 54 § BBiG) zertifizierten Fortbildungsgängen für Karrierewege in Berufsfeldern der erneuerbaren Energien führen, um der Bedeutung von Energiethemen in einer weiteren Facette der Berufsbildung gerecht zu werden.
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