bwp@ Spezial 12 - April 2016

Berufsorientierung im Lebenslauf – theoretische Standortbestimmung und empirische Analysen

Hrsg.: Hannelore Faulstich-Wieland, Sylvia Rahn & Barbara Scholand

Berufsorientierung als Identitätsmanagement. Konzeptionelle Überlegungen zur Vorhersagbarkeit von Berufswahlprozessen

Beitrag von Ingo Blaich & Andreas Frey

Mit der Nachhaltigkeit von Bildungsentscheidungen ist der wunde Punkt aller theoretischen und prak­tischen Arbeiten im Feld der Berufsorientierung berührt. In dem sich Projekte praktischer Berufsori­entierung an Schüler im Vorfeld von Übergängen adressieren, ordnen sie sich der institutionellen und organisatorischen Strukturierung von Bildungslaufbahnen mit entsprechender Taktung von Übergän­gen unter und müssen fast zwangsläufig das Gelingen von Übergängen, das Erleichtern kohärenter Bildungsbiografien als Erfolgskriterium annehmen. Dagegen steht die keinesfalls nachrangige Per­spektive auf Berufsorientierung als individuellen Entwicklungs-, Sozialisations- oder coping-Prozess, worin Abbrüche, Umorientierungen als Zwischenschritte oder entwicklungsfördernde Krisen themati­sierbar sind. Theorien des beruflichen Selbstkonzepts und der Identität changieren gleichsam zwi­schen empirisch exakter Prozessperspektive und dem Versuch, die Ausbildung des beruflichen Selbst­konzepts sowohl als normativen Maßstab wie als valides Prognoseinstrument für Übergangsverläufe zu erheben. Der vorliegende Beitrag setzt sich kritisch mit diesen Ansprüchen auseinander und relati­viert, vor dem Hintergrund breiter empirischer Befunde, die Relevanz eines ideal ausgebildeten beruf­lichen Selbstkonzepts für Berufswahlentscheidungen. Aufgrund der hohen interindividuellen Variabi­lität berufsbezogener Entwicklungsverläufe der Jugendlichen entwickelt oder konturiert sich die be­rufliche Identität vielfach erst im Ausbildungs- oder Studienverlauf. Für die pädagogische Praxis der Berufsorientierung heißt dies paradoxerweise dennoch, Identitäts- und Selbstkonzeptbildung der Ju­gendlichen zu stärken, da dies in der Tat am ehesten zu nachhaltigen Berufswahlentscheidungen führt.

Zitieren des Beitrags

Blaich, I./Frey, A. (2016): Berufsorientierung als Identitätsmanagement. Konzeptionelle Über­legungen zur Vorhersagbarkeit von Berufswahlprozessen.In: bwp@ Spezial 12 Berufs­orientierung im Lebenslauf – theoretische Standortbestimmung und empirische Analysen, hrsg. v. Faulstich-Wieland, H./Rahn, S,/Scho­land, B., 1-18. Online: http://www.bwpat.de/spezial12/blaich_frey_bwpat_spezial12.pdf (18.4.2016).